Das heilige Meßopfer in Schauungen

   nach den Visionen von Br. Kostka

  
  





 

 Das heilige Meßopfer in Schauungen erlebt und
die Offenbarung der Allerheiligsten Dreifaltigkeit

Die Größe des hl. Joseph

nach den Visionen von Br. Kostka

© Copyright by Klemens Kiser

 

“Viel eher könnte die Erde
ohne die Sonne bestehen,
als ohne die hl. Messe.” 

Hl. Pater Pio

  

Manuskript aus den Dreißiger Jahren (ca. 1935-38), von Pater Carl Friedrich  aufgeschrieben gemäß den Mitteilungen von Br. Kostka Wasel.
Infolge der Kriegswirren leider nicht mehr ganz vollständig.

Als Buch erschienen bei Theresia-Verlag 1996 - 2001;
vier Auflagen 11.000 Exemplare   - Zur Zeit vergriffen, daher diese Ausgabe!

Soweit es sich in dieser Schrift um Privatoffenbarungen handelt, wird hiermit gemäß Dekret Papst Urban VIII. ausdrücklich erklärt, daß dem Urteil der Kirche über die Echtheit und Glaubwürdigkeit derselben in keiner Weise vorgegriffen werden soll.

Bilder über die hl. Messe von Pfr. Rudrof mit Genehmigung des Mediatrix-Verlags

 

Vorwort

Vorgeschichte der Aufzeichnungen
  Wie kam es zu diesen Aufzeichnungen?    
Der Auftrag von oben, sich zu offenbaren
Jugendjahre – “das lebendige Licht der Gottheit”
Frage des Generaloberen
Die religiöse Lebensführung im Orden
Bericht über die Visionen und Erlebnisse bei der heiligen Messe
Charakteristische Eigenart der Schau
 
Aufzeichnungen und Visionen nach den Angaben von Br. Kostka
  Methode der Aufzeichnungen
Fragen des Generaloberen, Überprüfung des Inhalts
Die Gnade der Berufung
Strengere Lebensführung, Bußstrenge und Fasten
Übung der Geißelung, Innere Wundmale
Bußübung durch Kette
Die nächtliche Anbetung, Einige Störungen
Anliegen und Gebetsmeinung der heiligen Stunde
 
Die hl. Messe nach den Visionen von Br. Kostka
  Der Wort- und Gebetsgottesdienst
Stufengebet und Introitus, Verrat des Judas
Die Gefangennahme Jesu, Verhör bei Annas
Jesus bei Kaiphas, Das Zeugenverhör
Das Messias‑Bekenntnis des Heilandes
Das Todesurteil über Jesus
Die Verspottung
Die körperliche Mißhandlung
 
Tagesgebet und Lesung
  Gang zu Pilatus und Herodes.
Bei Pilatus Tieferer Blick in die Sühneleiden Jesu
Jesus bei Herodes
Verspottung des Herrn - Sühneleiden Jesu
 
Evangelium und Credo
  Rückkehr des Herrn zu Pilatus.
Das Volk verlangt Jesu Tod
Blick in das Sühneleiden Jesu
Der göttliche Dulder
 
Die Opferung - Gabenbereitung - Die liturgischen Handlungen
  Die unsichtbare Leidensliturgie bei der Opfermesse
Geißelung und Dornenkrönung  
Geißelung und Geißelwerkzeuge
Geißelung des Gesichtes
Dornenkrönung und Verspottung, Dornenkrone
Die Verhöhnung, Der leidende Heiland
 
Präfation und Sanctus
  Die Verurteilung Jesu zum Tod
Anteilnahme der heiligsten Dreifaltigkeit und der Engel
“Ecce homo” und das auserwählte Volk  
Das Ecce‑Homo‑Bild und die Einzelseele  
Unterredung zwischen Jesus und Pilatus  
Seht da! Euer König! Abschluß durch das Todesurteil
Die wunderbare Harmonie der Meßliturgie mit dem Leiden Christi
Harmonie der Präfation mit der Verurteilung zum Tod
Die Herstellung der Heilsordnung durch Sühne und Verherrlichung Gottes
Annahme der Sühne - Wirkung bei Gott und den Menschen
Die Freude der Engel und ihr Jubelgesang
Das Mittleramt der Priester
 
Das Hochgebet der heiligen Messe
  Die Zeit von der Präfation bis zur Wandlung
Der Kreuzweg Christi
Erstes Kanongebet
Gedächtnis der Lebenden
Das Kanongebet Gedächtnis der Heiligen
Der Beistand der himmlischen Heerscharen, Schutzengel
 
Die hochheilige Wandlung
  Das unsichtbare innere Geschehen im Sakrament
Die Konsekration der heiligen Hostie
Die Konsekration des heiligen Blutes
Die Allerheiligste Dreifaltigkeit während dieses Zeitabschnittes
Die Schmerzensmutter unter dem Kreuz
Gedächtnis der glorreichen Auferstehung nach der Wandlung
Der eucharistische Opferleib auf dem Altar
Der Himmel auf dem Altar
Empfehlung der Opfergaben. “Unde et memores“
Die Bitte um Annahme der Opfer im Gedächtnis an die Vorbilder
aus dem Alten Testament
Die Bedeutung der drei alttestamentlichen Vorbilder
Das dritte Kanongebet “Demütig bitten wir Dich...”
Das Gedächtnis der Verstorbenen
Das fünfte Kanongebet- Gemeinschaft der Heiligen
Abschluß der Opferhandlung im letzten Kanongebet
 
Die hl. Kommunion
  Die Kommunionpraxis einer frommen Seele
Vorbereitung in starker Sehnsucht
Anbetung der heiligsten Dreifaltigkeit
Vereinigung der Seele mit Christus
Danksagung
Fortsetzung der Danksagung tagsüber
Fortsetzung der eucharistischen Tätigkeit des Heilandes
Wirkungen der würdigen Kommunion
Die Muttergottes, das höchste Vorbild der würdigen Kommunion
Verminderung der Wirkungen
Die unwürdige Kommunion
Die würdige Priesterkommunion
 
Der Schluß der heiligen Messe
  Schlußwort
 
Die Allerheiligste Dreifaltigkeit
  I. Gnadenreiche Offenbarung
II. Drei verschiedene Bildformen
III. Einzelne Erscheinungen
 
Der hl. Joseph - der größte Heilige nach Maria
  Die gnadenreiche Innewohnung der hl. Dreifaltigkei

Zusammenfassung - Überblick über die Schauungen der hl. Messe
 

 

VORWORT ‑ ZUR GESCHICHTE DIESES BUCHES

Vor gut vierzig Jahren habe ich von einem inzwischen verstorbenen Mitbruder ein altes hektographiertes Skriptum von den Visionen des Bruders Kost­ka erhalten. Es waren schreibmaschinengeschriebene Blätter, wie man sie noch vor 60 Jahren vervielfältigt hat. Dieser Text wurde schließlich im Computer erfaßt und so entstanden wieder nach Jahren die ersten fotokopierten Bücher.

Eines dieser fotokopierten Bücher gelangte in die Hände eines Mitbruders, der es wert fand, dieses Buch zu veröffentlichen. Nun fing die Arbeit wieder von vorne an. Wenn die Computer heute eine große Hilfe sind, so bleibt doch nach wie vor: das Lesen, Korrigieren und Kontrollieren der Texte etc.

Br. Kostka hat bei der Arbeit “seines” Buches spürbar geholfen und wird sich freuen, wenn durch dieses Buch viele zu einer tieferen Ehrfurcht gegenüber dem hl. Meßopfer geführt werden.

Einige Hinweise zum Leben des Bruders Kostka: Lange wußte ich nichts Genaueres über ihn außer, daß er in St. Wendel gelebt hatte. Durch den Krieg mußte er weg und kehrte nicht mehr zurück. So konnte ich dort nicht viel in Erfahrung bringen, außer daß er in “Rheine” (Westfalen) gestor­ben sei. In der Pfingstwoche 1996 fuhrt ich ins Münster­land, unter anderem an die Gräber der inzwischen seliggesprochenen Clemens August Kardinal von Galen und Anna Katharina Emmerich, und schließlich fand ich in St. Arnold das Grab von Br. Kostka.

Die ersten Fakten lagen nun vor: Br. Kostka wurde am 28. März 1868 geboren und starb am 1. Dez. 1946. Im Missions­haus, das inzwischen aufgelöst wurde, traf ich einen Bruder, der sich noch an Br. Kostka erinnern konnte. Ich konnte in die Lebensbeschreibung von Br. Kostka Einsicht nehmen. Auf dem Friedhof traf ich einen alten Pater aus Südamerika, der 1960 eine spanische Übersetzung des Lebens von Br. Kostka herausgegeben hatte. Dieser Mitbruder kannte aus seiner Studienzeit von 1930 in Rom P. Carl Friedrich, der in den Dreißiger Jahren in St. Wendel die Visionen Br. Kostkas erfuhr und niedergeschrieben hatte.

Br. Kostka trat am 14. August 1896 in Steyl ein und wollte in die Mission gehen. Er arbeitete zuvor als Bauernknecht, wurde nun Koch und nach Ablegung der Gelübde kam er am 14. Dez. 1898 in das neugegründete St. Wendel in Saarland. Dort bekleidete er bis 1911 das Amt als Küchenchef. In dieser Zeit begann er ein ganz intensives Gebets‑ und Bußleben ( im Buch beschrieben). Niemand außer dem Pater Rektor wußte von seinen Nachtwachen. Auf seine “übernatürliche” Anregung hin wurde auch die Kirche in St. Wendel gebaut, worin Br. Kostka dann jede Nacht vor dem Tabernakel hinter dem ehemaligen Hochaltar gebetet hat, trotz seiner anstrengenden täglichen Arbeit.

Br. Kostka wurde später bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrie­ges die Arbeit in der Limonadenherstellung zugewiesen. Nach der Not des Krieges hatte er den Laden für Andachtsgegenstände zu betreuen. So lernte Br. Kostka viele Leute und auch Pilger kennen, die auf ihrer Reise nach Marpingen vorbeikamen.

[In Mar­pingen erschien die Muttergottes 1876 als die Unbefleckte Empfäng­nis. Heute steht dort eine kleine Kapelle]

In den Jahren 1928/29 wurde Br. Kostka schwer krank. Die Füße waren bis zu den Knien mit Frostbeulen bedeckt, das rechte Bein fing an zu eitern und Flüssigkeit auszuscheiden, ohne heilen zu wollen. In seiner Not betete Br. Kostka zu Arnold Janssen, dem Stifter der Steyler Missionare. Da erschien ihm die kleine hl. Theresia, zu der er immer wegen der Seligsprechung von Pater Janssen gebetet hatte. Br. Kostka war augenblicklich geheilt! Dieses Wunder wurde dann im Seligsprechungs-prozeß von Pater Janssen (1934/35) festgehalten. Dadurch wurde P. Carl Friedrich auf Br. Kostka aufmerksam.

So entstanden bis 1938 die folgenden Aufzeichnungen, die Pater Friedrich nach dem Krieg veröffentlichen wollte, wozu es aber leider nie kam. Pater Friedrich starb 1958. Nun sind über 70 Jahre seit dem Tod von Br. Kostka verflossen und die Zeit zur Veröffentlichung scheint gekommen zu sein, die Geheimnisse des hl. Meßopfers zu veröffentlichen zumal immer weniger wissen, was die hl. Messe ist. Wir greifen damit dem Urteil der Kirche in keiner Weise vor.

Br. Kostka sah auch die Vertreibung seines Ordens von St. Wendel durch die Nationalsozialisten voraus und sagte aber den Gestapo­leuten ins Gesicht: “Wir gehen jetzt, aber wir werden wiederkom­men.” So waren die letzten Jahre des schon betagten Bruders noch voller Mühsal.

Die letzten Stationen seines Lebens führten ihn 1941 nach St. Augu­stin (Bonn), einige Zeit verbrachte er bei seinem Bruder, dann in St. Josef in Geilentersheim, Bondheim und 1945 kam er nach St. Arnold bei Rheine. Hier starb Br. Kostka im Alter von 78 Jahren am 1. Dez. 1946 als ein der Welt Unbekannter, doch ein echter Mystiker, der das Leiden Christi erlebt und gelebt hat, der in die Seelen sah und nichts davon sagte. Er lebte als Marienkind, wie Maria ganz verborgen, aber tief mit Christus verbunden. Er lebte in Gottes Gegenwart. Er wußte: Der dreifaltige Gott lebt in unseren Herzen und Maria, unsere liebe Mutter, hält immerfort Anbetung. Dieser große Verehrer des Hl. Geistes sah in die Seelen, er kannte aber die Gesetze der Liebe, die sich niemandem aufdrängt.

Leider sind uns die Visionen über die Muttergottes nicht erhalten geblieben, wohl aber ein Auszug aus der Schau der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Br. Kostka durfte hierbei auch die Größe des hl. Joseph erkennen. Diese ist dieser Ausgabe beigefügt.

Worüber Theologen jahrhundertelang gerätselt haben, erklärt uns Br. Kostka in wenigen Sätzen. Jesus sagt im Evangelium: “Jo­hannes ist der Größte, der von einer Frau geboren wurde, aber der Geringste im Himmelreich ist größer als er!” - Johannes ist der Größte, weil der im Mutterschoß geheiligt, als Heiliger geboren wurde (außer Jesus und Maria). Aber St. Joseph ist größer, weil der hl. Joseph der Kleinste, der Demütigste, der “Geringste” im Himmelreich ist. “Er steht neben der himmlischen Mutter unmittelbar am Thron Gottes.” Br. Kostka hieß mit seinem Taufnahmen Joseph, d.h. sein bürgerlicher Name war Joseph Wasel aus Ockoren bei Greven­broich.

Nehmen wir Br. Kostka zu unserem Fürsprecher am Throne Gottes! Er möge uns die Gabe erflehen, tiefer in die Geheimnisse Gottes einzudringen.

 

Vorgeschichte der Aufzeichnungen aus den dreißiger Jahren

Im Jahr 1938 wurde der Text des “Meßbuches” als Abschrift aus dem hand-schriftlichen Original, an das Generalat nach Rom gesandt. Es geschah in der Absicht, den Oberen von der Person eines ganz unbekannten und verborgenen Mannes nähere Kenntnis zu geben. Im Sommer jenes Jahres erhielt ich die Bestimmung für die Ost‑Provinz unserer Gesellschaft und mußte mich daher von dem lieben Freund Br. Kostka tren­nen, mit dem ich etwa sechs Jahre hindurch im Missionshaus St. Wendel vertraute und segensreiche Stunden verlebt hatte. Vor der Abreise drängte es mich, das verborgene Licht auf den Leuchter zu erheben und die gesamten Aufzeichnungen in Abschrift dem Generalat zur Verfügung zu stellen. Auf meinen Bericht hin, der das Interesse der Oberen geweckt hatte, stellte der damalige Generalobere, Pater Josef Grendel, eine Reihe von Fragen. Diese Rückfragen und ihre Beantwortung sind ein passender Wegweiser, um die Leser zu orientieren und in die Vorgeschichte der Aufzeichnungen einzuführen. Wahrschein­lich würden im Kreis der Leser doch ähnliche Fragen auftau­chen und Antwort erheischen.

 

WIE ES ZU DIESEN MITTEILUNGEN KAM

Auf Br. Kostka wurde ich aufmerksam, als in Trier der Seligsprechungsprozeß in Gang kam, um ein Wunder festzustellen, das auf die Fürbitte unseres Stif­ters Arnold Jansen an Br. Kostka gewirkt worden war. Damals gingen mit Br. Kostka noch andere Brüder nach Trier, denn im Informationsprozeß war zu prüfen, ob das Wunder echt und beweisbar sei. Nach der Rückkehr aus Trier lernte ich Br. Kostka näher kennen, und das Wunder wurde eingehender besprochen.

Auch ich ließ mir von ihm persönlich ausführlich den Vorgang erzählen, der damals schon weit zurücklag und beina­he in Vergessenheit gekommen war. Bei dieser Gelegenheit gab mir der sonst so stille und bescheidene Bruder etwas mehr Aufschluß über sein religiöses Innenleben. In Trier hatte er bereits manche Fragen beantworten müssen, die über den Rah­men des Wunders hinausgingen. Auf meine Bitte, einige wich­tige Mitteilungen über sein religiöses Leben für mich schriftlich darzulegen, brachte er mir einen alten Zettel, der etwa drei bis vier Sätze enthielt. In diesen kurzen Sätzen war kein innerer Zusammenhang von Bedeutung zu erkennen, da die Einordnung in einen größeren Gedankenkreis ganz fehlte.

Bei Gelegenheit einer Ratio (vertrauliche Rechenschaft) erkun­digte ich mich bei ihm über seine Kommunionpraxis, weil er immer so gesammelt und ganz bewegungslos nach der Kommu­nion an seinem Platz kniete. Er legte seine ganze Seele offen. Ich konnte nur staunen über diese Glut und die innige Vereini­gung seiner Seele mit dem eucharistischen Heiland. Ich gewann den Eindruck, daß Br. Kostka nicht nur nach Heiligkeit strebe, sondern bereits einen höheren Grad der Vollkommenheit erreicht hat. Zum zweiten Mal bat ich ihn, einen kurzen Bericht abzufassen. Er brachte diesmal ein Oktavblättchen aus einem Heft, wie es die Schüler haben. Das Geschriebene gab indes nicht im ent­ferntesten wieder, was Mund und Herz einige Tage vorher berichtet hatten. Er erklärte, daß er eine große Scheu habe, seine inneren Erlebnisse anderen zur Kenntnis zu bringen.

Früher habe auch einmal Pater F. an ihn die Bitte gerichtet, etwas aufzuschreiben, oder auch, wenn er es vorziehe, es ihm zu sagen, damit er es niederschreiben könne. Aber er habe es abgelehnt. Es sei ihm innerlich unmöglich gewesen. Der Schim­mer seiner religiösen Innenwelt war nun aber doch soweit durchdrungen, daß ich mit Dankbarkeit gegenüber Gott erken­nen mußte, unser stiller Bruder ist ein begnadeter Ordensmann, der große himmlische Gunstbezeigungen erhalten hat. Die gro­ße Ruhe, mit der er alles offenbarte, flößte Respekt ein; sie ließ ahnen, daß er sein ganzes Lebenswerk mit Gott und in Gott eingerichtet hatte.

Den Gedanken, etwas aufzuzeichnen, hatte ich ganz aufgege­ben. Der schlichte Bruder hatte nicht die geistige Gestaltungs­kraft, seine Gedanken in ausführlicher Form und geordnet niederzuschreiben. Und weil er schon einmal den wohlgemein­ten Rat von Pater F. abgelehnt hatte, etwas zu schreiben oder aufschreiben zu lassen, schien es mir am besten, wenn man den stillen und frommen Beter nicht weiterhin störe oder ausfrage. Er war eben von Gott selbst belehrt, von ihm geführt und hatte Erleuchtungen, die ihn eigene Wege gehen ließen.

 

DER AUFTRAG VON OBEN, SICH ZU OFFENBAREN

Nun kamen die Dinge doch in Fluß, jedoch in einer Weise, wie es niemand hatte erwarten können. Eines Tages er­klärte Br. Kostka, er habe in der Anbetungsstunde morgens um drei Uhr den Auftrag von Gott erhalten, sich mir zu offenba­ren. Er solle ohne Scheu alles sagen. Das weitere solle er dem Pater überlassen.

Eine Pause gegenseitigen Schweigens setzte ein. Innerlich ge­troffen, fühle ich eine gewisse Sorge und im ersten Moment auch etwas Furcht. Mein Befremden konnte ich ihm nicht verbergen; Befremden nicht etwa, weil er sich eröffnen wollte, sondern weil er angeblich “von Gott diesen Auftrag” erhalten habe. Jeden anderen hätte ich glatt abgewiesen. Aber weil ich bereits in das Seelenleben des Bruders hatte Einblick nehmen können, war ich vorsichtig und zurückhaltend. In mystischen Dingen und Wegen kannte ich mich damals nicht aus. Es stellten sich darum Furcht und Sorge ein, weil man in mystischen Dingen sich selbst - wie die Geschichte beweist - so leicht täuschen und getäuscht werden kann.

Aber eine Stellungnahme meinerseits war notwendig gewor­den. Nach einiger Überlegung sagte ich mir, es sei gewiß am zu besten, erst einmal einige Tage vorbeigehen zu lassen, zu warten und zu prüfen. Ich ersuchte also den Bruder, er möge nach einigen Tagen wiederkommen, dann wüßte ich schon, welche Antwort ich ihm erteilen könne. In jenen ersten Tagen kamen neben den Sorgen und Bedenken auch andere Überlegungen. Der Bruder war nach allem, was ich bis dahin von ihm erfahren hatte, von Gott reich gesegnet und mit Gnaden bevor­zugt. Ich sagte mir: “An dem Bruder ist das auffallende Wunder durch den seligen Stifter geschehen; sollte Gott am Ende nicht doch bestimmte Absichten haben? Sollte Er vielleicht den from­men Beter zum Werkzeug Seiner Pläne ausersehen haben?” Ich fühlte eine gewisse Mitverantwortung, wenigstens für den Fall, daß sich seine Angaben und der Auftrag von oben als echte und wahre Offenbarungen erweisen sollten.

Mit dem Zuwarten und der Prüfung war etwa ein Jahr verstri­chen. Br. Kostka kam im Lauf dieses Jahres hin und wieder zu mir. In seinen Mitteilungen war er niemals aufdringlich, weitschweifig und am wenigsten geschwätzig. In wenigen Sätzen sagte er, was er glaubte, mitteilen zu sollen, gleich weit entfernt von aufwallender Freude wie von seelischer Gedrückt­heit. Immer war er der sich selbst gleichbleibende, ausgegliche­ne, still‑ernste Ordensmanns. Und doch war er innerlich und äußerlich ein froher Mensch mit gütiger Miene. Seine seelische Innenwelt wurde stets durchsichtiger. Verstellung und Streben nach persönlichem Ansehen waren bestimmt nicht im Spiel. Es lag kein Grund vor, ihm Mißtrauen entgegenzubringen. Aber meine Zurückhaltung wollte ich in den ersten Monaten trotzdem nicht aufgeben; gerade die Erhabenheit seiner Mitteilungen schien es unumgänglich notwendig zu machen, die Prüfung recht sorgfältig vorzunehmen.

 

 DIE JUGENDJAHRE -
“DAS LEBENDIGE LICHT DER GOTTHEIT”

Nach Verlauf von etwa einem Jahr fragte ich den Bruder, wie er seine Jugendjahre verlebt habe. Unbefangen wie ein Kind erzählte er die Geschichte seiner Kindheit und Knabenjah­re. Die rein und fromm verlebte Jugend sprach zu seinen Gunsten. Er mußte eine besondere Gnade von oben erhalten haben, wenn er jene Jahre so untadelig verlebt hatte, erst still und verborgen im Elternhaus und dann auswärts als Bauern­knecht. Im Lauf der Darstellung nannte er mehrfach die Führung Gottes und sprach von einem “lebendigen Licht der Gottheit”.

Auf meine Frage, was er mit diesem Ausdruck meine, gab er folgende Erklärung:

Von der frühesten Jugend an, soweit seine Erinnerung reiche, habe er mit dem inneren Sinn ein innerliches Licht wahrgenom­men. Es sei kein natürliches Licht; er sehe es auch nicht mit den leiblichen Augen. Wenn er in das helle Sonnenlicht schaue, müßten seine natürlichen Augen etwas tränen; aber jenes 'le­bendige Licht der Gottheit' sei dem Auge des Glaubens freundlich und wohltuend. In diesem Licht erhalte er so manche Anregung für sein Verhalten. In diesem Licht habe er schon in der Jugend das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit, soweit es die menschliche Schwäche zulasse, erkannt und den 'Einen Gott in drei Personen angebetet.'

Als man ihm im Religionsunter­richt das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit zum ersten Mal erklärt habe, sei ihm die Erklärung sehr matt vorgekommen im Vergleich zu jenen Erkenntnissen im Glauben, die er im 'leben­digen Licht' empfangen hat.

In diesem Licht erkenne ich - oft, aber nicht immer - den geistigen Zustand anderer Menschen. Wenn ich mit einer recht guten Person zusammenkomme, zumal mit einem frommen Prie­ster, sehe ich, wie wir beide im Licht stehen. Andere (d.h. nicht gute) Menschen erregen in diesem Licht einen gewissen Wider­willen. Es ist, als ob ich ihren Seelenzustand lesen könnte. Je nachdem ich im Licht dieses Zustandes inne werde, richte ich mein äußeres Verhalten ein. Ich suche zwar allen Leuten in Liebe entgegenzukommen; manchen Personen aber kann ich mich innerlich nicht nähern. Ich fühle mich gewarnt und ziehe mich zurück, wenn auch mit liebendem Herzen. Das ist für mich im Verkaufsladen eine große Wohltat, weil mich das Warnungs­signal vorsichtig macht.” [Seelenkenntnis]

“Das Licht, das ich sehe, ist bedeutend heller als das natürliche Licht. Es ist ungemein scharf, klar und lieblich. Es wirkt sehr beruhigend auf den Geist ein; es erleichtert mir die Sammlung beim Gebet, so daß ich stundenlang beten kann, ohne zu ermü­den, ohne Zerstreuungen zu haben, ohne die geringste Lange­weile zu spüren. Ganz im Gegenteil: die Stunden verfliegen wie Minuten, und auch die längste Zeit im Gebet kommt mir zu kurz vor.” (Beschauung)

“Menschlich gesprochen kann ich diese wunderbaren Anschau­ungen nicht klarmachen. Ich selbst denke nicht einmal darüber nach, weil das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit ja gar nicht auszudenken ist. Der lebendige Glaube beugt sich gern, nimmt das Geheimnis wie ein Kind entgegen, freut sich über die Herablassung Gottes, der tausend Möglichkeiten hat, sich den 'Kleinen' mitzuteilen.”  So erklärte der Bruder die Wirkungen des Lichtes. Etwas ausführlicher ist die Beschreibung in dem Manuskript “Gnadenreiche Offenbarungen der hl. Drei­faltigkeit.”

Eines Abends ging ich mit Br. Kostka neben der Kirche auf und ab, um die Besprechungen vom Morgen fortsetzen zu können. Plötzlich wurde es in unserer unmittelbaren Nähe hell. Es zeigte sich ein leichtes Vibrieren mit einem Schimmer ins Violette. Dann stand das Licht fest, und wir befanden uns beide im Licht. Das Ungewohnte eines solchen Phänomens traf mich stark. Es konnte ja beim ganz klaren Himmel weder ein Blitz noch ein Wetterleuchten sein, schon deshalb nicht, weil das Licht unbeweglich still stand. Ich wandte mich fragend um, was denn dieses merkwürdige Licht bedeuten sollte. Br. Kostka schaute nicht umher wie ich. Er fragte aber seinerseits, ob auch ich das Licht bemerke. Auf meine bejahende Antwort sagte er nur das eine Wort: “Wie gut ist Gott!” Einige Tage später fragte ich ihn, ob diese Lichterscheinung am Abend das lebendige Licht der Gottheit gewesen sei, von dem er schon mehrfach gesprochen habe. Er antwortete: “Nein. Das lebendige Licht sei etwas ganz anderes, und nur innerlich, nicht äußerlich zu sehen.”

 

 FRAGE DES GENERALOBEREN

“Es wird von einer Periode der Ängstlichkeit gesprochen. Fehlt hier etwas?”

Meine Antwort: Die Geisteslehrer sprechen von einer “dunk­len Nacht” und von einer Zeit schwerer Prüfungen, die jene Seelen durchkosten müssen, die es im Aufstieg zu Gott ernst nehmen und zur wahren Vollkommenheit gelangen. Diese Periode der Ängstlichkeit, der dunklen Nacht, ist unserem frommen Ordensmann nicht erspart geblieben, und auffallen­derweise schon in der Zeit seiner frühen Jugend. Es war folgen­dermaßen:

Der Geistliche des Dorfes hatte für die Knaben Beichte ange­setzt. Nun wollte jeder der Kameraden der Erste sein, und so kam es mehrmals zum Gedränge, bei dem der eine den anderen zurückstieß. Josef, der spätere Br. Kostka, sah lachend diesem Treiben zu. Er selbst wartete bis zuletzt und legte seine Beichte ab, als die anderen fertig waren.

Nach abgelegter Beichte kam ihm mit einem Mal der Gedanke, die Beichte sei sicher ungültig; denn er habe vorher mehrmals gelacht, habe keine Reue erweckt und dadurch Gott schwer beleidigt. Bei der nächsten Gelegenheit suchte er alles wieder in Ordnung zu bringen, um sein Gewissen zu beruhigen. Man erklärte ihm, seine Bedenken hätten nichts auf sich. Er solle ruhig sein und alles daran setzen, gut und brav zu bleiben.

Die Gewissensbedenken aber legten sich nicht. In dieser Peri­ode der Ängstlichkeit hat sich nun, wie Br. Kostka berich­tete, das “lebendige Licht der Gottheit” stärker zurückgezogen, so daß er in manchen Momenten dasselbe gar nicht mehr sehen konnte. In seiner Sorge und Verwirrung faßte er das auf, als wenn er Gott durch jene Beichte sehr schwer beleidigt habe. Um endlich den seelischen Druck wieder loszuwerden, meinte er, er würde am besten eine Generalbeichte ablegen und bekennen: wahrscheinlich seien von jener zweifelhaften Beichte an alle anderen Beichten ebenfalls ungültig und daher dann auch die Kommunionen unwürdig. Schon nach den ersten Sätzen in der Beichte habe ihn der Priester unter Verweigerung der Absolu­tion mit der Bemerkung fortgeschickt, er sei der allerschlechte­ste Mensch auf der ganzen Welt. Nach acht Tagen solle er sich wieder zur hl. Beichte stellen.

Dieses Wort und die Verweigerung der Absolution hat nun den jungen Burschen wie ein Blitzstrahl getroffen. Alles sei ihm so furchtbar vorgekommen, daß er beinahe in Verzweiflung gefal­len wäre. Nach Verlauf von acht Tagen ging er wieder zur Beichte. Dieses Mal konnte er sich näher aussprechen. Der Beichtvater habe nun ganz anders geurteilt, ihn aufgerichtet und getröstet. Doch legte sich damit die Ängstlichkeit noch nicht vollständig.

Später faßte er Vertrauen zu einem jungen, seeleneifrigen Ka­plan und legte nochmals seine Ängstlichkeit und Schwierigkei­ten dar. Dieser Kaplan legte ihm ruhig und bestimmt dar, wie es unmöglich sei, daß eine Seele im Stand der Ungnade sich befinde, wenn sie bete, ringe, die Sünden meide und tugendhaft lebe. Als Beichtvater nähme er alles auf sich. Dann habe er ihn etwas fester angefaßt und recht energisch betont, es sei Pflicht, die Skrupel abzutun, Vertrauen zu fassen, ruhig zu bleiben, damit er sich nicht seelisch und körperlich sehr schade. Darauf sei wirklich die seelische Ruhe wieder eingekehrt, und auch das lebendige Licht der Gottheit habe – nach fünf Jahren der Dunkelheit – den ganzen Glanz wie ehedem ausgestrahlt.

 

DIE RELIGIÖSE LEBENSFÜHRUNG IM ORDEN

Im Anschluß an die Erzählung über die Jugendjahre berichtete nun Br. Kostka über seine religiöse Praxis, nachdem er Aufnahme im Missionshaus gefunden hatte. In diesem “Seelen­porträt”, wenn man so sagen darf, konnte ich immer deutlicher das heroische Tugendleben des Bruders erkennen und anstau­nen. Dieser Bericht war für mich sehr wichtig, weil ich darin eine objektive Grundlage für die Beurteilung und Prüfung fand. Wenn man diese Angaben auch vorerst nicht als vollgültigen Beleg für heroische Tugend hinnehmen konnte und durfte, weil sie nicht von außen her bezeugt waren, so boten sie doch viele Anhaltspunkte, die Prüfung fortzusetzen und abzuschließen.

Br. Kostka hatte angegeben, daß er jede Nacht getreu seine Anbetungsstunden gehalten habe. Bis zum 60. Jahr von 0.30 bis 2.00 Uhr und vom 60. Jahr an ab 3 Uhr morgens. Mehrfach kontrollierte ich nun diese Anbetungsstunden. Von der linken Seitenbühne oben in der Kirche, wo mich niemand sah, konnte ich feststellen, daß der fromme Beter ganz regelmäßig um 3 Uhr zuerst zum Hochaltar und gegen 4 Uhr zum Marienaltar ging, von wo aus er den Kreuzweg betete. Wenn die anderen Hausbe­wohner um 5 Uhr zur Kirche kamen, hatte Br. Kostka immer schon volle zwei Stunden im Gebet ausgeharrt. Tagsüber zeigte er keine Ermüdung, ging seinen gewöhnlichen Beschäftigungen nach, gönnte sich zur Mittagszeit keine Ruhepause, war nicht verstimmt oder niedergedrückt und zeigte auch sonst nichts Auffallendes in seiner Haltung.

Diese nächtliche Anbetung ist noch keine heroische Tugend, auch dann nicht, wenn sie etwa periodisch eingebaut ist in die Tagesordnung einer religiösen Gesellschaft, die in ihrem Ordensprogramm die nächtliche Anbetung aufgenommen hat. Aber die Dauerpraxis der nächtlichen Anbetung durch viele Jahrzehnte, den stets unterbrochenen Schlaf um Mitternacht bei vollem Einsatz der Lebenskraft im täglichen Mühen und Arbei­ten kann niemand mit mittelmäßiger Tugend und ohne höhere Beweggründe aushalten. Dieser Kraftaufwand war bei Br. Kostka eine heroische Tugend.

Die letzte Kontrolle nahm ich vor bei einem Besuch im Missi­onshaus St. Arnold (bei Rheine in Westfalen, wo auch sein Grab ist), als ich zwei Monate vor dem Tod des Bruders nochmals mit ihm religiöse Gespräche führte. Pater Rektor hatte mir mitge­teilt, daß er dem frommen Beter erlaubt habe, wieder wie ehedem um 12 Uhr die nächtliche Anbetung zu halten. Einige Minuten vor 12 Uhr war ich in der Kapelle. Wenige Minuten nach 12 Uhr erschien Br. Kostka. Um 1 Uhr 30 ging ich zu Bett. Am anderen Morgen frage ich Br. Kostka, wie lange er seinen nächtlichen Besuch beim eucharistischen Heiland aus­gedehnt habe. Antwort: “Bis drei Uhr”. Im Lauf der weiteren Unterhaltung bekannte der Bruder, daß er sich für gewöhnlich mit drei Stunden Schlaf zufrieden gebe, da er nach der nächtli­chen Anbetung kaum je wieder einschlafe. Damals war der Bruder 78 Jahre alt. Tagsüber war Br. Kostka frohgelaunt wie immer und suchte sich durch Übernahme kleinerer Arbeiten nützlich zu machen.

Dieser Bericht war Ausgangspunkt und Anlaß, noch manche tiefergehende Prüfung vorzunehmen, wie es die Klugheit ver­langte. Da wurde ich ruhig, die Sorge war abgetan. Vor meinem Geist war bewiesen, daß keine Täuschung und Betrug im Spiel waren, daß ich dem frommen Ordensmann volles Vertrauen entgegenbringen konnte. Eine solche heroische Lebensführung hätte der Bruder nicht lange aushalten können, wenn Gott nicht selbst seine Führung und seine Gnade zur Verfügung gestellt hätte. Gott wollte sich des Bruders als Werkzeug bedienen. Er wollte nicht nur ihn selbst, sondern auch andere in manche Geheimnisse seiner Liebe einführen.

Die strenge Lebensweise hat Br. Kostka vollständig geheim gehalten (bei guten Dingen ein Zeichen der Echtheit). Niemand im Haus hatte auch nur eine leise Ahnung von der Bußstrenge und dem gewaltigen Opfereinsatz mit dem Ziel, unsterbliche Seelen zu retten. Nachträglich mutet es wie ein Wunder an, wie sich dieser stille Beter und unschuldige Büßer so ganz unauffällig in die Verhältnisse des Ordenslebens ein­passen konnte, ohne eine Ausnahme zu machen und ohne Beachtung zu finden, genau wie jeder andere im Haus.

Für die Leser ist der Bericht insofern von Bedeutung, als sie dadurch seine Person, Gesinnung und vor allem sein verborgenes Leben in Gott kennenlernen, noch bevor sie die Visionen und Erlebnisse des Bruders bei der hl. Messe beurteilen. Die Kenner der mystischen Theologie würden ohne diesen Bericht wahrscheinlich Fragezeichen machen, weil sie ohne von dem heroischen Tugendleben zu wissen, also ohne festes Fundament, den Visionen nicht sofort Glauben schenken könnten. Denn das mystische Lebens kann nur echt sein, wenn es im heroischen Tugendstreben verwurzelt ist.

 

BERICHT ÜBER DIE VISIONEN
UND ERLEBNISSE BEI DER HL. MESSE

Als Br. Kostka von Gott den Auftrag erhalten hatte, sich ohne Scheu zu offenbaren, wäre es das natürlich Gegebe­ne gewesen, sobald als möglich das Geheimnis seines Herzens, seine Schauungen bei der hl. Messe zu erzählen. Bei der Überfülle dieses inneren seelischen Erlebens sollte man auch annehmen, daß es ihn mit allen Fasern des Herzens gedrängt hätte zu reden. Br. Kostka aber hat weiter geschwiegen. Ich konnte ihn nicht befragen, weil ich nicht den geringsten An­haltspunkt über jene Vorgänge hatte, und er hat gewartet, bis die Vorsehung ihm eine passende Gelegenheit verschaffte.

Die erste Mitteilung über die Schauungen bei der hl. Messe dürfte etwa ein Jahr nach unserer ersten Begegnung erfolgt sein und da auch nur indirekt. Als ich nämlich über seine ungewöhnlich harte Lebensführung in Sühne und Buße Kennt­nis erhalten hatte, fragte ich ihn nach dem Grund, warum er so streng gegen sich gewesen sei. Darauf gab er treuherzig die bezeichnende Antwort, er sehe und erlebe jeden Tag bei der hl. Messe die Passion Christi. Im Gnadenlicht verstehe er dann besser, daß man dem Gekreuzigten nicht ähnlich werden könne, wenn man nicht auch, wie Er, Leiden und Sühne auf sich nähme. Wenn man jeden Tag bei der hl. Messe diese furchtbaren Leidenszustände des Meisters sehen müsse, verste­ht man vieles und man fühle sich auch durch das Licht der Gnade gedrängt, dem gottmenschlichen Dulder Trost und Freu­de zu bereiten.

Nun war also “das Geheimnis” offenbar geworden. Br. Kostka sieht und erlebt jeden Tag, ohne jede Ausnahme, bei der hl. Messe die Passion des Heilandes. Meine Stellung dem Bruder gegenüber war durch diese Tatsache neu bestimmt. Oft und still dankte ich Gott, daß er eine solch gute Seele der Missionsgesellschaft zugeführt hatte. Oft und still bewunderte ich den gottbegnadeten Ordensmann.

Und volle 40 Jahre, die ganze Zeit seines Ordenslebens hatte der Bruder das “Geheimnis des Königs” bewahrt! Das war doch sicher hohe Tugend. Niemand hatte von seiner Begnadigung Kenntnis erhalten, nicht seine Mitbrüder, nicht ein vertrauter Freund, nicht seine Eltern und Geschwister, kein Pater, nicht einmal sein Beichtvater. Nun begriff ich besser, warum von oben der Anstoß ausgegangen war, der formelle Auftrag, sich ohne Scheu zu offenbaren und alles zu melden.

Von Seiten des Bruders war es tiefe, heroische Demut, daß er wie der Geringste im Haus sich an die gewöhnliche Ordnung hielt, keinerlei Ausnahme machte, daß er nach außen ganz unscheinbar wie ein ganz gewöhnlicher Ordensmann sein woll­te und tatsächlicher als solcher galt.

Aber auch Klugheit und ein feines Empfinden hatten den Be­gnadeten geleitet und ihn schweigen lassen. Nach seinen Anga­ben fühlte er nicht den geringsten Drang, etwas von seinen Erlebnissen bekanntzugeben. Im Gegenteil: Er empfand starke und stärkste Scheu, auch nur ein einziges Wort über seine Lippen kommen zu lassen. In der Tat, wäre auch nur eine leichte Notiz über seine Begnadigung in weitere Kreise gedrungen, so hätte der stille Mann viel aushalten müssen. Und hätte man ihm wohl Glauben geschenkt? Ohne tieferen Einblick in sein See­lenleben hätte man ihm bestimmt manche Bedenken geäußert. Wahrscheinlich hätte man gedacht und gesprochen, wie er selbst lächelnd und ahnend sagte: “Br. Kostka spinnt.”

Als nun weitere Einzelheiten der Passion in die Mitteilungen einflossen, hatte ich den Eindruck, daß andere Mystiker die Leidensgeschichte des Herrn viel eingehender gesehen und beschrieben hatten. An Aufzeichnungen dachte ich am Anfang überhaupt nicht; nach meiner Auffassung würden sich diese nicht lohnen. Erst allmählich dämmerte es, als ich wahrnahm, daß Br. Kostka regelmäßig die Passion des Herrn mit dem hl. Meßopfer in die engste Verbindung brachte. Dieser Gesichtspunkt war und ist beachtenswert. Denn nach der inneren Seite ist eben die hl. Messe bis zur Wandlung die Passion des Herrn.

 

CHARAKTERISTISCHE EIGENART DER SCHAU

Einem zweifache charakteristische Eigenart weist die Darstellung der Messe auf, die Br. Kostka im Anschauungsunterricht wahrnimmt und zur Erbauung und Belehrung weitergibt.

Andere Mystiker sehen und beschreiben die Passion des Herrn für gewöhnlich unabhängig von der hl. Messe. Br. Kostka aber sieht die Passion regelmäßig bei jeder hl. Messe. Er nimmt wahr, wie die einzelnen Vorgänge der Passion regelmäßig mit bestimmten Abschnitten der hl. Messe zusammenfallen. Kurz: In seiner Schau sind Messe und Darstellung der Passion ein und dasselbe, wenn der geweihte Priester die der Kirche übertragene Feier der hl. Geheim­nisse vornimmt, unter Beachtung der Ordnung der Liturgie und in der Absicht, zu tun, was die Kirche tut. Weil er nun die Messe in so anschaulicher Form dem betrachtenden Geist darbietet, die Geheimnisse nach ihrer inneren Seite etwas ent­schleiert, führt er den Geist tiefer in das innere sakramentale Geschehen der hl. Messe ein.

Ohne langes Nachdenken versteht der Gläubige die Lehre des Konzils von Trient: Die hl. Messe sei die “repraesentatio” - Gegenwärtigsetzung, die Erneuerung - “restauratio” des Kreu­zesopfers, und darum wesensgleich mit diesem Kreuzesopfer.

Der Anschauungsunterricht, den Br. Kostka in leicht ver­ständlicher Sprache dem gläubigen Volk erteilt, hat noch einen anderen Vorteil, den man nicht außer acht lassen darf. Durch seine Beschreibung der hl. Messe kann man den Unter­schied zwischen der katholischen und der evangelischen Auf­fassung über die hl. Messe beleuchten und klarmachen.

In der Reformationszeit haben die Neuerer “die Gedächtnisfeier der geschichtlichen Passion” bei der Feier der hl. Messe wohl zugegeben. Aber die Erneuerung der Passion durch den ewigen Hohenpriester haben sie entschieden abgelehnt.

Die mystische Schau der Leiden Christi beim hl. Meßopfer ist für den einfachen, schlichten Gläubigen ein guter Beleg für die Wahrheit der katholischen Lehre. Man beachte einmal die Schlußfolgerung:

Wenn der Künstler die Leidensszenen des Herrn in den Kreuz­wegstationen ausdrucksvoll und ergreifend darstellt, verhilft er uns auch zur religiösen “Gedächtnisfeier der Passion.” Aber da wird nicht das “Werk der Erlösung” vollzogen, wie es bei der hl. Messe geschieht.

Wenn die Passionsspiele die hl. Geschichte des Karfreitags den Zuschauern in ganz anschaulicher Weise vorführen, so ist ebenfalls die ganze Darstellung eine würdige, tiefgreifende “Gedächtnisfeier der Passion”.

Wenn der gläubige Christ ohne Bilder und Symbole - beim Beten des schmerzhaften Rosenkranzes - sich bei der Betrach­tung die Schmerzen Christi zu Gemüte führt, so sind diese Andachtsübungen ebenfalls eine “Gedächtnisfeier der Passi­on”. Aber sie können niemals den sakramentalen Charakter der Messe erhalten und das “Werk der Erlösung” erneuern und vollziehen.

Bei der hl. Messe ist es nicht der irdische Mensch, sondern der Gottmensch, der ewige Hohepriester, der in eigener Person seine Leiden sakramental erneuert und zur Versöhnung der Menschheit aufopfert. Wirklichkeitsfremd bleiben wir leider nur zu oft an der Oberfläche und der Außenseite der hl. Messe stehen und dringen nicht genug in die innere Tiefe. Ganz anders ist es, wenn wir uns hin und wieder von einem begnade­ten Seher die Opferhandlung künden lassen, weil ihm Gott das erhabenste Geschehen auch in der grausamen Wirklichkeit des ersten Karfreitags zeigt, dasselbe abbilden und geistigerweise filmen ließ, damit wir im Glauben erkennen, um welch teuren Preis wir erkauft sind, und welchen Schatz wir in der hl. Messe haben.

Noch eine weitere Eigenart weist die Schau der hl. Messe auf, die Br. Kostka übermittelte: Der fromme Seher sieht nicht während der ganzen hl. Messe die Passion Christi, sondern nur bis zur hl. Wandlung. Nach der Wandlung erlebt er mit dem verklärten Heiland, der wie in Lichtgestalt auf dem Altar zugegen ist, verschiedene Auferstehungsszenen und die hingebende Liebe bei der hl. Kommunion. Am Ende der hl. Messe erlebt er in mystischer Schau die Himmelfahrt Christi. Dieser Gesichtspunkt in der Dreiteilung- Passion, Auferstehung und Himmelfahrt - ist wiederum charakteristisch. Neu ist er indes keineswegs.

Die Kirchengebete sprechen die gleiche Auffassung aus. Schon voll jeher legen die Meßgebete dem Zelebranten die Worte in den Mund: “Wir, Deine Diener, aber auch Dein heiliges Volk sind eingedenk des heilbringenden Leidens, der Auferste­hung von den Toten und der glorreichen Himmelfahrt Deines Sohnes.” Die Gebetsnorm war immer auch Glaubensnorm: “Lex orandi est lex credendi.”

M. de la Taille SJ hat in seinem dogmatischen Werk “Mysterium fidei” die These behandelt, daß Leiden und Abendmahl zusammengehören und daß diese in dem einen Opfer mit der Auferstehung, der Himmelfahrt und der himmli­schen Glorie innerlich und unzertrennlich verbunden sind. Ge­rade diese drei Güter hat uns Christus durch sein Opfer verdient und hinterlegt. Dafür zitiert der Verfasser eine Reihe von Vätertexten.

Der Hinweis, daß nach der Wandlung der verklärte Heiland zugegen und in höchster Liebe tätig ist, gibt einen sehr erheben­den Ausblick. Er versöhnt den irdischen Menschen durch das Leiden, das ihm für gewöhnlich ein mit sieben Siegeln ver­schlossenes Geheimnis bleibt; der Hinweis stimmt die Seele froh, ermutigt den Geist, er ist geeignet, jedem einen starken Antrieb zu geben, und die Kreuze des Lebens in geistlicher (= übernatürlicher) Freude fruchtbar zu machen.

[In der Literatur über das Geheimnis der Messe darf das Buch von Br. Kostka ein bescheidenes Plätzchen finden. Im Grunde genommen ist es ja der ewige Hohepriester, der das innere, sakramentale Geschehen der Messe zur Kenntnis brin­gen will, ähnlich wie bei Pater Johannes Reus SJ (1868‑1947)].

 

 

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Aufzeichnungen und Gesichte nach den Angaben von Br. Kostka

  

METHODE DER AUFZEICHNUNGEN

Der Aufschreibende hat dem ungeschulten Bruder nur seine Hilfe und seine Hand geliehen und zur Verfü­gung ge­stellt. Den Angaben des Bruders sind keinerlei Zusätze beige­fügt, noch Abstriche ge­macht worden. Es sind auch keine Angaben unter schlagen worden. Was der fromme Seher mit­teilte, konnte und kann das Tageslicht ertragen und braucht eine Prüfung vor dem Tribunal der Wahrheit nicht zu scheuen.

Beim Beginn eines jeden neuen Abschnittes ließ ich den Bruder immer erst frei sprechen, um Klarheit über die religiösen Ge­genstände zu erlangen. Hatte ich Einblick in das Thema gewon­nen, so beschränkte ich die Berichterstattung auf einen Punkt, um einen logischen Aufbau zu ermöglichen. Erst dann begann ich mit der Niederschrift. Vor jeder Aufzeichnung knieten wir beide nieder und beteten, daß Gott uns erleuchte, alles zur größeren Ehre des Allerhöchsten anzufangen und zu vollenden.

Bei den Mitteilungen störte ich den Bruder nicht, sondern schrieb nur nieder, was er berichtete. Hin und wieder ertönten seine Worte: “Noch einmal!” oder “etwas langsamer!” Ich schrieb die Angaben gleich in der Schriftsprache, da die Mund­art des Bruders, seine grammatikalischen Fehler und der unge­lenke Satzbau für die Niederschrift nicht brauchbar waren. Mehrfach wiederholte ich seine Gedanken mit der Frage, ob der Satz mit diesem Inhalt richtig sei. Gewöhnlich antwortete der Bruder zustimmend mit den Worten: “Ja, Pater, das ist ganz richtig, und es ist auch nicht übertrieben.”

Bei manchen Mitteilungen über hohe und erhabene Geheimnis­se hielt ich beim Schreiben inne. Ich konnte nicht sogleich weiterschreiben und mußte die Gedanken erst etwas auf mich einwirken lassen. Das war z.B. der Fall, als Br. Kostka seine Schauungen über die heiligste Dreifaltigkeit darlegte und auch bei manchen anderen Gegenständen, wie bei der hl. Wand­lung. Manchmal war ich in ehrfurchtsvoller Schau wie gebannt. Denn ich mußte oft feststellen, daß die eingegossene Wissen­schaft der erworbenen nach manchen Seiten überlegen ist. Die Mystiker gebrauchen Ausdrücke und Wendungen, die überra­schen. Der Inhalt erscheint in einer Prägung und in einer sprach­lichen Eigenform, die man nicht ändern kann. Manchmal hatten die Worte des Sprechers eine solche tiefe Bedeutung und drück­ten Glaubensgeheimnisse in einer zwar schlichten, doch so glücklichen Form aus, daß jede andere Wendung weder so bestimmt noch so eindeutig den Gedanken hätte wiedergeben können. Form und Inhalt sind dann wie ein einziger Guß, der respektiert sein will.

 

 FRAGEN DES GENERALOBEREN

1. “Verhielt sich Br. Kostka bei den Mitteilungen nach Inhalt und Form ganz spontan, oder wurde er gefragt?”

Meine Antwort: Br. Kostka hat Jahrzehnte hindurch seine Erlebnisse bei der hl. Messe ganz für sich behalten. Niemand im Haus wußte darum. Es währte noch ein ganzes Jahr seit dem Auftrag von oben, sich zu eröffnen, ehe er mir seine Schauungen bei der hl. Messe mitteilte. Die Initiative zur Mitteilung hat er selbst nicht ergriffen. In der Gnadenordnung war Br. Kostka höchst aktiv, in der Natur­ordnung war er eher alles andere als ein Organisator. Die treibende Kraft zur Niederschrift war also nicht Br. Kostka, sondern ich (letztlich Gott – Anmerkung des Herausgebers).

Als ich nämlich eine Übersicht über seine Schauungen bei der hl. Messe gewonnen hatte, drängte ich Br. Kostka zu wiederholten Malen, seine inneren Erlebnisse zu Papier zu bringen, und zwar so, daß die Gedächtnisfeier des Leidens, der Auferstehung und Himmelfahrt sichtbar würde. Alles Drängen war umsonst. Eine natürliche Scheu und Zurückhaltung, noch mehr der Mangel an ausreichender Schulbildung und am mei­sten das Empfinden, intellektuell der Aufgabe nicht gewachsen zu sein, hielten ihn ab. Wagte er dennoch einen Versuch, so brachte er nur einen Zettel mit wenigen Sätzen, die nach Form und Inhalt wenig besagten.

Da stand fest: Wenn nicht eine andere Hand die Schauungen niederschrieb, so würde Br. Kostka in seiner Demut den Schatz und das Geheimnis des Königs mit ins Grab nehmen. Anfangs aber fühlte ich selbst starke Hemmungen, die Visionen aufzuschreiben. Doch stellte ich mir auch die Fragen: Soll das bei der hl. Messe in einem so langen Anschauungsunter­richt Geschaute einzig und allein dem Bruder dienen? Ist es vielleicht die Absicht Gottes, die innere Seite des hl. Opfers auch den Gläubigen mehr zu eröffnen? Soll ich das Licht, das nur in der Verborgenheit leuchtet, auf den Leuchter stellen? Diese Fragen konnte ich zwar nicht sicher entscheiden; her ich wagte auch nicht, ihnen auszuweichen. Endlich ging ich selbst an die Arbeit, gestützt auf den theologischen Grundsatz, daß die Charismata dem Einzelnen verliehen werden zur Förderung des Gemeinwohles der Kirche. Mit Grund mußte ich ein solches Charisma bei Br. Kostka annehmen.

Bei der Mitteilung seiner Schauungen war Br. Kostka sehr ruhig, gelassen und sicher. Wir hatten vereinbart, daß er um 11 Uhr zu mir kommen solle. Manchmal fragte ich telefonisch bei ihm an, ob er sich im Laden frei machen und die Abfertigung der Leute dem Gehilfen überlassen könne. Man sollte nun meinen oder voraussetzen, daß er etwas eilig oder gar stürmisch zu mir kam, oder aber, daß er mit seinen Gedanken noch bei den Leuten sei, von denen er sich ja rasch trennen mußte. Er kam aber ausgeglichen und mit innerer Freiheit. Bisweilen sagte er, daß man sich immer in Gott ruhig halten müsse; Unruhe tauge nicht. Man dürfte sich an nichts hängen, auch nicht an fromme Sa­chen, damit Gott allein im Herzen herrschen könne.

Ohne jede innere oder äußere Hemmung sprach er sofort, nachdem wir zuerst auf den Knien gebetet hatten, über die erhabenen Geheimnisse der Religion oder seines Seelenlebens. Er erkundigte sich niemals, was zuletzt geschrieben worden sei. Er sprach sofort wie einer, der keinen Widerspruch mit dem Vorausgehenden oder Nachfolgenden zu fürchten braucht. Das ist wohl die beste Charakteristik für die spontane Wiedergabe seiner Mitteilungen. Tatsächlich ordnete sich alles immer har­monisch in das Ganze ein, so daß objektiv keine Widersprüche und subjektiv keine weiteren Bedenken zu lösen waren.

Nachdem ich meine Zurückhaltung nach einem Jahr des War­tens aufgegeben hatte, kamen wir einander seelisch näher. Von da an kam Br. Kostka öfter aus freien Stücken und machte seine Mitteilungen, ohne daß ich ihn gerufen hatte. Unbefragt berichtete er seine Schauungen über die heiligste Dreifaltigkeit und anderes. Er kündete z.B. auch an, daß das Missionshaus St. Wendel schwere Stunden durchzumachen hätte und wir das Haus für eine Zeitlang verlassen müßten, dasselbe aber wieder erhalten würden. (Br. Kostka mußte im Krieg St. Wendel verlassen.)

Nur ein einziges Mal habe ich Br. Kostka in starker innerer Bewegung gesehen. Als ich von einer Sonntagsaushilfe zurück­kehrte, kam er zu mir mit einem rotglühenden Kopf. Erschroc­ken fragte ich, ob er krank geworden sei und ob er hohes Fieber habe.

Da erklärte er, wie er schon mehrere Tage nacheinander wun­derbare Aufschlüsse über die erhabene Gottesmutter erhalten habe. Nach der morgendlichen Anbetungsstunde habe er, am Marienaltar kniend, alles so gut verstanden und sich die Worte merken wollen. Aber bald seien ihm nicht nur die Worte entfal­len, sondern auch die gesamten Aufschlüsse. An jenem Sonntag nun hat er bei der Anbetungsstunde um 3 Uhr Maria unter dem Kreuz gesehen. Er wurde belehrt über die Sünden der Eheleute. Es ist nicht zu beschreiben, welch unermeßliches Leid die Schmerzensmutter aushalten muß, infolge der Beleidigun­gen, die man Gott zufügt. Es werde die Schöpfermacht Gottes schon im Mutterschoß angegriffen; es werden so viele, ja sehr viele Kinder nicht mehr getauft und so der ewigen Seligkeit beraubt, es ist geradezu unheimlich, wie heute die Kinderwelt und die Jugend in schlimmster Weise von Gott und vom Mutter­herzen Marias losgerissen würden.

Br. Kostka litt durch die Mitteilung ganz außerordentlich in Mitleid mit Maria. Am Abend war sein Kopf noch blutrot. Er fand nur etwas Erleichterung und Kühlung im Gebet und in der Übernahme von Sühne. Damals bat er dringend, ich möchte doch auch dieses Anliegens bei der hl. Messe gedenken und die eine oder andere Anbetungsstunde nachts übernehmen. In solchen Augenblicken fühlt man deutlich, wie Br. Kostka mit einer höheren Welt in Kontakt steht, und wie eine Art Gnadentau seine Seele zu apostolischen Arbeiten drängt und befruchtet.

2. “Änderte oder korrigierte Br. Kostka seine Mitteilungen?”

Meine Antwort: Durch die ersten Versuche beim Niederschreiben belehrt, pflegte ich die Mitteilungen des Bru­ders nur auf die rechte Spalte einer Heftseite zu schreiben. Br. Kostka änderte nie etwas und korrigierte auch nichts. Er sprach aus der Fülle seines Herzens und seiner inneren Erlebnisse.

Es hatte sich bald herausgestellt, daß Br. Kostka noch recht wichtige Einzelheiten nachzuholen hatte, wenn ich ihm in einer der nächsten Zusammentreffen das Geschriebene vorlas. Das waren aber nur Ergänzungen und Nachträge, keine Korrekturen. Würde ich nicht selbst das Geschriebene nochmals gelesen haben, so hätte Br. Kostka keinen Anlaß gehabt, sich weiter zu äußern. Er selbst zeigte niemals das Verlangen, zu wissen, was da oder dort geschrieben war.

Ein etwas mißlicher Umstand für mich war, daß Br. Kostka keinen Plan hatte, nach dem er seine Gedanken in logischer Reihenfolge vorlegte. Infolgedessen konnte es gar nicht aus­bleiben, daß manche kleineren Absätze logisch in eine andere Gedankenreihe eingepaßt werden mußten. Auch viele Einzel­sätze mußten mit Rücksicht auf die logische Ordnung auf eine andere Seite übertragen und dem Satzgefüge eingebaut werden. So diente mir die linke Heftspalte dazu, durch hinweisende Pfeile die richtige Anordnung im Auge zu behalten und die neuen Gesichtspunkte oder Ergänzungen einzufügen, ehe ich alles übersichtlich gestalten konnte.

Die Niederschrift wurde dem Bruder in einem der folgenden Treffen in der hochdeutschen Sprache vorgelesen. Diese Vor­sicht war bei der schwierigen Angelegenheit notwendig. Br. Kostka machte bei dieser Gelegenheit auch seinerseits Bemer­kungen, wenn diese auch selten waren. So z.B. hatte er bei der Offenbarung über die heiligste Dreifaltigkeit den himmlischen Vater in einer etwas längeren Beschreibung geschildert, wie er in der Bildform so altehrwürdig aussehe. Nun schrieb ich an den Rand “antiquus dierum”, der “Alte an Tagen”, wie der Prophet Daniel sagt. Als Br. Kostka dieses Wort hörte, fragte er: “Ist das nicht ein plumper Ausdruck?” Bei der Erklärung, der Ausdruck sei der Hl. Schrift bei Daniel entnommen, meinte er sofort: “Dann ist es gut.”

3. “Wie erklärt es sich, daß in den Reflexionen objektive und subjektive Vorgänge ineinander übergehen?”

Meine Antwort: Genauen Aufschluß kann ich über diese Frage nicht geben. Nach dem hl. Thomas ist die Mystik das erfahrungsgemäße Erleben der Vereinigung der Seele mit Gott. Auch bei Br. Kostka war oft das Sehen zu gleicher Zeit ein Erleben, ein Miterleben und Mitempfinden. Er sah bei der hl. Messe so vieles, und er war von den hl. Geheimnissen so im Glauben ergriffen, daß er objektiv wie eine nie versiegende Quelle diese hl. Vorgänge zu schildern wußte. Aber weil er die Geheimnisse im Erleben mitfeierte, scheinen die Geheimnisse ein subjektives (persönlich‑gepräg­tes) Eigentum geworden zu sein, so daß er in ganz kindlichen, oft auch in den rührendsten Ausdrücken seine persönlichen Eindrücke und Reflexionen wiedergeben konnte. Oft und oft hat er mir gegenüber die Worte fallen lassen: “O Pater, wenn Ihr doch auch einmal das alles sehen könntet! Was habt Ihr doch eine große Würde als Priester! Welch eine gesegnete Wirksam­keit kann ein Priester ausüben!” (Das “Sie” der Schriftsprache war dem Bruder weniger geläufig, und er nahm gern dafür das ländliche “Ihr”).

Sachlich wäre es gewiß entsprechender gewesen, wenn bei der Wiedergabe das innere Geschehen bei der hl. Messe, das “rein Objektive, das sakramentale Wirken” von den persönli­chen Eindrücken und Äußerungen getrennt dargelegt worden wäre. Mir ist im Lauf der Zeit dieses Übergreifen der persön­lichen Empfindungen in den Bereich des Objektiven immer weniger aufgefallen, es war mit der Eigenart des Sprechenden wie von selbst gegeben.

Über das “Wie der Schauung” kann ich nichts sagen. Da scheint ein eigener Sinn bei den Mystikern tätig zu sein, oder aber das Glaubensauge muß eine ungewöhnliche geistige Sehschärfe erreichen, die uns gewöhnlichen Menschen nicht näher begreif­bar ist.

Es ist wirklich ein Wunder, daß ein einfacher Bruder über 40 Jahre die erhabensten Geheimnisse der hl. Messe schaut, erlebt und nicht im mindesten auffällt, sondern verborgen bleibt und schweigsam alles für sich behält, so daß die Umgebung nicht die geringste Ahnung von seiner Begnadung hat. Bei der Gemeinschaft kniet Br. Kostka genau wie die anderen Brü­der in der Bank. Er ist immer ruhig und sehr gesammelt; er schaut nicht auf und nicht um sich. Ein Bruder, der hinter ihm kniete, sagte mir einmal, er könne Br. Kostka gar nicht verstehen und müsse ihn wirklich bewundern, da er nie eine Ermüdung zeige, Langeweile habe oder irgendeine auffallende Bewegung mache. Den inneren Grund für diese Sammlung kannte dieser Bruder nicht und konnte darum die gelassene Haltung nicht recht verstehen. Br. Kostka brauchte kein Buch bei der hl. Messe. Einmal wollte ich ihm einen Schott geben, damit er auch eine Abwechslung oder andere Anregungen erhalte. Am folgenden Tag sagte er mir, es sei ihm in der Anbetungsstunde morgens die Erklärung zugegangen, er käme bei der Messe nicht zu kurz, auch wenn er kein Buch gebrauche.

 

ÜBERPRÜFUNG DES INHALTES

Br. Kostka hat den Text nicht aus Büchern zusammenge­tragen und hat ihn nicht aus rein natürlichen Wissensquel­len geschöpft. Seine Kenntnisse und Mitteilungen fließen aus den Quellen der “eingegossenen Wissenschaft”, wie man mit gutem Grund annehmen kann. Das Werk stellt somit eine Privat­offenbarung dar, hat darum nur privaten Charakter und kann aus diesem Grund nur menschliche Glaubwürdigkeit be­anspruchen.

Von außen her wurde nichts in den Inhalt hineingetragen. Das Buch muß sich nach den Kriterien der kirchlichen Wissenschaft und vor dem kirchlichen Lehramt als einwandfrei erweisen lassen. Deshalb ist vor dem Druck noch eine eingehen­de Überprüfung vorgenommen worden.

Ich selbst habe nochmals die Lehre des tridentinischen Konzils über das hl. Meßopfer und den Katechismus nach dem Beschluß des Konzils von Trient nachgelesen und konnte mich vergewissern, daß die Angaben des Bruders sich ganz zwanglos der Lehre der Kirche ein‑ und unterordnen. Eine gewisse Freude empfand ich, wenn ich wiederholt feststellen konnte, daß sich die Darlegungen des einfachen Laien wie eine Entfaltung aus den theologisch scharf geschliffenen Lehrsätzen erwiesen. Die Wahrheit ist nur eine, und gerade darin muß sich die Echtheit und der übernatürliche Ursprung der Privatoffenbarung bewei­sen lassen, daß sie mit den Glaubenslehren der Kirche überein­stimmt.

In Fußnoten oder in Überschriften wurden mehrere Texte des Trienter Konzils zitiert, damit sich der Leser, gestützt auf die authentische offizielle Lehre, sein Urteil bilden kann und nicht auf die Privatoffenbarung allein angewiesen ist.

Das Manuskript wurde ferner mehreren Priestern ausgehändigt, damit auch sie den Text auf die Übereinstimmung mit dem Glauben prüfen möchten. Es sollten die Fachleute ihr Urteil abgeben, ob der Inhalt vom Standpunkt der Dogmatik und der Mystik einwandfrei sei. Ihre Urteile waren positiv. Hier lasse ich die Antwort von Dr. Pater Lorenz Kasutt OFM Cap. folgen, der mir durch seine langjährigen Studien und Veröffentlichungen als Spezialist auf dem Gebiet der Mystik empfohlen wurde.

Er schreibt: “Vorerst möchte ich Sie nochmals versichern, daß Sie die Schauungen des gottbegnadeten Bruders unbedingt veröffentli­chen dürfen. Sie tragen alle Merkmale der Echtheit an sich und stammen gewiß nicht aus eigener Phantasie und Überlegung, sondern vom Vater des Lichts. Der übernatürliche Ursprung solcher Gesichte schließt freilich nicht aus, daß sich auch natürliche Elemente einmischen. Ich meine dies nicht im Sinn von Täuschungen oder Entstellungen bei der Wiedergabe des Geschauten, sondern einfach als natürliche Mitwirkung mensch­licher Kenntnisse früherer und erworbener Vorstellungen, Ein­flüsse von Predigten und Lesungen, von Gehörtem und selbst Entwickeltem. Doch, wenn man auch diese Einflüsse in Rech­nung stellt, so läßt sich doch das Gesamtergebnis der Schauungen Br. Kostkas nicht rein natürlich erklären.”

 

DIE GNADE DER BERUFUNG

“Als die Periode der Ängstlichkeit vorüber war, fühlte ich mich immer mehr von der Welt abgestoßen und zu Gott und der Religion hingezogen. Es trat nun für die folgende Zeit eine große seelische Ruhe ein, die den Aufstieg zu Gott förderte. Wo ich stand, und wohin ich ging; immer trugen mich meine Gedan­ken zum lieben Gott. Ich war wie in Gott versenkt und immer in Gebetsstimmung. Das Gebet war darum immer sehr innig und zart. Klar war ich mir aber noch nicht über meine Zukunft und über meinen Beruf.

Eines Tages sammelten zwei Missionsbrüder, die nach Afrika gehen wollten. Ich selbst bekam sie gar nicht zu Gesicht, denn ich war nicht in meiner Heimat und kam erst am Sonntag nach Hause. An diesem Tag fragte mich meine Mutter: 'Hättest Du nicht auch Lust, dahin zu gehen?' Ich gab meiner Mutter zur Antwort: ‘Ja Mutter, lieber heute als morgen.' Durch diese Worte war der Schleier gelüftet, ein Geheimnis, das ich im Herzen trug, geoffenbart. Die seelische Wirkung war insofern günstig, als ich nun mit der Mutter über diesen wich­tigen Schritt sprechen konnte. Offenbar hatte die Mutter es schon lange gemerkt, daß ich für die Welt nicht der rechte Mann war. Es dauerte indes immer noch drei bis vier Jahre, ehe ich den Plan zur Ausführung bringen konnte.

In der Zwischenzeit kamen noch manche Ereignisse, die mich festigten und führten. Dazu rechne ich an erster Stelle die nähere Vorbereitung, die ich sonntags im Elternhaus vorneh­men konnte.

Ich ging sehr regelmäßig zu den Sakramenten und verbrachte den Sonntag in frommen Übungen. Mit der Mutter unterhielt ich mich gern über die Berufswahl. Die Mutter machte mich jedoch auf so manche Schwierigkeiten aufmerksam. Sie wollte mich nicht abhalten, aber sie prüfte mich. Später gestand sie mir auch auf meine Frage dieses ihr Verhalten. Ich fragte nämlich: `Warum wolltet Ihr mich denn damals nicht gehen lassen?' Darauf erwiderte sie: `Wir waren bang, Du würdest nicht aushalten.'

Ich erklärte ihr dann später: 'O, mit Gottes Gnade ist alles möglich.' Später war sie recht froh, daß ich gut aufgehoben war und so viel für sie betete. Scherzend meinte sie: Die anderen sind ja nun alle verheiratet und haben wenig Zeit zum Beten.'

Als eine besondere Gnadenfügung für meinen inneren Ent­schluß und die Festigung im Beruf sah ich es auch an, daß sich innerhalb eines halben Jahres drei Todesfälle in der Familie ereigneten. Das machte einen tiefen Eindruck auf mich. Beson­ders war mir der Anblick einer toten Frau, die eine sehr stattliche Person war, eine Mahnung, wie rasch alles auf der Welt zu Ende gehe, wie wirklich alles nur Eitelkeit sei. Ich wurde immer mehr in mich gekehrt, sprach in jener Zeit auch oft mit dem Beichtvater.

Einen neuen inneren Ansporn erhielt ich in der Berufsfrage noch durch die Mission, die im Ort abgehalten wurde, und die ich mit großem Interesse mitmachte. Ich besuchte alle Predig­en. Besprechungen mit den Patres über meinen Beruf hatte ich nicht. Es war aber auch nicht notwendig, weil der Kaplan bereits meine Führung in die Hand genommen hatte. Er wurde mir gleichsam der Wegweiser ins Kloster.

ln jener Periode konnte ich ungemein viel und gut beten. An den Sonntagen ging ich meistens beichten und kommunizieren. Die Kirche lag eine halbe Stunde von unserer Wohnung entfernt. Pünktlich fand ich mich um Viertel nach sechs ein und blieb dann durchwegs immer bis Viertel nach elf in der Kirche. Das fiel den Leuten stark auf und so ahnten nun wohl meine Bekannten, daß ich bald den entscheidenden Schritt zum Klo­ster tun werde.

Meine besten Freunde stellten sich gegen mich und hielten mir beständig Schwierigkeiten vor Augen, um mich vom Kloster abzuhalten. Doch ich blieb standhaft in meinem Entschluß und kümmerte mich wenig um diese Reden. Trost und Stütze war mir das Gebet, und ich konnte damals schon ähnlich beten wie heute. Oft war ich Feuer und Flamme und wie in Gott versenkt. Von Müdigkeit im Gebet merkte ich gar nichts; auch der lange Aufenthalt in der Kirche ging dahin wie Augenblicke. Ich fühlte damals, daß Gott mein Herz an sich zog.

Manchmal boten mir die Leute Kaffee an, weil ich nach dem Hochamt noch eine halbe Stunde nach Hause zu gehen hatte. Aber ich habe niemals das Angebot angenommen, selig in dem Gedanken, daß ich nun bald den Ort der Ruhe bei Gott finden würde. Darum habe ich auch meinem Dienstherrn mein Vorha­ben mitgeteilt, damit er sich nach einem anderen Knecht umse­hen könne. [Damals gab es noch das Gebot der Nüchternheit ab Mitternacht, wenn man zur hl. Kommunion gehen wollte!]

Mein Beichtvater, ein Kaplan aus dem Nachbarort, riet mir nach Sittard und gab mir ein kurzes Empfehlungsschreiben mit. Der Obere des Hauses erklärte mir indes, daß die Brüderzahl für das Haus voll sei, und daß sie darum keine Brüder mehr aufzunehmen gedächten. Er wies mich aber nach Steyl mit den Worten: 'Dort werden Sie sicher Aufnahme finden.' Der Pförtnerbruder tröstete mich, wenn es Gott haben wolle, werde ich wohl noch zum Ziel kommen.

Das Aufnahmegesuch nach Steyl war nach acht Wochen noch nicht erledigt, nun wurde zu allem Mißgeschick der Kaplan versetzt. Ich aber hatte keinen Mut, selbst zu schreiben und wandte mich an den Verbreiter der Steyler Schriften. Dieser schrieb in meinem Namen und erhielt nach acht Tagen den Bescheid, daß das Aufnahmegesuch nicht angekommen sei. Nun mußte ich von neuem die Aufnahmepapiere ausfüllen. In acht Tagen hatte ich alsdann die Aufnahme.”

 

STRENGERE LEBENSFÜHRUNG

“Bußübungen habe ich schon in der Welt viele vorgenommen; ich fühlte mich niemals heimisch in der Welt; für diese Erde und eine irdische Karriere war ich nicht gemacht. Abtötung in Speise und Trank habe ich oft geübt. Um nicht aufzufallen, habe ich mich wohl dem Brauch des Hauses ange­schlossen, im Stillen habe ich aber doch oft Abbruch in Speise und Trank geübt.

Den Kreuzweg betete ich, sooft es eben ging. Dabei kamen mir oft Tränen, nicht im starken Weinen, sondern mehr stille Tränen des Mitleides und der Liebe. Ihn täglich zu beten war mir wegen der Arbeit nicht möglich, und ich wollte auch nicht auffallen. Der Kreuzweg war nämlich in der Kirche.

Die Augen habe ich immer in strenger Zucht gehalten. Es war mir stets ein rechtes Kreuz, wenn die anderen in der Welt zum Tanz gingen, und ich mich, um dann nicht aufzufallen, mit­schleppen ließ. Die Musik war mir zuwider und noch mehr der Tanz. Ich habe kaum hingeschaut. Ich trank dann ein Glas Bier und suchte die erste Gelegenheit, um wieder fortzukommen. Ich konnte auch gar nicht tanzen.

Die Fastenordnung hielt ich immer vorschriftsmäßig. Morgens nahm ich nur äußerst wenig; um zehn Uhr gar nichts. Mittags speiste ich wie gewöhnlich. Um vier Uhr wurde ich hie und da genötigt, etwas zu nehmen, und da ich aus Rücksicht auf die guten Hausleute das gute Einvernehmen nicht stören wollte, nahm ich eine Kleinigkeit, mehr aus Anstand, als aus dem Bedürfnis zu essen. Abends aß ich wie gewöhnlich. Das Fasten suchte ich durch eifriges Gebet noch wirksamer zu machen. Als junger Mann war ich gesund, und so konnte ich auch mit verringerter Nahrung meine Arbeit gut verrichten, genau wie in anderen Zeiten. Der Wille tat damals noch viel. Ich wollte ins Kloster und suchte mich auf das Leben im Ordensstand vorzu­bereiten, so gut es nur ging. Oft mußte ich hören, wie streng es im Kloster sei, und viele Märchen wurden mir ins Ohr geblasen, um mich abzuhalten. Die Leute in meiner Umgebung sagten mir oft: 'In zwei Jahren bist du wieder hier.' Ich ließ mich aber nicht beirren und ging meinen Weg weiter. Diese Redensarten haben mich nicht niedergebeugt, im Gegenteil, sie drängten mich mehr zum Heiland und zum Anschluß an Gott. Meistens blieb ich in der Kirche von 5.30 bis 11.30 Uhr bewegungslos auf den Knien.”

 

BUSSSTRENGE UND FASTEN

“Infolge der Andacht zum bitteren Leiden fühlte ich mich früh hingezogen zur Abtötung und zur inneren und äußeren Über­windung. Zuhause im Dienst habe ich nicht gefastet im eigentlichen Sinn. Aber die 40tägige Fastenzeit habe ich immer treu zu beobach­ten gesucht, ohne jede Dispens und ohne je eine Ausnahme zuzulassen. In dieser hl. Zeit nahm ich morgens etwa ein Drittel der üblichen Portion, die Erfrischungen um zehn und um vier Uhr fielen ganz aus, abends gestattete ich mir keine volle Sättigung. Meine Herrschaft, die mich wie ein Kind des Hauses hielt, fragte dann wiederholt etwas mitleidig, warum ich doch so wenig esse. Darauf gab ich die Antwort, weil die Kirche das Fasten angeordnet habe und, weil uns das Fasten Segen bringe.

Als Novize im Kloster in Steyl wollte ich keine Ausnahme machen, um keinen Preis auffallen. Deshalb sah ich mich genötigt, äußere Strengheiten ganz zu unterlassen. Aber im Stillen übte ich doch Abstinenz. Des öfteren aß ich mich nicht satt und legte manches Opfer in Abbruch von Speise und Trank in die Hand des guten Meisters. Ich hatte während der ganzen Noviziatszeit einen strengen Kirchendienst, den ich gern auf mich nahm. Meistens hatte ich den Schalter für Fremde und das Priester‑Refektorium zu bedienen. Nun war gewöhnlich am Sonntag der Fremdenverkehr recht stark, so daß ich dadurch stets in Arbeit gehalten wurde. Es kam oft vor, daß ich an Sonntagen, wenn ich den Gottesdienst und die Arbeit in der Küche zusammenrechne nur eine halbe Stunde freie Zeit hatte, abends von 17 bis 17.30 Uhr. Eine gute, kräftige Gesundheit erlaubte mir aber, alle die gewünschten Arbeiten zu verrichten. Freilich fühlte ich auch die Ermüdung, besonders wenn ich mir stärkeren Abbruch in Speis und Trank auferlegte.

Durch die Betrachtung und vor allem auch die Lesung meines Lieblingsbuches 'Übung der christlichen Vollkommenheit' (von Alfons Rodriguez) kam mir eine immer stärkere Erleuchtung und ein starker Antrieb zur Kasteiung. Ich fühlte, wie man den Meister gerade in seinem Leiden nachahmen müsse, und daß das gar nicht geht, wenn man nicht auch den Leib züchtigt und in Botmäßigkeit bringt. Durch diese innere Erleuchtung erhielt ich auch die Gewißheit, daß man durch Leiden viele Seelen, die sonst verloren gingen, retten könne und müsse. Der Drang, eine Opferseele für Christus und die Seelen zu werden, wurde stark und stärker. So setzte ich mich nun ein, durch Leiden, vor allem auch durch Fasten, durch Vereinigung meiner Leiden mit den Leiden Jesu und Seiner hl. Mutter dem Heiland ähn­lich zu werden und Seelen zu gewinnen.

Nach der Profeß fastete ich regelmäßig am Freitag zu Ehren des Leidens Christi, am Samstag zu Ehren der Mutter Gottes. An diesen beiden Tagen regelte ich die Mahlzeiten so: Morgens nahm ich eine Schnitte Brot zum Kaffee, um zehn und um vier Uhr nahm ich nichts; mittags die gewöhnlichen Sättigungen; abends etwas Suppe, jedoch ohne den Hunger ganz zu stillen. Außerdem übte ich an allen Tagen bei Tisch die Abtötung, aß mich nicht ganz satt und verzichtete auf den Nachtisch. Um nicht gar stark aufzufallen, hielt ich mich an die Ratschläge unseres seligen Stifters, begnügte mich z. B. mit drei Kirschen zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit und schob die bereitstehen­den Birnen und Äpfel anderen zu. Diese kleinen Opfer in die Hände Jesu legen zu können, bereitete mir geistige Freude.

Die 40tägige Fastenzeit war für mich eine größere Gnadenzeit. Ich suchte mein Bestes zu tun. Ich hielt mich an die Praxis, die ich sonst an den Freitagen und Samstagen schon gewohnt war. Dispens nahm ich nie an. Während ich die Fastenabstinenz an den Freitagen und Samstagen nur bis zum 60. Jahr übte, halte ich die 40tägige Fastenzeit heute noch in der gewohnten Stren­ge bei. Sieben Jahre lang nahm ich in dieser hl. Zeit morgens gar nichts zu mir und wartete bis zum Mittag. Da ich auch während dieser ganzen Zeit des Nachts die Anbetung hielt von 12.30 bis 2 Uhr, ward ich bisweilen sehr müde. Einmal mußte ich ganz gebückt einhergehen, aber alles verlor sich wieder. Es kamen oft heftige Kopfschmerzen hinzu, wahrschein­lich wegen der Hitze in der Küche; dann fühlte ich, wie der Gang etwas unsicher und schwankend wurde. Nach Verlauf von sie­ben Jahren wurde mir von Pater Rektor sehr dringend abgera­ten, während der Fastenzeit morgens nüchtern zu bleiben. Auf diesen Rat hin habe ich dann morgens eine kleine Stärkung genommen, doch so, daß noch genug Abtötung übrig blieb.”

Auf die Frage, wie er diese Praxis habe aushalten können, meinte Br. Kostka treuherzig: “Jetzt nachträglich begreife ich eigentlich selbst nicht recht, wie das alles möglich war.” Und er fügte ernst hinzu: “Der Mensch kann sehr viel, wenn er nur will. Wer aus Liebe zu Gott und nicht aus Selbstliebe etwas wagt, der wird von der Gnade Gottes stark unterstützt, und er kann mit dem Beistand Gottes Großes unternehmen. Und ich glaube, daß mir viele übernatür­liche Stärkung zugekommen ist. Denn meine Kraft und Gesund­heit nahm nicht ab. Ich konnte allen meinen Pflichten nachkom­men, und meine Arbeitsleistungen wurden nicht kleiner. Ich konnte ferner die innere und äußere Freude bewahren, war nicht traurig und niedergeschlagen, so daß ich meine Umge­bung in dem natürlichen Frohsinn nicht störte und niederdrückte.

Schmerzlich berührte es mich des öfteren, wenn ich wahrnahm, daß die Mitbrüder bei Tisch mein Verhalten und den Abbruch in Speise und Trank nicht verstanden oder falsch auslegten. Manch­mal wurde über mich gesprochen, und ich sah etwas mißge­stimmte Gesichter, da man mein Verhalten sonderbar fand. Ich schämte mich dann sehr und fühlte diese Demütigung. Anderer­seits verstand ich auch, daß die Mitbrüder etwas irre an mir wurden. Bei allem Fasten blieb ich korpulent, hatte rote Wan­gen und sah gut aus. Deshalb meinten manche, ich ließe es mir in der Küche recht gut schmecken. Mehr als einmal mußte ich das Scherzwort hören: Der hat gut fasten. Er wird satt und dick vom Abschmecken in der Küche.' “ – Etwas schelmisch fügte Br. Kostka hinzu: “Nicht war, das ist doch ganz schön: Fasten, dickbleiben und dann noch gefoppt werden! Wenn ich damals noch länger in der Küche geblieben wäre, würde ich wohl den Strapazen erlegen sein. Ich hatte oft sehr starke Kopfschmerzen, so daß ich für kurze Zeit an die frische Luft gehen mußte. Nach Beendigung der 40tägigen Fastenzeit brauch­te ich immer längere Zeit, um mich umzustellen und den Magen wieder an reichlichere Mahlzeiten zu gewöhnen. Ich konnte in den Ostertagen und darauf manche Speisen nicht recht verdau­en als ich aus der Küche wegkam und eine andere Beschäfti­gung erhielt, war in einem halben Jahr die übermäßige Leibes­fülle fort und der Körper ganz normal. Ich nehme daher an, daß die Hitze und der große Dunst zu dieser körperlichen Aufgeblähtheit beitrugen.”

Zum Schluß sagte Br. Kostka: “Man erklärte oft, man könne es den Heiligen nicht gleich tun, man könne ihre Werke nur bewundern, aber meistens nicht nachahmen. Aber in manchen Fällen kann man doch auch die Heiligen nachahmen, wenn man nur will und aus reiner Absicht an das Werk herantritt. Dann setzt die Gnade Gottes ein und stärkt den Menschen.”

 

DIE GEISSELUNG

Gewöhnliche Menschen werden die Abtötung der Geißelung nicht verstehen und als unvernünftig ablehnen. Selbst der eine und andere Geisteslehrer wird mit Bedenken fragen, ob dieses Maß der Abtötung noch mit den gesunden Prinzipien der Aszese vereinbar ist. Welchen Maßstab soll man in der Beurteilung der Lebensführung bei Br. Kostka anlegen?

Br. Kostka hatte nach dem Willen Gottes eine “besondere Aufgabe” in seinem Leben erfüllen müssen. So wenigstens wurde es seiner Mutter vor der Geburt mitgeteilt. Um diese Aufgabe lösen zu können, hat Gott selbst die Führung des Gottesmannes in die Hand genommen, dadurch, daß Er ihm von früher Jugend an, “soweit seine Erinnerung reicht”... “das lebendige Licht der Gottheit” als Leitstern und Wegweiser zur Verfügung stellte. Von diesem inneren Licht ließ sich der Bruder leiten, da es immer vor seinem Geistesauge sichtbar war.

Die Höhe der Beschauungsgnade mußte auch ein dementspre­chendes tiefes Fundament haben. Darum grub er als weiser Architekt in die Tiefe [Lk 6,48]. Gott aber segnete sein Bemü­hen, verlieh ihm die nötige körperliche und seelische Kraft. Die Beschauungsgnade verzehnfacht ja nach dem Urteil der Gei­steslehrer oft die natürliche Kraft. (Tanquerey, Grundriß der aszetischen und mystischen Theologie, Nr. 1393.) So konnte der gottbegnadete Mann ohne Schaden für seine Gesundheit bis ins hohe Alter hinein seine ihm gegebene Lebensaufgabe erfüllen.

Zieht man also alle Umstände in Betracht, so kann man billig und gerecht urteilen: Die Lebensführung des Bruders war von Gott geleitet und daher auch gebilligt. Guten Aufschluß gibt sein eigenes Werturteil: “Ohne Gottes Hilfe wäre ich zusam­mengebrochen.”

“Einen Rat oder eine Anweisung, mich zu geißeln, habe ich von außen her nicht erhalten. Es war die Stimme der Gnade, die mich sanft und stark einlud, diese Übung vorzunehmen.

Die Absicht, die ich dabei hatte, war rein übernatürlich. Ich fühlte durch den inneren Drang, daß der Geist Gottes Sühne und Abbitte wünsche. So bot ich mich als Sühnopfer und Opferseele an in der reinen Meinung, Gott zu verherrlichen, Sünder und Heiden in den Missionen bekehren zu helfen; zu ersetzen, was dem Leiden Christi abgehe und für die großen Beleidigungen Gottes in unserer Zeit nach Kräften Genugtuung zu leisten. Alle Opfer, die ich in dieser Hinsicht brachte, legte ich immer in die Hände der Gottesmutter, damit sie alles in Vereinigung mit ihren Opfern dem Heiland übergeben möge.

Schon zu Hause habe ich mich hie und da gegeißelt. Mit etwa 20 Jahren fühlte ich eine starke Neigung und Hingabe an die Andacht zum bitteren Leiden unseres Herrn. Damals schon fühlte ich den Drang nach Abtötung und zur bewußten Nachah­mung Christi in seinem Leiden.

Hie und da tat ich mir weh mit einem Strick; ich schnürte und band ihn so fest um meinen Leib, daß er beinahe wie eingewach­sen war. Stundenlang habe ich diese Bindung und Einschnü­rung ausgehalten zu Ehren des bitteren Leidens. Oft aber mußte ich mich wieder frei machen, um meine Arbeit verrichten zu können.

Im Postulat und im Noviziat habe ich mich genau an die Ordnung zu halten gesucht. Ich wollte in keinem Punkt auffal­len. Übrigens gab es in der Küche Abtötung genug. Ich brauchte keine besonderen, außerordentlichen Übungen. In den Jahren 1905 und 1906 ging ich einen Schritt weiter. In dieser Periode begann die Bußübung der Geißelung, die ich bis zum 60. Lebensjahr getreu durchgehalten habe. In diesem Jahr bekam ich einen schweren Bruch und sonstige Leiden. Ich mußte nun etwas Rücksicht auf die Gesundheit und das Alter nehmen.

Ich machte mir aus einem Strick eine Geißel, befestigte an die Spitzen noch einige Holzstücke und durchstach die Holzstücke mit Nagelspitzen. Vor dem Morgengebet, ehe noch die anderen aufstanden, geißelte ich mich bis aufs Blut in der Küche oder im Zimmer. Anfangs fand ich zwar nicht immer die günstige Gele­genheit, später aber, als ich Übung hatte, geißelte ich mich regelmäßig jeden Tag; bisweilen auch noch öfter, wenn ich von großen Beleidigungen Gottes hörte und den inneren Drang fühlte, für diese Schmähungen Gott genugzutun.

Um nicht aufzufallen und niemand etwas merken lassen, wusch ich mit einer blauen Küchenschürze das Blut ab; aber etwas Nachblutungen waren immer noch in der Leibwäsche zu bemer­ken. Man beachtete dies aber offenbar in der Waschküche nicht, und so blieb alles still und im Verborgenen.

Wenn ich jetzt die Vergangenheit übersehe und zurückdenke, erschauere ich vor dieser Übung und Bußstrenge; aber ich freue mich noch viel mehr, daß ich mich Gott zuliebe nicht geschont habe, sondern mutig und tatkräftig die Hände regte. Einem Tierchen konnte ich nie etwas zuleide tun und noch weniger eines töten. Ich sah in allen Tieren Geschöpfe Gottes, gemacht und bestimmt zu seiner Verherrlichung. Noch viel weniger habe ich anderen Menschen weh getan; aber ich war in jeder Beziehung sehr hart gegen mich.

Unbeschreiblich süß ist nun der Trost, aus höheren und reinen Absichten zur Verherrlichung Gottes und zur Bekehrung der Sünder etwas beigetragen zu haben. Jetzt reut es mich nicht, und es hat mich nie gereut, so gehandelt zu haben. Gäbe es etwas Besseres, um die Menschen zu erlösen, so hätte wohl Christus dieses Bessere bei der Welterlösung bevorzugt. Aber er hat das Leiden eingesetzt und hat mit der Kreuzeswaffe die Welt erlöst. Ist das wohl nicht der deutlichste Beweis, daß Bußleiden, Sühneleiden vor Gott einen großen Wert haben? Wir bekennen: `Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und preisen Dich; denn durch dein Heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.' Und durch Kreuz und Leiden können und müssen wir alle nach unseren Kräften mithelfen, Seelen zu retten. Wie sollte und könnte es mich reuen, Bußübungen auf mich genommen zu haben!

Hinzufügen muß ich noch, daß der liebe Gott auch seine Gnade gibt, wenn er ein Werk anregt und verlangt. Der Mensch allein wäre aus sich nicht imstande, solche Bußübungen zu ertragen. Die Menschheit Jesu hätte auch die Leiden nicht aushalten können, wenn nicht die Gottheit mitgeholfen hätte. - Ich danke Gott sehr, daß er mich angeregt und unterstützt hat. Das ist mir nun nachträglich noch ein untrügliches Zeichen, daß Er selbst diese Übung gewollt und angenommen hat. Ohne Gottes Hilfe wäre ich zusammengebrochen. Denn ich habe ja nicht nur die Geißelung vorgenommen, ich habe auch streng gefastet, habe jeden Tag die nächtliche Anbetungsstunde gehalten und tags­über einen sehr anstrengenden Dienst in der Küche versehen müssen bei stets verkürztem und oft unterbrochenem Schlaf Gerührt kann ich nun Gott für Seine Gnadenhilfe danken.”

Br. Kostka wischte sich bei diesen Worten still und sanft eine Träne aus dem Auge. “Zu dieser scharfen Geißelung am eigenen Leib wurde ich auch dadurch angeregt, daß ich bei der hl. Messe die Geißelung Christi sah, wie er so ganz unmenschlich behandelt wurde. Da regte sich in meiner Seele das hl. Mitleid, und ich suchte bis zur äußersten Grenze dem Heiland in Liebe nahezukommen.

Ich sah, wie er sühnte und die Sünden durch die Schmerzen büßte und wollte durch freiwillig übernommenen Leiden eini­germaßen mit ihm dem ewigen Vater Sühne darbringen.

In dieser engen Verbindung mit Christus zu leiden, ist für die Seele ein starker Auftrieb; denn Schmerz bewegt zum Mitleid und Liebe zur Gegenliebe. Der Heiland hat für uns sein Leben hingegeben; so muß die Liebe auch uns drängen, unser Leben für ihn zu lassen, wenn es so der hl. Wille Gottes ist.

Ohne den Anblick der Geißelung unseres Herrn hätte ich mich sicher nicht zu scharfen Geißelungen entschließen können, und ich wäre vielleicht nicht einmal auf die Idee gekommen, jeden Tag die Bußübungen mit Treue und Beharrlichkeit durchzufüh­ren. So verstehen sich die Bußübungen besser.”

 

INNERE WUNDMALE

Weil sich Br. Kostka im heroischen Einsatz selbst verleug­nete und gänzlich abzusterben suchte, hat ihm der Gekreuzigte ein Gegengeschenk gemacht, und ihm eine innigere Anteilnah­me an seinen Leiden gewährt. Anfang des Jahres 1938 machten sich in seinen Händen und Füßen, ebenso in der Seite, eigenar­tige Schmerzen bemerkbar; sie hielten bis zu seinem Lebensen­de im Jahr1946 an.

Wenn ihm im Geist die Not der Zeit, gefährdete Seelen oder auch drohende Übel gezeigt wurden, steigerte sich dieser Schmerz. Er hinderte ihn in seinen Gebeten nicht, ging aber parallel mit der Gebetsglut. Dankbaren Herzens nahm der from­me Bruder diese innigere Anteilnahme am Kreuz als eine Gunstbezeichnung Gottes entgegen, weil sie ihm Gelegenheit bot, Gutes zu tun und durch Sühneschmerz mitzuhelfen, daß manch verlorene Seele sich wieder auf den Weg des Heiles zurückfand.

Da aber bisweilen das Blut stark wallte und aus den Adern zu treten drohte, befiel ihn oft rechte Furcht. Er wollte sein Her­zensgeheimnis für sich bewahren (secretum meum mihi Is 24,16). Darum klemmte er die Innenflächen der Hände fest aneinander oder drückte noch fester mit dem Daumen mit dem innigen Flehgebet, Gott möge doch in Gnaden verhindern, daß Blut herauspritze, damit kein Aufsehen entstehe.

Ausdrücklich sei hier bemerkt, daß Br. Kostka niemals den Ausdruck “Wundmale” gebraucht hat.

 

BUSSÜBUNG DURCH EINE KETTE

“Die Liebe ist erfinderisch; sie glaubt nie genug getan zu haben und wünscht alles mögliche, um sich zu bewähren. Der erleuch­tete Glaube erkennt so ganz klar, daß die wahre Liebe sich in Opfer bewähren und beweisen muß. Jede Liebe ist verdächtig, die kein Opfer aufweisen kann. Was ich bis dahin getan hatte, genügte mir nicht. Ich hatte das Bestreben, bis zur Grenze des Möglichen zu gehen, um die zahllosen Beleidigungen Gottes zu sühnen und mitzuhelfen, Sünder zu bekehren. Ich fühlte einen großen, wahren Durst in mir, recht viele Sünder und Seelen retten zu können: `Gib mir Seelen, alles andere nimm mir!'

So kam ich wie von selbst auf die Idee, meinen Leib noch mehr abzutöten und ihn nicht nur mit einem Strick, sondern mit einer Kette zu schnüren. Zuerst nahm ich eine Hundekette und band diesselbe mehrmals um den Leib. Aber ich konnte sie nicht fest schnüren; sie brachte mir nicht das, was ich suchte. Darauf nahm ich die Güte des Bruders Hidulph, der Schmied war, in Anspruch. Dieser verfertigte mir eine Kette und versah einzelne Kettenglieder mit spitzen Zacken. Gern hätte ich diese noch etwas spitzer gehabt, aber der Bruder ging auf meine Bitten nicht ein mit der Bemerkung, ich solle mich nicht auf einmal totmachen.

Diese Bußkette trug ich nun Tag und Nacht bis zum 60. Lebensjahr. Sie tat ihre gewünschten Dienste. Die Eisenspitzen taten weh und (drangen ins Fleisch, wenn ich mich nachts darauf legte. Manch­mal kam auch Blut durch das Eindringen der Spitzen. Die Eisenkette war im Winter überdies recht kalt und verlangte ständige Opfer, während die Geißel nur zeitweise schmerzte. Bei der Arbeit war die Kette unbequem, und wenn ich mich etwas bücken mußte, wie beim Schrubben der Küche, gingen die Zacken tiefer ins Fleisch. Durch diese Übernahme von Buße und Opfer suchte ich meinen Durst nach Leiden im Verein mit dem leidenden Heiland genugzutun und erreichte meinen Zweck.

Später, mit dem 60. Lebensjahr, habe ich diese mir liebgewonnene Bußkette der Schmerzhaften Mutter geweiht und in der Nähe ihres Standbildes ins fließende Wasser des Bosenbaches gelegt. Die himmlische Mutter wollte von jener Zeit an diese Buße nicht mehr haben. Bis jetzt habe ich von dieser Bußübung niemanden etwas mitgeteilt. Nur den Beichtvater habe ich um Erlaubnis gebeten, sie tragen zu dürfen. Er wird freilich von der Art dieser Kette nichts gewußt haben. Was ich aus eigenem Antrieb über­nahm, wollte ich durch ganz reine Absicht hl. und durch die Kontrolle und Erlaubnis des Seelenführers sichern, um nicht dem Verführer zum Opfer zu fallen.”

 

DAS NÄCHTLICHE GEBET

“Schon in der Welt war mir die liebste Zeit jene, die ich vor dem Allerheiligsten im Gebet zubringen konnte. In den Jahren 1906 und 1907 wurde der Drang zum Beten immer stärker. Alles zog mich zum Heiland, eine innere Glut nötigte mich gleichsam nachts zum Aufstehen, um dem guten Meister meine Liebe beweisen zu können. Ich persönlich schreibe die nächtliche Gebetspraxis der täglichen hl. Kommunion zu. Denn die Anziehungskraft kam vom Sakrament, vom Heiland, der mit Gottheit und Menschheit im Tabernakel zugegen ist.

Die ersten 14 Tage dieser Übung hatte ich keine Erlaubnis der Oberen eingeholt. Dann aber ging ich auf Anraten meines Beichtvaters zum Pater Rektor, um die Erlaubnis zum nächtli­chen Aufstehen zu erbitten. Pater Rektor fragte bei dieser Gelegenheit, wie ich dazu komme, nachts zum Gebet aufzuste­hen. Ich gab ihm zur Antwort, ich könne das nicht anders erklären, als daß die tägliche Kommunion dieses Feuer in mir angefacht habe. Ich erhielt die Erlaubnis zum Aufstehen zu­nächst nur für jeden zweiten Tag, also mit einer Unterbre­chung. Nach Verlauf von weiteren 14 Tagen aber durfte ich jede Nacht aufstehen. Zwar meinte er, diese Praxis sei ein Übermaß oder nur ein Strohfeuer. Unser geistlicher Arbeitsvorsteher, dem ich mich ebenfalls eröffnete, hatte einen tieferen Einblick in mein Seelenleben und brachte mir mehr Verständnis entge­gen.”

“Nachts um 0.30 Uhr erhob ich mich von meinem Lager. Einen Wecker hatte ich nicht notwendig, denn ich wurde immer zur selben Zeit wach und dachte oft im Stillen, es sei wohl der Schutzengel, der mich so pünktlich wecke. Bis 2 Uhr blieb ich dann vor dem Allerheiligsten in kniender Stellung. Solange ich noch auf dem Hof war, ging ich zur Bühne [Empore], da die Kirchentür geschlossen war. Im Missionshaus aber durfte ich näher zum Tabernakel gehen. Ich hielt die Anbetungsstunde hinter dem Hochaltar, einem Plätzchen, das mir mit jedem Tag lieber wurde. In dem Gedanken, daß Moses aufgefordert wurde, die Schuhe abzulegen, weil der Ort heilig sei, wollte auch ich vor dem Gott im Sakrament der Liebe ohne Schuhe erscheinen. Ich ließ die Schuhe an der Kirchentür stehen. Diese Praxis, ohne Schuhe und ohne Mantel, auch in der strengsten Winterkälte, vor dem Allerheiligsten zuzubringen, habe ich die ganze Zeit treu innegehalten. Ich besaß auch keinen Mantel. Erst im Jahr 1936 habe ich ungebeten vom Schneiderbruder einen solchen erhalten, den ein Pater abgelegt hatte. Arm und bloß vor dem Heiland zu erscheinen, war mir ein Bedürfnis; ohne Schuhe, auf bloßen Strümpfen, habe ich auch das Wecken der Mitbrüder morgens besorgt. Die Armut kann man nie hoch genug einschät­zen.

Am Altar angelangt, betete ich zunächst um Glaube, Hoffnung und Liebe. Dazu legte ich mich im Bewußtsein meiner Armselig­keit und Sündhaftigkeit auf mein Angesicht. Ich betete ein erstes Vaterunser im Gedenken und Bekenntnis meiner Sünden, Feh­ler und Gebrechen. Dann folgte ein zweites Vaterunser, um mein Vertrauen auf die unermeßliche Barmherzigkeit Gottes auszusprechen - im Gedanken, daß Gott ein guter Vater ist und gern die Sünden verzeiht, wenn man ihn demütig darum bittet. Beim dritten Vaterunser war ich meist schon Feuer und Flam­me. Ich erhob mich, stieg auf den Knien die Altarstufen empor, klopfte leise an die Tabernakeltür und betete in rechtem Ver­trauen: 'Heiland, ich bin wieder da.' Dann hielt ich eine gute Stunde in innigster Vereinigung mit der Mutter Gottes aus; von ihrer Mutterhand wollte ich mich führen lassen. Zur himm­lischen Mutter hatte ich immer ein unbegrenztes Vertrauen; seit damals lebe ich immer in dem lieben Gedanken, daß die nächt­liche Anbetung von Maria, der ersten Anbeterin des menschge­wordenen Gottes, beeinflußt und gewünscht sei.

Die Praxis der nächtlichen Anbetung von 0.30 - 2 Uhr hielt ich bis zum 60. Lebensjahr fest. Mit dem 60. Jahr änderte ich den frommen Brauch dahin ab, daß ich morgens um 3 Uhr aufstand, hinter dem Hochaltar meine Gebete verrichtete, um fertig zu sein, wenn die Hausbewohner morgens erscheinen. Nun (im Jahr 1937) sind es schon über 30 Jahre, daß ich die Anbetung des nachts vor dem Allerheiligsten gehalten habe. Ausgefallen sind nur dann einige Anbetungsstunden, wenn ich durch Fieber oder Grippe gehindert wurde. Aber auch dann schleppte ich mich doch öfter noch zur Kirche, um meinem Herzensdrang Genüge zu tun.”

 

EINIGE STÖRUNGEN

“In den Jahren 1914 oder 1915 störte der Feind alles Guten diese mir so ungemein liebe Anbetungsstunde. Um diese Zeit war mein Verweilen des Nachts vor dem Allerheiligsten bemerkt worden. Es fielen Bemerkungen recht sarkastischer Art in der Unterhaltung. Diese Witzeleien haben mir damals tiefe Wunden geschlagen und Stiche ins Herz versetzt. Man unterschob mir unedle Motive und verstand mich nicht. Um des Heilandes willen habe ich geschwiegen.

Um die Aufmerksamkeit abzulenken, wechselte ich darauf die Stunde der Anbetung und fand mich bald früher, bald später in der Kirche ein. Nach einer gewissen Zeit meinte man auch, daß ich den Brauch aufgegeben hätte. Aber ich konnte mich doch nicht trennen von dieser mir so lieben Stunde, wenn ich auch an jenen Tagen, innerlich leidend, hin und wieder diese Übung ausfallen ließ. Als ich nun im alten Gleis die nächtlichen Anbetungsstunden wieder regelmäßig aufnahm, wurde mir die hl. Stunde von neuem verleidet durch einen Bruder, der immer zu meiner Stunde seine Anbetungsstunde einlegte. Wenn ich ankam, hustete er auf der Bühne und störte mich schon durch seine Anwesenheit, weil ich liebgewonnene Bräuche nicht vor­nehmen konnte. So genierte ich mich, in seiner Anwesenheit mit ausgebreiteten Armen zu beten (wie Moses), mich auf das Angesicht zu legen. Es ging mir wie einem Vöglein, das nicht gern die Aufmerksamkeit auf sich lenkt und am liebsten davonfl­iegt, wenn jemand eintritt.

Das ungestörte nächtliche Beten setzte erst wieder ein, als Pater Engel Rektor wurde. Derselbe verbot, daß jemand ohne seine besondere Erlaubnis nachts aufstehe und zur Kirche gehe. Nun kam der betreffende Bruder nicht mehr, und ich konnte wieder allein und ungestört in der Kirche die hl. Stunden halten, nachdem ich vom neuen Rektor die Erlaubnis in alter Form eingeholt und erhalten hatte.”

 

ANLIEGEN UND GEBETSMEINUNGEN IN DER HL. STUNDE

“Vor allen anderen Anliegen gingen mir immer die Anliegen unserer hl. Kirche und der Gesellschaft. Ich betete in der Meinung des Gebetsapostolates, die der hl. Vater angibt, nämlich für den Papst, die Kardinäle, die Bischöfe und Priester.”

“Dem Herzen Jesu empfahl ich sodann die Anliegen, die mir persönlich oder uns Brüdern nahegelegt wurden. Viele neuntä­gige Andachten, oft mehrere auf einmal, habe ich in der trauten Mitternachtsstunde gehalten. Oberster Leitsatz für mein Gebet war: 'Herr, nur Dein Wille geschehe in allem und bei allen - Herr rette die Seelen!' Für rein materielle Anliegen habe ich nicht gebetet; bei manchen Anliegen, die mir empfohlen wur­den, konnte ich zudem ohne weiteres erkennen, daß sie nicht den göttlichen Absichten entsprachen, so z.B. wenn die Leute haß­erfüllt ihren Hader erzählten und wünschten, ich möchte in einer gewissen Richtung hin ihrer im Gebet gedenken. Fast immer betete ich betrachtend den schmerzhaften Rosenkranz und brauchte eine ganze Stunde. Worte habe ich in der hl. Stunde nicht gesprochen; mein Gebet ging und geht von Herz zu Herz ohne äußere Lippenbewegung. Während der ganzen Zeit kniete ich ruhig in der Bank oder auf der untersten Stufe des Altares. Die innere Glut und Flamme hielt mich aufrecht; von Schlaf oder auch nur von einer Anwandlung zum Schlaf spürte ich nie das Geringste. Es finden sich eben in dieser Zeit zwei liebende Herzen, die sich voneinander nicht trennen können und einander von der Liebe erzählen. Wie selig sind diese Stunden gewesen. Sie waren ein Vor­geschmack der Himmels­wonnen.”

Ein Beweis dafür, wie viele Opfer Br. Kostka für die nächtliche Anbetung brachte, zugleich auch ein Beweis, wie lieb ihm diese Stunden der nächtlichen Anbetung gewesen sind, ist folgendes:

Am 24. Jan. 1937 war Br. Kost­ka abends kran­k, fror stark und fühlte starke Kopf­schmerzen. Infolgedessen ging er nach eingeholter Erlaubnis früher und ohne Abendbrot zu Bett. Bald fing er an zu schwitzen. Als es drei Uhr war, erhob er sich, kleidete sich um, obwohl er noch naß war, und versuchte wenigstens seinen liebgewonnenen Gang zum Allerheiligsten, allerdings mit dem Überzieher, wie er sagte, weil ihm noch nicht gut war. Er hat dann genau wie sonst auch, die Morgenstunden bis 8 Uhr in gewohnter Form im Gebet zugebracht. Tagsüber arbeitete er wieder und ging seinen Beschäftigungen nach, wie wenn gar nichts geschehen wäre.

Wer würde das wohl tun, ohne Abendbrot, weil ohne Appetit, - ohne die Erquickung des Schlafes - morgens noch mit nassem Hemd aufstehen und in der Kirche viele Stunden aushalten. Das sind doch deutliche und doch so unauffällige Beweise der heroischen Tugendübung und der starken Liebe zu Gott, die den guten Bruder beseelten. Für Ihn lebte er ganz.

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Das hl. Meßopfer
nach den Visionen von Br. KOSTKA

Als Br. Kostka seine Darlegungen über das hl. Meß­opfer abgeschlossen hatte, gab er, durch einige Fragen veranlaßt, die folgenden aufschlußreichen Erläuterungen. Sie sind ein Schlüssel zum Verständnis seiner Schauungen und seelischen Erlebnisse. Passend werden sie daher als Einführung an den Anfang gestellt.

Wer über 40 Jahre in der Schule des göttlichen Lehrmeisters Unterricht, sogar Anschauungsunterricht über religiöse Ge­heimnisse erhalten hat, kann heilsbegierigen Seelen manches sagen, was zur Erbauung dient, den Glauben stärkt, die Ehr­furcht und Liebe zum hl. Meßopfer mehrt und nahelegt, wie man den unendlichen Schatz der Eucharistie besser aus­nützt.

Zur Zeit der Reformation hat man das innere, sakramentale Geschehen des ewigen Hohenpriesters und seine Hingabe im Opfer geleugnet. Die Folge war, daß man die äußeren liturgi­schen Handlungen durch den Dienst der Priester als nutzlose Schale ohne Inhalt, ja als Pfaffendienst und Teufelswerk ver­schrie und fallen ließ. Es war infolgedessen nur noch ein kleiner Schritt, bis man auch das Sakrament der Priesterweihe zu Fall brachte und seit dieser Zeit ohne Opfer dem lieben Gott dienen wollte. Dieser Niedergang kann nur dadurch wieder vor Gott gesühnt werden, daß die hl. Messe, ihr inneres Wesen und das sakramentale Geschehen im Glauben erkannt wird. Die anschauliche Beschreibung dieses erhabenen Geschehens, wie es die nachfolgende Darlegung in einfachem Gewand gibt, kann dem Auge des Glaubens vieles erschließen.

 

ERLÄUTERUNGEN VON Br. Kostka

“Ich kann selbst nicht erklären, wie ich in der einen halben Stunde alle Leidens-geheimnisse sehen kann, die sich doch in Wirklichkeit in vielen Stunden abspielten. Ich kann auch nicht erklären, wie ich beim Hochamt, das über eine Stunde dauert, dasselbe sehe. Wohl dringt der Blick viel tiefer ein in die Geheimnisse, und der geistige Sinn erfaßt viel inniger das Leiden, wenn die hl. Messe nicht allzu schnell gefeiert wird. Diese Geheimnisse sehe ich zudem nicht mit den Augen des Leibes, sondern mit den Augen des Geistes. Denn wenn ich an den Sonn‑ und Feiertagen während des Hochamtes hinter einer Säule knie, sehe ich doch alles genau so klar, wie wenn ich selbst beim Altar stünde.

Das Wesen ist immer das gleiche, mag die hl. Messe lang oder kurz sein. Bei jeder hl. Messe treten die Einzelheiten der Passion vor meine Seele und vor das Auge des Glaubens und zwar so, wie sie sich in der Karwoche vollzogen haben.

Die handelnden Personen in der damaligen Tracht, mit ihren äußeren Bewegungen und oft auch in ihrer Herzensgesinnung treten vor das Auge des Glaubens. Ich nehme dann wahr, wie die Personen von der Hölle aufgepeitscht werden, wie sie in Wut geraten, wie sie ihre erregte Leidenschaft an dem unschuldigen Opferlamm auslassen. Ich sehe die Straßenbilder mit den orien­talischen Häusern. Ich sehe die nächtliche Beleuchtung durch Öllampen und Fackeln, die von Pech, Talg und Werg hergestellt waren.

Schon 40 Jahre lang sehe ich die Person unseres Herrn und Meisters und zwar bei jeder hl. Messe. Es ist immer das gleiche erhabene Geschehen. Aber das Alltägliche wird für mich niemals alltäglich. Es bleibt ewig neu wie am ersten Tag. Niemals kommt Langeweile auf, niemals Zerstreuung, im Ge­genteil, der Glaube dringt immer tiefer ein. Die Seele wird immer mehr gehoben von der unendlichen Erhabenheit der hl. Messe. Sie ist ja wirklich das Größte und Höchste, was Himmel und Erde besitzen.

Beim hl. Opfer sehe ich die hl. Menschheit (Jesu) in ihrem Leidenszustand niemals von der Gottheit getrennt, son­dern mit ihr vereinigt. Die Gottheit durchdringt ganz und gar die Menschheit, führt und gebraucht sie als Werkzeug. Übri­gens sehe ich auch die zweite Person nicht allein, sondern immer die drei göttlichen Personen in unzertrennter Einheit. Gott ist es, der in der Menschheit handelt und leidet. Darum haben alle Handlungen und Leiden Jesu einen unendlichen Wert. Im gewöhnlichen Zustand kann man sich gar keinen Begriff von der Größe und Unendlichkeit des Opfergeheimnis­ses machen. Es fehlen einem wirklich alle Worte und Ausdrücke, um diese geheimnisvolle Welt auszusprechen.

Die innere Wahrnehmung, daß Christus als Opferpriester und Opfergabe bei der hl. Messe durch Seine Todesleiden der Gottheit eine unendliche Freude bereitet, daß Er Himmel und Erde versöhnt, und daß Er dem ewigen Vater alle Ehre und Herrlichkeit verschafft, ist für die Menschennatur ein unbe­schreiblicher Trost. Darum schätze ich das hl. Meßopfer über alles und versäume niemals eine hl. Messe, wenn ich irgendwie Gelegenheit habe und abkommen kann. Die Hingabe Christi an Sein Leiden und die Mitwirkung der Gottheit ist etwas, was man nie ganz begreifen kann. Wenn die Menschen diese Geheimnisse sehen könnten, würden sie sicher nicht sündigen.

Die Liturgie der hl. Messe und die innere Erneuerung des Opfer‑ und Kreuzestodes Christi sind in der äußeren Form verschieden, aber sie sind innerlich ein einheitliches Ganzes. In wundervoller Harmonie erneuert sich das Kreuzesopfer mit den liturgischen Zeremonien der hl. Messe.

Die göttliche Weisheit hat es gut eingerichtet, daß sie uns Menschen die Schmerzen und Leiden unseres Hauptes verborgen hält. Dadurch wird das menschliche Empfinden geschont. Nur wenige könnten den Anblick dieser unendlichen Leiden ertragen.

Sähe ich nur die leidende Menschheit ohne die Mitwirkung der Gottheit, so würde ich diesen Anblick auf die Dauer ebenfalls nicht ertragen können. Das Mitempfinden der unmenschlichen Tyrannei und Folter, die furchtbare Erniedrigung, Demüti­gung, Schmach, die unserem unschuldigen Herrn angetan wird, müßte in jedem Beschauer eine beinahe tödliche Traurigkeit auslösen. Wer sollte bei diesem Miterleben tagsüber auch nur eine Stunde froh sein können? Aber sobald man der erhabenen Wirkungen dieser Leiden durch die hl. Messe inne wird, durchströmt die Seele eine große, unbeschreibliche Freude.

Die Absichten Gottes beim hl. Opfer werden sicher nicht ganz erfüllt, wenn die zelebrierenden Priester und die Gläubi­gen nicht auch der Leiden und des Sühnetodes Christi gedenken. Gerade auf diesen Umstand macht der Völkerlehrer aufmerk­sam, wenn er den Christen zuruft: 'Sooft ihr von diesem Brot eßt und den Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis Er wiederkommt.' [1. Kor 11,26]

Einmal in einer Stunde der Anbetung vor dem Allerheiligsten dankte ich Gott für den unendlichen Schatz der hl. Messe. Ich dankte noch besonders , weil Er mir Seinen hl. Willen kundgetan hatte, daß ich mich offenbare solle, um den Schatz des hochwürdigsten Gutes bekanntzumachen. Da vernahm ich das eindrucksvolle Wort: `So viele hl. Messen werden gelesen, so viele hl. Messen werden besucht, aber wie wenig wird meines Leidens und Todes gedacht.'

Das Opferlamm für unsere Sünden hat uns um einen sehr teuren Preis erkauft und Sein Leben für uns dahingegeben. Es gereicht Ihm jedenfalls zur Genugtuung, wenn wir dankbaren Herzens Seines Opfertodes gedenken und bei der hl. Messe unse­rem Geist Seinen Tod gegenwärtig halten.”

“Der Herr hat... beim Letzten Abendmahl, in der Nacht, da Er verraten wurde, der Kirche, Seiner geliebten Braut, ein sichtba­res Opfer hinterlassen. Durch dasselbe soll dargestellt werden jenes blutige Opfer, das Er einmal am Kreuz vollzog; das eine soll das Gedächtnis des anderen bis zum Ende der Weltzeit festhalten; es soll uns die heilbringende Kraft zuwenden zur Vergebung der Sünden, die von uns täglich begangen werden.” [Konzil von Trient D 938]

 

DIE VORMESSE - der WORT- und GEBETSGOTTESDIENST

Die liturgischen Handlungen der Vormesse bis zur Opferung nach dem altehrwürdigen römischen Ritus, wie er zu Zeiten von Br. Kostka gefeiert wurde und von Papst Benedikt XVI. 2007 wieder allgemein erlaubt wurde:

Stufengebet mit Schuldbekenntnis, Altarkuß nach dem Auf­stieg, Inzensierung des Altares und des Zelebranten beim Levi­tenamt. Introitus - Eingangsgebet, Kyrie, Gloria, Tagesgebet, Lesung mit dem Zwischengesang, Alleluja oder Traktus; bisweilen eine Sequenz. Evangelium mit Inzens beim feierlichen Hochamt. Credo.

 

DAS INNERE, SAKRAMENTALE GESCHEHEN

Mit dem Ausdruck “inneres, sakramentales Geschehen” soll hier der Anteil bezeichnet werden, den der Gottmensch Jesus Christus in höchst eigener Person übernimmt. Er ist ja als Hoherpriester der Opfernde; Er erneuert seine Opferhandlung, indem Er Seine Erlösertat der göttlichen Majestät lebendig vergegenwärtigt (“repraesentat”, sagt das Konzil von Trient).

Wer nun durch die Gnade der Beschauung bei der hl. Messe Augen‑ und Ohrenzeuge der Passionsliturgie wird, nimmt das innere, sakramentale Geschehen so wahr, wie es historisch zum ersten Mal am Karfreitag vor sich ging. Er sieht die historischen Orte, die historischen Personen, die historischen Handlungen in der damaligen Zeit.

Die hl. Messe ist darum die Erneuerung der gottmenschli­chen Opfertat in der innigsten Verbindung, in der untrennbaren Einheit mit den liturgischen Handlungen.

Br. Kostka gehörte zu den Glücklichen und Begnadeten, welche das Passionsdrama bei jeder hl. Messe sehen konn­ten. Durch die Gnade der Beschauung der äußeren Welt gleich­sam entrückt und mit dem “lebendigen Licht der Gott­heit” ausgerüstet, begleitete er den ewigen Hohenprie­ster, wenn Er “jenes blutige Opfer, das Er einst am Kreuz vollzog” [Konzil von Trient], nun unblutigerweise sakramental erneuerte.

Seine kurze Beschreibung ist sehr geeignet, die geheimnisvol­len Vorgänge der hl. Messe dem Auge des Glaubens aufzuschließen, in die innere Passionsliturgie einzuführen und die Gnaden‑ und Segensquellen der hl. Messe besser kennenzulernen, um Segen und Heil daraus zu schöpfen.

 

STUFENGEBET UND INTROITUS

Br. Kostka berichtet: “Beim Gang des Priesters zum Altar beginnt bei mir die innere Schau. Ich sehe den Heiland in menschlicher Gestalt, so wie Er auf Erden wandelte. Er schrei­tet dem Priester mit dem Kreuz auf den Schultern voran, um anzuzeigen, daß das Kreuzesopfer beginnt. Zu gleicher Zeit wird die himmlische Mutter sichtbar. Ihre Anwesenheit macht mir alles so traut und lieb, weil ich mich so gern von der Hand der Mutter führen lasse. Die Priestermutter geht dem Zelebran­ten zur Rechten. Zu seiner Linken befindet sich sein priesterli­cher Schutzengel. Diese Szene ist für mich schon ein ungemein feierlicher Anblick.

Am Altar angekommen, nehmen Engel das Kreuz Christi entge­gen. Der Heiland steht mit dem Gesicht zum Priester gewandt auf der oberen Stufe. Er nimmt das Sündenbekenntnis entgegen. Nach dem reumütigen Bekenntnis des Priesters spricht der ewige Hohepriester den Zelebranten von den Sünden los, eben­so durch den Mund des Priesters das gläubige Volk, wenn die Anwesenden in Reue und Demut ihre Sünden erkennen und bekennen.

Das Confiteor hat einen tiefen Sinn und die Absolutionsworte werden Wirklichkeit, sobald die Vorbedingung gegeben ist.

Bei der Einsetzung des hl. Meßopfers hat Christus alles ungemein weise eingerichtet. Könnten doch nur alle Gläubigen in der Kirche sehen, was vor sich geht; wie würden sie staunen!

Der erste Teil der hl. Messe bis zur Opferung ist stark auf das Sündenbekenntnis eingestellt, das Sühnopfer soll die Heili­gung bewirken und bringt dadurch uns Menschen Gott näher. Die Kirche hält dem opfernden Heiland die Sündenlast der ganzen Welt entgegen und fleht um Verzeihung. In diesem Zeitabschnitt wird mir die Bosheit der Sünden recht klar, da diese dem Gotteslamm das Blut auspreßt und ihn zum Leiden, ja zum Tod für das gefallene Menschengeschlecht bewogen hat. Die Gerechtigkeit Gottes fordert für die Beleidigung Sühne und Genugtuung. Wir Menschen können sie ohne den Heiland nicht aufbringen. Welch ein großes Werk ist die Entsühnung der Menschen! Wie schwer aber ist diese Sühne dem Gottessohn geworden!

 

VERRAT DES JUDAS

Wenn der Priester oben am Altar angelangt ist, beginnt die Passion unseres Mittlers und für mich ihre Anschauung. Judas erscheint mit den Schergen, tritt an den Heiland heran und gibt Ihm den Kuß. Der Verräterkuß des Judas fällt zeitlich mit dem Altarkuß des Priesters zusammen.

Nun sehe ich alles, was vom Heiland im Evangelium geschrie­ben steht; alles tritt gegenständlich vor mein Geistesauge, genau so, wie es sich am Karfreitag abgespielt hat. Ich sehe den Übereifer des Apostels Petrus, wie er mit dem Schwert drein­schlägt und das Ohr des Malchus abschlägt. Es ist eine recht aufregende Szene, besonders weil alles in der unheimlichen Nacht beim Fackelschein noch grauenhafter wirkt. Die Apostel sind innerlich sehr bewegt und ratlos.

 

DIE GEFANGENNAHME JESU

Auf die Frage Jesu 'Wen sucht ihr' fallen die Schergen rück­lings zu Boden, gerade als wenn ein Strahl, vom Herrn ausge­hend, sie niederwürfe. Der göttliche Dulder ergibt sich nun freiwillig in die Hände der Sünder und läßt sich binden. Ganz erschütternd ist für mich immer der tiefere Blick in das Seelen­leben der Bösewichte. In Wahrheit ist es ja die Hölle, die jene Schergen zum Handeln antreibt und sie in ihren Leidenschaften bis zur Grausamkeit aufstachelt. Die Leidenschaft öffnet dem bösen Feind das Menschenherz und macht es zum Tummelplatz der schlimmsten Instinkte.

Die Abführung (Jesu) hat etwas sehr Unheimliches. Keiner traut eben dem anderen. Die Menschenfurcht hält alle in Ban­gigkeit hin und hindert die Bösewichte, offen ihre wahre Gesin­nung zu äußern. Der Zug mit dem armen Gefangenen durch die Straßen ist recht geräuschvoll und lärmend. Viele Leute eilen erschreckt aus ihren Häusern, um sich nach diesen Ereignissen zu erkundigen. Ich sehe auch, wie manche Leute Kinder auf den Armen tragen. Die Pharisäer haben viel Arbeit. Sie drängen da und dort die sich ansammelnden Männer zurück, bestechen andere und treiben immer wieder die Schergen an, den Herrn zu Annas zu bringen, und zwar so rasch wie möglich.

Eine unendliche Fülle von Bildern tritt vor mein Auge. Ich sehe die Straßen, die anliegenden Häuser, die Konstruktion der runden Bogen, die Kleidertracht der damaligen Zeit. Aber diese äußeren Dinge fesseln mich nicht stark. Meine ganze Aufmerk­samkeit und mein Interesse ist auf den leidenden Heiland gerich­tet.

 

VERHÖR BEI ANNAS

Annas ist seit langem als die Seele der Verschwörung mit großer Bosheit und Erbitterung tätig gewesen. Jesus wird gebunden vor diesen leidenschaftlichen Menschen geführt. Gleichgesinn­te böse Juden sitzen Annas zur Seite. Ich sehe, wie der Haß diese Bösewichte eint und andererseits auch wieder wegen der Ver­schiedenheit der Auffassung innerlich zerreißt und entzweit. Damals war es so, wie es auch heute noch ist.

Annas hat beim Anblick des so ganz verunstalteten Herrn sehr große Schadenfreude. Er sprüht förmlich vor Wut und über­schüttet den Heiland mit einer Flut von Fragen. Lange Zeit gibt Christus keine Antwort, obwohl Er zur Antwort aufgefordert wird und von den Schergen, diesen Augendienern, durch Stoßen und Zerren zum Reden gebracht werden soll. Er hat keinen ruhigen Augenblick. Nicht nur die bösen Menschen sind gegen Ihn losgelassen, sondern in dieser Stunde der Finsternis auch die ganze Hölle.

Bei diesem Drängen, um eine Antwort zu erpressen, schlägt ein verkommener Diener mit einem eisernen Handschuh dem Herrn ins Gesicht. Dieser Backenstreich war für unseren lieben Mei­ster nicht nur eine große Schmach, sondern auch sehr schmerz­lich. Das Blut rinnt Ihm von der Wange. Ich habe bei diesem Anblick und der Betrachtung dieser Vorgänge viel Mitleid mit dem Erlöser. Es scheint, daß diese Mißhandlung einer der schmerzlichsten Augenblicke war, den der Unschuldige in der Nacht leiden mußte. Er fiel auch noch zu Boden, weil die Schergen unter höhnischem Lachen den Gebundenen so schlimm herumzerrten, daß Er sich nicht aufrecht halten konnte. Trotz­dem blieb der starke Gottesstreiter sanft und gelassen. Er war ohne Groll und ohne jede Bitterkeit, als man Ihn verlachte und sich über Ihn lustig machte, weil Er durch das herabfließende Blut so ganz entstellt war. Viele Anklagen von Seiten der Bösewichte wurden noch dem Herrn entgegengehalten, auf die Er aber keine Antwort gab.

Annas hatte keine Macht über Jesus. Ärgerlich und widerwillig und doch wieder in Schadenfreude erregt, läßt er - halb zufrie­dengestellt - den Unschuldigen in später Nachtstunde zu Kai­phas bringen.

 

JESUS BEI KAIPHAS

Im Haus des Kaiphas ist ein großer, geräumiger Saal, ziemlich quadratisch. In ihm kommt das Synedrium zusammen. Da haben nicht nur die 70 Ratsmitglieder, sondern noch mehr Leute Platz. Der Hohepriester hat seinen Sitz in der Mitte des Saales auf einem etwas erhöhten Platz. Um ihn herum, etwa in einem Halbkreis, sitzen die Schriftgelehrten, Ratsherren und Pharisä­er. Es dürften schätzungsweise mehr als 50 Männer in jener Nacht versammelt gewesen sein. Auch Nikodemus und Joseph von Arimathäa waren anwesend.

Kaiphas ist ein Mann von mittlerer Größe und kräftigem Kör­perbau. Er hat den Vorsitz und hat seine hohepriesterliche Amtskleidung angelegt, mit dem Brustschild (Ephod), auf dem die Namen der 12 Stämme Israels in ebenso vielen Steinen eingraviert sind. (Br. Kostka fragt hier etwas unsicher, ob diese Inschriften etwa die 10 Gebote seien).

 

DAS ZEUGENVERHÖR

Das Zeugenverhör, das als Mittel der Verurteilung ausgedacht war, nahm lange Zeit in Anspruch und brachte ein großes Durcheinander. Weit über ein Dutzend käuflicher und charak­terloser Männer war erschienen, um gegen die Wahrheit mit ihren Einfällen und Lügen anzugehen.

Oft traten Pausen ein, weil im Hohen Rat Besprechungen stattfanden. Oft entstanden leidenschaftliche Diskussionen, sowohl der Ratsherren unter sich als auch der Pharisäer mit den Zeugen. In großer Eile zusammengeholt, konnten diese Männer gar nicht erst ausgefragt werden, was für Klagen sie eigentlich hatten. So kam es denn, daß die Aussagen der vorausgehenden Zeugen den Behauptungen der Nachfolgenden schnurstracks widersprachen und als Lüge entlarvt wurden. Die Komödie wurde immer offenbarer und durchsichtiger. Sie verstimmte am Ende alle.

 

DAS MESSIAS‑BEKENNTNIS DES HEILANDES

Kaiphas war mehr als andere durch den Wirrwarr verärgert und suchte nach einem Ausweg. Mit großem Nachdruck richtet er nun an den Herrn die Frage und die Beschwörung, Er solle sagen, ob Er Christus und Gottes Sohn sei. Es entstand in diesem Augenblick eine große Stille. Alle fühlten die Bedeutung dieser Frage und schauten gespannt auf Jesus, der geduldig vor ihnen stand, die Augen zur Erde gesenkt.

Bei dieser Beschwörung nun schaute der Heiland auf. Er blickte dem Hohenpriester fest ins Auge und erklärte ganz feierlich und mit kräftiger Stimme, ja mit einer ganz eigenen Majestät in seiner Haltung: 'Ja, Du sagst es! Ich bin es. Von jetzt an werdet Ihr den Menschensohn zur Rechten des Allmächtigen sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen.'

Von der Person des Herrn gehen zu gleicher Zeit Strahlen der Gnade und Erleuchtung aus. Christus wollte durch Seine Worte, Seine Erleuchtung und Sein Gnadenangebot alle zum Nachden­ken zwingen.

In der Tat hatte das Messiasbekenntnis unseres Herrn eine ungewöhnliche Wirkung. Über manche der Anwesenden kam Sorge, Angst und Bangigkeit. Sie wurden erschüttert und fühl­ten die Sprache des Gewissens. Die Sache kam ihnen sehr peinlich vor. Diese Verantwortung wollten sie nicht überneh­men. Einige verließen, tief in sich gekehrt, den Saal. Die seeli­sche Erschütterung bei einer Reihe von Anwesenden war sicher nicht geringer als die Erschütterung jener, die am Ölberg zu Boden geworfen wurden. Das Machtwort Christi war im Saal eben noch majestätischer und durchdringender. Das Wort Got­tes war wie ein zweischneidiges Schwert; es war lebendig und durchdrang die Seele.

Die ganze Hölle fühlte die Wirkung dieses Machtwortes Christi. Die Teufel, die im Saal anwesend waren, verstummten im Augenblick. Diese Antwort Christi, die sie wie ein Todesstoß traf, hatten sie nicht erwartet. Sicher hätten sie die Frage des Kaiphas verhindert, wenn sie nur eine Ahnung von dieser Wirkung gehabt hätten. Die göttliche Vorsehung war es selbst, die den Hohenpriester zu dieser Fragestellung getrieben hatte.

Es mußte alles so kommen, weil es die göttliche Vorsehung genau so wollte. Nach dem ersten Schrecken suchten die Teufel ihre Niederlage wieder auszuwetzen. Ihr Stolz bäumte sich ungeheuer auf; sie waren wie rasend, liefen, meinem geistigen Auge sichtbar, wie schwarze und scheußliche Tiergestalten unruhig hin und her und stachelten die Leidenschaften der Verkommenen von neuem an. Bei Kaiphas hatten sie ein leichtes Spiel. Dieser war ein Halbdämon und in Sünden und Verblendung festgebunden. Sie lassen ihn in jenem Augenblick ihre Verachtung fühlen. Es war gerade, als wenn sie ihn strafen wollten, weil er eine in ihren Augen so dumme Frage gestellt hatte.

Der Anblick dieser höllischen Geister ist sehr furchtbar und aufregend. Wenn die Nähe Jesu nicht die Seele ruhig hielte, würde man lange an diesem Schrecken tragen. Furchtbar ist es sodann, sehen zu müssen, wie die Teufel in solch entscheiden­den Momenten die Menschen knechten, aufstacheln, überreden und die höllische Wut in sie hineintragen. In jener Nacht kostete es sie viele Mühe, ihre Sündenherrschaft über die Bösen zu behaupten, weil sich immer wieder manche ihrem Einfluß zu entziehen trachteten und keinen Mut fanden, gegen Jesus bis zum Äußersten zu gehen.

 

DAS TODESURTEIL ÜBER JESUS

In diesem Moment der Unsicherheit griff Kaiphas ein, um durch sein energisches Auftreten die Schwankenden wieder umzubie­gen. Er zerriß sein Oberkleid, oben an der Brust, so daß ein langer Riß in dem feingewebten Stoff entstand. Dabei erhob er sich von seinem Sitz und sprach mit lauter, aufgeregter Stimme: `Er hat Gott gelästert.' Er wandte sich sowohl seitwärts an die Ratsherren als auch an die anderen Anwesenden und fragte mit aufgeregter, zitternder Stimme: 'Habt ihr nun die Gottesläste­rung nicht selbst gehört?' Es folgte rasch Satz auf Satz, ohne Unterbrechung. Sein ungestümes Drängen und die neue Frage: `Was dünkt euch?' reißt zuerst die erbitterten Gegner Jesu mit fort, jene, die bereits verhärtet waren, dann auch die anderen. Eine kurze Stille wurde bald unterbrochen durch die Erklärung: `Er ist des Todes schuldig!'

Christus ist gesetzt zur Auferstehung, aber auch zum Fall für viele. Jene, die sich gegen die Gnade auflehnten, wurden am tiefsten in den Abgrund der Bosheit hinunter gedrückt. Der Fall war in jener Stunde am schlimmsten. Sie rissen nun auch andere, schwächere Seelen nach sich, die etwas furchtsam schwankten. Der Ruf im Chor wurde immer stärker, nicht nur von jenen, die aus Überzeugung und aus Bosheit den Herrn zu vernichten suchten, sondern auch von den anderen, die mehr aus Menschenfurcht mitmachten und den Ruf verstärkten: 'Er ist des Todes schuldig!'

Der triumphierende Stolz kam scheinbar auf seine Rechnung und zum Ziel. Er wollte eben dem Herrn aus Haß alle nur mögliche Schmach antun. Der Vernichtungswille wollte das Lebens‑ und Erlösungswerk Christi moralisch vollständig ver­nichten. Alle Seine Wunder, alle Lehren, alle Wohltaten sollten in Vergessenheit gebracht werden. Man wollte den Herrn dem Spott, der Verachtung, dem Kopfschütteln der Gegenwart und der Zukunft preisgeben. Rein nichts sollte von Ihm übrigblei­ben.

Die aufgestachelte Wut und Leidenschaft wollte den Herrn auch physisch töten und in einer Weise aus der Welt schaffen, daß niemand ohne Erröten und Scham von Ihm sprechen könne. Und trotzdem waren alle Feinde Christi wie in Ketten geschlagen und ärgerten sich sehr, daß sie den Herrn nicht aus eigener Macht töten konnten. Sie ärgerten sich, daß sie vom römischen Landpfleger abhängig waren, ärgerten sich, weil der Heiland im Volk so viele Anhänger hatte, und weil es so schwer war, einen so mächtigen Propheten mit Seinem ganzen Lebenswerk abzutun.

Die hl. Schrift berichtet drei verschiedene Verspottungen: Erstens die Verspottung in der Nacht bei Kaiphas [Mt 26,67‑68, Mk 14,65 und Lk 22,63‑65]. Die zweite Verspottung geschah morgens in verschärfter Form bei der Dornenkrönung [Mt 27, 27‑30, Mk 15,16‑19 und Joh 19,2‑3]. Die dritte, allerschlimmste und allerschmerzlichste Verspottung mußte Christus sterbend am Kreuz hinnehmen, als Er nicht nur von Soldaten, sondern auch von den Hohenpriestern und der umstehenden Männerwelt aufs tiefste gekränkt und verspottet wurde [Mt 27,39‑43, Mk 15,29‑32; Lk 23,35‑37].

 

DIE VERSPOTTUNG

Man wird nicht leicht einen Maßstab finden, um die Größe des Schmerzes und der Schmach zu ermessen, die Jesus schon in jener Nacht vor Anbruch des Morgens erduldet hat. Die Ver­spottung hat in Jesu heiliger und empfindsamer Seele die tief­sten Wunden aufgerissen. Schon das Vorgefühl der Verspottung war Ihm so schmerzlich, daß Er die Verhöhnung zum Gegen­stand der Voraussage machte: 'Sie werden Ihn den Heiden zum Spott und zum Hohn ausliefern.' [Mt 20,19]

Wer die widerlichen Spottszenen in jener Nacht auch nur mit einem ganz flüchtigen Blick gesehen hat, der versteht, warum unser Herr und Hei­land in Seinen Vorhersagen gerade die Verspottung der Heiden mit aufgenommen hat. Nach dem lauten Rufen 'Er ist des Todes schuldig' hielt Kaiphas Besprechungen mit Einzelnen und manchmal mit größeren Gruppen. Er war nicht immer im Sitzungssaal, sondern verließ ihn öfter. Den Heiland übergab er den Schergen.

Die Verspottung ging von den rohen Henkersknechten aus. Diese sollten ihren hohen Herrn zu Gefallen sein und im Ein­klang mit dem Todesurteil schon die Vorarbeit leisten. Die Verspottung durch diese Blutmenschen hat lange Zeit in An­spruch genommen. Man sollte es wirklich nicht für möglich halten, daß der Mensch so tief in den Abgrund sinken kann. Wie stark muß die rohe Leidenschaft aufgepeitscht sein, wenn ein mit Vernunft begabter Mensch Freude und Genugtuung empfin­det und alles edle Empfinden vergessend einem Unschuldigen Schmerz bereitet und sich sogar am Schmerz weidet.

 

DIE KÖRPERLICHE MISSHANDLUNG

Die bestialischen Menschen versetzen dem Herrn starke Faust­schläge. Am liebsten hätten sie Ihn gleich totgeschlagen. Sie mißhandeln den Heiland mit Fußtritten der rohesten Art. Dabei nimmt das Stoßen, Zerren und Reißen gar kein Ende. Sie gebrauchen auch eigene Instrumente zum Schlagen und Stoßen, so daß der Schmerz immer empfindlicher wird. Sie speien dem Reinen ins Antlitz, und zwar nicht nur das eine und andere Mal, sondern nach Pausen immer wieder aufs neue. Das Haupt und das Gesicht sind schließlich ganz entstellt, und keine Schönheit ist mehr an Ihm. Dieser jämmerliche Anblick erregt jedoch nicht das geringste Mitleid in den rohen Henkersknechten. Im Gegenteil, die Entstellung reizt die Leidenschaft zu erhöhten Wutanfällen und Erfindungen der Bosheit. Kaiphas, der hie und da in den Sitzungssaal tritt, stachelt die Bosheit der Blutmen­schen noch mehr an.

Zu den körperlichen Leiden kommen die seelischen Martern, die durch den Hohn und Spott niedrigster Art furchtbar sind. Ohne das Treiben der anwesenden Teufel wären gewöhnliche Menschen sicher nicht auf all die Erfindungen satanischer Bosheit verfallen. Die Schmähungen, Verwünschungen, Gottes­lästerungen nahmen gar kein Ende und ergossen sich wie ein Strom von Unrat in die Seele des reinsten und unschuldigen Gotteslammes. Die Lehren Jesu werden verdreht, und manche Worte wurden zu Spottversen umgebildet. Es ist kaum zu begrei­fen, wie diese gemeinen Henker auf all jene Verhöhnungen verfallen konnten. Sie verhüllten auch mit schlechten, unreinen Lumpen das Angesicht unseres Herrn und sprachen hohnla­chend: 'Wer hat Dich geschlagen?'

Die Widerwärtigkeit der Szene ist kaum anzusehen. Es verläßt daher auch eine Reihe von Menschen den Saal: die rohe Grau­samkeit trieb sie hinaus. Sie besprechen sich und erklären, wie aus einem Mund, das gehe nun doch viel zu weit. Sie wollten nichts mehr mit dieser Sache zu tun haben.”

 

Einige Seiten der Aufzeichnungen sind bei dem Umzug von St. Wendel verloren gegangen. Da nun auch das handschriftliche Original durch den Krieg zugrunde ging oder wenigstens nicht mehr zu finden ist, kann die Lücke hier nicht ausgefüllt werden. So fehlt z.B. die Leidensszene über die Verleugnung des Apo­stel Petrus.

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TAGESGEBET UND LESUNG -
GANG ZU PILATUS UND HERODES

Br. Kostka: “Am frühen Morgen geht Kaiphas mit dem Hohen Rat zu Pilatus. Der Zug mit dem leidenden Heiland ist recht lärmend: Das Ungewöhnliche zieht viele Menschen auf die Straße, die sich in Neugierde erkundigen, in Gruppen stehen bleiben und den Zug zum Gegenstand ihres Gesprächs machen. Ich sehe viele Übelwollende, aber auch mitleidige Seelen.

Der ganze Troß der jüdischen Magnaten ist voller Ärger, weil sie in der Nacht wegen des Widerspruchs der Zeugen nicht zum Ziel kamen. Sie lassen nun ihren Verdruß am Herrn aus, treiben die Büttel an, drängen sich bisweilen zwischen die Gruppen der Neugierigen und peitschen alle auf. Traurig ist das Bild, wie der Unschuldige von den Henkersknechten so hin‑ und her gezerrt wird, der in der gebundenen Haltung wehrlos ausgeliefert ist. Ohne es zu wissen, werden alle jene, die so stürmisch mit Fluchen, Poltern und Schimpfen vorandrängen, von der Hölle angetrieben und dirigiert.

 

BEI PILATUS

Nachdem der Zug bei Pilatus angelangt und die Sprecher ihre Anklagen vorgebracht haben, bespricht sich Pilatus allein mit dem Herrn. Der römische Landpfleger ist ein ruhiger Mann, anscheinend in reiferen Jahren, vielleicht zwischen 50 und 60. Von seinen Soldaten umgeben, beherrscht er anfangs noch die ganze Lage. Im Verhör, das zwischen Pilatus und unserem Heiland stattfindet, wird die Königsfrage besprochen, wie es die hl. Schrift ausführlich berichtet. Die ganz überlegene Ruhe und Geduld des angeklagten Herrn macht auf den römi­schen Soldaten einen sehr tiefen Eindruck. Pilatus ist gegen Christus nicht übelwollend, wohl aber scheu; er hat eine un­heimliche Angst vor diesem Mann, von dem er schon so vieles gerüchteweise gehört hatte. Den König, der ein Reich nicht von dieser Welt hat, fürchtet er nicht. Er ist von seiner Unschuld überzeugt und ahnt, daß ein Mann ungewöhnlicher Art vor ihm steht. Wäre es auf ihn allein und persönlich angekommen, er hätte Christus sofort auf freien Fuß gesetzt. Es steigt schon bei diesem ersten Zusammentreffen ein starker Ärger und Verdruß gegen die Juden in dem Herzen des Landpflegers auf und äußert sich bald in einem etwas gereizten Ton gegen die jüdischen Wortführer.

Dieser gereizte Ton und die ausdrückliche und offene Erklä­rung des obersten Verwaltungsorgans 'ich finde keine Schuld an diesem Menschen' bringt die Juden in die größte seelische Erregung und Wut. Die Feinde Christi sehen sich ferner denn je vom Ziel, fühlen ihre Niederlage und ärgern sich über die öffentliche Blamage. Im ersten Augenblick rufen alle wirr durch­einander.

 

TIEFERER BLICK IN DIE SÜHNELEIDEN JESU

Die äußeren Vorgänge sind nicht jene Dinge, die mich am meisten fesseln. Aber da ich sie nun schon lange, etwa 40 Jahre, bei jeder hl. Messe sehe, sind sie mir geläufig und ver­ständlich. Am meisten wird mein Geist hingehalten und in Mitleid ergriffen durch die seelischen Leiden Jesu, die wirklich unaussprechlich sind. Dieser tiefere Blick in das große Drama des Leidens und Sühnens ist oft ganz erschütternd. Die wilden Anklagen, die Verstocktheit und Bosheit des auserwählten Vol­kes, die Lügen und der Stolz dringen wie Pfeile auf den Herrn ein. Die Wahrheit, ja die persönliche Wahrheit wird zu Boden getreten, und die Lüge triumphiert; das ist es, was dem Herrn am meisten schmerzt.

Für alle diese Lügen, für die Bosheit, Verkehrtheit und Ver­stocktheit der Menschen büßt der arme Heiland und bietet dem himmlischen Vater Seine Leiden als Ersatz an. Er büßt für alle Zeiten und für alle Lügen, Unwahrhaftigkeit und Verstellung der geblendeten und irregeleiteten Bösewichte. Er büßt für die Menschenfurcht, die so oft in der Geschichte Anlaß und Ursa­che der ungerechten Urteile ist und des namenlosen Schmerzes, das die Ungerechtigkeit im Gefolge hat. Wie ungemein schmerz­lich berührt die Erkenntnis des Unrechts, der Gefallsucht, der verlogenen Schöntuerei und Rechtsbeugung? Würde der Hei­land nicht von der Gottheit getragen und geleitet, Er könnte diesen unaussprechlichen Ansturm der Bosheit nicht aushalten und würde erliegen.

      

JESUS BEI HERODES

Pilatus hatte Weisung gegeben, den angeklagten Galiläer zu dessen unmittelbaren Vorgesetzten zu führen. Der Gang zum Palast des Herodes wurde ein neuer Kreuzweg voller Bitterkeit, denn unterwegs peinigte man den Herrn auf alle nur mögliche Weise. Es war die Wut und der Haß der Juden angestachelt und die Leidenschaften wurden immer tiefer aufgewühlt; sie wollten sich sättigen an ihrem Opfer, das so schuldlos alles Ungemach hinnahm.

Herodes ist von mittelgroßer, gedrungener Gestalt; er hat einen kräftigen Körperbau. Im Werturteil der Welt ist er der 'beste Mensch', d.h. er ist ein Weltkind und den Weltfreuden und der Eitelkeit ergeben. Er ist in Sünden verstrickt, weil er die Gnade abwies und die Frau seines Bruders zur Ehe genommen hatte. Die Unbußfertigkeit und die Verstocktheit hinderte ihn, dem Herrn geistig nahe zu kommen und diese Verstricktheit hinderte auch unseren Herrn, ihn in Gnaden anzunehmen. Ohne Buße und Reue gibt es eben keine Verzeihung und keine Aussöhnung mit Gott. Herodes fühlte sich durch das Entgegenkommen des römischen Landpflegers sehr geehrt. Er kam in eine ganz erregte Stimmung, war sehr geschäftig und machte sich in seiner königlichen Großmannssucht recht wichtig.

Herodes war dem Heiland nicht übel, sondern wohlwollend. Für sein Leben gern hätte er von ihm ein Zeichen und Wunder gesehen, und drängte ihn anfangs auch, vor seinen Augen ein Wunderzeichen zu wirken. Weil aber der Scheinkönig Herodes mit der Frau seines Bruders in Sünde lebte, würdigte der reine Gottessohn den verstockten Sünder auch nicht eines einzigen Wortes. Ebenso beantwortete Christus nicht seine Fragen. Das verdroß den Vierfürsten gar sehr; er fühlte heraus, daß Jesus ihn mit Verachtung behandle und strafen wolle. Nun suchte er Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Verurteilen aber wollte er den Herrn nicht; teils, weil er sich gegen den römischen Land­pfleger erkenntlich zeigen wollte, teils auch aus einer gehei­men, inneren Scheu heraus. Die Enthauptung des Vorläufers hatte ihm ohnehin manche, bange Stunde gekostet, und er glaubte sein Gewissen nicht noch mehr beschweren zu dürfen.

 

VERSPOTTUNG DES HERRN

Herodes ließ Jesus in einen Vorbau führen, ein weißes Spott­kleid überwerfen und gab ihn den Henkersknechten und Solda­ten der Leibwache preis. Er sah dem Treiben eine Zeitlang zu und behandelte die ewige Weisheit in Menschengestalt wie man einen Narren und Toren behandelt. Er wollte es den Heiland fühlen lassen, weil Er auf seine überschwenglichen Formen und Worte nicht reagierte. Die Verspottung und Mißhandlung des unschuldigen Gotteslammes war bisweilen so stark, daß der Heiland in ein leises Wehklagen ausbrach. Auf dem Rückweg zu Pilatus wurde die Verhöhnung fortgesetzt und dem zarten Her­zen immer neue Wunden geschlagen. Jeder kann es sich ja selbst vorstellen, wie ihm zumute wäre und wie er seelisch leiden würde, wenn er mit einem Spottkleid durch eine Großstadt geführt würde.

Bei Herodes muß der arme Heiland vor allem die Sünden des Ehelebens sühnen. Ein großer Sündenkomplex liegt hier vor, der sich auswirkt in den Nachkommen, in Uneinigkeit und Zerrissenheit der geschiedenen und verstoßenen Gattinnen. Der geistige Blick dringt tiefer ein und erschauert vor diesen Greueln, vor dem inneren Zusammenhang der Sünde und den furchtbaren Folgen.

Jesus duldet schweigsam. Er ist etwas gebückt und ganz in sich gekehrt; Er betet viel und sühnt mit Hingabe an die Qualen. Er erbarmt sich der Kinder, die in den zerrissenen Familien so bitter leiden müssen. Die Wollust, Weichlichkeit, die verkehrte Liebe der Leidenschaft und sittlichen Verirrung muß nun in Schmerz, Strenge und Bitterkeit vor Gott gesühnt werden. Was hat doch die Erlösung aus den Sünden unseren Herrn alles gekostet! Und wie wenige zeigen sich dem Erlöser für seine Opfer dankbar und erkenntlich!

Nun sind Jesu Wunden Balsam und Trost für Seelenleid und Herzenswunden, die durch Eifersucht und Verirrung der Liebe geschlagen werden; immer dann, wenn jemand sich in Vertrau­en in die Wunden Jesu flüchtet, empfängt er die geistige Medizin aus dem göttlichen Herzen.”

 

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EVANGELIUM UND CREDO

       RÜCKKEHR DES HERRN ZU PILATUS -
DAS VOLK VERLANGT JESU TOD

Br. Kostka: “Nach der Ankunft Christi bei Pilatus er­kannte dieser noch mehr als vorher die Unschuld des Angeklagten, da auch Herodes nichts gegen Ihn unternommen hatte. Es reifte in ihm der Entschluß, den unschuldig Verfolgten freizugeben. Pilatus stand höher oben auf einer Terrasse und erklärte dem zusammenströmenden Hohen Rat, daß weder er, noch Herodes eine Todesschuld gefunden hätten; er wolle also ihren Wundertäter freigeben. In dieser Suche nach einem Ausweg kam Pilatus auf den Gedan­ken, von seinem Recht Gebrauch zu machen und an Stelle eines anderen Menschen Jesus freizugeben.

Damals war der berüchtigte, rohe und verkommene Barabbas im Gefängnis. Derselbe war gefürchtet, weil er in einem Auf­stand einen Menschen getötet hatte. Pilatus setzte voraus und nahm als sicher an, daß das Volk bei einer solchen Gegenüber­stellung Jesus, den großen Wundertäter, begehren werde. Er sandte sofort zum Gefängnis, um diesen Verbrecher holen zu lassen. Aber sofort setzte auch die Wühlarbeit der Pharisäer unter dem Volk ein. Ich sehe eine sehr lebhafte Szene; es ist, als wenn alle eine feste Losung weitergäben. Der böse Feind aber übernimmt die Hauptrolle, fährt in die Menschen hinein und stachelt sie zur Wut und Rache an.

In diesem sehr kritischen Moment sehe ich, wie Claudia, die Gemahlin des Pilatus mit großer Kühnheit und Sicherheit vortritt und ihre Warnung anbringt, so wie es im Evangelium berichtet wird. Durch die mutige Haltung seiner Gattin läßt sich Pilatus wirklich beeinflussen und verspricht ihr die Freilassung; ja er gibt ihr sogar ein Pfand; er werde sein gegebenes Wort halten.

Inzwischen wird der Bandit Barabbas vorgeführt. Er wird neben den Herrn gestellt, der größer ist als der Übeltäter, aber eine etwas gebückte Haltung einnimmt. Barabbas hat einen struppigen Bart und ein wildes, verkommenes Aussehen; er macht einen ganz unheimlichen Eindruck. Hätten der Hohe Rat und die Pharisäer das Volk nicht aufgewiegelt und mit Geld bestochen, so hätte dasselbe, das sich unten in der Vorhalle herandrängte, sicher Jesus begehrt, den es als Wundertäter kannte. Aber die Verhetzung und Bestechung hatten das schein­bar Unglaubliche zustandegebracht.

Auf die Frage des Landpflegers, wen er freigeben solle, ent­stand eine furchtbar aufgeregte Szene. Mit stärkster Stimme, die vor Wut zittert, rufen die Pharisäer den Namen: Barabbas'. Andere Stimmen, weiter im Hintergrund rufen ebenso. Immer mehr aus dem Volk werden durch das laute Rufen gegen den Herrn gestimmt und erliegen der Beeinflussung durch die Mas­se, die alle mit sich reißt. Einige Mitleidige, die dort stehen, verlieren allen Mut und niemand wagt in diesem Tumult, seine Stimme für den Unschuldigen einzusetzen.

Pilatus ist über diese Wendung ungemein erstaunt und wird verwirrt. Von seinem Gewissen gedrängt, will er sich für den Herrn einsetzen und ruft nach einer Pause: 'Was soll ich denn mit Jesus machen.' Alle rufen, wie aus einem Mund und doch wieder im Durcheinander: 'Kreuzige ihn!' Wiederum läßt sich Pilatus vernehmen: `Was hat er denn Böses getan?' Das Rufen wird noch anhaltender und immer schrecklicher: 'Ans Kreuz mit ihm!'

 

BLICK IN DAS SÜHNELEIDEN JESU

Der Schmerz Jesu ist unbeschreiblich groß. Wir Menschen können ihn nicht verstehen, weil wir bis zu einem solchen Abgrund der Verworfenheit nicht dringen. Es hat dem Erlöser sehr weh getan, daß er einem Mörder nachgesetzt wurde und daß es noch das auserwählte Volk war, das seinen Gott verwarf. Es verlangte unschuldiges Blut und obendrein einen grausamen Tod. Jesus hat ein feinfühlendes Menschenherz und litt unaus­sprechliche Pein in seiner Seele bei dieser undankbaren Be­handlung.

 

DER GÖTTLICHE DULDER

Himmel und Hölle ringen miteinander. Die Barmherzigkeit und die Gerechtigkeit Gottes begegnen sich. Doch die Barmher­zigkeit geht über alle Seine Werke, und sie siegt. Aber sie siegt nur um den Preis unendlicher Leiden des göttlichen Dulders. Der Heiland verlangt nach der Rettung der unsterblichen See­len und sieht in den Leiden die Mittel, um der göttlichen Gerechtigkeit genugzutun. Er nimmt alle Schmach, alle nur möglichen und denkbaren Schmerzen auf sich aus Liebe zu Seinem Vater und aus Liebe zu den Seelen. Für uns Menschen ist es ganz unmöglich, diese Hingabe Gottes an das Leiden zu verstehen und zu würdigen. Es kränkt Ihn auch bitter, daß man dem Zeugnis Seiner Wahrheit kein Gehör schenkt, daß man Sein Messiasbekenntnis mit der Todeserklärung beantwortet, daß man Seine Königswürde in den Staub zieht. Er leidet mit einer unglaublichen Geduld. Er bleibt ruhig, ist nie verbittert, stößt keine Drohung aus, schmäht nicht. Er ist nur darauf bedacht, wie Er durch die Hinnahme der Leiden Gott versöhnt. Könnten die Menschen dieses hehre Schauspiel, die Geduld und die Hingabe Christi an das Leiden doch einmal sehen! Wieviel könnten sie daraus für die geduldige Annahme der täglichen Widerwärtigkeiten lernen.

Ohne die Hilfe der Gottheit wäre auch die Menschheit Christi unterlegen und zusammengebrochen. Aber die Gottheit hält sie aufrecht, nicht aber so, daß dem Heiland die Schmerzen erspart werden oder weniger fühlbar sind. Bis auf die Hefe muß Er den Leidensbecher leeren. Freilich wird der gute Heiland in diesem Leiden sehr gestärkt und auch getröstet. Er sieht, wie viele Heilige, durch Sein Leiden ermuntert, ebenfalls heroische Tu­genden üben und mit Ihm über die Sünde und die böse Welt triumphieren. Er sieht ferner, wie so viele gerettet werden und an Seiner ewigen Freude teilnehmen. Er sieht, wie Er dem ewigen Vater unendliche Freude bereitet. Es ist ein teurer Preis, aber auch ein großer Gewinn, die sich ausgleichen.

Der Gottesstreiter steht dort wie ein Held, vor dem sich die Hölle fürchtet. Er steht aufrecht wie ein Held, der sich rüstet, um den Gottessieg zu erkämpfen. Der Anblick des leidenden Gottessohnes hat auch mir die Leiden und Bußübungen leicht gemacht. Ohne den inneren Blick auf den leidenden Gottessohn hätte ich die vielen Bußübungen nicht auf mich nehmen können. Die Liebe macht alles leicht. Jetzt freue ich mich.”

Die erwähnten Einzelheiten der Passion erneuern sich nach den Angaben von Br. Kostka während der Vormesse/Wortgottesdienst genau in der Reihenfolge, wie sie von der hl. Schrift berichtet werden:

Kuß des Judas und die Gefangennahme [Mt 26,47f., Mk 14,43‑49, Lk 22,47‑53].

Flucht der Jünger Mk [14,50‑52].

Das Verhör durch Annas [Joh 18,12‑14, 19‑23].

Die Verhandlungen vor Kaiphas [Mt 26,57, Mk 14,53, Lk 22,54, Joh 19,24].

Widerspruchsvolle Zeugenaussagen [Mt 26,59‑61, Mk 14,55­59].

Messiasbekenntnis mit den Auswirkungen [Mt 26,62‑64, Mk 14,60‑62].

Todesurteil durch das Synedrium [Mt 26,65‑66, Mk 14,63‑64].

Verspottung durch die Schergen [Mt 26,67 ff., Mk 14,65, Lk 22,63‑65].

Verleugnung durch Petrus [Mt 26,69‑75, Mk 14,70‑72, Lk 22,59– 62, Joh 18,25‑27].

Morgenverhör vor dem Hohenrat [Mt 27,1, Mk 15,1, Lk 22,66­71].

Überführung des Herrn zu Pilatus [Lk 23,2; Joh 18,29‑32]. Anklage vor dem römischen Landpfleger [Mt 27,11; Mk 15,2; Lk 23,3; Joh 18,33‑38].

Überführung zu Herodes [Lk 23,6‑12].

Rückkehr zu Pilatus, Versuch der Freilassung [Lk 23,13‑17; Mt 27,15‑18; Mk 15,6‑10; Joh 18,39].

“Es ist ein und dasselbe Opfer, das in der hl. Messe vollzogen wird und das am Kreuz dargebracht wurde, wie es auch nur ein und dieselbe Opfergabe ist, nämlich Christus, unser Herr, welcher sich auf dem Altar des Kreuzes nur einmal in blutiger Weise geopfert hat. Denn die blutige und die unblutige Opfergabe sind nicht zwei Opfergaben, sondern nur Eine, deren Opfer täglich in der Eucharistie erneuert wird, wie der Herr geboten hat: 'Tut dies zu Meinem Andenken !' “ [Röm. Katechismus II. Teil, Kap. IV,76]

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DIE OPFERUNG –
DIE LITURGISCHEN HANDLUNGEN

Offertorium (Opferungsgebet),

Darbringung des Brotes:  “Heiliger Vater, allmächtiger Gott nimm...”

Vermischung des Weines mit Wasser: “O Gott, Du hast den Menschen wunderbar erschaffen...”

Darbringung des Weines: “Wir opfern Dir, Herr, den Kelch des Heiles...”

Selbstaufopferung: ”Laß uns, o Herr, im Geist der Demut...”

Gebet zum Hl. Geist: “Komm Heiligmacher... “

Inzensierung der Opfergaben beim feierlichen Hochamt.

Händewaschung: “In Unschuld will ich meine Hände waschen...”

Aufopferungsgebet zur allerheiligsten Dreifaltigkeit: “Nimm dieses Opfer an...”

Aufforderung zum Gebet: “ Betet Brüder!” - Stillgebet.

 

DIE UNSICHTBARE LEIDENSLITURGIE BEI DER OPFERMESSE

In mystischer Schau sieht Br. Kostka die Erneuerung der Geißelung und der Dornenkrönung des Herrn.

Das Sehen ist aber ein tätiges Mitleiden und Miterleben, das tiefe Wirkungen in seiner Seele auslöst: Würde ich nur die leidende Menschheit ohne die mitwirkende Gottheit sehen, so würde ich diesen Anblick auf die Dauer nicht ertragen können... Der Anblick würde in jedem Schauenden eine beinahe tödliche Traurigkeit auslösen. Wer würde bei diesem Miterleben auch nur eine Stunde am Tag froh sein können?”

Durch den Anschauungsunterricht entschloß sich Br. Kostka zur Kreuzesnachfolge bis zur Grenze des Möglichen. Täglich nahm er die Geißelung an seinem Leib bis zum 60. Lebensjahr vor. Dazu gesellten sich noch weitere harte Bußübungen wie Fasten und das nächtliche Gebet vor dem Allerheiligsten, auch in strenger Winterkälte. Die Buße nahm er auf sich “in der reinen Meinung, Gott zu versöhnen und mitzuhelfen, damit Sünder bekehrt würden.” Er wurde durch Erleuchtung inne, wie sehr das Leiden durch Buße und Selbstverleugnung zur Bekehrung der Sünder wirksam beiträgt.

Wenn ich jetzt die Vergangenheit übersehe, erschauere ich vor dieser Übung und Bußstrenge. Aber ich freue mich noch viel mehr, daß ich mich nicht geschont habe... Unbeschreiblich süß ist nun der Trost, aus höheren und reinen Absichten zur Ver­herrlichung Gottes und zur Bekehrung der Sünder etwas beige­tragen zu haben.”

Einzeln erneuern sich während der Opfermesse nach den Ge­sichten von Br. Kostka die Geißelung und die Dornenkrö­nung. Beim schmerzhaften Rosenkranz werden diese beiden Leidensgeheimnisse jedem Christen nur zur Verehrung und zum Mitleid mit dem Erlöser in Erinnerung gerufen.

 

GEISSELUNG UND DORNENKRÖNUNG

Br. Kostka: “Der römische Landpfleger machte sich eines sehr großen Verbrechens schuldig, als er den Herrn zur Folter überantwortete. Da er von der Unschuld Jesu überzeugt war, ja diese Unschuld öffentlich aussprach, durfte er unmöglich gegen sein Gewissen eine so grausame Züchtigung vornehmen lassen. Aber die Menschenfurcht und Feigheit ist so oft Anlaß und Ursache von Freveln.

 

GEISSELUNG UND GEISSELWERKZEUGE

Die Säule, die für die Geißeltortur eigens hergerichtet ist, steht frei, nicht etwa abseits und verborgen. Wer will, kann daher die grausame Prozedur sehen. Auch diese Peinigung Christi wurde den Umstehenden sichtbar, und manche Bösewichte haben sich am Anblick Seines Schmerzes geweidet.

Zur Geißelung kamen in Anwendung: Riemen, die mit spitzen Haken versehen waren; sie reißen die Haut auf und dringen tief ins Fleisch. Ein anderes Instrument hat büschelförmige Stäb­chen mit Zacken; es ist aus einem Material, das ich nicht näher beschreiben kann, weil sich der Klang metallartig anhört.

Der körperliche und seelische Schmerz Jesu ist unendlich groß und unbeschreiblich. Er beginnt schon bei der Entblößung, weil sich der Heilige und Unschuldige den frechen Blicken böser Menschen ausgesetzt sah. Die Gerechtigkeit Gottes for­derte Sühne für die Schamlosigkeit, Lüsternheit, Unehrbarkeit, kurz: für alle Sünden, die durch die unmoralische und verführe­rische Kleidung und beabsichtigten Reize begangen werden, und der Heiland mußte diese Sühne leisten. Die Empfindungen der Scham drangen wie Stiche in die Seele Jesu und verwunde­ten sie aufs allerschmerzlichste.

Nach der Entblößung wurde Christus zuerst mit dem Gesicht zur Säule gewandt festgebunden. Seine Arme und Hände wur­den an den oberen Ring geschnürt, die Füße waren am unteren Ring wie geknebelt. So wurde der Körper festgehalten und mußte aufrecht stehen. Wenn Er auch zuckte, so konnte Er doch nicht fallen. Die Geißelung begann an den unteren Knöcheln und wurde dann immer höher getrieben. Dies geschah vermut­lich deshalb, damit das herabfließende Blut die Haut und heilen Stellen nicht bedecke und dann einige Stellen unverwundet blieben, denn es fließt reichlich Blut und bedeckt dann die Striemen und Wunden. Es kam aber den Schergen darauf an, alle Stellen zu erfassen und zu verwunden. So ging die Vorher­sage des Propheten wörtlich in Erfüllung: 'Von der Fußsohle bis zum Scheitel ist kein heiler Fleck an Ihm.' [Is 1,6]

Nach der Geißelung der Rückseite band man unseren Heiland los, um die Vorderseite peinigen zu können. Die Füße wurden wiederum festgeschnürt und an einem unteren Ring geknebelt; die Hände wurden an einen etwas höheren Ring, aber rückwärts an der Säule geschnürt. Die Tortur beginnt wieder unten an den Füßen und wird mit unmenschlicher Grausamkeit bis zur Brust und zum Hals hinaufgetrieben, so daß auch vorderseitig kein heiler Fleck an unserem unschuldigen Büßer ist.

Die Schergen wechseln sich zu je zwei ab. Wenn zwei ermüdet sind, beginnen die anderen das grausame Handwerk. Das büschelförmige Instrument diente den Henkersknechten zur Geißelung der Füße und des Unterleibes. Auf der Brust und auf dem Rücken wurde die Tortur durch die Riemengeißel mit spitzen Haken vorgenommen. Die unmenschliche Qual der Geißelung dauerte lange, schätzungsweise über eine halbe Stunde.

Die umstehenden Pharisäer, ja die Teufel selbst treiben die Schergen stets von neuem an. Es ist gerade, als wenn ihre Leidenschaft zur Raserei käme und als wenn sie wie wütende und wildgewordene Bestien ihre Gemeinheit an dem unschuldi­gen Marterleib ausließen. Es ist beinahe unmöglich, diesen Grad der Bosheit mit anzusehen. Es war übrigens der Hölle in jenem Augenblick verborgen, daß der leidende Heiland der Sohn Gottes ist, hochgelobt in alle Ewigkeit.

 

GEISSELUNG DES GESICHTES

Es zeigte sich mir auch der Herr wie Er in Seinem ganzen Antlitz von den Hieben aufs Grausamste verwundet und ganz entstellt wurde. Dabei hörte ich einmal das Wort: 'Meine leiblichen und seelischen Leiden sind unbeschreiblich groß. Manche meiner Getreuen haben ebenfalls große und viele Leiden dem Leib nach aushalten müssen. Aber diese seelischen Leiden, wie ich sie erduldet habe, konnte nur der Menschensohn aushalten.' - Ohne die Gottheit hätte das unschuldige Opferlamm für unsere Sünden diese Qualen nicht ausgehalten. - Christus wäre, wie so viele andere bei der Geißelung, ohnmächtig zusammengebro­chen, und nicht nur dies; bei diesem Übermaß der Leiden wäre Er rasch gestorben und hätte Seine Seele aushauchen müssen. Aber auch trotz der göttlichen Hilfe war das sühnende Gottes­lamm oft am Ende Seiner Kraft und wurde nur durch die Gottheit gehalten.

Der Heiland hat unter der Geißeltortur innerlich für jede Sünde, besonders für die Sünden der Unkeuschheit Genugtu­ung leisten wollen. Die Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Got­tes begegneten sich hier.

In diesem Augenblick war auch die Mutter Jesu, die nicht in unmittelbarer Nähe der Geißelsäule war, in geistiger Anschau­ung und im Mitgefühl und Mitleiden ganz erschöpft. Ihr Mutter­herz rang in starkem Gebet, aber sie wurde wie ohnmächtig.

Die Barmherzigkeit Gottes verfügte nun das Ende der Geiße­lung und hielt die heilige Menschheit Jesu aufrecht. Im gleichen Augenblick tritt ein sonst unbekannter Mann, von der Vorse­hung bestellt, aus der Menge und übergibt dem Herrn ein Lendentuch, das der Heiland in Seiner Blöße dankbar annimmt und selbst um Seinen hl. Leib schlägt.

Trotz der Kürze der Zeit muß ich während der hl. Messe alle diese Vorgänge mit ansehen und durch Mitleid eine Sühne aufbringen, soweit es eben die menschliche Schwäche möglich macht.

 

DORNENKRÖNUNG UND VERSPOTTUNG

Nach der Geißelung hatte unser Herr und Heiland bis zur Dornenkrönung, die etwa eine Stunde später folgte, nicht einen Augenblick Ruhe. Er wurde fortwährend geneckt, beschimpft und verhöhnt. Alle Art von Bosheit mußte Er sich gefallen lassen. Ja, der Kreis der Höhnenden wurde nun noch größer, weil auch die römischen Soldaten des Landpflegers mit beteiligt waren. Für das Fest war ein größeres Aufgebot zusammengezo­gen, weil die Ordnung bei dem starken Andrang der Leute gesichert werden mußte. Die Soldaten des Statthalters führten und geleiteten Jesus ins Innere des Prätoriums, und bald sam­melte sich, wie die Schrift sagt, die ganze Kohorte um Ihn. [Mk 15,16]

 

DIE DORNENKRONE

Die Grausamkeit bei der neuen Mißhandlung ging wieder von den jüdischen Knechten aus. Diese flochten zunächst eine Kro­ne von Dornen, kunstgerecht in ihrer Art. Sie war hoch und nahm sich wie ein Hut aus. Diese setzte man dem Herrn aufs Haupt.

Man wollte dem Judenkönig ('König aller Könige und Herr aller Herrscher'  [1 Tim. 6,15]) die äußerste Schmach antun. Es war in den Morgenverhandlungen wiederholt der Ausdruck `König der Juden' gebraucht worden, sowohl von den Juden als auch von Pilatus. In ihrer erfinderischen Bosheit wollten nun die Menschen den Ornat der königlichen Würde nachäffen und dem Herrn bis ins Innerste der Seele die Schmach der 'ange­maßten' Königsmacht im Spott kosten lassen.

Zuerst rissen sie dem Herrn die Kleider, die nur halb Seinen Leib bedeckten, wieder herunter. [Mt 27,28] Dann legten sie Ihm einen Purpurmantel um; es war nur ein alter Soldatenrock. Der Herr wurde sodann auf einer stumpfen Halbsäule etwas erhöht, die Sein Thron sein sollte.

Vier bis fünf Mann sprangen um Ihn herum und setzten unter schallendem Gelächter dem 'Haupt der Menschheit' die Dor­nenkrone auf Sie drückten Ihm noch ein Rohr in die rechte Hand, so daß nun alle Herrscherzeichen der Königswürde versinnbildet waren: Thron, Zepter und Krone.

 

DIE VERHÖHNUNG

Unter lautem und höhnischem Lachen der ganzen Umgebung begannen sie die Zeremonien der Huldigung. Sie beugten ihre Knie vor Ihm, aber nur um Ihn zu verhöhnen. Sie riefen laut: `König der Juden, sei gegrüßt! ' Es ist, als wenn sie alles Gift und alle Niederträchtigkeit in diese Worte der Huldigung hineinge­spritzt hätten, um den Herrn zu kränken, Ihm weh zu tun und Ihn lächerlich zu machen. Was sie allein nicht fertig brachten, wurde durch das furchtbare Lachen und Johlen der Umgebung zustande gebracht.

Überdies trieben sie die Dornen tief ins Haupt, weil sie mit dem Rohr unbarmherzig auf die Dornenkrone losschlugen. Sie ver­setzten Ihm Backenstreiche und starrten Ihm höhnisch mit allen nur ausdenkbaren Grimassen ins Angesicht. Wiederum spuck­ten sie ihren Speichel dem unschuldigen Gottessohn ins Ange­sicht und sogar in den Mund.

 

DER LEIDENDE HEILAND

Es ist ungemein ergreifend, mit welcher Ruhe, Geduld und Ergebung der Meister die Verhöhnung erträgt. Wohl stöhnt Er bisweilen, wenn die Furchtbarkeit des Schmerzes bei den Schlä­gen bis ins Unerträgliche gesteigert wird. Die Schergen hätten Ihn sicher totgeschlagen, wenn die Gottheit keine Grenzen gesetzt und den Marterleib nicht getragen hätte. Kein anderer Mensch hätte diesen furchtbaren Schmerz, diesen Blutverlust, diese Marter ertragen können. Schon ein geringer Bruchteil von den Torturen wäre ausreichend, um einen normal starken Mann zu töten. Der Mund Jesu ist sanft geöffnet. Es ist, als wenn Er dem Tod nahe wäre. Das Blut hat neuerdings Sein Gesicht entstellt, so daß keine Schönheit mehr an Ihm ist.

Trotz der Kürze der Zeit sehe ich diese Leidenszustände bei jeder hl. Messe. Beim Beten des schmerzhaften Rosen­kranzes aber sehe ich die Mißhandlungen tiefer und mehr in den Einzelheiten.

Ich fühle so stark heraus, daß das hl. Meßop­fer die Erneuerung des Kreuzesopfers ist, das sich in aller Wahrheit und Wirklichkeit vollzieht. Ich fühle im Glauben, daß auch diese Leidenszustände der Geißelung und Dornenkrönung ganz wesentlich zur inneren Vollendung des hl. Meßopfers gehören.”
 

In der hl. Schrift sind diese Geheimnisse des Leidens beschrieben:

Geißelung [Mt 27,26, 20,19, Mk 15,15, Joh 19,1, Is 50,6]

Dornenkrönung und Verspottung [Mt 27,27‑31, Mk 15,16­20, Joh 19,2‑3].

Im Vorempfinden der unendlichen Schmach und Schmerzen weissagte Christus: “Die Hohenpriester werden den Menschen­sohn zum Tod verurteilen” [Mt 20,18]

Der auf Golgotha Verurteilte ist der Weltenrichter. Er wird dereinst auf den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit wiederkommen, zu “richten die Lebendigen und die Toten” [I Petr. 4,5]. Dann aber werden alle Völker der Erde über Ihn laut wehklagen. [Mt 24,30]

 

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PRÄFATION UND SANCTUS

Die Liturgie des alten römischen Missale weist 15 verschie­dene lateinische Präfationen in drei Gesangsweisen auf: je eine Präfation für das Weihnachtsfest, für Epiphanie, für die Fastenzeit, für das Osterfest, für Christi Himmelfahrt, für das Pfingstfest, für das Fest der allerheiligsten Dreifaltigkeit; ferner je eine Präfation zu Ehren des heiligsten Herzens Jesu, des Christkönigs, des hl. Kreuzes, zu Ehren der Mutter Gottes, des hl. Joseph, der Apostel; ferner die Tagespräfation und die Verstorbenen.

Die Präfation ist nach Form und Inhalt ein Hochgesang der Dankbarkeit, eine Huldigung im Jubelklang, eine feierliche Anbetung im Gedenken all der großen Erlösungswerke. Sie trägt die Seele himmelwärts: SURSUM CORDA ‑ Erhebet die Herzen! Sie will im Verein mit den Engelchören Gott lobprei­sen. Das ist beim Hochamt im Einzelgesang des Zelebranten ausdrucksvoll vernehmbar.

Während der Präfation sieht und erlebt Br. Kostka die Verurteilung Jesu zum Kreuzestod. All die aufregenden Ge­richtsszenen ziehen an seinem Geistesauge vorüber, aber auch die liebende Hingabe des Heilandes, die volle Bereitwilligkeit, den Tod zum Heil der Menschen zu übernehmen. Offenbar hat der gottbegnadete Bruder nur deshalb sowohl die Leidensvor­gänge als die innere Gesinnung des göttlichen Dulders so deutlich, anschaulich und erschütternd schildern können, weil er in der Beschauung Augen‑ und Ohrenzeuge gewesen ist.

Der Jubelruf der Präfation steht für uns Menschen im starken und widerspruchsvollen Gegensatz zur Verurteilung des Gottmenschen. Wie nun Br. Kostka diese äußersten Gegensätze in seiner Erklärung in Einklang bringt, wie er die geradezu wunderbare Harmonie der Meßliturgie mit dem Leiden Christi in fließender Sprache auszudrücken versteht, ist beinahe unfaß­bar. Und doch ist es auch ein Siegel der Echtheit, das er seiner Erklärung aufdrückt.

 

DIE VERURTEILUNG JESU ZUM TOD

ANTEILNAHME DER HEILIGSTEN DREIFALTIGKEIT UND DER ENGEL

“Mit dem Beginn der Präfation sehe ich zugleich mit dem leidenden Heiland 'geistige Bewegungen' der heiligsten Drei­faltigkeit und in der Engelwelt (der Ausdruck 'geistige Bewe­gungen' stammt ganz von Br. Kostka). Es sind Geheimnisse, die mit der Meßfeier im Zusammenhang stehen, Geheimnisse, die der menschliche Verstand nicht ausdenken und die Men­schenzunge unmöglich aussprechen kann.

Die leidende Menschheit unseres Herrn steht im Lichtglanz der hl. Dreifaltigkeit. Ihr stellt Er sich als Organ ganz zur Verfügung. Die Gottheit wirkt bei der Erlösung mit. Gott ge­braucht das menschgewordene Wort zur Ausführung Seiner Heilspläne. Die hl. Dreifaltigkeit lenkt und leitet alles. Sie ist auch tätig, um den vorzeitigen Tod Christi zu verhüten.

In diesem Licht sieht der Heiland die Wirkung und Ausstrahlung Seiner Leiden bis an das Ende der Zeiten und darüber hinaus. Gegenwärtig steht vor Seinem Geist die Rechtfertigung der gefallenen Menschen, die Heilung aller Seelenwunden, die Abkehr vieler Menschen von der Welt und die Hinkehr zu Gott, die Bekehrung ganzer Völker, die Ehre, die durch das immerwährende Opfer des Neuen Bundes dem himmlischen Vater erbracht wird. In dieser lichtvollen Erkenntnis hat das unschul­dige Gotteslamm einen Leidensmut und eine Entschlossenheit, die man nicht beschreiben kann. Es ist keine dumpfe Ergeben­heit, sondern der erhabenste Opfereinsatz, alles bis zum Über­maß der Leiden, ja noch viel mehr anzunehmen, wenn es über­haupt möglich wäre. Die reine, lautere Absicht Jesu ist nur auf Gott gerichtet und auf das Heil der unsterblichen Seelen.

Die Mutter Gottes sah auch damals fortwährend ihren Sohn in diesem Lichtkreis und wußte um die Tätigkeit und Anteilnahme der ganzen heiligsten Dreifaltigkeit. Sie hat am tiefsten die liebende Hingabe ihres Sohnes erkannt und hat sich ihrerseits in höchster Liebe und Hingabe mit dem Opfer ihres Sohnes vereinigt. Aber das sind nur winzige Bruchteile der Geheimnis­se. Wollte und könnte man alles zum Ausdruck bringen, was bei der Präfation und dem Lobpreis des Dankes vor sich geht, so würde ein Buch die Vorgänge nicht zu fassen vermögen.

 

‘ECCE HOMO’ UND DAS AUSERWÄHLTE VOLK

Pilatus stand auf einer Terrasse und sagte dem Volk, nachdem er durch Posaunen Schweigen geboten: 'Ich führe euch nun den Mann heraus, damit ihr erkennt, daß ich keine Schuld an Ihm finde.' Es wurde Jesus hoch oben auf der Terrasse, allem Volk sichtbar, vorgeführt. Er stand gebunden, mit der Dornenkrone, dem Rohrzepter und dem Purpurmantel blutend und entstellt vor dem Volk.

Als Pilatus, mit der Rechten auf den Heiland deutend, das Wort rief: ‘Ecce homo' – 'Seht diesen Menschen', trat eine Stille und bei vielen eine seelische Erschütterung ein. Die Absicht des römischen Landpflegers bei der Vorführung des so übel Zugerichteten war die: Er wollte durch den jammervollen Anblick Mitleid erregen, den Hohen Rat und das jüdische Volk umstim­men, um den Herrn freilassen zu können. Aber er erreichte seinen Zweck nicht. Als die Hohepriester und ihr Anhang die leidende Gestalt Christi sahen, kam eine ungeheuere Welle des Verdrusses und des äußersten Widerwillens über sie. Anstatt Mitleid und Erbarmen zu haben, züngelte in ihrem Herzen die Flamme tödlichen Hasses empor, zugleich bemächtigte sich ihrer eine große Furcht, Pilatus möchte den Angeklagten frei­lassen, da sie deutlich die Absicht des römischen Richters sahen.

Mit einer Stimme, die von Leidenschaft zitterte, riefen sie: `Kreuzige Ihn! Kreuzige Ihn!' Im wilden Durcheinander schließt sich eine Reihe anderer Männer aus dem Volk diesem Begehren an. Das tumultartige Rufen hält einige Minuten an.

Pilatus hatte mit Sicherheit damit gerechnet, daß er den Hei­land aus den Händen seiner Feinde befreien könne. Nun sah er sich jäh enttäuscht. Er kam von neuem ins Schwanken, das ihm zum Verhängnis wurde. Das Todesurteil aber wollte er doch nicht aussprechen. Alles sträubte sich in ihm. Ganz verstimmt und innerlich erregt, lehnte er die Verantwortung vor allem Volk ab, indem er sagte: 'Nehmt ihr Ihn hin und kreuzigt Ihn. Ich finde keine Schuld an Ihm.' Den Grund für ihre Forderung, den Heiland zu kreuzigen, gaben darauf die jüdischen Wortführer näher dahingehend an: `Wir haben ein Gesetz und nach diesem muß Er sterben, weil Er sich zum Sohn Gottes gemacht hat.'

Schrecklich ist es, wenn man mit dem inneren Blick den Zustand der Verstocktheit sehen kann und muß. In diesem Seelenzustand schlägt rein alles ins gerade Gegenteil um. Liebe kehrt sich in Haß, der angebotene Segen zum Heil wandelt sich in Fluch und Verderben, die dargebotene Gnade Gottes wird zum Unheil. Das alles geht so vor sich, wie die Schrift sagt: 'Dieser ist gesetzt zum Fall und zur Auferstehung vieler in Israel und zum Zeichen des Widerspruchs' [Lk 2,34]. Mit innerer Notwendig­keit wird das menschgewordene Wort je nach dem Zustand der Seele entweder zur Seligkeit oder zur Verwerfung. Beides ist im Ratschluß der Menschwerdung entsprechend der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes eingeschlossen und offenbart sich in seiner Weise.

 

DAS ECCE‑HOMO‑BILD UND DIE EINZELSEELE

Das Ecce‑Homo‑Bild ist der getreue Ausdruck des durch die Sünde verunstalteten Ebenbildes Gottes. Bei der Erschaffung hat Gott den Menschen nach Seinem Bild und Gleichnis ge­macht. Der Mensch aber hat sich von seinem Schöpfer getrennt und hat das Ebenbild Gottes durch Sünde und Frevel entstellt. Christus kam, um das Ebenbild wieder zu erneuern und zur ursprünglichen Schönheit umzuformen. Das geschieht durch Sein Kreuz und Leiden, durch die Zuwendung der Erlöserver­dienste.

Seit jenem ersten Karfreitag steht das Ecce‑Homo‑Bild auf allen Pilgerpfaden des Lebens, schaut jeden Menschen als Standbild der göttlichen Barmherzigkeit ergreifend an. Es zwingt jeden Menschen zur Stellungnahme und Entscheidung.

In dem Ecce‑Homo‑Spiegel kann jeder Sünder, jeder Laue das geistige Bild seines Inneren sehen und erkennen. Läßt sich jemand durch den Anblick dieses Bildes rühren; geht er reuevoll in sich und im Vertrauen auf die Erlöserverdienste zurück zu Gott, so nimmt Christus in unendlichem Erbarmen die Ver­unstaltungen seiner Seele fort. Ja, Er erneuert das Angesicht zur früheren Schönheit der Kinder Gottes. Stößt aber der sün­dige Mensch, wie die Juden am Karfreitag, die Gnade von sich, nimmt er Ärgernis am Kreuz und am Ecce‑Homo‑Bild, dann wird ihm diese Begegnung zur Verurteilung und zum Verder­ben.

Die Ecce‑Homo‑Gestalt tritt auch den nach Vollkommenheit Strebenden entgegen. Ihnen möchte Christus Seine Photogra­phie schenken, aber nicht so, wie es Könige und Kaiser machen, die nur die Unterschrift mit dem Bild als Zeichen der Huld geben. Den nach Heiligkeit ringenden Seelen möchte Christus Sein Ecce‑Homo‑Bild in die Seele drücken, ja Er möchte sie durch Buße, Abtötung und Entsagung nach dem Ecce‑Homo‑Bild formen, damit sie Ihm helfen in der Rettung unsterblicher Seelen. Glücklich die Seele, die den Leidensmut aufbringt und dem Heiland im tätigen Mitleid nahekommt und wie Veronika das Ecce‑Homo‑Bild in der Seele empfängt. Das ist eine sehr große Gnade.

In heißem Flehen habe ich oft und oft um diese Gunst gebetet. Bei jeder Station bete ich in Sehnsucht: 'O Maria, drück die Wunden, die Dein Sohn für mich empfunden, tief in meine Seele ein!' Gott hat mein Flehen erhört. Nun darf ich die Leiden Christi sehen und mitempfinden, ja die Schmach, die auf Ihn fällt, zum Teil auf mich nehmen. In geistiger Anschauung wird es mir klar, wie die Seele den Wundschmerz und das Wundfieber Christi fühlt und das Blut des Herrn in sich aufnimmt.

Ich weiß nicht, ob ich mich richtig ausdrücke. Aber es kommt mir diese Anteilnahme am Leiden und die Aufnahme des Blutes vor wie eine Art Kommunion. Jedes Tröpfchen wird dann Schutz und Schild, labt und erquickt die leidende Seele in ihrem Durst nach der Rettung der Seelen. (Die geistliche Kommunion - die gottliebende Seele wird durch das Leiden Christi gestärkt.)

 

UNTERREDUNG ZWISCHEN JESUS UND PILATUS

Das Aufbegehren des Volkes, das hartnäckig auf Jesu Tod bestand, griff die Nerven des römischen Landpflegers sehr an. Es kam eine Furchtpanik über den Richter, als die jüdischen Wortführer erklärten, daß der Angeklagte sterben müsse, weil Er sich zum Sohn Gottes gemacht habe. Das sei ein Vergehen, das nach ihrem Gesetz mit dem Tod geahndet werden müsse.

Pilatus ging mit Jesus in das innere Gerichtsgebäude zu einer Unterredung unter vier Augen. Es war ihm vor diesem schweig­samen und so unschuldigen Mann sehr unheimlich zumute. Die überlegene Ruhe, der ehemalige Ruf und die Beliebtheit beim Volk, die jetzige Volkswut und das Begehren des Volkes sagten ihm, daß Jesus eine ganz überragende Persönlichkeit sein müsse.

Die Anschuldigung, daß Er sich zum Gott gemacht und als Gott gefürchtet sei, drückte auf seine Seele wie ein Alp und erdrückte ihn fast. Sein Interesse war auf das höchste gespannt. Seine Neugierde wollte herausfinden, wo dieser merkwürdige Mann herkomme. `Woher bist Du eigentlich?' Jesus, der große Schweigende, behandelte seinen Richter sehr kühl. Das ver­droß Pilatus. Er wollte seine Macht fühlen lassen: 'Wie, Du gibt mir nicht einmal eine Antwort? Weißt Du denn nicht, daß ich Macht habe, Dich sowohl freizugeben als auch Dich kreuzigen zu lassen?' Jesus erklärte ihm mit einer Ruhe und Überlegen­heit, die noch mehr bedeutete als das Wort: 'Du hättest keine Macht über mich, wenn sie Dir nicht von oben gegeben wäre. Deswegen hat jener eine größere Sünde, der mich Dir überlie­fert hat.'

Jesus läßt noch innerlich den römischen Beamten seine Schuld fühlen und spricht ihm ins Gewissen. Auch der Schmerz durch die angeordnete Geißelung und die Dornenkrönung war wie ein Schwert und kerbte sich tief in das Herz des verantwortlichen Richters ein. Da kam von neuem eine Erschütterung über Pilatus und drängte ihn, Jesus freizugeben. Die Juden aber schrieen: 'Wenn du diesen freigibst, bist du kein Freund des Kaisers. Denn jeder, der sich zum König macht, ist ein Gegner des Kaisers.'


SEHT DA! EUER KÖNIG!

Der Königsgedanke, die Königswürde Christi wurde erneut der Zankapfel und der Stein des Anstoßes. Als Pilatus die An­schuldigung der Juden vernahm, ließ er Jesus herausführen. Er setzte sich auf den Richterstuhl an den Platz, der 'Steinpflaster' genannt wird. Es war Rüsttag für das Osterfest und etwa die sechste Tagesstunde.

Da stellte Pilatus im Auftrag Gottes - ohne es selbst zu wissen - dem auserwählten Gottesvolk den König aller Könige und den Herrscher aller Herrscher vor.

Nachdem Pilatus durch Posaunenklänge Schweigen geboten hatte, rief er laut: 'Seht da! Euer König!' Da schrieen jene, aus denen nicht die Vernunft und der Glaube, sondern die überhitz­te Leidenschaft sprach: 'Hinweg, fort mit Ihm! Kreuzige Ihn! Kreuzige Ihn!' Pilatus rief mit dem Ton, der sich durchsetzen wollte: 'Wie? Euren König soll ich kreuzigen?' Es lag in diesem Vorgang mehr als nur menschliche Berechnung. Es war die Gnade mit ihrer Erleuchtung, die mit diesen Worten ein letztes Angebot machte. Leider wurde die Gnade abgewiesen. Die Hohenpriester erwiderten: 'Wir haben keinen König außer dem Kaiser.'

Das Rufen und Lärmen wurde immer lauter und verwirrter. Pilatus war sehr erregt, verstimmt und verbittert. Er ließ sich Wasser reichen, wusch vor allem Volk die Hände und dokumen­tierte nochmals: 'Ich bin unschuldig am Blut dieses Gerechten.' Er will zum Ausdruck bringen, daß er die Verantwortung ablehne und diese dem jüdischen Volk zuschiebe. Er rief: 'Seht ihr zu!'

