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„Exerzitien“ nach Ignatius von Loyola
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velvet:
Der strenge Geist des baskischen Gründers Ignatius von Loyola, der Gehorsam gegenüber dem Papst, die geistliche Ritterschaft gegenüber der Jungfrau Maria – vielmehr braucht es wohl nicht, um heute mit größter Skepsis auf Jesuiten zu reagieren. Andererseits handelt es sich um den heute weltweit erfolgreichsten Orden mit über 20.000 Ordensleuten vor allem in Südamerika und Indien.
DIE UNTERSCHEIDUNG DER GEISTER
Zwei Vorschläge halte ich bereit, wie wir uns der Glaubenswelt der Jesuiten aktuell nähern können. Da wäre einmal der 1934 in Bombay geborene Anthony De Mello. Er ist ein Beispiel für den jesuitischen Geist in der Wachstumsgesellschaft Indiens. „Wacht auf, werft den Ballast falscher Illusionen über Bord, um lieben zu können“, so lautet die Kurzformel seines lesenswerten Bestsellers „Der springende Punkt“ (Herder 2008, 6. Auflage). Und dann haben wir den 1491 geborenen Gründer der Gesellschaft Jesu, Ignatius von Loyola, dessen Glaubenslehre mich in den kürzlich absolvierten Exerzitien stark beeindruckt hat, und mit dessen Unterscheidung der Geister wir uns näher befassen wollen.
Nehmen wir aus den „Exerzitien“ nach Ignatius von Loyola drei Teile heraus, die uns beim Verständnis der ignatianischen Spiritualität helfen werden. Wobei ich meine persönliche Erfahrung gleich an den Anfang stellen möchte: Ohne ignatianische Exerzitien, ohne sich verpflichtend dafür Zeit zu nehmen, ohne das Durchleben der Übungen und Schwierigkeiten im Verlauf dieser Tage bleibt es bestenfalls beim Trockentraining – das musste einfach gesagt werden! Nun aber zu den ausgewählten Abschnitten:
Einführung: Prinzip und Fundament
PRINZIP UND FUNDAMENT nach Ignatius von Loyola
………[blau = Ignatius; schwarz = Kommentar des Autors]
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DER MENSCH IST EINZIG UND ALLEIN DAZU GESCHAFFEN…
Der Mensch ist nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, also Ihm ähnlich, er darf sich als Liebes-Gedanke Gottes verstehen. Denn die er im Voraus erkannt hat, hat er auch vorherbestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichgestaltet zu werden, damit dieser der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei (Röm 8,29).
…GOTT UNSEREN HERRN…
Du sollst nur einem Herrn dienen; Gott ist Dein Herr und Gebieter. Gott ist mein Fels, mein Anteil auf ewig (Ps 73,26).
…ZU LOBEN…
Mein Gott herrscht in treuer Liebe zu seinen Geschöpfen und hat uns seinen eigenen Sohn als Erlöser gesandt. Groß ist JAHWE und gar würdig des Lobes, unergründlich ist seine Größe (Ps 145,3). Preisen will ich den Herrn vom Grund meines Herzens – die Werke des Herrn sind erhaben; würdig, dass man sie liebend ergründe – Sein Walten ist Hoheit und Macht – milde ist der Herr und barmherzig – Denen, die Ihn fürchten, sandte er Speise – unwandelbar sind seine Befehle, gültig für immer und ewig, gegeben in Kraft und Gerechtigkeit – Erlösung hat er seinem Volk gesandt (Ps 111,1ff).
…IHM EHRFURCHT ZU ERWEISEN…
Wenn ich meinen Gott anspreche, betrete ich heiligen Boden. Vor dem Dornbusch bin ich angehalten, meine Schuhe auszuziehen, und meine Wachsamkeit und Aufmerksamkeit ganz Gott zuzuwenden. Die Furcht vor dem Herrn ist der Anfang der Weisheit, weise sind, die beharrlich sie üben. Der Ruhm des Herrn wird bleiben in Ewigkeit (Ps 111,10).
…UND IHM ZU DIENEN…
Das Gebot des Herrn lautet, mich meinem Gott ganz und gar zuzuwenden; dann soll ich Ihn teilhaben lassen an meinem Seelenleben. Ich rufe aus ganzem Herzen: Erhöre mich, Herr! Und was Du mich weisest, will ich befolgen. Ich rufe zu Dir, o schaffe mir Heil, und bewahren werde ich Deine Gebote. Ich komme am frühen Morgen und flehe um Hilfe, ich harre auf Deine Verheißung. Nahe bist Du, o Herr, und alle Deine Worte sind Wahrheit. Führe mein Recht und mache mich frei, belebe mich nach Deiner Verheißung. Dein Erbarmen, Herr, ist groß; wie Du mir zugesagt hast, so schenke mir Leben (Ps 119, 145-147.149.151.154.156).
…UM DAMIT SEIN LEBEN UND SEINE SEELE ZU VOLLENDEN.
So ist der Mensch gerufen, zu einer einzigartigen Ganzheit zu wachsen. Wenn der Mensch in Jesus bleibt, so lebt Gott im Menschen, und die Schöpfung vollendet sich. Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung (Joh 13,1).
ALLE ANDEREN DINGE AUF DER ERDE SIND AUF DEN MENSCHEN HIN GESCHAFFEN, DAMIT SIE IHM BEI DEM ZIEL, GOTT ZU DIENEN, UNTERSTÜTZEN.
Der Mensch ist als Liebes-Gedanke Gottes im Mittelpunkt der Schöpfung. Am heiligen Ziel der menschlichen Vollendung in Gott relativiert sich alle dingliche Wirklichkeit.
SO HAT DER MENSCH DIE DINGE ZU GEBRAUCHEN ODER ZU LASSEN, JE NACHDEM, OB SIE IHM AUF SEIN ZIEL HIN HELFEN ODER NICHT.
Also prüft der Mensch alle Dinge, wieweit sie ihm beim Ziel seiner Vollendung dienlich sind.
DARUM HAT DER MENSCH SICH ALLEN DINGEN GEGENÜBER GLEICHMÜTIG ZU VERHALTEN – IN ALLEM, WAS DER FREIHEIT UNSERES WILLENS ÜBERLASSEN UND NICHT VERBOTEN IST.
DAS ZIEL UNSERES LEBENS
1. Das Erkennen der Geister
Die kirchlichen Feste der heiligen Erzengel wie auch unsere Anrufungen der Schutzengel weisen uns darauf hin, dass es eine ganze Reihe von Geistern um uns herum gibt. Wir sind umgeben von zahlreichen Geistwesen, guten wie bösen, die ständig auf uns Einfluss nehmen.
Da sind zunächst die Engel, die den Willen Gottes verkünden, wie der Erzengel Gabriel, weiters denken wir an Raphael und Tobias, die uns den Weg ebnen und uns führen. Auf der anderen Seite kennen wir Dämonen, die uns zum Bösen verführen: Hilfe in dieser Auseinandersetzung bekommen wir vom Erzengel Michael, der im aufrechten Kampf mit dem Bösen steht.
Was rufen alle diese Geister hervor?
Es sind innere Anmutungen, Gedanken und Regungen, und so benötigen wir Werkzeuge zur Unterscheidung dieser Geister. Das nachfolgende Rüstzeug soll uns helfen, genauer wahrnehmen zu können, denn wir müssen uns zunächst einmal der Geister bewusst werden: Dazu dienen Exerzitien, geistliche Übungen, um diesen Kampf „Gut gegen Böse“ zu erkennen und zu bestehen.
2. Der Wille Gottes
Das 2. Vatikanische Konzil hält fest, dass der Mensch in einem dramatischen Kampf Licht gegen Finsternis steht. Schon beim sprachgewaltigen Apostel Paulus lesen wir:
„Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs“ (Eph 6,12).
So kämpfen wir nicht gegen das Fleisch, sondern gegen die Geister, und der Apostel Paulus prüft diese Geister, ob sie aus Gott sind. Das Böse wird im NT sehr konkret angesprochen: „Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen (Mt 16,23).
Auch im AT wird die Abgrenzung der Geister offenbart: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege – Spruch des Herrn“ (Jes 55,8). Das bedeutet auch, dass vieles, was an uns herantritt, nicht von Gott kommt.
Am Anfang der Welten hatten die Engel den einen Moment der Entscheidung, Gott zu dienen oder ihm nicht mehr zu folgen, ja oder nein: Mit der jeweiligen Hinwendung hatte der Engel alles gewonnen oder alles verloren, und zwar für immer.
Der Mensch wiederum erlebt vielfältige Situationen und findet immer wieder Momente zur Entscheidung – sonst wäre er in vielen Fällen wohl sehr rasch dem Reich der Finsternis zu überantworten.
Auch wir sollen wie die Engel werden, sodass es nur mehr die eine Frage gibt, nämlich diejenige um das Verhältnis zu unserem Schöpfer. Denn wir müssen uns bewusst werden, dass letztlich Gott über alles herrscht.
Was gilt nun für unsere menschliche Situation? Das ist sehr klar umrissen, versichert uns Ignatius von Loyola: „Der Mensch ist einzig und allein dafür geschaffen, Gott zu dienen“.
Was demnach zum Heil der menschlichen Seele führt, ist:
- Gott zu loben
- Gott in Ehrfurcht zu begegnen
- Gott zu dienen
Auch der Apostel Paulus lässt keinen Zweifel am Dienst des Menschen, wenn er Jesus sprechen lässt – „Alles soll ich dem Vater unterwerfen“.
„Wenn ihm dann alles unterworfen ist, wird auch er, der Sohn, sich dem unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott herrscht über alles und in allem“ (Kor 15,28).
Wie können wir diese Unterordnung vollziehen? Der Mensch ist schließlich auch dem weltlichen Gesetz, dem Berufsleben etc. verpflichtet. Doch hier stellt Ignatius von Loyola klar, dass alle anderen existierenden Dinge und Rahmenbedingungen ausschließlich dazu da sind, uns bei der Erfüllung meines Dienstes an Gott zu helfen: Somit dient alles und wirklich alles der Verherrlichung Gottes.
Damit gibt es keinen Widerspruch zwischen dem Dienst an Gott und den Verpflichtungen in der Welt. Denn in welcher Situation auch immer ich mich befinde, gilt es, den Willen Gottes zu erkennen.
Warum tun wir uns oft so schwer, den Willen Gottes zu begreifen? Alle menschlichen Schwierigkeiten bestehen durch die Erbsünde; dies bedeutet für den Menschen, nicht frei und rein unterscheiden zu können. Durch die Erbsünde ist alles umgekehrt worden: Statt im Lob und Preis des wahren Gottes das Heil zu finden, dreht sich nun alles darum, den eigenen Vorteil zu finden. Genau deshalb braucht es die Unterscheidung der Geister!
3. Die innere Freiheit
Um nun zu guten Entscheidungen im meinem täglichen Leben zu kommen, ist eine Voraussetzung ganz wichtig: Die innere Freiheit, die mich überhaupt erst abwägen lässt!
Die Schwierigkeit dabei ist die Distanz zu den Dingen. Die vielen Entscheidungen, die ich abseits von Gott, in der Entfernung zu meinem Schöpfer getroffen habe und noch treffen werde.
Was muss ich als Exerzitant also machen? In einem durchaus mühsamen Prozess durchleuchte ich meine Wege und Irrungen, hole sie in mein Bewusstsein, um diese Irrtümer zu erkennen und vollständig zu revidieren. Exerzitien bieten die Möglichkeit, genau diese Prozesse zu durchlaufen: Erkenntnis, Revidierung, Reue, Bekenntnis und Heilung.
So können wir immer wieder zu einer möglichst großen inneren Freiheit umkehren, die uns für den weiteren Weg der Heilung und Heiligung stärkt.
4. Gleichmut in alle Richtungen
Wenn es also so ist, dass wir einzig zur Verherrlichung Gottes da sind, und alle anderen Dinge uns auf diesem Weg helfen sollen, dann benötigen wir ein weiteres Werkzeug, um bestehen zu können: Den Gleichmut.
Wir müssen mehr und mehr lernen, allen Dingen gleichmütig zu begegnen, auch den ganz existentiellen Bereichen unseres Lebens: So ist es nicht wünschenswerter gesund als krank zu sein, reich als arm zu sein, und angesehen als verachtet zu sein.
Nun können wir nicht von vornherein wissen, wie unser Leben auf den Weg zu Gott auszurichten ist und wie es zu einem größeren Lob Gottes wird. Aber wir haben das große Geschenk Gottes in Gestalt seines eingeborenen Sohnes erfahren, und so lautet die Frage: Was macht Jesus? So gelangen wir zur berühmten 2-Banner-Betrachtung, die uns das Banner Christi und dasjenige des Bösen schildert:
Christus schart alle diejenigen um sich, die zu ihm gehören möchten, und bindet sie ein, mit seinem Vorbild und seinen Worten. Es ist die Einladung zu seiner Nachfolge und zu einem Leben, dass mehr auf die Armut, die Demut und das Opfer ausgerichtet ist:
„Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Lk 9,23).
Jesus, der seinem Vater diese Welt wieder geheilt zurückgeben möchte, weiß jedoch, wie die Erbsünde uns Menschen auf diesem Weg ständig hindert, legt den Finger auf die Wunde: Seid mehr und mehr bereit, euch frei zu machen, um nur mehr Gott zu folgen!
Auf der anderen Seite steht der Böse, bereit alle Mittel einzusetzen, die Menschen genau von dieser Ausrichtung abzubringen. Bei Ignatius wird das auch schön beschrieben, wie die Dämonen noch an den Ketten hängend rasseln und vom Bösen eingeschworen werden: Keinen Ort dieser Welt, so lautet der Befehl, dürft ihr auslassen, auch die verstecktesten und geheimsten Orte sind aufzusuchen, um letztlich alle Menschen zu verführen.
Dabei ist es das Ziel des Bösen, dass die von der Erbsünde beeinträchtigten Menschen, ob jung oder alt, wer auch immer es sein mag, verführt werden zu:
- Besitz, und
- durch den Besitz zu Stolz, und
- durch den Stolz zu jedem weiteren Laster.
Zur Unterscheidung der Geister müssen wir nun wissen, dass die guten Geister uns immer zu ermuntern, Jesus zu folgen: Das Kriterium zur Unterscheidung wird immer der arme, gedemütigte und gekreuzigte Christus sein!
Umgekehrt werden wir durch die Weltanschauung des Bösen immer zu Besitz, Hochmut und gesellschaftlicher Anerkennung getrieben.
5. Jeder ist gerufen
Wie ist das nun mit dem Willen Gottes, und zwar auf den einzelnen Menschen bezogen? Jesus, Gottes Sohn, ruft den Menschen in die Nachfolge, und zwar jeden Menschen. Es gibt keinen Menschen, der nicht auf den dreieinigen Gott hin geschaffen wurde.
Aber nicht ich muss den Sinn finden! Vielmehr sind die Gaben, Jesus in unserem Leben leuchten zu lassen, in jedem von uns ganz individuell angelegt. Christus ist deshalb auf die Welt gekommen, um jeden von uns zu befreien, so dass jeder mit seinen Begabungen zu seiner Berufung gelangen kann.
Indem wir unseren Weg auf Gott hin ausrichten, zeigen wir, jeder auf seine Weise, einen Teil und einen Ausschnitt des Heilands: So hat das Leben eines jeden Menschen einen unwahrscheinlich tiefen und schönen Sinn!
Der Exerzitant sollte nun nach verschiedenen Schritten und Prüfungen in die Lage kommen, die Ignatius von Loyola in seinem berühmten Gebet beschreibt:
„Ewiger Herr aller Dinge, ich bringe Dir mein Angebot dar mit Deiner Gunst und Hilfe, angesichts Deiner unendlichen Güte und in Gegenwart Deiner glorreichen Mutter und aller heiligen Männer und Frauen des himmlischen Hofes: dass ich wünsche und ersehne, und dass es mein überlegter Entschluss ist, wofern es nur zu Deinem größeren Dienst und Lobpreis gereicht, Dir nachzustreben im Ausstehen alles Unrechts und aller Schmach und aller Armut, der äußeren wie der geistigen, sofern Deine Heiligste Majestät mich erwählen und aufnehmen will zu solchem Leben und Stand.“ (98)
Drei praktische Schritte
Wie gelange ich in der täglichen Praxis zu dieser ignatianischen Haltung?
Folgende Schritte sollen mir dabei helfen:
1) Ich muss mich für einen Weg entscheiden, der die schweren Sünden ausschließt. Das verlangt, Gott zumindest so nahe zu sein, dass diese großen Sünden ausgeschlossen werden.
2) Wer aber nur die schwere Sünde meidet, und sich aus den lässlichen Vergehen nicht viel macht, ist gefährdet, wieder in die schwere Sünde zu fallen. Ich muss Gott so nahe sein, dass auch die „kleinen“ Vergehen gemieden werden können.
3) Schließlich steht der Ruf in die Nachfolge vor allen anderen Schritten: Ich bin aufgefordert, innerlich bereit zu werden für die Nachfolge Jesu.
Zum Abschluss dieser Einführung steht ein ganz einfacher Schritt als Einstieg in die ignatianische Spiritualtät – ein Vorschlag zu einem kleinen Selbstversuch.
Versuche jeden Morgen, in der ersten Bewusstseinsphase, also tatsächlich gleich nach dem Aufwachen, dich daran zu erinnern: Es gibt für mich, selbst wenn ein ganzer Berg oder tausend verschiedene Aufgaben vor mir stehen, heute nur eine einzige Aufgabe:
(1) Meine einzige Aufgabe ist es, den Willen Gottes zu erfüllen;
(2) Ich habe heute nur einen Herrn, dem ich diene;
(3) Alle Werke dieses Tages soll ich so ausüben, dass sie ein Lob Gottes darstellen können.
Thérèse von Lisieux ist zu dem Punkt gekommen, dass sie sagen konnte: Wenn ich etwas nicht aus Liebe zu Gott tun kann, dann tue ich es überhaupt nicht. Ich werde nichts mehr tun, weil es eine Pflicht ist, oder weil es irgendjemand von mir erwartet. Wenn ich etwas tue, dann aus Liebe zu Gott, meinem Herrn und Schöpfer.
Da der Mensch seine wahre Berufung nicht kennt, kann er nicht wissen, ob Gesundheit oder Krankheit, Reichtum oder Armut, Ehre oder Schande, ein langes oder ein kurzes Leben seiner angestrebten Vollendung dienen.
EINZIG DAS SOLLEN WIR WÄHLEN, WAS UNS MEHR (MAGIS) ZU UNSEREM GOTTESZIEL FÜHRT, ZU DEM ZIEL, AUF DAS HIN WIR GESCHAFFEN WURDEN.
So liegt es am Menschen, Jesus Christus anzunehmen, und in der daraufhin gewonnenen Freiheit nach der je größeren Liebe zu entscheiden, die von Gott kommt. Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Nur nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander in Liebe (Gal 5,1.13).
DIE REGELN ZUR UNTERSCHEIDUNG
Nachdem wir gewisse Voraussetzungen zur Unterscheidung der Geister besprochen haben, können wir zum eigentlichen Thema übergehen.
Um die Regungen und Ansprüche der Geister richtig deuten zu können, müssen wir zur ignatianischen Formel zurückkehren, nach der der Mensch nur eine einzige Aufgabenstellung hat, nämlich Gott zu loben, ihm Ehrfurcht zu erweisen, und ihm zu dienen, um dadurch das Heil unserer Seele zu erwirken.
Es tut sich tatsächlich sehr viel in unserem Inneren, und wir sind uns oft gar nicht bewusst, wie viele Engel und Dämonen um uns sind und uns zu beeinflussen suchen. So kann der Mensch neben uns, während wir vielleicht einen inneren Frieden erleben, mit einer schrecklichen Versuchung oder einer großen Finsternis konfrontiert sein.
Trost und Trostlosigkeit
Der Heilige Ignatius hilft uns zunächst eine erste Unterscheidung zu treffen, zwischen Trost und Trostlosigkeit. Tröstungen erfahren wir:
(1) Wenn sich unsere Seele in bestimmten Momenten in einem Feuer der Liebe zu Gott entflammt fühlt, sodass wir nichts mehr in dieser Welt um seiner selbst willen lieben wollen, sondern alles nur mehr in Gott lieben wollen, dann ist dies eine Form des Trostes. Diese Befreiung kann uns in der Erfahrung der heiligen Kommunion oder der tiefen Begegnung mit Menschen treffen und trösten.
(2) Eine weitere Form des Trostes sieht Ignatius, wenn wir zu Tränen gerührt sind. Dies kann im Anschluss an das Sakrament der Versöhnung geschehen: Das Weinen über die Gottesferne, über die Distanz zu Gott und die eigenen Verfehlungen ist eine Form der Tröstung.
(3) Schließlich ist immer dann von Trost zu sprechen, wenn die Seele ein Wachstum an Glaube, Hoffnung und Liebe erfährt und spürt.
Trostlosigkeit ist nach Ignatius eine Erfahrung, die dem Trost genau entgegengesetzt ist. Die Seele fühlt sich lau, träge und entfernt von Gott. Eine starke Hinneigung dagegen fühlt sie zu allen sinnlichen und erdenhaften Zuständen. Zudem löst der Gedanke an Opfer besonderes Unbehagen, an Gebete große Langeweile, und an Tugenden nur Widerwillen aus. Diese Beeinflussung in der Trostlosigkeit geschieht durch die bösen Geister, während Ignatius bei den Tröstungen vom Einfluss der Engel spricht.
