@NoBody Falls Du hier noch lesen tust, möchte ich Dir dieses Zeugnis ans Herz legen:
Zeugnis eines Protestanten
"IM FOLGENDEN BERICHTE ICH, ALS MITGLIED DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE, VON EINEM AUFENTHALT IN MEDJUGORJE IM RAHMEN DES JUGENDFESTIVALS ANFANGS AUGUST. DER LESER HAT NICHTS SPEKTAKULÄRES ZU ERWARTEN, ABER DEN EHRLICHEN UND OFFENEN BERICHT EINES (SOZUSAGEN) UNABHÄNGIGEN BEGUTACHTERS.
VORGESCHICHTE
Ich hatte, obwohl meine Eltern in der Evangelischen Kirche engagiert waren, lange keine besondere religiöse Bindung. In der Schulzeit war ich dann mit einer ganzen Reihe von Christen in der gleichen Klasse. Unter dem Einfluß von Gesprächen mit ihnen und einer relativ intensiven Bibellektüre fand ich zu Jesus Christus. Im Sommer 1994 nahm ich ihn in einem bewußten, vernunftgestützten Akt als persönlichen Retter aus der Schuld in mein Leben auf. Seither betrachte ich mich als bekehrten und wiedergeborenen Christen. Auf diesen Grundlagen stehe ich grundsätzlich bis heute. Lange Zeit war ich streng antikatholisch eingestellt. Ich hatte alle entsprechenden Argumente intus, wie sie etwa im Büchlein „Sind Sie auch katholisch?" ausgebreitet sind. Besonders beeindruckte mich 2004 ein Buch mit dem Titel „Projekt Einheit: Rom, Ökumene und die Evangelikalen", das Ökumene-Bewegungen als einen Abfall der Christen darstellt und dies mit Endzeit-Szenarien verbindet. Vor solchem hatte ich große Angst, so daß ich mich gegen alles Katholische scharf abgrenzte. Auch die Ereignisse um den Papsttod 2005 betrachtete ich äußerst kritisch, was ich gegenüber Dritten auch kundtat.
In jener Zeit lernte ich jedoch an der Universität St. Gallen - wo ich als Assistent tätig war - eine Studentin aus Österreich (genauer: Vorarlberg) kennen. Der ganze Hergang dieses Kennenlernens war so, daß ich wußte, daß Gott diese Begegnung wollte und daß sie wichtig war. Ich interpretierte das so, daß der Betreffenden von mir irgendwie geholfen werden müßte. (Ich hielt mich für religiös und moralisch ziemlich fortgeschritten.) Erst mit der Zeit kam ich darauf, daß Gott durch diese Begegnung eher mich verändern wollte als sie...
Ich fand den Ansatzpunkt für meine Hilfsbemühungen rasch: Die junge Frau war Mitglied der christlichen Gruppe an der Universität, aber offensichtlich nicht bekehrt, wie ich es verstand, und zudem katholisch. Ich begann deshalb bald, sie in meinem Sinne zu bearbeiten. Diese Bemühungen führten aber zu immer stärkeren Irritationen. Denn ohne Zweifel kannte sie Jesus Christus als ihren Heiland. Ich werde nicht vergessen, wie sie auf entsprechende Erklärungen meinerseits lächelte und sagte: „Das weiß ich doch!" Als ob sie sagen wollte: „Wie kannst du dich nur bei diesen Banalitäten aufhalten!"
Die christliche Gruppe an der Universität, in deren Rahmen ich die Person hauptsächlich sah, war interkonfessionell ausgerichtet, aber doch eher evangelisch/evangelikal bestimmt. Die Bekannte war in dieser Hinsicht sehr offen. Als wir jedoch einmal über Katholizismus und Protestantismus sprachen, sagte sie, daß Ereignisse wie die Marienerscheinungen in Medjugorje vielleicht doch für den Katholizismus sprechen würden, und sie jedenfalls unsicher machten im Hinblick auf die evangelische Richtung. Ich wies das scharf zurück und sagte sinngemäß, Marienerscheinungen seien totaler Humbug. Wie immer, begegnete sie diesen Ausführungen mit großer Ruhe und Gelassenheit. Sie traute mir wahrscheinlich zu, daß ich irgendwann noch schlauer würde...
Mit der Zeit kam in mir aber doch der Gedanke auf, mir dieses Medjugorje - dessen Namen ich übrigens nie so ganz pannenfrei aussprechen konnte - einmal anzuschauen. Bald ergab sich ziemlich unverhofft die Möglichkeit dazu: Im Sommer 2006 erwähnte ich in einem Gespräch mit einer Freundin, die ebenfalls in St. Gallen Assistentin war und die übrigens auch aus Österreich stammte, jene frühere Bemerkung der anderen Studentin zu Medjugorje. „Ach, dort wo ich im August sein werde!" antwortete sie spontan. Sie nehme an einem Jugendtreffen teil. Ob ich auch mitkommen wolle? Ich versprach, es mir zu überlegen. Es,zeigte sich aber, daß schon alle Plätze in der betreffenden Reisegruppe vergeben waren, so daß die Frage erledigt schien (was mir eigentlich nicht ungelegen kam). Dann aber ergab es sich, daß doch noch ein Platz frei wurde - und aus verschiedenen Gründen konnte ich mich schwerlich verweigern. Und so reiste ich am 30. Juli 2006 mit einer Schweizer Reisegruppe nach Medjugorje.
IN MEDJUGORJE
Die Zeit in Medjugorje war für mich mit einigen Anstrengungen verbunden: Gruppenreisen liegen mir individuell nicht besonders, Busreisen auch nicht sehr. Der Hitze-Sommer hatte mich schon vor der Reise ziemlich beansprucht, und die Temperaturen in Medjugorje zusammen mit einem permanenten Schlafdefizit bewirkten eine ziemlich schlechte körperliche Verfassung. Dazu kamen verschiedene Belastungen persönlicher und beruflicher Art, die ich mit mir trug. Meine Eindrücke von Medjugorje waren sehr gemischt. Ich sah manches, was mir fragwürdig schien: Da und dort beobachtete ich ein Herunterleiern von Gebetstexten, das mich an Mt 6,7 denken ließ. Die sehr präsenten Händler erinnerten mich gelegentlich an die Geschichte von Jesus im Tempel (Mt 21,12 ff.) Besondere Mühe machte mir das Thema Bekehrung: Es war zwar sehr von Bekehrung die Rede, aber es schien keine klare Vorstellung davon zu existieren. Stärker waren jedoch die positiven Erlebnisse. Besonders beeindruckte mich die Eucharistie-Feier. Mit Staunen verfolgte ich immer wieder - ich nahm die Hostie selbst natürlich nicht ein -, wie sich in den Gesichtern der Gläubigen im Moment der Einnahme des Brotes schlagartig eine Änderung vollzog. Auch bei denen, die das Ganze eher salopp anzugehen schienen, trat plötzlich eine große Ernsthaftigkeit ein. Man merkte, was dieser Moment für alle bedeutete und in ihnen auslöste.
Einmal, als ich die Priester zu den Klängen von „Agnus Dei" mit den Hostien vom Altar herunterkommen sah, hatte ich mit großer Klarheit den Gedanken in mir: „Es ist die Wahrheit." Ich blieb diesen Gedanken gegenüber aber kritisch, denn ich sah natürlich auch, wie geschickt die Emotionen angerührt wurden. Auf der anderen Seite blickte ich immer wieder zum Himmel, wo ich - die ganze Woche über - die unglaublichsten Wolkenformationen sah. Und soweit, das Himmelsbild zu beeinflussen, konnte das Inszenierungstalent der katholischen Kirche ja wohl nicht gehen!
Die Abendmahl-Feier macht aus der katholischen Messe etwas fundamental anderes als einen evangelischen Gottesdienst. Der Glaube, daß Jesus mit realer Präsenz in die Gemeinde der Gläubigen eintritt, verleiht der heiligen Messe einen ganz anderen Sinn. Mit meinem Zimmerkollegen in der Unterkunft in Medjugorje erörterte ich dieses Thema intensiv auch unter biblischen Aspekten. Das katholische Verständnis des Abendmahls scheint mir heute haltbar, ja plausibel. Jedenfalls wurde mein Bewußtsein geschärft für die Bedeutung dieser Frage, die dem Protestanten eher als absonderliches Nebenthema erscheinen mag.
