Verehrung - Heilige - Biographien > Heilige und Biographien

Thomas von Aquin - Lehre des Heils

<< < (4/8) > >>

Caelum:
DIE KIRCHE AUF ERDEN LEITET UNS HIN ZUR TRIUMPHIERENDEN GEMEINSCHAFT DER SELIGEN

"Um Eines bitte ich den Herrn. Nur dies erflehe ich für mich: im Haus des Herrn zu weilen alle Tage meines Lebens" (Ps 26,4). Das geistige Gotteshaus ist die streitende Kirche. Paulus schreibt an Timotheus: "Du sollst wissen, wie man sich in Gottes Haus zu verhalten hat, das ja die Kirche des lebendigen Gottes ist, eine Säule und Grundfeste der Wahrheit" (1 Tim 3,15). Es gibt noch eine andere Kirche, die triumphierende, von der es im zweiten Korintherbrief (5,1) heißt: "Wir wissen ja, wenn unser irdisches Haus abgebrochen wird, erhalten wir einen festen Bau von Gott, ein ewiges Haus im Himmel, das nicht von Menschenhand erbaut ist." Man kann den obigen Psalmvers von beiden Arten der Kirche verstehen, denn das erste Haus ist der Weg und das Tor zum zweiten, wie der Psalm sagt: "Das ist das Tor des Herrn, durch das die Gerechten hineingehen" (Ps 117,20). Und darum muß es unsere Sehnsucht sein, in diesem Hause der Kirche zu wohnen. Und zwar "alle Tage meines Lebens" bis zu seinem Ende. "Sie soll in Ewigkeit mein Ruheplatz sein, ich will hier wohnen, denn hier gefällt es mir" (Ps 131,14).

Nun wohnt man in Gottes Hause durch den Glauben und die Liebe sowie durch entsprechende gute Werke. "Er läßt sie nach gleicher Lebensart in (seinem) Hause wohnen" (Ps 67,7), und zwar, gottlob, für immer. Wir sollen darin wohnen und nicht daraus entfernt werden. Man trennt sich aber von der Kirche durch die Sünde, durch Exkommunikation, durch Abspaltung von der Kirche oder durch Irrlehre. Wer also in ihr, das heißt in dieser Kirche, bis zum Ende wohnt, der wird für dauernd in ihr wohnen. "Selig, die in Deinem Hause wohnen, Herr" (Ps 83,5).

Nunmehr erklärt der Psalmist, warum er im Hause Gottes wohnen will: "um des Herrn Lieblichkeit zu kosten und sie in seinem Tempel zu betrachten" (Ps 26,4)... Hieronymus liest statt dessen: "um die Schönheit des Herrn zu schauen". Damit ist der Lohn bezeichnet, wie Augustinus meint und Johannes (17,3) bezeugt: "Das aber ist das ewige Leben: Dich zu erkennen, den einzig wahren Gott, und den Du gesandt hast: Jesus Christus." Drei Werte begreift diese Gottschauung in sich, nach deren offender Schau der Mensch von Natur aus verlangt: Erstens das Schöne. Die höchste Schönheit ist in Gott selbst. Denn die Schönheit besteht in der Wohlgestalt, und Gott ist die Urform, die allen Wesen Form und Gestalt verleiht. - Zweitens die Freude und das Freisein von Trauer. Und darum heißt es: "Um des Herrn Lieblichkeit zu schauen", das heißt, Gottes Güte, in der die höchste Freude liegt. "In seiner Rechten liegen Wonnen immerdar" (Ps 15,11). - Drittens die Schau der Weltordnung. Denn es ist eine hohe Wonne, in alle Dinge des Weltalls Einsicht zu haben. Und darum ist die offene Schau des Planes der göttlichen Vorsehung solch eine große Freude. Darum sagt der Psalmist, daß er des Herrn Willen schauen möchte, das heißt den von Gottes Willen aufgestellten Heilsplan. "Prüfet, was der Wille Gottes, was gut, wohlgefällig und vollkommen ist" (Röm 12,2). Das tun wir in diesem Leben unvollkommen im Glaubenslicht, wir werden es aber vollkommen tun im künftigen Leben, wo die Heiligen Gott schauen von Angesicht zu Angesicht: "Wir alle aber schauen mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn und werden so zum gleichen Bilde umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit" (2 Kor 3,18).