 

ABSCHLUSS DURCH DAS TODESURTEIL

Das Volk übernahm tatsächlich die Verantwortung mit den Worten: 'Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!' Es war ein FLUCH, den das Volk aussprach, und der sich in so furchtbarer Form auswirkte.

Da übergab Pilatus den Heiland zur Kreuzigung gegen die Stimme seines Gewissens, gegen seine Überzeugung, gegen sein eigenes Urteil: 'Ich bin unschuldig am Blut dieses Gerech­ten.' Die Menschenfurcht hatte über den römischen Landpfle­ger gesiegt. Sein Schwanken riß ihn nun selbst ins Verderben hinein.”

Die Einzelheiten der Passion, die sich während der Präfation nach den Angaben des Bruders erneuern, werden von der Hl. Schrift beschrieben:

Christus, der Mann der Schmerzen: “Ecce homo!” [Joh 19,4‑7]

Das neue Verhör durch den römischen Landpfleger: [Joh 19,8‑12]

Die Vorführung Jesu als König: “Seht euer König!” [Joh 19,13‑15]

Schmährufe: “Fort mit Ihm! Kreuzige Ihn!” [Mt 27,24‑25]

Übergabe zur Kreuzigung [Mt 27,26; Mk 15,15; Lk 23,24‑25; Joh 19,16].

 

DIE WUNDERBARE HARMONIE DER MESSE
MIT DER PASSION CHRISTI

Vielen, wahrscheinlich den meisten Lesern, wird eine Schwie­rigkeit bei der Lektüre kommen: Wie paßt der Hochgesang der Präfation zu dem Leidensdrama der Verurteilung Christi? Diese Bedenken habe ich Br. Kostka vorgelegt:

“Nach Ihrer Darlegung fällt die Verwerfung Jesu durch das auserwählte Volk und die Verurteilung zum schmählichen Kreu­zestod mit dem Jubelgesang der Präfation zusammen. Ist das nicht ein schneidender Kontrast? Sollten nicht bei diesem uner­meßlichen Leid, ähnlich wie in den Kartagen, Trauergesänge statt Jubelgesänge angestimmt werden? Wie reimt sich das Ganze bei diesem Zusammentreffen? Wie kann tiefstes Leid mit so hoher Freude zusammen bestehen?”

Ohne sich irgendwie zu besinnen, ohne zu tasten oder in Verle­genheit zu geraten, betonte Br. Kostka, daß eine ganz wunderbare Harmonie gerade bei der Präfation mit dem Lei­densgeschehen zu beachten sei. Es ist wirklich überraschend, ja verblüffend, wie er die nachfolgenden Erläuterungen gab. Diese absolute Sicherheit des Urteils, die fließende Sprache, die innere Begründung mit dem Hinweis auf die Sühne und der dadurch ausgelösten Freude, die Aufzählung der Sündenklasse und Sündenfrevel, die in Ordnung gebracht würden, ließen klar erkennen, daß der Sprecher nicht aus rein natürlichen Wissens­quellen geschöpft hatte. Auch ein Theologe würde sich Zeit nehmen müssen, um die Schwierigkeit zu lösen, geschweige denn ein Mann von einfacher Volksschulbildung.

 

HARMONIE DER PRÄFATION
MIT DER VERURTEILUNG ZUM TOD

“Es scheint mir wirklich ganz unmöglich zu sein, Geheimnisse darzulegen, wie sie sich in der hl. Messe in so ganz eigenartiger Kontrastwirkung abspielen. Die sprachlichen Aus­drücke können das nicht wiedergeben, was die Augen des Glau­bens und das innere Sehvermögen an­schauen. Manche Punk­te klingen überdies dem natürlichen Verstand entgegenge­setzt. Wie soll man z.B. begreiflich machen, wie das Leiden des Gottessohnes nicht nur mit der höch­sten Liebe, sondern mit der höchsten Freude zu gleicher Zeit bestehen kann? Die Gegensät­ze zwischen Freude und Leid scheinen sich aufzuheben. Und doch bestehen sie in unserem Hohenpriester. Ja, die Leiden Jesu zur Sühne und Genugtuung sind die Ursache der göttlichen Freude in der allerheiligsten Dreifaltigkeit.

Ebenso besteht ein Gegensatz, den man im ersten Augenblick nicht gut fassen kann, wenn man nämlich die herrliche Meßli­turgie in der Freude und dem Jubel des Hosanna mit dem Drama des Erlöserleidens im höchsten Schmerz bis zum Tod zusammen hält. Und doch verbindet sich in der Gnadenord­nung die scheinbar entgegengesetzte Stimmung zur schönsten Harmonie. Die Messe kann nicht getrennt werden vom Leiden. Das Meßopfer ist die fortgesetzte Hingabe Jesu in den Tod, die Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers.

Wenn Gott die Tiefe Seiner Reichtümer, Seiner Wahrheit und Erkenntnis, die unergründlichen Gerichte und unerforschli­chen Wege einmal in der Ewigkeit dem staunenden Auge zeigt, wird auch die Harmonie der Meßliturgie mit dem Opfertod Christi klarwerden.

Was ich in der kurzen Zeit der Präfation und beim Sanctus sehe und wiedergeben kann, ist schattenhaft. Es ist ein sehr kleiner Teil der Geheimnisse. Die geistigen Bewegungen in der hl. Dreifaltigkeit, der Engelwelt, der triumphierenden und strei­tenden Kirche sind ungemein erhabene Geheimnisse.

 

DIE HERSTELLUNG DER HEILSORDNUNG

DURCH SÜHNE UND VERHERRLICHUNG GOTTES

Die Gerechtigkeit Gottes fordert Sühne, Strafe und Genugtuung für alle Sünden und Beleidigungen, die im Lauf der Jahrtausen­de begangen worden sind. Der Gottmensch nimmt durch Sein Leiden und die Erneuerung des Kreuzestodes die Sühne und Strafe auf sich. Er leistet der göttlichen Majestät vollgültige Sühne, vollkommenen Ersatz. Es ist, als wenn alle Beleidigun­gen und Frevel gegen die ersten drei Gebote auf den Herrn allein fielen. (“Die Schmähungen derer, die Dich schmähen, fallen auf mich.” [Ps 68,10])

Christus sühnt die Frevel des Götzen‑ und Teufelsdienstes mit allen daraus hervorgehenden Greueln, wie Götzenopfer und Menschenopfer. Er sühnt den Abfall vom Glauben, sowohl einzelner Seelen als auch ganzer Völker. Er sühnt die sakrilegi­sche Vergewaltigung (Schändung) gottgeweihter Personen und Heiligtümer. Aber Er sühnt nicht nur, Er stellt auch die wahre Religion wieder her. Durch Sein Kreuzesopfer und das immerwährende Opfer der hl. Messe gibt Er der heiligsten Dreifaltigkeit alle Ehre und Herrlichkeit. Er leitet alle Christen zur wahren Gottesver­ehrung an. Dadurch erweist Er dem ewigen Vater die höchste Freude. Christus sühnt alle Gotteslästerungen, alle Veruneh­rung des göttlichen Namens und der Gottestempel.

Er bringt die Genugtuung auf für alle Sünden der Simonie, für alle Entweihung der Sonn‑ und Feiertage, für alle Sakrilegien, die durch Entweihung der Herzenstempel und durch Entthronung Gottes in den Herzen begangen werden. Dadurch erfreut Er in höch­stem Maß die heiligste Dreifaltigkeit, weil Er alles wieder herstellt.

Christus stellt die Hoheitsrechte Gottes und Seiner Majestät wieder her, aber nur um den Preis unendlicher Leiden, Demü­tigungen und Verhöhnungen. Er versöhnt die Sünder mit Gott, führt ganze Völker vom Greuel des Heidentums zur wahren Religion und zum Vaterherzen Gottes zurück. Diese Herstellung der Heilsordnung vollbringt Er bei jeder hl. Messe.

 

ANNAHME DER SÜHNE,
WIRKUNG BEI GOTT UND DEN MENSCHEN

Der himmlische Vater nimmt die Sühne und Genugtuung Seines vielgeliebten Sohnes mit unendlicher und göttlicher Freude entgegen. Nur Gott kann das göttliche Werk in seiner ganzen Auswirkung einschätzen. Auch der durchdringendste Blick im Glauben kann nur von Ferne ahnen, was in der hl. Messe vor sich geht.

Bei der hl. Messe umfängt Gott Vater in unaussprechlicher göttlicher Liebe Seinen Sohn. Es teilt sich unendliche Freude mit und sie tauscht sich aus. Gott Vater bestätigt Seinem Sohn die Königswürde, die Ihm von den Men­schen aberkannt wird. Der Sohn aber erfreut sich Seiner Königswürde. [Vgl. Ps 2,6: 'Ich aber bin als König von Ihm eingesetzt auf Seinem hl. Berg. Nun tue ich Seinen hl. Beschluß kund.']

Gott Vater bestätigt Seinem Sohn auch die Priesterwürde, auch wenn Er von den Hohenpriestern verleugnet wird. In höchstem Wohlgefallen beteuert Er Ihm: 'Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung des Melchisedech.' [Ps 109,4]. Der Priesterkönig waltet nun Seines Amtes als Mittler zwischen Gott und den Menschen durch alle Ewigkeit. Das Zepter Seiner Macht ist festbegründet. Durch Seine entsandten und konsekrierten Prie­ster feiert Er das immerwährende Opfer vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang. Dadurch versöhnt Er stets und ständig die Sünder mit Gott.

Der ewige Vater aber umarmt in Seinem priesterlichen Sohn, in dem alles erneuert und wiederhergestellt wird, auch alle verlo­renen Söhne, die sich durch die Erlösergnade reumütig zum Vaterherzen wenden. Allen diesen drückt Er in höchster Vater­liebe und Vaterfreude den Kuß der Versöhnung auf die bren­nend heiße Stirn, wie Christus in der Parabel es so tief und wahr ausdrückt. Die Freude, die der himmlische Vater durch die Feier der hl. Messe und die immerwährende Genugtuung Seines eingeborenen Sohnes erhält, ist unaussprechlich.

Der Hl. Geist, der Geist der Liebe und Freude, wird ebensosehr durch das hl. Meßopfer erfreut und verherrlicht. Er hat die heilige Menschheit durch Seine überschattende Kraft gebildet und als Werkzeug der Aussöhnung und des Heiles gestaltet. Er erfüllt das Priesterherz Jesu mit seiner unendli­chen Liebe zu den unsterblichen Seelen und drängt es, aus Liebe zu diesen Seelen den Tod zu erleiden.

Der Heiland führt seinerseits dem Hl. Geist die Seelen wieder zu, und der Geist Gottes kann Seine Wohnung in den geheiligten und gereinigten Seelen wieder aufschlagen. Welch eine göttliche Freude ist dies für den Hl. Geist! Nun kann Er durch die hl. Sakramente und die Menschheit Jesu alle Gnaden, Erleuchtungen und Heilswirkungen weiterleiten. Wie liebt Er doch die heilige Menschheit gerade bei ihren Opferlei­den, weil ja Leiden und Liebe gar nicht getrennt werden können.

 

DIE FREUDE DER ENGEL UND IHR JUBELGESANG

Bei der hl. Messe treten Engel in unübersehbarer Zahl zum Altar. Sie umstehen die Opferstätte in den herrlichsten Lichtstrahlen staunend vor dem Übermaß der Liebe und der Erniedrigung des Gottessohnes. In Anbetung, in heiliger Ehr­furcht, in Lob und Preis, in Freude, das hl. Meßopfer mitfeiern zu können, bringen sie der heiligsten Dreifaltigkeit ihre Huldigung dar. Sie alle sind dienende Geister und stehen dem Hohenpriester nahe, wenn Er sein Anbetungs‑, Lob‑, Bitt­, Dank‑ und Sühneopfer darbringt.

Beim Jubelruf des Sanctus und Hosanna sehe ich, wie das Herz des himmlischen Vaters in Freude seinem vielgeliebten Sohn entgegenschlägt. Es findet wie eine Umarmung der heiligsten Dreifaltigkeit und der Menschheit Jesu statt. Diese geistige Bewegung geht auf die Engelwelt über. Auch der Engelverstand kann die Geheimnisse der unendlichen Liebe und Hingabe in das Opferleiden Jesu nicht ergründen. Die himmlischen Geister bringen ihre Anbetung der ewigen göttlichen Majestät dar. Die Engel werden die Chorführer im Lobpreis, denen sich die Stimmen der Gläubigen anschließen.

Nun ist der Himmel auf Erden auf dem Altar. Die himmlischen Geister nehmen eine Zeitlang unserem Erlöser die Fesseln ab. Beim Hosannaruf müssen die bösen Geister und die bösen Menschen eine Zeitlang weichen und schweigen, damit kein Mißklang und keine Disharmonie das Lob und die Anbetung stört.

Ich sehe sodann, wie die Fürbitte der Engel so ungemein wirksam ist. Sie empfehlen die Anliegen ihrer Schützlinge dem lieben Gott. Sie beten für den Triumph der hl. Kirche, für die Bekehrung der Sünder. Sie ringen mit uns, damit die Feinde der Kirche gedemütigt werden und der Sieg des Guten kommen möge. Die Anwesenheit der Engel dauert bis nach der Kommu­nion, solange die hl. Gestalten vorhanden sind. [Das Beten des Sanktus ist hilfreich in Bedrängnissen.]

 

DAS MITTLERAMT DER PRIESTER

Beim Sanktus sehe ich, wie sich die Gottheit auf das Innigste mit dem zelebrierenden Priester vereinigt. Der Zelebrant wird durch diese Vereinigung das mit Gott verbundene Werkzeug der Gnadenordnung. Gott gebraucht seine Hände, seinen Mund etc., um das hl. Meßopfer darzubringen. Das ist der innere Grund, warum der zelebrierende Priester bei den Worten der Wandlung nicht etwa sagt: 'Das ist Christi Leib', sondern `Das ist mein Leib'. Denn der Gottmensch spricht selbst die Worte in Seiner Person, wenn auch durch den Mund des Priesters.

Weil nun der ewige Hohepriester das hl. Meßopfer feiert, so geschieht innerlich dem hl. Meßopfer kein Abbruch, auch wenn bisweilen unwürdige Priester am Altar stehen. Wohl macht sich der unwürdige Priester strafbar und entzieht sich viele Gnaden; umgekehrt empfangen die frommen und eifrigen Priester viele Gnaden und Segnungen.

In dieser Hinsicht erkenne ich die hohe Würde des Priesters. Mit der Gottheit so ganz eng verbunden, geben sie dem himm­lischen Vater Seinen Sohn, an dem Er Sein Wohlgefallen hat. Das geistige Schauen der hl. Opferfeier bringt sehr stark zum Bewußtsein, welche Aufgabe dem Priester zufällt. Ich sehe, wie der Zelebrant ganz unbewußt im Licht steht und selbst so viele Gnaden für sich und andere empfängt.

Vom Kanon der hl. Messe angefangen sehe ich dann ebenfalls nicht nur das 'lebendige Licht, in dem die Gottheit wohnt', sondern ich sehe auch in Bildform die ungeteilte Dreifaltigkeit in den drei Personen.

O könnten doch alle Menschen diese geistigen Bewegungen und die hohen Geheimnisse der hl. Messe sehen! Dann würden alle Kirchen zu klein werden. Die Christen würden Arbeit und Sorgen, Freude und Leid, Geschäfte und Unternehmungen ste­hen lassen, um dieses herrliche und heilige Schauspiel zu sehen. Wie viele werden in der Ewigkeit zu spät gewahr werden, welchen Schatz sie preisgegeben haben, wenn sie so oft und rücksichtslos die hl. Messe versäumt haben. Schon der kleinste Tropfen dieser reinen Freude genügt dem Herzen, und die Seele ruft dann aus: 'Halt ein! Es ist genug, sonst muß ich vor Freude sterben.“

“Dieses Zeichen des Kreuzes (das Zeichen des Men­schensohnes [Mt 24,30]) wird am Himmel erscheinen, wenn der Herr zum Gericht kommt. (Fest Kreuzerhöhung, Röm. Brevier) Dann wird ihn jedes Auge sehen, wenn er auf den Wolken des Himmels kommt.” [Apg 1,7]

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DAS HOCHGEBET DER HL. MESSE

PRÄFATION BIS ZUR WANDLUNG

Die Liturgie führt den Zelebranten unter innigem Gebet zur Opferstätte, zur Kalvariahöhe. Die Gebetsfolge zur unmittelbaren Vorbereitung des Opfers ist:

Bitte um Annahme der Opfergaben.

Gedächtnis der Lebenden.

Bitte um Schutz in Gemeinschaft mit der Mutter Gottes, den Aposteln und allen Heiligen.

Bitte, damit die dargebrachten Gaben in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden.

Br. Kostka erlebt während dieses Abschnittes der hl. Messe die großen Schmerzen des göttlichen Dulders auf dem Weg vom Prätorium zum Kalvarienberg. Er hat diese Passion des Herrn aber hier nicht ausführlich dargelegt, da er der Auffassung war, daß die Kreuzweg‑Stationen jedem Vorübergehenden tief in die Seele schauen und daß diese Schmerzensbilder eine eindringliche Sprache reden.

Mit unentwegter Treue ging er selbst jeden Tag den Kreuzweg und gewöhnlich zweimal, morgens um 4 Uhr nach seiner Anbetungsstunde vor dem Tabernakel und gegen 9 Uhr während der Arbeitspause.

Br. Kostka bekennt: “In heißem Flehen habe ich oft bei jeder Station um die Anteilnahme an dem Leiden Jesu gebetet: ‘O Maria, drück die Wunden, die Dein Sohn für mich empfunden, tief in meine Seele ein.' Gott hat mich erhört. Nun darf ich die Leiden Jesu sehen und mitempfinden. In geistiger Schau wird mir klar, wie die mitleidende Seele den Wundschmerz (des Herrn) gleichsam lindert, das Fieber kühlt. - Ich weiß nicht, ob ich mich recht ausdrücke, aber es kommt mir vor, als ob diese Teilnahme am Leiden, die Aufnahme des Blutes Christi eine Art Kommunion ist. Jedes Tröpflein labt und erquickt die leidende Seele in ihrem Durst nach Rettung der Seelen.”

Es wurde einmal beobachtet, wie Br. Kostka am Sonntag ungefähr eine halbe Stunde, gesenkten Auges und ganz still, bei der sechsten Station aushielt. Auf die Frage, was er in der langen Zeit gemacht habe, gab er mir zur Antwort: “Beim Kreuzweg komme ich mehrfach in geistige Schauung. [Beschauung] Oft, aber nicht immer, wird mir bei der sechsten Station das entstellte Antlitz und die überaus schmerzliche Schulterwunde des Herrn gezeigt. Vor großem Mitleid kann ich mich dann fast nicht trennen.”

Die unübersehbare Kreuzprozession, die Br. Kostka ausführlich schildert, fügt sich zwanglos in die Kreuzweg‑Stationen ein, welche die Kreuzesjünger gehen müssen. Gott hat das Kreuz aufgerichtet und Er selbst stellt es in den Lebensweg eines jeden Menschen. Am Kreuz geschieht die Scheidung der Geister.

 

DER KREUZWEG CHRISTI

Die Zeit vom Sanctus bis zur Wandlung fällt bei der hl. Messe innerlich mit dem Kreuzweg Christi zusammen.

 

DIE UNÜBERSEHBARE KREUZPROZESSION

“Am Karfreitag ging der gottmenschliche Dulder allein den harten, steilen Weg, den königlichen Weg des Kreuzes. In der hl. Messe sehe ich mit einem einzigen Blick einen unübersehbaren Pilgerzug von Kreuzesträgern im Gefolge des göttlichen Heilandes. Nach den Worten unseres Meisters muß ja jeder Mensch das Kreuz tragen, entweder freiwillig oder gezwungen, am Kreuz kommt niemand vorbei. Der Kreuzweg wird notwendig ein Scheideweg. Die Guten kommen durch die willige Annahme des Kreuzes auf den Weg des Heiles, auf den schmalen Pfad, die in die ewige Herrlichkeit führt. Die Bösen aber werden durch das Abwerfen des Kreuzes auf den breiten Weg des Verderbens gedrängt.

Es ist ein merkwürdiger Zug aller Stände und Menschenklassen. Jede Klasse hat viele und mannigfache Abstufungen, die sich scharf unterscheiden, je nachdem sie dem Herrn näher oder ferner stehen.

DIE SCHMERZENSMUTTER

Im unmittelbaren Gefolge des gottmenschlichen Kreuzträgers findet sich Maria, Seine hl. Mutter. Sie hat nach ihrem Sohn das schwerste Kreuz getragen und zwar mit aller nur denkbaren Hingabe, Unterwerfung und Geduld. Maria ist immer mit dem kreuztragenden Sohn vereint. Von Ihm empfängt sie wiederum den Kreuzessegen und leitet ihn auf alle ihre Kinder weiter. Sie hilft ihren Kindern, sie erleichtert durch ihr Beispiel, durch ihre Gebete die schwere Last. Mit ihrer Mutterliebe steht sie hilfreich zur Seite und unterstützt jene, die gefallen sind.

APOSTEL UND APOSTELSEELEN

Der Schmerzensmutter schließen sich in jeder Kreuzprozession die Apostel und die Apostelseelen an. Das Apostelamt ist für sie ein Ehrenamt, aber auch eine verantwortungsvolle Aufgabe, zu der sie von Gott selbst berufen sind. Apostel kann niemand sein, der nicht gern, willig und mit Unterwerfung unter Gottes Willen das Kreuz auf sich nimmt. Er muß um des Namens Jesu willen Schmach, Verkennung und Spott hinnehmen. Der Apostel muß Seelen retten, und das kann er nur durch die Gnadenkraft des Hl. Geistes; wer leiden kann, rettet Seelen.

MÄRTYRER DES BLUTES UND DER LIEBE

“Den Aposteln folgen die Märtyrer des Blutes und der Liebe. Durch die Märtyrer‑ und Kreuzesleiden erschließen sich diese Helden einen wirklichen Strom von Gnaden und von Segen. Die freiwillige innere Unterwerfung unter den Willen Gottes bewirkt, daß die großmütigen Seelen wie Riesen den Weg des Kreuzes laufen und voraneilen, ohne zu ermüden. Die Märtyrer werden ungemein fruchtbar in der Rettung der unsterblichen Seelen. Denn das Blut der Märtyrer wird immer der Same für neue Christen.

FREUNDE DES KREUZES

Den Märtyrern des Blutes folgen andere Gruppen, die ihr Kreuz täglich auf sich nehmen und dem Herrn folgen.

Ich sehe da Personen, die eine Zeitlang das Kreuz tragen, mit einem Mal aber unwillig werden, ins Schwanken kommen, ja fallen und am Kreuz irre werden. Manche stehen wieder auf durch die Gnade gestärkt, durch Beispiele anderer ermutigt; durch fromme Lesungen erkennen sie, was auf dem Spiel steht.

Andere werden oft erst in letzter Stunde durch schwere Krankheiten gerettet. Gott muß da bisweilen den letzten Funken eines ehemaligen guten Willens benützen, sie zur Übernahme des Kreuzes förmlich drängen und umstimmen. Ohne die übergroße Barmherzigkeit Gottes wären sie auf immer verloren.

DIE FEINDE DES KREUZES

Ich sehe auch, wie die Feinde des Kreuzes im Zorn unwillig werden, Ärgernis am Kreuz nehmen, es fluchend von sich stoßen. Dadurch werden sie auf die breite Straße des Verderbens gestoßen und gehen zugrunde. Und merkwürdig: Oft können sie das Kreuz trotz allen Widerstrebens nicht abschütteln, oder aber sie werfen das Kreuz fort und laden ein anderes, viel schwereres auf sich. Am Kreuz kommen auch sie nicht vorbei.

Am traurigsten ist das furchtbare Schauspiel, wie die Kirchenfeinde das Kreuz behandeln. Immerfort nehmen sie Ärgernis am Kreuz Christi. In maßloser Verstimmung werfen sie das Kreuz gegen den Felsen Petri. Aber regelmäßig zerschmettern sie nur sich selbst. Doch das Kreuz, das der Herr tief in die Fundamente der Heilsordnung eingesenkt hat, können sie nicht abtun.

 

ERSTES KANONGEBET

Te igitur – Dich gütigster Vater. Die Kirche fleht, daß der mildeste Vater durch Christus die Geschenke und makellosen Opfergaben hinnehmen und segnen wolle, zugunsten der heiligen katholischen Kirche, damit sie in Einheit erstarke und regiert werde.

Ein ungemein erhebender Blick ist es für mich, zu sehen und wahrzunehmen, wie sich das göttliche Herz des Opferlammes gleichsam erweitert, um gerade in diesen Augenblicken alle an sich zu ziehen. Der Mittler zwischen Gott und den Menschen möchte alle Herzen in sich aufnehmen, Gnaden austeilen und die geeinten Herzen Gottvater vorstellen.

Am meisten ergießt der ewige Hohepriester Seine Liebe in jene Herzen, die Ihm Seelen zuführen und durch ihre persönlichen Leiden retten helfen. Eben dadurch wächst und mehrt sich die Kirche, das Reich Gottes auf Erden. Zwischen dem Herzen Jesu und den tätigen Apostelseelen entsteht eine innige Verbundenheit. Diese Seelen treibt der Herr beständig zum hl. Eifer an, teilt ihnen Seinen Durst nach unsterblichen Seelen mit.

 

GEDÄCHTNIS DER LEBENDEN

Im Kanon folgt das Gedenken für die Lebenden. Alle Christgläubigen, die im königlichen Priestertum mit Christus und dem Zelebranten ihre Gaben darbringen für sich selbst und für jene, die sie im Gebet unterstützen wollen, - alle, die das hl. Meßopfer aufopfern - empfiehlt die betende Kirche der Gnade des Herrn.

In die hl. Wunden Jesu empfehle ich, ohne mündliche Gebete vorzutragen, den Hl. Vater und seine Anliegen, sowie jene der Gesamtkirche. Nirgendwo sind die Anliegen so gut und wirksam niedergelegt als in den hl. Wunden Jesu. In ihnen und durch sie muß das Gute gewirkt werden. In ihnen heilen die Wunden und wird die Not gelindert... In die hl. Wunde der Seite empfehle ich auch alle jene, die durch mich gerettetwerden wollen, und ich mache dabei die Meinung, es möchten doch recht viele sein. In diese Wunde lege ich auch mich selbst, damit ich ein demütiger und gottliebender Bruder sei und bleibe, der Geringste im Haus.

      

DAS KANONGEBET “COMMUNICANTES”

Im Verein mit der triumphierenden Kirche, der Mutter Gottes an erster Stelle und den hl. Aposteln, erfleht die Kirche Schutz, Hilfe und Fürbitte.

Die Mutter des Herrn sehe ich beim hl. Meßopfer in fortwährender mütterlicher Liebe tätig und gegenwärtig. Ihr übergebe ich all mein Beten und Opfern. Meine Verbindung mit der himmlischen Mutter ist so innig, daß ich dieses Verhältnis kaum schildern kann. Mit meiner leiblichen Mutter war ich auch recht eng verbunden, aber nicht so innig wie mit der himmlischen Mutter. Die geistige Verbundenheit mit der hohen Frau hält den ganzen Tag über an. Alles lege ich in ihre Hände, damit sie die Fehler korrigiert, das Schadhafte ersetzt, von ihrem Schatz hinzufügt, was dem menschlichen Wirken abgeht.

Der Anbetungsdienst und die Huldigung der hl. Kirche ist beim Meßopfer vollkommen. Denn das menschgewordene Wort ist in jenen Augenblicken in höchster Liebe tätig in Anbetung, Sühne, Danksagung. Die ganze triumphierende Kirche feiert zusammen mit dem Zelebranten das Meßopfer. Durch das Zusammenwirken und Ineinandergreifen des himmlischen und irdischen Dienstes, besonders auch durch den Beistand der Engel wird der Dienst der Kirche so vollkommen und erhaben, daß Gott Vater Sein Wohlgefallen daran hat.

 

DER BEISTAND DER HIMMLISCHEN HEERSCHAREN

Das hl. Meßopfer ist kraft göttlicher Einrichtung schon in sich ein allvermögendes Gebet. Während der Feier der hl. Geheimnisse ist der Thron der Gnade allen zugänglich, die guten Willens mit Vertrauen hinzutreten. Segensquellen sprudeln. Die lebendigen Wasser der Gnade rauschen in starken Strömen und wollen ausgeschöpft sein. Der Menschengeist kann selbst bei der Erleuchtung von oben diese abgrundtiefen Geheimnisse nicht ergründen, er kann nur staunend anbeten und danken.

Nun hat der gute Gott den Gläubigen beim hl. Meßopfer noch andere mächtige Helfer bestellt, nämlich die Schutzengel und die himmlischen Heerscharen. Durch ihre Vermittlung, Hilfe und Beistand wird das Sakrament des Heiles noch wirksamer für die ihnen anvertrauten Schutzbefohlenen. Im Verein mit den Engeln wird der Gottesdienst vollkommener gestaltet, und vieles wird ersetzt, was die Menschen aus sich allein nicht zustande bringen.

 

SCHUTZENGEL DER GANZEN KIRCHE UND EINZELNER LÄNDER

Nach dem Sanctus sehe ich die Schutzengel der ganzen hl. Kirche in starker Tätigkeit dabei stehen, an ihrer Spitze der hl. Erzengel Michael. Auch die Schutzengel einzelner Länder und Staaten treten wirksam auf und bringen die Anliegen und geistigen Interessen jener Reiche vor das Angesicht Gottes, die ihnen von Gott in Seiner Fürsorge zugewiesen sind.

Der Gottesdienst und die Huldigung der streitenden Kirche ist vollkommen. Zunächst deshalb, weil das menschgewordene Wort alle Ehre und alle Anbetung dem Allerhöchsten selbst erweist. Er ist auch vollkommen, weil die Engel, diese dienenden Geister, vom Himmel über dem Menschensohn auf‑ und niedersteigen und die hochheiligen Geheimnisse der hl. Messe zusammen mit der streitenden Kirche feiern. Durch das Zusammengreifen der triumphierenden und der streitenden Kirche, geschart um den Hohenpriester, wird das hl. Meßopfer ein Geschehen, das in seiner Erhabenheit den gläubigen Sinn zum höchsten Staunen hinreißt und gebannt hält.

SCHUTZENGEL DER ZELEBRANTEN

Ich sehe, wie der persönliche Schutzengel des zelebrierenden Priesters in einer Art Levitenkleidung, und stets zu seiner Linken, ihm beisteht.

Seine Aufgabe ist es, die Mängel des Priesters während der hl. Messe zu ersetzen, sei es, daß die Fehler aus menschlicher Schwä­che oder aus Nachlässigkeit begangen werden. Er umgibt seinen Schützling mit einer rührenden Sorgfalt, ja er trägt ihn gewisser-maßen auf den Händen. Er macht ihm überall Platz, flößt ihm gute Gedanken ein, damit die Opferhandlung Gott wohlgefällig wird. Weil er sieht, wie der ewige Hohepriester in dem zelebrierenden Priester tätig ist, schätzt er den hl. Dienst und die priesterliche Würde anders ein als die gewöhnlichen Christen. Die beste Mutter kann ihr Kind nicht so zuvorkommend bedienen, wie es der hilfreiche Schutzengel seinem Schützling gegenüber tut.

Dem persönlichen Schutzengel des Zelebranten obliegt auch die Aufgabe, selbst kleinste Partikel der hl. Substanz nicht verunehren zu lassen. Er sammelt daher sofort die Teilchen und bringt sie bisweilen, wenn es so der Wille Gottes ist, einer kranken Seele, die sich nach der Kommunion sehnt, sie aber nicht wirklich empfangen kann.”

(In entscheidenden Perioden greifen nach dem Bericht der Hl. Schrift die himmlischen Geister tatsächlich in die Geschicke der Völker ein. So erschien z.B. der Erzengel Gabriel dem Propheten Daniel und belehrte ihn über das Schicksal des auserwählten Volkes. “Daniel, du liebenswerter Mann, vom Tag an, als du deinen Sinn darauf gerichtet hast, Verständnis zu erlangen, und dich vor deinem Gott zu demütigen, sind deine Worte erhört worden. Aber der Fürst des Königreiches Persien stand mir 21 Tage entgegen. Doch siehe: Michael, einer der vornehmsten Fürsten kam mir zu Hilfe, so daß ich nun beim Fürsten (Schutzengel) der Perserkönige verbleiben konnte.” [Dan 10,12f.] - (In Fatima stellte sich der Engel den Kindern als der Schutzengel Portugals vor.)

Vom Kreuzweg des Herrn berichtet die Hl. Schrift: Simon von Cyrene wird gezwungen, das Kreuz zutragen [Mt 27,32‑33; Mk 15,20‑22; Lk 23,26].

Christus ruft den weinenden Frauen zu: Weinet nicht über mich, sondern über euch und über eure Kinder, mit der Ankündigung künftiger Ereignisse. [Lk 23,27‑31]

Die zwei Missetätern, die ebenfalls zum Kreuzestod verurteilt sind. [Lk 23,32]

Aus der christlichen Tradition sind dem Kreuzweg noch die Begegnung Jesu mit seiner Mutter und der dreimalige Fall unter dem Kreuz beigefügt.

 

DIE SCHUTZENGEL DER GLÄUBIGEN

“Sie übernehmen die Aufgabe, ihre Schutzbefohlenen zur hl. Messe aufzumuntern und ihnen Sammlung einzuflößen. Nichts tun die Engel lieber, als ihren Schützlingen das Geleit zur Feier der hl. Messe zu geben. Welche Freude empfinden sie, wenn ihre Anregungen gut aufgenommen werden! Oft müssen die Engel die Mängel der Gläubigen ersetzen. Es fehlt vielen der lebendige Glaube; oft genügt ihnen der schlechteste Grund, um der hl. Messe fernzubleiben. Leute, die mit solcher Gesinnung zum hl. Opfer kommen, alles ganz gleichgültig hinnehmen, ja Rücksichtslosigkeit an den Tag legen, erhalten wenig oder gar keine Gnade.

Rührend ist es zu sehen, wie die Engel bei der hl. Messe die Anliegen und Bittgebete der Gläubigen der hl. Dreifaltigkeit vorbringen und in hilfsbereiter Liebe aufopfern.”

(Man vergleiche diese Aussage mit dem Text bei Johannes in der Apokalypse: “Da kam ein anderer Engel und trat mit einem goldenen Weihrauchfaß vor den Altar. Man gab ihm viel Räucherwerk, damit er es zu den Gebeten aller Heiligen auf den goldenen Altar vor dem Thron bringe. Da stieg der Duft des Räucherwerkes aus des Engels Hand hin zu Gottes Angesicht, und zwar im Verein mit den Gebeten der Heiligen” [Apk 8,3]. Die Wirkung der Gebetsliturgie im Himmel und die Mittlerrolle der Engel bei dieser Liturgie kann man nicht besser be­schreiben.)

Könnten die Menschen doch nur einmal dieses erhabene Geschehen der hl. Messe mit ansehen! Sie würden bestimmt die hl. Messe sehr hoch einschätzen und kaum eine versäumen. Jedoch die irdischen Güter gelten mehr, und die Gnadenwerte bleiben verkannt und kaum begehrenswert. Wie schade ist das!

Ist ein Mensch auf die Abwege der Sünde gekommen, so ist der Schutzengel ungemein tätig, allerdings sehr traurig und in tiefer Besorgnis. Wenn sich aber ein Sünder bekehrt und sich durch die Frucht des hl. Opfers zu Gott wendet, hat nicht nur der persönliche Schutzengel, sondern auch der ganze Chor der umstehenden Engel große Freude. Wenn ein verlorener Sohn zum himmlischen Vater zurückkehrt, seine Schuld bekennt, findet immer ein Versöhnungsfest statt, bei dem die hl. Engel ihren Freudengesang anstimmen. Sie werden vom Besten aller Väter selbst eingeladen, wenn Er spricht: ‘Freut euch mit mir, denn dieser mein Sohn war verloren und ist wiedergefunden worden.' “

“Jesus rief mit lauter Stimme.” [Mt 27,50].” ...stieß einen lauten Schrei aus.” [Mk 15,37] “...neigte sein Haupt und gab Seinen Geist auf.” [Joh 19,30].

 

 

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DIE HOCHHEILIGE WANDLUNG

Die Einsetzungsworte des hl. Altarsakramentes werden vom ewigen Hohenpriester selbst in höchsteigener Person gesprochen und wiederholt: “Das ist Mein Leib” - “Das ist der Kelch Meines Blutes” - “Tut dies zu Meinem Andenken.”

Die Eucharistie ist die Frucht des Opfertodes Unseres Herrn. Aus diesem Grund werden wir gemahnt: “Sooft ihr dies Brot esset und den Kelch trinket, sollt ihr den Tod des Herrn verkünden, bis Er wiederkommt” [1 Kor 11,26]. Eucharistie und Opfertod Christi bedingen sich gegenseitig, wie es der hl. Thomas so kurz zusammenfaßt mit den Worten: “O memoriale mortis Domini.” Die Wandlungsworte verkünden den Opfertod Christi, wenn es heißt: “Der Kelch Meines Blutes, der für euch und für viele vergossen wird.

 

DAS UNSICHTBARE INNERE GESCHEHEN IM SAKRAMENT

Das Geheimnis der hl. Wandlung ist die erneute Aufopferung des auf Golgotha erfolgten Kreuzestodes mit Vergießung des kostbaren Blutes. Jesus Christus, der Mittler zwischen Gott und den Menschen [1 Tim 2,5] ‘bringt sich durch den Hl. Geist als makelloses Opfer Gott dar, um unsere Gewissen zu reinigen zum Dienst des lebendigen Gottes' [Hebr 9,14]. Der Tod des Gottmenschen, der Sühnetod in Seinem Blut gehört zum Wesen der hl. Messe, weil Christus “Sein Volk von den Sünden erlösen soll” [Mt 1,21] und weil es “ohne Blutvergießen keine Verzeihung der Sünden gibt” [Hebr 9,22].

Der Fortgang der hl. Messe gestattet kein längeres Verweilen bei den Schmerzen des göttlichen Opferlammes. Der Gekreuzigte hat jedoch dem frommen Ordensmann auf eine andere Weise die innigere Anteilnahme an Seinem Kreuzesleiden gewährt (vgl. innere Wundmale).

Durch das Licht der Beschauung wurde Br. Kostka tief in das Glaubensgeheimnis der hl. Wandlung eingeführt. Erhebende Momente sind seinem Geist sichtbar, Augenblicke, die geeignet sind, auch uns tiefer das Geheimnis der Wandlung verstehen zu lassen und uns mit religiöser Freude zu erfüllen.

Diese erhebenden Augenblicke, die Br. Kostka sieht, sind:

Die geheimnisvollen Vorgänge bei der Konsekration der Hostie und des Weines.

Die Anteilnahme und das Wirken der hl. Dreifaltigkeit.

Die Tätigkeit der hl. Engel.

Die Geburtsstunde der hl. Kirche bei der Todesstunde Christi.

Die geistige Mutterschaft Mariens bei allen Gotteskindern durch die Übernahme der Mutterschmerzen unter dem Kreuz.

Originell und einzig in seiner Art ist der Bericht über die Stellung und die Mutteraufgabe an der Opferstätte Golgotha. Der ungeschulte Laie diktierte das erhabene Mysterium fließend aus dem Stegreif in einer Formulierung, die allgemein verständlich ist. Nur wenn eine Seele durch das Licht und das Feuer des Hl. Geistes den Inhalt der erhabenen Wahrheit in lebendiger Wirklichkeit in sich aufgenommen hat, kann der Geist aus der geistigen Feueresse den Inhalt in menschliche Worte umgießen und verständlich machen.

DIE WANDLUNG

Zeitlich wiederholt und erneuert die Wandlung den Opfertod unseres Herrn am Kreuz. Dieser Augenblick der hl. Messe ist ein einzigartiges Geschehen für Engel und Menschen, ja für die heiligste Dreifaltigkeit. Wie werden die Menschen dereinst staunen, wenn das abgrundtiefe Geheimnis entschleiert wird und offen vor ihren Augen steht! Wie viele werden dann ihre Saumseligkeit bereuen, weil sie der hl. Messe zu wenig Beachtung geschenkt haben! Wie werden die Gläubigen der evangelischen Kirche erschrecken, wenn sie einsehen müssen, was für einen Schatz sie fortgeworfen und wie viele eucharistische Gnaden sie verloren haben!”

Die unseligen Folgen der Glaubensspaltung gingen Br. Kostka tief zu Herzen; mehrfach kam er auf diesen Gegenstand mit tiefem Bedauern zu sprechen.

Br. Kostka hatte durch das “lebendige Licht der Gottheit” die Unterscheidungsgabe und konnte im Vorbeigehen in höherem Licht feststellen, ob eine Kirche katholisch sei oder ob sie für den protestantischen Gottesdienst gebraucht werde. Ohne das Sakrament der Eucharistie sei eine Kirche leer, kalt und habe nichts Anziehendes!

 

DIE KONSEKRATION DER HL. HOSTIE

“Der ewige Hohepriester spricht durch den Mund des Priesters die Worte: 'Das ist mein Leib.' Er hebt sich selbst durch die Hände des Zelebranten empor, Seinem himmlischen Vater entgegen.

Der Opferleib Christi ist blutleer und entseelt. Aber er ist, wenn auch gestorben, mit der Gottheit vereinigt. Bei der Wandlung leuchten die hl. Wunden. Die Hinopferung Christi gehört zum Wesen der Wandlung. Dadurch werden Himmel und Erde versöhnt. Ich nehme in diesem Augenblick auch wahr, wie der Heiland sich für die Sünden des ganzen betreffenden Tages Seinem himmlischen Vater aufopfert, sich sogar danach sehnt, daß Er sich für das Heil der Welt hinopfern kann.”

“Eine größere Liebe hat niemand, als der, der sein Leben für die Seinen hingibt.” [Joh 10,11] Nach dem Konzil von Trient hat Christus das Opfer des Neuen Bundes eingesetzt, um jenes blutige Opfer am Kreuz zu vergegenwärtigen, um das Gedächtnis bis ans Ende der Zeiten festzuhalten und um uns die “heilsame Kraft zur Vergebung jener Sünden zuzuwenden, die von uns täglich begangen werden.” [Denz 938]

 

DIE KONSEKRATION DES HL. BLUTES

“Der Heiland spricht im Priester und durch den Mund des Priesters die Konsekrationsworte über den Kelch. Durch göttliche Worte wird der Wein in das Blut des Gottmenschen verwandelt. Im Gegensatz zum Leib Jesu sehe ich Sein heiliges Blut nicht tot und entseelt, sondern lebendig. Ich sehe es rot und doch wie hell, von hl. Liebesfluten aufwallend und in ganz starkem Aufleuchten. Die Finsternis muß weichen. Der Heiland hebt selbst wieder Sein heiliges Blut empor und überreicht es als Sühne und Kaufpreis der Erlösung Seinem ewigen Vater.”

“Christus kam als Hoherpriester der zukünftigen Güter. Er ist durch das größere und vollkommenere Gezelt, das nicht mit Händen gemacht ist, d.h. nicht dieser Schöpfung angehört, auch nicht durch das Blut von Böcken und Kühen, sondern durch Sein eigenes Blut ein für allemal in das Heiligtum eingegangen, indem Er eine ewige Erlösung erworben hat. Denn wenn das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh durch Besprengung die Verunreinigten heiligt zur leiblichen Reinheit, wieviel mehr wird das Blut Christi, der durch den Heiligen Geist sich selbst als ein makelloses Opfer Gott dargebracht hat, unser Gewissen reinigen von toten Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen.” [Hebr 9,11‑14]

 

DIE HEILIGSTE DREIFALTIGKEIT
WÄHREND DIESER ZEIT­ - GOTT SOHN

Das durchbohrte Herz Jesu durchstrahlt mit übernatürlichem Glanz die ganze Schöpfung. Seine hl. Wunden leuchten in Verklärung und in solch wunderbaren Farben, daß ich ganz außerstande bin, dieses Leuchten zu schildern. Ich kann auch kein Farbenspiel in der Naturordnung finden, das diesem Glanz vergleichbar ist. Ebenso leuchtet das heiligste Antlitz in einem ungemein lieben und milden Glanz. Der Heiland geht in diesem Augenblick in die Himmel ein und stellt sich dem Angesicht Gottes für uns dar.

Christus stellt das Ebenbild Gottes in den Seelen wieder her und bereitet Seinem innig geliebten Vater unendliche Freude, unermeßliche Ehre und Verherrlichung. Der ewige Hohepriester ist am Ende Seiner Erdenlaufbahn angelangt. Sein Opfer ist vollendet, die Welt ist erlöst.

Dieses Opfer bleibt von ewig gültiger Dauer. Es wirkt rückwärts bis an den Anfang und vorwärts bis zum Abschluß der Weltzeit. Die hl. Messe ist das immerwährende Opfer, das an allen Orten und zu allen Zeiten dargebracht wird. In der höchsten Liebe und Opfergesinnung ist auch Christus unendlich glücklich und selig. Er ist ein für allemal in das Allerheiligste eingegangen als Hoherpriester, als Opfer, Versöhner und Fürsprecher für die Menschen. Seine Verdienste sind unerschöpflich und unausschöpfbar. Sein Mittleramt dauert bis zum Ende der Welt.

 

GOTT VATER

Der ewige Vater ist meinem geistigen Blick bei der Wandlung in Bildform als der 'Hochbetagte' sichtbar. Er streckt Seine Arme zum liebevollen Umfangen Seines Sohnes aus. Er erhört und erfüllt die Bitte: 'Vater, in Deine Hände empfehle ich meinen Geist.' Mit unendlicher Rührung sieht Er auf Seinen geliebten Sohn, auf Seine verklärten Wunden und auf das Opfer der Versöhnung.

Es läßt sich menschlich gar nicht aussprechen, wie der ewige Vater über das Opfer Seines Sohnes gerührt und erfreut ist. Nur Sein göttlich allwissendes Auge sieht, wie Sein Sohn den göttlichen Willen bis in alle Einzelheiten, nicht aus Zwang, sondern in höchster Liebe und Hingabe erfüllt hat, ja erfüllt hat bis zum Übermaß, stets bereit, noch viel mehr zu leiden und zu dulden, wenn es überhaupt möglich gewesen wäre. Es ist nun, als wenn der himmlische Vater das Kreuz mit dem blutleeren Opferleib in den Händen haltend den Menschen gleichsam sagte: 'Seht, um welch teuren Preis ihr erkauft seid! Seht, wie sehr mich mein Sohn geliebt hat! Seht, wie mein Sohn euch liebt, daß Er sich an eurer Stelle in den Tod dahingegeben hat!'

In diesem Augenblick nehmen die hl. Engel das Kreuz in Empfang, und Christus setzt sich zur Rechten der Kraft Gottes, zur Rechten des Vaters. Dieser überreicht nun dem Gottessohn in Menschengestalt das Kreuz, aber nun als Siegeszeichen des Triumphes wegen der Erlösung, als Siegeswaffe, weil fortan alle Siege zum Heil nur im Kreuz erfochten werden. Sofort weicht die Schmach des Kreuzes. Das Kreuz wird zum Zeichen der höchsten Ehre und Auszeichnung. Im Kreuz liegt das Heil. Das Kreuz ist nun auf dem Altar aufgerichtet. Als Symbol und Opferstätte der göttlichen Liebe erhält das Kreuz den ersten Platz. Christus selbst ehrt das Kreuz als Kriegswaffe, mit der Er den Tod und den Teufel überwunden hat, weil Er auf dem Holz des Kreuzes die Sünde auf sich genommen und die Sünde gesühnt hat.

      

DER HL. GEIST

Der Hl. Geist hat die Menschheit Christi durch Seine überschattende Kraft gebildet und während des ganzen Erdenlebens geführt. Nun verherrlicht Er das menschgewordene Wort in höchster Liebe. Die Liebesflammen des Hl. Geistes waren die göttlichen Gluten, in denen sich Christus verzehren ließ. Als der ewige Hohepriester sich als makellose Opfergabe darbrachte, als Brandopfer sich verzehrte, waren nicht irdische Flammen, sondern die göttlichen Liebesgluten des Hl. Geistes tätig.

Bei der Wandlung sehe ich den Hl. Geist in bildhaft und in ewiger Jugend ungemein tätig. Durch den Opfertod Jesu wird es dem Hl. Geist möglich, mit Seinem Feuer die eiskalte Kruste der Herzen zu schmelzen, Seine Liebe in die Herzen einzugießen und in ihnen zu entfachen. Das Herz Jesu ist das Organ, durch welches der Hl. Geist wirkt. Er nimmt nach dem Schriftwort von dem Schatz Jesu und gibt aus ihm die Liebe weiter, wie Christus sagt: 'Er wird von dem Meinen nehmen und euch verkünden.' [Joh 16,14]

Durch diesselbe überschattende Kraft, mit der der Hl. Geist den Leib Christi im Schoß der reinsten Jungfrau bildete, formt Er in der Seitenwunde der Erlösers den mystischen Leib der Kirche. Im gleichen Moment, in dem Christus stirbt, wird die Kirche geboren. Das Leben Jesu geht in die Kirche über. Im geistigen Schauen ist dies Geheimnis wohl verständlich, aber es ist schwer, diesen Vorgang in Menschenworten wiederzugeben.”

Am Herz‑Jesu‑Fest bekennt der katholische Erdkreis im Festhymnus: “E’ Corde scissi Ecclesia, Christo jugata nascitur” d.h. Aus dem durchbohrten Herzen wurde die Kirche geboren und Christus angetraut.” Und am Kirchweihfest stimmt die Liturgie das Invitatiorium mit den feierlichen Worten an: “Kommt laßt uns Christus anbeten, den Bräutigam der Kirche!” Sie ist ja nach dem hl. Johannes [Apk 19,5] die “Braut des Lammes”.

Der Geburtstag der hl. Kirche darf nicht unbeachtet bleiben, sondern muß mit Ehren religiös gefeiert werden. Nun ist es eine glückliche Fügung und Vorsehung, daß uns der Hl. Geist durch erleuchtete Traditionszeugen, die Kirchenväter, gerade am Fest und in der Oktav des heiligsten Herzens Jesu dieses Geburtsgeheimnis erschließen will, weil die Kirche ihr Leben und Dasein aus der Seite Jesu erhalten hat.

Wegen der Bedeutung dieser Zeugnisse über diese Wahrheit werden die Texte von drei Kirchenlehrern Augustinus, Chrysostomus und Bonaventura angeführt:

“Die erste Frau wurde aus der Seite des schlafenden Mannes gebildet. Sie wurde Leben und Mutter der Lebendigen genannt. Dieses ist ein großes Gut vor dem Unheil des Abfalles. Der zweite Adam (Christus) neigte Sein Haupt und entschlief am Kreuz, damit aus Ihm Seine Braut gebildet würde, die aus der Seite des Schlafenden hervorging.” [Augustinus Trac. 120 in Joh 23]

“Ich sage, daß das Symbol und Geheimnis der Taufe jenes Wasser und Blut anzeigt, aus denen die Kirche durch die Wiedergeburt des Wasserbades und durch die Erneuerung des Hl. Geistes gegründet wurde. Ich sage: durch die Taufe und die Geheimnisse, welche aus der Seite hervorgegangen scheinen. Also aus der Seite Christi entstand die Kirche, so wie aus der Seite Adams Eva hervorgegangen ist. Aus diesem Grund bezeugt der hl. Paulus: 'Wir sind Fleisch von Seinem Fleisch und Bein von Seinem Bein' (Eph 5,31). Aus der Seite hat uns Christus das Wasser und das Blut gegeben, aus denen die Kirche stammt.” [Joh. Chrys. Hom. ad Neophytos, am Fest des kostbaren Blutes.]

“Damit die Kirche aus der Seite Christi, als er am Kreuz entschlief, gebildet werden konnte, wurde durch göttliche Anordnung geduldet, daß einer der Soldaten mit der Lanze die hl. Seite durchbohrte und öffnete. Durch das herausströmende Blut und Wasser wurde der Kaufpreis unseres Heiles erlangt; aus der geheimnisvollen Quelle des Herzens sollten die Sakramente ihre Kraft zum Gnadenleben erhalten.” [Bonav. Lib. de ligno vitae 30.]

Der Bericht von Br. Kostka über den Ursprung der Kirche stimmt, wie der Vergleich ausweist, mit der Lehre der Kirchenväter überein. Besonders aufschlußreich ist eine Angabe, daß der mystische Leib der Kirche ebenso wie der physische Leib Christi durch die überschattende Kraft des Hl. Geistes gebildet wurde. Der physische Leib und das physische Herz Jesu wurden vom Hl. Geist im Schoß der reinsten Jungfrau aus ihrem Blut gebildet (vgl. Herz‑Jesu‑Litanei). Der mystische Leib wurde ebenso durch die überschattende Kraft des lebendigmachenden Geistes und durch das kostbare Blut in der Seitenwunde Jesu gebildet.

Wenn Br. Kostka sieht und sagt: “Ich sehe das hl. Blut nicht tot und entseelt, sondern lebendig. Ich sehe es rot und doch wie hell, von heiligen Liebesgluten aufwallend und in ganz starkem Aufleuchten”, so nehmen sich diese Worte aus wie eine Begründung (ratio theologica) dafür, daß durch das gottmenschliche Lebenselement des Blutes die Kirche belebt wurde. Leben kann eben nur durch Leben gespendet werden. Dieses biologische Gesetz gilt in der ganzen Seinsordnung.

Auch das Weizenkorn [Joh 12,24], das in die Erde fällt und stirbt, überträgt das Leben und bildet den neuen Halmsprößling durch das Protoplasma. Das geschieht, wenn es am Absterben ist, aber nicht, wenn es schon durch Verwesung alle Lebenskraft verloren hat. Ebenso geht beim sterbenden Heiland “Sein Leben in die Kirche” belebend über.

 

DIE SCHMERZENSMUTTER UNTER DEM KREUZ

“Die Mutter Gottes sah, als sie unter dem Kreuz stand, nicht nur die äußeren Leidensvorgänge, sondern auch die inneren Geheimnisse mit einem so hellen und so klaren Blick, wie kein anderer Mensch, auch wenn er noch so hoch begnadet ist. Diese innere Erleuchtung über die Glaubensgeheimnisse hat die Seele der reinsten Jungfrau im Gleichgewicht gehalten, so daß sie nicht in wildem Schmerz aufgelöst war. Maria ist beherrscht von einer wunderbaren Ruhe und Fassung, die uns gewöhnlichen Sterblichen unfaßbar ist.

Wenn auch die Glaubenserleuchtung den Geist Mariens unter dem Kreuz gefaßt hielt, so ist ihr doch der Mutterschmerz nicht erspart worden. Ganz im Gegenteil: Die Größe ihrer Mutterliebe und Mutterwürde hat sie sich in der Tiefe der Leiden verdienen müssen. Unter dem Kreuz hat Maria im Augenblick, als die Seite Christi durchbohrt wurde, eine ihrer wichtigsten Aufgaben übernommen. Denn sie wurde die Mutter aller Gotteskinder und aus diesem Grund die Mutter der hl. Kirche. In jenem Augenblick, als der Hl. Geist im Herzen Jesu durch das herausströmende Blut den mystischen Leib Christi bildete, hat Maria alle Kinder, die das Reich Gottes erben, in Schmerzen geboren. Der Leidensschmerz Mariens ist mit ihrem Mutterschmerz untrennbar verbunden. Ihr Leidensschmerz ist aber verklärt durch das Geheimnis der Mutterwürde und ihrer jungfräulichen Fruchtbarkeit.”

[Maria ist Generalerbin aller Gnaden. Die Gnaden  flossen aus dem Herzen Jesu in ihr unbeflecktes Herz. Das Herz Jesu wurde in ihrem Schoß gebildet, aus ihrem Blut. Ihr Herz ist die Schatzkammer - der Thron der Gnade, wie es im Introitus der Messe von Unbefleckten Herz Mariens heißt. Hier ist die Bedeutung von Fatima.]

Maria, die Mutter des ewigen Hohenpriesters stand zusammen mit dem hl. Johannes am Opferaltar, dem Kreuz am nächsten [Joh 19,25]. In höchster Mutterliebe und Hingabe stand sie Ihrem göttlichen Sohn bei Seiner blutigen Primiz auf Golgothas Höhen bei. Sie stand aber nicht nur äußerlich bei, denn sie brachte selbst auch ein Doppelopfer dar: Sie opferte Ihren göttlichen Sohn und mit ihm sich selbst.

Dieses Mutteropfer kann man besser würdigen und kann viel klarer sehen, wenn man das Mutteropfer Mariens dem Vateropfer Abrahams vergleichbar gegenüberstellt.

Das Vateropfer Abrahams, im Glaubensgehorsam dargebracht, wirkte sich in unermeßlichem Segen aus. Ihm beteuerte Gott: “Ich will dich segnen und will dich durch einen großen Namen berühmt machen. Du wirst gesegnet sein. In dir werden alle Geschlechter der Erde gesegnet” (Gn 12,2‑3). Dieser Segen wurde durch Christus auch auf die Heiden übertragen (Gal 3,8‑9).

Maria hat durch ihr Opfer unvergleichlich mehr Segen erhalten und auf alle Völker übergeleitet. Der Segen ist bei Maria so übermächtig und so charakteristisch, daß der Segen ihr Ehrentitel und Eigenname wurde. Sie heißt “Gesegnete - Hochgebenedeite.” Mit dem Erzengel Gabriel rufen Millionen von Christen Tag für Tag: “Du bist gebenedeit unter den Frauen.” [Lk 1,28]

Nach dem Namen Jesu ist ihr Name der berühmteste. Sie wird auf dem ganzen Erdkreis gerühmt, wie sie selbst es ankündigte: “Von nun an werden mich selig preisen (benedeien) alle Geschlechter der Erde.” [Lk 1,48]

Das Vateropfer Abrahams, das ihm Herzblut kostete, war die Ursache größter Fruchtbarkeit. “Du sollst der Vater vieler Völker werden. Darum sollst du nicht Abram (hoher Vater), sondern Abraham (Vater der Menge) heißen. Ich will dich sehr, sehr fruchtbar machen. Zu Völkern mache ich dich; Könige sollen aus dir hervorgehen.” [Gen 17,5 f.; 22,17]

Maria hat beim Kreuz durch ihr Opfer im Glaubensgehorsam eine neue Mutterschaft, einzig in ihrer Art erlangt. Unter allen Frauen hat sie allein eine doppelte Mutterschaft. In der Naturordnung ist sie die Mutter des Eingeborenen Sohnes Gottes durch die Geburt. In der Gnadenordnung ist sie die Mutter der Gotteskinder in der weitesten Universalität nach Raum und Zeit.

Die doppelte Mutterschaft Mariens ist in zwei Schrifttexten [Gen 3,15; Apk 12,17] vom Hl. Geist ausgesprochen und durch die heilige Urkunde bezeugt. In der Geheimen Offenbarung heißt es: “Der Drache ergrimmte über die Frau und ging hin - mit den Übrigen ihrer Nachkommenschaft [cum reliquis de semine eius] - Krieg zu führen.” Unzweideutig werden dann auch die Nachkommen angegeben und aufgezählt. Die Übrigen ihrer Nachkommenschaft sind nämlich alle Gotteskinder nach Raum und Zeit “welche die Gebote Gottes halten – welche das Zeugnis Christi haben.”

Somit ist die geistige Mutterschaft Mariens um ein ganz Bedeutendes größer als die Vaterschaft Abrahams. Br. Kostka drückte diese Wahrheit kurz und doch umfassend aus mit den Worten: “Unter dem Kreuz hat Maria eine ihrer wichtigsten Aufgaben übernommen, in dem Augenblick, als die Seite Christi durchbohrt wurde. Denn sie wurde die Mutter aller Gotteskinder und aus diesem Grund die Mutter der Kirche.”

Die Größe, Hoheit und Machtfülle der Mutterwürde Mariens ist der “Frau der Offenbarung” als ein freies Geschenk Gottes verliehen worden, aber nicht ohne entsprechenden Opfereinsatz und persönliche Mitwirkung. Ihr wurden ja die geistigen Geburtswehen nicht erspart, als ihr unter dem Kreuz die Kinder der großen Gottesfamilie anvertraut wurden. Unter dem Kreuz hat sie zusammen mit dem “männlichen Sproß der Verheißung” [Gen 3,15] ihren Fuß auf das Schlangenhaupt gesetzt, ihm die Gewalt des Todes [Hebr 2,14] entrissen, als ihr göttlicher Sohn den Gewaltherrscher der Unterwelt durch seinen Tod vernichtete.

Abschließend sagte Br. Kostka:

“Diese und andere Geheimnisse sehe ich bei der Wandlung wie gegensätzlich vor mir. Vieles werde ich mit dem geistigen Blick gewahr; es sind erhabene Ereignisse, die ich mit Worten nicht auszusprechen vermag. So ist es mir merkwürdig zumute, daß mir in der letzten Zeit der Mörder von Düsseldorf gezeigt wird. Er ist eben auch wie der Schächer am Kreuz erst noch in letzter Stunde gerettet worden, da er noch vor der Hinrichtung beichtete und die hl. Kommunion empfing. Ich kann den armen Schelm nicht verstoßen und bete für ihn. Denn es muß für solche Sünder vieles gutgemacht werden.” [Parallele zur hl. Theresia von Lisieux]

Die hl. Schrift hat den Opfertod, die näheren Umstände und auch andere beachtenswerte Einzelheiten der Kirche übermittelt. Auf diese sei verwiesen:

Die Kreuzigung Jesu und der beiden Schächer [Mt. 27,31 f., Mk 15,22 f., Lk 23,33f., Joh 19,18].

Unmut der Pharisäer wegen des Kreuzestitels [Joh 19,19 f.]. Kleiderverteilung [Mt 27,35f., Mk 15,24, Joh 19,23]. Verspottung des Gekreuzigten [Mt 27,39f., Mk 15,29f.]. Gnadenwort an den guten Schächer [Lk 23,43].

Vermächtnis Jesu: “Siehe deinen Sohn - Siehe deine Mutter.” [Joh 19,25].

Angstruf Jesu in seiner Gottverlassenheit [Mt 27,46f., Mk 15,33f., Lk 23,44].

Verfinsterung der Sonne [Lk 23,45].

Qualvoller Durst Jesu [Mt 27,48, Mk 15,36, Joh 19,28].

Jesu Siegeswort mit Aufschau zu seinem Vater [Joh 19,30, Lk 23,46].

Jesu Tod und die begleitenden Umstände [Mk 15,37 ff., Lk 23,46 f.].

Grablegung [Mt 27,57‑61, Mk 15,42‑47, Lk 23,50‑55, Joh 19,38‑42].

“Durch Sein Sterben hat Er (Christus) unseren Tod vernichtet und durch Seine Auferstehung hat Er uns das Leben erworben.” (Osterpräfation).

 

GEDÄCHTNIS DER GLORREICHEN AUFERSTEHUNG
NACH DER WANDLUNG

Die Liturgie übergibt nach der Konsekration in innigem Flehgebet der göttlichen Majestät die Opfergaben des Altares.

Das erste Kanongebet bringt vor das Angesicht Gottes die reine Hostie, die hl. Hostie, die makellose Hostie, das hl. Brot des ewigen Lebens und den Kelch des ewigen Heiles.

Das zweite Gebet bittet um die Annahme des Opfers mit Hinweis auf die wohlgefälligen alttestamentlichen Opfer Abels, Abrahams und Melchisedechs.

Das dritte ist ein Bittgebet, daß unser Opfer durch Engelsdienst auf dem himmlischen Altar bei Gott Annahme finden möge.

Das vierte gedenkt fürbittweise der Verstorbenen, damit alle in Christus Lebenden zum seligen Ort der Erquickung, des Lichtes und des Friedens gelangen.

Das fünfte Kanongebet bittet um die Zulassung und um die Aufnahme in die Gemeinschaft der Heiligen.

Den Opferabschluß bildet die Erhebung der hl. Hostie zugleich mit dem Kelch, damit durch Christus die Verherrlichung Gottes - das letzte und höchste Ziel jeder religiösen Handlung - erreicht werde.

Im inneren, sakramentalen Geschehen wird nach der Konsekration die Auferstehung unseres Herrn gegenwärtig. Christus ist nun in den eucharistischen Gestalten mit Seinem Auferstehungsleib zugegen; mit Seinem Auferstehungsleib wird Er auch von den Gläubigen in der Kommunion empfangen. Die ganze Zeit nach der Wandlung bis zur Kommunion einschließlich ist der glorreiche Sieger mit den leuchtenden Wundmalen auf dem Altar.

Folgerichtig ist es und steht im Einklang mit der Glaubenswahrheit, wenn Br. Kostka in mystischer Schau mit den geistigen Augen den Glorreich‑Erstandenen sieht, und auch mit ihm die Auferstehungsfreuden teilen darf. “Wenn der Herr an den Leidensorten vorüberzieht und sich Seiner Triumphe freut, bekomme auch ich hie und da manchen Tropfen Siegesfreude zu kosten.”

Das innere Geschehen nach der Konsekration ist charakterisiert durch die Vergegenwärtigung der historischen Ereignisse von Ostern bis zur Himmelfahrt. Aber das ist nicht alles. Denn das Erlösungswerk der hl. Messe hat eine viel größere Dimension und eine weltumspannende Auswirkung; der Glor­reich‑Erstandene will die “Auferstehungsgnade” allen Seinen Getreuen, den Gliedern Seines mystischen Leibes, vermitteln. Jetzt in der Erdenzeit will er bewirken und grundlegen, was am Jüngsten Tag für die ganze Menschheit Wirklichkeit wird. Durch Seinen Erlösungstod stellt er das verlorene bzw. durch das Sündengift beschädigte Gnadenleben wieder her. Er nährt die Seele und gibt das Unterpfand der ewigen Seligkeit jedem, der würdig “das Fleisch des Menschensohnes ißt und Sein Blut trinkt” [Joh 6,55– 59]. Viermal hat Er bei der Verheißungsrede mit Nachdruck betont: “Ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag” [Joh 6,39‑40; 39,44‑55].

Wie unermeßlich erhaben und wie allmächtig ist Christus, “die Auferstehung und das Leben” [Joh 11,25] – “die Sehnsucht der gesamten Schöpfung, der ewigen Hügel” [Gen 49,26], wenn Er bei Seiner zweiten Ankunft “das Reich Gott, dem Vater, übergibt, nachdem er jede Herrschaft und Gewalt und Macht vernichtet hat und alle Feinde unter seine Füße legt, wenn Er als letzten Feind den Tod überwunden hat” [1 Kor 15,24‑28], “wenn der Tod im Sieg verschlungen ist.”

In dieser universalen Reichweite kann man die Auferstehung des physischen und des mystischen Christus am besten würdigen.

Die Zeit nach der Wandlung bis zum letzten Evangelium entspricht in lebendiger Darstellung den Geheimnissen der Auferstehung bis zur Himmelfahrt.

 

DAS ERHABENE GESCHEHEN -
DER VERKLÄRTE AUFERSTEHUNGSLEIB

“Der Heiland hat nach dem Kreuzestod nur den verklärten Auferstehungsleib. Er gleicht mehr einem Lichtleib als einem Körper aus Fleisch und Blut. Alles ist leichter und durchsichtiger. In dieser Beweglichkeit ist der Lichtleib unbegreiflich schnell, schnell wie der Gedanke. Es ist, als wenn Er nicht mehr an Zeit und Ort gebunden wäre. Nichts hindert, nichts beschwert, so daß Christus in diesem Zustand der Verklärung ohne Widerstand durch die Materie hindurchgeht.

Der Auferstandene ist im Zustand der Verklärung bald da, bald dort. Überall, wo Er erscheint, ist Er tätig, immer wird Seine Gegenwart zur Segensquelle. Er geht an Menschen vorüber, die Ihn nicht sehen, aber doch manchmal Seine Nähe empfinden.

Beim Hochamt, wenn die Messe länger dauert, sehe ich wiederholt verschiedene Auferstehungsszenen bei der Mutter Jesu, Seinen Aposteln und Jüngern. Immer sind mir die Wunden Jesu sichtbar, aber nun leuchtend und verklärt. Sie erstrahlen hell und lieblich.

Unmittelbar nach der Auferstehung sah ich schon zu wiederholten Malen den glorreich Erstandenen Seiner hl. Mutter erscheinen, und zwar zuerst vor allen anderen Menschen. Bei Seinem Erscheinen wollte sich die Gebenedeite unter den Frauen zu Seinen Füßen niederwerfen. Aber der triumphierende Erlöser ließ es nicht zu. Er umarmte mit unermeßlicher Liebe Seine Mutter, die Ihm im Leben und im Tod so ganz nahe verbunden war. Menschenzungen können nicht aussprechen, welche unendliche Freude in jenem Augenblick in das Herz Mariens strömte, sie stärkte und zu allen Aufgaben befähigte, die sie bis zu ihrem Heimgang noch lösen mußte. In ihrer Demut hat es die Magd des Herrn nicht zugelassen, daß diese Begegnung mit ihrem Sohn aufgezeichnet würde.

 

DER EUCHARISTISCHE OPFERLEIB AUF DEM ALTAR

Mit dem geistigen Blick sehe ich unseren Erlöser auf dem Altar liegend, aber betend mit ausgebreiteten Armen. Er streckt Seine Hände aus, nicht nach innen, sondern nach außen, in Parallelstellung zum Angesicht hin erhoben. Der ewige Hohepriester, immerdar lebend, um Seine Fürsprache für uns einzulegen, ist in höchster Liebesglut für uns tätig im Opfergebet und Sühneleiden zur Bekehrung und Versöhnung der Sünder.

Alle Gebete und Gebetsanliegen, die im Namen Jesu verrichtet werden, nimmt der Heiland auf Seine Lippen und bringt sie in das Heiligtum der Erhörung.

Gebete, die bei der hl. Messe nicht erhört werden, werden schwerlich zu einer anderen Zeit erhört.

Der Heiland ist indes nicht nur auf dem Altar tätig, sondern auch im Zelebranten, opfernd und sühnend. Wie diese wunderbaren Geheimnisse alle ineinandergreifen und sich gegenseitig ergänzen, kann ich nicht aussprechen. Vom Beginn der hl. Messe an ist Christus als Opferpriester beständig zum Vollzug der Messe im Priester tätig. Ein solch harmonisches Zusammenwirken zweier Personen, die Tätigkeit einer Person in einer anderen, kann man sich in der Naturordnung gar nicht vorstellen. Man kann eben in unserer irdischen Ordnung keinen Vergleich anstellen, wie dieses Zusammengreifen geordnet vor sich geht. Darum kann man auch keine Worte finden, um diese enge Verbindung des Hohenpriesters mit dem Priester zum Ausdruck zu bringen. Da versagt jede Beschreibung, nur der Glaube kann es ahnen: Dieses Geheimnis ist voll Erhabenheit und Würde.”

Bei der hl. Messe und beim Kreuzopfer ist nur ein und derselbe Priester: Christus der Herr. Die Diener, die das hl. Opfer dar bringen, vertreten nicht ihre eigene, sondern Christi Person..., was aus den Konsekrationsworten deutlich hervorgeht. Der Priester sagt nicht: “Das ist der Leib Christi”, sondern: “Das ist mein Leib.” Indem er nämlich die Person Christi vertritt, verwandelt er die Substanz des Brotes und Weines in die wahre Substanz Seines Fleisches und Blutes. [Röm. Kat. II. Teil, 4. Kap., Nr.77]

 

 

DER HIMMEL AUF DEM ALTAR

“Nach der Wandlung haben wir den Himmel auf dem Altar, denn es ist die ganze heiligste Dreifaltigkeit zugegen, der menschgewordene Gottessohn und eine unübersehbare Zahl der Engel. Alles atmet hl. Ruhe und göttliche Freude. Die stärkste Freude empfindet Christus, weil Er die Ehre Seines himmlischen Vaters wiederhergestellt, die Sünden gesühnt, den gefallenen Menschen aufgerichtet und mit dem Schöpfer ausgesöhnt hat.

Nun steht der Gnadenthron allen offen, die mit Vertrauen Hilfe von oben erflehen. Ich sehe den König und Mittelpunkt aller Herzen umgeben von Seelen der Gerechten, die längst gestorben und in die ewige Seligkeit eingegangen sind. Einige von ihnen stehen am Altar und dem Opferlamm noch näher als die Engel. Alle sind in wunderbarer Harmonie und umstehen in Ordnung den Altar, je nach ihren Verdiensten und ihrer ehemaligen Wirksamkeit in Verbindung mit dem Opferlamm und dem Gesamtwirken der Kirche.

Auch viele Seelen der Verstorbenen stehen am Thron der Gnade, die noch im Fegfeuer leiden und in Begleitung ihres Schutzengels die Verdienste der hl. Messe würdigen und so sehr danach verlangen, der Früchte der hl. Messe teilhaftig zu werden. Ich sehe dann oft auch Seelen jüngst Verstorbener aus meinem Bekanntenkreis und aus der Gesellschaft, die um Gebet und Opfer anhalten. Wie sehr sehnen sich diese Armen nach den Früchten der hl. Messe und wie sehr verlangen sie, daß sich eine mitleidsvolle Seele ihrer annimmt.”

Den himmlischen Gnadenthron auf dem Altar hat uns der Völkerapostel in ähnlicher Weise geschildert: “Ihr aber seid hinzugetreten zum Berg Sion, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem und zu den Myriaden von Engeln. Ihr seid hinzugetreten zur Kirche der Erstgeborenen, die im Himmel aufgezeichnet sind, hinzugetreten zu Gott, dem Richter aller, hinzugetreten zu den Seelen der vollendeten Gerechten, hinzugetreten zum Mittler des neuen Bundes Jesus und zur Besprengung mit Seinem Blut, das noch viel eindringlicher redet als das Blut Abels.” [Hebr 12,22‑24]

“Ebenfalls umstehen die Gläubigen diesen Gnadenthron und empfangen Gnaden, wenn sie sich durch Reueakte würdig erweisen. Oft werden sie mit dem hl. Opferblut besprengt, erquickt und gestärkt zu einem guten Leben und zur Verrichtung guter Werke.”

Gern und bewegt sprach Br. Kostka von dieser unendlichen Fülle des göttlichen Reichtums und der austeilenden Liebe Gottes bei der hl. Messe, und ich mußte mich wirklich wundern über seine Ausdrücke und seine Beredsamkeit, wenn er auf diesen Punkt zu sprechen kam:

“Bei dem Wirken aus der Gottheit zur Menschheit wird die dankbare Liebe ungemein angeregt. Bei aller Mannigfaltigkeit im Geben und Empfangen, und im Gewähren der Bitten bleibt alles in Ordnung und Ruhe. Es begegnen sich die Fülle und der Reichtum von oben mit der Armut und der Dürftigkeit von unten. Der göttliche Lebensborn heilt Seelenwunden und Krankheiten aller Art und bringt Versöhnung und Frieden in so viele Herzen.

Mein geistiger Blick ist immer auf den Herrn gerichtet. Es ist mir ganz unmöglich, das Auge abzuwenden. Dabei ist mein Blick nicht direkt auf den Altar gerichtet. An Sonn‑ und Feiertagen knie ich beim Hochamt am liebsten hinter einer Säule. Aber der Pfeiler hindert nicht das geistige Schauen. Ich habe gar keine Zerstreuung, keine Langeweile oder Ablenkung. Die Anliegen des Heilands sind auch meine Anliegen. Immer setze ich mich ein für Seine Aufgaben und die der hl. Kirche und der Seelen.

Oft bedauere ich, daß von Seiten der Umstehenden ein Mißklang in die vollkommene Harmonie und Ordnung kommt. Denn oft stimmen die Gebete und Gesänge nach der Wandlung sehr wenig überein mit dem Vollzug der hl. Geheimnisse.”

 

EMPFEHLUNG DER OPFERGABEN - UNDE ET MEMORES...”

“Im Gedächtnis an das so selige Leiden, die Auferstehung und Himmelfahrt Christi, im Namen der Kirche, des ganzen heiligen Volkes bringt der Zelebrant der göttlichen Majestät Gaben und Geschenke dar, ein reines + Opfer, ein heiliges + Opfer, ein makelloses + Opfer, das + Brot des ewigen Lebens und den + Kelch des immerwährenden Heiles. Christus, das Haupt des mystischen Leibes, opfert mit Seinen persönlichen Opfern auch die Gaben der Kirche. In Verbindung mit Ihm werden diese Gaben geheiligt und dem himmlischen Vater wohlgefällig, weil sie ihm von Seinem Sohn überreicht werden.”

 

DIE BITTE UM ANNAHME DER OPFER IM GEDENKEN AN
DIE
VORBILDER AUS DEM ALTEN TESTAMENT

“Der Priester betet, Gott wolle das Opfer gnädig annehmen, wie Er die Opfergaben Abels, Abrahams und Melchisedechs angenommen hat. Diese alttestamentlichen Vorbilder wurden mir gezeigt, und ich sehe diese Ereignisse mit dem geistigen Blick.

DAS BLUTOPFER ABELS

Im Geist wurde ich auf ein weites Feld geführt und hörte eine Stimme fragen: 'Siehst du noch nichts?' Ich antwortete: 'Nein.' Da kam die Aufforderung, etwas weiter nach vorn zu schauen. Nun sah ich Feuer und im Umkreis zwei männliche Personen, Kain und Abel. Abel war froh, Kain verdrießlich. Die Stimme sagte, das gegen Himmel auflodernde Feuer sei das Opfer des guten Abels, an dem Gott Sein Wohlgefallen habe. Das andere Feuer nahm sich aus, als wenn es nach unten, zur Erde hin schlage. Kain gab sich Mühe, das Feuer zum Zünden und Auflodern zu bringen. Aber es wollte nicht recht zünden und zur Höhe steigen.

Auf das Opfer des frommen Abel neigte sich Gott herab und nahm es mit Wohlgefallen an. Das Opfer des Kain schaute Er gar nicht an. Sofort zog Haß, Groll und Feindschaft in die Seele des Brudermörders. In diesem Zorn erschlug er den gerechten Abel. Abel legte durch seinen frommen Lebenswandel, durch seinen Glauben und durch sein Blut für Gott Zeugnis ab. Im Bekenntnis des wahren Gottes ist er als der erste Blutzeuge in die Ewigkeit eingegangen.

DAS VATEROPFER ABRAHAMS

Die Stimme ging mit mir zurück. Ich wurde an einen Berg geführt. Derselbe war nicht sehr hoch, es war nur ein Hügel. Ich sah Abraham mit einem langen, weißen Bart. Er war ein sehr kräftiger, hoher Mann. Heute gibt es keine solch kräftigen Menschen mehr. Der schwergeprüfte Mann führte einen Esel am Zügel. Ihm zur Seite ging sein Sohn Isaak. Dieser war ganz froh und munter und ahnte noch gar nichts von dem, was bald auf dem Berg vor sich gehen sollte. Er dürfte kaum älter als 12 Jahre gewesen sein; jedenfalls hatte er noch eine helle Knabenstimme.

Vater und Sohn gingen den Berg hinauf Isaak trug auf den Schultern Holz, Abraham hatte Feuer. Beim Aufsteigen richtete Isaak an seinen Vater die Frage, mit kindlicher Unbefangenheit und im Verständnis des bevorstehenden Opfers: 'Vater, du hast wohl Feuer und ich trage das Holz, aber wo ist denn nun das Opfertier?' Abraham zögerte, seinen Sohn im Gemüt zu betrüben, und sagte: 'Gott wird schon eine Opfergabe schicken.'

Oben angekommen bauten sie zusammen den Altar. Er war wie gezimmert, jedenfalls griffen die Holzstücke ineinander, woraus ich schließe, daß er etwas vorbereitet war. Dann wurde das Brennholz aufgeschichtet. In der unteren Schicht war leicht brennbares Material. Dann kamen härtere Holzstücke. Sie sahen aus wie gespaltene Klafterstücke aus Eichen‑ oder Buchenholz.

Bei der Zurichtung des Altares sprachen Vater und Sohn miteinander, um sich zu verständigen; aber sie haben noch mehr gebetet. Sie wollten mit der Opferhandlung und in bester Herzensgesinnung Gott ehren und anbeten. Es lag eine ganz feierliche Ruhe und Innigkeit in ihrem Inneren. Nach der Zurichtung des Altares band Abraham seinem Sohn die Augen zu und legte ihn auf den Altar; die Füße des Knaben hingen etwas nach unten, die Arme aber waren in Kreuzesform ausgestreckt. Sie hatten die Form wie die Arme Jesu am Kreuz angenommen. Abraham war ungemein ergriffen, aber sehr entschlossen, ohne zu zögern und unruhig zu werden.

Abraham nahm ein dolchartiges Messer aus der Scheide und zückte den Dolch auf seinen Sohn. In höchster Liebe und in Gehorsam gegen den Willen Gottes wollte er das Liebste und Teuerste zum Opfer bringen. Deshalb betete er beständig und wurde im Gebet auch gestärkt. Ebenso betete Isaak innig und kindlich, dem Zug der Gnade folgend. Er war ganz ruhig.

In diesem Augenblick, als Abraham zum Stoß ausholte, stand ein Engel, nicht in gewöhnlicher Menschengestalt, sondern mit Licht umflossen und in Jugendfrische vor Abraham und rief seinen Namen. Er fiel dem Patriarchen in die Arme und hielt den Dolch fest. Abraham war ungemein erschrocken und stand still, ohne sich Rechenschaft geben zu können, was eigentlich vor sich ging. Der Engel des Herrn rief mit fester und freudiger Stimme: 'Abraham! Tue dem Knaben nichts zuleide! Nun habe ich erkannt, daß du Gott fürchtest.'

Alsogleich verstand der Patriarch, wie Gott seines Sohnes schonen wollte und wie Er sein Vateropfer angenommen habe. Er nahm gleich seinen Sohn vom Altar herunter, löste die Binde von seinen Augen und umarmte ihn ungemein herzlich. Dabei flossen ihm beständig viele Tränen der Rührung, der Dankbarkeit und Freude über die Wangen in den schneeweißen Bart.

Bald darauf opferte Abraham einen Widder, den er im Dorngestrüpp verstrickt sah und schlachtete ihn mit dem Dolch, mit dem er Isaak opfern wollte. Nachdem er verblutet war, legte er ihn auf den Altar, zündete das Feuer an und verbrannte ihn. Von dem Schwur Gottes, Seinen großen Verheißungen an Abraham und von seinen Nachkommen habe ich nichts vernommen.

DAS OPFER DES MELCHISEDECH

Melchisedech war von Statur schlank. Sein Priestergewand war sehr reich, schön und farbig. Er trug eine Albe und einen Überwurf. Dieser glich der Kasel, wie sie die Priester des neuen Bundes haben. Er war auch mit einem Bruststück geschmückt, das 12 Namen hatte. Er stand mitten unter vielen Leuten und vielen Zelten.

Der Opferaltar, den er gebrauchte, stand mitten im Zeltlager, war aus Stein gebaut, aber mit Holz umrahmt. Einen eigentlichen Aufsatz hatte er nicht, wohl aber war er mit einem Podium unterbaut, so daß er durch seine Höhe allen Anwesenden sichtbar war und alle Handlungen des Opferpriesters gut beobachtet werden konnten. Zuerst betete Mel­chisedech aus Schriftrollen still für sich. Die Anwesenden beteten ebenfalls, aber laut und abwechselnd.

Nun nahm Melchisedech das Brot, das auf einer großen, länglich‑ovalen Patene lag, betete darüber und hob es mit der Patene empor. Es herrschte eine ganzfeierliche Stille ringsum und eine religiöse Ergriffenheit. Dann nahm er den Kelch mit Wein, ganz ähnlich wie es die Priester heute tun, betete und hob den Kelch empor. Alle Anwesenden lagen auf den Knien bei diesem Opferakt.

Von dem geopferten Brot erhielt zuerst Abraham in kniender Stellung. Er trank dann auch aus dem Kelch von dem Opferwein. Alle anderen Anwesenden fühlten in Ehrfurcht und Glauben, daß es sich um eine sehr wichtige Sache und um ein großes Geheimnis handeln müsse. Nach dem Genuß von Brot und Wein beteten sie gemeinsam und sangen. Es war ihre Danksagung. Keiner dirigierte, und doch war alles in Einheit und Harmonie, ungemein lieblich, freudig, andächtig in religiösem Ernst.

 

DIE BEDEUTUNG DER DREI
ALTTESTAMENTLICHEN VORBILDER

Ich sehe die drei Hauptvorbilder der hl. Messe immer in Dreiecksform. Oben sehe ich das Opfer Abels, links unten das Opfer Abrahams und rechts unten das Opfer des Melchisedech.

Die heiligste Dreifaltigkeit umgibt im übernatürlichen Lichtkreis diese Vorbilder, so zwar, daß Gott der himmlische Vater zur Linken ist, Ihm zur Rechten der liebe Heiland und diesem zur Rechten der Hl. Geist.

Das 'lebendige Licht und Feuer' ist so erhaben und göttlich, daß es mit unserem irdischen Licht und Feuer gar nicht verglichen werden kann. Es ist ein Anblick und ein Schauspiel, das mit Menschenworten nicht wiedergegeben werden kann. Kein Künstler kann dieses Bild zeichnen, wie es in Wahrheit ist. Die untere Kreislinie ist wie sprühendes Feuer, aber es ist nicht eine einfache, leichte Linie, sondern sie ist ganz gewaltig und massiv. An dieser Linie sind getrennte Feuerzungen sichtbar, die nach unten und nach oben züngeln und sprühen. Oberhalb dieser Linie ist alles Licht. Dasselbe ist kristallhell, jedoch mild und für das Auge ungemein angenehm und wohltuend. Es blendet nicht.

Das hl. Meßopfer ist die geistige Sonne, die allen Seelen Leben gibt. Diesem übernatürlichen Sonnenlicht gegenüber nehmen sich die vorbildlichen Opfer wie Mondlicht aus, das ganz blaß ist gegen das Licht im Strahlenkranz. Wie wünschte ich doch, daß auch die Priester alle einmal dieses Bild sehen könnten. Sie stehen eben selbst mitten im übernatürlichen Lichtkreis, sind geliebt von der heiligsten Dreifaltigkeit, werden von ihren Schutzengeln begleitet und auch von der Mutter des Herrn, die vieles durch ihre Verdienste ersetzt. In diesem Blick erkennt man so recht die hohe Würde der Priester, deren sich Gott bedient, und in denen Er wirksam ist in einer eigenen Art der Einheit mit ihnen bei der hl. Messe.

Wenn die Priester das hl. Opfer andächtig feiern und viele persönliche Opfer mit auf die Patene legen, gereicht ihnen das zu großem Segen. Umgekehrt kann persönliche Schuld und Nachlässigkeit zum Verhängnis werden. Wenn der Priester aber, durch die Umstände gedrängt, aus vernünftigen Gründen einmal rascher zelebrieren muß, trifft ihn keine Schuld; dem hl. Meßopfer geht auch nichts ab.

      

DAS DRITTE KANONGEBET   
“DEMÜTIG BITTEN WIR DICH...”

Wir beten, daß unser Opfer auf dem himmlischen Altar durch den Dienst des Engels von Gott angenommen werde. Wir flehen um die Gnade, der Früchte des hl. Opfers teilhaftig zu werden.

Das hl. Meßopfer wird vom ewigen Hohenpriester direkt Gott, dem himmlischen Vater übergeben. Aber die Früchte des Opfers werden durch den Dienst der hl. Engel, die Dienste des zelebrierenden Priesters und die der anwesenden Gläubigen in die Schatzkammer Gottes gebracht, auf den himmlischen Altar der Vergeltung und des Ausgleiches.

Aus diesem Schatz empfangen besondere Gnaden alle, die das hl. Opfer bestellt haben; jene, für die das hl. Opfer dargebracht wird; jene, für die in besonderer Weise gebetet wird. Von diesem Opfersegen des Altares empfangen wir alle gemeinsam, wenn wir das Brot des ewigen Lebens und das Blut des neuen Bundes erhalten.

 

DAS GEDÄCHTNIS DER VERSTORBENEN

Oft sind mir Verstorbene nahe, ja gegenwärtig, und flehen um das fürbittende Gebet. Besonders im Krieg, als so viele junge Leute starben, wurde ich wiederholt von Bekannten und Unbekannten um besondere Werke angegangen. Um ihren flehenden Bitten nachzukommen, bin ich dann nachts aufgestanden und habe vor dem Allerheiligsten versucht, ihren Wünschen nachzukommen.

Mit unglaublicher Sehnsucht und Innigkeit verlangen die armen Seelen im Fegfeuer, des kostbaren Blutes bei der hl. Messe teilhaftig zu werden. Die barmherzige Mutter ist ebenfalls bei der hl. Messe für ihre Kinder tätig und träufelt gleichsam das kostbare Blut ihres Sohnes in die läuternden Gluten. Beim Gedächtnis der Verstorbenen werden immer Seelen aus dem Reinigungsort befreit, vor allem jene, die in ihren Erdentagen die hl. Geheimnisse zu schätzen wußten und sich der Früchte der Erlösung teilhaftig machten. Das fürbittende Gebet hat einen sehr großen Wert. Die Gemeinschaft der Heiligen müssen wir alle richtig werten und ausnützen.

 

BITTE UM ZULASSUNG IN DIE GEMEINSCHAFT DER HEILIGEN

“Bei der hl. Messe sind neben den Engeln viele Heilige zugegen. Besonders tätig sehe ich jene Heiligen, deren Festfeier am betreffenden Tag begangen wird. Diese wetteifern mit allen anderen in Lob, Preis, Anbetung und Dank. Im Verein mit dem göttlichen Sohn auf dem Altar opfern die Auserwählten dem himmlischen Vater die Erlöserverdienste und alles Gute, was sie selbst auf Erden je mit Hilfe der Gnade ausführen konnten.

Rings um den Altar geschart, ist es immer noch ihr höchstes Glück, die Meßgeheimnisse mitfeiern zu dürfen. Von ihnen kann man lernen, wie man in Ehrfurcht und heiliger Liebe vor Gott erscheinen soll. Eine ganz wichtige Aufgabe der Heiligen beim Opfer in dem Augenblick, in dem alle Gnadenquellen fließen, ist diese, daß sie sich ihrer Schutzbefohlenen annehmen.

Wie rührend ist es doch, wahrzunehmen, wie sie den Menschen auf ihrer Pilgerfahrt Gnaden erflehen, Verzeihung der Sünden, Hilfe in besonderen Anliegen, Stärke zur Überwindung von Versuchungen und zur Ausführung schwieriger Werke! Sie haben reges Interesse an allem Guten. Sehnsuchtsvoll wünschen sie, daß der Schatz der Gnade wirksam weitergeleitet, daß der Sieg des Guten errungen und die Macht des Bösen gebrochen werde. Die Gemeinschaft der Heiligen ist ein großes Geheimnis.

Leider wird es nicht genug gewürdigt. Man versteht es besser, sobald man das wunderbare Zusammenwirken der Himmlischen und Irdischen mit den Augen des Geistes wahrnimmt. Sofort versteht man das Wachsen des mystischen Leibes der Kirche. Durch die gemeinsamen Arbeiten der Glieder baut sich der Leib nämlich auf, aber das Mitwirken der Irdischen ist eine Notwendigkeit.

In diesem Schauen versteht man auch einigermaßen, daß die Gläubigen auf Erden das königliche Priestertum ausüben müssen. Wir sind nicht umsonst ein auserwähltes Volk, ein heiliges Geschlecht, ein königliches Priestertum. Aus dieser Auserwählung und Bevorzugung ergeben sich auch Pflichten. Eine dieser Pflichten ist die, daß wir dem ewigen Vater durch den göttlichen Sohn im Hl. Geist das ersetzen müssen, was Ihm durch die Sünde der Menschen genommen ist. Opfern wir nun im Sohn und im Verein mit Ihm die hl. Messe auf, so bereiten wir dem himmlischen Vater unendliches Wohlgefallen, und wir werden dann auch selbst wieder vom Vater in Seinem Sohn umarmt und geliebt. Was uns selbst an Liebe und Dank abgeht, ersetzt der Sohn.

Wie schade ist es, daß der Glaube bei den Menschen so wenig lebendig ist! Deshalb ist auch die Ehrfurcht und die Mitwirkung auf Grund des königlichen Priestertums viel zu matt. Die Menschen wissen oft gar nicht, was sie bei der hl. Messe tun sollen, weil sie kein Verständnis für die Opferhandlung haben, und weil sie darum auch nicht wissen, wie man Gott im Geist und in der Wahrheit anbeten muß [Joh 4,22]. Könnten die Christen bei der hl. Messe die Ehrfurcht der hl. Engel und ihren vollkommenen Dienst sehen, würden viele ihre Haltung und ihre Tätigkeit ganz ändern müssen.

Dürften die Armen Seelen nochmals auf die Erde kommen, sie würden keine einzige hl. Messe versäumen. In glühender Liebe würden sie die hl. Messe mitfeiern und diese einzige Möglichkeit ausnützen, um die Sünden zu sühnen und sich Gnade zu erflehen. Nun sehen sie im Licht der Ewigkeit ein, wie die hl. Messe unser größter Schatz ist, unser Ein und Alles. Um die hl. Opferhandlung und das königliche Priestertum ausüben zu können, würden sie sich förmlich herandrängen.

Wenn die Pilger auf dieser ihrer Reise ins Jenseits das einsehen könnten, was die Armen Seelen einsehen, würden alle Kirchen zu klein sein, dann würde das Gotteshaus wirklich ein Haus des Gebetes.”

 

ABSCHLUSS DER OPFERHANDLUNG IM LETZTEN KANONGEBET

“Der Zelebrant, als gottbestellter Mittler, zeigt kraft seiner priesterlichen Vollmacht dem ewigen Vater den Sohn, den eigentlichen Mittler zwischen Himmel und Erde. In würdiger Form bringen die Zeremonien sinnig und verständlich den Opferakt zum Abschluß. Der Priester steht dabei auch in engster Verbindung mit dem Volk in Ausübung des königlichen Priestertums. Er hebt die Hostie empor und spricht:

‘Durch + Ihn, mit + Ihm und in + Ihm wird Dir Gott + allmächtiger Vater in der Einheit des Heiligen + Geistes alle Ehre und Verherrlichung.'

Die Ehre und Herrlichkeit der ganzen hl. Dreifaltigkeit wird wiederhergestellt. Zu gleicher Zeit wird auch die zürnende Gerechtigkeit entwaffnet. Durch die Erlöserverdienste und das kostbare Blut des unbefleckten Lammes wird Gott gerührt, versöhnt und zur Barmherzigkeit gestimmt. Wir können das erhabene Ineinandergreifen der heiligsten Dreifaltigkeit nicht verstehen. Was ist das doch ein erhabenes Schauspiel!”

      

Die Hl. Schrift hat die Bedeutung und Tragweite der Auferstehung ausführlich berichtet.

Seinen Feinden hat Christus dreimal zu verschiedenen Zeiten seine Auferstehung als Wahrzeichen vom Himmel und als Zeichen des Jonas mit hinreichender Deutlichkeit vorhergesagt:

Bei der Tempelreinigung [Joh 2,19].

Bei dem Verlangen der Juden nach einem Zeichen vom Himmel [Mt 12,38].

Bei dem erneuten Versuch, Christus auf ein Zeichen vom Himmel festzulegen [Mt 16,4].

Seinen Jüngern im engeren Kreis hat Er ebenfalls dreimal seinen bevorstehenden Tod und in diesem Zusammenhang jedesmal seine Auferstehung vorhergesagt [Mt 16,24f., Mk 8,30f., Lk 9,22].

Danach bei [Mt 17,21f., Mk 9,29 ff., Lk 9,44‑45].

Ein drittes Mal in [Mt 20,17f., Mk 10,32f., Lk 18,31‑34].

Beim Abstieg von Tabor nach Seiner Verklärung sagte Er den drei bevorzugten Jüngern; man soll von der Verklärung keine Mitteilung machen, bis“der Menschensohn von den Toten auferstanden sei.” [Mt 17,9, Mk 9,9]

Ein achtes Mal sagte Christus nach dem Abendmahl, auf dem Weg zum Ölberg [Mt 26,30] seine Auferstehung voraus. [Mt 26,32, Mk 14,28]

Die ausführlichen Auferstehungsberichte, als der auferstandene Heiland 40 Tage bei den Seinen weilte, sie tröstete, stärkte und belehrte, finden sich in der hl. Schrift. [vgl. Mt 28,1f.; Mk 16,1f.; Lk 24,1f.; Joh 20,1f.]

“Den Kelch des Segens, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? - Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?” [1 Kor 10,16].

 

 

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DIE HL. KOMMUNION

Die Kommunionliturgie bereitet die Seele zum Empfang des eucharistischen Heilandes. Sie geleitet wie ein Brautführer zum Hochzeitsmahl des Lammes in der nachfolgenden Gebetsfolge:                

Das Vater unser, das eucharistische Tischgebet.

Vertiefung der letzten Vaterun­ser‑Bitte.

Brotbrechung, Friedenswunsch,

Mischung des hl. Blutes mit der Brotsgestalt.

Agnus Dei, Bitte um Reinigung.

Kommunion des Zelebranten und der Gläubigen.

Die Kommuniongebete, einschließlich “Agnus Dei” spricht der Zelebrant als Vertreter der christlichen Gemeinde in der Mehrzahl: “Wir bitten Dich, erbarme dich unser!” Dann aber geht die Liturgie in die persönliche, subjektive Form über, sie redet den Heiland persönlich an. So geziemt es sich, wenn der göttliche Gast seinen Besuch persönlich anmeldet: “Siehe, Ich stehe vor der Tür und klopfe. Wenn jemand mir auftut, will ich einkehren und Abendmahl mit ihm halten und er mit Mir.” [Apk 3,20]. Das Entgegenkommen ist auf beiden Seiten persönlich und individuell.

DAS INNERE, SAKRAMENTALE GESCHEHEN

Die Wirkung der Kommunion beschreibt Br. Kostka dadurch, daß er zum Teil seine persönliche Kommunionpraxis, zum Teil die erhaltenen Erleuchtungen und Erlebnisse darlegt. In seiner Sprache macht sich ein tief religiöser Zug bemerkbar. Oft wird die Darstellung ergreifend, wenn er seine Vertrautheit mit dem göttlichen König der Liebe kundgibt. Ein solch inniger Verkehr einer Seele mit dem eucharistischen Heiland kann nur aus der Tatsache der mystischen Begnadigung verstanden wer­den. Dieses Hohelied der eucharistischen Liebe kann nur jener singen, der in göttlicher Liebe erglüht und der die Vereinigung der Seele mit dem sakramentalen Christus “erfahrungsgemäß” erlebt hat, wie es der echten Mystik eigen ist.

Trotz der mehr persönlichen Formulierungen werden jedoch die eigentlichen Wirkungen der Kommunion sehr gut ins Licht gestellt. Als eigentliche Höhepunkte werden sichtbar:

Die Herablassung des Gottmenschen und die Hingabe der Gottheit an den armen Erdenpilger: “Zwei Freunde umar­men sich. Aber der eine Freund ist ein göttlicher Freund, eine göttliche Person.”

Die denkbar innigste Vereinigung der Seele mit Christus.

Die Vergöttlichung der Seele, direkt von der hl. Drei­faltigkeit bewirkt.

Die Gewährleistung jenes kostbaren Unterpfandes der glor­reichen Auferstehung und ewigen Seligkeit.

Der Gottmensch, dessen Wonne es ist, bei den Menschenkin­dern zu sein [Spr 8,31], weilt alle Tage bei uns bis zum Ende der Zeiten [Mt 28,20]. Er beschränkt sein sakramentales Wirken bei der Messe nicht auf jene allein, welche die Kommunion emp­fangen, sondern dieser umfaßt auch jene umfaßt auch jene, die das hl. Meßopfer ohne Empfang der Kommunion andächtig mitfeiern.

Zum inneren Geschehen während der Kommunion gehört ja auch die Fortsetzung der Tätigkeit, die Jesus nach der Auferste­hung in den 40 Tagen ausübte, als er den Seinen oftmals erschien und über das Reich Gottes redete [Apk 1,2]. Die gnadenreichen Erscheinungen werden beim hl. Meßopfer erneuert, nicht nur symbolisch, sondern tatsächlich, weil der glorreich Erstandene lebendig in höchster Liebe tätig ist.

 

DIE KOMMUNION‑PRAXIS EINER FROMMEN SEELE

VORBEREITUNG IN STARKER SEHNSUCHT

“Sobald der Heiland durch die Konsekrationsworte auf dem Altar gegenwärtig ist, nehme ich Seine Gegenwart mit dem inneren Sinn wahr. Durch diesen geistigen Blick bin ich wie gebannt und festgehalten. Die Vorbereitung zum Empfang des eucharistischen Heilandes beginnt wie von selbst und ohne Mühe. Sie setzt ein, wenn der Priester das Paternoster betet, das eigentliche eucharistische Tischgebet der hl. Messe.

Ich fühle eine starke Sehnsucht nach der Kommunion, eine Sehnsucht, die sich bis zur Glut entfacht und entzündet. Der Glaube lehrt mich ferner, wie eine noch viel stärkere Sehnsucht das heiligste Herz Jesu drängt. 'Mit Sehnsucht habe ich ver­langt, dieses Osterlamm mit euch zu essen.' Wer die Gnade der Kommunion zu schätzen weiß, wird es rasch verstehen, wie diese Sehnsucht, diese unsere Nötigung und Einladung dem Meister gefällt. Mit den Emmausjüngern rufe ich bisweilen: ‘Herr bleibe bei uns! Herr, komm zu uns!' Oft wiederhole ich auch die Worte: 'Jesus, Sohn Davids, erbarme Dich unser!'

Diese meine Sehnsucht wird oft auch eine heilige Ungeduld nach der Umarmung des höchsten Gutes. Mein Blick bleibt immer auf den gegenwärtigen Heiland gerichtet. Die Liebe wird zur lodernden Glut. Darum brauche ich nicht nach Worten zu suchen, sie drängen sich wie von selbst auf meine Zunge und werden mir geläufig. Die Akte der Liebe und Sehnsucht strengen mich nicht an. Ich fühle niemals die geringste Zerstreuung oder Ablenkung. [Ein Beweis der mystischen Vereinigung.]

 

ANBETUNG DER HEILIGSTEN DREIFALTIGKEIT

Sobald ich die hl. Kommunion empfangen habe, beginne ich mit der Anbetung der hl. Dreifaltigkeit. Doch bleibt mein Blick immer auf den Gottmenschen gerichtet.

Im Augenblick der Kommunion ist es, als ob eine Flamme in die andere übergehe, als ob ein Brand sich mit einem anderen mische. Ich sehe nämlich die Menschheit Christi mit Seiner Gottheit vereinigt. Durch diese geistige Anschauung entstehen die Flammen der Liebe im Herzen, das verzehrende Feuer. Zu gleicher Zeit nehme ich wahr, wie Christus ebenfalls in Sehn­sucht brennt, sich der Seele mitzuteilen und sich mit ihr zu vereinigen. Diese Vereinigung mit Christus ist es, die mich so anzieht; an den großen Schatz der Eucharistie denke ich beim Empfang der Kommunion weniger.

Indes sehe ich nicht nur die heilige Menschheit Christi, sondern auch die heiligste Dreifaltigkeit, alle drei Personen in der Anschauung der inneren Sinne. Das ist der Grund, warum ich gleich mit der Anbetung der hl. Dreifaltigkeit beginne.

Mich zuerst an den himmlischen Vater wendend, bete ich etwa so: 'In tiefster Demut bete ich Dich an, himmlischer Vater, innig danke ich Dir, daß Du uns Deinen eingeborenen Sohn, vor aller Zeit gezeugt, gegeben hast. Mit Ihm und im Verein mit Ihm willst Du, o großer Gott, Dich selbst uns schenken.' In diesem Augenblick steigert sich das Glaubenslicht. Im Glauben erken­ne ich und werde inne, wie Gott sich in Seiner unermeßlichen göttlichen Liebe zu uns armen Menschen herabläßt. Nun dürfen und können wir den unermeßlichen Gott wie mit Augen sehen.

Mit der gottmenschlichen Person ist eben der ewige Vater und der Hl. Geist vereint. In den Brotsgestalten wird wahr, was Christus uns verheißen hat: 'Wer mich sieht, sieht auch den Vater.' Dieses Geheimnis der Einheit und des Zusammenseins des Vaters und des Sohnes erschließt sich dem geistigen Blick bei der Kommunion; und es ist beinahe eine Notwendigkeit, mit dem Sohn zu gleicher Zeit den Vater und den Hl. Geist zu lieben.

Dem lieben Heiland huldige ich etwa mit diesen Worten: 'In tiefster Demut und Ehrfurcht bete ich Dich an. Ich danke Dir, daß Du unsere Knechtsgestalt angenommen und nun sogar in unendlicher, unbegreiflicher Erniedrigung und Herablassung unsere Speise werden willst. O Liebe! Wie weit bist Du gegan­gen, um unsere Liebe zu gewinnen!'

Gott den Hl. Geist bete ich etwa so an: 'O Heiliger Geist, ich bete Dich an und danke Dir, daß Du die heilige Menschheit Jesu gebildet, geführt und verherrlicht hast.'

Die große Gleich­gültigkeit der Christen tut mir doch oft sehr leid, daß sie dem Hl. Geist zu wenig oder gar keine Aufmerksamkeit und Beachtung schenken. Bei der hl. Kommunion möchte ich auch diesem süßen Seelengast für alle Kälte und allen Undank der Menschen Sühne leisten. In dieser Sehnsucht, den Hl. Geist besser verehrt zu sehen, habe ich gerade im Augenblick der hl. Kommunion das Empfinden, daß wir manches gutmachen können und müssen.

 

VEREINIGUNG DER SEELE MIT CHRISTUS

Die hl. Kommunion heißt Einigung, Vereinigung, Gemein­schaft mit dem menschgeworden­en Gottessohn. Diese Ausdrüc­ke lassen uns alle, die wir guten Willens sind, die Wege ebnen, die wir geistigerweise einschlagen müssen, um zur Vereinigung zu gelangen.

In der Liebe und im Glaubenslicht sehe ich mit den Augen des Geistes den Heiland und verstehe Seine Sehnsucht nach der Vereinigung mit uns. Ich umarme den Herrn und sehe, wie der Herr auch Seinerseits sich zu mir neigt und mich umarmt.

Diese höchste Vereinigung ist auch die innigste Vereinigung, die es in der Liebe gibt. Wie diese Vereinigung des höchsten Gutes und Gottes mit einem armen Menschenkind vor sich geht, kann ich mit menschlichen Worten nicht ausdrücken. Wenn ich dieses innige Verhältnis schildern wollte, müßte ich ein Seraph sein. Aber auch dann ginge es noch nicht, weil diese Einigung in Gott alle Begriffe übersteigt.

Zwei Freunde umarmen sich, aber der eine Freund ist ein göttlicher Freund und eine göttliche Person. Wenn sich der göttliche Heiland nicht selbst so herabließe, würde der unend­liche Abstand zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf heilige Scheu auslösen und das Zutrauen verhindern. Aber die Herab­lassung Christi gibt Mut, unbegrenztes Vertrauen, ja selbst das denkbar größte Vertrauen.

Diese innige Beziehung fühle ich bei jeder hl. Kommuni­on. Früher stellte sich hin und wieder auch Trockenheit ein. Die Trockenheit aber hat die heilige Freundschaft nicht im minde­sten beeinträchtigt. Jetzt habe ich nicht mehr unter Trockenheit bei der hl. Kommunion zu leiden. Nur heiße Sehnsucht und Glut verzehrt mich, eine Sehnsucht, die den ganzen Tag über anhält und zur Sehnsucht nach der ewigen Heimat wird, wo wir unseren guten Meister, unser höchstes Gut, von Angesicht zu Angesicht sehen können. Das sind Augenblicke nach der hl. Kommunion, die mich zutiefst erfassen, meine ganze Seele hinhalten, sättigen und doch wieder dürsten lassen. Schildern kann ich diese vertrauliche, geistige Umarmung nicht. Sie vollzieht sich auch nicht wie eine irdische zwischen Menschen.

 

DANKSAGUNG

Eigentliche Bitten habe ich nicht im ersten Augenblick nach der hl. Kommunion. Umso stärker aber fühle ich das Bedürf­nis, für die große Gnade, für das übernatürliche Brot, für die Einkehr Jesu in der Seele zu danken. Meinen Dank drücke ich dem lieben Heiland etwa in dieser Form aus: 'Könnte ich Dir doch danken, wie jemals eine gute Seele, die Dich liebte, gedankt hat, danken wird und jetzt, in Liebesglut hingerissen, dankt. Könnte ich Dir danken, wie Du selbst Deinem himmli­schen Vater Lob, Preis, Dank, Bitte und Sühne dargebracht hast.'

Mit dem Dank vereinige ich immer Akte der Demut und fühle so ganz deutlich heraus, wie notwendig diese Demut dem göttli­chen Gast gegenüber ist. Kindlich einfach spreche ich: 'Bitte, lieber Heiland, verzeihe mir, daß ich Dir eine solche Erniedri­gung zumute. Aber ich komme an der Hand der himmlischen Mutter, die mich zu Dir führt. Von ihr, meiner innigst geliebten Mutter, angeleitet und aufgemuntert, wage ich zu beten: Gib mir alles mit Deinen Lob‑, Preis‑, Dank‑ und Sühneopfern. Ersetze Du, was meiner Schwachheit abgeht.'

Der Heiland nimmt dann tatsächlich diese Kühnheit nicht übel. Im Gegenteil, Er kommt mir von neuen entgegen und ermuntert mich, daß ich vertrauensvoll und alles, was ich habe, besonders das eigene Ich, mit Seinem Opfer vereinige und in dieser Vereinigung zur Verherrlichung des ewigen Vaters und zur Bekehrung der Sünder aufopfere.

Bei diesen Akten der Danksagung und Aufopferung küsse ich des öfteren die hl. Wunden. Die Verehrung der glorrei­chen Wundmale bereitet dem Heiland viel Freude und Genug­tuung. Bei dieser Verehrung der Wundmale erneuert sich die geistige Umarmung. Zwei Freunde haben sich gefunden, sie verstehen sich. Beide wollen nur das Eine, daß der himmlische Vater alle Ehre und Verherrlichung von uns Menschen und der ganzen Schöpfung entgegennimmt.

 

FORTSETZUNG DER DANKSAGUNG TAGSÜBER

Mit der hl. Kommunion schließe ich die Danksagung nicht ab. Da ich den ganzen Tag im Wandel vor Gottes Gegenwart zubringe, so ist meine Aufmerksamkeit immer auf Gott und die hl. Eucharistie gelenkt. Wenn ich Gelegenheit zu einem Besuch habe, gehe ich nie an der Kirche vorbei. Bei Fahrten in der Eisenbahn, die bei mir ja nur selten vorkommen, grüße ich immer beim Anblick einer Kirche den Heiland im hl. Sakrament, für den ich alles leide und aufopfere. Ich schließe die Kommunionandacht in der zweiten hl. Messe ab und besuche gerade deshalb so gern die Acht‑Uhr‑Mes­se, um die Danksagung zu vertiefen. In dieser Messe löse ich auch die übernommenen Verpflichtungen ein, da ich vielfach um Gebets­almosen angehalten werde.”

[Das Leben in der Gegenwart Gottes ist heute unbekannt und doch so wichtig. Nur so kann bleibt man immun gegen die Sünde, Oberflächlichkeit...]

 

FORTSETZUNG DER EUCHARISTISCHEN TÄTIGKEIT DES HEILANDES

Die hl. Messe ist die fortgesetzte Gedächtnisfeier und die wirkliche Gegenwärtigsetzung des glorreichen Opferleidens, der Auferstehung von den Toten und der Himmelfahrt Christi. So drückt es das erste Kanongebet nach der Wandlung aus. Der Heiland erneuert nach der Wandlung die Auferstehungsgeheimnisse mit all ihren reichen Ausstrah­lungen. In diesem Zentralgedanken sind somit die Auferstehungsgeheimnis­se verständlich, und sie wirken sich bei dem hl. Opfer weiterhin aus.

Obwohl die eucharistischen Gestalten nach der Kommunion nicht mehr zugegen sind, wirkt Christus bis zur Vollendung der hl. Messe in ganz wunderbarer Weise. Wie vor der hl. Wandlung, so ist Er auch nach der hl. Kommunion tätig, und zwar in Seinem mystischen Leib.

Wie Christus nach der Auferstehung während der 40 Tage auf Erden lebte, wirkte, Segen hinterlegte und vieles der Vollen­dung entgegenführte, so ist Er nach der hl. Kommunion nun weiterhin ungemein wirksam für die Kirche. Aber wer kann solche geistige Vorgänge, diese ganz gottmenschliche Wirk­samkeit beschreiben?

Ich sehe Auferstehungsszenen, wie Christus schnell, wie der Gedanke, bald da, bald dort weilt und wirkt. Oft wird meine Seele zugleich mit dem Auferstandenen dahin und dorthin ge­führt, ja von dem glorreichen Sieger über Tod und Hölle einfach fortgerissen. Das geschieht besonders, wenn ich, wie im Hoch­amt oder in der Messe um 8 Uhr die Kommunion selbst nicht empfange. Wenn der Herr an den Leidensorten vorüberzieht und sich Seiner Triumphe freut, bekomme auch ich hie und da manchen Tropfen Siegesfreude zu kosten. Ich verstehe so man­ches, was man sonst kaum versteht.”

In mystischer Schau sieht und erkennt er nach der Wandlung und bei der Kommunion den Heiland in Seinem verklärten Zustand. Diese eindrucksvollen Hinweise auf den Verklärten und Erstandenen sind für den Glauben sehr aufschlußreich und haben eine gute theologische Grundlage.

Die gnadenreichen Erscheinungen des glorreich Erstandenen sind mit dem irdischen Leben Jesu nicht abgeschlossen. Die 40tägige Unterweisung nach Ostern war für die Apostel und Jünger notwendig. In vielen Punkten mußten sie umlernen. Vor allem mußten sie sich an die wesent­liche Änderung, an die neue Daseinsform des Auferstandenen mit den verklärten Eigenschaften gewöhnen. Vor Seinem Tod wußten die Jünger, wo der Meister weilte und wo man ihn aufsuchen konnte. Obwohl Er ständig bei ihnen weilte: “Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt” [Mt. 28,20], zeigte Er sich Ihnen doch nur gelegentlich.

Seine Erscheinungen hatten immer etwas majestätisches, über­natürliches, geheimnisvolles an sich. Oft stand der Heiland unerwartet inmitten der Seinen, ohne die verschlossene Tür zu öffnen und ohne im gewöhnlichen Men­schenschritt heran-zutreten. Dann war Er wieder unsichtbar, ohne fortzugehen [Lk 24,31].

In vielen Beweisen hatte der ewige Hohepriester das Zentralge­heimnis der Auferstehung dem Glaubensbewußtsein überzeu­gend eingeprägt, da Er sich als Sieger und Triumphator lebend erwies, “während 40 Tagen erschien Er ihnen und belehrte sie über das Reich Gottes” [Apg 1,3]. Auch die Einsetzung des hl. Meßopfers beim Letzten Abendmahl bedurfte noch mancherlei ergänzender Belehrun­gen. Die Worte: “Tut dies zu Meinem Andenken” waren zu kurz, um den neuen Gottesdienst der hl. Messe und die geheimnisvollen inneren Vorgänge bei der hl. Handlung verständlich zu machen.

Moses wurde zum Berg Sinai berufen, um dort in einem 40tägigen Anschauungsunterricht zu lernen, wie er das Bundes­zelt einrichten und die Anweisungen Gottes über die alttestamentliche Liturgie durchführen sollte, als ihm gesagt wurde: “Siehe zu, daß du es (das Bundeszelt) nach dem Vorbild ma­chest, das dir auf dem Berg gezeigt wurde.” [Ex 25,40; Apg 7,44]

Als nun die vom Propheten Malachias angekündigte Zeit gekommen war, daß “unter allen Völkern und an allen Orten vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang ein reines Speise­opfer Gott dargebracht würde” [Mal 1,11], erschloß der Mittler des Neuen Bundes wiederum in 40 Tagen durch sein geheimnis­volles Wirken, durch Belehrungen und Erleuchtungen den Apo­steln Seinen Willen, wie sie die Liturgie der hl. Messe feiern sollten. Das überragende Mysterium des Neuen Bundes ist eben das Erlösungsgeheimnis, das am Kreuz zum ersten Mal und in allen Zeiten durch die Zelebration der hl. Messe erneuernd vollzogen wird.

Im Auferstehungslicht verstehen wir besser die Erhabenheit der hl. Kommunion und lernen, uns mit Ehr­furcht dem eucharistischen Heiland zu nähern.

“Das Entgegenkommen Jesu bei den Auferstehungsszenen und Seine Mitteilungen richten sich sehr nach der Empfängnisbereit­schaft der Seelen. Bei Seiner reinsten Mutter fand der eingebo­rene Sohn Gottes das höchste Entgegenkommen und Verständ­nis für Seine Geheimnisse. Maria war voll des Hl. Geistes und auf der höchsten Stufe des inneren Lebens. Darum erkannte sie den Auferstandenen sofort, als Er zu ihr kam. Magdalena hielt Ihn für den Gärtner. Sie war sich selber noch nicht ganz abgestorben. Ihr geistiges Auge war noch betrübt. Diese Ver­schiedenheit in der Erkenntnis und Erleuchtung ist aufschluß­reich für die verschiedenen Wirkungen der hl. Kommuni­on. Seelen, die sich vollkommen abgestorben sind, verstehen den Heiland leicht, erhalten tiefe Einblicke in Seine Geheimnisse und folgen dem Heiland willig auf dem Kreuzweg. Zur Entschä­digung für ihre Opfer werden sie darum auch mehr mit dem glorreichen Leben vertraut gemacht.

Andere Seelen sind weni­ger abgetötet. Sie erkennen darum manche Geheimnisse nur mangelhaft, folgen dem Herrn nicht gern auf Seinem Kreuzweg und werden daher nicht leicht auf die Höhe von Tabor hinauf­geführt.

 

WIRKUNGEN DER WÜRDIGEN KOMMUNION

Die Wirkungen der hl. Kommunion sind je nach dem Grad der Empfänglichkeit, der Vorbereitung des Empfängers recht verschieden. In sich aber bringt der Empfang des Leibes und Blutes Christi vor allem Segen und Gnaden. Als erste Gnade ist zu nennen:

 

VERGÖTTLICHUNG

Diesen Ausdruck 'vergöttlichen' gibt am treffendsten die inne­re, alles überragende Wirkung der hl. Kommunion an. Wie der Wassertropfen zum Meer fließt und sich mit dem Meer vereinigt, so wird der kommunizierende Christ und besonders der zelebrierende Priester durch die würdige Kommunion zu Gott geleitet und mit Ihm vereinigt, ja, er wird vergöttlicht. Diese Vergöttlichung wird direkt durch die heiligste Dreifal­tigkeit hergestellt. Oft schon sah ich mit dem inneren geistigen Blick in der Seele des Kommunizierenden eine ganz wunderbare Bewegung der ganzen hl. Dreifaltigkeit. Diese Tätigkeit ist eine Hingabe der Gottheit und die Herstellung der geistigen Gütergemeinschaft, wie es schon im Wortsinn angedeutet wird. Denn Kommunion heißt Vereinigung, Eins‑Werden mit Gott.

Der himmlische Vater freut sich, wenn er Seinen innigst geliebten Sohn in einer Seele gut aufgenommen sieht. Dann gießt Er vieles von Seinen eigenen Freuden in das Herz der Menschen. Die Kindschaft Gottes tritt immer deutlicher hervor und adelt die Seele. Gott Sohn aber erfüllt, was Er versprochen und verheißen hat: 'Du, o Vater in mir, und ich in Dir, damit alle in uns Eins seien.' In dieser Vergöttlichung geht alles auf das Einswerden mit der Gottheit hinaus. Der Hl. Geist schließ­lich, der Lebendigmacher, teilt immer größere Lebensfülle und Gnadenkraft mit und bereichert die Seele und bildet sie in das Bild Christi um. Sie ist geschaffen nach dem Bild und Gleichnis Gottes; nach diesem Urbild muß sie umgestaltet werden.”


DIE MUTTER GOTTES,
DAS HÖCHSTE VORBILD DER WÜRDIGEN KOMMUNION

“Am 23. Febr. 1938 kniete ich wie gewöhnlich, zur Morgen­andacht um 3 Uhr hinter dem Hochaltar. Es wurde mir eine innere Erleuchtung zuteil über die würdige Kommunion. Ich hörte das Wort: 'O die Eine, o die Reine, Sie nur allein war würdig, die Mutter meines Sohnes zu sein'. Sie allein hat jene Würdigkeit, um alle Wirkungen der hl. Kommunion ohne das geringste Hindernis erblühen zu lassen. Ihr brachte die hl. Kommunion die höchste Vereinigung in flammender Liebe, die ganze Vergöttlichung durch den lebendigsten Glau­ben und durch die Mitwirkung mit allen Gnaden. Maria ist die Höchste im Himmel und auf Erden. Auch diese teure Seele habe ich euch Menschen mit meinem Sohn gegeben.”

 

VERMINDERUNG DER WIRKUNGEN

“Am Sonntag, 6. Febr. 1938 kniete ich um ca. 4 Uhr morgens am Marienaltar. Ich hatte bereits meine hl. Stunden am Hochaltar gehalten. Da sah ich eine kleine Hostie von der Größe, wie sie von Laien im Altarsakrament empfangen wird. Um diese hl. Hostie herum waren wieder andere kleine Partikelchen. In der kleinen Hostie, in jedem, auch dem klein­sten Partikel war das Jesuskind mit ganz gleichem Gesichts­ausdruck zu sehen.

Ein wunderbarer Schimmer glänzte um seine Gestalt. Das Leuchten in diesem Farbenspiel kann ich unmöglich beschrei­ben. Noch heller aber strahlte und noch erquickender als das Lichtspiel der Farben leuchtete das Jesuskind. In Seinen Händ­chen hatte es allerhand Geschenke, symbolisch in Blumen und Früchten dargestellt.

Da hörte ich die Stimme - wahrscheinlich die der Mutter Gottes: 'So hoch und erhaben ist der, der sich erniedrigt und herabsteigt, so groß wird derjenige, der den Heiland würdig in der hl. Eucharistie empfängt.'

Aber eine gewisse Wehmut klang aus der Stimme heraus, weil die überreichen Geschenke und Gnadengaben bei der Kommu­nion nicht in Empfang genommen werden. Viele Herzen sind für den hohen, göttlichen Gast nicht würdig vorbereitet und darum für die Gaben nicht empfänglich. Die Eigenliebe hindert bei so manchen, selbst gottgeweihten Seelen, das echte Tugendstre­ben. Darum kann das Gotteskind die Gaben Seiner Liebe und Seines Reichtums nicht in der Freigebigkeit austeilen, wie es Seinen Absichten entspricht.

O wie sehr schadet doch die Eigenliebe! Diese hindert das Sterben des Weizenkörnleins. Wenn es aber nicht stirbt, bringt es wenig oder gar keine Frucht.

Es ist die Wonne Gottes, bei den Menschenkindern zu sein. Er läßt sich gern herab, aber Er will doch auch in unseren Herzen etwas gelten und genötigt werden, unserer Bedürftigkeit abzuhelfen. Die Herablassung Jesu wird von unserer Mitwirkung bedingt. Wenn Jesus für Seine Liebe Gegenliebe findet, wird Er viel herablassender und inniger im Umgang mit der Seele. Umgekehrt: Ist eine Seele gleichgültig, läßt sie den hohen, göttlichen Gast allein, behandelt sie Ihn kalt und rücksichtslos, so zieht Er sich mit Seinen Gaben zurück, weil man Seine Einkehr und Seine herrlichen Gnadengaben nicht zu schätzen weiß.”

 

DIE UNWÜRDIGE KOMMUNION

“Mir wurde in Bildern ganz eigener Art gezeigt, was bei sakri­legischen Kommunionen, vor allem bei unwürdigen Priestern zu geschehen pflegt.

In starkem Mitleid mit dem eucharistischen Heiland schlagen Engel im Herzensinnern ein Zelt auf, damit der Reinste nicht in Berührung mit dem unreinen Herzen kommt. Solange die hl. Gestalten vorhanden sind, hält der Heiland, im Zelt einge­schlossen, aus und wird daselbst von den Engeln verehrt und angebetet. Voll Unwillen und Betrübnis über die schmähliche Behandlung brechen die Engel dann die Zelte wieder ab. Der Herr aber zieht sich mit all Seinen Gaben zurück, läßt das Priesterherz in Trauer, Verwirrung, Unruhe und Unfrieden allein. Statt Segen ist der Fluch heimisch geworden. Solche Bilder möchte ich nicht mehr sehen. Wie peinlich ist der An­blick!“

 

DIE WÜRDIGE PRIESTERKOMMUNION

“Es ist aber kaum zu beschreiben, welch ein erhabenes Schau­spiel für Engel und Menschen sich abspielt, wenn der Priester zum Empfang der hl. Kommunion würdig hinzutritt. Der würdig zelebrierende Priester ist nach der hl. Kommunion von vielen Engeln umgeben, die in großer Verehrung und Anbetung dem Heiland zur Seite stehen und am Erlösungswerk beteiligt sind. Die wunderbarsten inneren Bewegungen, ganz geistiger Art, sind wahrnehmbar, wenn sie uns auch auf Erden nicht recht faßbar sind.

Ein guter Priester, der fromm lebt und apostolisch wirkt, der sich aufreibt und abmüht, um unsterbliche Seelen zu retten, um diese durch das göttliche Wort und den Empfang der hl. Sakramente zu heiligen und dem Heiland zuzuführen, bereitet dem eucharistischen Herrn unendliche Freude. In außerordent­lich herablassender Weise neigt sich der ewige Hohepriester zu Seinem priesterlichen Mithelfer herab, teilt mit vollen Händen, in geradezu verschwenderischer Weise Seine Gaben aus, damit immer mehr Seelen Anteil von diesem Schatz empfangen. So­bald ein Priester, im Durst nach unsterblichen Seelen, Seelen­eifer spürt und in die Tat umsetzt, wird er wie ein Apostel. Er ist sehr aufnahmefähig für die Gnaden Gottes, und Christus be­dient sich seiner in verschiedenster Weise.

Auch Laien, die sich apostolisch um Seelen bemühen, sich im Gebet, Opfer, Leiden und werktätiger Liebe für ihre Mitmen­schen einsetzen, nehmen an den priesterlichen Werken teil, freilich in anderer Weise und mit anderen Mitteln.

RUHE IN GOTT

Man muß das Herz nach der Kommunion in Gott ruhen lassen, weil Gott in Ruhe und nicht im Sturm tätig ist. Diese ruhige Haltung der Seele ermöglicht es dem Heiland, der Seele jenen Frieden zu geben, den die Welt nicht geben kann. Wer aber in weltlichen Gedanken und Sorgen vom Heiland abschweift, wer Ihn ohne Interesse allein im Herzensinneren läßt, wer sich gar losreißt vom Lebensborn, der kommt selbst nicht zur Ruhe und hindert gar sehr die Wirkungen der gnadenreichen Einkehr Christi.

Der Hunger nach der eucharistischen Speise und das Verlangen nach Christus, die innere Nötigung, die man Ihm antut, ins Herz zu kommen, lösen ebenfalls viele gute Wirkungen beim Empfang der hl. Kommunion aus.”

Die Hl. Schrift hat das Geheimnis und das Kleinod des Altarsakramentes der Christenheit überliefert. Auf dem siche­ren Schriftfundament wird die Offenbarungswahrheit über die Eucharistie in ihrer Reinheit und Unverfälschtheit garantiert, als Gotteswort am besten vor Irrtum geschützt und der lehren­den und hörenden Kirche zugänglich gemacht.

Drei Texte kommen hier in Betracht:

Die Verheißung des eucharistischen Lebensbrotes [Joh 6,22,71],

Die Einsetzung des Altarsakramentes, die Vorbereitung [Mt 26,17 f., Mk 14,12‑16, Lk 22,7-13], das Ostermahl [Mt 26,20‑29, Mk 14,17‑25, Lk 22,14-18],

die Einsetzung der Eucharistie [Mt 26,26‑28, Mk 14,22‑24, Lk 22,19‑20, ferner 1 Kor 11,23‑39].

Die Parabel vom königlich-eucharistischen Hochzeitsmahl.

Der Heiland selbst kündet an, welch verschiedene Aufnahme seine Einladung bei so vielen lauen und gleichgültigen Men­schen findet. Trotz der schlechten Erfahrungen und Kränkun­gen läßt ihm der Heilswille keine Ruhe. In der Parabel gibt er seinen priesterlichen Knechten den Auftrag: “Geht an die Stra­ßenkreuzungen und ladet zum Hochzeitsmahl alle, die ihr fin­det” [Mt 22,9].

Ein neuer Appell ergeht an die Knechte. Da noch Platz im Haus ist, befiehlt Er seinen Dienern erneut: “Geht an die Landwege! Nötigt sie herzukommen, damit mein Haus vollbesetzt werde!” [Lk 14,23].

“Nach der Feier des Paschamahles, das die Kinder Israels zum Gedächtnis des Auszuges aus Ägypten begingen, setzte Er (Christus) ein neues Pascha ein, das von der Kirche durch die Priester unter sichtbaren Zeichen zu feiern ist zum Gedächtnis Seines Heimganges aus dieser Welt zum Vater, nachdem Er uns durch die Vergießung Seines Blutes erlöst, aus der Macht der Finsternis befreit und in Sein Reich hinüberführt hatte.” [Konzil von Trient D 938]

“Christus führte sie (die Apostel) hinaus bis nahe bei Bethanien. Dann hob er seine Hände empor und segnete sie. Mit diesem Segen schied er von ihnen und wurde in den Himmel empor getragen. Die Jünger beteten ihn an und kehrten mit großer Freude nach Jerusalem zurück.” [Lk 24,50f.]

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DER SCHLUSS DER HL. MESSE

Die Reihenfolge der liturgischen Gebete und Handlungen am Schluß der hl. Messe: Entlassung des Volkes mit den Worten “Ite missa est”.

Gebet zur heiligsten Dreifaltigkeit “Placeat”.

Schlußsegen über das versammelte Volk.

Schlußevangelium.

Bei diesen liturgischen Handlungen sieht Br. Kostka in mystischer Schau sowohl die Vorbereitungen zur Himmelfahrt des verklärten Heilandes in Seiner beginnenden Glorie und Majestät. In Kürze wird berichtet:

Die Begleitung der Apostel und Jünger zum Ölberg.

Die Aufstellung und Mitfeier der Altväter (Patriarchen) aus der Vorhölle (Vorhimmel).

Die Aufstellung ungezählter Engel in Chören und Ordnun­gen.

Die austeilende Liebe des vorüberziehenden Siegers an die Armen, Seine Lieblinge.

Die Teilnahme des ewigen Vaters an der unermeßlichen Erlöserfreude.

Der Empfang des Erlösungsschatzes durch den Hl. Geist.

Die enge Verbindung des Herrn mit Seiner Mutter.

Letzte Weisungen und letzter Segen.

“Außer den Aposteln sind zugegen und zur Mitfeier herangezo­gen die Altväter aus der Vorhölle, die Christus befreit hat. Sie sind in unvorstellbar großer Freude und im Jubel um den Heiland geschart. Sie fühlen und verstehen die Kraft des Erlö­sertodes und die Ausstrahlungen für die ganze Welt. Wer kann ihr Glück beschreiben! Doch trotz dieser Freude sind sie in Erwartung der Dinge, die da kommen sollen. Sie sind auch wie betrübt, daß ihre Nachkommen dem Fleische nach (aus dem auserwählten Volk) dem Heiland den schmählichen Kreuzestod bereitet haben und nun verstockt bleiben.

Zugegen ist an erster Stelle die Gottesmutter, die ungemein still und gesammelt mit ihrem Sohn vereint ist. Man kann nicht auf sie schauen, ohne vom Adel ihrer Seele und vom Glanz ihrer Tugenden gerührt und erbaut zu werden. Wie im Leid, so ist sie auch in der Freude gemäßigt und nach Gottes Willen geordnet.

Anwesend sind ferner unzählige Engel, in Chören und Ordnun­gen aufgestellt. Ihr Jubel ist groß.

Nun zieht ihr König in die himmlischen Wohnungen ein, und sie geben Ihm das Geleit und rufen: `Öffnet eure Tore, Fürsten öffnet sie!' Schon auf dem Weg zum Ölberg wird alles zum Triumphzug bereitet. Der himmlische Hofstaat ist gerüstet. [Ps 23,7]

Weil der Verklärte nicht mehr an Zeit und Ort, wie die gewöhn­lichen Menschen, gebunden ist, wirkt Er, wie im Vorbeigehen, auch auf dem letzten Gang zum Ölberg. So z.B. zieht Er an heimlichen Freunden vorüber und macht Seine Nähe fühlbar. Gute Seelen ahnen und fühlen Gnadenwirkungen, sehen selbst Gestalten und fragen in der Umgebung, wie erschrocken und ergriffen: 'Was ist das?' Da aber niemand etwas Bestimmtes aussagen und beweisen kann, sucht man die Erlebnisse für sich zu behalten. Der Weg führt auch an einer ganzen Reihe von Feinden vorüber. Diese sehen zwar den Herrn nicht. Aber sie bekommen einen heimlichen Schrecken und sind in dumpfer Angst ganz verwirrt und in Trauer. Das Gewissen setzt ihnen zu und läßt sie nicht zur Ruhe kommen.

Rührend ist ferner, wie der Herr, selbst bei diesem Triumph, der Armen nicht vergißt. Sie sind ja immer Seine Freunde und Lieblinge, wenn sie ihre Armut in Geduld tragen und sich mit Gnaden bereichern lassen. Sie empfinden beim Vorüberzug Jesu Freude und erhalten Glaubensstärke. Wo immer der Herr Seine Gnaden anbringen kann, ist Er gern in Liebe tätig und kargt nicht mit Seinen Reichtümern.

Der Triumphzug Christi in den Himmel ist mit Menschenworten nicht auszudrücken, selbst ein dickes Buch könnte die Beschrei­bung nicht fassen. Wer will auch hier, im Tränental, beschrei­ben, was das heißt, daß nun die Welt und die Hölle besiegt sind!

An den Erlöserfreuden nimmt an erster Stelle Gott, der ewige Vater Anteil. Er bereitet Seinem Sohn ewige Herrlichkeit und tut Ihm mit göttlicher Freigebigkeit alle Ehre an. Man weiß gar nicht, wie man diese Vorgänge der hl. Dreifaltigkeit wie­dergeben soll.

Der Hl. Geist nimmt den Erlösungsschatz in Empfang, wie es Christus wollte und aussprach: 'Er wird von dem Meinen nehmen und es euch geben' [Joh 16,14]. Es ist, als ob die gnadenspendende Liebe des Pfingstgeistes die Zeit gar nicht mehr erwarten könnte! In heißester Sehnsucht wünscht Er den Pfingsttag heran, um die Erlösungsgnaden weitergeben zu können.

Er sieht nun den verklärten Leib Christi, den Er durch Seine überschattende Kraft bildete, der sich im Übermaß der Liebe zum Opfer brachte zur Sühne für die sündigen Menschen. Mit dem Mittler zusammen bereitet Er die Verklärung für die Erlösten. Diese göttlichen und geistigen Freuden sind unermeßlich und unaussprechlich.

Der verklärte Menschensohn aber ist der gefeierte Triumpha­tor, der Sieger über Tod und Hölle, der jubelnde Gottesheld. Er hat uns Menschen den Sieg verdient; wir erhalten ihn aus Seiner Hand geschenkt, wenn wir mit seiner Gnade mitwirken.

Wie rührend ist es sodann, zu beachten, wie Christus in Seinem Triumph in engster Verbindung mit Seiner Mutter bleibt. O Maria ist so hoch erhoben! Sie bleibt so still, so innig und so ganz in Gott versenkt. Sie hat während des Leidens ausgehalten, und nun ist sie auch Zeuge und Mitbeteiligte des unermeßlichen Triumph­zuges ihres göttlichen Sohnes.

Christus erteilt die letzten Weisungen und Aufträge. Eine unbe­schreib­liche, göttliche Majestät ist über Ihn ausgegossen. In dieser seligen Verklärung, im Begriff die Erde zu verlassen, gibt Er den Seinen und der gesamten erlösten Menschheit den Segen.

Dieser letzte Segen des scheidenden Heilandes fällt in der hl. Messe mit dem Segen des Priesters zusammen, wenn er sich nach dem 'Ite missa est' umdreht und den Segen spricht.

Wie leid kann es einem doch tun, wenn man wahrnimmt, daß so manche Gläubige aus Gleichgültigkeit und Unkenntnis gerade noch vor dem letzten Segen die Kirche verlassen, ja hinausstür­men! Um welch großen Segensschatz bringen sie sich!

Beim letzten Segen der hl. Messe pflege ich das Gebetchen zu sprechen: 'Dieser Segen stärke mich zu allem Guten. Er gereiche mir in meiner Todesstunde zum ewigen Heil.' “

Mit diesen Privatoffenbarungen muß die Darlegung der Him­melfahrt aus den hl. Schriften zusammengehalten werden. Nie darf das authentische Gotteswort übersehen oder gar ignoriert werden. Der übernatürliche Glaube wird am besten genährt und gestärkt, wenn er sich an die Glaubensquellen der hl. Schrift wendet. Der Himmelfahrtsbericht [Apg 1,4‑11, Mk 16,19, Lk 24,50­-51]. Freudige Rückkehr der Jünger in den Abendmahlsaal [Apg 1,12- 14, Lk 24,52‑53]. Beim “Ite missa est” geleiten die versammelten Apostel und Jünger den glorreichen Sieger zum Ölberg, wo Er Seine Him­melfahrt antritt. [Mk 16,19‑20, Lk 24,44‑53]

 

 

SCHLUSSWORT

Die Präfation am Fest Christi Himmelfahrt kündet im Jubelton: “Christus ist nach Seiner Auferstehung allen Seinen Jüngern offenkundig erschienen und während sie Augenzeugen waren, ist er in den Himmel aufgefahren, um uns Seiner Gottheit teilhaftig zu machen.” Die Vergöttlichung, die Anteilnahme an der göttlichen Natur ist das höchste Ziel und die Vollendung aller Sehnsucht, wenn der “aus Wasser und dem (Heiligen) Geist wiedergeborene Mensch” [Joh 3,5] in der Anschauung Gottes seinen Platz findet.

Geliebte, wir sind jetzt Gottes Kinder, aber noch ist nicht offenbar, was wir sein werden. Das aber wissen wir, daß wir Ihm ‘ähnlich' sein werden, wenn Er erscheinen wird. Denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist.” [1 Joh 3,2]

Also um uns jenes Glück zu verschaffen, stieg der Erlöser empor und löste Sein Versprechen ein: “Im Hause Meines Vaters sind viele Wohnungen... und ich gehe nun hin, euch eine Wohnstätte zu bereiten. Doch komme ich wieder, um euch zu mir (heim) zu holen, damit auch ihr seid, wo ich bin.” [Joh 14,23]

Dann wird auch jene Vollendung abgeschlossen sein, um die Er im Hohenpriesterlichen Gebet Seinen himmlischen Vater in heißer Sehnsucht anflehte: “Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die Du mir gegeben hast, auf daß sie EINS seien gleich wie wir EINS sind. Ich in ihnen und Du in mir, damit sie zur vollendeten Einheit gelangen.” [Joh 17,22‑23]

 

 

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Die Allerheiligste Dreifaltigkeit
und die Größe des hl. Joseph

nach den Schilderungen des Bruders Kostka

 

I. Gnadenreiche Offenbarung

Mein Vater hatte eine sehr große Andacht zur Hl. Dreifaltigkeit. Dem Tischgebet fügte er immer ein Vaterunser zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit und zum Hl. Geist bei. Von jenen jungen Jahren an datiert auch meine Verehrung und mein lebendiger Glaube an das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit. Es ist also gleichsam ein Erbstück der frommen Erziehung, die Frucht der frommen Gebräuche seiner guten Eltern.

Beginn: Durch die gläubige Verehrung, die starke Hinneigung und die innere Anziehung wurde mir das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit schon früh erschlossen. Hie und da sah ich wohl ein geistiges Licht, aber das Licht war mir nicht dauernd sichtbar wie jetzt. Doch ich war nicht durch Vorwitz und Grübeln tiefer eingedrungen in dieses Geheimnis, sondern durch die Gnade Gottes. Ich schließe daraus, daß ich im Katechismusunterricht über das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit gar nichts neues hörte. Ich war vielmehr durch die innere erleuchtende Gnade viel weiter vorgedrungen, als der äußere Unterricht geben konnte. Der Kaplan konnte mir also nichts Neues sagen. - Seit dem Kommunion-Dekret und der häufigen Kommunion wurde die innere Anschauung größer und heller. Eine dauernde Anschauung aber hatte ich damals nicht. Wohl hat naturgemäß der Eintritt in diesen neuen Zustand, die größere Helligkeit und auch die stärkere Verehrung dieses hochheiligen Geheimnisses einen ganz tiefen Eindruck in meiner Seele hervorgerufen. Die Änderung dürfte etwa im Jahre 1906 stattgefunden haben... datiert nach Ablegung der ewigen Profeß. Geoffenbart habe ich diesen Zustand nicht. Ich blieb auf mich selbst und die innere Führung Gottes angewiesen. Die treue Vornahme des Partikularexamens und vor allem der stete Wandel in der Gegenwart Gottes hatten mir viel geholfen zu dieser göttlichen Gunst. Über diese Gunst habe ich nie nachgedacht oder Vorstellungen erhoben. Wie ein Kind habe ich alles schlicht hingenommen.

Licht und Feuer als symbolische Offenbarung!

Wir hatten schon mehrmals über die wunderbare innere Anschauung gesprochen und auch manche Einzelheiten zu Papier gebracht. Dem Br. Kostka war es schwer, die ganzen geistigen Vorgänge und unaussprechlichen Geheimnisse in Worten wiederzugeben, weil eben jedes Menschenwort nur ein Schattenbild der Wirklichkeit und darum unzulänglich ist; und mir war es auch schwer, die Geheimnisse unseres Glaubens in dieser Anschauung des Bruders in geordnete Form zu bringen. Auf einige speziellen Fragen hin, besonders, wie er aus dem Licht und dem Feuer die Dreiheit der göttlichen Personen erkenne, äußerte er sich wie weiter unten folgt. - Es wirkte aber durch diese Fragen im Herzen des Bruders auch der etwas peinigende Gedanke, als wenn ich ihn auf die Probe stellen wolle. Diese Ungewißheit, ob ich ihn auch richtig verstanden hätte, löste Unbehagen in seiner Seele aus und ferner den Drang und die Anregung, sich kurz mitzuteilen in diesen wenigen Worten:

"Ich habe heute Nacht kaum geschlafen und soll Ihnen dieses mitteilen. Ich habe immer in dem geheimnisvollen Licht die hl. Dreifaltigkeit erkannt und angebetet. Ehrfurchtshalber und meiner Armseligkeit wegen habe ich diese Begnadigung niemandem offenbart." Bei diesen Worten kniete Br. Kostka nieder und sprach diesen Satz mit etwas zitternder Stimme. Er fügte noch hinzu: "Ich finde keine Ruhe, bis ich das gesagt habe." Die symbolische Erscheinung: Was sich dem Br. Kostka innerlich - mit den inneren Sinnen wahrnehmbar zeigt, ist Licht und Feuer.

1. Licht:

"Das Licht, das ich sehe, ist bedeutend heller, als das natürliche Licht. Es ist ungemein scharf, klar und lieblich. Es wirkt sehr beruhigend auf den Geist ein; es erleichtert für mich die Sammlung beim Gebet, so daß ich stundenlang beten kann, ohne zu ermüden, ohne Zerstreuung zu haben, ohne die geringste Langweile zu verspüren. Ganz im Gegenteil, die Stunden verfliegen wie Minuten, und auch die längste Zeit im Gebet kommt mir zu kurz vor."

"Das Licht ist meinem geistigen Auge immer sichtbar (damals als Br. Kostka darüber berichtete). Wenn ich in großer Andachtsglut bete, ist die Helligkeit des Lichtes und die Wärme der geistigen Empfindung, so daß diese Wärme sogar auf den Körper übergeht. Ich finde in diesem Licht alle guten Eigenschaften vereinigt. Aber genauer kann ich mich nicht ausdrücken. So z.B. kann ich das natürliche Licht der Sonne nicht lange sehen, ohne daß die Augen voll Wasser werden... Aber dieses geistige Licht ist eine Wohltat für das Auge. Dieses Licht ist mit körperlichen Augen nicht wahrnehmbar, sondern nur geistig. Nur zweimal in meinem Leben habe ich die Helligkeit des Lichtes längere Zeit hindurch mit dem leiblichen Auge gesehen, damals bei der Offenbarung über den Kirchenbau auf dem Hof vor der Chorbühne - und das andere mal während des Kreuzweges, wie ich Ihnen schon mitgeteilt habe. - In meinen früheren Jahren sah ich dieses Licht auch, aber nicht in der Helligkeit wie jetzt. Es hat erst mit dem fortwährenden Gebetsleben eine Steigerung erfahren. - Schon seit vielen Jahren sehe ich eine Lichtlinie, aber sie ist nicht etwa eine leichte und feine Form, sondern eine ganz massive und stellt einen Halbkreis dar.

Ihr Licht ist nicht einfarbig, sondern vielfarbig und von so wunderbarer Pracht und Mannigfaltigkeit, daß ich das Farbenbild im Glanz und Schimmer nicht beschreiben kann. Alle Worte und Vergleiche versagen. Eine halbrunde, gestaffelte Lichtform zeigt in den unteren, tiefliegenden Teilen Feuergestalt, während in der höheren Region lauter Licht ist. Licht und Feuerwellen wechseln sich mehrfach ab und entzücken das Auge ungemein.

In der geschaffenen Natur findet sich nichts ähnliches, das mit dem Glanz jenes Lichtes vergleichbar ist. Am ehesten könnte man dieses Licht und Feuerform mit dem Blitz vergleichen, weil sich alle Licht- und Feuerwellen lebendig und sprühend bewegen und im leichten Zittern wie dahinfließen - aber das Grelle des Blitzes fehlt ganz und gar in jenem hl. lebendigen Licht der Gottheit. Da ist gar nicht von Grellem zu bemerken.

Alles atmet Lieblichkeit, Anmut, Ruhe und Leben. - In diesem Licht thront die hl. Dreifaltigkeit; auch der Thron ist wieder Licht und Feuer. Die drei göttlichen Personen übertreffen an Helligkeit und Glanz das umgebende Licht um ein ganz Gewaltiges. Es ist, als wenn die Augen der göttlichen Personen selbst wieder Licht und Feuer sprühten, in Liebe und geistiger Wärme im höchsten Grad entzücken wollten. "Gott wohnt in unzugänglichem Licht". Das lebendige Licht, das ich sehe, ist noch nicht die Gottheit. Aber Gott wohnt und thront in diesem Licht. Das geistige Schauen unterscheidet ganz bestimmt das umgebende Licht von der Dreipersönlichkeit der unendlichen, unergründlichen Gottheit. - Für gewöhnlich erkenne ich im Glauben und geistigen Schauen die drei Personen rein geistig, ohne Bildform. Bisweilen aber offenbart sich Gott auch in jenen Bildformen, wie sie uns in den hl. Schriften geschildert werden. So z.B. zeigt sich Gott Vater als der "Alte der Tage" im weißen Bart und mit wallendem Gewand. Gott Sohn dagegen erscheint mit dem Kreuz und verklärten Wundmalen; der Heilige Geist zeigt sich mir als anmutiger, schöner Jüngling in ewiger Jugendfrische.

Menschlich gesprochen kann ich diese wunderbaren Anschauungen nicht klarmachen. Ich selbst denke nicht einmal darüber nach, weil das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit ja gar nicht auszudenken ist. Der lebendige Glaube beugt sich gerne, nimmt das Geheimnis wie ein Kind entgegen, freut sich über die Herablassung Gottes, der tausend Möglichkeit hat, sich den Kleinen mitzuteilen. - Als das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit im Katechismus-Unterricht erklärt wurde, kamen mir diese Erklärungen blaß und schattenhaft vor. Die innere Anschauung und Erleuchtung hatte mir schon vorher alles viel klarer gemacht. Heute muß ich mich selbst wundern, daß ich schon in der Jugend so vertraulich und innig mit Gott umgehen konnte und, ohne äußere Belehrung, doch so vieles von seinen hl. Geheimnissen verstand.

2. Erscheinung des Feuers

Die Erscheinung, die ich sehe, zeigt sich in der unteren Partie mehr als Feuer, in der oberen Region mehr als Licht. - Wenn ich jetzt sage "Feuer", so muß ich ergänzend hinzufügen, daß es kein irdisches Feuer ist, auch keinen Vergleich mit irdischem Feuer aushält. Es ist nichts Totes; es bewegt sich in sich selbst wie etwas Lebendiges. Es ist ein leichtes sanftes Zittern und Züngeln. Alles ist nur Liebe, Anmut und Lieblichkeit. Das Feuer strahlt auch Wärme aus, die sich oft angenehm und wohltutend auf den Körper überträgt. Aber nicht die Wärme ist es, die sich als charakteristische Eigenart auf den Körper geltend macht, sondern die geistige Glut, die sich auf die Seele überträgt, die Eifer und Energie im Dienst Gottes gibt.

Die Herabkunft des Hl. Geistes in Gestalt feuriger Zungen am Pfingstfest stellte ich mir in ähnlicher Form vor. Damals nahte sich das züngelnde Feuer den Aposteln, ließ sich auf dieselben nieder, machte sie wie trunken vor Freude und innere Wallung. Daraus kann man wohl schließen, daß die Apostel durch den Anblick des Symbols nicht erschrocken waren, sondern mutig wurden und unerschrocken für die Sache Gottes eintraten.

Wenn ich in großer Glut bete, steigert sich das Feuer, so daß ich mich gleichsam wie irdisches Feuer verzehre und in Liebe zu großen Opfern bereit bin. In diesem Zustand des Gebetes und der hl. Glut kann ich dann stundenlang beten, ohne Ermüdung und ohne Langeweile; ich bete ohne Worte, aber das Gebet wird wirksamer, als wenn ich Worte aussprechen muß. In dieser Gebetsglut erreiche und erhalte ich von Gott alles, was ich ihm im Vertrauen und Glauben vortrage. Da steigert sich nicht nur das Feuer, es steigert sich auch der Glaube und die Liebe. Um diese Liebe und ihre Vermehrung bete ich dann am liebsten. Der Drang nach der Vermehrung der Gottesliebe will einem dann gar keine Ruhe mehr lassen; man möchte sich verzehren. Ich brenne dann und verbrenne doch nicht. Aber wenn auch die Glut steigt, Unruhe bringt sie nicht.

Wenn der Gehorsam mich in diesen Augenblicken nicht riefe, könnte ich stundenlang beten und selbst die längste Zeit würde mir nur wie kurze Augenblicke vorkommen. - Wenn Gott dann solche Gebetsglut benutzt und mir manche Dinge in besonderer Weise offenbart, wie z.B. als unsere Kirche erbaut werden sollte, und als Bruder X austrat... usw., dann steigert sich die Glut ins Ungemessene und veranlaßt mich zum Gebet mit unbegrenztem Vertrauen.

Wirkung dieser Schau

Die hauptsächliche Wirkung dieser geistigen Anschauung ist ein großes Vertrauen auf Gott. Wenn ich das Vaterunser bete, gehe ich wie ein Kind in aller Unbefangenheit dem lieben Gott entgegen. Ich werde inne, wie der himmlische Vater es so ungemein gern hat, wenn man ihm den süßen Vaternamen gibt. Ich fühle eine rechte Begeisterung und fliege ihm förmlich entgegen; ist also so, als ob mein Herz im hl. Vertrauen aufspringe. Ich fühle eine geistige Umarmung, die gegenseitig ist; der himmlische Vater kommt seinen Kindern in Liebe viel mehr entgegen, wie es der irdische Vater tut. In dieser Umarmung fühlt sich die Seele wohl und sicher geborgen. Die Annäherung an Gott löst im Herzen Wonne aus, unbegrenztes Vertrauen. - In dieser Licht-Anschauung merke ich ferner und werde inne, wie wahr und beglückend das Schriftwort ist: "In Ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir".

Bei dem Anblick der göttlichen Größe, Würde, Erhabenheit, Majestät, kommt ein heiliger Schauer über die Seele. Dieser hl. Schauer löst wieder das Empfinden von Nichtigkeit, Armseligkeit und Kleinheit der Menschen aus. Diese Empfindung hat aber das Gute, daß sie die Ehrfurcht vor Gott und allen Heiligen weit steigert und die Demut fest begründet. Es ist die Herablassung Gottes, die man in solchen Augenblicken nur mit großer Selbstverdemütigung beantworten kann.

Es begegnet sich die göttliche Freigebigkeit und Herablassung, die ihre Gaben so reichlich austeilt und die menschliche Armseligkeit, die Gottes Gaben so ganz beglückt und erstaunt in Empfang nimmt.

Eine fernere Wirkung dieser Anschauung ist die Entfachung einer großen Glut. Ich habe das deutliche Empfinden, daß diese Glut direkt vom Hl. Geist kommt. Wenn ich alles sagen wollte, wie es in Wirklichkeit ist, müßte ich ein Seraph vom Himmel sein; wie fühle ich da die Wahrheit des Kirchengebetes:

 "Komm Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner hl. Liebe.” Das geistige Feuer ist eben noch viel mehr Wirklichkeit als das irdische Feuer und es brennt direkt in den Herzen und macht sie opferbereit und opferstark. In diesem Zusammenhang ist das Wort des hl. Kirchenlehrers Augustinus ungemein treffend:

"O Feuer, das immer brennt und niemals erlischt,

O Liebe, die immer glüht und niemals erkaltet,

O entzünde, entzünde mich ganz, damit ich ganz dich liebe!"

In diesem Licht erkenne ich oft, aber nicht immer, den geistigen Zustand anderer Menschen. Wenn ich mit einer recht guten Person zusammenkomme, zumal mit einem guten Priester, sehe ich, wie wir beide im Licht stehen. Andere Leute erregen in diesem Licht einen gewissen Widerwillen. Es ist, als ob ich ihren Seelenzustand lesen könnte. Je nachdem ich diesen Zustand im Licht inne werde, richte ich mein äußeres Verhalten ein. Ich suche zwar allen Leuten in Liebe entgegenzukommen, aber manchen Leuten kann ich mich nicht innerlich nähern. Ich fühle mich wie gewarnt und ziehe mich zurück, wenn auch mit leidendem Herzen. Das ist für mich im Verkaufsladen eine große Wohltat, weil das Warnungssignal mich vorsichtig macht.

 

II. Drei verschiedene Bildformen
der Offenbarung der hl. Dreifaltigkeit

1. Licht und Feuer

In früheren Jahren schon, soweit meine Er­innerung reichte, sah ich in geistiger Anschauung, mit innerem Sinne, nicht mit den körperlichen Augen das "lebendige Licht und Feuer der Gottheit". In diesen geheimnisvollen Symbolen und Darstellungen wurde mir die Nähe und Gegenwart des dreipersönlichen Gottes im Glauben verständlich gemacht.

Niemals habe ich um solche Erscheinungen gebeten. Niemals danach verlangt. Niemals hat er auch nur in der Dauer einer einzigen Minute nachgegrübelt. In den frühesten Jahren meiner Kindheit wäre ich auch gar nicht imstande gewesen, lange nachzudenken und mir Rechenschaft zu geben. Aus diesem Grund und infolge eines inneren Dranges habe ich mich nie dazu verstanden, diese inneren Anschauungen irgend jemand mitzuteilen; weder meine Eltern, noch meine Geschwister wußten etwas von diesen inneren Erlebnissen.

Zum ersten Mal habe ich mich über diese Glaubenserkenntnisse und Anschauungen bezüglich der hl. Dreifaltigkeit in Trier ausgesprochen, als ich durch einen Eid beim Seligsprechungsprozeß des Stifters manches sagen mußte. Auf die Frage, warum ich das noch nicht mitgeteilt hätte, gab ich zur Antwort: Hätte ich von diesen Anschauungen etwas mitgeteilt, hätten wohl alle gemeint und erklärt: Br. Kostka spinnt! Was mich eigentlich so stark zurückhielt, weiß ich selbst nicht näher anzugeben. Ich hatte kein Bedürfnis nach einer Aussprache und bedurfte auch keiner Aufklärung von Menschen.

Wenn solche Anschauungen wirklich Täuschungen wären und aus der Phantasie entsprängen, so würde jeder, der sich solchen Täuschungen hingäbe, verrückt werden. Das andermal habe ich dann zu Ihnen darüber gesprochen, erst ebenfalls mit ungewöhnlicher Zurückhaltung und einer gewissen Scheu. Erst als ich innere Weisung erhielt, mich zu offenbaren, habe ich den Mut gefunden, diese Erlebnisse, Anschauungen und Gnadenwirkungen zur Ehre Gottes mitzuteilen. In allem soll der hl. Wille Gottes geschehen.

Im lebendigen Licht war mir schon als Kind die Größe, Erhabenheit und unendliche Majestät Gottes verständlich. In diesem Licht wurde mir das Geheimnis der Dreifaltigkeit klargemacht. Die Art und Weise wie das geschah, kann ich nicht näher angeben. Wie ein Kind Gottes fühlte und freute ich mich ungemein in seiner Nähe und Gegenwart, sofort hatte ich einen ganz großen Abscheu vor jedweder Sünde und jeder moralischen Unordnung. Beständig und immer war dies lebendige Licht vor meinem geistigen Blick, aber nicht vor meinem körperlichen Auge, und es war immer in gleicher Form sichtbar. Nur in jener dunklen Periode der Jugendjahre wurde dies Licht etwas trüber; aber es blieb doch vor dem Blick. Nur stundenlang verließ es mich, wenn die dunkle Nacht qualvoller wurde und wenn ich vor lauter Skrupeln, Ängstlichkeit und Versuchungen kaum noch wußte, was ich nur machen sollte. Nach jenen Stunden aber kam es wieder und erleuchtete den Pilgerpfad. Es kam, ohne daß ich darum bat oder danach verlangte. Bei der Wiederkehr brachte es regelmäßig Trost und Kraft zur Aufrichtung und zum Lebenskampf.

Mit unendlichem Dank gegen Gott muß ich jetzt nachträglich bekennen, daß mir dies Licht eine Leuchte auf dem Pilgerpfad des Lebens war, meine Jugend vor Sünde bewahrte und durch die Erkenntnis und Erleuchtung in den hl. Geheimnissen erfreute. Es zog mich ganz weit ab von der Welt und den eitlen Freuden. Es sagte mir ohne Worte, daß ich nicht für diese Welt gemacht war. Es zog mein Herz mit großer Kraft nach oben, hin zum großen, heiligen Gott. Die liebe gute Vorsehung war mir mit Gnaden zuvorgekommen. Ich kann mir darum nichts als Verdienst anrechnen. Alles ist nur Gnadenwirkung Gottes.

2. Bildform und Symbol von drei Anhöhen.

Später, etwa im 25. Jahr meines Lebens, als ich stärker rang und betete, um Klarheit über meinen Beruf zu erhalten, trat eine gewisse Änderung in dem "lebendigen Licht" ein. Ich war auf einer Wallfahrt. Ich betete heiß und innig, um Gottes hl. Willen zu erkennen und auszuführen. Da nahm ich mit dem lebendigen Licht noch andere Symbole wahr, nämlich drei Anhöhen. Diese waren und sind nicht in dem halbrunden Lichtkreis wahrnehmbar. Sie erheben sich mehr nach vorne. Die halbrunde Lichtlinie war nun wie eine Umrahmung und wie ein geistiger Thron. Diese Anhöhen, wenn ich diese Ausdrücke gebrauchen darf, zeigen sich um ein ganz Bedeutendes heller, lieblicher, stärker als das lebendige Licht. Der Glanz und das Farbenspiel in großer, wunderbarer Mannigfaltigkeit offenbarten mir auf eine ganz unaussprechliche Weise den heiligen, dreipersönlichen Gott. Alles war und ist so, daß ich diese Höhen nicht als etwas Sachliches, sondern als etwas ganz Persönliches auffassen mußte und konnte. Die innere Erleuchtung und das objektive Schauen wirkten zusammen, um die rechte Glaubenserkenntnis zu vermitteln.

In diesem neuen Licht zog mich Gott noch mehr an sich. Er ließ mich seine Herablassung fühlen; wie ein Kind des guten, heiligen, großen Gottes ruhte ich gleichsam an seinem Vaterherzen und in seinen Vaterarmen. Die Zuneigung zu Gott und Göttlichem wurde stärker und doch wuchs auch die Demut und Ehrfurcht vor der unendlichen Majestät des dreimal Heiligen. Die Furcht aber wich aus dem Herzen und machte immer mehr der Liebe Platz. Die Liebe treibt eben die Furcht aus.

Das kurze und beste Gebet das wir haben, das Vaterunser, wurde mir nun immer lieber, teurer und geläufiger. Ich merkte, wie es dem himmlischen Vater so gut gefällt, wenn er mit dem süßen Vaternamen angeredet und angebetet wird. Oft drängte es mich und ich hätte es so gerne allen Menschen zugerufen, wie gut und groß Gott ist. Ich hätte es allen so gern und laut sagen mögen, wie sie mit Vertrauen und in Kindesliebe zum Besten aller Väter gehen sollten.

Von jener Zeit an wurden mir auch die inneren Beziehungen der drei göttlichen Personen klarer. Die unzertrennliche Einheit und die Dreipersönlichkeit wurde nun auch meine geistige Freude, besonders, wenn ich merkte, wie auch die drei göttlichen Personen selbst die höchste Freude in sich selbst in gegenseitiger Anschauung und Erkenntnis haben. Die eine Person ist wie ein ganz reiner, ungetrübter Spiegel, in dem sich die andere Person sieht, erkennt und auch mitteilt. - Alle Ehre, Verherrlichung, Preis und Dank dem heiligen, dreieinigen Gott in alle Ewigkeit!

Die innere geistige Anschauung sehe ich seit jener Wallfahrt bis auf den heutigen Tag, also etwa 45 Jahre. Die Bildformen selbst haben sich nicht geändert. Sie sind dieselben geblieben. Nur wurde sowohl der halbrunde Lichtkreis, wie die Anhöhen immer heller. Ich sehe diese geistig-göttliche Bildform beständig. Sie ist morgens sofort beim Erwachen da, verschwindet auch nicht bei der Arbeit oder bei Unterredungen mit Menschen. Welche Gnaden hat mir doch diese Anschauung schon gebracht. Wie soll ich Gott dafür dankbar sein!

3. Menschengestalt als Bildform der hl. Dreifaltigkeit

Nur während der hl. Messe und auch nur vom Sanctus bis kurz nach der Wandlung sehe ich in der inneren Anschauung die drei göttlichen Personen in Gestalt von Menschenform. Vom Introitus an sehe ich wohl den Heiland in seiner Menschheit... tätig und opfernd im Priester. Mit ihm vereint ist Gott Vater ohne Bildform zugegen und mit den beiden göttlichen Personen auch der Hl. Geist, ebenfalls ohne Bildform. Vom Sanctus an aber tritt Gottvater und der Hl. Geist in sichtbarer Menschenform vor das geistige Auge: Gottvater auf der Evangelienseite und der Hl. Geist auf der Epistelseite. Mit der hl. Dreifaltigkeit ist der ganze himmlische Hofstaat zugegen.

Die Bildform von Gottvater: Sie versinnbildet geistige Vorgänge, die wir Menschen mit unserer Menschennatur in der rein geistigen Ordnung nicht sehen und verstehen können. Auf den ersten Blick aber wird ersichtlich, daß es sich nur um eine Bildform handelt, die ganz und gar, je wesentlich von der Menschennatur verschieden ist. Solche Menschen gibt es nicht. Die Menschheit Christi ist eine wahre Menschennatur, sei es, daß man sie als Menschengleichbild oder im verklärten Zustand erblickt. Ganz anders liegt die Sache bei der Bildform des Vaters. Wohl wird die Form von Schimmer der Gottheit durchleuchtet und flößt darum große Ehrfurcht ein und offenbart sich dem Glauben und dem Glaubensauge als Mittel, um geistig-göttliche Vorgänge verständlich zu machen.

Beschreibung dieser Bildform:

Als Br. Kostka zuerst von der Gestalt sprach mit schneeweißem Bart und mit langem, wallendem Gewand, schrieb ich den Ausdruck: der "Alte der Tage". Br. Kostka fragte treuherzig, ob dieser Ausdruck nicht etwas plump sei. Ich erklärte ihm, daß dieser Ausdruck der hl. Schrift entstamme, nicht von mir gebildet sei. Sofort las ich den ganzen Text vor bei Daniel Kap. 7. Br. Kostka erzählte nun, wie ihm diese Darstellung und Beschreibung des Propheten ebenfalls ganz geläufig sei. Er sähe in der geistigen Anschauung auch den Thron auf feurigen Rädern stehen und wie schwebend. Die Räder seien ähnlich wie man sie oft am Tabernakel, auch bei uns hier am Hochaltar, abbildet. Das Feuer ist lebendig und fließt wellenförmig wie Wasser dahin; aber dieses Feuer ist kein materielles Feuer, bildet darum keinen Rauch und keinen Geruch. Es sieht sich an, etwa wie wenn die Luft am brennenden Ofen im Sonnenlicht zitternd und bewegt aufsteigt. Dies geistig-göttliche Feuer erquickt durch das ganz wunderbare Farbenspiel ungemein den Blick. Es ist ganz Wonne und Lieblichkeit. Es hat einen sehr milden Schein und flößt gar keine Furcht ein. Im Gegenteil, man fühlt sich sehr angezogen und wird wie frisch belebt. Unsere sprachlichen Ausdrücke reichen nicht hin, um solche erhabenen Dingen eine rechte Beschreibung geben zu können.

Das Bild der Vatermilde und Vatergüte beschrieb Br. Kostka etwa so: Das Kleid ist schneeweiß, lang und herabfließend. Füße kann man nicht sehen. Die Haare des Hauptes und des Vollbartes sind wie reine Wolle, unbeschreiblich weiß schimmernd. Das Antlitz leuchtet freundlich, ist trotz der weißen Haupthaare jugendfrisch und blühend. Da ist keine Spur von Alter und Gebrechlichkeit, von Mattigkeit und Magerkeit. Am Rührendsten ist es, wenn Gottvater seinen Eingeborenen bei der Wandlung umarmt, sich ihm im Tod in höchster Rührung und Liebe hingibt. Die ganze Gestalt haucht Liebe und unendliche Freude in der Hingabe seines Sohnes. Gottvater belohnt die Hingabe seines Sohnes im Leidensopfer. Er allein kann diese Liebe ermessen und die Erlösungsfrüchte überschauen.

Das Sinnbild kündet und macht in etwa klar: Die Liebe des Vaters zu seinem Eingeborenen und zu allen Gotteskindern. Wie soll diese Liebe ohne Sinnbild verständlich gemacht werden können? Durch die Bildform der Vatermilde und Vaterliebe aber wird dem Geistesauge vieles verständlich.

In dieser Bildform wird sodann die Verherrlichung des Vaters durch seinen Sohn verständlich und die Verherrlichung des Sohnes durch seinen himmlischen Vater. Diese Gegenseitigkeit kommt in unbeschreiblicher Weise durch die Bildform zum Ausdruck. - Verständlich wird in dieser Bildform dann die Anteilnahme, das ganze göttliche Interesse des Vaters an den Leiden und Schmerzen des Sohnes. Die Anteilnahme wirkt wieder erquickend und ermutigend auf den Sohn zurück. In diesen Sinnbildern wird auch wie sichtbar die Rückkehr der Menschen zu Gott und die Wiederherstellung des göttlichen Ebenbildes in den erlösten Menschen. Im Gesicht wird einem dies und vieles andere wie einleuchtend vorgestellt. Aber in dieser zeitlichen Ordnung weiß man keine Ausdrücke zu finden und ist nicht imstande, eine Beschreibung zu geben.

Gott, der Hl. Geist: Beim Sanctus bis kurz nach der Wandlung wird zugleich mit Gottvater auch der Hl. Geist in Bildform sichtbar. Er hat die Gestalt eines etwa 20-jährigen Jünglings in ewiger Jugendfrische und voll höchster Lebenskraft. Diese Bildform zeigt wohl Menschenform, aber keine Menschennatur. Solche Menschen gibt es eben nicht. Alles ist viel feiner, erhabener und geistiger wie bei der reinen Menschennatur. Doch ist diese Form nicht etwa eine schattenhafte Abbildung, wie sie etwa ein Künstler entwirft. Die symbolische Vorstellung ist belebt. Sie strahlt göttlichen Schimmer aus: sie zeigt die Gegenwart des Gottesgeistes an. Es ist also kein Schattenbild wie eine Zeichnung. Die Form kann man mit unseren sprachlichen Ausdrücken nicht wiedergeben. Da versagt alles, weil wir gar keine Vergleichspunkte in unserer Naturordnung haben... die solche erhabene Züge und göttliche Wirksamkeit ausweisen. Keine Beschreibung kann das ausdrücken was die Wirklichkeit der göttlichen Ordnung ist.

Die Bildform zeigt ewige Jugendfrische. Sie hat etwas Feuriges, Stürmisches, Energisches an sich. Das Angesicht ist edel, göttlich erhaben und schön. Mit einem Menschenantlitz kann dies Bild nicht verglichen werden, weil niemand solche Majestät zur Schau trägt. Die Augen leuchten wie Feuerflammen und sind doch wieder lieblich, hell und milde. Es ist, als ob die Gottheit selbst heraus leuchte. Aus dem Mund gehen Strahlen aus, die sich wie unendlich edles Licht ansehen. Das Licht umfließt die göttlichen Personen. In diesem Licht sind die göttlichen Personen selbst wieder wie reine, göttliche Spiegel in denen sich jede Person spiegelt, mitteilt und erfreut. In diesem Licht aber spiegelt sich auch das gesamte Universum wieder. Die Haupthaare sind blondlockig. Aber es ist nichts materielles daran. Die Arme sind bisweilen in Kreuzform auf die Brust gelegt, dann wieder sind sie wie tätig und wirkend. Das Gewand ist nicht wie jenes des himmlischen Vaters. Es ist der jugendlichen Gestalt angepaßt und zeigt Ähnlichkeit mit der Priesterkleidung des Melchisedech.

 

III. Einzelne Erscheinungen beim Kreuzweg geoffenbart

Tags bevor ich die große Erscheinung des himmlischen Vaters hatte, hörte ich hinter dem Hochaltar die Stimme: "Komm hinter den Hochaltar! Ich werde dir noch manches zeigen, was vielen Sterblichen nicht zuteil wird." Bei der 2. Station erblickte ich das Licht der hl. Dreifaltigkeit wie gewöhnlich, mit dem inneren Sinn. Plötzlich sah ich das Licht auch mit den körperlichen Augen. Es reichte hinauf bis in die höchsten Höhen. Unten war es mehr rötlich. Nach oben wurde es milchweiß, aber unendlich hell, lieblich und mild. Eine große Anzahl von Engeln folgte dem Heiland auf seinem Kreuzweg, in stiller Rührung und ganz versunken in das Übermaß der Leiden Christi. Der Heiland selbst war in seiner Lichtgestalt sichtbar. Das Licht, das von ihm ausging, übertraf noch die Helle des umstrahlenden Lichtes um ein Bedeutendes. Das Kreuz, das der Herr trug, war nicht Licht, aber es war beleuchtet durch das umgehende Licht. Man konnte alles sehr genau sehen. In diesem Moment ließ sich eine Stimme vernehmen: "Siehe, so strafe ich die Sünden an meinem vielgeliebten Sohn". Ganz erschüttert von dieser Stimme, von dem unendlichen Erbarmen Gottes und der Liebe des himmlischen Vaters zu uns sündigen Menschen, rief ich aus, nicht äußerlich mit dem Mund: "Vater, Vater! Hab Erbarmen und verschone uns! Dein liebes Vaterherz hat ja nur Freude am Erbarmen und am Verzeihen!" Es war ein Erguß kindlicher Liebe, den ich jetzt nachträglich nicht mehr ganz wiedergeben kann. In solchen Momenten wird eben der ganze Mensch wie vom Geist Gottes erfaßt; er sucht darum nicht nach Worten,... sie drängen sich wie mit Gewalt auf die Zunge.

In dem Licht sah ich auch die Mutter Gottes, alle hl. Frauen und alle Gutgesinnten, die es mit unserem Herrn aufrichtig meinen und sein Leiden im Glauben verehren. Das Licht hinderte mich nicht, in zartem Mitleid dem Heiland zu folgen: In diesem Augenblick wurden mir die Leiden Christi viel verständlicher. Es ist, als wenn das Mitleid das Verständnis für solche Dinge erhöhe. Das Licht hielt innerlich und äußerlich an, bis der Heiland an der 5. Station ankam: Von da an verschwand die äußere Lichterscheinung. Ich ging den Kreuzweg wie sonst weiter.

Nach 3 Uhr in der Kirche beim Kreuzwegbeten am 29.10.36 zeigte sich die Bildform. Die Empfindung, die sich bei mir einstellte, war eine freudige und ruhige. Ich empfand nicht die geringste Aufregung. Die freudige Überraschung wurde noch erhöht, als ich in diesem Licht zugleich auch die Engel des Himmels um den Heiland sah, wie sie an seinem Leiden bewundernd Anteil nahmen. Mein Eindruck war, als wenn es Millionen Engel wären. In solchen Momenten fühlt man deutlich, daß Christus nicht nur Mensch, sondern auch Gott ist und als Gottmensch leidet. Dieses Glaubensgeheimnis der Würde Christi und seiner Verdemütigung und seiner Hingabe im Leiden ergriff mich außerordentlich.

Das Licht ging aus von der hl. Dreifaltigkeit, strahlte auf den Gottmenschen. Aber die hl. Dreifaltigkeit und die sichtbare Menschheit Jesu waren nur ein einziges Licht. Christus war sichtbar in der Menschheit, aber selbst im Licht in der hl. Dreifaltigkeit. Alles war ein Licht. Die Worte, die ich vernahm, lauten: "Siehe, wie ich die Sünden an meinem Sohne strafe!" Innige Rührung und tiefes Mitleid erfaßten meine Seele. Die Liebe zum leidenden Gottmenschen wurde stark. Ich brach in die Worte aus: "Vater, Vater! Habe Erbarmen mit uns und verzeihe uns! Bei dem Aussprechen des Vaternamens ging eine Glut und Innigkeit durch meine Seele, die ich nicht aussprechen kann. Zu gleicher Zeit fühlte ich mich so unendlich klein und armselig... und doch trug mich wieder ein unbegrenztes Vertrauen zu Gott empor, um in Gottes Vaterarmen zu ruhen und meine Bitten in sein gutes Vaterherz zu legen. In diesem Augenblick war ich ganz der Welt entrückt... Ich fühlte die Nähe und Gegenwart Gottes und überließ mich ganz der Inspiration; denn in solchen erhabenen Augenblicken betet wohl auch der Mensch, aber mehr noch der Hl. Geist. Die Anliegen der hl. Kirche und der Gesellschaft (des Ordens) habe ich mit unendlicher Innigkeit vorgetragen, in der Glaubensüberzeugung und mit dem unbegrenzten Vertrauen, Erhörung zu finden.

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Dreifaltigkeit in Bildform 1937 -
Die Größe des hl. Josephs

In der Woche vor Pfingsten 1937 sah ich die hl. Dreifaltigkeit auf dem Thron. Gott Vater, im weißen Bart, der "Alte der Tage". Neben ihm zur Rechten thronte Gott Sohn im Strahlenglanz der verklärten Wundmale und ihm zur Rechten sah ich Gott den Hl. Geist, sitzend, als Jüngling in jugendlicher Gestalt. Gewöhnlich sehe ich nur das lebendige übernatürliche Licht und das Feuer. Zum Unterschied sah ich diesmal auch die göttlichen Personen selbst, nicht mit den natürlichen Augen, sondern mit dem inneren Sinn.

Am göttlichen Thron ganz nah sah ich zu gleicher Zeit die himmlische Mutter, als die Unbefleckte Empfängnis stehend in Beschauung der Größe und Majestät Gottes. Sie hatte eine ähnliche Gestalt wie die Lourdes Statue. Wie unendlich schön und unaussprechlich erhaben war diese Anschauung Gottes und der Gottesmutter, die der getreuestes Spiegel und Abglanz der hl. Dreifaltigkeit ist. Da vernahm ich die Stimme: "Dies ist der Lohn meiner Mutter dafür, daß sie die Beleidigungen, Schmähungen und Verleumdungen von seiten der Irrlehrer in die hl. Opfergesinnung hingenommen hat." Und dann fügte die Stimme noch hinzu: "Meine Mutter wird trotz der Bevorzugung in alle Ewigkeit das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit nicht ausdenken können".

Staunend, bei diesem hehren Anblick, der mit unaussprechlicher Wonne meine Seele erfüllte, suchte ich nach dem hl. Joseph, in der Meinung, der Nährvater Jesus sei auch mit Leib und Seele bereits im Himmel. In dieser irrigen Annahme hatte ich bisher immer gelebt. Bei diesem geistigen Suchen nach dem hl. Joseph hörte ich eine Stimme die sprach:

"Der hl. Joseph ist nicht mit dem Leib im Himmel, sein Körper liegt unverwest auf Erden an einer euch unbekannten Stelle".

Dann fügte die Stimme noch hinzu: "Nach der Muttergottes ist und bleibt der hl. Joseph der "Größte" und wird von keinem anderen übertroffen."

Eine weitere Belehrung wurde gegeben durch den Vergleich des hl. Joseph mit dem hl. Johannes, um die Größe des Nährvaters deutlich zu machen.

Auf Erden erklärte einmal der Meister: "Johannes ist der Größte der vom Weib Geborenen, aber der Geringste im Himmelreich ist größer als er!" Die Bezeichnung "der Geringste im Himmelreich" ist nicht irgend ein Beliebiger, sondern der hl. Joseph. Er ist zu gleicher Zeit der Geringste und doch der Größte. Der Sinn ist also dieser: "Johannes ist der Größte der vom Weib Geborenen. Der hl. Joseph dieser Geringste im Himmelreich wegen seiner Demut, ist größer als der Größte vom Weib Geborenen, ist größer als der hl. Johannes. Er steht neben der himmlischen Mutter unmittelbar am Throne Gottes.

Bildform der hl. Dreifaltigkeit:

Vision am 24. März 1938. Am Abend nach der Andacht ging ich zum Kreuz vor der Sakristei, das mir ein so ungemein liebes Gebetsplätzchen ist. Nachdem ich meine Gebete verrichtet hatte. ging ich wieder zur Kirche zurück, um zur Ruhe zu gehen. Da vernahm ich eine innere aber sehr klare und deutliche Stimme, die sagte: "Der Geist Gottes weht, wann, wo und wie er will". "Im selben Augenblick sah ich eine neue Bildform der allerheiligsten Dreifaltigkeit, wie ich sie noch nie gesehen hatte. In dieser Vision zeigte sich mir zum erstenmal der Hl. Geist in Gestalt einer Taube.

Lichterthron:

Gottvater und Sohn saßen auf einem und demselben Lichtthron, der auf Feuerrädern schwebte und ruhte. Vor dem Lichtthron war eine Feuerlinie, aber nicht halbrund, sondern in gerader Richtung. Lichtfarben mannigfachster Art sprühten, schimmerten und glänzten. Die weiße Farbe war jedoch vorherrschend. Im Umkreis der göttlichen Personen leuchtete ein wahres Lichtmeer im Regenbogenglanz. Es war ein Lichtwunder an Pracht, wie ich bisher noch niemals etwas ähnliche gesehen habe. Alle Darstellungen der christlichen Kunst nehmen sich gegen dies übernatürliche Wirklichkeit wie ein dürftiger Schatten aus; es ist eben unmöglich im irdischen Dasein solche erhaben, göttliche Geheimnisse wiederzugeben und zu beschrieben.

Die göttlichen Personen: Gottvater saß zur Rechten. In der Linken hielt er ein Zepter, mit der Rechten umfaßte er ein aufgeschlagenen Buch, aus dem die Buchstaben Alpha und Omega leuchteten. Die ganze Gestalt atmete Vaterliebe und Vatermilde. Eine ganz göttliche Majestät ging von ihm aus, die große Ehrfurcht aber keine Furcht einflößte. Gottessohn saß mit dem himmlischen Vater auf demselben Thron. Mit dem Vater hielt er das aufgeschlagene Buch. Seine Augen leuchteten wie Feuerflammen und doch lag eine anziehende Lieblichkeit im Blick. Mit der Rechten hielt er ein Zepter, auf dem Haupt trug er ein Königsdiadem, das in Farben leuchtete.

Gott der Hl. Geist schwebte zwischen Gottvater und Gottsohn in gleicher Höhe wie die Häupter der Personen. Er zeigte sich in Gestalt und Größe einer Taube in solch blendendem Weiß, daß auf unserer Erde kein Gegenstand anzugeben imstande ist. Die Flügel waren ausgebreitet, aber in Ruhe schwebend und ebenfalls von weißer Farbe. Das Haupt war nach oben gerichtet. Im Umkreis der Taubengestalt zeigte sich ein eigenes wunderbares Licht und Farbenspiel, das sich dem Gesamtbild einordnete. Sieben Flammen, die man sonst symbolisch im Umkreis der Taubengestalt abbildet, habe ich gesehen, von der Taubengestalt ging ein ganz eigenes Licht in den allerfeinsten Strahlen zu den beiden anderen Personen über, ein Licht, das sie wie eine Einheit verband.

 

Die gnadenreiche Innewohnung der hl. Dreifaltigkeit

Br. Kostka schaute mit dem Glaubensauge schon lange nach Empfang der hl. Kommunion dies hehre Geheimnis der Innewohnung Gottes im Herzen. Seit mehr als einem Jahr sieht er nicht nur nach der Kommunion, sondern auch sonst den innewohnenden Gott in seinem Herzen. Als er eine Zeitlang mit seinen Worten ganz ruhig und gelassen über die Wirklichkeit des innewohnenden Gottes berichtete und mehrfach betonte, daß er den dreieinigen Gott in seinem Herzen sähe, machte ich die Gegenbemerkung: Wenn ich das aufschreibe und andere es lesen, werden sie wohl die Vorstellung bekommen, daß die drei Göttlichen Personen in einem Miniaturbildchen von Ihnen geschaut werden. Prompt, ohne jede Überlegung, sagte Br. Kostka: Gott erfüllt jeden Raum... aber er selbst braucht keinen Raum... Er berichtete sodann noch eingehender dieses Schauen.

Ich sehe wohl das Herz, aber nicht so als Herzmuskel, sondern in der Form eines Herztempels. Derselbe ist nämlich weit, hoch und geräumig, wie ein wirklicher Tempel sich ausnimmt. Mit Menschenworten ist es unmöglich, eine solche Fülle von geheimnisvollen Wirkungen wiederzugeben!...  Noch viel, viel heller als der Herztempel sind die drei göttlichen Personen. Der weise Vater steht in Majestät und Würde. Gott Sohn sitzt zu seiner Rechten mit seinen verklärten Wundmalen. Der Hl. Geist ruht schwebend mitten zwischen Vater und Sohn. Seine Fittiche in der symbolischen Gestalt einer Taube sind ausgebreitet und er selbst hat die Gestalt, wie wenn er nach unten hin schweben wolle... Ist also mit dem Kopf nach unten hinneigend. Eine unendliche Fülle von Licht, Glanz, Majestät umstrahlt die drei göttlichen Personen... die in natürlicher Menschengröße sichtbar sind. Die Personen scheinen aber nicht etwa wie unnahbar zu sein..., sondern sie strahlen in Lieblichkeit und Liebe und Menschenfreundlichkeit, welche Seele aufs innigste und höchste anzieht und entzückt und beglückt.

Vor der Kommunion bete ich immer zur himmlischen Mutter, daß sie mein Herz mit ihren Verdiensten und Tugenden schmücken wolle, damit dann die heiligsten Personen durch ihren Schmuck erfreut würden. Zu diesem Zweck bete ich gerne: Himmlische Mutter, schmücke mein Herz mit deinen Tugenden... damit der Heiland wenn er kommt, eine wohlvorbereitete Wohnstätte findet... Die gute Mutter kommt auch dem Unvermögen zu Hilfe und schmückt das Herz mit Tugenden, die dann leuchten in allen Farben. Von der Mutterhand geführt, kann ich so dem ewigen Vater und dem Heiland entgegengehen und durch die Hilfe der Mutter auch vertraut mit Gott reden

 Diese Wahrnehmung in dem geistigen Schauen ist ein reines und ganz unverdientes und unverdienbares Geschenk der göttlichen Liebe und Herablassung. Wohl verlangt Gott unsere Mitwirkung in einem ganz sündenfreien Leben. Erst, wenn man sich ganz abgestorben ist, die Ich-Liebe aus dem Herzen entfernt hat und nur darauf ausgeht, einzig und allein Gott zu gefallen, kommt einem Gott mehr und mehr und vertrauter entgegen. Die Demut und das kindliche Vertrauen des Gotteskindes mit reinem Herzen braucht Gott.

Ich suche jetzt vor allem die Ein­fachheit des geistigen Lebens zu pflegen und im Wandel in der Gegenwart Gottes ihm Freu­de zu bereiten.

Jeden Tag beten wir in der Terz um diese Gnade der Innewohnung Gottes, der ganzen heiligsten Dreifaltigkeit, wenn wir den Hymnus sprechen: Nunc, Sancte nobis Spiritu... Unum Patri cum Filio, Dignare promptus ingeri... nostro refusus pectori...

Diese Gnade der Innewohnung wird uns ebenfalls am Fest des Unbefleckten Herzens Mariens vorgeführt, wenn uns die Kirche anleitet zum Gebet: Deus, qui in corde beatae Virginis, dignus Spiritus Sancti habitaculum praeparasti... ut secundum Cor tuum vivere valeamus. - O Gott, der Du im Herzen der allerseligsten Jungfrau dem Hl. Geist eine würdige Wohnung bereitet hast, gewähre uns gütig..., daß wir nach Deinem Herzen zu leben vermögen.

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Beten wir zu Br. Kostka, damit er uns hilft als wahre Kinder Gottes zu leben.

 


Es folgt ein kurzer Überblick der Schauungen über das Geheimnis der hl. Messe.

 

Das hl. Messopfer nach den Schauungen von Br. Kostka SVD - Überblick

Der Wort und Gebetsgottesdienst

 

Maria geht mit dem Priester zum Altar.

Jesus nimmt das Sündenbekenntnis an.

Verrat und Gefangennahme Jesu

Verhör bei Annas; Jesus bei Kaiphas, die falschen Zeugen.

Das Messiasbekenntnis des Heilandes

Todesurteil der Juden, Verspottung durch die Schergen, Mißhandlung

    

Tagesgebet und Lesung

Gang zu Pilatus und Herodes

Bei Pilatus - die seelischen Leiden Jesu

Jesus bei Herodes, Verhöhnung

Sühneleiden Jesu für die Sünden des Ehelebens

    

Evangelium und Glaubensbekenntnis

Rückkehr zu Pilatus - Das Volk verlangt Jesu Tod

Der Schmerz Jesu, daß er einem Mörder nachgesetzt wird.

      

Der Opfergottesdienst

Geißelung, Entblößung und Geißelwerkzeuge

Geißelung des Antlitzes - Sühnung für die Sünden der Unkeuschheit

Dornenkrönung und Verspottung, Verhöhnung als König der Juden

    

Präfation und Sanktus

Ecce homo - Seht, welch ein Mensch! Unterredung mit Pilatus.

Seht eurer König, dann das Todesurteil des Pilatus.

Sühne der Sünden durch Jesus. Die Freude der Engel

Die hohe Würde des Priesters und der Wert der hl. Messe.

    

Der römische Kanon der hl. Messe

Der Kreuzweg Christi. Die Schmerzensmutter, die Apostel und Apostelseelen, die Märtyrer und Freunde des Kreuzes.

Das Gebet für die Lebenden ist hier am wirksamsten.

Gebet in Gemeinschaft mit Maria, den Aposteln und Märtyrern. Sie alle feiern mit dem Priester das Opfer Christi. Der Beistand der himmlischen Heerscharen; Schutzengel der Kirche, Länder, des Priesters und der Gläubigen.

    

Die hl. Wandlung

Die Vergegenwärtigung des Opfertodes Jesu am Kreuz

Der ewige Hohepriester spricht durch den Mund des Priester die Wandlungsworte - die hl. Wunden leuchten. Das hl. Blut Jesu ist lebendig und vertreibt die Finsternis.

Das Herz Jesu, die Wunden und das Antlitz Jesu leuchten. Der Vater nimmt das Opfer seines Sohnes an. Der Hl. Geist wirkt durch das Herz Jesu. Aus dem Herzen Jesu entspringt die Kirche.

Maria, die Schmerzensmutter, wurde die Mutter der Kirche, aller Gotteskinder. Sie opfert, wie Abraham, ihren Sohn!

    

Nach der hl. Wandlung - Auferstehung

Jesus ist im verklärten Auferstehungsleib.

Er erscheint zuerst seiner Mutter.

Jesus betet für uns, Er wirkt ständig im Priester.

Die ganze Dreifaltigkeit ist jetzt zugegen - der Gnadenthron steht allen offen.

Hinweis auf die Vorbilder im Alten Bund.

Opfer Abel, Abraham und Melchisedech - persönliche Opfer auf die Patene legen!

Das hl. Meßopfer ist die geistige Sonne, die allen Seelen Leben gibt.

Zentrale Stellung des Priesters

 Die hl. Engel bringen die Früchte des Opfers auf den himmlischen Altar.

Das Gebet für die Verstorbenen.

Maria läßt ihnen das kostbare Blut zukommen.

Die Gemeinschaft der Heiligen ist ein großes Geheimnis.

Die Gläubigen sollen das königliche Priestertum ausüben und mitopfern.

Die Armen Seelen würden keine Messe mehr versäumen, könnten sie nochmals auf die Erden kommen.

Die Verherrlichung der allerheiligsten Dreifaltigkeit am Schluß des Kanons

Besänftigung der göttl. Gerechtigkeit durch das Blut Jesu.

    

Die hl. Kommunion

Die Sehnsucht Jesu nach der Kommunion.

Anbetung der Dreifaltigkeit, nicht nur Jesu.

Kommunion ist die innigste Vereinigung der Liebe!

Unbegrenztes Vertrauen haben.

Danksagung und Akte der Demut.

Kindlich an der Hand Mariens um Verzeihung bitten.

Verehrung der glorreichen Wundmale.

Tagsüber die Danksagung fortsetzen.

Das Jesuskind ist auch im kleinsten Partikel.

Die Eigenliebe schadet. Wichtig ist die würdige Kommunion!

    

Schluß der hl. Messe - Himmelfahrt

Der Triumphzug Jesus.

Er geht mit seiner Mutter, den Seligen des Alten Bundes, den Engeln, Aposteln zum Ölberg der Himmelfahrt. Der Hl. Geist nimmt den Erlösungsschatz entgegen.

Der Priestersegen fällt mit dem letzten Segen des himmelfahrenden Heilandes zusammen. Br. Kostka: “Dieser Segen stärke mich zu allem Guten. Er gereiche mir in meiner Todesstunde zum ewigen Heil.”

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