Das Fest der „Unbefleckten
Empfängnis Mariens" hat mehr als 10.000 Menschen angelockt, die sich nach
dem Gebet des freudenreichen Rosenkranzes zur Prozession formieren. An der
Spitze geht der Ortspfarrer mit drei weiteren Priestern und den
einheimischen Seherkindern. Die Pilgerscharen folgen und beten dabei den
schmerzhaften Rosenkranz.
Die Prozession gestaltet sich schwierig, weil der Boden vom Regen stark
aufgeweicht ist. Die Leute müssen aufpassen,dass sie nicht ausrutschen oder
in Schlammpfützen versinken.
Plötzlich reißt die Wolkendecke auf und es bildet sich ein langer, schmaler
Spalt, wie mit Gold überzogen. Und auch die Leute sind in ein helles
Glitzern und Funkeln eingetaucht. Ihre Blicke gehen überrascht nach oben und
freudige Rufe werden laut: „Die Sonne, die Sonne!" Auffallend ist, dass man
trotz ihres hellen Scheins ungehindert und ohne jede Blendung hineinschauen
kann.
Dann beginnt die Sonne sich in gleichmäßiger Bewegung zu drehen, zuerst nach
rechts, bleibt ruckartig stehen und dreht sich dann in gleicher Weise nach
links. Zugleich entwickelt sie ein unbeschreibliches Farbenspiel. Ihre
Farbwirkung ist so gewaltig, dass die ganze Landschaft beleuchtet wird. Die
Felder, der Wald, die Wolken, die Menschen sind ständig in ein anderes Licht
eingetaucht. Es ist ein atemberaubendes Schauspiel von unbeschreiblicher
Farbenpracht.
Beim Einsetzen des Sonnenwunders hat sich die Prozession teilweise
aufgelöst. Das Beten und Singen verstummt. Alle starren wie gebannt nach
oben und haben das Gefühl eines überirdischen Erlebnisses. Nach einem
anfänglichen Erschrecken sind alle von einer tiefen Freude erfüllt.
Die Seherkinder erblicken in der Sonne die Muttergottes in weißem Kleid und
mit einer Krone auf dem Haupt. Sie sehen sie teils mit und teils ohne
Jesuskind. Laute Rufe zahlreicher Erwachsener geben zu verstehen, dass sie
ebenfalls die Muttergottes in der Sonne erblicken, manche schauen auch das
Jesuskind. Die Vorgänge am Himmel vermitteln den Eindruck, dass etwas
Ungeheuerliches passiert. Niemand ist mehr im Zweifel, dass sich hier eine
Macht offenbart, die alles Irdische überragt.
Das Sonnenwunder tritt jetzt in sein gewaltigstes Stadium ein. Die große,
rotierende, feuersprühende Scheibe bewegt sich von ihrem Standort weg. Es
beginnt der „Sonnentanz", der alle Gesetze der Natur aufzuheben scheint. In
zuckenden Bewegungen beginnt sie, nach oben und unten und nach beiden Seiten
zu schweben. Das Umhertanzen der Sonne wird immer bedrohlicher und ihre
Sprünge werden grotesker. Schließlich scheint sie sich gänzlich vom Himmel
zu lösen und schießt in gewaltigen Zickzacksprüngen auf und nieder. Die
Menschen befällt Entsetzen. In panikartigem Schrecken stieben die Gruppen
auseinander und suchen Schutz.
Plötzlich zerreißt ein vielstimmiger Schrei die Luft: „Die Sonne kommt! Sie
kommt!" Die Sonne stürzt nieder und scheint alles zu zerschmettern. Sie
kommt in rasendem Tempo näher und näher. Mit unglaublicher Geschwindigkeit
stürzt der Sonnenball nieder, auf die Menschen zu. In diesem stürzenden
Lichtball ist für viele erneut in hellstrahlendem Grün das Gotteszeichen
JSH
zu sehen. Mit den Kindern erblicken auch
Erwachsene in der Sonne die himmlische Königin. Sie steht aufrecht in dem
glühenden Feuerball. Die Menschen sind von Todesangst befallen. Sie liegen
reihenweise in den Ackerfurchen und suchen Deckung. Sie wissen, dass außer
Gott ihnen nun niemand mehr helfen kann.
Im Birkenwald erreicht der „Sonnensturz" seine letzte Vollendung. Die Birken
sind in rote Glut getaucht und angstvolle Schreie ertönen: „Feuer, Feuer!"
Viele sehen direkt vor sich, zwischen zwei Birken, in dem geöffneten
Sonnenball die Muttergottes mit oder ohne Jesuskind. Sie steht in
unbeschreiblich reinem und hellem Weiß in diesem flammenden Meer von
goldenem Licht. Ihr Antlitz, weiß, zart gerötet und lebendig, strahlt eine
unsagbare Liebe und Güte aus. Der Anblick des Jesuskindes, so lieblich und
schön, löst lautes Weinen der Freude und des Glücks aus.
Minutenlang ist die mit der Sonne umkleidete
himmlische Frau zu sehen. Dann
schließt sich dieses mystische Feuer und es ist nur noch ein großer,
rotglühender Lichtball zu sehen. Die Menschen erholen sich allmählich von
ihrer Todesangst. Wildfremde Menschen fallen sich um den Hals und weinen vor
Freude. Ein unbeschreiblicher Jubel bricht sich Bahn:
„Jetzt ist alles wahr! Die Gottesmutter hat das
Zeichen dafür gegeben! Jetzt glauben wir an die Erscheinungen! Das ist die
Bestätigung des Himmels für die Echtheit! Das ist das Sonnenwunder wie in
Fatima!"
Da geht erneut ein Aufschrei durch die Menge: „Die Sonne! Sie fängt wieder
an!" Das große Sonnenwunder wiederholt sich wie beim ersten Mal mit
viertelstündiger Dauer. Dann kehrt die Sonne zurück und das Wunder erlischt
in einem lieblich verklingenden Farbenspiel.
Die vielen Leute kehren ohne jede Ordnung zum Hügel zurück. Die
zurückströmende Menge versammelt sich um das Podium, wo auch die Geistlichen
mit den Seherkindern wieder eingetroffen sind. Sobald Ruhe eingetreten ist,
wird der glorreiche Rosenkranz gebetet.
Dem überwältigenden Sonnenphänomen folgt jetzt das wunderbare Zeichen des
„wandelnden Sternes". Die Wolken öffnen einen langen Spalt, der über dem
Birkenwald beginnt und nach Westen zu bildet er eine schmale Straße am
Himmel. Plötzlich wird am Anfang des Spaltes ein mild leuchtender „Stern"
sichtbar. Er steigt vom Birkenwald auf, bleibt über der Erscheinungsstätte
stehen und zieht dann waagrecht nach Westen der Sonne zu. Dabei dreht er
sich um sich selber. Eine Viertelstunde ist er klar zu erkennen und legt in
dieser Zeit etwa 600 Meter zurück. Am Ende des Waldrandes überquert er die
angrenzenden Felder und geht dann weit im Westen in den dunklen Wolken
unter. Doch nach wenigen Sekunden erblicken die Menschen den
goldschimmernden Stern erneut über dem Birkenwald.
Nach Beendigung des glorreichen Rosenkranzes spricht der Ortspfarrer zu den
Gläubigen. Seine Stimme ist bewegt, ernst und feierlich. Jeder spürt seine
Ergriffenheit, die nur eigenes Erleben geben kann. Dann stimmt der Priester
freudig das „Te Deum" an, und die Gläubigen singen das „Großer Gott, wir
loben dich ..." in nie gekannter Begeisterung mit.