Caelum:
DIE KIRCHE UND DIE GEMEINSCHAFT DER HEILIGEN

Wie im natürlichen Leibe die Betätigung eines Einzelgliedes dem ganzen Leibe zugutekommt, so ist es auch im geistigen Leibe der Kirche. Weil alle Gläubigen einen Leib bilden, wird das Gut des einen auch dem anderen mitgeteilt. "Als einzelne sind wir Glieder untereinander" (Röm 12,5). Deshalb lehren die Apostel auch unter anderem, daß es in der Kirche eine Gemeinschaft der Güter gibt, die man als Gemeinschaft der Heiligen bezeichnet.

Von den Gliedern der Kirche ist Christus das adeligste, weil er das Haupt ist. "Ihn hat er als Haupt über die ganze Kirche gesetzt, die sein Leib ist" (Eph 1,22 f.). Und wie die Kraft des Hauptes allen Gliedern zuteil wird, so wird auch das Gut Christi allen Christen mitgeteilt. Diese Teilnahme wird verwirklicht durch die Sakramente der Kirche, in denen die Kraft des Leidens Christi wirksam ist, und zwar bewirkt sie die Mitteilung der Gnade zur Vergebung der Sünden.
(Erläuterung des Apost. Glaubensbekenntnis: Die Gemeinschaft der Heiligen.)

Die Kirche ist aufgebaut durch die Sakramente, die aus der Seite des am Kreuze hängenden Christus geflossen sind.

Caelum:
DIE SAKRAMENTE SIND HEILIGE ZEICHEN

Da das Sakrament eine heiligende Sache bezeichnet, muß es auch die Wirkung bezeichnen, die schon in der heiligenden Ursache als solcher mitverstanden wird. Im eigendlichen Sinne besagt "Sakrament" etwas, was angeordnet ist, um unsere Heiligung zu bezeichnen, bei der man folgende drei Dinge ins Auge fassen kann: Die Ursache unserer Heiligung selbst, nämlich das Leiden Christi; ferner: das Wesen unserer Heiligung, das in der Gnade und den Tugenden besteht; und schließlich das letzte Ziel unserer Heiligung, das ewige Leben. Alle diese Dinge werden durch die Sakramente bezeichnet. Darum ist das Sakrament sowohl ein Erinnerungszeichen des voraufgegangenen Leidens Christi, als auch ein hinweisendes Zeichen der durch Christi Leiden in uns bewirkten Gnade, wie auch ein vorausdeutendes Zeichen, ein Vorzeichen der künftigen Herrlichkeit.

Caelum:
DIE HEILSBEDEUTUNG DER SAKRAMENTE

Der Tod Christi ist sozusagen die Allgemeinursache des menschlichen Heiles, wie schon oben gesagt wurde. Weil aber die Allgemeinursache jeder Einzelwirkung zugewandt werden muß, deshalb mußten den Menschen bestimmte Hilfsmittel dargeboten werden, durch die ihnen die Wohltat des Todes Christi auf eine bestimmte Weise verbunden wurde. Diese Hilfsmittel tragen den Namen "Sakramente der Kirche". Es war aber notwendig, daß sie unter gewissen sichtbaren Zeichen gereicht wurden, und zwar aus folgenden Gründen:
Erstens: Wie für die übrigen Weltdinge, so sorgt Gott auch für den Menschen in einer Weise, die seiner Natur entspricht. Die Menschennatur ist nun derart eingerichtet, daß sie durch Sinnfälliges hingeführt wird zur Erfassung des Geistigen und Übersinnlichen. Und darum mußten die geistlichen Hilfsmittel den Menschen unter sinnfälligen Zeichen geschenkt werden.

Zweitens: Die Instrumente müssen zur Erstursache in einem bestimmten Verhältnis stehen. Die erste und allgemeine Ursache des menschlichen Heiles ist nun das menschgewordene WORT, wie im Vorhergehenden klar wurde. Darum war es angemessen, daß die Hilfsmittel, in denen die Kraft der Allgemeinursache zum Menschen hingelangt, jener Ursache derart ähnlich sind, daß in ihnen die göttliche Kraft unter sichtbaren Zeichen unsichtbar wirksam ist.

Drittens: Der Mensch war in Sünde gefallen durch ungeordnete Hinwendung zu sinnfälligen Dingen. Er sollte aber nicht meinen, das Sichtbare sei von Natur aus böse und in diesem Sinne habe er durch seine Hinwendung zum Sichtbaren gesündigt. Deshalb geziemte es sich, daß dem Menschen die Heilsmittel eben durch sichtbare Dinge dargeboten wurden. So sollte folgendes klar werden: Die sichtbaren Weltdinge als solche sind als Gottes Geschöpfe von Natur aus gut. Sie werden aber den Menschen schädlich, wenn sie sich diesen Dingen ungeordnet hingeben; heilsam werden sie jedoch, wenn die Menschen sie in rechter Ordnung benützen.

Daraus wird schon die falsche Meinung einiger Irrlehrer widerlegt, die alles derartige Sinnfällige von den Sakramenten der Kirche entfernen wollen. Es ist nicht zu verwundern, daß dieselben Leute der Ansicht sind, alle sichtbaren Dinge seien von Natur aus böse und von einem bösen Urheber hervorgebracht...

Es liegt auch nichts Unangemessenes darin, daß geistliches Heil durch sichtbare und körperliche Dinge gespendet wird. Denn diese sichtbaren Dinge sind gleichsam Werkzeuge des menschgewordenen Gottes, der gelitten hat. Ein Werkzeug wirkt aber nicht aus der Kraft des Erstwirkenden, von dem es zu seiner Wirksamkeit angewandt wird. Und somit wirken auch dieser Art sichtbare Dinge das geistliche Heil nicht aus ihrer natürlichen Eigenart, sondern kraft der Einsetzung Christi selbst, aus der sie ihre werkzeugliche Kraft erhalten.

Caelum:
DAS LEIDEN CHRISTI IST DIE QUELLE ALLER KRAFT DER SAKRAMENTE

Wie gesagt, ist das Sakrament bei der Gnadenverursachung wie ein Werkzeug tätig. Nun gibt es zwei Arten von Werkzeugen: Das getrennte, wie zum Beispiel ein Stab, und das naturverbundene, wie zum Beispiel eine Hand. Das getrennte Werkzeug erhält seine Bewegung durch das naturverbundene, wie zum Beispiel der Stab durch die Hand. Die Erstursache der Gnade ist nun Gott selbst. Zu ihm verhält sich Christi Menschheit wie ein naturverbundenes, das Sakrament jedoch wie ein getrenntes Werkzeug. Und darum ist es notwendig so, daß die heilswirksame Kraft von der Gottheit Christi her durch seine Menschheit in die Sakramente hinabströmt.

Offenbar ist nun die sakramentliche Gnade auf zwei Aufgaben ausgerichtet: sie soll die Schäden der vergangenen Sünden beheben, die zwar als Handlung vorübergingen, aber als Schuld geblieben waren. Ferner soll sie die Seele ausstatten für die Feier des göttlichen Kultes im Sinne der christlichen Religion. Aus dem früher Gesagten ist aber bereits klar, daß Christus uns vorzüglich durch sein Leiden von unseren Sünden befreit hat, nicht nur im Sinne des hinreichenden Verdienstes, sondern auch im Sinne der Genugtuung. Ebenso hat er durch sein Leiden auch den heiligen Dienst der christlichen Religion eröffnet, indem er "sich selbst als Weihegabe und Opfer Gott dargebracht hat" (Eph 5,2). Daher ist klar, daß die Sakramente der Kirche ihre Kraft namentlich aus dem Leiden Christi haben, dessen Kraft durch den Sakramentenempfang mit uns verbunden wird. Davon war es ein Sinnbild, daß aus der Seite des am Kreuze hängenden Christus Wasser und Blut herausflossen. Das erste deutet auf die Taufe, das zweite auf die Eucharistie hin, welche die wichtigsten Sakramente sind.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln