Autor Thema: TRIALOG DER KULTUREN  (Gelesen 4641 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline amos

  • '
  • *****
  • Beiträge: 7734
  • Country: de
  • Geschlecht: Männlich
  • Mein Herr und mein Gott, ich lobe und preise dich.
  • Religionszugehörigkeit: Römisch-katholische Kirche
TRIALOG DER KULTUREN
« am: 03. April 2012, 19:07:59 »
TRIALOG DER KULTUREN

Eine Spurensuche


Ein Religionsgespräch zwischen Judentum, Christentum und Islam über den Glauben? Eine Atmosphäre, die dem gegenseitigen Kennenlernen, der Begegnung und dem friedlichen Ringen um die Wahrheit förderlich ist? Zunächst waren derartige Gesprächssituationen innerhalb des frühen islamischen Herrschaftsbereiches am ehesten denkbar, so das Urteil der Historiker. Dies mag allzu idealisierend klingen, doch waren die ersten muslimischen Herren in religiösen Fragen duldsamer als ihre byzantinischen und sassanidischen Vorgänger. Von der christlichen und jüdischen Bevölkerung wurden sie weniger als Feinde denn als Glaubensgegner wahrgenommen. Die Auseinandersetzung um den Glauben fand als gelehrter Disput oder Briefwechsel oder, populärer ausgerichtet, als Religionsgespräch statt, das von einem muslimischen Herrscher, manchmal auch unter seiner Beteiligung, geführt wurde. Im islamischen Herrschaftsbereich waren Juden und Christen als "Buchbesitzer" ja rechtlich nicht zur Aufgabe ihres Glaubens und zu Annahme des Islam gezwungen, auch wenn die Möglichkeit zur Konversion permanent bestand. Nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen - Juden und Christen wurde eine Kopfsteuer auferlegt - und aufgrund sozialen Drucks wurde sie von der christlichen Bevölkerung verstärkt genutzt. Nur durch Konversion konnte man dem Schicksal eines Bürgers zweiter Klasse entgehen. Zu einer wesentlichen Verschlechterung der Beziehungen und zu einer zunehmenden sozialen Isolation der Christen in der islamischen Gesellschaft führten jedoch erst die Kreuzzüge.

Eine christliche Obrigkeit für muslimische Untertanen sah das islamische Recht umgekehrt nicht vor. Doch ab dem 11. Jahrhundert, mit der Rückeroberung Siziliens und dem Beginn der sogenannten Reconquista (Rückeroberung) des seit 719 unter muslimischer Herrschaft stehenden Spanien, stellte sich das Problem faktisch. Vor dieser Zeit mußten muslimische Bürger von Byzanz zurückeroberte Gebiete ohne Ausnahme verlassen oder aber zum Christentum übertreten. Nun wurden in Sizilien und Spanien Sonderregeln erarbeitet, die die freie Religionsausübung und eine entsprechende Gerichtsbarkeit gewähren sollten, und erst ab 1502 wurden die unter christlicher Herrschaft lebenden spanischen Muslime und Juden gezwungen, entweder den christlichen Glauben anzunehmen oder auszuwandern.

Aus islamischer Sicht besaß das Christentum eine unzweifelhafte Bedeutung als Vorläuferreligion, die nach dem Erscheinen des Islam jedoch von begrenztem Wert war. Für die Christen stellt der Islam ein viel schwierigeres Problem dar, da er als nachchristliche Religion den Absolutheitsanspruch der christlichen Religion in Frage stellt. Die byzantinischen Theologen schwankten zunächst zwischen der Bewertung der Muslime als Häretiker (heretici) oder als Heiden (ethnici bzw. pagani oder gentiles). Während der Theologe Johannes von Damaskus (gestorben um 750) dem Islam noch einen Platz in der christlichen Ketzergeschichte zuwies, setzte sich bis zur Hochscholastik die zweite Deutung durch. Allerdings blieb auf christlicher Seite stets das Bewußtsein erhalten, daß der Islam aufgrund seines Monotheismus anders zu bewerten sei als das polytheistische Heidentum, ein wichtiger Faktor im Blick auf die Atmosphäre eines Religionsgesprächs.

