8
Lerne von Anfang an zu gehorchen. Das führt dich geradewegs zu Gott. Folge nicht den krummen Wegen des Lebens. Es gibt einen geraden Weg zum Herzen Jesu. Wenn du das unterscheiden kannst, wirst du nicht vom Weg abkommen und keinen Fehler begehen. Der Vorgesetzte, der dir sagt, dies oder jenes ist zu tun, mag einen Fehler machen. Ich kann etwas falsch machen, wenn ich den Schwestern sage, sie sollten etwas Bestimmtes tun und hierhin oder dorthin gehen. Aber die Schwester, die tut, was ich ihr sage, macht keinen Fehler. Entsprechend ist es für euch, Brüder.
Wenn ihr davon überzeugt seid, werdet ihr verstehen, was Ganzhingabe ist.
9
Als Jesus Mensch wurde, überließ er sich ganz dem Vater. Immer wieder hören wir das Wort „Vater“.
Als er predigte, als er lehrte, als er mit den Leuten zusammen war, sprach er immerfort vom „Vater“.
„Ich bin im Namen meines Vaters gekommen“ (Joh 5, 43). „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10, 30). „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt“ (Joh 15, 9). Er gehört ganz ihm. Nichts trennt ihn vom Vater, kein Zweifel, kein Fragen. So muss ein Bruder des göttlichen Wortes sein: ganz vereint mit Christus, ganz vereint mit dem Wort Gottes. Und das Wort Gottes, diese Freude, die du im Gebet, in der Anbetung und in der Kontemplation, in der Einsamkeit mit Gott empfängst, dieses Wort musst du den anderen Menschen weitergeben.
10
Unsere Berufung besteht darin, Jesus zu gehören. Der einfachste Weg, damit dies Wirklichkeit wird, besteht darin, in sich den Heiligen Geist wirken zu lassen. Er befähigt uns, uns ganz Gott zu schenken, uns ihm ganz hinzugeben, ohne lange nachzudenken, ohne zu überlegen, was das von uns verlangt. Wir nennen das „blindes Vertrauen“.
Maria hat so gelebt: Als sie erfuhr, dass der Herr sie rief, sagte sie ihr „Ja. Dieses Ja hat sie nie mehr zurückgenommen. Ihr ganzes Leben war ein beständiges Ja.
Auch unser Leben muss zu diesem einen Wort werden: Ja. Ein gelebtes Ja zu Gott, das ist Heiligkeit.
Wir erlauben Gott, dass er alles von uns nehmen kann, was er will, und wir versprechen ihm, alles mit Freude anzunehmen, was er uns gibt.
11
Wenn wir ja sagen, müssen wir genau wissen, was dieses Ja beinhaltet. Ja zu Gott sagen bedeutet: Ich gebe mich ganz in deine Hand, ohne zu rechnen oder zu fragen, ob alles in Ordnung ist, ob es sich lohnt und was es bringt. Unser Ja zu Gott ist vorbehaltlos. Das macht einen kontemplativen Menschen aus: ganz und gar Gott zu gehören, ohne den geringsten Vorbehalt. Es kommt nicht darauf an, was wir empfinden.
12
Das Wort Gottes wird Fleisch in uns während des Tages bei der Meditation, der Kontemplation, der Anbetung und in der Stille. Das Wort, das in uns ist, geben wir den anderen weiter.
Das Wort muss in uns leben. Und wir können das Wort nicht leben, wenn wir es nicht anderen weitergeben.
13
Das wir ganz Gott gehören, zeigt sich in kleinen Dingen ebenso wie in den großen.
Es geht immer nur um dieses eine Wort: Ja, ich nehme alles an, was du gibst; ich gebe dir alles, was du nehmen möchtest. Auf diesem einfachen Weg können wir heilig werden. Wir dürfen es uns nicht durch komplizierte Überlegungen schwer machen.
Heilig sein heißt nicht, Außergewöhnliches zu vollbringen oder Großes zu verstehen, sondern besteht in diesem einfachen Ja.
Ich habe mich Gott geschenkt und gehört ganz ihm, ich verlasse mich ganz auf ihn. Er kann mich jetzt hierhin stellen, später dorthin; er kann sich meiner bedienen oder auch nicht.
All das ist gleichgültig, denn ich gehöre ihm ganz und gar. Er kann mit mir machen, was er will.
14
In der Fastenzeit durchleben wir aufs Neue das Leiden Christi. Sie sollte nicht nur eine Zeit sein, in der Gefühle wach werden, sondern eine Gelegenheit, uns zu ändern.
Dazu brauchen wir die Gnade Gottes, und wir selbst müssen Opfer bringen. Unser Opfer ist aber nur echt, wenn es uns etwas kostet, weh tut und uns von allem Egoismus befreit.
Gehen wir Tag für Tag voran durch das Mitleben der Passion Christi.
15
Während der Fastenzeit sollen wir besonders das Leiden unseres Herrn betrachten und nach empfinden.
Prüfen wir unser Gewissen, um zu sehen, durch welche Sünden wir Jesu Schmerz verursacht haben. Um meine Schuld wieder gutzumachen und seinen Schmerz zu teilen, will ich meine Busse verdoppeln.
Ich will gut über meine Augen wachen.
Ich will darauf achten, dass meine Gedanken rein sind.
Ich will die Kranken mit größter Freundlichkeit und aufrichtigem Mitleid pflegen.
Ich will das Schweigen des Herzens mit größerer Sorgfalt einhalten, so dass ich Jesu tröstende Worte vernehmen und ihn dann in den Armen trösten kann, hinter deren Leid er sich verbirgt.
Ich will in der Beichte bekennen, wenn ich die Bußübungen vernachlässigt habe.
16
Wir beten oft: lass mich deinen Schmerz mit dir teilen. Wir möchten die Braut des gekreuzigten Jesus sein. Doch wenn uns eine lieblose Bemerkung wie ein kleiner Splitter oder ein Dorn der Rücksichtslosigkeit trifft, dann vergessen wir schnell, dass dies der Moment wäre, in dem wir seine Schmach und seinen Schmerz teilen könnten.
17
Bemühen wir uns in der Fastenzeit, unser Beten und die innere Sammlung zu vervollkommnen.
Befreien wir unseren Geist von allem, was nicht Jesus ist.
Wenn du das Beten als schwierig empfindest, bitte ihn immer wieder: „Jesus, komm in mein Herz, bete du in mir und mit mir, damit ich von dir lerne, wie man beten kann“.
Wenn du mehr betest, wirst du besser beten. Nimm beim Beten all deine Sinne zur Hilfe.
18
Der erste Schritt, um heilig zu werden, besteht darin, es zu wollen.
Der heilige Thomas sagt:
„Heiligkeit besteht in nichts anderem als im heroischen, festen Entschluss einer Seele, sich ganz Gott zu überlassen. Durch einen aufrechten Willen lieben wir Gott, wählen wir Gott, laufen wir auf Gott zu, erreichen wir ihn und besitzen wir ihn.“
Dieser gute Wille wird mich in das Bild Gottes umwandeln und mich ihm ähnlich machen!
19
Der Entschluss heilig zu werden, hat seinen Preis.
Verzicht, Versuchungen, Kämpfe, Verfolgungen und alle Arten von Opfern kommen auf den Menschen zu, der dazu entschlossen ist. Man kann Gott nur lieben, wenn man selbst den Preis dafür bezahlt.
20
Busse gehört notwendig zu unserem Leben. Nichts hält die ungeordneten Leidenschaften entschiedener zurück und nichts unterwirft die natürlichen Strebungen so sehr der rechten Vernunft wie die Busse.
So werden wir von einer himmlischen Freude erfüllt, die das irdische Maß so weit überragt wie die Seele den Leib und der Himmel die Erde.
21
Da Jesus seine Passion nicht mehr in seinem irdischen Leib leben kann, gibt die Mutter Kirche die Möglichkeit, sein Leiden und seinen Tod in unserem Leib, in unserem Herzen und in unserer Seele zu leben. Doch auch dies ist nicht mit seiner Passion zu vergleichen.
Immer noch brauchen wir viele Gnaden, allein, um alles, was er gibt, und alles, was er nimmt, mit Freude, Liebe und einem Lächeln anzunehmen