Neben der Eucharistie beeindruckten mich in Medjugorje vor allem die Zeiten der Anbetung. Nie zuvor hatte ich es erlebt, daß alles Menschliche so vollkommen zurücktritt und sich eine so vollständige Konzentration auf Jesus Christus einstellt. Dies gerade im katholischen Rahmen zu erleben, verwunderte mich -hieß es doch immer, daß im Katholizismus Jesus seinen Platz mit zahlreichen „Konkurrenten" teilen müsse.
Ich habe in Medjugorje aber in der Tat eine vollständige Ausrichtung auf Jesus Christus erlebt. Heilige Messe und Anbetung dienen in unvergleicher Weise der Verehrung und Erhöhung Jesu Christi. Es geht in diesen Veranstaltungen nicht um menschliche Schlauheiten, es geht nicht darum, daß man etwas mitnehmen müßte. Sondern es geht darum, sich zu versammeln, um Jesus anzubeten und Raum zu schaffen, damit er eintreten und jeden einzelnen berühren kann.
Die Abendstunden der Eucharistie und der Anbetung in Medjugorje gehören zu den stimmungsvollsten in meinem Glaubensleben. Wenn ich heute Melodien höre wie „Dona la pace" oder „O Dio crea in me", dann ist mit einem Schlag alles wieder da: die Lichter, das Aroma der Luft, der steinige Boden, das weiße Zelt, die vielen Leute. Ich lasse mich immer wieder gerne in diese einzigartige Atmosphäre zurückversetzen.
NACH MEDJUGORJE
In der Zeit nach meiner Rückkehr aus Medjugorje ging ich zunächst ein wenig auf Abstand zur ganzen Thematik. Ich wandte mich meiner Arbeit zu und wollte die religiösen Fragen für einige Zeit zurückstellen.
Eine besondere Bedeutung bekam für mich dann aber plötzlich das Rosenkranz-Beten. Vor allem das „Gegrüßet seist du, Maria", das ich in Medjugorje so oft gehört hatte, betete ich nun selbst häufiger. Am Anfang eher als Zeitvertreib, vor allem auf Zugfahrten. Später tat ich es konzentrierter.
Was ich früher als inhaltsleeres „Ritualgebet" verurteilt hätte, spendete mir nun Freude und Frieden. Ich erkannte die Schönheit des geformten Gebets: Man tritt in seiner Individualität ganz zurück, reiht sich sozusagen ein in das Heer der Gläubigen und bekundet gemeinsam seine Verehrung und Liebe. Man produziert - für einmal - keine eigenen Gedanken, sondern begibt sich in eine gedankliche Ruhe, die erst frei macht, auch hinzuhören und zu empfangen. Man bettelt nicht und fordert nicht, sondern schenkt einfach Zeit. Besonders interessant finde ich die erstaunliche Schriftnähe des „Gegrüßet seist du, Maria". Denkt man als Außenstehender vielleicht, die Marienverehrung spiele sich in großer Distanz zur biblischen Überlieferung ab, so zeigt sich hier das Gegenteil. Die Elemente sind direkt der Bibel entnommen (Lk 1,28; 42).
Vor allem unter dem Einfluß dieses Betens habe ich zu einer persönlichen Beziehung zu Maria gefunden. Ich habe sie kennengelernt als eine einfache, sehr bescheidene Frau. Nichts will sie weniger, als vergöttert zu werden. Aber sie ist voller Liebe für die Menschen, und tief besorgt über die Verwirrungen unserer Zeit. Deshalb wendet sie sich in neuerer Zeit verstärkt selbst den Menschen zu.