Im frühen islamischen Herrschaftsbereich lebten verschiedene heterodoxe christliche Gruppen nebeneinander (Nestorianer, Jakobiten), die sich zwar verbal bekämpften, aber darüber doch die grundsätzlichen Gemeinsamkeiten nicht vergaßen.
Gerade für diese christlichen Gruppierungen war es naheliegend, auch mit dem Islam eine ähnliche Form der Auseinandersetzung zu pflegen. Die außerhalb islamischer Herrschaft lebenden byzantinischen oder lateinischen Theologen hatten hingegen selten eine Kenntnis des Islam aus erster Hand. Selbst wenn die griechisch und lateinisch geschriebene Kontroversliteratur formal als Dialog oder Trialog gestaltet war, so fehlte den Christen doch das lebendige Gegenüber, und der in all diesen Gesprächen auftauchende Muslim äußerte seine Glaubensansichten stets so, wie ein Christ sie sieht bzw. wie sie christlichem Wunschdenken ensprachen.

Bereits im Anfangsstadium der Kreuzzüge begann im Abendland ein neues Nachdenken über den Islam, von dem man eher vage Vorstellungen hatte. Petrus Venerabilis versuchte als erster, dem Gedanken Gehör zu veschaffen, daß man den Islam nicht mit dem Schwert, sondern allein mit den Waffen des Geistes und der Liebe überwinden könne - der Beginn einer neuen inneren Haltung und eines ernsthaften Studiums des Islams im Westen. Die Bettelorden nahmen den Impuls auf und widmeten sich dem Studium des Arabischen, hier ist der Beitrag von Raimundus Lullus hervorzuheben. Im Zuge dieser friedlichen Missionsbemühungen wurde im Abendland erstmals ein differenzierteres Bild des Islam möglich. Die Tradition von Religionsgesprächen wurde durch die Missionstätigkeit der Bettelorden belebt, man denke etwa an das Gespräch Franz von Assisis mit dem Sultan al-Malik al-Kamil (1219). Nach dem Fall von Konstantinopel im Jahre 1453 erhielt einerseits der Kreuzzugsgedanke neuen Auftrieb, doch gleichzeitig kam im Briefwechsel von Nikolaus von Kues und Johannes von Segovia erstmals der Gedanke eines "Konzils zwischen den Religionen" auf. Die politische Entwicklung erstickte diesen zukunftweisenden Ansatz, doch fand der Gedanke seinen literarischen Niederschlag in Nikolaus' Schrift "De pace fidei".

Zweifellos war aber insbesondere die Situation auf der liberischen Halbinsel, vor allem im 12. und 13., aber noch bis ins 15. Jahrhundert, im Blick auf einen "Trialog der Kulturen" herausragend fruchtbar. Was hier an Kultur- und Wissenstransfer, an soziokulturellen und religiösen Aneignungs- und Transformationsprozessen, an alltagsweltlichen Begegnungen, an überwiegend friedlicher Konfliktbewältigung zwischen Juden, Christen und Muslimen stattgefunden hat, ist noch nicht umfassend erforscht und in seiner ganzen Bedeutung erfaßt. Die hier zu erwartenden Aufschlüsse über Bedingungen, Erfordernisse und Verläufe interreligiöser Kontakte und Begegnungen dürften aber von höchstem Interesse sein im Hinblick auf drängende Herausforderungen unserer eigenen Zeit.

Susanne Sandherr
Quelle: Mangnificat, Verlag Butzon & Bercker
« Letzte Änderung: 05. April 2012, 10:46:00 von amos »
Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.
1. Joh. 4.16

 

La Salette 1846



Suche in den Seiten Zeugen der Wahrheit

Wenn Sie nur ein Wort suchen, sollte es nicht links in der Menüauswahl stehen, weil es Ihnen die ganze Palette anzeigt.
Die Menüs sind auf jeder Seite vorhanden..

top

Du hörst die Stimme deines Gewissens: Es lobt, tadelt oder quält dich. Diese Stimme kannst du nicht los werden. Sie weist dich hin auf Gott, den unsichtbaren Gesetzgeber. Daher lässt das Gewissen uns nicht im Zweifel darüber, daß wir für unser Tun verantwortlich sind und daß wir einmal gerichtet werden. Jeder hat eine Seele, für die zu sorgen seine einzige Aufgabe in dieser Welt ist. Diese Welt ist nur eine Schranke, die uns vom Himmel oder der Hölle trennt. »Wir haben hier keine bleibende Stätte, sondern suchen die zukünftige.« (Hebr 13, 14)

Suche in den kath. Webseiten von:
Zeugen der Wahrheit
www.Jungfrau-der-Eucharistie.de www.maria-die-makellose.de
www.barbara-weigand.de
www.adoremus.de www.pater-pio.de
www.gebete.ch
www.gottliebtuns.com www.assisi.ch
www.adorare.ch www.das-haus-lazarus.ch www.wallfahrten.ch

"Die Zeit verrinnt, oh Mensch sei weise. Du tust NUR einmal diese Reise."
Eure Tage und Stunden auf dieser Erde sind gemessen an der Ewigkeit ein Wimpernschlag.

Dieses Forum ist mit folgenden Webseiten verlinkt
Zeugen der Wahrheit - www.assisi.ch - www.adorare.ch - Jungfrau.d.Eucharistie
www.wallfahrten.ch - www.gebete.ch - www.segenskreis.at - barbara-weigand.de
www.gottliebtuns.com- www.das-haus-lazarus.ch - www.pater-pio.de

www3.k-tv.org
www.k-tv.org
www.k-tv.at

K-TV der katholische Fernsehsender

Wahrheit bedeutet Kampf -
Irrtum ist kostenlos
.
Fürchtet nicht den Pfad der Wahrheit,
fürchtet den Mangel an Menschen die diesen gehn!


Nur registrierte Benutzer können Themen und Beiträge im Forum schreiben.

Wenn Sie sich anmelden
Neuanmeldungen müssen erst vom Admin bestätigt werden
Nach dem Anmelden wird Ihnen das Passwort per Email gesendet.
Dann können sie sich unter Member Login oben einloggen.
Nach dem Einloggen können Sie Ihre persönlichen Angaben unter Profil ändern oder weitere hinzufügen.
Ebenso können Sie unter Profil Ihre Signatur eingeben (dann erscheint unter jedem Ihrer Beiträge z.B. ein Spruch)
Unter Profil/Profil können Sie ein Bild hochladen, das dann links im Beitrag unter Ihrem Nicknamen erscheint.


Vorteile beim anmelden
Sie können Ihren Beitrag nachträglich verändern oder löschen.
Sie haben die Möglichkeit unter einer Rubrik ein neues Thema zu verfassen.
Zu diesem Beitrag (Neues Thema) besitzen Sie die Rechte, Ihren Beitrag zu ändern oder das Thema zu löschen.
Löschen Ihrer Themen können nur Mitglieder.
Die Registrierung ist kostenlos
Ungelesene Beiträge seit Ihrem letzten Besuch.
Ungelesene Antworten zu Ihren Beiträgen.
Sie können das Design verändern. (Versch. Vorlagen)
Wir geben Ihre E-Mail-Adresse nicht weiter
Wir verschicken keinen Spam
Ihre E-Mail-Adresse wird je nach Einstellung im Profil anderen Mitgliedern nicht angezeigt.
Wir sammeln keine persönlichen Daten wie Anschrift oder Telefonnummer

Sinn und Zweck dieses Forums
Dieses Forum dazu gedacht, Fragen und Antworten über die katholische Kirche jedem zugänglich zu machen. Jeder der Fragen hat, kann diese in diesem Forum eintragen. Besonders Priester sind in diesem Forum dazu eingeladen, auf verschiedene Fragen über den Glauben sich an den Beiträgen zu beteiligen. "Hier haben die Besucher dieser Seite die Möglichkeit mit anderen Besuchern über den Glauben zu diskutieren." Der Betreiber übernimmt jedoch in diesem Forum keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen.

Unseriöse Themen und Beiträge werden gelöscht. Wenn Sie solche finden, melden Sie dies bitte dem Administrator per Mitteilung oder schreiben Sie unter:
Mail
info@kath-zdw.ch

Machen Sie das Forum Zeugen der Wahrheit unter Ihren Freunden bekannt: kath-zdw.ch/forum oder forum.kath-zdw.ch

Auf die Veröffentlichung und den Wahrheitsgehalt der Forumsbeiträge habe ich als Admin keinerlei Einfluss. Da ich nebst Forum/Webseite/E-Mail noch der Erwerbstätigkeit nachgehen muss, ist es mir nicht möglich alle Inhalte zu prüfen. Ein jeder Leser sollte wissen, dass jeder Beitrag, die Meinung des Eintragenden widerspiegelt. Im Forum sind die einzelnen Beiträge dementsprechend zu bewerten.
Distanzierungsklausel: Der Webmaster dieses Forums erklärt ausdrücklich, dass er keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der Seiten hat, die über die Links des Forums zu erreichen sind. Deshalb distanziert er sich ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten und macht sich diese Inhalte nicht zu Eigen. Diese Erklärung gilt für alle auf dieser Forumspräsenz angezeigten Links und für alle Inhalte der Seiten, zu denen die Links führen. Feb. 2006

Linkempfehlung - Webseiten für Kinder: www.freunde-von-net.net www.life-teen.de

top

Seiten-Aufrufe in ZDW

Stats