Was ist der tiefere Grund dafür? Dazu müssen wir wissen, dass Gott diese Zustände des Trostes oder der Trostlosigkeit über uns bestimmt. So spricht Philipp Neri davon, dass das Leben des Christen einen ständigen Wechsel von Tröstungen und Trostlosigkeit ausmacht. Das Ziel des geistlichen Lebens ist es nicht, in einen Zustand des ständigen Trostes zu kommen!
Wenn wir Tröstungen empfangen haben, und dann nachlässig werden, vielleicht abweichen von dem bereits beschrittenen, guten Weg, dann verlässt uns der Trost, um uns aufzuschrecken und wachsamer zu machen. Wir kennen das, wenn nach einem Einkehrwochenende die guten Vorsätze rasch aufgegeben, so schwindet die geistige Freude recht schnell. Wir merken, dass etwas nicht stimmt, und genau dieses Aufgerütteltwerden ist der Sinn der neuerlichen Trostlosigkeit.
Der große Fehler ist nun, in Zeiten der Trostlosigkeit zu meinen, man mache etwas falsch. Der heilige Ignatius nennt uns Gründe dafür.
Trostlosigkeit, erster Grund
Die Überprüfung des eigenen Zustandes gestaltet sich in der einfachen Frage, ob ich (und was ich) derzeit aus Liebe zu Gott tue. Wenn die Antwort recht bescheiden ausfällt, denn nennt man das einen „lauen“ Seelenzustand.
Trostlosigkeit, zweiter Grund
Der noch viel wichtigere Grund für das Ausbleiben des Trostes ist, das Gott uns Gelegenheit gibt, die Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung (und auch alle weiteren Tugenden, wie Ausdauer etc.) „auszupacken“ und zu entwickeln.
Der Trost ist eine Gnade, die uns Gott hin und wieder schenkt. Wir wünschen uns oftmals ein trostreiches Kontinuum, das uns aber gar nicht weiterhelfen würde. Erst die Trostlosigkeit gibt uns Gelegenheit, zu wachsen, in größeren Schritten wieder auf einen guten Pfad zu gelangen.
Wir kennen das Gefühl, in der Tröstung zu beten, und schnell wundern wir uns, dass die anderen nicht so gerne beten – womit wir uns schon wieder von Gott weg bewegen. Wenn wir umgekehrt in der trostlosen „trockenen“ Phase das Gebet suchen und pflegen, dann hat der dreieinige Gott eine große Freude mit uns, und wir ergreifen die Chance zum geistigen Wachstum und der Gnade. Wobei die Gnade nicht etwas ist, das wir spüren, sondern es ist eine rein geistige Wirklichkeit, ein geistliches Geschenk, sie ist immer bei uns, so wie Gott selbst.
Die Grundregel des treuen Beharrens
Die erste Grundregel lautet also, gerade in der Trostlosigkeit nichts an der geistlichen Ausrichtung zu ändern, sondern die genannten Chancen zu ergreifen und den beschrittenen Weg erst recht fortzusetzen! Dies ist der schlechteste Moment um sich hängenzulassen (es geht mir ja schon so schlecht, jetzt sind Gebete wirklich zu schwierig), sondern wir sollen jetzt ganz besonders auf die guten Handlungen aus der trostreichen Zeit aufbauen.
Trostlosigkeit, dritter Grund
Schließlich sollen wir begreifen lernen, dass der Trost keinesfalls unser Verdienst ist, sondern ein nicht „planbares“ Geschenk Gottes. Die „heroischen“ Kräfte, die wir im getrösteten Zustand zu besitzen meinen, sind nicht unsere Kräfte, sondern die Energie des göttlichen Geistes.
Die Trostlosigkeit befreit uns also von falschem Stolz, der uns nur in die Irre führt. So gelangen wir von der Gefahr der Selbstüberschätzung zu einem gesunden Realismus, der uns eine ganz wichtige Tugend erfahren und üben lässt, das ist die Demut: Aus uns selbst heraus vermögen wir nichts.
So ist die klare Unterscheidung der Zustände Trost und Trostlosigkeit ganz entscheidend für unser Verhalten und Wachstum. In Zeiten der Tröstung sollen wir uns wappnen und Kraft sammeln für das, was unvermeidlich wieder auf uns zukommen wird. Wir sammeln Erinnerungen aus dieser Gnadenzeit, auf die wir später zurückgreifen können.
Die Grundregel des ruhigen Geistes
Ignatius gibt uns eine zweite Grundregel für unser geistliches Leben mit auf den Weg, in Form eines starken Bildes. Wenn sich unsere Seele auf eine Reise von Todsünde zu Todsünde begibt, dann befindet sie sich auf den Weidegründen des Satans. Auf seiner eigenen Weide gelangt der Böse so leicht in unsere Seele, dass wir ihn gar nicht bemerken. Seine Früchte der Verführung schmecken uns so gut, dass wir das Gefangensein unseres Lebens gar nicht wahrnehmen.
Wenn nun der gute Geist die Seele betritt, dann spürt sie dies, denn dieser Geist meldet sich mit Gewissensbissen. Die gefangene Seele ist auf den Heiligen Geist gar nicht eingestellt, und wird diesen als „unangenehmes“ Ereignis bemerken, wie Wasser, das hart und lärmend auf einen Stein fällt.
Wenn uns der teuflische Geist nicht zur Sünde verführen kann, dann verfolgt er die Strategie, uns das geistliche Leben madig zu machen, und uns in Unruhe zu versetzen. Dann hören wir Stimmen, die uns versichern, dass Gott unser Gebet gar nicht hören wird, dass Jesus unsere schmutzige Seele gar nicht bei der heiligen Kommunion haben will, und dass ein abwechslungsreiches Weekend in angesagten Nachtclubs viel angebrachter ist als ein langweiliges Einkehrwochenende, geschweige denn Exerzitien!
So wie der satanische Geist in eine geschwärzte Seele wie ein Wassertropfen in einen Schwamm (leicht und unbemerkt) eintritt, so gilt dies – mit umgekehrten Vorzeichen – auch für den guten Geist:
Dieser kommt in eine tugendhafte Seele ebenfalls wie ein Tropfen Wasser in einen Schwamm. Allerdings wird uns der Heilige Geist dabei nie in Unruhe versetzen, solange wir nach Tugend streben und uns auf seiner Wellenlänge befinden. Achten wir also auf dieses Unterscheidungskriterium: Der Geist Gottes vermittelt ausschließlich Liebe, Fülle und Frieden.
Die Regeln der zweiten Woche
Es kommt nun etwas Entscheidendes hinzu. Der böse Geist ist nicht nur in der Lage, durch seine Versuchung Tröstungen zu verhindern, sondern er kann uns wie ein Engel des Lichtes erscheinen und unwahre Tröstungen vorspielen! Ich betrete eine Kirche, und fühle mich im selben Moment getröstet. Das kann nicht sein, denn es braucht schon eine gewisse Zeit der Betrachtung und des Gebets, um zu einem Trost zu gelangen.
Wir sollen also verstehen, dass die guten Geister einen Anlass brauchen, beispielsweise ein offenes und aus der Tiefe der Seele kommendes Gebet, um in uns zu wirken. Vorsicht ist allerdings geboten, denn der Satan ist sehr wohl in der Lage, in unserer Seele einen falschen Trost zu bewirken, der mit einem bestimmten (guten) Gedanken verbunden wird. Während eines Gebetes nehme ich mir vor, zur Weiterentwicklung meines Gewissens die „Exerzitien“ vom Heiligen Ignatius zu lesen, da stellt sich plötzlich der Gedanke ein, dass es viele Bücher gibt, die Bekannte von mir ausgeliehen haben, und was sich diese Menschen einbilden, mir meine Bücher nicht zurückzugeben, und wie lobenswert meine eigene Haltung beim Zurückgeben ausgeliehener Sachen ist!
Binnen Sekunden reichen sich Zorn und Hochmut in meiner Seele die Hände. Meine Gedanken schweifen weiter und ich überlege mir, einen Großteil der Bücher am besten zu verschenken, oder doch lieber zu verkaufen. Das Geld könnte ich spenden – oder vielleicht doch für eigene Anschaffungen zu verwenden? In kürzester Zeit ist meine Seele – ausgehend von dem guten Gedanken, mein geistliches Leben weiterzuentwickeln – in ein unruhiges Meer voller Untiefen und Versuchungen verwandelt.
Unsere Waffen gegenüber Anfechtungen
In solchen Situationen rät uns Ignatius, innezuhalten, und ganz konsequent nachzudenken, an welcher Stelle diese Verirrung aufgetreten ist. Der böse Geist kennt unsere Seele sehr gut, und vielleicht gibt es da eine Stelle, wo wir stolz und zornig sind – und das ist genau der Punkt, an dem der Satan ansetzt: Mein Nachforschen ergibt, dass ich meine Jesusnachfolge doch ein wenig wie Leistungssport betrachte, nach dem Motto „möglichst viel geistliche Literatur lesen, um in diesem Punkt viel besser als andere zu sein“, und schon ergibt sich ein wunderbarer Ansatzpunkt für den Geist des Bösen.
Was können wir Grundsätzliches aus diesen Anfechtungen ableiten? Ignatius gibt uns drei wesentliche Hinweise – und eine erste Erkenntnis haben wir durch das letzte Beispiel schon gewonnen:
(1) Wir müssen wachsam sein. Der Böse umschleicht wie ein feindlicher Feldherr unsere Seelenburg, und er tut dies Tag und Nacht, um auf minutiöse Weise die Schwachstellen ausfindig zu machen.
(2) Im Falle des Angriffs benötigen wir Entschlossenheit. Nie dürfen wir meinen, dass der Satan wirkliche Macht in unserer Seele hätte. Wenn wir aber zurückweichen, so verlieren wir. „Die schlimmste Sünde ist die Verzweiflung“, versichert uns der Heilige Thomas von Aquin, und entsprechendes rät uns der Heilige Ignatius: Im Moment der Versuchung müssen wir entschlossen auftreten, und der Theaterzauber des Teufels wird zusammenbrechen.
(3) Wir müssen die Versuchung offenbaren. Für diese wichtigste Waffe im Kampf mit dem Bösen bringt Ignatius das Bild eines unwürdigen Liebhabers, der die Tochter eines fremden Mannes in dessen Lustgarten verführen will. In dem Moment, wo die betroffene Tochter den Vater um Rat bittet, weil ein Fremder sie in den Garten „entführen“ will, wird der Unbekannte bereits das Weite suchen – und ähnliches gilt für unser geistliches Leben. In solchen Momenten gilt es also, die Versuchung gegenüber einem geistlich erfahrenen Menschen auszusprechen, um den Geist des Bösen in die Schranken zu weisen.
Pater Florian Calice CO (Oratorianer), dem wir diesen Crash-Kurs für die Unterscheidung der Geister verdanken, berichtet dazu von einem Exerzitien-Erlebnis. Nach drei Tagen der für 30 (!) Tage angesetzten Einzelexerzitien habe er das quälende Gefühl gespürt, dass sein Exerzitienleiter nicht der Richtige sei und zu wenig Ahnung von der geistlichen Materie habe. Nun wusste er, dass es nur eine Möglichkeit gab, sich diesen Anfechtungen zu stellen: Er musste diese Gefühle beim betroffenen Pater ansprechen! Tatsächlich war es so, dass allein das Aussprechen der Zweifel gegenüber dem Pater genügte, um diese Anfechtungen binnen kürzester Zeit zu überwinden.
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(313) REGELN, UM EINIGERMASSEN
DIE VERSCHIEDENEN BEWEGUNGEN
ZU ERKLÄREN UND ZU ERSPÜREN,
DIE IN DER SEELE SICH VERURSACHEN;
DIE GUTEN, UM SIE AUFZUNEHMEN,
DIE SCHLECHTEN, UM SIE ZU VERWERFEN.
Sie eignen sich mehr für die erste Woche
(314) DIE ERSTE REGEL. Denen, die von Todsünde zu Todsünde gehen, pflegt der Böse Feind gemeinhin augenscheinliche Lust vorzustellen, indem er Bilder sinnlicher Ergötzungen und Lüste hervorruft, um sie jeweils mehr in ihren Lastern und Sünden zu bewahren und zunehmen zu lassen. Der gute Geist verfährt bei solchen in entgegengesetzter Weise; er stachelt sie auf und gibt ihnen Gewissensbisse im innern Instinkt der Vernunft.
(315) DIE ZWEITE. Bei denen, die entschieden voranmachen in der Reinigung von ihren Sünden und die im Dienste Gottes Unseres Herrn vom Guten zum je Besseren übergehen, hat eine Weise statt, die der ersten Regel entgegengesetzt ist. Denn nun ist es dem bösen Geiste eigen, zu beißen, traurig zu stimmen und Hindernisse zu legen, indem er mit falschen Gründen beunruhigt, damit man nicht weiter vorrücke. Und dem guten Geist ist es eigen, Mut und Kraft, Tröstungen, Tränen, Einsprechungen und Ruhe zu geben, indem er alle Hindernisse leicht macht und weghebt, damit man im Tun des Guten weiter voranschreite.
(316) DIE DRITTE. Vom geistlichen Trost. Ich rede von Trost, wenn in der Seele eine innere Bewegung sich verursacht, bei welcher die Seele in Liebe zu ihrem Schöpfer und Herrn zu entbrennen beginnt und demzufolge kein geschaffenes Ding auf dem Antlitz der Erde mehr in sich zu lieben vermag, es sei denn im Schöpfer ihrer aller. Desgleichen: wenn einer Tränen vergießt, die ihn zur Liebe Seines Herrn bewegen, sei es aus Schmerz über seine Sünden oder über das Leiden Christi Unseres Herrn oder über andere unmittelbar auf Seinen Dienst und Lobpreis hin geordnete Dinge. Und endlich nenne ich Trost jede Zunahme von Hoffnung, Glaube und Liebe, und jede innere Freudigkeit, die ihn zu den himmlischen Dingen ruft und zieht und zum eigenen Heil seiner Seele, indem sie ihn besänftigt und befriedet in seinem Schöpfer und Herrn.
(317) DIE VIERTE. Von der geistlichen Trostlosigkeit. Ich nenne Trostlosigkeit alles, was zur dritten Regel in Gegensatz steht, als da ist: Verfinsterung der Seele, Verwirrung in ihr, Hinneigung zu den niedrigen und erdhaften Dingen, Unruhe verschiedener Getriebenheiten und Anfechtungen, die zum Mangel an Glauben, an Hoffnung, an Liebe bewegen, wobei sich die Seele ganz träg, lau, traurig findet und wie getrennt von ihrem Schöpfer und Herrn. Denn wie der Trost das Gegenteil der Trostlosigkeit ist, so sind auch die Gedanken, die der Trostlosigkeit entspringen, entgegengesetzt den Gedanken, die aus dem Trost entstehen.
(318) DIE FÜNFTE. Zur Zeit der Trostlosigkeit soll man nie eine Änderung treffen, sondern fest und beständig in den Vorsätzen und der Entscheidung stehen, in denen man am Tag vor dieser Trostlosigkeit stand, oder in der Entscheidung, in der man im vorausgehenden Troste stand. Denn wie uns im Trost jeweils mehr der gute Geist führt und berät, so in der Trostlosigkeit der böse, auf dessen Ratschläge hin wir den Weg nie finden können, um das Rechte zu treffen.
(319) DIE SECHSTE. Sollen wir in der Trostlosigkeit die früheren Vorsätze nicht ändern, so ist es doch sehr von Nutzen, uns selber entschieden gegen eben diese Trostlosigkeit hin zu ändern, so etwa, daß wir uns mehr dem Gebet, der Betrachtung hingeben, uns viel prüfen und in irgendeiner angemessenen Weise freigebiger Buße tun.
(320) DIE SIEBTE. Wer in Trostlosigkeit ist, erwäge, wie der Herr ihn zur Probe in seinen natürlichen Fähigkeiten gelassen hat, zu dem Zweck, daß er den verschiedenen Antrieben und Anfechtungen des Feindes widerstehe. Er kann es nämlich mit der göttlichen Hilfe, die ihm stets verbleibt, auch wenn er sie nicht deutlich spürt, da ihm der Herr zwar seine große Glut, die besondere Liebe und die intensive Gnade entzogen, ihm aber die zum ewigen Heil genügende Gnade gelassen hat.
(321) DIE ACHTE. Wer in Trostlosigkeit ist, gebe sich Mühe, in der Geduld auszuharren, die den ihn überkommenden Quälereien entgegenwirkt. Und er möge bedenken, daß er gar bald wieder getröstet sein wird; dabei aber sorgsam die Mittel gegen solche Trostlosigkeit anwenden, wie in der sechsten Regel gesagt worden ist.
(322) DIE NEUNTE. Drei Gründe sind es vornehmlich, warum wir uns trostlos finden. Der erste, weil wir lau, träge oder nachlässig in unseren geistlichen Übungen sind: so zieht sich durch unsere Schuld der geistliche Trost von uns zurück. Der zweite, damit Gott uns erprobe, wie weit wir sind und in welchem Ausmaß wir uns ausgeben in seinem Dienst und Lobpreis ohne einen so großen Sold an Tröstungen und besonderen Gnaden. Der dritte, um uns die wahre Kenntnis und Einsicht zu geben, dazuhin, es inwendig zu erleben, daß es nicht unsere Sache ist, große Hingabe, intensive Liebe, Tränen oder irgendeinen andern geistlichen Trost uns zu verschaffen oder zu erhalten, sondern daß es ganz eine Gabe und Gnade Gottes Unseres Herrn ist, und wir uns nicht in ein fremdes Haus einnisten und unsern Geist in irgendeinem Stolz oder eitelm Ruhm aufblähen, indem wir die Andacht oder andere Teile des geistlichen Trostes uns selber zuschreiben.
(323) DIE ZEHNTE. Wer im Trost ist, bedenke, wie er sich in der Trostlosigkeit benehmen werde, die später kommen wird, indem er für dann neue Kräfte sammelt.
(324) DIE ELFTE. Wer getröstet ist, sorge sich zu demütigen und zu erniedrigen soviel er kann, indem er bedenkt, wie wenig er wert ist zur Zeit der Trostlosigkeit ohne diese besondere Gnade oder Tröstung. Und im Gegenteil bedenke, wer in der Trostlosigkeit ist, daß er viel vermag mit der Gnade, die genügt, um allen seinen Feinden zu widerstehen, indem er die Kräfte bei seinem Schöpfer und Herrn sich holt.
(325) DIE ZWÖLFTE. Der Feind verhält sich wie ein Weib; seine Kräfte sind schwach, aber er will gerne stark erscheinen. Denn wie es Weiberart ist, beim Streit mit einem Mann den Mut zu verlieren und die Flucht zu ergreifen, wenn der Mann ihr die starke Stirne zeigt, wenn aber der Mann zu weichen beginnt und den Mut sinken läßt, Zorn, Rache und Wildheit des Weibes übergroß und maßlos werden, so ist es auch dem Feinde eigen, zusammenzusinken und den Mut zu verlieren, so daß seine Versuchungen die Flucht ergreifen, wenn der Mensch, der sich in geistlichen Dingen übt, die starke Stirne gegen seine Versuchungen zeigt, indem er geradenwegs das Gegenteil tut; wenn hingegen der sich Übende anfängt, Furcht zu hegen und beim Ausstehen der Versuchungen den Mut zu verlieren, dann gibt es auf der ganzen Welt keine so wilde Bestie wie den Feind der menschlichen Natur, wenn er mit ausgewachsener Bosheit seine tückische Absicht verfolgt.
(326) DIE DREIZEHNTE. Desgleichen verhält er sich wie ein eitler Verliebter: er wünscht verborgen zu sein und nicht entdeckt zu werden. Denn wie dieser falsche Mensch, der sich an die Tochter eines guten Vaters oder an die Gattin eines guten Gatten heranmacht und sie zum Bösen überredet, den Wunsch hat, daß seine Worte und Einflüsterungen geheim bleiben, und es ihm sehr mißfällt, wenn die Tochter dem Vater oder die Gattin dem Gatten seine eitlen Worte und seine verkommene Absicht aufdeckt, weil er leicht begreift, daß er sein Vorhaben nicht mehr ausführen kann, ebenso wünscht und begehrt auch der Feind der menschlichen Natur, wenn er seine Listen und Einflüsterungen der gerechten Seele einflößt, daß diese im geheimen empfangen und festgehalten werden; entdeckt sie sie aber ihrem guten Beichtvater oder einer andern geistlichen Person, die seine Betrügereien und Bosheiten kennt, so grämt ihn das sehr, denn er begreift, daß er mit seiner begonnenen Bosheit nicht zum Ziel gelangen kann, da seine klaren Betrügereien offen zutage liegen.
(327) DIE VIERZEHNTE. Er verhält sich auch wie ein Häuptling, der einen Platz bezwingen und ausrauben will. Wie ein Hauptmann oder Anführer im Feld Stellung bezieht und Kräfte und Lage der Burg ausspäht, um sie dann an der schwächsten Stelle anzugreifen, ebenso umschleicht auch der Feind der menschlichen Natur rings alle unsere theologischen, kardinalen und moralischen Tugenden, und wo er uns schwächer und ungeschützter zu unserem ewigen Heil hin findet, dort führt er seinen Schlag gegen uns und trachtet, uns einzunehmen.
DER GEISTLICHE KAMPF
Zur Erinnerung sei die Maxime des Ignatius von Loyola nochmals hervorgehoben: Die eine entscheidende Aufgabe des Menschen heißt Gott zu dienen, und alles andere ist dazu da, uns bei diesem Dienst zu helfen. Wir müssen uns also um nichts anderes kümmern, als um diese Aufgabe, das ist die Konsequenz, die aus der beschriebenen Maxime hervorgeht. Unser Ansehen bei den Mitmenschen führt uns auf einen Weg fern von Gott, und unser persönliches Wohlergehen ist etwas, das uns letztlich nur Gott schenken kann.
Wir haben auch zu berücksichtigen, dass die dämonischen Geister unsere Schwächen auf das Beste kennen, denn jedes Abweichen vom heilsamen Weg zu Gott wurde von eben diesen Dämonen begleitet und gestützt.
Darüber hinaus kennt der böse Geist auch alle unsere ungeordneten Anhänglichkeiten: Das sind alle jene Dinge, die wir außerhalb von Gott lieben. Es gibt also Bindungen, die gar nichts mit unserem heiligen Weg zu tun haben, die aber von den Dämonen für grausame Attacken genutzt werden.
Dies können Tätigkeiten sein, die wir aufgrund unserer individuellen Talente gut erfüllen, die wir aber auch im Wissen ausüben, dafür gelobt zu werden, oder wir entdecken, dass sich damit gutes Geld verdienen lässt, welches wir nicht nur zum Lob Gottes einsetzen. Im Berufsleben sind solche Situationen gut vorstellbar, und in jedem Fall wird der Satan alles daran setzen, uns anzutreiben, das Letzte aus uns herauszupressen, um Vermögen anzuhäufen und unser Ansehen zu steigern.
Bei all dem sollen wir die Kräfte des Bösen auch nicht überschätzen: Dämonen nehmen Einfluss auf unsere Leib-Seele Konstitution, aber niemals gewinnen sie einen so gearteten Zugang zur Seele, dass sie uns von etwas überzeugen können, was wir nicht wollen. Es ist ihnen auch nicht möglich, uns etwas als wahr darzustellen, was in Wirklichkeit böse und unwahr ist.
Es sind demnach die niederen Bereiche unserer Seele, in die der Böse eintritt: Unsere Gefühlsebene, unsere Vorstellungswelt, und unser Gedächtnis sind die Bereiche, die angreifbar sind, nicht aber unsere eigentlichen Seelenkräfte. Unsere Sympathien und Antipathien haben wenig mit unseren eigentlichen Seelenvermögen zu tun, aber sie sind prächtige Instrumente des Bösen: So belegen wir unschuldige Menschen mit seltsam starken Antipathien, und es kommt vor, dass wir uns bösen Seelen mit fehlgeleiteten Sympathien nähern.
Denken wir an die Worte der seligen Teresa von Kalkutta, wo wir die folgenden Hinweise finden: Was sind die wichtigsten Lehrer, das sind die Kinder; was ist der schönste Tag, das ist heute; was ist das Leichteste in unserem Leben, das ist der Irrtum. Wie wahr doch dieser letzte Punkt ist, denn am leichtesten irren wir uns in der Einschätzung anderer Menschen.
Warum lässt Gott dieses Werk des Satans zu, dass dieser mit solcher Macht, vor allem aber mit derartiger Schlauheit an uns herantritt? Denken wir an den Gutsherrn, der den guten Samen sät, und dann kommt in der Nacht der Satan, der das Unkraut sät. Beides wächst nun und wir dürfen diesem Gleichnis Jesu entnehmen, dass der Böse immer im Verborgenen wirkt und seine Möglichkeiten sehr wirksam nutzt. Uns mangelt es sehr oft an Wachsamkeit und Erkenntnis!
Gott lässt diese Verführungen zu, weil sie schlussendlich unserem Seelenheil nützlich sein können, dies ist eine ganz wesentliche Erkenntnis. Denn in der Versuchung zeigen wir unser Gesicht: Widerstehen wir den Verführungen, dann ist dies ein großer Verdienst in den Augen Gottes; fallen wir auf die Trugbilder und Versuchungen herein, dann offenbaren wir große Schwäche, und haben dennoch die Chance, wieder auf den Heilsweg zu gelangen.
Dann nämlich, wenn wir Erkenntnis üben und Demut zeigen, und uns im Sakrament der Versöhnung, der Beichte, bewähren: In der Barmherzigkeit Jesu gelangen wir durch unsere Umkehr zurück zur Liebe zu Gott und den Menschen. So kann die Sünde uns wiederum helfen, uns geistlich weiter zu entwickeln, außer wir würden die Sünde nur benutzen wollen, um irgendwann später wieder auf Gott zurück zu kommen zu wollen.
Wenn wir dies alles genau bedenken, entdecken wir, wie wunderbar der Heilsplan unseres Schöpfers ist: Letztlich gibt es keinen Irrweg, von dem aus wir nicht wieder zum dreieinigen Gott zurückfinden könnten!
Doch betrachten wir die Anfechtungen des Bösen noch etwas genauer.
Die Anfechtung durch Süchte
Zum einen sind es Süchte, die unsere Leib-Seele Beschaffenheit auszunützen suchen. Die Sucht, Vermögen anzuhäufen, sei es um der Sicherheit oder bestimmter Befriedigungen willen; das Streben nach Anerkennung und Karriere, wenn dabei die Liebe zu Gott und den Menschen verloren geht; und viele andere Suchtverhalten, die wir uns gut vorstellen können. Hier gilt in aller Entschiedenheit: Selbsterkenntnis und Reue sind die Waffen, die wir im Kampf gegen unsere Süchte einsetzen müssen.
Die Anfechtung durch Angst
Weiters zählen unsere Ängste zum beliebten Ziel der Dämonen. So hat sich Ignatius, dem besondere Gnaden zu Teil wurden, eines Tages gefragt, ob er es denn wirklich schaffen kann, die möglicherweise verbleibenden 50 Jahre seines Lebens in Tugend zu leben. Aufgrund seiner Zweifel hat er ernsthaft überlegt, sich das Leben zu nehmen: Erst die Erkenntnis, dass ihm nur Gott und nicht Satan weitere Tage des Lebens und des Heils schenken kann, hat ihn das Spiel des Bösen durchschauen lassen, und ihm die Verzweiflung genommen.
Die Anfechtung durch Selbstzweifel
Schließlich sind es Selbstzweifel, mit denen uns der Satan zu umklammern sucht, um das Gefühl einer großen Unwürdigkeit wachsen zu lassen. Es ist eine Spirale negativer Gedanken, die uns gefangen nehmen will. Ich bete und plötzlich denke ich, dass mein Gebet nur im Knien würdig sein kann; dann knie ich und befürchte, dass Gott mich sieht, und ich nur knie, damit ich vielleicht doch würdig bin; schließlich setze ich diese Betrachtungen, die in Wirklichkeit nichts als eine Dialog mit dem Satan sind, fort, und verstricke mich immer mehr in dieses Netz der Unsinnigkeiten.
Ganz entscheidend ist also, auf keinen Fall in ein Gespräch, in eine Verhandlung mit dem Satan einzutreten. Sonst ist es in unserem kleinen Beispiel so, dass ich in der vielleicht mühsam erkämpften halben Stunde des Gebets nicht ein einziges Wort mit Gott gesprochen und diese kostbare Zeit an den Teufel verschwendet habe. Besinnen wir uns in solchen Momenten, an welchem Punkt wir uns haben abbringen lassen, dann erkennen wir unsere zugrunde liegende Schwäche, und ignorieren wir in der Folge jede weitere Versuchung, so widersagen wir dem Bösen.
In all diesen Momenten, wo wir glauben unrein zu sein, und mag unsere Unehrenhaftigkeit auch noch so groß sein, haben wir einen einzigen Ausweg und eine einzige Aufgabe: Daran zu glauben, dass die Liebe Gottes in jedem Fall stärker ist als unsere auch größtmögliche Unwürdigkeit. Dieser Glaube allein ist es, der alle Dämonen im selben Moment zum Schweigen bringt.
Die Anfechtung durch Misstrauen
Eine weitere Taktik des Satans ist es, unser Misstrauen gegen den Beichtpriester zu schüren. Dieser Angriff ist sehr naheliegend, denn wie wir in dieser ganzen Betrachtung der Unterscheidung der Geister sehen, braucht es eine geistliche Begleitung, um uns zu schulen und zu beraten. Ein geistlicher Begleiter und unser Beichtvater sind aufgrund ihrer Berufung in der Lage, mit uns gemeinsam auf Gott zu schauen und dabei alles zu erkennen, was uns von Gott fern hält. Kein Wunder also, dass der Dämon exakt an dieser Stelle ansetzt.
Es gibt eine wirksame Maßnahme für uns, das ist die Aussprache. Das Aussprechen der schlimmsten Versuchungen und beschämendsten Gedanken gegenüber unserem Seelenführer sind das heilbringende Mittel, um den Satan zu besiegen und zur Freiheit in Gott zurückzufinden.
Die Waffe der Demut
Es gibt einen Bereich, für den der Satan nie einen Sinn entwickeln konnte: Die Tugend der Demut. Sobald wir uns in demütige Haltungen begeben, wenn wir uns zurücknehmen und klein machen, weichen alle Dämonen, denn genau dann vermögen sie keinen Angriff gegen uns. Wir dürfen sicher sein, dass gegen die großen Tugenden kein Teufelskraut gewachsen ist, welches auch der schlaueste Dämon in irgendeiner Weise einsetzen könnte: Es sind die uns bekannten Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung und Demut.
Gegen diese Seelenvermögen und verständlicherweise die Gnade, die wir durch Gott geschenkt bekommen, ist der Satan vollkommen machtlos. Umgekehrt müssen wir damit rechnen, dass Menschen, die auf diesem Weg der Tugenden gehen, ganz besonders von Versuchungen heimgesucht und von ihren Beichtvätern ferngehalten werden.
Die Anfechtung durch Skrupel
Ein weitere Eigenart der Dämonen ist es, mit unseren Skrupeln zu arbeiten. Wenn wir ein besonders weitmaschiges Netz im Verständnis unserer Verfehlungen haben, wo also auch schwere Sünden leicht durchgehen, wird uns der Satan bestärken, immer mehr durch dieses Netz hindurch zu lassen. Wenn wir andererseits ein besonders feinmaschiges Netz für unser Sündenverständnis entwickelt haben, wird der Böse alles daran setzen, dieses Netz so eng zu machen und zu ziehen, dass wir vor lauter Sündenbewusstsein gar keinen Ausweg mehr aus unseren Verstrickungen sehen.
Ein berühmtes Beispiel erzählt vom Wanderer, der unvermittelt unter seinen Füßen Zweige sieht, die wie ein Kreuz aussehen – und im selben Moment darauf tritt. Ist dieser Wanderer nun ein Mensch mit Skrupeln, kann ihn dies betroffen machen und ihn fürchten lassen, das Kreuz verunehrt zu haben. Ein skrupelloser Mensch dagegen kommt erst gar nicht auf solche Gedanken, und würde auch gar nicht verstehen können, worum es in dieser Situation überhaupt geht.
Wichtig sind immer die Aussprache und das Vertrauen zum Beichtvater. Wenn nun der Seelenführer erkennt, dass nur Skrupel aber keine unehrenhaften Handlungen vorliegen, wird er den Betroffenen beruhigen und fortschicken; er wird ihn immer wieder von der Beichte abweisen und auf diese Weise demütigen, bis der Beichtskrupulant zwischen reinen Skrupeln und tatsächlichen Vergehen zu unterscheiden lernt.
So hilft uns das Vertrauen zum Beichtvater, der erkennen kann, in welcher Lage wir uns tatsächlich befinden. Dazu kommt eine Betrachtung, die wir selbst anzustellen haben:
Wenn wir – bei sorgfältig abwägender Erforschung unseres Gewissens – nicht sicher sind, diese Sünde begangen zu haben, dann können wir sicher sein, nicht gesündigt zu haben.
Umgekehrt gilt, dass wir beim offenen Umgang mit unserer Seele am Ende unmissverständlich spüren, dass wir uns von Gott entfernt und damit gesündigt haben.
Der Grundsatz des Kämpfens
Wir können für unser Seelenheil eine ganz wesentliche Erkenntnis mitnehmen: Solange wir kämpfen, solange wir Gott wieder näher kommen wollen, haben wir gar nichts verloren, haben wir uns noch nicht dem Bösen ergeben, sondern wir befinden uns weiter auf einem gottgefälligen Weg.
Das Ziel der Exerzitien
(1) Worum geht es eigentlich im Kern bei diesem ganzen Thema? Im Grunde genommen will Ignatius von Loyola in uns der Erkenntnis zum Durchbruch verhelfen, dass der Mensch nur eine einzige Aufgabe hat: Gott zu loben, ihm Ehrfurcht zu erweisen, und ihm zu dienen, um dadurch das Heil seiner Seele zu erwirken. Dies zu erkennen und zu erleben ist das oberste Ziel aller Betrachtungen im Rahmen der Exerzitien.
(2) Wobei helfen uns die Exerzitien ganz konkret in unserem geistlichen Vorankommen? Ignatius möchte, dass wir alle ungeordneten Neigungen in uns besiegen, denn anders können wir den Willen Gottes nicht sehen. Wenn wir weiter mit unseren ungeordneten Anhänglichkeiten leben, blockieren wir unsere Fähigkeiten, den Willen Gotten zu erkennen. Den Willen des Schöpfers erkennen zu können, das ist nicht Verantwortung Gottes, es ist vielmehr persönliche Berufung für jeden Menschen, und Exerzitien können uns dabei sehr wesentlich weiterhelfen.
(3) Worauf ist gegen Ende der ignatianischen Exerzitien ganz besonders zu achten? Hier ist mir ein Hinweis wichtig, der im Grunde für jede Art von geistlichen Übungen anwendbar ist: Welche Erkenntnisse, welche Erfahrungen nimmst du in welcher Reihenfolge mit in deinen Alltag? Dieser „Transferplan“, der am besten mit geistlichen Begleiter zu besprechen ist, entscheidet ganz wesentlich darüber, wieweit die wertvollen Übungen und Erfahrungen der Exerzitienzeit in dein tägliches Leben Eingang finden werden.
Dieser Überblick hat über einige entscheidende Grundlagen gesprochen, die uns bei der Unterscheidung der Geister helfen können. Doch bei allen Betrachtungen und Übungen gilt es eines nicht aus den Augen zu verlieren: Das Ziel ist Gott. Somit können wir am Ende mit Ignatius von Loyola sagen: Omnia ad maiorem Dei gloriam.
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