WIDERSTAND GEGEN MARIA ALS AUSDRUCK VON UNREIFE IM GLAUBEN
Maria war mir vor Medjugorje völlig fremd gewesen; ja schlimmer eigentlich: sie war mir unsympathisch. Ich fand den Kult um diese Himmelskönigin irgendwie geschmacklos. Wie viele Christen sah ich in Maria gleichsam eine Konkurrentin zu Jesus. Ich betrachte diesen Widerstand gegen Maria heute als Zeichen für eine Unreife im Glauben. Die Ablehnung ist in ihren Wurzeln nicht schlecht: denn sie kommt aus einer Liebe zu Jesus. Aber sie ist auch Ausdruck von Unsicherheit und mangelnder Souveränität. Es fehlt ein bißchen das Vertrauen. Man hat Angst, Jesus durch die Verehrung seiner Mutter zu beleidigen. Mir scheint eine ganzheitliche Christlichkeit ohne eine angemessene Einbeziehung Mariens heute aber kaum mehr möglich. Sie hat Gott in ihrem Leib getragen. Sie hat Gott zur Welt gebracht. Sie hat Jesus danach behütet und aufgezogen. Daß sie in der Zeit seines Wirkens in den Hintergrund treten mußte, ist selbstverständlich: Eine „Familienbindung" hätte sich mit dem Auftrag Jesu, der auf die ganze Menschheit ausgerichtet ist, nicht vertragen. Aber daß Jesus dann am Kreuz als eines seiner letzten Worte zu seinem Lieblingsjünger sagte: „Sieh, deine Mutter!" (Joh 19, 27), zeigt ihre Bedeutung deutlich an. Es ist unvorstellbar, daß Jesus in dieser Situation etwas Nebensächliches oder Unüberlegtes gesagt hätte. Maria ist dann dabei, als sich die Jünger nach Jesu Himmelfahrt versammeln und in die neue Zeit ohne ihn eintreten (Apg 1,14). Sie spielt an der Schnittstelle von Kreuzigung und Kirchengründung eine Schlüsselrolle. Sie kann deshalb tatsächlich als geistige Mutter der Jünger-Gemeinschaft betrachtet werden. Ich glaube kaum, daß es ein vollkommenes Christentum geben kann, das Maria sozusagen ausblendet.
Die bedeutendste Frau der Menschheitsgeschichte, die Frau, die den Erlöser gebar, muß in der christlichen Gemeinschaft einen Ehrenplatz haben. Eine Kirche, die für Maria keinen richtigen Platz hat, wird auf Dauer nicht bestehen können.
Eine solche Einbeziehung Mariens ist keine Gefahr für Jesus. Maria ist keine Konkurrentin zu ihm. Die Sichtweise, daß das, was man ihr an Verehrung entgegenbringt, ihm sozusagen genommen wäre, ist zu einfach. Es ist nicht so, daß es ein bestimmtes Quantum an Liebe und Verehrung geben würde, das man richtig aufzuteilen hätte. Man kann Jesus nicht beleidigen durch die Verehrung seiner Mutter. Genauso wenig, wie man einen Menschen beleidigen kann, indem man seine Mutter ehrt. Jesus kennt keine „Eifersucht" in dieser Hinsicht. Im Gegenteil, er freut sich über jeden Menschen, der seine Mutter liebt und zu ihr eine lebendige Beziehung unterhält.
Die in protestantischen Kreisen verbreitete Furcht, Maria könnte den falschen Status einer Göttin erhalten, scheint mir unbegründet. Solches widerspricht ihrem ganzen Naturell. Es kommt jedem, der Maria kennt, eher absurd vor. Nur eine sehr unwissende und sehr unreife Marienverehrung könnte sie als Göttin betrachten.
SCHLUß
Ich habe durch Medjugorje - so empfinde ich es - Maria persönlich kennengelernt. Sie ist anders, als der Außenstehende es sich denkt. Sie ist nicht die thronende Halbgöttin, die Jesus irgendwie wegdrängt; sondern eine bescheidene Frau voller Liebe, voller Anteilnahme und Wärme. Maria ist eine ganz und gar liebevolle Mutter, die sich mit aller Kraft bemüht, ihren Kindern die Lasten, die sie bedrücken, abzunehmen. Was wir alle als Mutterliebe (hoffentlich) kennen, ist bei ihr sozusagen ins Extrem gesteigert.
Ich halte es heute für ausgeschlossen, daß jemand durch die Verehrung von Maria von Christus weggeführt werden kann. Im Gegenteil sie führt immer zu Ihm hin und sie weist die Menschen - besonders auch in den Botschaften von Medjugorje - beständig auf Jesus hin. Maria will nichts für sich; aber alles für ihren Sohn und damit für die Menschen.
Ich weiß nicht, ob man zu diesen Einsichten sozusagen aus der Distanz, etwa durch das Lesen von Büchern, kommen kann. Ich glaube es eigentlich nicht. Man muß sich wahrscheinlich in diese Erfahrungswelt hineinbegeben, um es zu verstehen. In diesem Sinne kann ich jedem eine Reise nach Medjugorje nur empfehlen. Er wird vieles lernen: über den Glauben, über die Kirche, über die Mutter Gottes - und über sich selbst."
Quelle: "Medjugorje" Nr. 83, 4. Quartal 2006
Gottes Segen
Anemone: