Das
heilige Meßopfer in Schauungen erlebt und
die Offenbarung der Allerheiligsten Dreifaltigkeit
Die Größe
des hl. Joseph
nach den Visionen von Br.
Kostka
©
Copyright
by Klemens Kiser
“Viel eher könnte die Erde
ohne die Sonne bestehen,
als ohne die hl. Messe.”
Hl. Pater
Pio
Manuskript aus den Dreißiger
Jahren (ca. 1935-38), von Pater Carl Friedrich
aufgeschrieben gemäß den Mitteilungen von
Br. Kostka Wasel.
Infolge der Kriegswirren leider nicht mehr
ganz vollständig.
Als Buch erschienen bei
Theresia-Verlag 1996 - 2001;
vier Auflagen 11.000 Exemplare
- Zur Zeit vergriffen, daher diese Ausgabe!
Soweit es sich in dieser
Schrift um Privatoffenbarungen handelt,
wird hiermit gemäß Dekret Papst Urban VIII.
ausdrücklich erklärt, daß dem Urteil der
Kirche über die Echtheit und Glaubwürdigkeit
derselben in keiner Weise vorgegriffen werden
soll.
Bilder über die hl.
Messe von Pfr. Rudrof mit Genehmigung des
Mediatrix-Verlags
Vorwort
|
Wie kam es zu diesen Aufzeichnungen?
Der Auftrag von oben, sich zu offenbaren
Jugendjahre – “das lebendige Licht
der Gottheit”
Frage des Generaloberen
Die religiöse Lebensführung im Orden
Bericht über die Visionen und Erlebnisse
bei der heiligen Messe
Charakteristische Eigenart der Schau |
|
Methode der Aufzeichnungen
Fragen des Generaloberen, Überprüfung
des Inhalts
Die Gnade der Berufung
Strengere Lebensführung, Bußstrenge
und Fasten
Übung der Geißelung, Innere Wundmale
Bußübung durch Kette
Die nächtliche Anbetung, Einige
Störungen
Anliegen und Gebetsmeinung der heiligen
Stunde |
|
Der Wort- und Gebetsgottesdienst
Stufengebet und Introitus, Verrat
des Judas
Die Gefangennahme Jesu, Verhör bei
Annas
Jesus bei Kaiphas, Das Zeugenverhör
Das Messias‑Bekenntnis des Heilandes
Das Todesurteil über Jesus
Die Verspottung
Die körperliche Mißhandlung |
|
Gang zu Pilatus und Herodes.
Bei Pilatus Tieferer Blick in die
Sühneleiden Jesu
Jesus bei Herodes
Verspottung des Herrn - Sühneleiden
Jesu |
|
Rückkehr des Herrn zu Pilatus.
Das Volk verlangt Jesu Tod
Blick in das Sühneleiden Jesu
Der göttliche Dulder |
|
Die unsichtbare Leidensliturgie
bei der Opfermesse
Geißelung und Dornenkrönung
Geißelung und Geißelwerkzeuge
Geißelung des Gesichtes
Dornenkrönung und Verspottung, Dornenkrone
Die Verhöhnung, Der leidende Heiland |
|
Die Verurteilung Jesu zum Tod
Anteilnahme der heiligsten Dreifaltigkeit
und der Engel
“Ecce homo” und das auserwählte
Volk
Das Ecce‑Homo‑Bild und die Einzelseele
Unterredung zwischen Jesus und Pilatus
Seht da! Euer König! Abschluß durch
das Todesurteil
Die wunderbare Harmonie der Meßliturgie
mit dem Leiden Christi
Harmonie der Präfation mit der Verurteilung
zum Tod
Die Herstellung der Heilsordnung
durch Sühne und Verherrlichung Gottes
Annahme der Sühne - Wirkung bei
Gott und den Menschen
Die Freude der Engel und ihr Jubelgesang
Das Mittleramt der Priester
|
|
Die Zeit von der Präfation bis zur
Wandlung
Der Kreuzweg Christi
Erstes Kanongebet
Gedächtnis der Lebenden
Das Kanongebet Gedächtnis der Heiligen
Der Beistand der himmlischen Heerscharen,
Schutzengel |
|
Das unsichtbare innere Geschehen
im Sakrament
Die Konsekration der heiligen Hostie
Die Konsekration des heiligen Blutes
Die Allerheiligste Dreifaltigkeit
während dieses Zeitabschnittes
Die Schmerzensmutter unter dem Kreuz
Gedächtnis der glorreichen Auferstehung
nach der Wandlung
Der eucharistische Opferleib auf
dem Altar
Der Himmel auf dem Altar
Empfehlung der Opfergaben. “Unde
et memores“
Die Bitte um Annahme der Opfer im
Gedächtnis an die Vorbilder
aus dem Alten Testament
Die Bedeutung der drei alttestamentlichen
Vorbilder
Das dritte Kanongebet “Demütig bitten
wir Dich...”
Das Gedächtnis der Verstorbenen
Das fünfte Kanongebet- Gemeinschaft
der Heiligen
Abschluß der Opferhandlung im letzten
Kanongebet |
|
Die Kommunionpraxis einer frommen
Seele
Vorbereitung in starker Sehnsucht
Anbetung der heiligsten Dreifaltigkeit
Vereinigung der Seele mit Christus
Danksagung
Fortsetzung der Danksagung tagsüber
Fortsetzung der eucharistischen
Tätigkeit des Heilandes
Wirkungen der würdigen Kommunion
Die Muttergottes, das höchste Vorbild
der würdigen Kommunion
Verminderung der Wirkungen
Die unwürdige Kommunion
Die würdige Priesterkommunion |
|
I. Gnadenreiche Offenbarung
II. Drei verschiedene Bildformen
III. Einzelne Erscheinungen |
|
Die gnadenreiche Innewohnung der
hl. Dreifaltigkei |
Zusammenfassung
- Überblick über die Schauungen der hl.
Messe
VORWORT ‑ ZUR GESCHICHTE DIESES BUCHES
Vor gut vierzig Jahren habe ich von einem
inzwischen verstorbenen Mitbruder ein altes
hektographiertes Skriptum von den Visionen
des Bruders Kostka erhalten. Es waren schreibmaschinengeschriebene
Blätter, wie man sie noch vor 60 Jahren
vervielfältigt hat. Dieser Text wurde schließlich
im Computer erfaßt und so entstanden wieder
nach Jahren die ersten fotokopierten Bücher.
Eines dieser fotokopierten Bücher gelangte
in die Hände eines Mitbruders, der es wert
fand, dieses Buch zu veröffentlichen. Nun
fing die Arbeit wieder von vorne an. Wenn
die Computer heute eine große Hilfe sind,
so bleibt doch nach wie vor: das Lesen,
Korrigieren und Kontrollieren der Texte
etc.
Br. Kostka hat bei der Arbeit “seines” Buches
spürbar geholfen und wird sich freuen, wenn
durch dieses Buch viele zu einer tieferen
Ehrfurcht gegenüber dem hl. Meßopfer geführt
werden.
Einige Hinweise zum Leben des Bruders
Kostka: Lange wußte ich nichts Genaueres
über ihn außer, daß er in St. Wendel gelebt
hatte. Durch den Krieg mußte er weg und
kehrte nicht mehr zurück. So konnte ich
dort nicht viel in Erfahrung bringen, außer
daß er in “Rheine” (Westfalen) gestorben
sei. In der Pfingstwoche 1996 fuhrt ich
ins Münsterland, unter anderem an die Gräber
der inzwischen seliggesprochenen Clemens
August Kardinal von Galen und Anna Katharina
Emmerich, und schließlich fand ich in St.
Arnold das Grab von Br. Kostka.
Die ersten Fakten lagen nun vor: Br. Kostka
wurde am 28. März 1868 geboren und starb
am 1. Dez. 1946. Im Missionshaus, das inzwischen
aufgelöst wurde, traf ich einen Bruder,
der sich noch an Br. Kostka erinnern konnte.
Ich konnte in die Lebensbeschreibung von
Br. Kostka Einsicht nehmen. Auf dem Friedhof
traf ich einen alten Pater aus Südamerika,
der 1960 eine spanische Übersetzung des
Lebens von Br. Kostka herausgegeben hatte.
Dieser Mitbruder kannte aus seiner Studienzeit
von 1930 in Rom P. Carl Friedrich, der in
den Dreißiger Jahren in St. Wendel die Visionen
Br. Kostkas erfuhr und niedergeschrieben
hatte.
Br. Kostka trat am 14. August 1896 in Steyl
ein und wollte in die Mission gehen. Er
arbeitete zuvor als Bauernknecht, wurde
nun Koch und nach Ablegung der Gelübde
kam er am 14. Dez. 1898 in das neugegründete
St. Wendel in Saarland. Dort bekleidete
er bis 1911 das Amt als Küchenchef. In dieser
Zeit begann er ein ganz intensives Gebets‑
und Bußleben ( im Buch beschrieben). Niemand
außer dem Pater Rektor wußte von seinen
Nachtwachen. Auf seine “übernatürliche”
Anregung hin wurde auch die Kirche in St.
Wendel gebaut, worin Br. Kostka dann
jede Nacht vor dem Tabernakel hinter dem
ehemaligen Hochaltar gebetet hat, trotz
seiner anstrengenden täglichen Arbeit.
Br. Kostka wurde später bis zum Ausbruch
des Ersten Weltkrieges die Arbeit in der
Limonadenherstellung zugewiesen. Nach der
Not des Krieges hatte er den Laden für Andachtsgegenstände
zu betreuen. So lernte Br. Kostka viele
Leute und auch Pilger kennen, die auf ihrer
Reise nach Marpingen vorbeikamen.
[In Marpingen erschien die Muttergottes
1876 als die Unbefleckte Empfängnis. Heute
steht dort eine kleine Kapelle]
In den Jahren 1928/29 wurde Br. Kostka schwer
krank. Die Füße waren bis zu den Knien mit
Frostbeulen bedeckt, das rechte Bein fing
an zu eitern und Flüssigkeit auszuscheiden,
ohne heilen zu wollen. In seiner Not
betete Br. Kostka zu Arnold Janssen, dem
Stifter der Steyler Missionare. Da erschien
ihm die kleine hl. Theresia, zu der er immer
wegen der Seligsprechung von Pater Janssen
gebetet hatte. Br. Kostka war augenblicklich
geheilt! Dieses Wunder wurde dann im
Seligsprechungs-prozeß von Pater Janssen
(1934/35) festgehalten. Dadurch wurde P.
Carl Friedrich auf Br. Kostka aufmerksam.
So entstanden bis 1938 die folgenden Aufzeichnungen,
die Pater Friedrich nach dem Krieg veröffentlichen
wollte, wozu es aber leider nie kam. Pater
Friedrich starb 1958. Nun sind über 70 Jahre
seit dem Tod von Br. Kostka verflossen und
die Zeit zur Veröffentlichung scheint gekommen
zu sein, die Geheimnisse des hl. Meßopfers
zu veröffentlichen zumal immer weniger wissen,
was die hl. Messe ist. Wir greifen damit
dem Urteil der Kirche in keiner Weise vor.
Br. Kostka sah auch die Vertreibung seines
Ordens von St. Wendel durch die Nationalsozialisten
voraus und sagte aber den Gestapoleuten
ins Gesicht: “Wir gehen jetzt, aber wir
werden wiederkommen.” So waren die letzten
Jahre des schon betagten Bruders noch voller
Mühsal.
Die letzten Stationen seines Lebens führten
ihn 1941 nach St. Augustin (Bonn), einige
Zeit verbrachte er bei seinem Bruder, dann
in St. Josef in Geilentersheim, Bondheim
und 1945 kam er nach St. Arnold bei Rheine.
Hier starb Br. Kostka im Alter von 78 Jahren
am 1. Dez. 1946 als ein der Welt Unbekannter,
doch ein echter Mystiker, der das Leiden
Christi erlebt und gelebt hat, der in die
Seelen sah und nichts davon sagte. Er
lebte als Marienkind, wie Maria ganz verborgen,
aber tief mit Christus verbunden. Er lebte
in Gottes Gegenwart. Er wußte: Der dreifaltige
Gott lebt in unseren Herzen und Maria, unsere
liebe Mutter, hält immerfort Anbetung. Dieser
große Verehrer des Hl. Geistes sah in die
Seelen, er kannte aber die Gesetze der Liebe,
die sich niemandem aufdrängt.
Leider sind uns die Visionen über die Muttergottes
nicht erhalten geblieben, wohl aber ein
Auszug aus der Schau der Allerheiligsten
Dreifaltigkeit. Br. Kostka durfte hierbei
auch die Größe des hl. Joseph erkennen.
Diese ist dieser Ausgabe beigefügt.
Worüber Theologen jahrhundertelang gerätselt
haben, erklärt uns Br. Kostka in wenigen
Sätzen. Jesus sagt im Evangelium: “Johannes
ist der Größte, der von einer Frau geboren
wurde, aber der Geringste im Himmelreich
ist größer als er!” - Johannes ist der
Größte, weil der im Mutterschoß geheiligt,
als Heiliger geboren wurde (außer Jesus
und Maria). Aber St. Joseph ist größer,
weil der hl. Joseph der Kleinste, der Demütigste,
der “Geringste” im Himmelreich ist.
“Er steht neben der himmlischen Mutter unmittelbar
am Thron Gottes.” Br. Kostka hieß mit seinem
Taufnahmen Joseph, d.h. sein bürgerlicher
Name war Joseph Wasel aus Ockoren bei Grevenbroich.
Nehmen wir Br. Kostka zu unserem Fürsprecher
am Throne Gottes! Er möge uns die Gabe erflehen,
tiefer in die Geheimnisse Gottes einzudringen.
Vorgeschichte der Aufzeichnungen aus den
dreißiger Jahren
Im Jahr 1938 wurde der Text des “Meßbuches”
als Abschrift aus dem hand-schriftlichen
Original, an das Generalat nach Rom gesandt.
Es geschah in der Absicht, den Oberen von
der Person eines ganz unbekannten und verborgenen
Mannes nähere Kenntnis zu geben. Im Sommer
jenes Jahres erhielt ich die Bestimmung
für die Ost‑Provinz unserer Gesellschaft
und mußte mich daher von dem lieben Freund
Br. Kostka trennen, mit dem ich etwa sechs
Jahre hindurch im Missionshaus St. Wendel
vertraute und segensreiche Stunden verlebt
hatte. Vor der Abreise drängte es mich,
das verborgene Licht auf den Leuchter zu
erheben und die gesamten Aufzeichnungen
in Abschrift dem Generalat zur Verfügung
zu stellen. Auf meinen Bericht hin, der
das Interesse der Oberen geweckt hatte,
stellte der damalige Generalobere, Pater
Josef Grendel, eine Reihe von Fragen. Diese
Rückfragen und ihre Beantwortung sind ein
passender Wegweiser, um die Leser zu orientieren
und in die Vorgeschichte der Aufzeichnungen
einzuführen. Wahrscheinlich würden im Kreis
der Leser doch ähnliche Fragen auftauchen
und Antwort erheischen.
WIE ES ZU DIESEN MITTEILUNGEN KAM
Auf Br. Kostka wurde ich aufmerksam, als
in Trier der Seligsprechungsprozeß in Gang
kam, um ein Wunder festzustellen, das auf
die Fürbitte unseres Stifters Arnold Jansen
an Br. Kostka gewirkt worden war. Damals
gingen mit Br. Kostka noch andere Brüder
nach Trier, denn im Informationsprozeß war
zu prüfen, ob das Wunder echt und beweisbar
sei. Nach der Rückkehr aus Trier lernte
ich Br. Kostka näher kennen, und das Wunder
wurde eingehender besprochen.
Auch ich ließ mir von ihm persönlich ausführlich
den Vorgang erzählen, der damals schon weit
zurücklag und beinahe in Vergessenheit
gekommen war. Bei dieser Gelegenheit gab
mir der sonst so stille und bescheidene
Bruder etwas mehr Aufschluß über sein religiöses
Innenleben. In Trier hatte er bereits manche
Fragen beantworten müssen, die über den
Rahmen des Wunders hinausgingen. Auf meine
Bitte, einige wichtige Mitteilungen über
sein religiöses Leben für mich schriftlich
darzulegen, brachte er mir einen alten Zettel,
der etwa drei bis vier Sätze enthielt. In
diesen kurzen Sätzen war kein innerer Zusammenhang
von Bedeutung zu erkennen, da die Einordnung
in einen größeren Gedankenkreis ganz fehlte.
Bei Gelegenheit einer Ratio (vertrauliche
Rechenschaft) erkundigte ich mich bei ihm
über seine Kommunionpraxis, weil er immer
so gesammelt und ganz bewegungslos nach
der Kommunion an seinem Platz kniete.
Er legte seine ganze Seele offen. Ich konnte
nur staunen über diese Glut und die innige
Vereinigung seiner Seele mit dem eucharistischen
Heiland. Ich gewann den Eindruck, daß Br.
Kostka nicht nur nach Heiligkeit strebe,
sondern bereits einen höheren Grad der Vollkommenheit
erreicht hat. Zum zweiten Mal bat ich ihn,
einen kurzen Bericht abzufassen. Er brachte
diesmal ein Oktavblättchen aus einem Heft,
wie es die Schüler haben. Das Geschriebene
gab indes nicht im entferntesten wieder,
was Mund und Herz einige Tage vorher berichtet
hatten. Er erklärte, daß er eine große
Scheu habe, seine inneren Erlebnisse
anderen zur Kenntnis zu bringen.
Früher habe auch einmal Pater F. an ihn
die Bitte gerichtet, etwas aufzuschreiben,
oder auch, wenn er es vorziehe, es ihm zu
sagen, damit er es niederschreiben könne.
Aber er habe es abgelehnt. Es sei ihm innerlich
unmöglich gewesen. Der Schimmer seiner
religiösen Innenwelt war nun aber doch soweit
durchdrungen, daß ich mit Dankbarkeit gegenüber
Gott erkennen mußte, unser stiller Bruder
ist ein begnadeter Ordensmann, der große
himmlische Gunstbezeigungen erhalten hat.
Die große Ruhe, mit der er alles offenbarte,
flößte Respekt ein; sie ließ ahnen, daß
er sein ganzes Lebenswerk mit Gott und in
Gott eingerichtet hatte.
Den Gedanken, etwas aufzuzeichnen, hatte
ich ganz aufgegeben. Der schlichte Bruder
hatte nicht die geistige Gestaltungskraft,
seine Gedanken in ausführlicher Form und
geordnet niederzuschreiben. Und weil er
schon einmal den wohlgemeinten Rat von
Pater F. abgelehnt hatte, etwas zu schreiben
oder aufschreiben zu lassen, schien es mir
am besten, wenn man den stillen und frommen
Beter nicht weiterhin störe oder ausfrage.
Er war eben von Gott selbst belehrt, von
ihm geführt und hatte Erleuchtungen, die
ihn eigene Wege gehen ließen.
DER AUFTRAG VON OBEN, SICH ZU OFFENBAREN
Nun kamen die Dinge doch in Fluß, jedoch
in einer Weise, wie es niemand hatte erwarten
können. Eines Tages erklärte Br. Kostka,
er habe in der Anbetungsstunde morgens
um drei Uhr den Auftrag von Gott erhalten,
sich mir zu offenbaren. Er solle ohne
Scheu alles sagen. Das weitere solle er
dem Pater überlassen.
Eine Pause gegenseitigen Schweigens setzte
ein. Innerlich getroffen, fühle ich eine
gewisse Sorge und im ersten Moment auch
etwas Furcht. Mein Befremden konnte ich
ihm nicht verbergen; Befremden nicht etwa,
weil er sich eröffnen wollte, sondern weil
er angeblich “von Gott diesen Auftrag”
erhalten habe. Jeden anderen hätte ich
glatt abgewiesen. Aber weil ich bereits
in das Seelenleben des Bruders hatte Einblick
nehmen können, war ich vorsichtig und zurückhaltend.
In mystischen Dingen und Wegen kannte ich
mich damals nicht aus. Es stellten sich
darum Furcht und Sorge ein, weil man in
mystischen Dingen sich selbst - wie die
Geschichte beweist - so leicht täuschen
und getäuscht werden kann.
Aber eine Stellungnahme meinerseits war
notwendig geworden. Nach einiger Überlegung
sagte ich mir, es sei gewiß am zu besten,
erst einmal einige Tage vorbeigehen zu lassen,
zu warten und zu prüfen. Ich ersuchte also
den Bruder, er möge nach einigen Tagen wiederkommen,
dann wüßte ich schon, welche Antwort ich
ihm erteilen könne. In jenen ersten Tagen
kamen neben den Sorgen und Bedenken auch
andere Überlegungen. Der Bruder war nach
allem, was ich bis dahin von ihm erfahren
hatte, von Gott reich gesegnet und mit Gnaden
bevorzugt. Ich sagte mir: “An dem Bruder
ist das auffallende Wunder durch den seligen
Stifter geschehen; sollte Gott am Ende
nicht doch bestimmte Absichten haben? Sollte
Er vielleicht den frommen Beter zum Werkzeug
Seiner Pläne ausersehen haben?” Ich fühlte
eine gewisse Mitverantwortung, wenigstens
für den Fall, daß sich seine Angaben und
der Auftrag von oben als echte und wahre
Offenbarungen erweisen sollten.
Mit dem Zuwarten und der Prüfung war etwa
ein Jahr verstrichen. Br. Kostka kam im
Lauf dieses Jahres hin und wieder zu mir.
In seinen Mitteilungen war er niemals aufdringlich,
weitschweifig und am wenigsten geschwätzig.
In wenigen Sätzen sagte er, was er glaubte,
mitteilen zu sollen, gleich weit entfernt
von aufwallender Freude wie von seelischer
Gedrücktheit. Immer war er der sich selbst
gleichbleibende, ausgeglichene, still‑ernste
Ordensmanns. Und doch war er innerlich und
äußerlich ein froher Mensch mit gütiger
Miene. Seine seelische Innenwelt wurde stets
durchsichtiger. Verstellung und Streben
nach persönlichem Ansehen waren bestimmt
nicht im Spiel. Es lag kein Grund vor, ihm
Mißtrauen entgegenzubringen. Aber meine
Zurückhaltung wollte ich in den ersten Monaten
trotzdem nicht aufgeben; gerade die Erhabenheit
seiner Mitteilungen schien es unumgänglich
notwendig zu machen, die Prüfung recht sorgfältig
vorzunehmen.
DIE
JUGENDJAHRE -
“DAS LEBENDIGE LICHT DER GOTTHEIT”
Nach Verlauf von etwa einem Jahr fragte
ich den Bruder, wie er seine Jugendjahre
verlebt habe. Unbefangen wie ein Kind erzählte
er die Geschichte seiner Kindheit und Knabenjahre.
Die rein und fromm verlebte Jugend sprach
zu seinen Gunsten. Er mußte eine besondere
Gnade von oben erhalten haben, wenn er jene
Jahre so untadelig verlebt hatte, erst still
und verborgen im Elternhaus und dann auswärts
als Bauernknecht. Im Lauf der Darstellung
nannte er mehrfach die Führung Gottes und
sprach von einem “lebendigen Licht der
Gottheit”.
Auf meine Frage, was er mit diesem Ausdruck
meine, gab er folgende Erklärung:
“Von der frühesten Jugend an, soweit
seine Erinnerung reiche, habe er mit
dem inneren Sinn ein innerliches Licht wahrgenommen.
Es sei kein natürliches Licht; er sehe es
auch nicht mit den leiblichen Augen. Wenn
er in das helle Sonnenlicht schaue, müßten
seine natürlichen Augen etwas tränen; aber
jenes 'lebendige Licht der Gottheit' sei
dem Auge des Glaubens freundlich und wohltuend.
In diesem Licht erhalte er so manche Anregung
für sein Verhalten. In diesem Licht habe
er schon in der Jugend das Geheimnis der
hl. Dreifaltigkeit, soweit es die menschliche
Schwäche zulasse, erkannt und den
'Einen Gott in drei Personen angebetet.'
Als man ihm im Religionsunterricht das
Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit zum ersten
Mal erklärt habe, sei ihm die Erklärung
sehr matt vorgekommen im Vergleich zu jenen
Erkenntnissen im Glauben, die er im 'lebendigen
Licht' empfangen hat.
“In diesem Licht erkenne ich - oft, aber
nicht immer - den geistigen Zustand anderer
Menschen. Wenn ich mit einer recht guten
Person zusammenkomme, zumal mit einem frommen
Priester, sehe ich, wie wir beide im Licht
stehen. Andere (d.h. nicht gute) Menschen
erregen in diesem Licht einen gewissen Widerwillen.
Es ist, als ob ich ihren Seelenzustand lesen
könnte. Je nachdem ich im Licht dieses Zustandes
inne werde, richte ich mein äußeres Verhalten
ein. Ich suche zwar allen Leuten in Liebe
entgegenzukommen; manchen Personen aber
kann ich mich innerlich nicht nähern. Ich
fühle mich gewarnt und ziehe mich zurück,
wenn auch mit liebendem Herzen. Das ist
für mich im Verkaufsladen eine große Wohltat,
weil mich das Warnungssignal vorsichtig
macht.” [Seelenkenntnis]
“Das Licht, das ich sehe,
ist bedeutend heller als das natürliche
Licht. Es ist ungemein scharf, klar und
lieblich. Es wirkt sehr beruhigend auf den
Geist ein; es erleichtert mir die Sammlung
beim Gebet, so daß ich stundenlang beten
kann, ohne zu ermüden, ohne Zerstreuungen
zu haben, ohne die geringste Langeweile
zu spüren. Ganz im Gegenteil: die Stunden
verfliegen wie Minuten, und auch die längste
Zeit im Gebet kommt mir zu kurz vor.”
(Beschauung)
“Menschlich gesprochen
kann ich diese wunderbaren Anschauungen
nicht klarmachen. Ich selbst denke nicht
einmal darüber nach, weil das Geheimnis
der hl. Dreifaltigkeit ja gar nicht auszudenken
ist. Der lebendige Glaube beugt sich gern,
nimmt das Geheimnis wie ein Kind entgegen,
freut sich über die Herablassung Gottes,
der tausend Möglichkeiten hat, sich den
'Kleinen' mitzuteilen.”
So erklärte der Bruder die Wirkungen des
Lichtes. Etwas ausführlicher ist die Beschreibung
in dem Manuskript “Gnadenreiche Offenbarungen
der hl. Dreifaltigkeit.”
Eines Abends ging ich mit Br. Kostka neben
der Kirche auf und ab, um die Besprechungen
vom Morgen fortsetzen zu können. Plötzlich
wurde es in unserer unmittelbaren Nähe hell.
Es zeigte sich ein leichtes Vibrieren mit
einem Schimmer ins Violette. Dann stand
das Licht fest, und wir befanden uns
beide im Licht. Das Ungewohnte eines
solchen Phänomens traf mich stark. Es konnte
ja beim ganz klaren Himmel weder ein Blitz
noch ein Wetterleuchten sein, schon deshalb
nicht, weil das Licht unbeweglich still
stand. Ich wandte mich fragend um, was denn
dieses merkwürdige Licht bedeuten sollte.
Br. Kostka schaute nicht umher wie ich.
Er fragte aber seinerseits, ob auch ich
das Licht bemerke. Auf meine bejahende Antwort
sagte er nur das eine Wort: “Wie gut ist
Gott!” Einige Tage später fragte ich ihn,
ob diese Lichterscheinung am Abend das lebendige
Licht der Gottheit gewesen sei, von dem
er schon mehrfach gesprochen habe. Er antwortete:
“Nein. Das lebendige Licht sei etwas ganz
anderes, und nur innerlich, nicht äußerlich
zu sehen.”
FRAGE
DES GENERALOBEREN
“Es wird von einer Periode der Ängstlichkeit
gesprochen. Fehlt hier etwas?”
Meine Antwort: Die Geisteslehrer sprechen
von einer “dunklen Nacht” und von einer
Zeit schwerer Prüfungen, die jene Seelen
durchkosten müssen, die es im Aufstieg zu
Gott ernst nehmen und zur wahren Vollkommenheit
gelangen. Diese Periode der Ängstlichkeit,
der dunklen Nacht, ist unserem frommen Ordensmann
nicht erspart geblieben, und auffallenderweise
schon in der Zeit seiner frühen Jugend.
Es war folgendermaßen:
Der Geistliche des Dorfes hatte für die
Knaben Beichte angesetzt. Nun wollte jeder
der Kameraden der Erste sein, und so kam
es mehrmals zum Gedränge, bei dem der eine
den anderen zurückstieß. Josef, der spätere
Br. Kostka, sah lachend diesem Treiben zu.
Er selbst wartete bis zuletzt und legte
seine Beichte ab, als die anderen fertig
waren.
Nach abgelegter Beichte kam ihm mit einem
Mal der Gedanke, die Beichte sei sicher
ungültig; denn er habe vorher mehrmals gelacht,
habe keine Reue erweckt und dadurch Gott
schwer beleidigt. Bei der nächsten Gelegenheit
suchte er alles wieder in Ordnung zu bringen,
um sein Gewissen zu beruhigen. Man erklärte
ihm, seine Bedenken hätten nichts auf sich.
Er solle ruhig sein und alles daran setzen,
gut und brav zu bleiben.
Die Gewissensbedenken aber legten sich nicht.
In dieser Periode der Ängstlichkeit hat
sich nun, wie Br. Kostka berichtete, das
“lebendige Licht der Gottheit” stärker zurückgezogen,
so daß er in manchen Momenten dasselbe gar
nicht mehr sehen konnte. In seiner Sorge
und Verwirrung faßte er das auf, als wenn
er Gott durch jene Beichte sehr schwer beleidigt
habe. Um endlich den seelischen Druck wieder
loszuwerden, meinte er, er würde am besten
eine Generalbeichte ablegen und bekennen:
wahrscheinlich seien von jener zweifelhaften
Beichte an alle anderen Beichten ebenfalls
ungültig und daher dann auch die Kommunionen
unwürdig. Schon nach den ersten Sätzen in
der Beichte habe ihn der Priester unter
Verweigerung der Absolution mit der Bemerkung
fortgeschickt, er sei der allerschlechteste
Mensch auf der ganzen Welt. Nach acht Tagen
solle er sich wieder zur hl. Beichte stellen.
Dieses Wort und die Verweigerung der
Absolution hat nun den jungen Burschen wie
ein Blitzstrahl getroffen. Alles sei
ihm so furchtbar vorgekommen, daß er beinahe
in Verzweiflung gefallen wäre. Nach Verlauf
von acht Tagen ging er wieder zur Beichte.
Dieses Mal konnte er sich näher aussprechen.
Der Beichtvater habe nun ganz anders geurteilt,
ihn aufgerichtet und getröstet. Doch legte
sich damit die Ängstlichkeit noch nicht
vollständig.
Später faßte er Vertrauen zu einem jungen,
seeleneifrigen Kaplan und legte nochmals
seine Ängstlichkeit und Schwierigkeiten
dar. Dieser Kaplan legte ihm ruhig und bestimmt
dar, wie es unmöglich sei, daß eine Seele
im Stand der Ungnade sich befinde, wenn
sie bete, ringe, die Sünden meide und tugendhaft
lebe. Als Beichtvater nähme er alles auf
sich. Dann habe er ihn etwas fester angefaßt
und recht energisch betont, es sei Pflicht,
die Skrupel abzutun, Vertrauen zu fassen,
ruhig zu bleiben, damit er sich nicht seelisch
und körperlich sehr schade. Darauf sei wirklich
die seelische Ruhe wieder eingekehrt, und
auch das lebendige Licht der Gottheit habe
– nach fünf Jahren der Dunkelheit – den
ganzen Glanz wie ehedem ausgestrahlt.
DIE RELIGIÖSE LEBENSFÜHRUNG IM ORDEN
Im Anschluß an die Erzählung über die Jugendjahre
berichtete nun Br. Kostka über seine religiöse
Praxis, nachdem er Aufnahme im Missionshaus
gefunden hatte. In diesem “Seelenporträt”,
wenn man so sagen darf, konnte ich immer
deutlicher das heroische Tugendleben des
Bruders erkennen und anstaunen. Dieser
Bericht war für mich sehr wichtig, weil
ich darin eine objektive Grundlage für die
Beurteilung und Prüfung fand. Wenn man diese
Angaben auch vorerst nicht als vollgültigen
Beleg für heroische Tugend hinnehmen konnte
und durfte, weil sie nicht von außen her
bezeugt waren, so boten sie doch viele Anhaltspunkte,
die Prüfung fortzusetzen und abzuschließen.
Br. Kostka hatte angegeben, daß er jede
Nacht getreu seine Anbetungsstunden gehalten
habe. Bis zum 60. Jahr von 0.30 bis
2.00 Uhr und vom 60. Jahr an ab 3 Uhr morgens.
Mehrfach kontrollierte ich nun diese Anbetungsstunden.
Von der linken Seitenbühne oben in der Kirche,
wo mich niemand sah, konnte ich feststellen,
daß der fromme Beter ganz regelmäßig um
3 Uhr zuerst zum Hochaltar und gegen 4 Uhr
zum Marienaltar ging, von wo aus er den
Kreuzweg betete. Wenn die anderen
Hausbewohner um 5 Uhr zur Kirche kamen,
hatte Br. Kostka immer schon volle zwei
Stunden im Gebet ausgeharrt. Tagsüber
zeigte er keine Ermüdung, ging seinen
gewöhnlichen Beschäftigungen nach, gönnte
sich zur Mittagszeit keine Ruhepause, war
nicht verstimmt oder niedergedrückt und
zeigte auch sonst nichts Auffallendes in
seiner Haltung.
Diese nächtliche Anbetung ist noch keine
heroische Tugend, auch dann nicht, wenn
sie etwa periodisch eingebaut ist in die
Tagesordnung einer religiösen Gesellschaft,
die in ihrem Ordensprogramm die nächtliche
Anbetung aufgenommen hat. Aber die Dauerpraxis
der nächtlichen Anbetung durch viele Jahrzehnte,
den stets unterbrochenen Schlaf um Mitternacht
bei vollem Einsatz der Lebenskraft im täglichen
Mühen und Arbeiten kann niemand mit mittelmäßiger
Tugend und ohne höhere Beweggründe aushalten.
Dieser Kraftaufwand war bei Br. Kostka
eine heroische Tugend.
Die letzte Kontrolle nahm ich vor bei einem
Besuch im Missionshaus St. Arnold (bei
Rheine in Westfalen, wo auch sein Grab ist),
als ich zwei Monate vor dem Tod des Bruders
nochmals mit ihm religiöse Gespräche führte.
Pater Rektor hatte mir mitgeteilt, daß
er dem frommen Beter erlaubt habe, wieder
wie ehedem um 12 Uhr die nächtliche Anbetung
zu halten. Einige Minuten vor 12 Uhr war
ich in der Kapelle. Wenige Minuten nach
12 Uhr erschien Br. Kostka. Um 1 Uhr 30
ging ich zu Bett. Am anderen Morgen frage
ich Br. Kostka, wie lange er seinen nächtlichen
Besuch beim eucharistischen Heiland ausgedehnt
habe. Antwort: “Bis drei Uhr”. Im Lauf der
weiteren Unterhaltung bekannte der Bruder,
daß er sich für gewöhnlich mit drei Stunden
Schlaf zufrieden gebe, da er nach der
nächtlichen Anbetung kaum je wieder einschlafe.
Damals war der Bruder 78 Jahre alt. Tagsüber
war Br. Kostka frohgelaunt wie immer und
suchte sich durch Übernahme kleinerer Arbeiten
nützlich zu machen.
Dieser Bericht war Ausgangspunkt und Anlaß,
noch manche tiefergehende Prüfung vorzunehmen,
wie es die Klugheit verlangte. Da wurde
ich ruhig, die Sorge war abgetan. Vor meinem
Geist war bewiesen, daß keine Täuschung
und Betrug im Spiel waren, daß ich dem frommen
Ordensmann volles Vertrauen entgegenbringen
konnte. Eine solche heroische Lebensführung
hätte der Bruder nicht lange aushalten können,
wenn Gott nicht selbst seine Führung und
seine Gnade zur Verfügung gestellt hätte.
Gott wollte sich des Bruders als Werkzeug
bedienen. Er wollte nicht nur ihn selbst,
sondern auch andere in manche Geheimnisse
seiner Liebe einführen.
Die strenge Lebensweise
hat Br. Kostka vollständig geheim gehalten
(bei guten Dingen ein Zeichen der Echtheit).
Niemand im Haus hatte auch nur eine leise
Ahnung von der Bußstrenge und dem gewaltigen
Opfereinsatz mit dem Ziel, unsterbliche
Seelen zu retten. Nachträglich mutet es
wie ein Wunder an, wie sich dieser stille
Beter und unschuldige Büßer so ganz unauffällig
in die Verhältnisse des Ordenslebens einpassen
konnte, ohne eine Ausnahme zu machen und
ohne Beachtung zu finden, genau wie jeder
andere im Haus.
Für die Leser ist der Bericht insofern von
Bedeutung, als sie dadurch seine Person,
Gesinnung und vor allem sein verborgenes
Leben in Gott kennenlernen, noch bevor sie
die Visionen und Erlebnisse des Bruders
bei der hl. Messe beurteilen. Die Kenner
der mystischen Theologie würden ohne diesen
Bericht wahrscheinlich Fragezeichen machen,
weil sie ohne von dem heroischen Tugendleben
zu wissen, also ohne festes Fundament, den
Visionen nicht sofort Glauben schenken könnten.
Denn das mystische Lebens kann nur echt
sein, wenn es im heroischen Tugendstreben
verwurzelt ist.
BERICHT ÜBER DIE VISIONEN
UND ERLEBNISSE BEI DER HL. MESSE
Als Br. Kostka von Gott den Auftrag erhalten
hatte, sich ohne Scheu zu offenbaren, wäre
es das natürlich Gegebene gewesen, sobald
als möglich das Geheimnis seines Herzens,
seine Schauungen bei der hl. Messe zu erzählen.
Bei der Überfülle dieses inneren seelischen
Erlebens sollte man auch annehmen, daß es
ihn mit allen Fasern des Herzens gedrängt
hätte zu reden. Br. Kostka aber hat weiter
geschwiegen. Ich konnte ihn nicht befragen,
weil ich nicht den geringsten Anhaltspunkt
über jene Vorgänge hatte, und er hat gewartet,
bis die Vorsehung ihm eine passende Gelegenheit
verschaffte.
Die erste Mitteilung über die Schauungen
bei der hl. Messe dürfte etwa ein Jahr nach
unserer ersten Begegnung erfolgt sein und
da auch nur indirekt. Als ich nämlich über
seine ungewöhnlich harte Lebensführung in
Sühne und Buße Kenntnis erhalten hatte,
fragte ich ihn nach dem Grund, warum
er so streng gegen sich gewesen sei.
Darauf gab er treuherzig die bezeichnende
Antwort, er sehe und erlebe jeden
Tag bei der hl. Messe die Passion Christi.
Im Gnadenlicht verstehe er dann besser,
daß man dem Gekreuzigten nicht ähnlich werden
könne, wenn man nicht auch, wie Er, Leiden
und Sühne auf sich nähme. Wenn man jeden
Tag bei der hl. Messe diese furchtbaren
Leidenszustände des Meisters sehen müsse,
versteht man vieles und man fühle sich
auch durch das Licht der Gnade gedrängt,
dem gottmenschlichen Dulder Trost und Freude
zu bereiten.
Nun war also “das Geheimnis” offenbar geworden.
Br. Kostka sieht und erlebt jeden Tag, ohne
jede Ausnahme, bei der hl. Messe die Passion
des Heilandes. Meine Stellung dem Bruder
gegenüber war durch diese Tatsache neu bestimmt.
Oft und still dankte ich Gott, daß er eine
solch gute Seele der Missionsgesellschaft
zugeführt hatte. Oft und still bewunderte
ich den gottbegnadeten Ordensmann.
Und volle 40 Jahre, die ganze Zeit seines
Ordenslebens hatte der Bruder das “Geheimnis
des Königs” bewahrt! Das war doch sicher
hohe Tugend. Niemand hatte von seiner
Begnadigung Kenntnis erhalten, nicht
seine Mitbrüder, nicht ein vertrauter Freund,
nicht seine Eltern und Geschwister, kein
Pater, nicht einmal sein Beichtvater.
Nun begriff ich besser, warum von oben der
Anstoß ausgegangen war, der formelle Auftrag,
sich ohne Scheu zu offenbaren und alles
zu melden.
Von Seiten des Bruders war es tiefe, heroische
Demut, daß er wie der Geringste im Haus
sich an die gewöhnliche Ordnung hielt, keinerlei
Ausnahme machte, daß er nach außen ganz
unscheinbar wie ein ganz gewöhnlicher Ordensmann
sein wollte und tatsächlicher als solcher
galt.
Aber auch Klugheit und ein feines Empfinden
hatten den Begnadeten geleitet und ihn
schweigen lassen. Nach seinen Angaben fühlte
er nicht den geringsten Drang, etwas von
seinen Erlebnissen bekanntzugeben. Im Gegenteil:
Er empfand starke und stärkste Scheu, auch
nur ein einziges Wort über seine Lippen
kommen zu lassen. In der Tat, wäre auch
nur eine leichte Notiz über seine Begnadigung
in weitere Kreise gedrungen, so hätte der
stille Mann viel aushalten müssen. Und hätte
man ihm wohl Glauben geschenkt? Ohne tieferen
Einblick in sein Seelenleben hätte man
ihm bestimmt manche Bedenken geäußert. Wahrscheinlich
hätte man gedacht und gesprochen, wie er
selbst lächelnd und ahnend sagte: “Br. Kostka
spinnt.”
Als nun weitere Einzelheiten der Passion
in die Mitteilungen einflossen, hatte ich
den Eindruck, daß andere Mystiker die Leidensgeschichte
des Herrn viel eingehender gesehen und beschrieben
hatten. An Aufzeichnungen dachte ich am
Anfang überhaupt nicht; nach meiner Auffassung
würden sich diese nicht lohnen. Erst
allmählich dämmerte es, als ich wahrnahm,
daß Br. Kostka regelmäßig die Passion des
Herrn mit dem hl. Meßopfer in die engste
Verbindung brachte. Dieser Gesichtspunkt
war und ist beachtenswert. Denn nach der
inneren Seite ist eben die hl. Messe bis
zur Wandlung die Passion des Herrn.
CHARAKTERISTISCHE EIGENART DER SCHAU
Einem zweifache charakteristische Eigenart
weist die Darstellung der Messe auf, die
Br. Kostka im Anschauungsunterricht wahrnimmt
und zur Erbauung und Belehrung weitergibt.
Andere Mystiker sehen
und beschreiben die Passion des Herrn für
gewöhnlich unabhängig von der hl. Messe.
Br. Kostka aber sieht die Passion regelmäßig
bei jeder hl. Messe. Er nimmt wahr, wie
die einzelnen Vorgänge der Passion regelmäßig
mit bestimmten Abschnitten der hl. Messe
zusammenfallen. Kurz: In seiner Schau sind
Messe und Darstellung der Passion ein und
dasselbe, wenn der geweihte Priester die
der Kirche übertragene Feier der hl. Geheimnisse
vornimmt, unter Beachtung der Ordnung der
Liturgie und in der Absicht, zu tun, was
die Kirche tut. Weil er nun die Messe in
so anschaulicher Form dem betrachtenden
Geist darbietet, die Geheimnisse nach ihrer
inneren Seite etwas entschleiert, führt
er den Geist tiefer in das innere sakramentale
Geschehen der hl. Messe ein.
Ohne langes Nachdenken versteht der Gläubige
die Lehre des Konzils von Trient: Die hl.
Messe sei die “repraesentatio” - Gegenwärtigsetzung,
die Erneuerung - “restauratio” des Kreuzesopfers,
und darum wesensgleich mit diesem Kreuzesopfer.
Der Anschauungsunterricht,
den Br. Kostka in leicht verständlicher
Sprache dem gläubigen Volk erteilt,
hat noch einen anderen Vorteil, den man
nicht außer acht lassen darf. Durch seine
Beschreibung der hl. Messe kann man den
Unterschied zwischen der katholischen und
der evangelischen Auffassung über die hl.
Messe beleuchten und klarmachen.
In der Reformationszeit haben die Neuerer
“die Gedächtnisfeier der geschichtlichen
Passion” bei der Feier der hl. Messe wohl
zugegeben. Aber die Erneuerung der Passion
durch den ewigen Hohenpriester haben sie
entschieden abgelehnt.
Die mystische Schau der
Leiden Christi beim hl. Meßopfer ist für
den einfachen, schlichten Gläubigen ein
guter Beleg für die Wahrheit der katholischen
Lehre.
Man beachte einmal die Schlußfolgerung:
Wenn der Künstler die Leidensszenen des
Herrn in den Kreuzwegstationen ausdrucksvoll
und ergreifend darstellt, verhilft er uns
auch zur religiösen “Gedächtnisfeier der
Passion.” Aber da wird nicht das “Werk der
Erlösung” vollzogen, wie es bei der hl.
Messe geschieht.
Wenn die Passionsspiele die hl. Geschichte
des Karfreitags den Zuschauern in ganz anschaulicher
Weise vorführen, so ist ebenfalls die ganze
Darstellung eine würdige, tiefgreifende
“Gedächtnisfeier der Passion”.
Wenn der gläubige Christ ohne Bilder und
Symbole - beim Beten des schmerzhaften Rosenkranzes
- sich bei der Betrachtung die Schmerzen
Christi zu Gemüte führt, so sind diese Andachtsübungen
ebenfalls eine “Gedächtnisfeier der Passion”.
Aber sie können niemals den sakramentalen
Charakter der Messe erhalten und das “Werk
der Erlösung” erneuern und vollziehen.
Bei der hl. Messe ist es nicht der irdische
Mensch, sondern der Gottmensch, der ewige
Hohepriester, der in eigener Person seine
Leiden sakramental erneuert und zur Versöhnung
der Menschheit aufopfert. Wirklichkeitsfremd
bleiben wir leider nur zu oft an der Oberfläche
und der Außenseite der hl. Messe stehen
und dringen nicht genug in die innere Tiefe.
Ganz anders ist es, wenn wir uns hin und
wieder von einem begnadeten Seher die Opferhandlung
künden lassen, weil ihm Gott das erhabenste
Geschehen auch in der grausamen Wirklichkeit
des ersten Karfreitags zeigt, dasselbe abbilden
und geistigerweise filmen ließ, damit wir
im Glauben erkennen, um welch teuren Preis
wir erkauft sind, und welchen Schatz wir
in der hl. Messe haben.
Noch eine weitere Eigenart weist die Schau
der hl. Messe auf, die Br. Kostka übermittelte:
Der fromme Seher sieht nicht während der
ganzen hl. Messe die Passion Christi, sondern
nur bis zur hl. Wandlung. Nach der Wandlung
erlebt er mit dem verklärten Heiland, der
wie in Lichtgestalt auf dem Altar zugegen
ist, verschiedene Auferstehungsszenen und
die hingebende Liebe bei der hl. Kommunion.
Am Ende der hl. Messe erlebt er in mystischer
Schau die Himmelfahrt Christi. Dieser
Gesichtspunkt in der Dreiteilung- Passion,
Auferstehung und Himmelfahrt - ist wiederum
charakteristisch. Neu ist er indes keineswegs.
Die Kirchengebete sprechen die gleiche Auffassung
aus. Schon voll jeher legen die Meßgebete
dem Zelebranten die Worte in den Mund: “Wir,
Deine Diener, aber auch Dein heiliges Volk
sind eingedenk des heilbringenden Leidens,
der Auferstehung von den Toten und der
glorreichen Himmelfahrt Deines Sohnes.”
Die Gebetsnorm war immer auch Glaubensnorm:
“Lex orandi est lex credendi.”
M. de la Taille SJ hat in seinem dogmatischen
Werk “Mysterium fidei” die These behandelt,
daß Leiden und Abendmahl zusammengehören
und daß diese in dem einen Opfer mit der
Auferstehung, der Himmelfahrt und der himmlischen
Glorie innerlich und unzertrennlich verbunden
sind. Gerade diese drei Güter hat uns Christus
durch sein Opfer verdient und hinterlegt.
Dafür zitiert der Verfasser eine Reihe von
Vätertexten.
Der Hinweis, daß nach der Wandlung der verklärte
Heiland zugegen und in höchster Liebe tätig
ist, gibt einen sehr erhebenden Ausblick.
Er versöhnt den irdischen Menschen durch
das Leiden, das ihm für gewöhnlich ein mit
sieben Siegeln verschlossenes Geheimnis
bleibt; der Hinweis stimmt die Seele froh,
ermutigt den Geist, er ist geeignet, jedem
einen starken Antrieb zu geben, und die
Kreuze des Lebens in geistlicher (= übernatürlicher)
Freude fruchtbar zu machen.
[In der Literatur über das Geheimnis der
Messe darf das Buch von Br. Kostka ein bescheidenes
Plätzchen finden. Im Grunde genommen ist
es ja der ewige Hohepriester, der das innere,
sakramentale Geschehen der Messe zur Kenntnis
bringen will, ähnlich wie bei Pater Johannes
Reus SJ (1868‑1947)].
Aufzeichnungen und Gesichte nach den Angaben
von Br. Kostka
METHODE DER AUFZEICHNUNGEN
Der Aufschreibende hat dem ungeschulten
Bruder nur seine Hilfe und seine Hand geliehen
und zur Verfügung gestellt. Den Angaben
des Bruders sind keinerlei Zusätze beigefügt,
noch Abstriche gemacht worden. Es sind
auch keine Angaben unter schlagen worden.
Was der fromme Seher mitteilte, konnte
und kann das Tageslicht ertragen und braucht
eine Prüfung vor dem Tribunal der Wahrheit
nicht zu scheuen.
Beim Beginn eines jeden neuen Abschnittes
ließ ich den Bruder immer erst frei sprechen,
um Klarheit über die religiösen Gegenstände
zu erlangen. Hatte ich Einblick in das Thema
gewonnen, so beschränkte ich die Berichterstattung
auf einen Punkt, um einen logischen Aufbau
zu ermöglichen. Erst dann begann ich mit
der Niederschrift. Vor jeder Aufzeichnung
knieten wir beide nieder und beteten, daß
Gott uns erleuchte, alles zur größeren
Ehre des Allerhöchsten anzufangen und zu
vollenden.
Bei den Mitteilungen störte ich den Bruder
nicht, sondern schrieb nur nieder, was er
berichtete. Hin und wieder ertönten seine
Worte: “Noch einmal!” oder “etwas langsamer!”
Ich schrieb die Angaben gleich in der Schriftsprache,
da die Mundart des Bruders, seine grammatikalischen
Fehler und der ungelenke Satzbau für die
Niederschrift nicht brauchbar waren. Mehrfach
wiederholte ich seine Gedanken mit der Frage,
ob der Satz mit diesem Inhalt richtig sei.
Gewöhnlich antwortete der Bruder zustimmend
mit den Worten: “Ja, Pater, das ist ganz
richtig, und es ist auch nicht übertrieben.”
Bei manchen Mitteilungen über hohe und erhabene
Geheimnisse hielt ich beim Schreiben inne.
Ich konnte nicht sogleich weiterschreiben
und mußte die Gedanken erst etwas auf mich
einwirken lassen. Das war z.B. der Fall,
als Br. Kostka seine Schauungen über die
heiligste Dreifaltigkeit darlegte und auch
bei manchen anderen Gegenständen, wie bei
der hl. Wandlung. Manchmal war ich in ehrfurchtsvoller
Schau wie gebannt. Denn ich mußte oft
feststellen, daß die eingegossene Wissenschaft
der erworbenen nach manchen Seiten überlegen
ist. Die Mystiker gebrauchen Ausdrücke
und Wendungen, die überraschen. Der Inhalt
erscheint in einer Prägung und in einer
sprachlichen Eigenform, die man nicht ändern
kann. Manchmal hatten die Worte des Sprechers
eine solche tiefe Bedeutung und drückten
Glaubensgeheimnisse in einer zwar schlichten,
doch so glücklichen Form aus, daß jede andere
Wendung weder so bestimmt noch so eindeutig
den Gedanken hätte wiedergeben können. Form
und Inhalt sind dann wie ein einziger Guß,
der respektiert sein will.
FRAGEN
DES GENERALOBEREN
1.
“Verhielt sich Br. Kostka bei den Mitteilungen
nach Inhalt und Form ganz spontan, oder
wurde er gefragt?”
Meine Antwort: Br. Kostka hat Jahrzehnte
hindurch seine Erlebnisse bei der hl. Messe
ganz für sich behalten. Niemand im Haus
wußte darum. Es währte noch ein ganzes Jahr
seit dem Auftrag von oben, sich zu eröffnen,
ehe er mir seine Schauungen bei der hl.
Messe mitteilte. Die Initiative zur Mitteilung
hat er selbst nicht ergriffen. In der Gnadenordnung
war Br. Kostka höchst aktiv, in der Naturordnung
war er eher alles andere als ein Organisator.
Die treibende Kraft zur Niederschrift war
also nicht Br. Kostka, sondern ich (letztlich
Gott – Anmerkung des Herausgebers).
Als ich nämlich eine Übersicht über seine
Schauungen bei der hl. Messe gewonnen hatte,
drängte ich Br. Kostka zu wiederholten Malen,
seine inneren Erlebnisse zu Papier zu bringen,
und zwar so, daß die Gedächtnisfeier des
Leidens, der Auferstehung und Himmelfahrt
sichtbar würde. Alles Drängen war umsonst.
Eine natürliche Scheu und Zurückhaltung,
noch mehr der Mangel an ausreichender Schulbildung
und am meisten das Empfinden, intellektuell
der Aufgabe nicht gewachsen zu sein, hielten
ihn ab. Wagte er dennoch einen Versuch,
so brachte er nur einen Zettel mit wenigen
Sätzen, die nach Form und Inhalt wenig besagten.
Da stand fest: Wenn nicht eine andere Hand
die Schauungen niederschrieb, so würde Br.
Kostka in seiner Demut den Schatz und das
Geheimnis des Königs mit ins Grab nehmen.
Anfangs aber fühlte ich selbst starke Hemmungen,
die Visionen aufzuschreiben. Doch stellte
ich mir auch die Fragen: Soll das bei der
hl. Messe in einem so langen Anschauungsunterricht
Geschaute einzig und allein dem Bruder dienen?
Ist es vielleicht die Absicht Gottes, die
innere Seite des hl. Opfers auch den Gläubigen
mehr zu eröffnen? Soll ich das Licht, das
nur in der Verborgenheit leuchtet, auf den
Leuchter stellen? Diese Fragen konnte ich
zwar nicht sicher entscheiden; her ich wagte
auch nicht, ihnen auszuweichen. Endlich
ging ich selbst an die Arbeit, gestützt
auf den theologischen Grundsatz, daß die
Charismata dem Einzelnen verliehen werden
zur Förderung des Gemeinwohles der Kirche.
Mit Grund mußte ich ein solches Charisma
bei Br. Kostka annehmen.
Bei der Mitteilung seiner Schauungen war
Br. Kostka sehr ruhig, gelassen und sicher.
Wir hatten vereinbart, daß er um 11 Uhr
zu mir kommen solle. Manchmal fragte ich
telefonisch bei ihm an, ob er sich im Laden
frei machen und die Abfertigung der Leute
dem Gehilfen überlassen könne. Man sollte
nun meinen oder voraussetzen, daß er etwas
eilig oder gar stürmisch zu mir kam, oder
aber, daß er mit seinen Gedanken noch bei
den Leuten sei, von denen er sich ja rasch
trennen mußte. Er kam aber ausgeglichen
und mit innerer Freiheit. Bisweilen sagte
er, daß man sich immer in Gott ruhig halten
müsse; Unruhe tauge nicht. Man dürfte
sich an nichts hängen, auch nicht an fromme
Sachen, damit Gott allein im Herzen herrschen
könne.
Ohne jede innere oder äußere Hemmung sprach
er sofort, nachdem wir zuerst auf den Knien
gebetet hatten, über die erhabenen Geheimnisse
der Religion oder seines Seelenlebens. Er
erkundigte sich niemals, was zuletzt geschrieben
worden sei. Er sprach sofort wie einer,
der keinen Widerspruch mit dem Vorausgehenden
oder Nachfolgenden zu fürchten braucht.
Das ist wohl die beste Charakteristik für
die spontane Wiedergabe seiner Mitteilungen.
Tatsächlich ordnete sich alles immer harmonisch
in das Ganze ein, so daß objektiv keine
Widersprüche und subjektiv keine weiteren
Bedenken zu lösen waren.
Nachdem ich meine Zurückhaltung nach einem
Jahr des Wartens aufgegeben hatte, kamen
wir einander seelisch näher. Von da an kam
Br. Kostka öfter aus freien Stücken und
machte seine Mitteilungen, ohne daß ich
ihn gerufen hatte. Unbefragt berichtete
er seine Schauungen über die heiligste Dreifaltigkeit
und anderes. Er kündete z.B. auch an,
daß das Missionshaus St. Wendel schwere
Stunden durchzumachen hätte und wir das
Haus für eine Zeitlang verlassen müßten,
dasselbe aber wieder erhalten würden. (Br.
Kostka mußte im Krieg St. Wendel verlassen.)
Nur ein einziges Mal habe ich Br. Kostka
in starker innerer Bewegung gesehen. Als
ich von einer Sonntagsaushilfe zurückkehrte,
kam er zu mir mit einem rotglühenden Kopf.
Erschrocken fragte ich, ob er krank geworden
sei und ob er hohes Fieber habe.
Da erklärte er, wie er schon mehrere Tage
nacheinander wunderbare Aufschlüsse über
die erhabene Gottesmutter erhalten habe.
Nach der morgendlichen Anbetungsstunde habe
er, am Marienaltar kniend, alles so gut
verstanden und sich die Worte merken wollen.
Aber bald seien ihm nicht nur die Worte
entfallen, sondern auch die gesamten Aufschlüsse.
An jenem Sonntag nun hat er bei der Anbetungsstunde
um 3 Uhr Maria unter dem Kreuz gesehen.
Er wurde belehrt über die Sünden der
Eheleute. Es ist nicht zu beschreiben,
welch unermeßliches Leid die Schmerzensmutter
aushalten muß, infolge der Beleidigungen,
die man Gott zufügt. Es werde die Schöpfermacht
Gottes schon im Mutterschoß angegriffen;
es werden so viele, ja sehr viele Kinder
nicht mehr getauft und so der ewigen Seligkeit
beraubt, es ist geradezu unheimlich,
wie heute die Kinderwelt und die Jugend
in schlimmster Weise von Gott und vom Mutterherzen
Marias losgerissen würden.
Br. Kostka litt durch die Mitteilung ganz
außerordentlich in Mitleid mit Maria. Am
Abend war sein Kopf noch blutrot. Er fand
nur etwas Erleichterung und Kühlung im Gebet
und in der Übernahme von Sühne. Damals bat
er dringend, ich möchte doch auch dieses
Anliegens bei der hl. Messe gedenken und
die eine oder andere Anbetungsstunde nachts
übernehmen. In solchen Augenblicken fühlt
man deutlich, wie Br. Kostka mit einer höheren
Welt in Kontakt steht, und wie eine Art
Gnadentau seine Seele zu apostolischen Arbeiten
drängt und befruchtet.
2.
“Änderte oder korrigierte Br. Kostka seine
Mitteilungen?”
Meine Antwort: Durch die ersten Versuche
beim Niederschreiben belehrt, pflegte ich
die Mitteilungen des Bruders nur auf die
rechte Spalte einer Heftseite zu schreiben.
Br. Kostka änderte nie etwas und korrigierte
auch nichts. Er sprach aus der Fülle seines
Herzens und seiner inneren Erlebnisse.
Es hatte sich bald herausgestellt, daß Br.
Kostka noch recht wichtige Einzelheiten
nachzuholen hatte, wenn ich ihm in einer
der nächsten Zusammentreffen das Geschriebene
vorlas. Das waren aber nur Ergänzungen
und Nachträge, keine Korrekturen. Würde
ich nicht selbst das Geschriebene nochmals
gelesen haben, so hätte Br. Kostka keinen
Anlaß gehabt, sich weiter zu äußern. Er
selbst zeigte niemals das Verlangen, zu
wissen, was da oder dort geschrieben war.
Ein etwas mißlicher Umstand für mich war,
daß Br. Kostka keinen Plan hatte, nach dem
er seine Gedanken in logischer Reihenfolge
vorlegte. Infolgedessen konnte es gar nicht
ausbleiben, daß manche kleineren Absätze
logisch in eine andere Gedankenreihe eingepaßt
werden mußten. Auch viele Einzelsätze mußten
mit Rücksicht auf die logische Ordnung auf
eine andere Seite übertragen und dem Satzgefüge
eingebaut werden. So diente mir die linke
Heftspalte dazu, durch hinweisende Pfeile
die richtige Anordnung im Auge zu behalten
und die neuen Gesichtspunkte oder Ergänzungen
einzufügen, ehe ich alles übersichtlich
gestalten konnte.
Die Niederschrift wurde dem Bruder in einem
der folgenden Treffen in der hochdeutschen
Sprache vorgelesen. Diese Vorsicht war
bei der schwierigen Angelegenheit notwendig.
Br. Kostka machte bei dieser Gelegenheit
auch seinerseits Bemerkungen, wenn diese
auch selten waren. So z.B. hatte er bei
der Offenbarung über die heiligste Dreifaltigkeit
den himmlischen Vater in einer etwas längeren
Beschreibung geschildert, wie er in der
Bildform so altehrwürdig aussehe. Nun schrieb
ich an den Rand “antiquus dierum”, der “Alte
an Tagen”, wie der Prophet Daniel sagt.
Als Br. Kostka dieses Wort hörte, fragte
er: “Ist das nicht ein plumper Ausdruck?”
Bei der Erklärung, der Ausdruck sei der
Hl. Schrift bei Daniel entnommen, meinte
er sofort: “Dann ist es gut.”
3.
“Wie erklärt es sich, daß in den Reflexionen
objektive und subjektive Vorgänge ineinander
übergehen?”
Meine Antwort: Genauen Aufschluß kann ich
über diese Frage nicht geben. Nach dem hl.
Thomas ist die Mystik das erfahrungsgemäße
Erleben der Vereinigung der Seele mit Gott.
Auch bei Br. Kostka war oft das Sehen zu
gleicher Zeit ein Erleben, ein Miterleben
und Mitempfinden. Er sah bei der hl.
Messe so vieles, und er war von den
hl. Geheimnissen so im Glauben ergriffen,
daß er objektiv wie eine nie versiegende
Quelle diese hl. Vorgänge zu schildern wußte.
Aber weil er die Geheimnisse im Erleben
mitfeierte, scheinen die Geheimnisse ein
subjektives (persönlich‑geprägtes) Eigentum
geworden zu sein, so daß er in ganz kindlichen,
oft auch in den rührendsten Ausdrücken seine
persönlichen Eindrücke und Reflexionen wiedergeben
konnte. Oft und oft hat er mir gegenüber
die Worte fallen lassen: “O Pater, wenn
Ihr doch auch einmal das alles sehen könntet!
Was habt Ihr doch eine große Würde als Priester!
Welch eine gesegnete Wirksamkeit kann ein
Priester ausüben!” (Das “Sie” der Schriftsprache
war dem Bruder weniger geläufig, und er
nahm gern dafür das ländliche “Ihr”).
Sachlich wäre es gewiß entsprechender gewesen,
wenn bei der Wiedergabe das innere Geschehen
bei der hl. Messe, das “rein Objektive,
das sakramentale Wirken” von den persönlichen
Eindrücken und Äußerungen getrennt dargelegt
worden wäre. Mir ist im Lauf der Zeit dieses
Übergreifen der persönlichen Empfindungen
in den Bereich des Objektiven immer weniger
aufgefallen, es war mit der Eigenart des
Sprechenden wie von selbst gegeben.
Über das “Wie der Schauung” kann ich nichts
sagen. Da scheint ein eigener Sinn bei den
Mystikern tätig zu sein, oder aber das Glaubensauge
muß eine ungewöhnliche geistige Sehschärfe
erreichen, die uns gewöhnlichen Menschen
nicht näher begreifbar ist.
Es ist wirklich ein Wunder, daß ein einfacher
Bruder über 40 Jahre die erhabensten Geheimnisse
der hl. Messe schaut, erlebt und nicht im
mindesten auffällt, sondern verborgen bleibt
und schweigsam alles für sich behält, so
daß die Umgebung nicht die geringste Ahnung
von seiner Begnadung hat. Bei der Gemeinschaft
kniet Br. Kostka genau wie die anderen Brüder
in der Bank. Er ist immer ruhig und sehr
gesammelt; er schaut nicht auf und nicht
um sich. Ein Bruder, der hinter ihm kniete,
sagte mir einmal, er könne Br. Kostka gar
nicht verstehen und müsse ihn wirklich bewundern,
da er nie eine Ermüdung zeige, Langeweile
habe oder irgendeine auffallende Bewegung
mache. Den inneren Grund für diese Sammlung
kannte dieser Bruder nicht und konnte darum
die gelassene Haltung nicht recht verstehen.
Br. Kostka brauchte kein Buch bei der
hl. Messe. Einmal wollte ich ihm einen
Schott geben, damit er auch eine Abwechslung
oder andere Anregungen erhalte. Am folgenden
Tag sagte er mir, es sei ihm in der Anbetungsstunde
morgens die Erklärung zugegangen, er käme
bei der Messe nicht zu kurz, auch wenn er
kein Buch gebrauche.
ÜBERPRÜFUNG DES INHALTES
Br. Kostka hat den Text nicht aus Büchern
zusammengetragen und hat ihn nicht aus
rein natürlichen Wissensquellen geschöpft.
Seine Kenntnisse und Mitteilungen fließen
aus den Quellen der “eingegossenen Wissenschaft”,
wie man mit gutem Grund annehmen kann. Das
Werk stellt somit eine Privatoffenbarung
dar, hat darum nur privaten Charakter
und kann aus diesem Grund nur menschliche
Glaubwürdigkeit beanspruchen.
Von außen her wurde nichts in den Inhalt
hineingetragen. Das Buch muß sich nach den
Kriterien der kirchlichen Wissenschaft und
vor dem kirchlichen Lehramt als einwandfrei
erweisen lassen. Deshalb ist vor dem Druck
noch eine eingehende Überprüfung vorgenommen
worden.
Ich selbst habe nochmals die Lehre des tridentinischen
Konzils über das hl. Meßopfer und den Katechismus
nach dem Beschluß des Konzils von Trient
nachgelesen und konnte mich vergewissern,
daß die Angaben des Bruders sich ganz zwanglos
der Lehre der Kirche ein‑ und unterordnen.
Eine gewisse Freude empfand ich, wenn ich
wiederholt feststellen konnte, daß sich
die Darlegungen des einfachen Laien wie
eine Entfaltung aus den theologisch scharf
geschliffenen Lehrsätzen erwiesen. Die
Wahrheit ist nur eine, und gerade darin
muß sich die Echtheit und der übernatürliche
Ursprung der Privatoffenbarung beweisen
lassen, daß sie mit den Glaubenslehren der
Kirche übereinstimmt.
In Fußnoten oder in Überschriften wurden
mehrere Texte des Trienter Konzils zitiert,
damit sich der Leser, gestützt auf die authentische
offizielle Lehre, sein Urteil bilden kann
und nicht auf die Privatoffenbarung allein
angewiesen ist.
Das Manuskript wurde ferner mehreren Priestern
ausgehändigt, damit auch sie den Text auf
die Übereinstimmung mit dem Glauben prüfen
möchten. Es sollten die Fachleute ihr Urteil
abgeben, ob der Inhalt vom Standpunkt der
Dogmatik und der Mystik einwandfrei sei.
Ihre Urteile waren positiv. Hier lasse ich
die Antwort von Dr. Pater Lorenz Kasutt
OFM Cap. folgen, der mir durch seine langjährigen
Studien und Veröffentlichungen als Spezialist
auf dem Gebiet der Mystik empfohlen wurde.
Er schreibt: “Vorerst möchte ich Sie nochmals
versichern, daß Sie die Schauungen des gottbegnadeten
Bruders unbedingt veröffentlichen dürfen.
Sie tragen alle Merkmale der Echtheit an
sich und stammen gewiß nicht aus eigener
Phantasie und Überlegung, sondern vom Vater
des Lichts. Der übernatürliche Ursprung
solcher Gesichte schließt freilich nicht
aus, daß sich auch natürliche Elemente einmischen.
Ich meine dies nicht im Sinn von Täuschungen
oder Entstellungen bei der Wiedergabe des
Geschauten, sondern einfach als natürliche
Mitwirkung menschlicher Kenntnisse früherer
und erworbener Vorstellungen, Einflüsse
von Predigten und Lesungen, von Gehörtem
und selbst Entwickeltem. Doch, wenn man
auch diese Einflüsse in Rechnung stellt,
so läßt sich doch das Gesamtergebnis
der Schauungen Br. Kostkas nicht rein natürlich
erklären.”
DIE GNADE DER BERUFUNG
“Als die Periode der Ängstlichkeit vorüber
war, fühlte ich mich immer mehr von der
Welt abgestoßen und zu Gott und der Religion
hingezogen. Es trat nun für die folgende
Zeit eine große seelische Ruhe ein, die
den Aufstieg zu Gott förderte. Wo ich stand,
und wohin ich ging; immer trugen mich meine
Gedanken zum lieben Gott. Ich war wie in
Gott versenkt und immer in Gebetsstimmung.
Das Gebet war darum immer sehr innig und
zart. Klar war ich mir aber noch nicht über
meine Zukunft und über meinen Beruf.
Eines Tages sammelten zwei Missionsbrüder,
die nach Afrika gehen wollten. Ich selbst
bekam sie gar nicht zu Gesicht, denn ich
war nicht in meiner Heimat und kam erst
am Sonntag nach Hause. An diesem Tag fragte
mich meine Mutter: 'Hättest Du nicht auch
Lust, dahin zu gehen?' Ich gab meiner Mutter
zur Antwort: ‘Ja Mutter, lieber heute als
morgen.' Durch diese Worte war der Schleier
gelüftet, ein Geheimnis, das ich im Herzen
trug, geoffenbart. Die seelische Wirkung
war insofern günstig, als ich nun mit der
Mutter über diesen wichtigen Schritt sprechen
konnte. Offenbar hatte die Mutter es
schon lange gemerkt, daß ich für die Welt
nicht der rechte Mann war. Es dauerte
indes immer noch drei bis vier Jahre, ehe
ich den Plan zur Ausführung bringen konnte.
In der Zwischenzeit kamen noch manche Ereignisse,
die mich festigten und führten. Dazu rechne
ich an erster Stelle die nähere Vorbereitung,
die ich sonntags im Elternhaus vornehmen
konnte.
Ich ging sehr regelmäßig zu den Sakramenten
und verbrachte den Sonntag in frommen Übungen.
Mit der Mutter unterhielt ich mich gern
über die Berufswahl. Die Mutter machte mich
jedoch auf so manche Schwierigkeiten aufmerksam.
Sie wollte mich nicht abhalten, aber sie
prüfte mich. Später gestand sie mir auch
auf meine Frage dieses ihr Verhalten. Ich
fragte nämlich: `Warum wolltet Ihr mich
denn damals nicht gehen lassen?' Darauf
erwiderte sie: `Wir waren bang, Du würdest
nicht aushalten.'
Ich erklärte ihr dann später: 'O, mit Gottes
Gnade ist alles möglich.' Später war sie
recht froh, daß ich gut aufgehoben war und
so viel für sie betete. Scherzend meinte
sie: Die anderen sind ja nun alle verheiratet
und haben wenig Zeit zum Beten.'
Als eine besondere Gnadenfügung für meinen
inneren Entschluß und die Festigung im
Beruf sah ich es auch an, daß sich innerhalb
eines halben Jahres drei Todesfälle in der
Familie ereigneten. Das machte einen tiefen
Eindruck auf mich. Besonders war mir
der Anblick einer toten Frau, die eine sehr
stattliche Person war, eine Mahnung, wie
rasch alles auf der Welt zu Ende gehe, wie
wirklich alles nur Eitelkeit sei. Ich wurde
immer mehr in mich gekehrt, sprach in jener
Zeit auch oft mit dem Beichtvater.
Einen neuen inneren Ansporn erhielt ich
in der Berufsfrage noch durch die Mission,
die im Ort abgehalten wurde, und die ich
mit großem Interesse mitmachte. Ich besuchte
alle Predigen. Besprechungen mit den Patres
über meinen Beruf hatte ich nicht. Es war
aber auch nicht notwendig, weil der Kaplan
bereits meine Führung in die Hand genommen
hatte. Er wurde mir gleichsam der Wegweiser
ins Kloster.
ln jener Periode konnte ich ungemein viel
und gut beten. An den Sonntagen ging
ich meistens beichten und kommunizieren.
Die Kirche lag eine halbe Stunde von unserer
Wohnung entfernt. Pünktlich fand ich mich
um Viertel nach sechs ein und blieb dann
durchwegs immer bis Viertel nach elf in
der Kirche. Das fiel den Leuten stark auf
und so ahnten nun wohl meine Bekannten,
daß ich bald den entscheidenden Schritt
zum Kloster tun werde.
Meine besten Freunde
stellten sich gegen mich
und hielten mir beständig Schwierigkeiten
vor Augen, um mich vom Kloster abzuhalten.
Doch ich blieb standhaft in meinem Entschluß
und kümmerte mich wenig um diese Reden.
Trost und Stütze war mir das Gebet, und
ich konnte damals schon ähnlich beten wie
heute. Oft war ich Feuer und Flamme und
wie in Gott versenkt. Von Müdigkeit im Gebet
merkte ich gar nichts; auch der lange Aufenthalt
in der Kirche ging dahin wie Augenblicke.
Ich fühlte damals, daß Gott mein Herz an
sich zog.
Manchmal boten mir die Leute Kaffee an,
weil ich nach dem Hochamt noch eine halbe
Stunde nach Hause zu gehen hatte. Aber ich
habe niemals das Angebot angenommen, selig
in dem Gedanken, daß ich nun bald den Ort
der Ruhe bei Gott finden würde. Darum habe
ich auch meinem Dienstherrn mein Vorhaben
mitgeteilt, damit er sich nach einem anderen
Knecht umsehen könne. [Damals gab es noch
das Gebot der Nüchternheit ab Mitternacht,
wenn man zur hl. Kommunion gehen wollte!]
Mein Beichtvater, ein Kaplan aus dem Nachbarort,
riet mir nach Sittard und gab mir ein kurzes
Empfehlungsschreiben mit. Der Obere des
Hauses erklärte mir indes, daß die Brüderzahl
für das Haus voll sei, und daß sie darum
keine Brüder mehr aufzunehmen gedächten.
Er wies mich aber nach Steyl mit den Worten:
'Dort werden Sie sicher Aufnahme finden.'
Der Pförtnerbruder tröstete mich, wenn es
Gott haben wolle, werde ich wohl noch zum
Ziel kommen.
Das Aufnahmegesuch nach Steyl war nach acht
Wochen noch nicht erledigt, nun wurde zu
allem Mißgeschick der Kaplan versetzt. Ich
aber hatte keinen Mut, selbst zu schreiben
und wandte mich an den Verbreiter der Steyler
Schriften. Dieser schrieb in meinem Namen
und erhielt nach acht Tagen den Bescheid,
daß das Aufnahmegesuch nicht angekommen
sei. Nun mußte ich von neuem die Aufnahmepapiere
ausfüllen. In acht Tagen hatte ich alsdann
die Aufnahme.”
STRENGERE LEBENSFÜHRUNG
“Bußübungen habe ich schon in der Welt viele
vorgenommen; ich fühlte mich niemals heimisch
in der Welt; für diese Erde und eine irdische
Karriere war ich nicht gemacht. Abtötung
in Speise und Trank habe ich oft geübt.
Um nicht aufzufallen, habe ich mich wohl
dem Brauch des Hauses angeschlossen, im
Stillen habe ich aber doch oft Abbruch in
Speise und Trank geübt.
Den Kreuzweg betete ich,
sooft es eben ging.
Dabei kamen mir oft Tränen, nicht im starken
Weinen, sondern mehr stille Tränen des Mitleides
und der Liebe. Ihn täglich zu beten war
mir wegen der Arbeit nicht möglich, und
ich wollte auch nicht auffallen. Der Kreuzweg
war nämlich in der Kirche.
Die Augen habe ich immer
in strenger Zucht gehalten.
Es war mir stets ein rechtes Kreuz, wenn
die anderen in der Welt zum Tanz gingen,
und ich mich, um dann nicht aufzufallen,
mitschleppen ließ. Die Musik war mir
zuwider und noch mehr der Tanz. Ich
habe kaum hingeschaut. Ich trank dann ein
Glas Bier und suchte die erste Gelegenheit,
um wieder fortzukommen. Ich konnte auch
gar nicht tanzen.
Die Fastenordnung hielt ich immer vorschriftsmäßig.
Morgens nahm ich nur äußerst wenig; um zehn
Uhr gar nichts. Mittags speiste ich wie
gewöhnlich. Um vier Uhr wurde ich hie und
da genötigt, etwas zu nehmen, und da ich
aus Rücksicht auf die guten Hausleute das
gute Einvernehmen nicht stören wollte, nahm
ich eine Kleinigkeit, mehr aus Anstand,
als aus dem Bedürfnis zu essen. Abends aß
ich wie gewöhnlich. Das Fasten suchte ich
durch eifriges Gebet noch wirksamer zu machen.
Als junger Mann war ich gesund, und so konnte
ich auch mit verringerter Nahrung meine
Arbeit gut verrichten, genau wie in anderen
Zeiten. Der Wille tat damals noch viel.
Ich wollte ins Kloster und suchte mich auf
das Leben im Ordensstand vorzubereiten,
so gut es nur ging. Oft mußte ich hören,
wie streng es im Kloster sei, und viele
Märchen wurden mir ins Ohr geblasen, um
mich abzuhalten. Die Leute in meiner
Umgebung sagten mir oft: 'In zwei Jahren
bist du wieder hier.' Ich ließ mich aber
nicht beirren und ging meinen Weg weiter.
Diese Redensarten haben mich nicht niedergebeugt,
im Gegenteil, sie drängten mich mehr zum
Heiland und zum Anschluß an Gott. Meistens
blieb ich in der Kirche von 5.30 bis 11.30
Uhr bewegungslos auf den Knien.”
BUSSSTRENGE UND FASTEN
“Infolge der Andacht zum bitteren Leiden
fühlte ich mich früh hingezogen zur Abtötung
und zur inneren und äußeren Überwindung.
Zuhause im Dienst habe ich nicht gefastet
im eigentlichen Sinn. Aber die 40tägige
Fastenzeit habe ich immer treu zu beobachten
gesucht, ohne jede Dispens und ohne je eine
Ausnahme zuzulassen. In dieser hl. Zeit
nahm ich morgens etwa ein Drittel der üblichen
Portion, die Erfrischungen um zehn und um
vier Uhr fielen ganz aus, abends gestattete
ich mir keine volle Sättigung. Meine Herrschaft,
die mich wie ein Kind des Hauses hielt,
fragte dann wiederholt etwas mitleidig,
warum ich doch so wenig esse. Darauf gab
ich die Antwort, weil die Kirche das Fasten
angeordnet habe und, weil uns das Fasten
Segen bringe.
Als Novize im Kloster in Steyl wollte ich
keine Ausnahme machen, um keinen Preis auffallen.
Deshalb sah ich mich genötigt, äußere Strengheiten
ganz zu unterlassen. Aber im Stillen übte
ich doch Abstinenz. Des öfteren aß ich mich
nicht satt und legte manches Opfer in Abbruch
von Speise und Trank in die Hand des guten
Meisters. Ich hatte während der ganzen Noviziatszeit
einen strengen Kirchendienst, den ich gern
auf mich nahm. Meistens hatte ich den Schalter
für Fremde und das Priester‑Refektorium
zu bedienen. Nun war gewöhnlich am Sonntag
der Fremdenverkehr recht stark, so daß ich
dadurch stets in Arbeit gehalten wurde.
Es kam oft vor, daß ich an Sonntagen, wenn
ich den Gottesdienst und die Arbeit in der
Küche zusammenrechne nur eine halbe Stunde
freie Zeit hatte, abends von 17 bis 17.30
Uhr. Eine gute, kräftige Gesundheit erlaubte
mir aber, alle die gewünschten Arbeiten
zu verrichten. Freilich fühlte ich auch
die Ermüdung, besonders wenn ich mir stärkeren
Abbruch in Speis und Trank auferlegte.
Durch die Betrachtung und vor allem auch
die Lesung meines Lieblingsbuches 'Übung
der christlichen Vollkommenheit' (von Alfons
Rodriguez) kam mir eine immer stärkere Erleuchtung
und ein starker Antrieb zur Kasteiung. Ich
fühlte, wie man den Meister gerade in seinem
Leiden nachahmen müsse, und daß das gar
nicht geht, wenn man nicht auch den Leib
züchtigt und in Botmäßigkeit bringt. Durch
diese innere Erleuchtung erhielt ich auch
die Gewißheit, daß man durch Leiden viele
Seelen, die sonst verloren gingen, retten
könne und müsse. Der Drang, eine Opferseele
für Christus und die Seelen zu werden, wurde
stark und stärker. So setzte ich mich nun
ein, durch Leiden, vor allem auch durch
Fasten, durch Vereinigung meiner Leiden
mit den Leiden Jesu und Seiner hl. Mutter
dem Heiland ähnlich zu werden und Seelen
zu gewinnen.
Nach der Profeß fastete
ich regelmäßig am Freitag
zu Ehren des Leidens Christi, am Samstag
zu Ehren der Mutter Gottes. An diesen
beiden Tagen regelte ich die Mahlzeiten
so: Morgens nahm ich eine Schnitte Brot
zum Kaffee, um zehn und um vier Uhr nahm
ich nichts; mittags die gewöhnlichen Sättigungen;
abends etwas Suppe, jedoch ohne den Hunger
ganz zu stillen. Außerdem übte ich an allen
Tagen bei Tisch die Abtötung, aß mich nicht
ganz satt und verzichtete auf den Nachtisch.
Um nicht gar stark aufzufallen, hielt ich
mich an die Ratschläge unseres seligen Stifters,
begnügte mich z. B. mit drei Kirschen zu
Ehren der hl. Dreifaltigkeit und schob die
bereitstehenden Birnen und Äpfel anderen
zu. Diese kleinen Opfer in die Hände Jesu
legen zu können, bereitete mir geistige
Freude.
Die 40tägige Fastenzeit
war für mich eine größere Gnadenzeit.
Ich suchte mein Bestes zu tun. Ich hielt
mich an die Praxis, die ich sonst an den
Freitagen und Samstagen schon gewohnt war.
Dispens nahm ich nie an. Während ich die
Fastenabstinenz an den Freitagen und Samstagen
nur bis zum 60. Jahr übte, halte ich die
40tägige Fastenzeit heute noch in der gewohnten
Strenge bei. Sieben Jahre lang nahm ich
in dieser hl. Zeit morgens gar nichts zu
mir und wartete bis zum Mittag. Da ich auch
während dieser ganzen Zeit des Nachts die
Anbetung hielt von 12.30 bis 2 Uhr, ward
ich bisweilen sehr müde. Einmal mußte ich
ganz gebückt einhergehen, aber alles verlor
sich wieder. Es kamen oft heftige Kopfschmerzen
hinzu, wahrscheinlich wegen der Hitze in
der Küche; dann fühlte ich, wie der Gang
etwas unsicher und schwankend wurde. Nach
Verlauf von sieben Jahren wurde mir von
Pater Rektor sehr dringend abgeraten, während
der Fastenzeit morgens nüchtern zu bleiben.
Auf diesen Rat hin habe ich dann morgens
eine kleine Stärkung genommen, doch so,
daß noch genug Abtötung übrig blieb.”
Auf die Frage, wie er diese Praxis habe
aushalten können, meinte Br. Kostka treuherzig:
“Jetzt nachträglich begreife ich eigentlich
selbst nicht recht, wie das alles möglich
war.” Und er fügte ernst hinzu: “Der Mensch
kann sehr viel, wenn er nur will. Wer aus
Liebe zu Gott und nicht aus Selbstliebe
etwas wagt, der wird von der Gnade Gottes
stark unterstützt, und er kann mit dem Beistand
Gottes Großes unternehmen. Und ich glaube,
daß mir viele übernatürliche Stärkung zugekommen
ist. Denn meine Kraft und Gesundheit
nahm nicht ab. Ich konnte allen meinen
Pflichten nachkommen, und meine Arbeitsleistungen
wurden nicht kleiner. Ich konnte ferner
die innere und äußere Freude bewahren, war
nicht traurig und niedergeschlagen, so daß
ich meine Umgebung in dem natürlichen Frohsinn
nicht störte und niederdrückte.
Schmerzlich berührte es mich des öfteren,
wenn ich wahrnahm, daß die Mitbrüder bei
Tisch mein Verhalten und den Abbruch in
Speise und Trank nicht verstanden oder falsch
auslegten. Manchmal wurde über mich gesprochen,
und ich sah etwas mißgestimmte Gesichter,
da man mein Verhalten sonderbar fand. Ich
schämte mich dann sehr und fühlte diese
Demütigung. Andererseits verstand ich auch,
daß die Mitbrüder etwas irre an mir wurden.
Bei allem Fasten blieb ich korpulent,
hatte rote Wangen und sah gut aus.
Deshalb meinten manche, ich ließe es mir
in der Küche recht gut schmecken. Mehr als
einmal mußte ich das Scherzwort hören: Der
hat gut fasten. Er wird satt und dick vom
Abschmecken in der Küche.' “ – Etwas schelmisch
fügte Br. Kostka hinzu: “Nicht war, das
ist doch ganz schön: Fasten, dickbleiben
und dann noch gefoppt werden! Wenn ich damals
noch länger in der Küche geblieben wäre,
würde ich wohl den Strapazen erlegen sein.
Ich hatte oft sehr starke Kopfschmerzen,
so daß ich für kurze Zeit an die frische
Luft gehen mußte. Nach Beendigung der
40tägigen Fastenzeit brauchte ich immer
längere Zeit, um mich umzustellen und den
Magen wieder an reichlichere Mahlzeiten
zu gewöhnen. Ich konnte in den Ostertagen
und darauf manche Speisen nicht recht verdauen
als ich aus der Küche wegkam und eine andere
Beschäftigung erhielt, war in einem halben
Jahr die übermäßige Leibesfülle fort und
der Körper ganz normal. Ich nehme daher
an, daß die Hitze und der große Dunst zu
dieser körperlichen Aufgeblähtheit beitrugen.”
Zum Schluß sagte Br. Kostka: “Man erklärte
oft, man könne es den Heiligen nicht gleich
tun, man könne ihre Werke nur bewundern,
aber meistens nicht nachahmen. Aber in manchen
Fällen kann man doch auch die Heiligen nachahmen,
wenn man nur will und aus reiner Absicht
an das Werk herantritt. Dann setzt die Gnade
Gottes ein und stärkt den Menschen.”
DIE GEISSELUNG
Gewöhnliche Menschen werden die Abtötung
der Geißelung nicht verstehen und als unvernünftig
ablehnen. Selbst der eine und andere Geisteslehrer
wird mit Bedenken fragen, ob dieses Maß
der Abtötung noch mit den gesunden Prinzipien
der Aszese vereinbar ist. Welchen Maßstab
soll man in der Beurteilung der Lebensführung
bei Br. Kostka anlegen?
Br. Kostka hatte nach dem Willen Gottes
eine “besondere Aufgabe” in seinem Leben
erfüllen müssen. So wenigstens wurde es
seiner Mutter vor der Geburt mitgeteilt.
Um diese Aufgabe lösen zu können, hat Gott
selbst die Führung des Gottesmannes in die
Hand genommen, dadurch, daß Er ihm von früher
Jugend an, “soweit seine Erinnerung reicht”...
“das lebendige Licht der Gottheit” als Leitstern
und Wegweiser zur Verfügung stellte.
Von diesem inneren Licht ließ sich der Bruder
leiten, da es immer vor seinem Geistesauge
sichtbar war.
Die Höhe der Beschauungsgnade mußte auch
ein dementsprechendes tiefes Fundament
haben. Darum grub er als weiser Architekt
in die Tiefe [Lk 6,48]. Gott aber segnete
sein Bemühen, verlieh ihm die nötige körperliche
und seelische Kraft. Die Beschauungsgnade
verzehnfacht ja nach dem Urteil der Geisteslehrer
oft die natürliche Kraft. (Tanquerey,
Grundriß der aszetischen und mystischen
Theologie, Nr. 1393.) So konnte der gottbegnadete
Mann ohne Schaden für seine Gesundheit bis
ins hohe Alter hinein seine ihm gegebene
Lebensaufgabe erfüllen.
Zieht man also alle Umstände in Betracht,
so kann man billig und gerecht urteilen:
Die Lebensführung des Bruders war von Gott
geleitet und daher auch gebilligt. Guten
Aufschluß gibt sein eigenes Werturteil:
“Ohne Gottes Hilfe wäre ich zusammengebrochen.”
“Einen Rat oder eine Anweisung, mich zu
geißeln, habe ich von außen her nicht erhalten.
Es war die Stimme der Gnade, die
mich sanft und stark einlud, diese Übung
vorzunehmen.
Die Absicht, die ich dabei hatte, war rein
übernatürlich. Ich fühlte durch den inneren
Drang, daß der Geist Gottes Sühne und Abbitte
wünsche. So bot ich mich als Sühnopfer und
Opferseele an in der reinen Meinung, Gott
zu verherrlichen, Sünder und Heiden in den
Missionen bekehren zu helfen; zu ersetzen,
was dem Leiden Christi abgehe und für die
großen Beleidigungen Gottes in unserer Zeit
nach Kräften Genugtuung zu leisten. Alle
Opfer, die ich in dieser Hinsicht brachte,
legte ich immer in die Hände der Gottesmutter,
damit sie alles in Vereinigung mit ihren
Opfern dem Heiland übergeben möge.
Schon zu Hause habe ich mich hie und da
gegeißelt. Mit etwa 20 Jahren fühlte ich
eine starke Neigung und Hingabe an die Andacht
zum bitteren Leiden unseres Herrn. Damals
schon fühlte ich den Drang nach Abtötung
und zur bewußten Nachahmung Christi in
seinem Leiden.
Hie und da tat ich mir weh mit einem Strick;
ich schnürte und band ihn so fest um meinen
Leib, daß er beinahe wie eingewachsen war.
Stundenlang habe ich diese Bindung und Einschnürung
ausgehalten zu Ehren des bitteren Leidens.
Oft aber mußte ich mich wieder frei machen,
um meine Arbeit verrichten zu können.
Im Postulat und im Noviziat habe ich mich
genau an die Ordnung zu halten gesucht.
Ich wollte in keinem Punkt auffallen. Übrigens
gab es in der Küche Abtötung genug. Ich
brauchte keine besonderen, außerordentlichen
Übungen. In den Jahren 1905 und 1906 ging
ich einen Schritt weiter. In dieser Periode
begann die Bußübung der Geißelung, die ich
bis zum 60. Lebensjahr getreu durchgehalten
habe. In diesem Jahr bekam ich einen schweren
Bruch und sonstige Leiden. Ich mußte nun
etwas Rücksicht auf die Gesundheit und das
Alter nehmen.
Ich machte mir aus
einem Strick eine Geißel,
befestigte an die Spitzen noch einige Holzstücke
und durchstach die Holzstücke mit Nagelspitzen.
Vor dem Morgengebet, ehe noch die anderen
aufstanden, geißelte ich mich bis aufs Blut
in der Küche oder im Zimmer. Anfangs
fand ich zwar nicht immer die günstige Gelegenheit,
später aber, als ich Übung hatte, geißelte
ich mich regelmäßig jeden Tag; bisweilen
auch noch öfter, wenn ich von großen Beleidigungen
Gottes hörte und den inneren Drang fühlte,
für diese Schmähungen Gott genugzutun.
Um nicht aufzufallen und niemand etwas merken
lassen, wusch ich mit einer blauen Küchenschürze
das Blut ab; aber etwas Nachblutungen waren
immer noch in der Leibwäsche zu bemerken.
Man beachtete dies aber offenbar in der
Waschküche nicht, und so blieb alles still
und im Verborgenen.
Wenn ich jetzt die Vergangenheit übersehe
und zurückdenke, erschauere ich vor dieser
Übung und Bußstrenge; aber ich freue mich
noch viel mehr, daß ich mich Gott zuliebe
nicht geschont habe, sondern mutig und tatkräftig
die Hände regte. Einem Tierchen konnte ich
nie etwas zuleide tun und noch weniger eines
töten. Ich sah in allen Tieren Geschöpfe
Gottes, gemacht und bestimmt zu seiner Verherrlichung.
Noch viel weniger habe ich anderen Menschen
weh getan; aber ich war in jeder Beziehung
sehr hart gegen mich.
Unbeschreiblich süß ist nun der Trost, aus
höheren und reinen Absichten zur Verherrlichung
Gottes und zur Bekehrung der Sünder etwas
beigetragen zu haben. Jetzt reut es mich
nicht, und es hat mich nie gereut, so
gehandelt zu haben. Gäbe es etwas
Besseres, um die Menschen zu erlösen, so
hätte wohl Christus dieses Bessere bei der
Welterlösung bevorzugt. Aber er hat das
Leiden eingesetzt und hat mit der Kreuzeswaffe
die Welt erlöst. Ist das wohl nicht
der deutlichste Beweis, daß Bußleiden, Sühneleiden
vor Gott einen großen Wert haben? Wir bekennen:
`Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus,
und preisen Dich; denn durch dein Heiliges
Kreuz hast Du die Welt erlöst.' Und durch
Kreuz und Leiden können und müssen wir alle
nach unseren Kräften mithelfen, Seelen zu
retten. Wie sollte und könnte es mich reuen,
Bußübungen auf mich genommen zu haben!
Hinzufügen muß ich noch, daß der liebe Gott
auch seine Gnade gibt, wenn er ein Werk
anregt und verlangt. Der Mensch allein wäre
aus sich nicht imstande, solche Bußübungen
zu ertragen. Die Menschheit Jesu hätte auch
die Leiden nicht aushalten können, wenn
nicht die Gottheit mitgeholfen hätte. -
Ich danke Gott sehr, daß er mich angeregt
und unterstützt hat. Das ist mir nun nachträglich
noch ein untrügliches Zeichen, daß Er selbst
diese Übung gewollt und angenommen hat.
Ohne Gottes Hilfe wäre ich zusammengebrochen.
Denn ich habe ja nicht nur die Geißelung
vorgenommen, ich habe auch streng gefastet,
habe jeden Tag die nächtliche Anbetungsstunde
gehalten und tagsüber einen sehr anstrengenden
Dienst in der Küche versehen müssen bei
stets verkürztem und oft unterbrochenem
Schlaf Gerührt kann ich nun Gott für Seine
Gnadenhilfe danken.”
Br. Kostka wischte sich bei diesen Worten
still und sanft eine Träne aus dem Auge.
“Zu dieser scharfen Geißelung am eigenen
Leib wurde ich auch dadurch angeregt,
daß ich bei der hl. Messe die Geißelung
Christi sah, wie er so ganz unmenschlich
behandelt wurde. Da regte sich in meiner
Seele das hl. Mitleid, und ich suchte bis
zur äußersten Grenze dem Heiland in Liebe
nahezukommen.
Ich sah, wie er sühnte und die Sünden durch
die Schmerzen büßte und wollte durch freiwillig
übernommenen Leiden einigermaßen mit ihm
dem ewigen Vater Sühne darbringen.
In dieser engen Verbindung mit Christus
zu leiden, ist für die Seele ein starker
Auftrieb; denn Schmerz bewegt zum Mitleid
und Liebe zur Gegenliebe. Der Heiland
hat für uns sein Leben hingegeben; so muß
die Liebe auch uns drängen, unser Leben
für ihn zu lassen, wenn es so der hl. Wille
Gottes ist.
Ohne den Anblick der
Geißelung unseres Herrn hätte ich mich sicher
nicht zu scharfen Geißelungen entschließen
können, und ich wäre vielleicht nicht einmal
auf die Idee gekommen, jeden Tag die
Bußübungen mit Treue und Beharrlichkeit
durchzuführen. So verstehen sich die
Bußübungen besser.”
INNERE WUNDMALE
Weil sich Br. Kostka im heroischen Einsatz
selbst verleugnete und gänzlich abzusterben
suchte, hat ihm der Gekreuzigte ein Gegengeschenk
gemacht, und ihm eine innigere Anteilnahme
an seinen Leiden gewährt. Anfang des
Jahres 1938 machten sich in seinen Händen
und Füßen, ebenso in der Seite, eigenartige
Schmerzen bemerkbar; sie hielten bis
zu seinem Lebensende im Jahr1946 an.
Wenn ihm im Geist die Not der Zeit, gefährdete
Seelen oder auch drohende Übel gezeigt wurden,
steigerte sich dieser Schmerz. Er hinderte
ihn in seinen Gebeten nicht, ging aber parallel
mit der Gebetsglut. Dankbaren Herzens nahm
der fromme Bruder diese innigere Anteilnahme
am Kreuz als eine Gunstbezeichnung Gottes
entgegen, weil sie ihm Gelegenheit bot,
Gutes zu tun und durch Sühneschmerz mitzuhelfen,
daß manch verlorene Seele sich wieder auf
den Weg des Heiles zurückfand.
Da aber bisweilen das Blut stark wallte
und aus den Adern zu treten drohte, befiel
ihn oft rechte Furcht. Er wollte sein Herzensgeheimnis
für sich bewahren (secretum meum mihi Is
24,16). Darum klemmte er die Innenflächen
der Hände fest aneinander oder drückte noch
fester mit dem Daumen mit dem innigen Flehgebet,
Gott möge doch in Gnaden verhindern, daß
Blut herauspritze, damit kein Aufsehen entstehe.
Ausdrücklich sei hier bemerkt, daß Br.
Kostka niemals den Ausdruck “Wundmale” gebraucht
hat.
BUSSÜBUNG DURCH EINE KETTE
“Die Liebe ist erfinderisch; sie glaubt
nie genug getan zu haben und wünscht alles
mögliche, um sich zu bewähren. Der erleuchtete
Glaube erkennt so ganz klar, daß die wahre
Liebe sich in Opfer bewähren und beweisen
muß. Jede Liebe ist verdächtig, die kein
Opfer aufweisen kann. Was ich bis dahin
getan hatte, genügte mir nicht. Ich hatte
das Bestreben, bis zur Grenze des Möglichen
zu gehen, um die zahllosen Beleidigungen
Gottes zu sühnen und mitzuhelfen, Sünder
zu bekehren. Ich fühlte einen großen, wahren
Durst in mir, recht viele Sünder und Seelen
retten zu können: `Gib mir Seelen, alles
andere nimm mir!'
So kam ich wie von selbst auf die Idee,
meinen Leib noch mehr abzutöten und ihn
nicht nur mit einem Strick, sondern mit
einer Kette zu schnüren. Zuerst nahm ich
eine Hundekette und band diesselbe mehrmals
um den Leib. Aber ich konnte sie nicht fest
schnüren; sie brachte mir nicht das, was
ich suchte. Darauf nahm ich die Güte des
Bruders Hidulph, der Schmied war, in Anspruch.
Dieser verfertigte mir eine Kette und versah
einzelne Kettenglieder mit spitzen Zacken.
Gern hätte ich diese noch etwas spitzer
gehabt, aber der Bruder ging auf meine Bitten
nicht ein mit der Bemerkung, ich solle mich
nicht auf einmal totmachen.
Diese Bußkette trug
ich nun Tag und Nacht bis zum 60. Lebensjahr.
Sie tat ihre gewünschten Dienste. Die Eisenspitzen
taten weh und (drangen ins Fleisch, wenn
ich mich nachts darauf legte. Manchmal
kam auch Blut durch das Eindringen der Spitzen.
Die Eisenkette war im Winter überdies recht
kalt und verlangte ständige Opfer, während
die Geißel nur zeitweise schmerzte. Bei
der Arbeit war die Kette unbequem, und wenn
ich mich etwas bücken mußte, wie beim Schrubben
der Küche, gingen die Zacken tiefer ins
Fleisch. Durch diese Übernahme von Buße
und Opfer suchte ich meinen Durst nach Leiden
im Verein mit dem leidenden Heiland genugzutun
und erreichte meinen Zweck.
Später, mit dem 60. Lebensjahr,
habe ich diese mir liebgewonnene Bußkette
der Schmerzhaften Mutter geweiht und in
der Nähe ihres Standbildes ins fließende
Wasser des Bosenbaches gelegt. Die himmlische
Mutter wollte von jener Zeit an diese Buße
nicht mehr haben. Bis jetzt habe ich von
dieser Bußübung niemanden etwas mitgeteilt.
Nur den Beichtvater habe ich um Erlaubnis
gebeten, sie tragen zu dürfen. Er wird freilich
von der Art dieser Kette nichts gewußt haben.
Was ich aus eigenem Antrieb übernahm, wollte
ich durch ganz reine Absicht hl. und durch
die Kontrolle und Erlaubnis des Seelenführers
sichern, um nicht dem Verführer zum Opfer
zu fallen.”
DAS NÄCHTLICHE GEBET
“Schon in der Welt war mir die liebste Zeit
jene, die ich vor dem Allerheiligsten im
Gebet zubringen konnte. In den Jahren 1906
und 1907 wurde der Drang zum Beten immer
stärker. Alles zog mich zum Heiland, eine
innere Glut nötigte mich gleichsam nachts
zum Aufstehen, um dem guten Meister meine
Liebe beweisen zu können. Ich persönlich
schreibe die nächtliche Gebetspraxis der
täglichen hl. Kommunion zu. Denn die
Anziehungskraft kam vom Sakrament, vom Heiland,
der mit Gottheit und Menschheit im Tabernakel
zugegen ist.
Die ersten 14 Tage dieser Übung hatte ich
keine Erlaubnis der Oberen eingeholt. Dann
aber ging ich auf Anraten meines Beichtvaters
zum Pater Rektor, um die Erlaubnis zum nächtlichen
Aufstehen zu erbitten. Pater Rektor fragte
bei dieser Gelegenheit, wie ich dazu komme,
nachts zum Gebet aufzustehen. Ich gab ihm
zur Antwort, ich könne das nicht anders
erklären, als daß die tägliche Kommunion
dieses Feuer in mir angefacht habe. Ich
erhielt die Erlaubnis zum Aufstehen zunächst
nur für jeden zweiten Tag, also mit einer
Unterbrechung. Nach Verlauf von weiteren
14 Tagen aber durfte ich jede Nacht aufstehen.
Zwar meinte er, diese Praxis sei ein Übermaß
oder nur ein Strohfeuer. Unser geistlicher
Arbeitsvorsteher, dem ich mich ebenfalls
eröffnete, hatte einen tieferen Einblick
in mein Seelenleben und brachte mir mehr
Verständnis entgegen.”
“Nachts um 0.30 Uhr erhob ich mich von meinem
Lager. Einen Wecker hatte ich nicht notwendig,
denn ich wurde immer zur selben Zeit wach
und dachte oft im Stillen, es sei wohl
der Schutzengel, der mich so pünktlich wecke.
Bis 2 Uhr blieb ich dann vor dem Allerheiligsten
in kniender Stellung. Solange ich noch auf
dem Hof war, ging ich zur Bühne [Empore],
da die Kirchentür geschlossen war. Im Missionshaus
aber durfte ich näher zum Tabernakel gehen.
Ich hielt die Anbetungsstunde hinter dem
Hochaltar, einem Plätzchen, das mir mit
jedem Tag lieber wurde. In dem Gedanken,
daß Moses aufgefordert wurde, die Schuhe
abzulegen, weil der Ort heilig sei, wollte
auch ich vor dem Gott im Sakrament der Liebe
ohne Schuhe erscheinen. Ich ließ die
Schuhe an der Kirchentür stehen. Diese
Praxis, ohne Schuhe und ohne Mantel, auch
in der strengsten Winterkälte, vor dem Allerheiligsten
zuzubringen, habe ich die ganze Zeit treu
innegehalten. Ich besaß auch keinen Mantel.
Erst im Jahr 1936 habe ich ungebeten vom
Schneiderbruder einen solchen erhalten,
den ein Pater abgelegt hatte. Arm und bloß
vor dem Heiland zu erscheinen, war mir ein
Bedürfnis; ohne Schuhe, auf bloßen Strümpfen,
habe ich auch das Wecken der Mitbrüder morgens
besorgt. Die Armut kann man nie hoch genug
einschätzen.
Am Altar angelangt, betete ich zunächst
um Glaube, Hoffnung und Liebe. Dazu legte
ich mich im Bewußtsein meiner Armseligkeit
und Sündhaftigkeit auf mein Angesicht. Ich
betete ein erstes Vaterunser im Gedenken
und Bekenntnis meiner Sünden, Fehler und
Gebrechen. Dann folgte ein zweites Vaterunser,
um mein Vertrauen auf die unermeßliche Barmherzigkeit
Gottes auszusprechen - im Gedanken, daß
Gott ein guter Vater ist und gern die Sünden
verzeiht, wenn man ihn demütig darum bittet.
Beim dritten Vaterunser war ich meist schon
Feuer und Flamme. Ich erhob mich, stieg
auf den Knien die Altarstufen empor,
klopfte leise an die Tabernakeltür und betete
in rechtem Vertrauen: 'Heiland, ich bin
wieder da.' Dann hielt ich eine gute
Stunde in innigster Vereinigung mit der
Mutter Gottes aus; von ihrer Mutterhand
wollte ich mich führen lassen. Zur himmlischen
Mutter hatte ich immer ein unbegrenztes
Vertrauen; seit damals lebe ich immer
in dem lieben Gedanken, daß die nächtliche
Anbetung von Maria, der ersten Anbeterin
des menschgewordenen Gottes, beeinflußt
und gewünscht sei.
Die Praxis der nächtlichen
Anbetung von 0.30 - 2 Uhr hielt ich bis
zum 60. Lebensjahr fest. Mit dem 60. Jahr
änderte ich den frommen Brauch dahin ab,
daß ich morgens um 3 Uhr aufstand, hinter
dem Hochaltar meine Gebete verrichtete,
um fertig zu sein, wenn die Hausbewohner
morgens erscheinen. Nun (im Jahr 1937) sind
es schon über 30 Jahre, daß ich die Anbetung
des nachts vor dem Allerheiligsten gehalten
habe. Ausgefallen sind nur dann einige Anbetungsstunden,
wenn ich durch Fieber oder Grippe gehindert
wurde. Aber auch dann schleppte ich mich
doch öfter noch zur Kirche, um meinem Herzensdrang
Genüge zu tun.”
EINIGE STÖRUNGEN
“In den Jahren 1914 oder 1915 störte der
Feind alles Guten diese mir so ungemein
liebe Anbetungsstunde. Um diese Zeit war
mein Verweilen des Nachts vor dem Allerheiligsten
bemerkt worden. Es fielen Bemerkungen recht
sarkastischer Art in der Unterhaltung.
Diese Witzeleien haben mir damals tiefe
Wunden geschlagen und Stiche ins Herz
versetzt. Man unterschob mir unedle Motive
und verstand mich nicht. Um des Heilandes
willen habe ich geschwiegen.
Um die Aufmerksamkeit abzulenken, wechselte
ich darauf die Stunde der Anbetung und fand
mich bald früher, bald später in der Kirche
ein. Nach einer gewissen Zeit meinte man
auch, daß ich den Brauch aufgegeben hätte.
Aber ich konnte mich doch nicht trennen
von dieser mir so lieben Stunde, wenn ich
auch an jenen Tagen, innerlich leidend,
hin und wieder diese Übung ausfallen ließ.
Als ich nun im alten Gleis die nächtlichen
Anbetungsstunden wieder regelmäßig aufnahm,
wurde mir die hl. Stunde von neuem verleidet
durch einen Bruder, der immer zu meiner
Stunde seine Anbetungsstunde einlegte. Wenn
ich ankam, hustete er auf der Bühne und
störte mich schon durch seine Anwesenheit,
weil ich liebgewonnene Bräuche nicht vornehmen
konnte. So genierte ich mich, in seiner
Anwesenheit mit ausgebreiteten Armen
zu beten (wie Moses), mich auf das Angesicht
zu legen. Es ging mir wie einem Vöglein,
das nicht gern die Aufmerksamkeit auf sich
lenkt und am liebsten davonfliegt, wenn
jemand eintritt.
Das ungestörte nächtliche
Beten setzte erst wieder ein, als Pater
Engel Rektor wurde. Derselbe verbot, daß
jemand ohne seine besondere Erlaubnis nachts
aufstehe und zur Kirche gehe. Nun kam der
betreffende Bruder nicht mehr, und ich konnte
wieder allein und ungestört in der Kirche
die hl. Stunden halten, nachdem ich vom
neuen Rektor die Erlaubnis in alter Form
eingeholt und erhalten hatte.”
ANLIEGEN UND GEBETSMEINUNGEN IN DER HL.
STUNDE
“Vor allen anderen Anliegen gingen mir immer
die Anliegen unserer hl. Kirche und
der Gesellschaft. Ich betete in der Meinung
des Gebetsapostolates, die der hl. Vater
angibt, nämlich für den Papst, die Kardinäle,
die Bischöfe und Priester.”
“Dem Herzen Jesu empfahl
ich sodann die Anliegen, die mir persönlich
oder uns Brüdern nahegelegt wurden. Viele
neuntägige Andachten, oft mehrere auf einmal,
habe ich in der trauten Mitternachtsstunde
gehalten. Oberster Leitsatz für mein Gebet
war: 'Herr, nur Dein Wille geschehe in allem
und bei allen - Herr rette die Seelen!'
Für rein materielle Anliegen habe ich nicht
gebetet; bei manchen Anliegen, die mir empfohlen
wurden, konnte ich zudem ohne weiteres
erkennen, daß sie nicht den göttlichen Absichten
entsprachen, so z.B. wenn die Leute haßerfüllt
ihren Hader erzählten und wünschten, ich
möchte in einer gewissen Richtung hin ihrer
im Gebet gedenken. Fast immer betete
ich betrachtend den schmerzhaften Rosenkranz
und brauchte eine ganze Stunde. Worte
habe ich in der hl. Stunde nicht gesprochen;
mein Gebet ging und geht von Herz zu
Herz ohne äußere Lippenbewegung. Während
der ganzen Zeit kniete ich ruhig in der
Bank oder auf der untersten Stufe des Altares.
Die innere Glut und Flamme hielt mich aufrecht;
von Schlaf oder auch nur von einer Anwandlung
zum Schlaf spürte ich nie das Geringste.
Es finden sich eben in dieser Zeit zwei
liebende Herzen, die sich voneinander nicht
trennen können und einander von der Liebe
erzählen. Wie selig sind diese Stunden gewesen.
Sie waren ein Vorgeschmack der Himmelswonnen.”
Ein Beweis dafür, wie viele Opfer Br. Kostka
für die nächtliche Anbetung brachte, zugleich
auch ein Beweis, wie lieb ihm diese Stunden
der nächtlichen Anbetung gewesen sind, ist
folgendes:
Am 24. Jan. 1937 war Br. Kostka abends
krank, fror stark und fühlte starke Kopfschmerzen.
Infolgedessen ging er nach eingeholter Erlaubnis
früher und ohne Abendbrot zu Bett. Bald
fing er an zu schwitzen. Als es drei Uhr
war, erhob er sich, kleidete sich um, obwohl
er noch naß war, und versuchte wenigstens
seinen liebgewonnenen Gang zum Allerheiligsten,
allerdings mit dem Überzieher, wie er sagte,
weil ihm noch nicht gut war. Er hat dann
genau wie sonst auch, die Morgenstunden
bis 8 Uhr in gewohnter Form im Gebet zugebracht.
Tagsüber arbeitete er wieder und ging seinen
Beschäftigungen nach, wie wenn gar nichts
geschehen wäre.
Wer würde das wohl tun, ohne Abendbrot,
weil ohne Appetit, - ohne die Erquickung
des Schlafes - morgens noch mit nassem Hemd
aufstehen und in der Kirche viele Stunden
aushalten. Das sind doch deutliche und doch
so unauffällige Beweise der heroischen Tugendübung
und der starken Liebe zu Gott, die den guten
Bruder beseelten. Für Ihn lebte er ganz.
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Das hl. Meßopfer
nach den Visionen von Br. KOSTKA
Als Br. Kostka seine Darlegungen über das
hl. Meßopfer abgeschlossen hatte, gab er,
durch einige Fragen veranlaßt, die folgenden
aufschlußreichen Erläuterungen. Sie sind
ein Schlüssel zum Verständnis seiner Schauungen
und seelischen Erlebnisse. Passend werden
sie daher als Einführung an den Anfang gestellt.
Wer über 40 Jahre in der Schule des göttlichen
Lehrmeisters Unterricht, sogar Anschauungsunterricht
über religiöse Geheimnisse erhalten hat,
kann heilsbegierigen Seelen manches sagen,
was zur Erbauung dient, den Glauben stärkt,
die Ehrfurcht und Liebe zum hl. Meßopfer
mehrt und nahelegt, wie man den unendlichen
Schatz der Eucharistie besser ausnützt.
Zur Zeit der Reformation hat man das innere,
sakramentale Geschehen des ewigen Hohenpriesters
und seine Hingabe im Opfer geleugnet. Die
Folge war, daß man die äußeren liturgischen
Handlungen durch den Dienst der Priester
als nutzlose Schale ohne Inhalt, ja als
Pfaffendienst und Teufelswerk verschrie
und fallen ließ. Es war infolgedessen nur
noch ein kleiner Schritt, bis man auch das
Sakrament der Priesterweihe zu Fall brachte
und seit dieser Zeit ohne Opfer dem lieben
Gott dienen wollte. Dieser Niedergang kann
nur dadurch wieder vor Gott gesühnt werden,
daß die hl. Messe, ihr inneres Wesen und
das sakramentale Geschehen im Glauben erkannt
wird. Die anschauliche Beschreibung dieses
erhabenen Geschehens, wie es die nachfolgende
Darlegung in einfachem Gewand gibt, kann
dem Auge des Glaubens vieles erschließen.
ERLÄUTERUNGEN VON
Br. Kostka
“Ich kann selbst nicht erklären, wie
ich in der einen halben Stunde alle Leidens-geheimnisse
sehen kann, die sich doch in Wirklichkeit
in vielen Stunden abspielten. Ich kann auch
nicht erklären, wie ich beim Hochamt, das
über eine Stunde dauert, dasselbe sehe.
Wohl dringt der Blick viel tiefer ein in
die Geheimnisse, und der geistige Sinn erfaßt
viel inniger das Leiden, wenn die hl. Messe
nicht allzu schnell gefeiert wird. Diese
Geheimnisse sehe ich zudem nicht mit den
Augen des Leibes, sondern mit den Augen
des Geistes. Denn wenn ich an den Sonn‑
und Feiertagen während des Hochamtes hinter
einer Säule knie, sehe ich doch alles genau
so klar, wie wenn ich selbst beim Altar
stünde.
Das Wesen ist immer das gleiche, mag die
hl. Messe lang oder kurz sein. Bei jeder
hl. Messe treten die Einzelheiten der Passion
vor meine Seele und vor das Auge des
Glaubens und zwar so, wie sie sich in der
Karwoche vollzogen haben.
Die handelnden Personen in der damaligen
Tracht, mit ihren äußeren Bewegungen und
oft auch in ihrer Herzensgesinnung treten
vor das Auge des Glaubens. Ich nehme dann
wahr, wie die Personen von der Hölle aufgepeitscht
werden, wie sie in Wut geraten, wie sie
ihre erregte Leidenschaft an dem unschuldigen
Opferlamm auslassen. Ich sehe die Straßenbilder
mit den orientalischen Häusern. Ich sehe
die nächtliche Beleuchtung durch Öllampen
und Fackeln, die von Pech, Talg und Werg
hergestellt waren.
Schon 40 Jahre lang
sehe ich die Person unseres Herrn und Meisters
und zwar bei jeder hl. Messe.
Es ist immer das gleiche erhabene Geschehen.
Aber das Alltägliche wird für mich niemals
alltäglich. Es bleibt ewig neu wie am ersten
Tag. Niemals kommt Langeweile auf,
niemals Zerstreuung, im Gegenteil,
der Glaube dringt immer tiefer ein. Die
Seele wird immer mehr gehoben von der unendlichen
Erhabenheit der hl. Messe. Sie ist ja wirklich
das Größte und Höchste, was Himmel und Erde
besitzen.
Beim hl. Opfer sehe ich die hl. Menschheit
(Jesu) in ihrem Leidenszustand niemals von
der Gottheit getrennt, sondern mit ihr
vereinigt. Die Gottheit durchdringt ganz
und gar die Menschheit, führt und gebraucht
sie als Werkzeug. Übrigens sehe ich auch
die zweite Person nicht allein, sondern
immer die drei göttlichen Personen in unzertrennter
Einheit. Gott ist es, der in der Menschheit
handelt und leidet. Darum haben alle Handlungen
und Leiden Jesu einen unendlichen Wert.
Im gewöhnlichen Zustand kann man sich gar
keinen Begriff von der Größe und Unendlichkeit
des Opfergeheimnisses machen. Es fehlen
einem wirklich alle Worte und Ausdrücke,
um diese geheimnisvolle Welt auszusprechen.
Die innere Wahrnehmung, daß Christus als
Opferpriester und Opfergabe bei der hl.
Messe durch Seine Todesleiden der Gottheit
eine unendliche Freude bereitet, daß Er
Himmel und Erde versöhnt, und daß Er dem
ewigen Vater alle Ehre und Herrlichkeit
verschafft, ist für die Menschennatur ein
unbeschreiblicher Trost. Darum schätze
ich das hl. Meßopfer über alles und versäume
niemals eine hl. Messe, wenn ich irgendwie
Gelegenheit habe und abkommen kann. Die
Hingabe Christi an Sein Leiden und die Mitwirkung
der Gottheit ist etwas, was man nie ganz
begreifen kann. Wenn die Menschen diese
Geheimnisse sehen könnten, würden sie sicher
nicht sündigen.
Die Liturgie der hl. Messe und die innere
Erneuerung des Opfer‑ und Kreuzestodes Christi
sind in der äußeren Form verschieden, aber
sie sind innerlich ein einheitliches Ganzes.
In wundervoller Harmonie erneuert sich
das Kreuzesopfer mit den liturgischen Zeremonien
der hl. Messe.
Die göttliche Weisheit hat es gut eingerichtet,
daß sie uns Menschen die Schmerzen und Leiden
unseres Hauptes verborgen hält. Dadurch
wird das menschliche Empfinden geschont.
Nur wenige könnten den Anblick dieser unendlichen
Leiden ertragen.
Sähe ich nur die leidende Menschheit ohne
die Mitwirkung der Gottheit, so würde ich
diesen Anblick auf die Dauer ebenfalls nicht
ertragen können. Das Mitempfinden der unmenschlichen
Tyrannei und Folter, die furchtbare Erniedrigung,
Demütigung, Schmach, die unserem unschuldigen
Herrn angetan wird, müßte in jedem Beschauer
eine beinahe tödliche Traurigkeit auslösen.
Wer sollte bei diesem Miterleben tagsüber
auch nur eine Stunde froh sein können?
Aber sobald man der erhabenen Wirkungen
dieser Leiden durch die hl. Messe inne wird,
durchströmt die Seele eine große, unbeschreibliche
Freude.
Die Absichten Gottes
beim hl. Opfer werden sicher nicht ganz
erfüllt, wenn die zelebrierenden Priester
und die Gläubigen nicht auch der Leiden
und des Sühnetodes Christi gedenken. Gerade
auf diesen Umstand macht der Völkerlehrer
aufmerksam, wenn er den Christen zuruft:
'Sooft ihr von diesem Brot eßt und den Kelch
trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn,
bis Er wiederkommt.'
[1. Kor 11,26]
Einmal in einer Stunde der Anbetung vor
dem Allerheiligsten dankte ich Gott für
den unendlichen Schatz der hl. Messe. Ich
dankte noch besonders , weil Er mir Seinen
hl. Willen kundgetan hatte, daß ich mich
offenbare solle, um den Schatz des hochwürdigsten
Gutes bekanntzumachen. Da vernahm ich das
eindrucksvolle Wort: `So viele hl. Messen
werden gelesen, so viele hl. Messen werden
besucht, aber wie wenig wird meines Leidens
und Todes gedacht.'
Das Opferlamm für unsere Sünden hat uns
um einen sehr teuren Preis erkauft und Sein
Leben für uns dahingegeben. Es gereicht
Ihm jedenfalls zur Genugtuung, wenn wir
dankbaren Herzens Seines Opfertodes gedenken
und bei der hl. Messe unserem Geist Seinen
Tod gegenwärtig halten.”
“Der Herr hat... beim Letzten Abendmahl,
in der Nacht, da Er verraten wurde, der
Kirche, Seiner geliebten Braut, ein sichtbares
Opfer hinterlassen. Durch dasselbe soll
dargestellt werden jenes blutige Opfer,
das Er einmal am Kreuz vollzog; das eine
soll das Gedächtnis des anderen bis zum
Ende der Weltzeit festhalten; es soll uns
die heilbringende Kraft zuwenden zur Vergebung
der Sünden, die von uns täglich begangen
werden.” [Konzil von Trient D 938]
DIE VORMESSE - der WORT- und GEBETSGOTTESDIENST
Die liturgischen Handlungen der Vormesse
bis zur Opferung nach dem altehrwürdigen
römischen Ritus, wie er zu Zeiten von Br.
Kostka gefeiert wurde und von Papst Benedikt
XVI. 2007 wieder allgemein erlaubt wurde:
Stufengebet mit Schuldbekenntnis, Altarkuß
nach dem Aufstieg, Inzensierung des Altares
und des Zelebranten beim Levitenamt. Introitus
- Eingangsgebet, Kyrie, Gloria, Tagesgebet,
Lesung mit dem Zwischengesang, Alleluja
oder Traktus; bisweilen eine Sequenz. Evangelium
mit Inzens beim feierlichen Hochamt. Credo.
DAS INNERE, SAKRAMENTALE GESCHEHEN
Mit dem Ausdruck “inneres, sakramentales
Geschehen” soll hier der Anteil bezeichnet
werden, den der Gottmensch Jesus Christus
in höchst eigener Person übernimmt. Er ist
ja als Hoherpriester der Opfernde; Er erneuert
seine Opferhandlung, indem Er Seine Erlösertat
der göttlichen Majestät lebendig vergegenwärtigt
(“repraesentat”, sagt das Konzil von Trient).
Wer nun durch die Gnade der Beschauung bei
der hl. Messe Augen‑ und Ohrenzeuge der
Passionsliturgie wird, nimmt das innere,
sakramentale Geschehen so wahr, wie es historisch
zum ersten Mal am Karfreitag vor sich ging.
Er sieht die historischen Orte, die historischen
Personen, die historischen Handlungen in
der damaligen Zeit.
Die hl. Messe ist darum die Erneuerung der
gottmenschlichen Opfertat in der innigsten
Verbindung, in der untrennbaren Einheit
mit den liturgischen Handlungen.
Br. Kostka gehörte zu den Glücklichen und
Begnadeten, welche das Passionsdrama bei
jeder hl. Messe sehen konnten. Durch die
Gnade der Beschauung der äußeren Welt gleichsam
entrückt und mit dem “lebendigen Licht der
Gottheit” ausgerüstet, begleitete er den
ewigen Hohenpriester, wenn Er “jenes blutige
Opfer, das Er einst am Kreuz vollzog” [Konzil
von Trient], nun unblutigerweise sakramental
erneuerte.
Seine kurze Beschreibung ist sehr geeignet,
die geheimnisvollen Vorgänge der hl. Messe
dem Auge des Glaubens aufzuschließen, in
die innere Passionsliturgie einzuführen
und die Gnaden‑ und Segensquellen der hl.
Messe besser kennenzulernen, um Segen und
Heil daraus zu schöpfen.
STUFENGEBET UND INTROITUS
Br. Kostka berichtet:
“Beim Gang des Priesters zum Altar beginnt
bei mir die innere Schau. Ich sehe den Heiland
in menschlicher Gestalt, so wie Er auf Erden
wandelte. Er schreitet dem Priester
mit dem Kreuz auf den Schultern voran,
um anzuzeigen, daß das Kreuzesopfer beginnt.
Zu gleicher Zeit wird die himmlische Mutter
sichtbar. Ihre Anwesenheit macht mir alles
so traut und lieb, weil ich mich so gern
von der Hand der Mutter führen lasse.
Die Priestermutter geht dem Zelebranten
zur Rechten. Zu seiner Linken befindet sich
sein priesterlicher Schutzengel. Diese
Szene ist für mich schon ein ungemein feierlicher
Anblick.
Am Altar angekommen, nehmen Engel das Kreuz
Christi entgegen. Der Heiland steht mit
dem Gesicht zum Priester gewandt auf der
oberen Stufe. Er nimmt das Sündenbekenntnis
entgegen. Nach dem reumütigen Bekenntnis
des Priesters spricht der ewige Hohepriester
den Zelebranten von den Sünden los,
ebenso durch den Mund des Priesters das
gläubige Volk, wenn die Anwesenden in Reue
und Demut ihre Sünden erkennen und bekennen.
Das Confiteor hat einen tiefen Sinn und
die Absolutionsworte werden Wirklichkeit,
sobald die Vorbedingung gegeben ist.
Bei der Einsetzung des hl. Meßopfers hat
Christus alles ungemein weise eingerichtet.
Könnten doch nur alle Gläubigen in der
Kirche sehen, was vor sich geht; wie würden
sie staunen!
Der erste Teil der hl.
Messe bis zur Opferung ist stark auf das
Sündenbekenntnis eingestellt, das Sühnopfer
soll die Heiligung bewirken und bringt
dadurch uns Menschen Gott näher. Die Kirche
hält dem opfernden Heiland die Sündenlast
der ganzen Welt entgegen und fleht um Verzeihung.
In diesem Zeitabschnitt wird mir die Bosheit
der Sünden recht klar, da diese dem Gotteslamm
das Blut auspreßt und ihn zum Leiden, ja
zum Tod für das gefallene Menschengeschlecht
bewogen hat. Die Gerechtigkeit Gottes fordert
für die Beleidigung Sühne und Genugtuung.
Wir Menschen können sie ohne den Heiland
nicht aufbringen. Welch ein großes Werk
ist die Entsühnung der Menschen! Wie schwer
aber ist diese Sühne dem Gottessohn geworden!
VERRAT DES JUDAS
Wenn der Priester
oben am Altar angelangt ist, beginnt die
Passion unseres Mittlers und für mich ihre
Anschauung.
Judas erscheint mit den Schergen, tritt
an den Heiland heran und gibt Ihm den Kuß.
Der Verräterkuß des Judas fällt zeitlich
mit dem Altarkuß des Priesters zusammen.
Nun sehe ich alles, was
vom Heiland im Evangelium geschrieben steht;
alles tritt gegenständlich vor mein Geistesauge,
genau so, wie es sich am Karfreitag abgespielt
hat. Ich sehe den Übereifer des Apostels
Petrus, wie er mit dem Schwert dreinschlägt
und das Ohr des Malchus abschlägt. Es ist
eine recht aufregende Szene, besonders weil
alles in der unheimlichen Nacht beim Fackelschein
noch grauenhafter wirkt. Die Apostel sind
innerlich sehr bewegt und ratlos.
DIE GEFANGENNAHME JESU
Auf die Frage Jesu 'Wen sucht ihr' fallen
die Schergen rücklings zu Boden, gerade
als wenn ein Strahl, vom Herrn ausgehend,
sie niederwürfe. Der göttliche Dulder ergibt
sich nun freiwillig in die Hände der Sünder
und läßt sich binden. Ganz erschütternd
ist für mich immer der tiefere Blick in
das Seelenleben der Bösewichte. In Wahrheit
ist es ja die Hölle, die jene Schergen zum
Handeln antreibt und sie in ihren Leidenschaften
bis zur Grausamkeit aufstachelt. Die
Leidenschaft öffnet dem bösen Feind das
Menschenherz und macht es zum Tummelplatz
der schlimmsten Instinkte.
Die Abführung (Jesu) hat etwas sehr Unheimliches.
Keiner traut eben dem anderen. Die Menschenfurcht
hält alle in Bangigkeit hin und hindert
die Bösewichte, offen ihre wahre Gesinnung
zu äußern. Der Zug mit dem armen Gefangenen
durch die Straßen ist recht geräuschvoll
und lärmend. Viele Leute eilen erschreckt
aus ihren Häusern, um sich nach diesen Ereignissen
zu erkundigen. Ich sehe auch, wie manche
Leute Kinder auf den Armen tragen. Die Pharisäer
haben viel Arbeit. Sie drängen da und dort
die sich ansammelnden Männer zurück, bestechen
andere und treiben immer wieder die Schergen
an, den Herrn zu Annas zu bringen, und zwar
so rasch wie möglich.
Eine unendliche Fülle
von Bildern tritt vor mein Auge.
Ich sehe die Straßen, die anliegenden Häuser,
die Konstruktion der runden Bogen, die Kleidertracht
der damaligen Zeit. Aber diese äußeren Dinge
fesseln mich nicht stark. Meine ganze Aufmerksamkeit
und mein Interesse ist auf den leidenden
Heiland gerichtet.
VERHÖR BEI ANNAS
Annas ist seit langem
als die Seele der Verschwörung
mit großer Bosheit und Erbitterung tätig
gewesen. Jesus wird gebunden vor diesen
leidenschaftlichen Menschen geführt. Gleichgesinnte
böse Juden sitzen Annas zur Seite. Ich sehe,
wie der Haß diese Bösewichte eint und andererseits
auch wieder wegen der Verschiedenheit der
Auffassung innerlich zerreißt und entzweit.
Damals war es so, wie es auch heute noch
ist.
Annas hat beim Anblick
des so ganz verunstalteten Herrn sehr große
Schadenfreude. Er sprüht förmlich vor Wut
und überschüttet den Heiland mit einer
Flut von Fragen. Lange Zeit gibt Christus
keine Antwort, obwohl Er zur Antwort aufgefordert
wird und von den Schergen, diesen Augendienern,
durch Stoßen und Zerren zum Reden gebracht
werden soll. Er hat keinen ruhigen Augenblick.
Nicht nur die bösen Menschen sind gegen
Ihn losgelassen, sondern in dieser Stunde
der Finsternis auch die ganze Hölle.
Bei diesem Drängen, um eine Antwort zu erpressen,
schlägt ein verkommener Diener mit einem
eisernen Handschuh dem Herrn ins Gesicht.
Dieser Backenstreich war für unseren
lieben Meister nicht nur eine große Schmach,
sondern auch sehr schmerzlich. Das
Blut rinnt Ihm von der Wange. Ich habe bei
diesem Anblick und der Betrachtung dieser
Vorgänge viel Mitleid mit dem Erlöser. Es
scheint, daß diese Mißhandlung einer der
schmerzlichsten Augenblicke war, den der
Unschuldige in der Nacht leiden mußte. Er
fiel auch noch zu Boden, weil die Schergen
unter höhnischem Lachen den Gebundenen so
schlimm herumzerrten, daß Er sich nicht
aufrecht halten konnte. Trotzdem blieb
der starke Gottesstreiter sanft und gelassen.
Er war ohne Groll und ohne jede Bitterkeit,
als man Ihn verlachte und sich über Ihn
lustig machte, weil Er durch das herabfließende
Blut so ganz entstellt war. Viele Anklagen
von Seiten der Bösewichte wurden noch dem
Herrn entgegengehalten, auf die Er aber
keine Antwort gab.
Annas hatte keine Macht über Jesus. Ärgerlich
und widerwillig und doch wieder in Schadenfreude
erregt, läßt er - halb zufriedengestellt
- den Unschuldigen in später Nachtstunde
zu Kaiphas bringen.
JESUS BEI KAIPHAS
Im Haus des Kaiphas ist ein großer, geräumiger
Saal, ziemlich quadratisch. In ihm kommt
das Synedrium zusammen. Da haben nicht nur
die 70 Ratsmitglieder, sondern noch mehr
Leute Platz. Der Hohepriester hat seinen
Sitz in der Mitte des Saales auf einem etwas
erhöhten Platz. Um ihn herum, etwa in einem
Halbkreis, sitzen die Schriftgelehrten,
Ratsherren und Pharisäer. Es dürften schätzungsweise
mehr als 50 Männer in jener Nacht versammelt
gewesen sein. Auch Nikodemus und Joseph
von Arimathäa waren anwesend.
Kaiphas ist ein Mann
von mittlerer Größe und kräftigem Körperbau.
Er hat den Vorsitz und hat seine hohepriesterliche
Amtskleidung angelegt, mit dem Brustschild
(Ephod), auf dem die Namen der 12 Stämme
Israels in ebenso vielen Steinen eingraviert
sind.
(Br. Kostka fragt hier etwas unsicher, ob
diese Inschriften etwa die 10 Gebote seien).
DAS ZEUGENVERHÖR
Das Zeugenverhör, das als Mittel der Verurteilung
ausgedacht war, nahm lange Zeit in Anspruch
und brachte ein großes Durcheinander. Weit
über ein Dutzend käuflicher und charakterloser
Männer war erschienen, um gegen die Wahrheit
mit ihren Einfällen und Lügen anzugehen.
Oft traten Pausen ein,
weil im Hohen Rat Besprechungen stattfanden.
Oft entstanden leidenschaftliche Diskussionen,
sowohl der Ratsherren unter sich als auch
der Pharisäer mit den Zeugen. In großer
Eile zusammengeholt, konnten diese Männer
gar nicht erst ausgefragt werden, was für
Klagen sie eigentlich hatten. So kam es
denn, daß die Aussagen der vorausgehenden
Zeugen den Behauptungen der Nachfolgenden
schnurstracks widersprachen und als Lüge
entlarvt wurden. Die Komödie wurde immer
offenbarer und durchsichtiger. Sie verstimmte
am Ende alle.
DAS MESSIAS‑BEKENNTNIS DES HEILANDES
Kaiphas war mehr als andere durch den Wirrwarr
verärgert und suchte nach einem Ausweg.
Mit großem Nachdruck richtet er nun an den
Herrn die Frage und die Beschwörung,
Er solle sagen, ob Er Christus und Gottes
Sohn sei. Es entstand in diesem Augenblick
eine große Stille. Alle fühlten die Bedeutung
dieser Frage und schauten gespannt auf Jesus,
der geduldig vor ihnen stand, die Augen
zur Erde gesenkt.
Bei dieser Beschwörung nun schaute der Heiland
auf. Er blickte dem Hohenpriester fest ins
Auge und erklärte ganz feierlich und mit
kräftiger Stimme, ja mit einer ganz eigenen
Majestät in seiner Haltung: 'Ja, Du sagst
es! Ich bin es. Von jetzt an werdet
Ihr den Menschensohn zur Rechten des Allmächtigen
sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen
sehen.'
Von der Person des
Herrn gehen zu gleicher Zeit Strahlen der
Gnade und Erleuchtung aus.
Christus wollte durch Seine Worte, Seine
Erleuchtung und Sein Gnadenangebot alle
zum Nachdenken zwingen.
In der Tat hatte das
Messiasbekenntnis unseres Herrn eine ungewöhnliche
Wirkung.
Über manche der Anwesenden kam Sorge, Angst
und Bangigkeit. Sie wurden erschüttert und
fühlten die Sprache des Gewissens. Die
Sache kam ihnen sehr peinlich vor. Diese
Verantwortung wollten sie nicht übernehmen.
Einige verließen, tief in sich gekehrt,
den Saal. Die seelische Erschütterung
bei einer Reihe von Anwesenden war sicher
nicht geringer als die Erschütterung jener,
die am Ölberg zu Boden geworfen wurden.
Das Machtwort Christi war im Saal eben noch
majestätischer und durchdringender. Das
Wort Gottes war wie ein zweischneidiges
Schwert; es war lebendig und durchdrang
die Seele.
Die ganze Hölle fühlte die Wirkung dieses
Machtwortes Christi. Die Teufel, die
im Saal anwesend waren, verstummten im Augenblick.
Diese Antwort Christi, die sie wie ein
Todesstoß traf, hatten sie nicht erwartet.
Sicher hätten sie die Frage des Kaiphas
verhindert, wenn sie nur eine Ahnung von
dieser Wirkung gehabt hätten. Die göttliche
Vorsehung war es selbst, die den Hohenpriester
zu dieser Fragestellung getrieben hatte.
Es mußte alles so kommen, weil es die göttliche
Vorsehung genau so wollte. Nach dem ersten
Schrecken suchten die Teufel ihre Niederlage
wieder auszuwetzen. Ihr Stolz bäumte sich
ungeheuer auf; sie waren wie rasend, liefen,
meinem geistigen Auge sichtbar, wie schwarze
und scheußliche Tiergestalten unruhig hin
und her und stachelten die Leidenschaften
der Verkommenen von neuem an. Bei Kaiphas
hatten sie ein leichtes Spiel. Dieser
war ein Halbdämon und in Sünden und Verblendung
festgebunden. Sie lassen ihn in jenem
Augenblick ihre Verachtung fühlen. Es war
gerade, als wenn sie ihn strafen wollten,
weil er eine in ihren Augen so dumme Frage
gestellt hatte.
Der Anblick dieser höllischen
Geister ist sehr furchtbar und aufregend.
Wenn die Nähe Jesu nicht die Seele ruhig
hielte, würde man lange an diesem Schrecken
tragen. Furchtbar ist es sodann, sehen zu
müssen, wie die Teufel in solch entscheidenden
Momenten die Menschen knechten, aufstacheln,
überreden und die höllische Wut in sie hineintragen.
In jener Nacht kostete es sie viele Mühe,
ihre Sündenherrschaft über die Bösen zu
behaupten, weil sich immer wieder manche
ihrem Einfluß zu entziehen trachteten und
keinen Mut fanden, gegen Jesus bis zum Äußersten
zu gehen.
DAS TODESURTEIL ÜBER JESUS
In diesem Moment der
Unsicherheit griff Kaiphas ein, um durch
sein energisches Auftreten die Schwankenden
wieder umzubiegen. Er zerriß sein Oberkleid,
oben an der Brust, so daß ein langer Riß
in dem feingewebten Stoff entstand. Dabei
erhob er sich von seinem Sitz und sprach
mit lauter, aufgeregter Stimme: `Er hat
Gott gelästert.' Er wandte sich sowohl seitwärts
an die Ratsherren als auch an die anderen
Anwesenden und fragte mit
aufgeregter, zitternder Stimme:
'Habt ihr nun die Gotteslästerung nicht
selbst gehört?' Es folgte rasch Satz auf
Satz, ohne Unterbrechung. Sein ungestümes
Drängen und die neue Frage: `Was dünkt euch?'
reißt zuerst die erbitterten Gegner Jesu
mit fort, jene, die bereits verhärtet waren,
dann auch die anderen. Eine kurze Stille
wurde bald unterbrochen durch die Erklärung:
`Er ist des Todes
schuldig!'
Christus ist gesetzt
zur Auferstehung, aber auch zum Fall für
viele.
Jene, die sich gegen die Gnade auflehnten,
wurden am tiefsten in den Abgrund der Bosheit
hinunter gedrückt. Der Fall war in jener
Stunde am schlimmsten. Sie rissen nun auch
andere, schwächere Seelen nach sich, die
etwas furchtsam schwankten. Der Ruf im Chor
wurde immer stärker, nicht nur von jenen,
die aus Überzeugung und aus Bosheit den
Herrn zu vernichten suchten, sondern auch
von den anderen, die mehr aus Menschenfurcht
mitmachten und den Ruf verstärkten: 'Er
ist des Todes schuldig!'
Der triumphierende Stolz kam scheinbar auf
seine Rechnung und zum Ziel. Er wollte eben
dem Herrn aus Haß alle nur mögliche Schmach
antun. Der Vernichtungswille wollte das
Lebens‑ und Erlösungswerk Christi moralisch
vollständig vernichten. Alle Seine Wunder,
alle Lehren, alle Wohltaten sollten in Vergessenheit
gebracht werden. Man wollte den Herrn dem
Spott, der Verachtung, dem Kopfschütteln
der Gegenwart und der Zukunft preisgeben.
Rein nichts sollte von Ihm übrigbleiben.
Die aufgestachelte Wut und Leidenschaft
wollte den Herrn auch physisch töten und
in einer Weise aus der Welt schaffen, daß
niemand ohne Erröten und Scham von Ihm sprechen
könne. Und trotzdem waren alle Feinde Christi
wie in Ketten geschlagen und ärgerten sich
sehr, daß sie den Herrn nicht aus eigener
Macht töten konnten. Sie ärgerten sich,
daß sie vom römischen Landpfleger abhängig
waren, ärgerten sich, weil der Heiland im
Volk so viele Anhänger hatte, und weil es
so schwer war, einen so mächtigen Propheten
mit Seinem ganzen Lebenswerk abzutun.
Die hl. Schrift berichtet drei verschiedene
Verspottungen: Erstens die Verspottung
in der Nacht bei Kaiphas [Mt 26,67‑68, Mk
14,65 und Lk 22,63‑65]. Die zweite Verspottung
geschah morgens in verschärfter Form bei
der Dornenkrönung [Mt 27, 27‑30, Mk 15,16‑19
und Joh 19,2‑3]. Die dritte, allerschlimmste
und allerschmerzlichste Verspottung mußte
Christus sterbend am Kreuz hinnehmen, als
Er nicht nur von Soldaten, sondern auch
von den Hohenpriestern und der umstehenden
Männerwelt aufs tiefste gekränkt und verspottet
wurde [Mt 27,39‑43, Mk 15,29‑32; Lk 23,35‑37].
DIE VERSPOTTUNG
Man wird nicht leicht
einen Maßstab finden, um die Größe des Schmerzes
und der Schmach zu ermessen, die Jesus schon
in jener Nacht vor Anbruch des Morgens erduldet
hat. Die Verspottung hat in Jesu heiliger
und empfindsamer Seele die tiefsten Wunden
aufgerissen. Schon das Vorgefühl der
Verspottung war Ihm so schmerzlich, daß
Er die Verhöhnung zum Gegenstand der Voraussage
machte: 'Sie werden Ihn den Heiden zum Spott
und zum Hohn ausliefern.'
[Mt 20,19]
Wer die widerlichen Spottszenen in jener
Nacht auch nur mit einem ganz flüchtigen
Blick gesehen hat, der versteht, warum unser
Herr und Heiland in Seinen Vorhersagen
gerade die Verspottung der Heiden mit aufgenommen
hat. Nach dem lauten Rufen 'Er ist des Todes
schuldig' hielt Kaiphas Besprechungen mit
Einzelnen und manchmal mit größeren Gruppen.
Er war nicht immer im Sitzungssaal, sondern
verließ ihn öfter. Den Heiland übergab er
den Schergen.
Die Verspottung ging
von den rohen Henkersknechten aus. Diese
sollten ihren hohen Herrn zu Gefallen sein
und im Einklang mit dem Todesurteil schon
die Vorarbeit leisten. Die Verspottung
durch diese Blutmenschen hat lange Zeit
in Anspruch genommen. Man sollte es
wirklich nicht für möglich halten, daß der
Mensch so tief in den Abgrund sinken kann.
Wie stark muß die rohe Leidenschaft aufgepeitscht
sein, wenn ein mit Vernunft begabter Mensch
Freude und Genugtuung empfindet und alles
edle Empfinden vergessend einem Unschuldigen
Schmerz bereitet und sich sogar am Schmerz
weidet.
DIE KÖRPERLICHE MISSHANDLUNG
Die bestialischen Menschen versetzen dem
Herrn starke Faustschläge. Am liebsten
hätten sie Ihn gleich totgeschlagen. Sie
mißhandeln den Heiland mit Fußtritten
der rohesten Art. Dabei nimmt das Stoßen,
Zerren und Reißen gar kein Ende. Sie gebrauchen
auch eigene Instrumente zum Schlagen und
Stoßen, so daß der Schmerz immer empfindlicher
wird. Sie speien dem Reinen ins Antlitz,
und zwar nicht nur das eine und andere Mal,
sondern nach Pausen immer wieder aufs neue.
Das Haupt und das Gesicht sind schließlich
ganz entstellt, und keine Schönheit ist
mehr an Ihm. Dieser jämmerliche Anblick
erregt jedoch nicht das geringste Mitleid
in den rohen Henkersknechten. Im Gegenteil,
die Entstellung reizt die Leidenschaft zu
erhöhten Wutanfällen und Erfindungen der
Bosheit. Kaiphas, der hie und da in den
Sitzungssaal tritt, stachelt die Bosheit
der Blutmenschen noch mehr an.
Zu den körperlichen Leiden kommen die
seelischen Martern, die durch den Hohn
und Spott niedrigster Art furchtbar sind.
Ohne das Treiben der anwesenden Teufel wären
gewöhnliche Menschen sicher nicht auf all
die Erfindungen satanischer Bosheit verfallen.
Die Schmähungen, Verwünschungen, Gotteslästerungen
nahmen gar kein Ende und ergossen sich
wie ein Strom von Unrat in die Seele des
reinsten und unschuldigen Gotteslammes.
Die Lehren Jesu werden verdreht, und manche
Worte wurden zu Spottversen umgebildet.
Es ist kaum zu begreifen, wie diese gemeinen
Henker auf all jene Verhöhnungen verfallen
konnten. Sie verhüllten auch mit schlechten,
unreinen Lumpen das Angesicht unseres Herrn
und sprachen hohnlachend: 'Wer hat Dich
geschlagen?'
Die Widerwärtigkeit der Szene ist kaum anzusehen.
Es verläßt daher auch eine Reihe von Menschen
den Saal: die rohe Grausamkeit trieb sie
hinaus. Sie besprechen sich und erklären,
wie aus einem Mund, das gehe nun doch viel
zu weit. Sie wollten nichts mehr mit dieser
Sache zu tun haben.”
Einige Seiten der Aufzeichnungen
sind bei dem Umzug von St. Wendel verloren
gegangen.
Da nun auch das handschriftliche Original
durch den Krieg zugrunde ging oder wenigstens
nicht mehr zu finden ist, kann die Lücke
hier nicht ausgefüllt werden. So fehlt z.B.
die Leidensszene über die Verleugnung des
Apostel Petrus.
TAGESGEBET UND LESUNG -
GANG ZU PILATUS UND HERODES
Br. Kostka: “Am frühen Morgen geht Kaiphas
mit dem Hohen Rat zu Pilatus. Der Zug mit
dem leidenden Heiland ist recht lärmend:
Das Ungewöhnliche zieht viele Menschen auf
die Straße, die sich in Neugierde erkundigen,
in Gruppen stehen bleiben und den Zug zum
Gegenstand ihres Gesprächs machen. Ich sehe
viele Übelwollende, aber auch mitleidige
Seelen.
Der ganze Troß der jüdischen Magnaten ist
voller Ärger, weil sie in der Nacht wegen
des Widerspruchs der Zeugen nicht zum Ziel
kamen. Sie lassen nun ihren Verdruß am Herrn
aus, treiben die Büttel an, drängen sich
bisweilen zwischen die Gruppen der Neugierigen
und peitschen alle auf. Traurig ist das
Bild, wie der Unschuldige von den Henkersknechten
so hin‑ und her gezerrt wird, der in der
gebundenen Haltung wehrlos ausgeliefert
ist. Ohne es zu wissen, werden alle jene,
die so stürmisch mit Fluchen, Poltern und
Schimpfen vorandrängen, von der Hölle angetrieben
und dirigiert.
BEI PILATUS
Nachdem der Zug bei Pilatus angelangt und
die Sprecher ihre Anklagen vorgebracht haben,
bespricht sich Pilatus allein mit dem Herrn.
Der römische Landpfleger ist ein ruhiger
Mann, anscheinend in reiferen Jahren, vielleicht
zwischen 50 und 60. Von seinen Soldaten
umgeben, beherrscht er anfangs noch die
ganze Lage. Im Verhör, das zwischen Pilatus
und unserem Heiland stattfindet, wird die
Königsfrage besprochen, wie es die hl. Schrift
ausführlich berichtet. Die ganz überlegene
Ruhe und Geduld des angeklagten Herrn macht
auf den römischen Soldaten einen sehr tiefen
Eindruck. Pilatus ist gegen Christus
nicht übelwollend, wohl aber scheu; er hat
eine unheimliche Angst vor diesem Mann,
von dem er schon so vieles gerüchteweise
gehört hatte. Den König, der ein Reich nicht
von dieser Welt hat, fürchtet er nicht.
Er ist von seiner Unschuld überzeugt
und ahnt, daß ein Mann ungewöhnlicher Art
vor ihm steht. Wäre es auf ihn allein
und persönlich angekommen, er hätte Christus
sofort auf freien Fuß gesetzt. Es steigt
schon bei diesem ersten Zusammentreffen
ein starker Ärger und Verdruß gegen die
Juden in dem Herzen des Landpflegers auf
und äußert sich bald in einem etwas gereizten
Ton gegen die jüdischen Wortführer.
Dieser gereizte Ton und die ausdrückliche
und offene Erklärung des obersten Verwaltungsorgans
'ich finde keine Schuld an diesem Menschen'
bringt die Juden in die größte seelische
Erregung und Wut. Die Feinde Christi sehen
sich ferner denn je vom Ziel, fühlen ihre
Niederlage und ärgern sich über die öffentliche
Blamage. Im ersten Augenblick rufen alle
wirr durcheinander.
TIEFERER BLICK IN DIE SÜHNELEIDEN JESU
Die äußeren Vorgänge sind nicht jene Dinge,
die mich am meisten fesseln. Aber da ich
sie nun schon lange, etwa 40 Jahre, bei
jeder hl. Messe sehe, sind sie mir geläufig
und verständlich. Am meisten wird mein
Geist hingehalten und in Mitleid ergriffen
durch die seelischen Leiden Jesu, die wirklich
unaussprechlich sind. Dieser tiefere
Blick in das große Drama des Leidens und
Sühnens ist oft ganz erschütternd. Die wilden
Anklagen, die Verstocktheit und Bosheit
des auserwählten Volkes, die Lügen und
der Stolz dringen wie Pfeile auf den Herrn
ein. Die Wahrheit, ja die persönliche Wahrheit
wird zu Boden getreten, und die Lüge triumphiert;
das ist es, was dem Herrn am meisten schmerzt.
Für alle diese Lügen, für die Bosheit, Verkehrtheit
und Verstocktheit der Menschen büßt der
arme Heiland und bietet dem himmlischen
Vater Seine Leiden als Ersatz an. Er
büßt für alle Zeiten und für alle Lügen,
Unwahrhaftigkeit und Verstellung der geblendeten
und irregeleiteten Bösewichte. Er büßt
für die Menschenfurcht, die so oft in
der Geschichte Anlaß und Ursache der ungerechten
Urteile ist und des namenlosen Schmerzes,
das die Ungerechtigkeit im Gefolge hat.
Wie ungemein schmerzlich berührt die Erkenntnis
des Unrechts, der Gefallsucht, der verlogenen
Schöntuerei und Rechtsbeugung? Würde der
Heiland nicht von der Gottheit getragen
und geleitet, Er könnte diesen unaussprechlichen
Ansturm der Bosheit nicht aushalten und
würde erliegen.
JESUS BEI HERODES
Pilatus hatte Weisung gegeben, den angeklagten
Galiläer zu dessen unmittelbaren Vorgesetzten
zu führen. Der Gang zum Palast des Herodes
wurde ein neuer Kreuzweg voller Bitterkeit,
denn unterwegs peinigte man den Herrn auf
alle nur mögliche Weise. Es war die Wut
und der Haß der Juden angestachelt und die
Leidenschaften wurden immer tiefer aufgewühlt;
sie wollten sich sättigen an ihrem Opfer,
das so schuldlos alles Ungemach hinnahm.
Herodes ist
von mittelgroßer, gedrungener Gestalt; er
hat einen kräftigen Körperbau. Im Werturteil
der Welt ist er der 'beste Mensch', d.h.
er ist ein Weltkind und den Weltfreuden
und der Eitelkeit ergeben. Er ist in
Sünden verstrickt, weil er die Gnade abwies
und die Frau seines Bruders zur Ehe genommen
hatte. Die Unbußfertigkeit und die Verstocktheit
hinderte ihn, dem Herrn geistig nahe zu
kommen und diese Verstricktheit hinderte
auch unseren Herrn, ihn in Gnaden anzunehmen.
Ohne Buße und Reue gibt es eben keine Verzeihung
und keine Aussöhnung mit Gott. Herodes fühlte
sich durch das Entgegenkommen des römischen
Landpflegers sehr geehrt. Er kam in eine
ganz erregte Stimmung, war sehr geschäftig
und machte sich in seiner königlichen Großmannssucht
recht wichtig.
Herodes war dem Heiland
nicht übel, sondern wohlwollend. Für sein
Leben gern hätte er von ihm ein Zeichen
und Wunder gesehen, und drängte ihn anfangs
auch, vor seinen Augen ein Wunderzeichen
zu wirken. Weil aber der Scheinkönig
Herodes mit der Frau seines Bruders in Sünde
lebte, würdigte der reine Gottessohn den
verstockten Sünder auch nicht eines einzigen
Wortes. Ebenso beantwortete Christus
nicht seine Fragen. Das verdroß den Vierfürsten
gar sehr; er fühlte heraus, daß Jesus ihn
mit Verachtung behandle und strafen wolle.
Nun suchte er Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
Verurteilen aber wollte er den Herrn nicht;
teils, weil er sich gegen den römischen
Landpfleger erkenntlich zeigen wollte,
teils auch aus einer geheimen, inneren
Scheu heraus. Die Enthauptung des Vorläufers
hatte ihm ohnehin manche, bange Stunde gekostet,
und er glaubte sein Gewissen nicht noch
mehr beschweren zu dürfen.
VERSPOTTUNG DES HERRN
Herodes ließ Jesus in
einen Vorbau führen, ein weißes Spottkleid
überwerfen und gab ihn den Henkersknechten
und Soldaten der Leibwache preis. Er sah
dem Treiben eine Zeitlang zu und behandelte
die ewige Weisheit in Menschengestalt wie
man einen Narren und Toren behandelt. Er
wollte es den Heiland fühlen lassen, weil
Er auf seine überschwenglichen Formen und
Worte nicht reagierte. Die Verspottung und
Mißhandlung des unschuldigen Gotteslammes
war bisweilen so stark, daß der Heiland
in ein leises Wehklagen ausbrach. Auf dem
Rückweg zu Pilatus wurde die Verhöhnung
fortgesetzt und dem zarten Herzen immer
neue Wunden geschlagen. Jeder kann es sich
ja selbst vorstellen, wie ihm zumute wäre
und wie er seelisch leiden würde, wenn er
mit einem Spottkleid durch eine Großstadt
geführt würde.
Bei Herodes muß der
arme Heiland vor allem die Sünden des Ehelebens
sühnen.
Ein großer Sündenkomplex liegt hier vor,
der sich auswirkt in den Nachkommen, in
Uneinigkeit und Zerrissenheit der geschiedenen
und verstoßenen Gattinnen. Der geistige
Blick dringt tiefer ein und erschauert vor
diesen Greueln, vor dem inneren Zusammenhang
der Sünde und den furchtbaren Folgen.
Jesus duldet schweigsam. Er ist etwas gebückt
und ganz in sich gekehrt; Er betet viel
und sühnt mit Hingabe an die Qualen. Er
erbarmt sich der Kinder, die in den zerrissenen
Familien so bitter leiden müssen. Die Wollust,
Weichlichkeit, die verkehrte Liebe der Leidenschaft
und sittlichen Verirrung muß nun in Schmerz,
Strenge und Bitterkeit vor Gott gesühnt
werden. Was hat doch die Erlösung aus den
Sünden unseren Herrn alles gekostet! Und
wie wenige zeigen sich dem Erlöser für
seine Opfer dankbar und erkenntlich!
Nun sind
Jesu Wunden Balsam und Trost für Seelenleid
und Herzenswunden,
die durch Eifersucht und Verirrung der Liebe
geschlagen werden; immer dann, wenn jemand
sich in Vertrauen in die Wunden Jesu flüchtet,
empfängt er die geistige Medizin aus dem
göttlichen Herzen.”
EVANGELIUM UND CREDO
RÜCKKEHR DES HERRN ZU
PILATUS -
DAS VOLK VERLANGT JESU TOD
Br. Kostka: “Nach der Ankunft Christi
bei Pilatus erkannte dieser noch mehr
als vorher die Unschuld des Angeklagten,
da auch Herodes nichts gegen Ihn unternommen
hatte. Es reifte in ihm der Entschluß, den
unschuldig Verfolgten freizugeben. Pilatus
stand höher oben auf einer Terrasse und
erklärte dem zusammenströmenden Hohen Rat,
daß weder er, noch Herodes eine Todesschuld
gefunden hätten; er wolle also ihren Wundertäter
freigeben. In dieser Suche nach einem
Ausweg kam Pilatus auf den Gedanken, von
seinem Recht Gebrauch zu machen und an Stelle
eines anderen Menschen Jesus freizugeben.
Damals war der berüchtigte, rohe und verkommene
Barabbas im Gefängnis. Derselbe war gefürchtet,
weil er in einem Aufstand einen Menschen
getötet hatte. Pilatus setzte voraus und
nahm als sicher an, daß das Volk bei einer
solchen Gegenüberstellung Jesus, den großen
Wundertäter, begehren werde. Er sandte sofort
zum Gefängnis, um diesen Verbrecher holen
zu lassen. Aber sofort setzte auch die
Wühlarbeit der Pharisäer unter dem Volk
ein. Ich sehe eine sehr lebhafte Szene;
es ist, als wenn alle eine feste Losung
weitergäben. Der böse Feind aber übernimmt
die Hauptrolle, fährt in die Menschen hinein
und stachelt sie zur Wut und Rache an.
In diesem sehr kritischen Moment sehe ich,
wie Claudia, die Gemahlin des Pilatus
mit großer Kühnheit und Sicherheit vortritt
und ihre Warnung anbringt, so wie es
im Evangelium berichtet wird. Durch die
mutige Haltung seiner Gattin läßt sich Pilatus
wirklich beeinflussen und verspricht
ihr die Freilassung; ja er gibt ihr
sogar ein Pfand; er werde sein gegebenes
Wort halten.
Inzwischen wird der Bandit Barabbas vorgeführt.
Er wird neben den Herrn gestellt, der größer
ist als der Übeltäter, aber eine etwas gebückte
Haltung einnimmt. Barabbas hat einen struppigen
Bart und ein wildes, verkommenes Aussehen;
er macht einen ganz unheimlichen Eindruck.
Hätten der Hohe Rat und die Pharisäer das
Volk nicht aufgewiegelt und mit Geld bestochen,
so hätte dasselbe, das sich unten in der
Vorhalle herandrängte, sicher Jesus begehrt,
den es als Wundertäter kannte. Aber die
Verhetzung und Bestechung hatten das scheinbar
Unglaubliche zustandegebracht.
Auf die Frage des Landpflegers, wen er freigeben
solle, entstand eine furchtbar aufgeregte
Szene. Mit stärkster Stimme, die vor Wut
zittert, rufen die Pharisäer den Namen:
Barabbas'. Andere Stimmen, weiter im
Hintergrund rufen ebenso. Immer mehr aus
dem Volk werden durch das laute Rufen gegen
den Herrn gestimmt und erliegen der Beeinflussung
durch die Masse, die alle mit sich reißt.
Einige Mitleidige, die dort stehen, verlieren
allen Mut und niemand wagt in diesem Tumult,
seine Stimme für den Unschuldigen einzusetzen.
Pilatus ist über diese Wendung ungemein
erstaunt und wird verwirrt. Von seinem Gewissen
gedrängt, will er sich für den Herrn einsetzen
und ruft nach einer Pause: 'Was soll ich
denn mit Jesus machen.' Alle rufen, wie
aus einem Mund und doch wieder im Durcheinander:
'Kreuzige ihn!' Wiederum läßt sich
Pilatus vernehmen: `Was hat er denn Böses
getan?' Das Rufen wird noch anhaltender
und immer schrecklicher: 'Ans Kreuz mit
ihm!'
BLICK IN DAS SÜHNELEIDEN JESU
Der Schmerz Jesu ist unbeschreiblich groß.
Wir Menschen können ihn nicht verstehen,
weil wir bis zu einem solchen Abgrund der
Verworfenheit nicht dringen. Es hat dem
Erlöser sehr weh getan, daß er einem Mörder
nachgesetzt wurde und daß es noch das auserwählte
Volk war, das seinen Gott verwarf. Es
verlangte unschuldiges Blut und obendrein
einen grausamen Tod. Jesus hat ein feinfühlendes
Menschenherz und litt unaussprechliche
Pein in seiner Seele bei dieser undankbaren
Behandlung.
DER GÖTTLICHE DULDER
Himmel und Hölle ringen miteinander. Die
Barmherzigkeit und die Gerechtigkeit Gottes
begegnen sich. Doch die Barmherzigkeit
geht über alle Seine Werke, und sie siegt.
Aber sie siegt nur um den Preis unendlicher
Leiden des göttlichen Dulders. Der Heiland
verlangt nach der Rettung der unsterblichen
Seelen und sieht in den Leiden die Mittel,
um der göttlichen Gerechtigkeit genugzutun.
Er nimmt alle Schmach, alle nur möglichen
und denkbaren Schmerzen auf sich aus Liebe
zu Seinem Vater und aus Liebe zu den Seelen.
Für uns Menschen ist es ganz unmöglich,
diese Hingabe Gottes an das Leiden zu verstehen
und zu würdigen. Es kränkt Ihn auch bitter,
daß man dem Zeugnis Seiner Wahrheit kein
Gehör schenkt, daß man Sein Messiasbekenntnis
mit der Todeserklärung beantwortet, daß
man Seine Königswürde in den Staub zieht.
Er leidet mit einer unglaublichen Geduld.
Er bleibt ruhig, ist nie verbittert, stößt
keine Drohung aus, schmäht nicht. Er ist
nur darauf bedacht, wie Er durch die Hinnahme
der Leiden Gott versöhnt. Könnten die Menschen
dieses hehre Schauspiel, die Geduld und
die Hingabe Christi an das Leiden doch einmal
sehen! Wieviel könnten sie daraus für die
geduldige Annahme der täglichen Widerwärtigkeiten
lernen.
Ohne die Hilfe der
Gottheit wäre auch die Menschheit Christi
unterlegen und zusammengebrochen.
Aber die Gottheit hält sie aufrecht, nicht
aber so, daß dem Heiland die Schmerzen erspart
werden oder weniger fühlbar sind. Bis auf
die Hefe muß Er den Leidensbecher leeren.
Freilich wird der gute Heiland in diesem
Leiden sehr gestärkt und auch getröstet.
Er sieht, wie viele Heilige, durch Sein
Leiden ermuntert, ebenfalls heroische Tugenden
üben und mit Ihm über die Sünde und
die böse Welt triumphieren. Er sieht
ferner, wie so viele gerettet werden
und an Seiner ewigen Freude teilnehmen.
Er sieht, wie Er dem ewigen Vater unendliche
Freude bereitet. Es ist ein teurer Preis,
aber auch ein großer Gewinn, die sich ausgleichen.
Der Gottesstreiter steht dort wie ein Held,
vor dem sich die Hölle fürchtet. Er steht
aufrecht wie ein Held, der sich rüstet,
um den Gottessieg zu erkämpfen. Der Anblick
des leidenden Gottessohnes hat auch mir
die Leiden und Bußübungen leicht gemacht.
Ohne den inneren Blick auf den leidenden
Gottessohn hätte ich die vielen Bußübungen
nicht auf mich nehmen können. Die Liebe
macht alles leicht. Jetzt freue ich
mich.”
Die erwähnten Einzelheiten der Passion erneuern
sich nach den Angaben von Br. Kostka während
der Vormesse/Wortgottesdienst genau in der
Reihenfolge, wie sie von der hl. Schrift
berichtet werden:
Kuß des Judas und die Gefangennahme [Mt
26,47f., Mk 14,43‑49, Lk 22,47‑53].
Flucht der Jünger Mk [14,50‑52].
Das Verhör durch Annas [Joh 18,12‑14, 19‑23].
Die Verhandlungen vor Kaiphas [Mt 26,57,
Mk 14,53, Lk 22,54, Joh 19,24].
Widerspruchsvolle Zeugenaussagen [Mt 26,59‑61,
Mk 14,5559].
Messiasbekenntnis mit den Auswirkungen [Mt
26,62‑64, Mk 14,60‑62].
Todesurteil durch das Synedrium [Mt 26,65‑66,
Mk 14,63‑64].
Verspottung durch die Schergen [Mt 26,67
ff., Mk 14,65, Lk 22,63‑65].
Verleugnung durch Petrus [Mt 26,69‑75, Mk
14,70‑72, Lk 22,59– 62, Joh 18,25‑27].
Morgenverhör vor dem Hohenrat [Mt 27,1,
Mk 15,1, Lk 22,6671].
Überführung des Herrn zu Pilatus [Lk 23,2;
Joh 18,29‑32]. Anklage vor dem römischen
Landpfleger [Mt 27,11; Mk 15,2; Lk 23,3;
Joh 18,33‑38].
Überführung zu Herodes [Lk 23,6‑12].
Rückkehr zu Pilatus, Versuch der Freilassung
[Lk 23,13‑17; Mt 27,15‑18; Mk 15,6‑10; Joh
18,39].
“Es ist ein und dasselbe Opfer, das in der
hl. Messe vollzogen wird und das am Kreuz
dargebracht wurde, wie es auch nur ein und
dieselbe Opfergabe ist, nämlich Christus,
unser Herr, welcher sich auf dem Altar des
Kreuzes nur einmal in blutiger Weise geopfert
hat. Denn die blutige und die unblutige
Opfergabe sind nicht zwei Opfergaben, sondern
nur Eine, deren Opfer täglich in der Eucharistie
erneuert wird, wie der Herr geboten hat:
'Tut dies zu Meinem Andenken !' “ [Röm.
Katechismus II. Teil, Kap. IV,76]
DIE OPFERUNG –
DIE LITURGISCHEN HANDLUNGEN
Offertorium (Opferungsgebet),
Darbringung des Brotes: “Heiliger Vater,
allmächtiger Gott nimm...”
Vermischung des Weines mit Wasser: “O Gott,
Du hast den Menschen wunderbar erschaffen...”
Darbringung des Weines: “Wir opfern Dir,
Herr, den Kelch des Heiles...”
Selbstaufopferung: ”Laß uns, o Herr, im
Geist der Demut...”
Gebet zum Hl. Geist: “Komm Heiligmacher...
“
Inzensierung der Opfergaben beim feierlichen
Hochamt.
Händewaschung: “In Unschuld will ich meine
Hände waschen...”
Aufopferungsgebet zur allerheiligsten Dreifaltigkeit:
“Nimm dieses Opfer an...”
Aufforderung zum Gebet: “ Betet Brüder!”
- Stillgebet.
DIE UNSICHTBARE LEIDENSLITURGIE BEI DER
OPFERMESSE
In mystischer Schau sieht Br. Kostka die
Erneuerung der Geißelung und der Dornenkrönung
des Herrn.
Das Sehen ist aber ein tätiges Mitleiden
und Miterleben, das tiefe Wirkungen in seiner
Seele auslöst: Würde ich nur die leidende
Menschheit ohne die mitwirkende Gottheit
sehen, so würde ich diesen Anblick auf die
Dauer nicht ertragen können... Der Anblick
würde in jedem Schauenden eine beinahe tödliche
Traurigkeit auslösen. Wer würde bei diesem
Miterleben auch nur eine Stunde am Tag froh
sein können?”
Durch den Anschauungsunterricht entschloß
sich Br. Kostka zur Kreuzesnachfolge bis
zur Grenze des Möglichen. Täglich nahm er
die Geißelung an seinem Leib bis zum 60.
Lebensjahr vor. Dazu gesellten sich noch
weitere harte Bußübungen wie Fasten und
das nächtliche Gebet vor dem Allerheiligsten,
auch in strenger Winterkälte. Die Buße nahm
er auf sich “in der reinen Meinung, Gott
zu versöhnen und mitzuhelfen, damit Sünder
bekehrt würden.” Er wurde durch Erleuchtung
inne, wie sehr das Leiden durch Buße und
Selbstverleugnung zur Bekehrung der Sünder
wirksam beiträgt.
“Wenn ich jetzt die Vergangenheit übersehe,
erschauere ich vor dieser Übung und Bußstrenge.
Aber ich freue mich noch viel mehr, daß
ich mich nicht geschont habe... Unbeschreiblich
süß ist nun der Trost, aus höheren und reinen
Absichten zur Verherrlichung Gottes und
zur Bekehrung der Sünder etwas beigetragen
zu haben.”
Einzeln erneuern sich während der Opfermesse
nach den Gesichten von Br. Kostka die Geißelung
und die Dornenkrönung. Beim schmerzhaften
Rosenkranz werden diese beiden Leidensgeheimnisse
jedem Christen nur zur Verehrung und zum
Mitleid mit dem Erlöser in Erinnerung gerufen.
GEISSELUNG UND DORNENKRÖNUNG
Br. Kostka: “Der römische Landpfleger
machte sich eines sehr großen Verbrechens
schuldig, als er den Herrn zur
Folter überantwortete. Da er von der Unschuld
Jesu überzeugt war, ja diese Unschuld öffentlich
aussprach, durfte er unmöglich gegen sein
Gewissen eine so grausame Züchtigung vornehmen
lassen. Aber die Menschenfurcht und Feigheit
ist so oft Anlaß und Ursache von Freveln.
GEISSELUNG UND GEISSELWERKZEUGE
Die Säule, die für die Geißeltortur eigens
hergerichtet ist, steht frei, nicht etwa
abseits und verborgen. Wer will, kann daher
die grausame Prozedur sehen. Auch diese
Peinigung Christi wurde den Umstehenden
sichtbar, und manche Bösewichte haben sich
am Anblick Seines Schmerzes geweidet.
Zur Geißelung kamen in Anwendung: Riemen,
die mit spitzen Haken versehen waren;
sie reißen die Haut auf und dringen tief
ins Fleisch. Ein anderes Instrument hat
büschelförmige Stäbchen mit Zacken; es
ist aus einem Material, das ich nicht näher
beschreiben kann, weil sich der Klang metallartig
anhört.
Der körperliche und seelische Schmerz Jesu
ist unendlich groß und unbeschreiblich.
Er beginnt schon bei der Entblößung,
weil sich der Heilige und Unschuldige den
frechen Blicken böser Menschen ausgesetzt
sah. Die Gerechtigkeit Gottes forderte
Sühne für die Schamlosigkeit, Lüsternheit,
Unehrbarkeit, kurz: für alle Sünden,
die durch die unmoralische und verführerische
Kleidung und beabsichtigten Reize begangen
werden, und der Heiland mußte diese Sühne
leisten. Die Empfindungen der Scham drangen
wie Stiche in die Seele Jesu und verwundeten
sie aufs allerschmerzlichste.
Nach der Entblößung wurde Christus zuerst
mit dem Gesicht zur Säule gewandt festgebunden.
Seine Arme und Hände wurden an den oberen
Ring geschnürt, die Füße waren am unteren
Ring wie geknebelt. So wurde der Körper
festgehalten und mußte aufrecht stehen.
Wenn Er auch zuckte, so konnte Er doch nicht
fallen. Die Geißelung begann an den unteren
Knöcheln und wurde dann immer höher getrieben.
Dies geschah vermutlich deshalb, damit
das herabfließende Blut die Haut und heilen
Stellen nicht bedecke und dann einige Stellen
unverwundet blieben, denn es fließt reichlich
Blut und bedeckt dann die Striemen und Wunden.
Es kam aber den Schergen darauf an, alle
Stellen zu erfassen und zu verwunden. So
ging die Vorhersage des Propheten wörtlich
in Erfüllung: 'Von der Fußsohle bis zum
Scheitel ist kein heiler Fleck an Ihm.'
[Is 1,6]
Nach der Geißelung der Rückseite band man
unseren Heiland los, um die Vorderseite
peinigen zu können. Die Füße wurden wiederum
festgeschnürt und an einem unteren Ring
geknebelt; die Hände wurden an einen etwas
höheren Ring, aber rückwärts an der Säule
geschnürt. Die Tortur beginnt wieder unten
an den Füßen und wird mit unmenschlicher
Grausamkeit bis zur Brust und zum Hals hinaufgetrieben,
so daß auch vorderseitig kein heiler Fleck
an unserem unschuldigen Büßer ist.
Die Schergen wechseln sich zu je zwei ab.
Wenn zwei ermüdet sind, beginnen die anderen
das grausame Handwerk. Das büschelförmige
Instrument diente den Henkersknechten zur
Geißelung der Füße und des Unterleibes.
Auf der Brust und auf dem Rücken wurde die
Tortur durch die Riemengeißel mit spitzen
Haken vorgenommen. Die unmenschliche
Qual der Geißelung dauerte lange, schätzungsweise
über eine halbe Stunde.
Die umstehenden Pharisäer,
ja die Teufel selbst treiben die Schergen
stets von neuem an. Es ist gerade, als wenn
ihre Leidenschaft zur Raserei käme und als
wenn sie wie wütende und wildgewordene Bestien
ihre Gemeinheit an dem unschuldigen Marterleib
ausließen. Es ist beinahe unmöglich, diesen
Grad der Bosheit mit anzusehen. Es war übrigens
der Hölle in jenem Augenblick verborgen,
daß der leidende Heiland der Sohn Gottes
ist, hochgelobt in alle Ewigkeit.
GEISSELUNG DES GESICHTES
Es zeigte sich mir auch der Herr wie Er
in Seinem ganzen Antlitz von den Hieben
aufs Grausamste verwundet und ganz entstellt
wurde. Dabei hörte ich einmal das Wort:
'Meine leiblichen und seelischen Leiden
sind unbeschreiblich groß. Manche meiner
Getreuen haben ebenfalls große und viele
Leiden dem Leib nach aushalten müssen.
Aber diese seelischen Leiden, wie ich
sie erduldet habe, konnte nur der Menschensohn
aushalten.' - Ohne die Gottheit hätte
das unschuldige Opferlamm für unsere Sünden
diese Qualen nicht ausgehalten. - Christus
wäre, wie so viele andere bei der Geißelung,
ohnmächtig zusammengebrochen, und nicht
nur dies; bei diesem Übermaß der Leiden
wäre Er rasch gestorben und hätte Seine
Seele aushauchen müssen. Aber auch trotz
der göttlichen Hilfe war das sühnende Gotteslamm
oft am Ende Seiner Kraft und wurde nur durch
die Gottheit gehalten.
Der Heiland hat unter der Geißeltortur innerlich
für jede Sünde, besonders für die Sünden
der Unkeuschheit Genugtuung leisten wollen.
Die Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes
begegneten sich hier.
In diesem Augenblick war auch die Mutter
Jesu, die nicht in unmittelbarer Nähe der
Geißelsäule war, in geistiger Anschauung
und im Mitgefühl und Mitleiden ganz erschöpft.
Ihr Mutterherz rang in starkem Gebet, aber
sie wurde wie ohnmächtig.
Die Barmherzigkeit Gottes verfügte nun das
Ende der Geißelung und hielt die heilige
Menschheit Jesu aufrecht. Im gleichen Augenblick
tritt ein sonst unbekannter Mann, von der
Vorsehung bestellt, aus der Menge und übergibt
dem Herrn ein Lendentuch, das der Heiland
in Seiner Blöße dankbar annimmt und selbst
um Seinen hl. Leib schlägt.
Trotz
der Kürze der Zeit muß ich während der hl.
Messe alle diese Vorgänge mit ansehen und
durch Mitleid eine Sühne aufbringen,
soweit es eben die menschliche Schwäche
möglich macht.
DORNENKRÖNUNG UND VERSPOTTUNG
Nach der Geißelung hatte
unser Herr und Heiland bis zur Dornenkrönung,
die etwa eine Stunde später folgte, nicht
einen Augenblick Ruhe. Er wurde fortwährend
geneckt, beschimpft und verhöhnt. Alle Art
von Bosheit mußte Er sich gefallen lassen.
Ja, der Kreis der Höhnenden wurde nun noch
größer, weil auch die römischen Soldaten
des Landpflegers mit beteiligt waren. Für
das Fest war ein größeres Aufgebot zusammengezogen,
weil die Ordnung bei dem starken Andrang
der Leute gesichert werden mußte. Die Soldaten
des Statthalters führten und geleiteten
Jesus ins Innere des Prätoriums, und bald
sammelte sich, wie die Schrift sagt, die
ganze Kohorte um Ihn.
[Mk 15,16]
DIE DORNENKRONE
Die Grausamkeit bei der neuen Mißhandlung
ging wieder von den jüdischen Knechten aus.
Diese flochten zunächst eine Krone von
Dornen, kunstgerecht in ihrer Art. Sie
war hoch und nahm sich wie ein Hut aus.
Diese setzte man dem Herrn aufs Haupt.
Man wollte dem Judenkönig ('König aller
Könige und Herr aller Herrscher' [1 Tim.
6,15]) die äußerste Schmach antun. Es war
in den Morgenverhandlungen wiederholt der
Ausdruck `König der Juden' gebraucht worden,
sowohl von den Juden als auch von Pilatus.
In ihrer erfinderischen Bosheit wollten
nun die Menschen den Ornat der königlichen
Würde nachäffen und dem Herrn bis ins Innerste
der Seele die Schmach der 'angemaßten'
Königsmacht im Spott kosten lassen.
Zuerst rissen sie dem Herrn die Kleider,
die nur halb Seinen Leib bedeckten, wieder
herunter. [Mt 27,28] Dann legten sie
Ihm einen Purpurmantel um; es war nur
ein alter Soldatenrock. Der Herr wurde sodann
auf einer stumpfen Halbsäule etwas erhöht,
die Sein Thron sein sollte.
Vier bis fünf Mann sprangen
um Ihn herum und setzten unter schallendem
Gelächter dem 'Haupt der Menschheit' die
Dornenkrone auf Sie drückten Ihm noch ein
Rohr in die rechte Hand, so daß nun alle
Herrscherzeichen der Königswürde versinnbildet
waren: Thron, Zepter und Krone.
DIE VERHÖHNUNG
Unter lautem und höhnischem Lachen der ganzen
Umgebung begannen sie die Zeremonien der
Huldigung. Sie beugten ihre Knie vor Ihm,
aber nur um Ihn zu verhöhnen. Sie riefen
laut: `König der Juden, sei gegrüßt! ' Es
ist, als wenn sie alles Gift und alle Niederträchtigkeit
in diese Worte der Huldigung hineingespritzt
hätten, um den Herrn zu kränken, Ihm weh
zu tun und Ihn lächerlich zu machen. Was
sie allein nicht fertig brachten, wurde
durch das furchtbare Lachen und Johlen der
Umgebung zustande gebracht.
Überdies
trieben sie die Dornen tief ins Haupt,
weil sie mit dem Rohr unbarmherzig auf die
Dornenkrone losschlugen. Sie versetzten
Ihm Backenstreiche und starrten Ihm
höhnisch mit allen nur ausdenkbaren Grimassen
ins Angesicht. Wiederum spuckten
sie ihren Speichel dem unschuldigen Gottessohn
ins Angesicht und sogar in den Mund.
DER LEIDENDE HEILAND
Es ist ungemein ergreifend, mit welcher
Ruhe, Geduld und Ergebung der Meister die
Verhöhnung erträgt. Wohl stöhnt Er bisweilen,
wenn die Furchtbarkeit des Schmerzes bei
den Schlägen bis ins Unerträgliche gesteigert
wird. Die Schergen hätten Ihn sicher totgeschlagen,
wenn die Gottheit keine Grenzen gesetzt
und den Marterleib nicht getragen hätte.
Kein anderer Mensch hätte diesen furchtbaren
Schmerz, diesen Blutverlust, diese Marter
ertragen können. Schon ein geringer
Bruchteil von den Torturen wäre ausreichend,
um einen normal starken Mann zu töten. Der
Mund Jesu ist sanft geöffnet. Es ist, als
wenn Er dem Tod nahe wäre. Das Blut hat
neuerdings Sein Gesicht entstellt, so daß
keine Schönheit mehr an Ihm ist.
Trotz der Kürze der Zeit sehe ich diese
Leidenszustände bei jeder hl. Messe.
Beim Beten des schmerzhaften Rosenkranzes
aber sehe ich die Mißhandlungen tiefer und
mehr in den Einzelheiten.
Ich fühle
so stark heraus, daß das hl. Meßopfer die
Erneuerung des Kreuzesopfers ist, das sich
in aller Wahrheit und Wirklichkeit vollzieht.
Ich fühle im Glauben, daß auch diese Leidenszustände
der Geißelung und Dornenkrönung ganz wesentlich
zur inneren Vollendung des hl. Meßopfers
gehören.”
In der hl. Schrift sind diese Geheimnisse
des Leidens beschrieben:
Geißelung [Mt 27,26, 20,19, Mk 15,15, Joh
19,1, Is 50,6]
Dornenkrönung und Verspottung [Mt 27,27‑31,
Mk 15,1620, Joh 19,2‑3].
Im Vorempfinden der unendlichen Schmach
und Schmerzen weissagte Christus: “Die Hohenpriester
werden den Menschensohn zum Tod verurteilen”
[Mt 20,18]
Der auf Golgotha Verurteilte ist der Weltenrichter.
Er wird dereinst auf den Wolken des Himmels
mit großer Macht und Herrlichkeit wiederkommen,
zu “richten die Lebendigen und die Toten”
[I Petr. 4,5]. Dann aber werden alle Völker
der Erde über Ihn laut wehklagen. [Mt 24,30]
PRÄFATION UND SANCTUS
Die Liturgie des alten römischen Missale
weist 15 verschiedene lateinische Präfationen
in drei Gesangsweisen auf: je eine Präfation
für das Weihnachtsfest, für Epiphanie, für
die Fastenzeit, für das Osterfest, für Christi
Himmelfahrt, für das Pfingstfest, für das
Fest der allerheiligsten Dreifaltigkeit;
ferner je eine Präfation zu Ehren des heiligsten
Herzens Jesu, des Christkönigs, des hl.
Kreuzes, zu Ehren der Mutter Gottes, des
hl. Joseph, der Apostel; ferner die Tagespräfation
und die Verstorbenen.
Die Präfation ist nach Form und Inhalt ein
Hochgesang der Dankbarkeit, eine Huldigung
im Jubelklang, eine feierliche Anbetung
im Gedenken all der großen Erlösungswerke.
Sie trägt die Seele himmelwärts: SURSUM
CORDA ‑ Erhebet die Herzen! Sie will im
Verein mit den Engelchören Gott lobpreisen.
Das ist beim Hochamt im Einzelgesang des
Zelebranten ausdrucksvoll vernehmbar.
Während der Präfation
sieht und erlebt Br. Kostka die Verurteilung
Jesu zum Kreuzestod.
All die aufregenden Gerichtsszenen ziehen
an seinem Geistesauge vorüber, aber auch
die liebende Hingabe des Heilandes, die
volle Bereitwilligkeit, den Tod zum Heil
der Menschen zu übernehmen. Offenbar hat
der gottbegnadete Bruder nur deshalb sowohl
die Leidensvorgänge als die innere Gesinnung
des göttlichen Dulders so deutlich, anschaulich
und erschütternd schildern können, weil
er in der Beschauung Augen‑ und Ohrenzeuge
gewesen ist.
Der Jubelruf der Präfation steht für uns
Menschen im starken und widerspruchsvollen
Gegensatz zur Verurteilung des Gottmenschen.
Wie nun Br. Kostka diese äußersten Gegensätze
in seiner Erklärung in Einklang bringt,
wie er die geradezu wunderbare Harmonie
der Meßliturgie mit dem Leiden Christi in
fließender Sprache auszudrücken versteht,
ist beinahe unfaßbar. Und doch ist es auch
ein Siegel der Echtheit, das er seiner Erklärung
aufdrückt.
DIE VERURTEILUNG JESU ZUM TOD
ANTEILNAHME DER HEILIGSTEN
DREIFALTIGKEIT UND DER ENGEL
“Mit dem Beginn der Präfation sehe ich zugleich
mit dem leidenden Heiland 'geistige Bewegungen'
der heiligsten Dreifaltigkeit und in der
Engelwelt (der Ausdruck 'geistige Bewegungen'
stammt ganz von Br. Kostka). Es sind Geheimnisse,
die mit der Meßfeier im Zusammenhang stehen,
Geheimnisse, die der menschliche Verstand
nicht ausdenken und die Menschenzunge unmöglich
aussprechen kann.
Die leidende Menschheit
unseres Herrn steht im Lichtglanz der hl.
Dreifaltigkeit.
Ihr stellt Er sich als Organ ganz zur Verfügung.
Die Gottheit wirkt bei der Erlösung mit.
Gott gebraucht das menschgewordene Wort
zur Ausführung Seiner Heilspläne. Die hl.
Dreifaltigkeit lenkt und leitet alles. Sie
ist auch tätig, um den vorzeitigen Tod Christi
zu verhüten.
In diesem Licht sieht der Heiland die Wirkung
und Ausstrahlung Seiner Leiden bis an das
Ende der Zeiten und darüber hinaus. Gegenwärtig
steht vor Seinem Geist die Rechtfertigung
der gefallenen Menschen, die Heilung aller
Seelenwunden, die Abkehr vieler Menschen
von der Welt und die Hinkehr zu Gott, die
Bekehrung ganzer Völker, die Ehre, die durch
das immerwährende Opfer des Neuen Bundes
dem himmlischen Vater erbracht wird. In
dieser lichtvollen Erkenntnis hat das unschuldige
Gotteslamm einen Leidensmut und eine Entschlossenheit,
die man nicht beschreiben kann. Es ist keine
dumpfe Ergebenheit, sondern der erhabenste
Opfereinsatz, alles bis zum Übermaß der
Leiden, ja noch viel mehr anzunehmen, wenn
es überhaupt möglich wäre. Die reine, lautere
Absicht Jesu ist nur auf Gott gerichtet
und auf das Heil der unsterblichen Seelen.
Die Mutter
Gottes sah auch damals fortwährend ihren
Sohn in diesem Lichtkreis und wußte um die
Tätigkeit und Anteilnahme der ganzen heiligsten
Dreifaltigkeit.
Sie hat am tiefsten die liebende Hingabe
ihres Sohnes erkannt und hat sich ihrerseits
in höchster Liebe und Hingabe mit dem Opfer
ihres Sohnes vereinigt. Aber das sind nur
winzige Bruchteile der Geheimnisse.
Wollte und könnte
man alles zum Ausdruck bringen, was bei
der Präfation und dem Lobpreis des Dankes
vor sich geht, so würde ein Buch die Vorgänge
nicht zu fassen vermögen.
‘ECCE HOMO’ UND DAS AUSERWÄHLTE VOLK
Pilatus stand auf einer Terrasse und sagte
dem Volk, nachdem er durch Posaunen Schweigen
geboten: 'Ich führe euch nun den Mann heraus,
damit ihr erkennt, daß ich keine Schuld
an Ihm finde.' Es wurde Jesus hoch oben
auf der Terrasse, allem Volk sichtbar, vorgeführt.
Er stand gebunden, mit der Dornenkrone,
dem Rohrzepter und dem Purpurmantel blutend
und entstellt vor dem Volk.
Als Pilatus, mit der Rechten auf den Heiland
deutend, das Wort rief: ‘Ecce homo' –
'Seht diesen Menschen', trat eine Stille
und bei vielen eine seelische Erschütterung
ein. Die Absicht des römischen Landpflegers
bei der Vorführung des so übel Zugerichteten
war die: Er wollte durch den jammervollen
Anblick Mitleid erregen, den Hohen Rat und
das jüdische Volk umstimmen, um den Herrn
freilassen zu können. Aber er erreichte
seinen Zweck nicht. Als die Hohepriester
und ihr Anhang die leidende Gestalt Christi
sahen, kam eine ungeheuere Welle des Verdrusses
und des äußersten Widerwillens über sie.
Anstatt Mitleid und Erbarmen zu haben, züngelte
in ihrem Herzen die Flamme tödlichen Hasses
empor, zugleich bemächtigte sich ihrer eine
große Furcht, Pilatus möchte den Angeklagten
freilassen, da sie deutlich die Absicht
des römischen Richters sahen.
Mit einer Stimme, die von Leidenschaft zitterte,
riefen sie: `Kreuzige Ihn! Kreuzige
Ihn!' Im wilden Durcheinander schließt sich
eine Reihe anderer Männer aus dem Volk diesem
Begehren an. Das tumultartige Rufen hält
einige Minuten an.
Pilatus hatte mit Sicherheit damit gerechnet,
daß er den Heiland aus den Händen seiner
Feinde befreien könne. Nun sah er sich jäh
enttäuscht. Er kam von neuem ins Schwanken,
das ihm zum Verhängnis wurde. Das Todesurteil
aber wollte er doch nicht aussprechen. Alles
sträubte sich in ihm. Ganz verstimmt und
innerlich erregt, lehnte er die Verantwortung
vor allem Volk ab, indem er sagte: 'Nehmt
ihr Ihn hin und kreuzigt Ihn. Ich finde
keine Schuld an Ihm.' Den Grund für
ihre Forderung, den Heiland zu kreuzigen,
gaben darauf die jüdischen Wortführer näher
dahingehend an: `Wir haben ein Gesetz und
nach diesem muß Er sterben, weil Er sich
zum Sohn Gottes gemacht hat.'
Schrecklich ist es, wenn
man mit dem inneren Blick den Zustand der
Verstocktheit sehen kann und muß. In diesem
Seelenzustand schlägt rein alles ins gerade
Gegenteil um. Liebe kehrt sich in Haß, der
angebotene Segen zum Heil wandelt sich in
Fluch und Verderben, die dargebotene Gnade
Gottes wird zum Unheil. Das alles geht so
vor sich, wie die Schrift sagt: 'Dieser
ist gesetzt zum Fall und zur Auferstehung
vieler in Israel und zum Zeichen des
Widerspruchs' [Lk 2,34]. Mit innerer
Notwendigkeit wird das menschgewordene
Wort je nach dem Zustand der Seele entweder
zur Seligkeit oder zur Verwerfung. Beides
ist im Ratschluß der Menschwerdung entsprechend
der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes
eingeschlossen und offenbart sich in seiner
Weise.
DAS ECCE‑HOMO‑BILD UND DIE EINZELSEELE
Das Ecce‑Homo‑Bild ist der getreue Ausdruck
des durch die Sünde verunstalteten Ebenbildes
Gottes. Bei der Erschaffung hat Gott den
Menschen nach Seinem Bild und Gleichnis
gemacht. Der Mensch aber hat sich von seinem
Schöpfer getrennt und hat das Ebenbild Gottes
durch Sünde und Frevel entstellt. Christus
kam, um das Ebenbild wieder zu erneuern
und zur ursprünglichen Schönheit umzuformen.
Das geschieht durch Sein Kreuz und Leiden,
durch die Zuwendung der Erlöserverdienste.
Seit jenem ersten Karfreitag steht das Ecce‑Homo‑Bild
auf allen Pilgerpfaden des Lebens, schaut
jeden Menschen als Standbild der göttlichen
Barmherzigkeit ergreifend an. Es zwingt
jeden Menschen zur Stellungnahme und Entscheidung.
In dem Ecce‑Homo‑Spiegel kann jeder Sünder,
jeder Laue das geistige Bild seines Inneren
sehen und erkennen. Läßt sich jemand
durch den Anblick dieses Bildes rühren;
geht er reuevoll in sich und im Vertrauen
auf die Erlöserverdienste zurück zu Gott,
so nimmt Christus in unendlichem Erbarmen
die Verunstaltungen seiner Seele fort.
Ja, Er erneuert das Angesicht zur früheren
Schönheit der Kinder Gottes. Stößt aber
der sündige Mensch, wie die Juden am Karfreitag,
die Gnade von sich, nimmt er Ärgernis am
Kreuz und am Ecce‑Homo‑Bild, dann wird ihm
diese Begegnung zur Verurteilung und zum
Verderben.
Die Ecce‑Homo‑Gestalt tritt auch den nach
Vollkommenheit Strebenden entgegen. Ihnen
möchte Christus Seine Photographie schenken,
aber nicht so, wie es Könige und Kaiser
machen, die nur die Unterschrift mit dem
Bild als Zeichen der Huld geben. Den
nach Heiligkeit ringenden Seelen möchte
Christus Sein Ecce‑Homo‑Bild in die Seele
drücken, ja Er möchte sie durch Buße,
Abtötung und Entsagung nach dem Ecce‑Homo‑Bild
formen, damit sie Ihm helfen in der Rettung
unsterblicher Seelen. Glücklich die Seele,
die den Leidensmut aufbringt und dem Heiland
im tätigen Mitleid nahekommt und wie Veronika
das Ecce‑Homo‑Bild in der Seele empfängt.
Das ist eine sehr große Gnade.
In heißem Flehen habe ich oft und oft um
diese Gunst gebetet. Bei jeder Station
bete ich in Sehnsucht: 'O Maria, drück die
Wunden, die Dein Sohn für mich empfunden,
tief in meine Seele ein!' Gott hat mein
Flehen erhört. Nun darf ich die Leiden Christi
sehen und mitempfinden, ja die Schmach,
die auf Ihn fällt, zum Teil auf mich nehmen.
In geistiger Anschauung wird es mir klar,
wie die Seele den Wundschmerz und das Wundfieber
Christi fühlt und das Blut des Herrn in
sich aufnimmt.
Ich weiß nicht, ob ich
mich richtig ausdrücke. Aber es kommt
mir diese Anteilnahme am Leiden und die
Aufnahme des Blutes vor wie eine Art Kommunion.
Jedes Tröpfchen wird dann Schutz und
Schild, labt und erquickt die leidende Seele
in ihrem Durst nach der Rettung der Seelen.
(Die geistliche Kommunion - die gottliebende
Seele wird durch das Leiden Christi gestärkt.)
UNTERREDUNG ZWISCHEN JESUS UND PILATUS
Das Aufbegehren des Volkes, das hartnäckig
auf Jesu Tod bestand, griff die Nerven des
römischen Landpflegers sehr an. Es kam eine
Furchtpanik über den Richter, als die jüdischen
Wortführer erklärten, daß der Angeklagte
sterben müsse, weil Er sich zum Sohn Gottes
gemacht habe. Das sei ein Vergehen, das
nach ihrem Gesetz mit dem Tod geahndet werden
müsse.
Pilatus ging mit Jesus in das innere Gerichtsgebäude
zu einer Unterredung unter vier Augen. Es
war ihm vor diesem schweigsamen und so
unschuldigen Mann sehr unheimlich zumute.
Die überlegene Ruhe, der ehemalige Ruf und
die Beliebtheit beim Volk, die jetzige Volkswut
und das Begehren des Volkes sagten ihm,
daß Jesus eine ganz überragende Persönlichkeit
sein müsse.
Die Anschuldigung, daß Er sich zum Gott
gemacht und als Gott gefürchtet sei, drückte
auf seine Seele wie ein Alp und erdrückte
ihn fast. Sein Interesse war auf das höchste
gespannt. Seine Neugierde wollte herausfinden,
wo dieser merkwürdige Mann herkomme. `Woher
bist Du eigentlich?' Jesus, der große Schweigende,
behandelte seinen Richter sehr kühl. Das
verdroß Pilatus. Er wollte seine Macht
fühlen lassen: 'Wie, Du gibt mir nicht einmal
eine Antwort? Weißt Du denn nicht, daß
ich Macht habe, Dich sowohl freizugeben
als auch Dich kreuzigen zu lassen?'
Jesus erklärte ihm mit einer Ruhe und Überlegenheit,
die noch mehr bedeutete als das Wort:
'Du hättest keine Macht über mich, wenn
sie Dir nicht von oben gegeben wäre. Deswegen
hat jener eine größere Sünde, der mich Dir
überliefert hat.'
Jesus
läßt noch innerlich den römischen Beamten
seine Schuld fühlen und spricht ihm ins
Gewissen.
Auch der
Schmerz durch die angeordnete Geißelung
und die Dornenkrönung war wie ein Schwert
und kerbte sich tief in das Herz des verantwortlichen
Richters ein. Da kam von neuem eine Erschütterung
über Pilatus und drängte ihn, Jesus freizugeben.
Die Juden aber schrieen: 'Wenn du diesen
freigibst, bist du kein Freund des Kaisers.
Denn jeder, der sich zum König macht, ist
ein Gegner des Kaisers.'
SEHT DA! EUER KÖNIG!
Der Königsgedanke, die Königswürde Christi
wurde erneut der Zankapfel und der Stein
des Anstoßes. Als Pilatus die Anschuldigung
der Juden vernahm, ließ er Jesus herausführen.
Er setzte sich auf den Richterstuhl an den
Platz, der 'Steinpflaster' genannt wird.
Es war Rüsttag für das Osterfest und
etwa die sechste Tagesstunde.
Da stellte Pilatus im Auftrag Gottes - ohne
es selbst zu wissen - dem auserwählten Gottesvolk
den König aller Könige und den Herrscher
aller Herrscher vor.
Nachdem Pilatus durch Posaunenklänge Schweigen
geboten hatte, rief er laut: 'Seht da!
Euer König!' Da schrieen jene, aus denen
nicht die Vernunft und der Glaube, sondern
die überhitzte Leidenschaft sprach: 'Hinweg,
fort mit Ihm! Kreuzige Ihn! Kreuzige Ihn!'
Pilatus rief mit dem Ton, der sich durchsetzen
wollte: 'Wie? Euren König soll ich kreuzigen?'
Es lag in diesem Vorgang mehr als nur menschliche
Berechnung. Es war die Gnade mit ihrer Erleuchtung,
die mit diesen Worten ein letztes Angebot
machte. Leider wurde die Gnade abgewiesen.
Die Hohenpriester erwiderten: 'Wir haben
keinen König außer dem Kaiser.'
Das Rufen
und Lärmen wurde immer lauter und verwirrter.
Pilatus war
sehr erregt, verstimmt und verbittert. Er
ließ sich Wasser reichen, wusch vor allem
Volk die Hände und dokumentierte nochmals:
'Ich bin unschuldig am Blut dieses Gerechten.'
Er will zum Ausdruck bringen, daß er die
Verantwortung ablehne und diese dem jüdischen
Volk zuschiebe. Er rief: 'Seht ihr zu!'
ABSCHLUSS DURCH DAS TODESURTEIL
Das Volk übernahm tatsächlich die Verantwortung
mit den Worten: 'Sein Blut komme über
uns und unsere Kinder!' Es war ein FLUCH,
den das Volk aussprach, und der sich
in so furchtbarer Form auswirkte.
Da übergab Pilatus den
Heiland zur Kreuzigung gegen die Stimme
seines Gewissens, gegen seine Überzeugung,
gegen sein eigenes Urteil: 'Ich bin unschuldig
am Blut dieses Gerechten.' Die Menschenfurcht
hatte über den römischen Landpfleger gesiegt.
Sein Schwanken riß ihn nun selbst ins Verderben
hinein.”
Die Einzelheiten der Passion, die sich während
der Präfation nach den Angaben des Bruders
erneuern, werden von der Hl. Schrift beschrieben:
Christus, der Mann der Schmerzen: “Ecce
homo!” [Joh 19,4‑7]
Das neue Verhör durch den römischen Landpfleger:
[Joh 19,8‑12]
Die Vorführung Jesu als König: “Seht euer
König!” [Joh 19,13‑15]
Schmährufe: “Fort mit Ihm! Kreuzige Ihn!”
[Mt 27,24‑25]
Übergabe zur Kreuzigung [Mt 27,26; Mk 15,15;
Lk 23,24‑25; Joh 19,16].
DIE WUNDERBARE HARMONIE
DER MESSE
MIT DER PASSION CHRISTI
Vielen, wahrscheinlich den meisten Lesern,
wird eine Schwierigkeit bei der Lektüre
kommen: Wie paßt der Hochgesang der Präfation
zu dem Leidensdrama der Verurteilung Christi?
Diese Bedenken habe ich Br. Kostka vorgelegt:
“Nach Ihrer Darlegung
fällt die Verwerfung Jesu durch das auserwählte
Volk und die Verurteilung zum schmählichen
Kreuzestod mit dem Jubelgesang der Präfation
zusammen. Ist das nicht ein schneidender
Kontrast? Sollten nicht bei diesem unermeßlichen
Leid, ähnlich wie in den Kartagen, Trauergesänge
statt Jubelgesänge angestimmt werden? Wie
reimt sich das Ganze bei diesem Zusammentreffen?
Wie kann tiefstes Leid mit so hoher Freude
zusammen bestehen?”
Ohne sich irgendwie zu besinnen, ohne zu
tasten oder in Verlegenheit zu geraten,
betonte Br. Kostka, daß eine ganz wunderbare
Harmonie gerade bei der Präfation mit dem
Leidensgeschehen zu beachten sei. Es ist
wirklich überraschend, ja verblüffend, wie
er die nachfolgenden Erläuterungen gab.
Diese absolute Sicherheit des Urteils, die
fließende Sprache, die innere Begründung
mit dem Hinweis auf die Sühne und der dadurch
ausgelösten Freude, die Aufzählung der Sündenklasse
und Sündenfrevel, die in Ordnung gebracht
würden, ließen klar erkennen, daß der Sprecher
nicht aus rein natürlichen Wissensquellen
geschöpft hatte. Auch ein Theologe würde
sich Zeit nehmen müssen, um die Schwierigkeit
zu lösen, geschweige denn ein Mann von einfacher
Volksschulbildung.
HARMONIE DER PRÄFATION
MIT DER VERURTEILUNG ZUM TOD
“Es scheint mir wirklich ganz unmöglich
zu sein, Geheimnisse darzulegen, wie sie
sich in der hl. Messe in so ganz eigenartiger
Kontrastwirkung abspielen. Die sprachlichen
Ausdrücke können das nicht wiedergeben,
was die Augen des Glaubens und das innere
Sehvermögen anschauen. Manche Punkte
klingen überdies dem natürlichen Verstand
entgegengesetzt. Wie soll man z.B. begreiflich
machen, wie das Leiden des Gottessohnes
nicht nur mit der höchsten Liebe, sondern
mit der höchsten Freude zu gleicher Zeit
bestehen kann? Die Gegensätze zwischen
Freude und Leid scheinen sich aufzuheben.
Und doch bestehen sie in unserem Hohenpriester.
Ja, die Leiden Jesu zur Sühne und Genugtuung
sind die Ursache der göttlichen Freude in
der allerheiligsten Dreifaltigkeit.
Ebenso besteht ein Gegensatz, den man im
ersten Augenblick nicht gut fassen kann,
wenn man nämlich die herrliche Meßliturgie
in der Freude und dem Jubel des Hosanna
mit dem Drama des Erlöserleidens im höchsten
Schmerz bis zum Tod zusammen hält. Und doch
verbindet sich in der Gnadenordnung die
scheinbar entgegengesetzte Stimmung zur
schönsten Harmonie. Die Messe kann nicht
getrennt werden vom Leiden. Das Meßopfer
ist die fortgesetzte Hingabe Jesu in den
Tod, die Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers.
Wenn Gott die Tiefe Seiner Reichtümer, Seiner
Wahrheit und Erkenntnis, die unergründlichen
Gerichte und unerforschlichen Wege einmal
in der Ewigkeit dem staunenden Auge zeigt,
wird auch die Harmonie der Meßliturgie mit
dem Opfertod Christi klarwerden.
Was ich in der kurzen
Zeit der Präfation und beim Sanctus sehe
und wiedergeben kann, ist schattenhaft.
Es ist ein sehr kleiner Teil der Geheimnisse.
Die geistigen Bewegungen in der hl. Dreifaltigkeit,
der Engelwelt, der triumphierenden und streitenden
Kirche sind ungemein erhabene Geheimnisse.
DIE HERSTELLUNG DER HEILSORDNUNG
DURCH SÜHNE UND VERHERRLICHUNG GOTTES
Die Gerechtigkeit
Gottes fordert Sühne, Strafe und Genugtuung
für alle Sünden
und Beleidigungen,
die im Lauf der Jahrtausende begangen worden
sind. Der Gottmensch nimmt durch Sein Leiden
und die Erneuerung des Kreuzestodes die
Sühne und Strafe auf sich. Er leistet der
göttlichen Majestät vollgültige Sühne, vollkommenen
Ersatz. Es ist, als wenn alle Beleidigungen
und Frevel gegen die ersten drei Gebote
auf den Herrn allein fielen.
(“Die Schmähungen
derer, die Dich schmähen, fallen auf mich.”
[Ps 68,10])
Christus sühnt die
Frevel des Götzen‑ und Teufelsdienstes mit
allen daraus hervorgehenden Greueln, wie
Götzenopfer und Menschenopfer.
Er sühnt den Abfall vom Glauben,
sowohl einzelner Seelen als auch ganzer
Völker. Er sühnt die sakrilegische Vergewaltigung
(Schändung) gottgeweihter Personen und
Heiligtümer. Aber Er sühnt nicht nur,
Er stellt auch die wahre Religion wieder
her. Durch Sein Kreuzesopfer und das immerwährende
Opfer der hl. Messe gibt Er der heiligsten
Dreifaltigkeit alle Ehre und Herrlichkeit.
Er leitet alle Christen zur wahren Gottesverehrung
an. Dadurch erweist Er dem ewigen Vater
die höchste Freude. Christus sühnt alle
Gotteslästerungen, alle Verunehrung des
göttlichen Namens und der Gottestempel.
Er bringt die Genugtuung auf für alle Sünden
der Simonie, für alle Entweihung der
Sonn‑ und Feiertage, für alle Sakrilegien,
die durch Entweihung der Herzenstempel und
durch Entthronung Gottes in den Herzen begangen
werden. Dadurch erfreut Er in höchstem
Maß die heiligste Dreifaltigkeit, weil Er
alles wieder herstellt.
Christus stellt die Hoheitsrechte
Gottes und Seiner Majestät wieder her, aber
nur um den Preis unendlicher Leiden, Demütigungen
und Verhöhnungen. Er versöhnt die Sünder
mit Gott, führt ganze Völker vom Greuel
des Heidentums zur wahren Religion und zum
Vaterherzen Gottes zurück. Diese Herstellung
der Heilsordnung vollbringt Er bei jeder
hl. Messe.
ANNAHME DER SÜHNE,
WIRKUNG BEI GOTT UND DEN MENSCHEN
Der himmlische Vater nimmt die Sühne und
Genugtuung Seines vielgeliebten Sohnes mit
unendlicher und göttlicher Freude entgegen.
Nur Gott kann das göttliche Werk in seiner
ganzen Auswirkung einschätzen. Auch der
durchdringendste Blick im Glauben kann nur
von Ferne ahnen, was in der hl. Messe vor
sich geht.
Bei der hl. Messe umfängt
Gott Vater in unaussprechlicher göttlicher
Liebe Seinen Sohn. Es teilt sich unendliche
Freude mit und sie tauscht sich aus.
Gott Vater bestätigt Seinem Sohn die Königswürde,
die Ihm von den Menschen aberkannt wird.
Der Sohn aber erfreut sich Seiner Königswürde.
[Vgl. Ps 2,6:
'Ich aber bin als König von Ihm eingesetzt
auf Seinem hl. Berg. Nun tue ich Seinen
hl. Beschluß kund.']
Gott Vater
bestätigt Seinem Sohn auch die Priesterwürde,
auch wenn Er von den Hohenpriestern verleugnet
wird. In höchstem Wohlgefallen beteuert
Er Ihm: 'Du bist Priester in Ewigkeit nach
der Ordnung des Melchisedech.'
[Ps 109,4]. Der Priesterkönig waltet
nun Seines Amtes als Mittler zwischen Gott
und den Menschen durch alle Ewigkeit.
Das Zepter Seiner Macht ist festbegründet.
Durch Seine entsandten
und konsekrierten Priester feiert Er das
immerwährende Opfer vom Aufgang der Sonne
bis zum Niedergang. Dadurch versöhnt Er
stets und ständig die Sünder mit Gott.
Der ewige Vater aber umarmt in Seinem priesterlichen
Sohn, in dem alles erneuert und wiederhergestellt
wird, auch alle verlorenen Söhne, die sich
durch die Erlösergnade reumütig zum Vaterherzen
wenden. Allen diesen drückt Er in höchster
Vaterliebe und Vaterfreude den Kuß der
Versöhnung auf die brennend heiße Stirn,
wie Christus in der Parabel es so tief und
wahr ausdrückt. Die Freude, die der himmlische
Vater durch die Feier der hl. Messe und
die immerwährende Genugtuung Seines eingeborenen
Sohnes erhält, ist unaussprechlich.
Der Hl. Geist,
der Geist der Liebe und Freude, wird
ebensosehr durch das hl. Meßopfer erfreut
und verherrlicht. Er hat die heilige
Menschheit durch Seine überschattende Kraft
gebildet und als Werkzeug der Aussöhnung
und des Heiles gestaltet. Er erfüllt
das Priesterherz Jesu mit seiner unendlichen
Liebe zu den unsterblichen Seelen und
drängt es, aus Liebe zu diesen Seelen den
Tod zu erleiden.
Der Heiland führt seinerseits
dem Hl. Geist die Seelen wieder zu, und
der Geist Gottes kann Seine Wohnung in den
geheiligten und gereinigten Seelen wieder
aufschlagen. Welch eine göttliche Freude
ist dies für den Hl. Geist! Nun kann Er
durch die hl. Sakramente und die Menschheit
Jesu alle Gnaden, Erleuchtungen und Heilswirkungen
weiterleiten. Wie liebt Er doch die heilige
Menschheit gerade bei ihren Opferleiden,
weil ja Leiden und Liebe gar nicht getrennt
werden können.
DIE FREUDE DER ENGEL UND IHR JUBELGESANG
Bei der hl. Messe
treten Engel in unübersehbarer Zahl zum
Altar.
Sie umstehen die Opferstätte in den herrlichsten
Lichtstrahlen staunend vor dem Übermaß der
Liebe und der Erniedrigung des Gottessohnes.
In Anbetung, in heiliger Ehrfurcht, in
Lob und Preis, in Freude, das hl. Meßopfer
mitfeiern zu können, bringen sie der heiligsten
Dreifaltigkeit ihre Huldigung dar. Sie alle
sind dienende Geister und stehen dem Hohenpriester
nahe, wenn Er sein Anbetungs‑, Lob‑, Bitt,
Dank‑ und Sühneopfer darbringt.
Beim Jubelruf des Sanctus und Hosanna sehe
ich, wie das Herz des himmlischen Vaters
in Freude seinem vielgeliebten Sohn entgegenschlägt.
Es findet wie eine Umarmung der heiligsten
Dreifaltigkeit und der Menschheit Jesu statt.
Diese geistige Bewegung geht auf die Engelwelt
über. Auch der Engelverstand kann die
Geheimnisse der unendlichen Liebe und Hingabe
in das Opferleiden Jesu nicht ergründen.
Die himmlischen Geister bringen ihre
Anbetung der ewigen göttlichen Majestät
dar. Die Engel werden die Chorführer im
Lobpreis, denen sich die Stimmen der Gläubigen
anschließen.
Nun ist der Himmel
auf Erden auf dem Altar.
Die himmlischen Geister nehmen eine Zeitlang
unserem Erlöser die Fesseln ab. Beim
Hosannaruf müssen die bösen Geister und
die bösen Menschen eine Zeitlang weichen
und schweigen, damit kein Mißklang und
keine Disharmonie das Lob und die Anbetung
stört.
Ich sehe
sodann, wie die Fürbitte der Engel so ungemein
wirksam ist.
Sie empfehlen
die Anliegen ihrer Schützlinge dem lieben
Gott. Sie beten für den Triumph der hl.
Kirche, für die Bekehrung der Sünder. Sie
ringen mit uns, damit die Feinde der Kirche
gedemütigt werden und der Sieg des Guten
kommen möge. Die Anwesenheit der Engel
dauert bis nach der Kommunion, solange
die hl. Gestalten vorhanden sind.
[Das Beten des Sanktus ist hilfreich in
Bedrängnissen.]
DAS MITTLERAMT DER PRIESTER
Beim Sanktus sehe ich, wie sich die Gottheit
auf das Innigste mit dem zelebrierenden
Priester vereinigt. Der Zelebrant wird
durch diese Vereinigung das mit Gott verbundene
Werkzeug der Gnadenordnung. Gott gebraucht
seine Hände, seinen Mund etc., um das hl.
Meßopfer darzubringen. Das ist der innere
Grund, warum der zelebrierende Priester
bei den Worten der Wandlung nicht etwa sagt:
'Das ist Christi Leib', sondern `Das ist
mein Leib'. Denn der Gottmensch spricht
selbst die Worte in Seiner Person, wenn
auch durch den Mund des Priesters.
Weil nun der ewige Hohepriester das hl.
Meßopfer feiert, so geschieht innerlich
dem hl. Meßopfer kein Abbruch, auch wenn
bisweilen unwürdige Priester am Altar stehen.
Wohl macht sich der unwürdige Priester strafbar
und entzieht sich viele Gnaden; umgekehrt
empfangen die frommen und eifrigen Priester
viele Gnaden und Segnungen.
In dieser Hinsicht erkenne ich die hohe
Würde des Priesters. Mit der Gottheit
so ganz eng verbunden, geben sie dem himmlischen
Vater Seinen Sohn, an dem Er Sein Wohlgefallen
hat. Das geistige Schauen der hl. Opferfeier
bringt sehr stark zum Bewußtsein, welche
Aufgabe dem Priester zufällt. Ich sehe,
wie der Zelebrant ganz unbewußt im Licht
steht und selbst so viele Gnaden für sich
und andere empfängt.
Vom Kanon der hl. Messe angefangen sehe
ich dann ebenfalls nicht nur das 'lebendige
Licht, in dem die Gottheit wohnt', sondern
ich sehe auch in Bildform die ungeteilte
Dreifaltigkeit in den drei Personen.
O könnten
doch alle Menschen diese geistigen Bewegungen
und die hohen Geheimnisse der hl. Messe
sehen! Dann würden alle Kirchen zu klein
werden.
Die Christen
würden Arbeit und Sorgen, Freude und Leid,
Geschäfte und Unternehmungen stehen lassen,
um dieses herrliche und heilige Schauspiel
zu sehen. Wie viele werden in der Ewigkeit
zu spät gewahr werden, welchen Schatz sie
preisgegeben haben, wenn sie so oft und
rücksichtslos die hl. Messe versäumt haben.
Schon der kleinste Tropfen dieser reinen
Freude genügt dem Herzen, und die Seele
ruft dann aus: 'Halt ein! Es ist genug,
sonst muß ich vor Freude sterben.“
“Dieses Zeichen des Kreuzes (das Zeichen
des Menschensohnes [Mt 24,30]) wird am
Himmel erscheinen, wenn der Herr zum Gericht
kommt. (Fest Kreuzerhöhung, Röm. Brevier)
Dann wird ihn jedes Auge sehen, wenn er
auf den Wolken des Himmels kommt.” [Apg
1,7]
DAS HOCHGEBET DER HL.
MESSE
PRÄFATION BIS ZUR WANDLUNG
Die Liturgie führt den Zelebranten unter
innigem Gebet zur Opferstätte, zur Kalvariahöhe.
Die Gebetsfolge zur unmittelbaren Vorbereitung
des Opfers ist:
Bitte um Annahme der Opfergaben.
Gedächtnis der Lebenden.
Bitte um Schutz in Gemeinschaft mit der
Mutter Gottes, den Aposteln und allen Heiligen.
Bitte, damit die dargebrachten Gaben in
den Leib und das Blut Christi verwandelt
werden.
Br. Kostka erlebt während dieses Abschnittes
der hl. Messe die großen Schmerzen des göttlichen
Dulders auf dem Weg vom Prätorium zum Kalvarienberg.
Er hat diese Passion des Herrn aber hier
nicht ausführlich dargelegt, da er der Auffassung
war, daß die Kreuzweg‑Stationen jedem Vorübergehenden
tief in die Seele schauen und daß diese
Schmerzensbilder eine eindringliche Sprache
reden.
Mit unentwegter Treue
ging er selbst jeden Tag den Kreuzweg und
gewöhnlich zweimal,
morgens um 4 Uhr nach seiner Anbetungsstunde
vor dem Tabernakel und gegen 9 Uhr während
der Arbeitspause.
Br. Kostka bekennt:
“In heißem Flehen habe ich oft bei jeder
Station um die Anteilnahme an dem Leiden
Jesu gebetet: ‘O Maria, drück die Wunden,
die Dein Sohn für mich empfunden, tief in
meine Seele ein.' Gott hat mich erhört.
Nun darf ich die Leiden Jesu sehen und mitempfinden.
In geistiger Schau wird mir klar, wie
die mitleidende Seele den Wundschmerz (des
Herrn) gleichsam lindert, das Fieber kühlt.
- Ich weiß nicht, ob ich mich recht ausdrücke,
aber es kommt mir vor, als ob diese Teilnahme
am Leiden, die Aufnahme des Blutes Christi
eine Art Kommunion ist. Jedes Tröpflein
labt und erquickt die leidende Seele in
ihrem Durst nach Rettung der Seelen.”
Es wurde einmal beobachtet, wie Br. Kostka
am Sonntag ungefähr eine halbe Stunde, gesenkten
Auges und ganz still, bei der sechsten Station
aushielt. Auf die Frage, was er in der langen
Zeit gemacht habe, gab er mir zur Antwort:
“Beim Kreuzweg komme ich mehrfach in
geistige Schauung. [Beschauung]
Oft, aber nicht immer, wird mir bei der
sechsten Station das entstellte Antlitz
und die überaus schmerzliche Schulterwunde
des Herrn gezeigt. Vor großem Mitleid kann
ich mich dann fast nicht trennen.”
Die unübersehbare Kreuzprozession,
die Br. Kostka ausführlich schildert, fügt
sich zwanglos in die Kreuzweg‑Stationen
ein, welche die Kreuzesjünger gehen müssen.
Gott hat das Kreuz aufgerichtet und Er selbst
stellt es in den Lebensweg eines jeden Menschen.
Am Kreuz geschieht die Scheidung der Geister.
DER KREUZWEG CHRISTI
Die Zeit vom Sanctus
bis zur Wandlung fällt bei der hl. Messe
innerlich mit dem Kreuzweg Christi zusammen.
DIE UNÜBERSEHBARE KREUZPROZESSION
“Am Karfreitag ging der gottmenschliche
Dulder allein den harten, steilen Weg, den
königlichen Weg des Kreuzes. In der hl.
Messe sehe ich mit einem einzigen Blick
einen unübersehbaren Pilgerzug von Kreuzesträgern
im Gefolge des göttlichen Heilandes. Nach
den Worten unseres Meisters muß ja jeder
Mensch das Kreuz tragen, entweder freiwillig
oder gezwungen, am Kreuz kommt niemand vorbei.
Der Kreuzweg wird notwendig ein Scheideweg.
Die Guten kommen durch die willige Annahme
des Kreuzes auf den Weg des Heiles, auf
den schmalen Pfad, die in die ewige Herrlichkeit
führt. Die Bösen aber werden durch das
Abwerfen des Kreuzes auf den breiten Weg
des Verderbens gedrängt.
Es ist ein merkwürdiger Zug aller Stände
und Menschenklassen. Jede Klasse hat viele
und mannigfache Abstufungen, die sich scharf
unterscheiden, je nachdem sie dem Herrn
näher oder ferner stehen.
DIE SCHMERZENSMUTTER
Im unmittelbaren Gefolge
des gottmenschlichen Kreuzträgers findet
sich Maria, Seine hl. Mutter. Sie hat
nach ihrem Sohn das schwerste Kreuz getragen
und zwar mit aller nur denkbaren Hingabe,
Unterwerfung und Geduld. Maria ist immer
mit dem kreuztragenden Sohn vereint.
Von Ihm empfängt sie wiederum den Kreuzessegen
und leitet ihn auf alle ihre Kinder weiter.
Sie hilft ihren Kindern, sie erleichtert
durch ihr Beispiel, durch ihre Gebete die
schwere Last. Mit ihrer Mutterliebe steht
sie hilfreich zur Seite und unterstützt
jene, die gefallen sind.
APOSTEL UND APOSTELSEELEN
Der Schmerzensmutter schließen sich in jeder
Kreuzprozession die Apostel und die Apostelseelen
an. Das Apostelamt ist für sie ein Ehrenamt,
aber auch eine verantwortungsvolle Aufgabe,
zu der sie von Gott selbst berufen sind.
Apostel kann niemand sein, der nicht
gern, willig und mit Unterwerfung unter
Gottes Willen das Kreuz auf sich nimmt.
Er muß um des Namens Jesu willen Schmach,
Verkennung und Spott hinnehmen. Der Apostel
muß Seelen retten, und das kann er nur durch
die Gnadenkraft des Hl. Geistes; wer
leiden kann, rettet Seelen.
MÄRTYRER DES BLUTES
UND DER LIEBE
“Den Aposteln folgen
die Märtyrer des Blutes und der Liebe.
Durch die Märtyrer‑ und Kreuzesleiden
erschließen sich diese Helden einen wirklichen
Strom von Gnaden und von Segen. Die
freiwillige innere Unterwerfung unter den
Willen Gottes bewirkt, daß die großmütigen
Seelen wie Riesen den Weg des Kreuzes laufen
und voraneilen, ohne zu ermüden. Die
Märtyrer werden ungemein fruchtbar in der
Rettung der unsterblichen Seelen. Denn
das Blut der Märtyrer wird immer der Same
für neue Christen.
FREUNDE DES KREUZES
Den Märtyrern des Blutes folgen andere Gruppen,
die ihr Kreuz täglich auf sich nehmen und
dem Herrn folgen.
Ich sehe da Personen, die eine Zeitlang
das Kreuz tragen, mit einem Mal aber unwillig
werden, ins Schwanken kommen, ja fallen
und am Kreuz irre werden. Manche stehen
wieder auf durch die Gnade gestärkt,
durch Beispiele anderer ermutigt; durch
fromme Lesungen erkennen sie, was auf dem
Spiel steht.
Andere werden oft
erst in letzter Stunde durch schwere Krankheiten
gerettet.
Gott muß da bisweilen den letzten Funken
eines ehemaligen guten Willens benützen,
sie zur Übernahme des Kreuzes förmlich drängen
und umstimmen. Ohne die übergroße Barmherzigkeit
Gottes wären sie auf immer verloren.
DIE FEINDE DES
KREUZES
Ich sehe auch, wie die Feinde des Kreuzes
im Zorn unwillig werden, Ärgernis am Kreuz
nehmen, es fluchend von sich stoßen. Dadurch
werden sie auf die breite Straße des Verderbens
gestoßen und gehen zugrunde. Und merkwürdig:
Oft können sie das Kreuz trotz allen Widerstrebens
nicht abschütteln, oder aber sie werfen
das Kreuz fort und laden ein anderes, viel
schwereres auf sich. Am Kreuz kommen
auch sie nicht vorbei.
Am traurigsten ist das
furchtbare Schauspiel, wie die Kirchenfeinde
das Kreuz behandeln. Immerfort nehmen
sie Ärgernis am Kreuz Christi. In maßloser
Verstimmung werfen sie das Kreuz gegen den
Felsen Petri. Aber regelmäßig zerschmettern
sie nur sich selbst. Doch das Kreuz, das
der Herr tief in die Fundamente der Heilsordnung
eingesenkt hat, können sie nicht abtun.
ERSTES KANONGEBET
Te igitur – Dich gütigster Vater. Die Kirche
fleht, daß der mildeste Vater durch Christus
die Geschenke und makellosen Opfergaben
hinnehmen und segnen wolle, zugunsten der
heiligen katholischen Kirche, damit sie
in Einheit erstarke und regiert werde.
Ein ungemein erhebender Blick ist es für
mich, zu sehen und wahrzunehmen, wie sich
das göttliche Herz des Opferlammes gleichsam
erweitert, um gerade in diesen Augenblicken
alle an sich zu ziehen. Der Mittler zwischen
Gott und den Menschen möchte alle Herzen
in sich aufnehmen, Gnaden austeilen und
die geeinten Herzen Gottvater vorstellen.
Am meisten ergießt der ewige Hohepriester
Seine Liebe in jene Herzen, die Ihm Seelen
zuführen und durch ihre persönlichen Leiden
retten helfen. Eben dadurch wächst und mehrt
sich die Kirche, das Reich Gottes auf Erden.
Zwischen dem Herzen Jesu und den tätigen
Apostelseelen entsteht eine innige Verbundenheit.
Diese Seelen treibt der Herr beständig zum
hl. Eifer an, teilt ihnen Seinen Durst nach
unsterblichen Seelen mit.
GEDÄCHTNIS DER LEBENDEN
Im Kanon folgt das Gedenken für die Lebenden.
Alle Christgläubigen, die im königlichen
Priestertum mit Christus und dem Zelebranten
ihre Gaben darbringen für sich selbst und
für jene, die sie im Gebet unterstützen
wollen, - alle, die das hl. Meßopfer
aufopfern - empfiehlt die betende Kirche
der Gnade des Herrn.
In die hl. Wunden Jesu empfehle ich, ohne
mündliche Gebete vorzutragen, den Hl. Vater
und seine Anliegen, sowie jene der Gesamtkirche.
Nirgendwo sind die Anliegen so gut und
wirksam niedergelegt als in den hl. Wunden
Jesu. In ihnen und durch sie muß das
Gute gewirkt werden. In ihnen heilen die
Wunden und wird die Not gelindert... In
die hl. Wunde der Seite empfehle ich auch
alle jene, die durch mich gerettetwerden
wollen, und ich mache dabei die Meinung,
es möchten doch recht viele sein. In diese
Wunde lege ich auch mich selbst, damit ich
ein demütiger und gottliebender Bruder sei
und bleibe, der Geringste im Haus.
DAS KANONGEBET “COMMUNICANTES”
Im Verein mit der triumphierenden Kirche,
der Mutter Gottes an erster Stelle und den
hl. Aposteln, erfleht die Kirche Schutz,
Hilfe und Fürbitte.
Die Mutter des Herrn sehe ich beim hl. Meßopfer
in fortwährender mütterlicher Liebe tätig
und gegenwärtig. Ihr übergebe ich all mein
Beten und Opfern. Meine Verbindung mit der
himmlischen Mutter ist so innig, daß ich
dieses Verhältnis kaum schildern kann. Mit
meiner leiblichen Mutter war ich auch recht
eng verbunden, aber nicht so innig wie mit
der himmlischen Mutter. Die geistige
Verbundenheit mit der hohen Frau hält den
ganzen Tag über an. Alles lege ich in ihre
Hände, damit sie die Fehler korrigiert,
das Schadhafte ersetzt, von ihrem Schatz
hinzufügt, was dem menschlichen Wirken abgeht.
Der Anbetungsdienst und die Huldigung der
hl. Kirche ist beim Meßopfer vollkommen.
Denn das menschgewordene Wort ist in jenen
Augenblicken in höchster Liebe tätig in
Anbetung, Sühne, Danksagung. Die ganze
triumphierende Kirche feiert zusammen mit
dem Zelebranten das Meßopfer. Durch
das Zusammenwirken und Ineinandergreifen
des himmlischen und irdischen Dienstes,
besonders auch durch den Beistand der Engel
wird der Dienst der Kirche so vollkommen
und erhaben, daß Gott Vater Sein Wohlgefallen
daran hat.
DER BEISTAND DER HIMMLISCHEN HEERSCHAREN
Das hl. Meßopfer ist kraft göttlicher Einrichtung
schon in sich ein allvermögendes Gebet.
Während der Feier der hl. Geheimnisse
ist der Thron der Gnade allen zugänglich,
die guten Willens mit Vertrauen hinzutreten.
Segensquellen sprudeln. Die lebendigen
Wasser der Gnade rauschen in starken Strömen
und wollen ausgeschöpft sein. Der Menschengeist
kann selbst bei der Erleuchtung von oben
diese abgrundtiefen Geheimnisse nicht ergründen,
er kann nur staunend anbeten und danken.
Nun hat der gute Gott
den Gläubigen beim hl. Meßopfer noch andere
mächtige Helfer bestellt, nämlich die
Schutzengel und die himmlischen Heerscharen.
Durch ihre Vermittlung, Hilfe und Beistand
wird das Sakrament des Heiles noch wirksamer
für die ihnen anvertrauten Schutzbefohlenen.
Im Verein mit den Engeln wird der Gottesdienst
vollkommener gestaltet, und vieles wird
ersetzt, was die Menschen aus sich allein
nicht zustande bringen.
SCHUTZENGEL DER
GANZEN KIRCHE UND EINZELNER LÄNDER
Nach dem Sanctus sehe ich die Schutzengel
der ganzen hl. Kirche in starker Tätigkeit
dabei stehen, an ihrer Spitze der hl.
Erzengel Michael. Auch die Schutzengel
einzelner Länder und Staaten treten wirksam
auf und bringen die Anliegen und geistigen
Interessen jener Reiche vor das Angesicht
Gottes, die ihnen von Gott in Seiner Fürsorge
zugewiesen sind.
Der Gottesdienst und
die Huldigung der streitenden Kirche ist
vollkommen. Zunächst deshalb, weil das menschgewordene
Wort alle Ehre und alle Anbetung dem Allerhöchsten
selbst erweist. Er ist auch vollkommen,
weil die Engel, diese dienenden Geister,
vom Himmel über dem Menschensohn auf‑ und
niedersteigen und die hochheiligen Geheimnisse
der hl. Messe zusammen mit der streitenden
Kirche feiern. Durch das Zusammengreifen
der triumphierenden und der streitenden
Kirche, geschart um den Hohenpriester, wird
das hl. Meßopfer ein Geschehen, das in seiner
Erhabenheit den gläubigen Sinn zum höchsten
Staunen hinreißt und gebannt hält.
SCHUTZENGEL DER
ZELEBRANTEN
Ich sehe, wie der persönliche Schutzengel
des zelebrierenden Priesters in einer Art
Levitenkleidung, und stets zu seiner Linken,
ihm beisteht.
Seine Aufgabe ist es, die Mängel des Priesters
während der hl. Messe zu ersetzen, sei es,
daß die Fehler aus menschlicher Schwäche
oder aus Nachlässigkeit begangen werden.
Er umgibt seinen Schützling mit einer rührenden
Sorgfalt, ja er trägt ihn gewisser-maßen
auf den Händen. Er macht ihm überall Platz,
flößt ihm gute Gedanken ein, damit die Opferhandlung
Gott wohlgefällig wird. Weil er sieht, wie
der ewige Hohepriester in dem zelebrierenden
Priester tätig ist, schätzt er den hl. Dienst
und die priesterliche Würde anders ein als
die gewöhnlichen Christen. Die beste
Mutter kann ihr Kind nicht so zuvorkommend
bedienen, wie es der hilfreiche Schutzengel
seinem Schützling gegenüber tut.”
Dem persönlichen Schutzengel
des Zelebranten obliegt auch die Aufgabe,
selbst kleinste Partikel der hl. Substanz
nicht verunehren zu lassen.
Er sammelt daher sofort die Teilchen und
bringt sie bisweilen, wenn es so der Wille
Gottes ist, einer kranken Seele, die sich
nach der Kommunion sehnt, sie aber nicht
wirklich empfangen kann.”
(In entscheidenden Perioden greifen nach
dem Bericht der Hl. Schrift die himmlischen
Geister tatsächlich in die Geschicke der
Völker ein. So erschien z.B. der Erzengel
Gabriel dem Propheten Daniel und belehrte
ihn über das Schicksal des auserwählten
Volkes. “Daniel, du liebenswerter Mann,
vom Tag an, als du deinen Sinn darauf gerichtet
hast, Verständnis zu erlangen, und dich
vor deinem Gott zu demütigen, sind deine
Worte erhört worden. Aber der Fürst des
Königreiches Persien stand mir 21 Tage entgegen.
Doch siehe: Michael, einer der vornehmsten
Fürsten kam mir zu Hilfe, so daß ich
nun beim Fürsten (Schutzengel) der Perserkönige
verbleiben konnte.” [Dan 10,12f.] - (In
Fatima stellte sich der Engel den Kindern
als der Schutzengel Portugals vor.)
Vom Kreuzweg des Herrn berichtet die Hl.
Schrift: Simon von Cyrene wird gezwungen,
das Kreuz zutragen [Mt 27,32‑33; Mk 15,20‑22;
Lk 23,26].
Christus ruft den weinenden Frauen zu: Weinet
nicht über mich, sondern über euch und über
eure Kinder, mit der Ankündigung künftiger
Ereignisse. [Lk 23,27‑31]
Die zwei Missetätern, die ebenfalls zum
Kreuzestod verurteilt sind. [Lk 23,32]
Aus der christlichen Tradition sind dem
Kreuzweg noch die Begegnung Jesu mit seiner
Mutter und der dreimalige Fall unter dem
Kreuz beigefügt.
DIE SCHUTZENGEL
DER GLÄUBIGEN
“Sie übernehmen die Aufgabe, ihre Schutzbefohlenen
zur hl. Messe aufzumuntern und ihnen Sammlung
einzuflößen. Nichts tun die Engel lieber,
als ihren Schützlingen das Geleit zur Feier
der hl. Messe zu geben. Welche Freude
empfinden sie, wenn ihre Anregungen gut
aufgenommen werden! Oft müssen die Engel
die Mängel der Gläubigen ersetzen. Es fehlt
vielen der lebendige Glaube; oft genügt
ihnen der schlechteste Grund, um der hl.
Messe fernzubleiben. Leute, die mit solcher
Gesinnung zum hl. Opfer kommen, alles ganz
gleichgültig hinnehmen, ja Rücksichtslosigkeit
an den Tag legen, erhalten wenig oder gar
keine Gnade.
Rührend ist es zu sehen, wie die Engel
bei der hl. Messe die Anliegen und Bittgebete
der Gläubigen der hl. Dreifaltigkeit vorbringen
und in hilfsbereiter Liebe aufopfern.”
(Man
vergleiche diese Aussage mit dem Text bei
Johannes in der Apokalypse: “Da kam ein
anderer Engel und trat mit einem goldenen
Weihrauchfaß vor den Altar. Man gab ihm
viel Räucherwerk, damit er es zu den Gebeten
aller Heiligen auf den goldenen Altar vor
dem Thron bringe. Da stieg der Duft des
Räucherwerkes aus des Engels Hand hin zu
Gottes Angesicht, und zwar im Verein mit
den Gebeten der Heiligen” [Apk 8,3]. Die
Wirkung der Gebetsliturgie im Himmel und
die Mittlerrolle der Engel bei dieser Liturgie
kann man nicht besser beschreiben.)
“Könnten die Menschen doch nur einmal
dieses erhabene Geschehen der hl. Messe
mit ansehen! Sie würden bestimmt die hl.
Messe sehr hoch einschätzen und kaum eine
versäumen. Jedoch die irdischen Güter
gelten mehr, und die Gnadenwerte bleiben
verkannt und kaum begehrenswert. Wie schade
ist das!
Ist ein Mensch auf die Abwege der Sünde
gekommen, so ist der Schutzengel ungemein
tätig, allerdings sehr traurig und in tiefer
Besorgnis. Wenn sich aber ein Sünder bekehrt
und sich durch die Frucht des hl. Opfers
zu Gott wendet, hat nicht nur der persönliche
Schutzengel, sondern auch der ganze Chor
der umstehenden Engel große Freude. Wenn
ein verlorener Sohn zum himmlischen Vater
zurückkehrt, seine Schuld bekennt, findet
immer ein Versöhnungsfest statt, bei dem
die hl. Engel ihren Freudengesang anstimmen.
Sie werden vom Besten aller Väter selbst
eingeladen, wenn Er spricht: ‘Freut euch
mit mir, denn dieser mein Sohn war verloren
und ist wiedergefunden worden.' “
“Jesus rief mit lauter Stimme.” [Mt 27,50].”
...stieß einen lauten Schrei aus.” [Mk 15,37]
“...neigte sein Haupt und gab Seinen Geist
auf.” [Joh 19,30].
DIE HOCHHEILIGE WANDLUNG
Die Einsetzungsworte des hl. Altarsakramentes
werden vom ewigen Hohenpriester selbst in
höchsteigener Person gesprochen und wiederholt:
“Das ist Mein Leib” - “Das ist der Kelch
Meines Blutes” - “Tut dies zu Meinem Andenken.”
Die Eucharistie ist die Frucht des Opfertodes
Unseres Herrn. Aus diesem Grund werden wir
gemahnt: “Sooft ihr dies Brot esset und
den Kelch trinket, sollt ihr den Tod des
Herrn verkünden, bis Er wiederkommt” [1
Kor 11,26]. Eucharistie und Opfertod Christi
bedingen sich gegenseitig, wie es der hl.
Thomas so kurz zusammenfaßt mit den Worten:
“O memoriale mortis Domini.” Die Wandlungsworte
verkünden den Opfertod Christi, wenn es
heißt: “Der Kelch Meines Blutes, der für
euch und für viele vergossen wird.
DAS UNSICHTBARE INNERE GESCHEHEN IM SAKRAMENT
Das Geheimnis der hl. Wandlung ist die erneute
Aufopferung des auf Golgotha erfolgten Kreuzestodes
mit Vergießung des kostbaren Blutes. Jesus
Christus, der Mittler zwischen Gott und
den Menschen [1 Tim 2,5] ‘bringt sich durch
den Hl. Geist als makelloses Opfer Gott
dar, um unsere Gewissen zu reinigen zum
Dienst des lebendigen Gottes' [Hebr 9,14].
Der Tod des Gottmenschen, der Sühnetod
in Seinem Blut gehört zum Wesen der hl.
Messe, weil Christus “Sein Volk von
den Sünden erlösen soll” [Mt 1,21] und weil
es “ohne Blutvergießen keine Verzeihung
der Sünden gibt” [Hebr 9,22].
Der Fortgang der hl. Messe gestattet kein
längeres Verweilen bei den Schmerzen des
göttlichen Opferlammes. Der Gekreuzigte
hat jedoch dem frommen Ordensmann auf eine
andere Weise die innigere Anteilnahme an
Seinem Kreuzesleiden gewährt (vgl. innere
Wundmale).
Durch das Licht der Beschauung wurde Br.
Kostka tief in das Glaubensgeheimnis der
hl. Wandlung eingeführt. Erhebende Momente
sind seinem Geist sichtbar, Augenblicke,
die geeignet sind, auch uns tiefer das Geheimnis
der Wandlung verstehen zu lassen und uns
mit religiöser Freude zu erfüllen.
Diese erhebenden Augenblicke, die Br. Kostka
sieht, sind:
Die geheimnisvollen Vorgänge bei der Konsekration
der Hostie und des Weines.
Die Anteilnahme und das Wirken der hl. Dreifaltigkeit.
Die Tätigkeit der hl. Engel.
Die Geburtsstunde der hl. Kirche bei der
Todesstunde Christi.
Die geistige Mutterschaft Mariens bei allen
Gotteskindern durch die Übernahme der Mutterschmerzen
unter dem Kreuz.
Originell und einzig in seiner Art ist
der Bericht über die Stellung und die Mutteraufgabe
an der Opferstätte Golgotha. Der ungeschulte
Laie diktierte das erhabene Mysterium fließend
aus dem Stegreif in einer Formulierung,
die allgemein verständlich ist. Nur wenn
eine Seele durch das Licht und das Feuer
des Hl. Geistes den Inhalt der erhabenen
Wahrheit in lebendiger Wirklichkeit in sich
aufgenommen hat, kann der Geist aus der
geistigen Feueresse den Inhalt in menschliche
Worte umgießen und verständlich machen.
DIE WANDLUNG
“Zeitlich wiederholt und erneuert die
Wandlung den Opfertod unseres Herrn am Kreuz.
Dieser Augenblick der hl. Messe ist ein
einzigartiges Geschehen für Engel und Menschen,
ja für die heiligste Dreifaltigkeit. Wie
werden die Menschen dereinst staunen, wenn
das abgrundtiefe Geheimnis entschleiert
wird und offen vor ihren Augen steht! Wie
viele werden dann ihre Saumseligkeit bereuen,
weil sie der hl. Messe zu wenig Beachtung
geschenkt haben! Wie werden die Gläubigen
der evangelischen Kirche erschrecken, wenn
sie einsehen müssen, was für einen Schatz
sie fortgeworfen und wie viele eucharistische
Gnaden sie verloren haben!”
Die unseligen Folgen der Glaubensspaltung
gingen Br. Kostka tief zu Herzen; mehrfach
kam er auf diesen Gegenstand mit tiefem
Bedauern zu sprechen.
Br. Kostka hatte durch das “lebendige Licht
der Gottheit” die Unterscheidungsgabe und
konnte im Vorbeigehen in höherem Licht feststellen,
ob eine Kirche katholisch sei oder ob sie
für den protestantischen Gottesdienst gebraucht
werde. Ohne das Sakrament der Eucharistie
sei eine Kirche leer, kalt und habe nichts
Anziehendes!
DIE KONSEKRATION DER HL. HOSTIE
“Der ewige Hohepriester
spricht durch den Mund des Priesters die
Worte: 'Das ist mein Leib.' Er hebt sich
selbst durch die Hände des Zelebranten empor,
Seinem himmlischen Vater entgegen.
Der Opferleib Christi ist blutleer und entseelt.
Aber er ist, wenn auch gestorben, mit der
Gottheit vereinigt. Bei der Wandlung leuchten
die hl. Wunden. Die Hinopferung Christi
gehört zum Wesen der Wandlung. Dadurch werden
Himmel und Erde versöhnt. Ich nehme in diesem
Augenblick auch wahr, wie der Heiland sich
für die Sünden des ganzen betreffenden Tages
Seinem himmlischen Vater aufopfert, sich
sogar danach sehnt, daß Er sich für das
Heil der Welt hinopfern kann.”
“Eine größere Liebe hat niemand, als der,
der sein Leben für die Seinen hingibt.”
[Joh 10,11] Nach dem Konzil von Trient hat
Christus das Opfer des Neuen Bundes eingesetzt,
um jenes blutige Opfer am Kreuz zu vergegenwärtigen,
um das Gedächtnis bis ans Ende der Zeiten
festzuhalten und um uns die “heilsame Kraft
zur Vergebung jener Sünden zuzuwenden, die
von uns täglich begangen werden.” [Denz
938]
DIE KONSEKRATION DES HL. BLUTES
“Der Heiland spricht im Priester und durch
den Mund des Priesters die Konsekrationsworte
über den Kelch. Durch göttliche Worte wird
der Wein in das Blut des Gottmenschen verwandelt.
Im Gegensatz zum Leib Jesu sehe ich Sein
heiliges Blut nicht tot und entseelt, sondern
lebendig. Ich sehe es rot und doch wie
hell, von hl. Liebesfluten aufwallend und
in ganz starkem Aufleuchten. Die Finsternis
muß weichen. Der Heiland hebt selbst wieder
Sein heiliges Blut empor und überreicht
es als Sühne und Kaufpreis der Erlösung
Seinem ewigen Vater.”
“Christus kam als Hoherpriester der zukünftigen
Güter. Er ist durch das größere und vollkommenere
Gezelt, das nicht mit Händen gemacht ist,
d.h. nicht dieser Schöpfung angehört, auch
nicht durch das Blut von Böcken und Kühen,
sondern durch Sein eigenes Blut ein für
allemal in das Heiligtum eingegangen, indem
Er eine ewige Erlösung erworben hat. Denn
wenn das Blut von Böcken und Stieren und
die Asche einer Kuh durch Besprengung die
Verunreinigten heiligt zur leiblichen Reinheit,
wieviel mehr wird das Blut Christi,
der durch den Heiligen Geist sich selbst
als ein makelloses Opfer Gott dargebracht
hat, unser Gewissen reinigen von toten
Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen.”
[Hebr 9,11‑14]
DIE HEILIGSTE DREIFALTIGKEIT
WÄHREND DIESER ZEIT - GOTT SOHN
“Das durchbohrte Herz Jesu durchstrahlt
mit übernatürlichem Glanz die ganze Schöpfung.
Seine hl. Wunden leuchten in Verklärung
und in solch wunderbaren Farben, daß ich
ganz außerstande bin, dieses Leuchten zu
schildern. Ich kann auch kein Farbenspiel
in der Naturordnung finden, das diesem Glanz
vergleichbar ist. Ebenso leuchtet das
heiligste Antlitz in einem ungemein
lieben und milden Glanz. Der Heiland geht
in diesem Augenblick in die Himmel ein und
stellt sich dem Angesicht Gottes für uns
dar.
Christus stellt das Ebenbild Gottes in den
Seelen wieder her und bereitet Seinem innig
geliebten Vater unendliche Freude, unermeßliche
Ehre und Verherrlichung. Der ewige Hohepriester
ist am Ende Seiner Erdenlaufbahn angelangt.
Sein Opfer ist vollendet, die Welt ist erlöst.
Dieses
Opfer bleibt von ewig gültiger Dauer. Es
wirkt rückwärts bis an den Anfang und vorwärts
bis zum Abschluß der Weltzeit.
Die hl. Messe ist das immerwährende Opfer,
das an allen Orten und zu allen Zeiten dargebracht
wird. In der höchsten Liebe und Opfergesinnung
ist auch Christus unendlich glücklich und
selig. Er ist ein für allemal in das Allerheiligste
eingegangen als Hoherpriester, als Opfer,
Versöhner und Fürsprecher für die Menschen.
Seine Verdienste sind unerschöpflich und
unausschöpfbar. Sein Mittleramt dauert bis
zum Ende der Welt.
GOTT VATER
Der ewige Vater ist meinem geistigen Blick
bei der Wandlung in Bildform als der 'Hochbetagte'
sichtbar. Er streckt Seine Arme zum liebevollen
Umfangen Seines Sohnes aus. Er erhört und
erfüllt die Bitte: 'Vater, in Deine Hände
empfehle ich meinen Geist.' Mit unendlicher
Rührung sieht Er auf Seinen geliebten Sohn,
auf Seine verklärten Wunden und auf das
Opfer der Versöhnung.
Es läßt sich menschlich
gar nicht aussprechen, wie der ewige Vater
über das Opfer Seines Sohnes gerührt und
erfreut ist.
Nur Sein göttlich allwissendes Auge sieht,
wie Sein Sohn den göttlichen Willen bis
in alle Einzelheiten, nicht aus Zwang, sondern
in höchster Liebe und Hingabe erfüllt hat,
ja erfüllt hat bis zum Übermaß, stets bereit,
noch viel mehr zu leiden und zu dulden,
wenn es überhaupt möglich gewesen wäre.
Es ist nun, als wenn der himmlische Vater
das Kreuz mit dem blutleeren Opferleib in
den Händen haltend den Menschen gleichsam
sagte: 'Seht, um welch teuren Preis ihr
erkauft seid! Seht, wie sehr mich mein Sohn
geliebt hat! Seht, wie mein Sohn euch liebt,
daß Er sich an eurer Stelle in den Tod dahingegeben
hat!'
In diesem Augenblick
nehmen die hl. Engel das Kreuz in Empfang,
und Christus setzt sich zur Rechten der
Kraft Gottes, zur Rechten des Vaters. Dieser
überreicht nun dem Gottessohn in Menschengestalt
das Kreuz, aber nun als Siegeszeichen des
Triumphes wegen der Erlösung, als Siegeswaffe,
weil fortan alle Siege zum Heil nur im Kreuz
erfochten werden. Sofort weicht die Schmach
des Kreuzes. Das Kreuz wird zum Zeichen
der höchsten Ehre und Auszeichnung. Im
Kreuz liegt das Heil. Das Kreuz ist nun
auf dem Altar aufgerichtet. Als Symbol
und Opferstätte der göttlichen Liebe erhält
das Kreuz den ersten Platz. Christus selbst
ehrt das Kreuz als Kriegswaffe, mit der
Er den Tod und den Teufel überwunden hat,
weil Er auf dem Holz des Kreuzes die Sünde
auf sich genommen und die Sünde gesühnt
hat.
DER HL. GEIST
Der Hl. Geist hat die Menschheit Christi
durch Seine überschattende Kraft gebildet
und während des ganzen Erdenlebens geführt.
Nun verherrlicht Er das menschgewordene
Wort in höchster Liebe. Die Liebesflammen
des Hl. Geistes waren die göttlichen Gluten,
in denen sich Christus verzehren ließ. Als
der ewige Hohepriester sich als makellose
Opfergabe darbrachte, als Brandopfer sich
verzehrte, waren nicht irdische Flammen,
sondern die göttlichen Liebesgluten des
Hl. Geistes tätig.
Bei der Wandlung sehe
ich den Hl. Geist in bildhaft und in ewiger
Jugend ungemein tätig. Durch den Opfertod
Jesu wird es dem Hl. Geist möglich, mit
Seinem Feuer die eiskalte Kruste der Herzen
zu schmelzen, Seine Liebe in die Herzen
einzugießen und in ihnen zu entfachen.
Das Herz Jesu ist das Organ, durch welches
der Hl. Geist wirkt. Er nimmt nach dem
Schriftwort von dem Schatz Jesu und gibt
aus ihm die Liebe weiter, wie Christus sagt:
'Er wird von dem Meinen nehmen und euch
verkünden.'
[Joh 16,14]
Durch diesselbe überschattende Kraft, mit
der der Hl. Geist den Leib Christi im Schoß
der reinsten Jungfrau bildete, formt Er
in der Seitenwunde der Erlösers den mystischen
Leib der Kirche. Im gleichen Moment,
in dem Christus stirbt, wird die Kirche
geboren. Das Leben Jesu geht in die
Kirche über. Im geistigen Schauen ist dies
Geheimnis wohl verständlich, aber es ist
schwer, diesen Vorgang in Menschenworten
wiederzugeben.”
Am Herz‑Jesu‑Fest bekennt der katholische
Erdkreis im Festhymnus: “E’ Corde scissi
Ecclesia, Christo jugata nascitur” d.h.
Aus dem durchbohrten Herzen wurde die Kirche
geboren und Christus angetraut.” Und am
Kirchweihfest stimmt die Liturgie das Invitatiorium
mit den feierlichen Worten an: “Kommt laßt
uns Christus anbeten, den Bräutigam der
Kirche!” Sie ist ja nach dem hl. Johannes
[Apk 19,5] die “Braut des Lammes”.
Der Geburtstag der hl. Kirche darf nicht
unbeachtet bleiben, sondern muß mit Ehren
religiös gefeiert werden. Nun ist es eine
glückliche Fügung und Vorsehung, daß uns
der Hl. Geist durch erleuchtete Traditionszeugen,
die Kirchenväter, gerade am Fest und in
der Oktav des heiligsten Herzens Jesu dieses
Geburtsgeheimnis erschließen will, weil
die Kirche ihr Leben und Dasein aus der
Seite Jesu erhalten hat.
Wegen der Bedeutung dieser Zeugnisse über
diese Wahrheit werden die Texte von drei
Kirchenlehrern Augustinus, Chrysostomus
und Bonaventura angeführt:
“Die erste Frau wurde aus der Seite des
schlafenden Mannes gebildet. Sie wurde Leben
und Mutter der Lebendigen genannt. Dieses
ist ein großes Gut vor dem Unheil des Abfalles.
Der zweite Adam (Christus) neigte Sein Haupt
und entschlief am Kreuz, damit aus Ihm Seine
Braut gebildet würde, die aus der Seite
des Schlafenden hervorging.” [Augustinus
Trac. 120 in Joh 23]
“Ich sage, daß das Symbol und Geheimnis
der Taufe jenes Wasser und Blut anzeigt,
aus denen die Kirche durch die Wiedergeburt
des Wasserbades und durch die Erneuerung
des Hl. Geistes gegründet wurde. Ich sage:
durch die Taufe und die Geheimnisse, welche
aus der Seite hervorgegangen scheinen.
Also aus der Seite Christi entstand die
Kirche, so wie aus der Seite Adams Eva hervorgegangen
ist. Aus diesem Grund bezeugt der hl.
Paulus: 'Wir sind Fleisch von Seinem Fleisch
und Bein von Seinem Bein' (Eph 5,31). Aus
der Seite hat uns Christus das Wasser und
das Blut gegeben, aus denen die Kirche stammt.”
[Joh. Chrys. Hom. ad Neophytos, am Fest
des kostbaren Blutes.]
“Damit die Kirche aus der Seite Christi,
als er am Kreuz entschlief, gebildet werden
konnte, wurde durch göttliche Anordnung
geduldet, daß einer der Soldaten mit der
Lanze die hl. Seite durchbohrte und öffnete.
Durch das herausströmende Blut und Wasser
wurde der Kaufpreis unseres Heiles erlangt;
aus der geheimnisvollen Quelle des Herzens
sollten die Sakramente ihre Kraft zum Gnadenleben
erhalten.” [Bonav. Lib. de ligno vitae 30.]
Der Bericht von Br. Kostka über den Ursprung
der Kirche stimmt, wie der Vergleich ausweist,
mit der Lehre der Kirchenväter überein.
Besonders aufschlußreich ist eine Angabe,
daß der mystische Leib der Kirche ebenso
wie der physische Leib Christi durch die
überschattende Kraft des Hl. Geistes gebildet
wurde. Der physische Leib und das physische
Herz Jesu wurden vom Hl. Geist im Schoß
der reinsten Jungfrau aus ihrem Blut gebildet
(vgl. Herz‑Jesu‑Litanei). Der mystische
Leib wurde ebenso durch die überschattende
Kraft des lebendigmachenden Geistes und
durch das kostbare Blut in der Seitenwunde
Jesu gebildet.
Wenn Br. Kostka sieht und sagt: “Ich
sehe das hl. Blut nicht tot und entseelt,
sondern lebendig. Ich sehe es rot und doch
wie hell, von heiligen Liebesgluten aufwallend
und in ganz starkem Aufleuchten”, so
nehmen sich diese Worte aus wie eine Begründung
(ratio theologica) dafür, daß durch das
gottmenschliche Lebenselement des Blutes
die Kirche belebt wurde. Leben kann eben
nur durch Leben gespendet werden. Dieses
biologische Gesetz gilt in der ganzen Seinsordnung.
Auch das Weizenkorn [Joh 12,24], das in
die Erde fällt und stirbt, überträgt das
Leben und bildet den neuen Halmsprößling
durch das Protoplasma. Das geschieht, wenn
es am Absterben ist, aber nicht, wenn es
schon durch Verwesung alle Lebenskraft verloren
hat. Ebenso geht beim sterbenden Heiland
“Sein Leben in die Kirche” belebend über.
DIE SCHMERZENSMUTTER UNTER DEM KREUZ
“Die Mutter Gottes sah, als sie unter dem
Kreuz stand, nicht nur die äußeren Leidensvorgänge,
sondern auch die inneren Geheimnisse mit
einem so hellen und so klaren Blick, wie
kein anderer Mensch, auch wenn er noch so
hoch begnadet ist. Diese innere Erleuchtung
über die Glaubensgeheimnisse hat die Seele
der reinsten Jungfrau im Gleichgewicht gehalten,
so daß sie nicht in wildem Schmerz aufgelöst
war. Maria ist beherrscht von einer wunderbaren
Ruhe und Fassung, die uns gewöhnlichen Sterblichen
unfaßbar ist.
Wenn auch die Glaubenserleuchtung den Geist
Mariens unter dem Kreuz gefaßt hielt, so
ist ihr doch der Mutterschmerz nicht erspart
worden. Ganz im Gegenteil: Die Größe ihrer
Mutterliebe und Mutterwürde hat sie sich
in der Tiefe der Leiden verdienen müssen.
Unter dem Kreuz hat Maria im Augenblick,
als die Seite Christi durchbohrt wurde,
eine ihrer wichtigsten Aufgaben übernommen.
Denn sie wurde die Mutter aller Gotteskinder
und aus diesem Grund die Mutter der hl.
Kirche. In jenem Augenblick, als der
Hl. Geist im Herzen Jesu durch das herausströmende
Blut den mystischen Leib Christi bildete,
hat Maria alle Kinder, die das Reich Gottes
erben, in Schmerzen geboren. Der Leidensschmerz
Mariens ist mit ihrem Mutterschmerz untrennbar
verbunden. Ihr Leidensschmerz ist aber verklärt
durch das Geheimnis der Mutterwürde und
ihrer jungfräulichen Fruchtbarkeit.”
[Maria ist Generalerbin aller Gnaden.
Die Gnaden flossen aus dem Herzen Jesu
in ihr unbeflecktes Herz. Das Herz Jesu
wurde in ihrem Schoß gebildet, aus ihrem
Blut. Ihr Herz ist die Schatzkammer - der
Thron der Gnade, wie es im Introitus der
Messe von Unbefleckten Herz Mariens heißt.
Hier ist die Bedeutung von Fatima.]
Maria, die Mutter des ewigen Hohenpriesters
stand zusammen mit dem hl. Johannes am Opferaltar,
dem Kreuz am nächsten [Joh 19,25]. In höchster
Mutterliebe und Hingabe stand sie Ihrem
göttlichen Sohn bei Seiner blutigen Primiz
auf Golgothas Höhen bei. Sie stand aber
nicht nur äußerlich bei, denn sie brachte
selbst auch ein Doppelopfer dar: Sie opferte
Ihren göttlichen Sohn und mit ihm sich selbst.
Dieses Mutteropfer
kann man besser würdigen und kann viel klarer
sehen, wenn man das Mutteropfer Mariens
dem Vateropfer Abrahams vergleichbar gegenüberstellt.
Das Vateropfer Abrahams,
im Glaubensgehorsam dargebracht, wirkte
sich in unermeßlichem Segen aus. Ihm beteuerte
Gott: “Ich will dich segnen und will dich
durch einen großen Namen berühmt machen.
Du wirst gesegnet sein. In dir werden alle
Geschlechter der Erde gesegnet” (Gn 12,2‑3).
Dieser Segen wurde durch Christus auch auf
die Heiden übertragen (Gal 3,8‑9).
Maria hat durch ihr Opfer unvergleichlich
mehr Segen erhalten und auf alle Völker
übergeleitet. Der Segen ist bei Maria so
übermächtig und so charakteristisch, daß
der Segen ihr Ehrentitel und Eigenname wurde.
Sie heißt “Gesegnete - Hochgebenedeite.”
Mit dem Erzengel Gabriel rufen Millionen
von Christen Tag für Tag: “Du bist gebenedeit
unter den Frauen.” [Lk 1,28]
Nach dem Namen Jesu ist ihr Name der berühmteste.
Sie wird auf dem ganzen Erdkreis gerühmt,
wie sie selbst es ankündigte: “Von nun an
werden mich selig preisen (benedeien) alle
Geschlechter der Erde.” [Lk 1,48]
Das Vateropfer Abrahams, das ihm Herzblut
kostete, war die Ursache größter Fruchtbarkeit.
“Du sollst der Vater vieler Völker werden.
Darum sollst du nicht Abram (hoher Vater),
sondern Abraham (Vater der Menge) heißen.
Ich will dich sehr, sehr fruchtbar machen.
Zu Völkern mache ich dich; Könige sollen
aus dir hervorgehen.” [Gen 17,5 f.; 22,17]
Maria hat beim Kreuz durch ihr Opfer im
Glaubensgehorsam eine neue Mutterschaft,
einzig in ihrer Art erlangt. Unter allen
Frauen hat sie allein eine doppelte Mutterschaft.
In der Naturordnung ist sie die Mutter des
Eingeborenen Sohnes Gottes durch die Geburt.
In der Gnadenordnung ist sie die Mutter
der Gotteskinder in der weitesten Universalität
nach Raum und Zeit.
Die doppelte Mutterschaft Mariens ist in
zwei Schrifttexten [Gen 3,15; Apk 12,17]
vom Hl. Geist ausgesprochen und durch die
heilige Urkunde bezeugt. In der Geheimen
Offenbarung heißt es: “Der Drache ergrimmte
über die Frau und ging hin - mit den Übrigen
ihrer Nachkommenschaft [cum reliquis de
semine eius] - Krieg zu führen.” Unzweideutig
werden dann auch die Nachkommen angegeben
und aufgezählt. Die Übrigen ihrer Nachkommenschaft
sind nämlich alle Gotteskinder nach Raum
und Zeit “welche die Gebote Gottes halten
– welche das Zeugnis Christi haben.”
Somit ist die geistige Mutterschaft Mariens
um ein ganz Bedeutendes größer als die Vaterschaft
Abrahams. Br. Kostka drückte diese Wahrheit
kurz und doch umfassend aus mit den Worten:
“Unter dem Kreuz hat Maria eine ihrer wichtigsten
Aufgaben übernommen, in dem Augenblick,
als die Seite Christi durchbohrt wurde.
Denn sie wurde die Mutter aller Gotteskinder
und aus diesem Grund die Mutter der Kirche.”
Die Größe, Hoheit und Machtfülle der Mutterwürde
Mariens ist der “Frau der Offenbarung” als
ein freies Geschenk Gottes verliehen worden,
aber nicht ohne entsprechenden Opfereinsatz
und persönliche Mitwirkung. Ihr wurden ja
die geistigen Geburtswehen nicht erspart,
als ihr unter dem Kreuz die Kinder der großen
Gottesfamilie anvertraut wurden. Unter dem
Kreuz hat sie zusammen mit dem “männlichen
Sproß der Verheißung” [Gen 3,15] ihren Fuß
auf das Schlangenhaupt gesetzt, ihm die
Gewalt des Todes [Hebr 2,14] entrissen,
als ihr göttlicher Sohn den Gewaltherrscher
der Unterwelt durch seinen Tod vernichtete.
Abschließend sagte Br. Kostka:
“Diese und andere Geheimnisse
sehe ich bei der Wandlung wie gegensätzlich
vor mir. Vieles werde ich mit dem geistigen
Blick gewahr; es sind erhabene Ereignisse,
die ich mit Worten nicht auszusprechen vermag.
So ist es mir merkwürdig zumute, daß mir
in der letzten Zeit der Mörder von Düsseldorf
gezeigt wird. Er ist eben auch wie der Schächer
am Kreuz erst noch in letzter Stunde gerettet
worden, da er noch vor der Hinrichtung beichtete
und die hl. Kommunion empfing. Ich kann
den armen Schelm nicht verstoßen und bete
für ihn. Denn es muß für solche Sünder vieles
gutgemacht werden.”
[Parallele zur hl. Theresia von Lisieux]
Die hl. Schrift hat den Opfertod, die näheren
Umstände und auch andere beachtenswerte
Einzelheiten der Kirche übermittelt. Auf
diese sei verwiesen:
Die Kreuzigung Jesu und der beiden Schächer
[Mt. 27,31 f., Mk 15,22 f., Lk 23,33f.,
Joh 19,18].
Unmut der Pharisäer wegen des Kreuzestitels
[Joh 19,19 f.]. Kleiderverteilung [Mt 27,35f.,
Mk 15,24, Joh 19,23]. Verspottung des Gekreuzigten
[Mt 27,39f., Mk 15,29f.]. Gnadenwort an
den guten Schächer [Lk 23,43].
Vermächtnis Jesu: “Siehe deinen Sohn - Siehe
deine Mutter.” [Joh 19,25].
Angstruf Jesu in seiner Gottverlassenheit
[Mt 27,46f., Mk 15,33f., Lk 23,44].
Verfinsterung der Sonne [Lk 23,45].
Qualvoller Durst Jesu [Mt 27,48, Mk 15,36,
Joh 19,28].
Jesu Siegeswort mit Aufschau zu seinem Vater
[Joh 19,30, Lk 23,46].
Jesu Tod und die begleitenden Umstände [Mk
15,37 ff., Lk 23,46 f.].
Grablegung [Mt 27,57‑61, Mk 15,42‑47, Lk
23,50‑55, Joh 19,38‑42].
“Durch Sein Sterben hat Er (Christus) unseren
Tod vernichtet und durch Seine Auferstehung
hat Er uns das Leben erworben.” (Osterpräfation).
GEDÄCHTNIS DER GLORREICHEN
AUFERSTEHUNG
NACH DER WANDLUNG
Die Liturgie übergibt nach der Konsekration
in innigem Flehgebet der göttlichen Majestät
die Opfergaben des Altares.
Das erste Kanongebet bringt vor das Angesicht
Gottes die reine Hostie, die hl. Hostie,
die makellose Hostie, das hl. Brot des ewigen
Lebens und den Kelch des ewigen Heiles.
Das zweite Gebet bittet um die Annahme des
Opfers mit Hinweis auf die wohlgefälligen
alttestamentlichen Opfer Abels, Abrahams
und Melchisedechs.
Das dritte ist ein Bittgebet, daß unser
Opfer durch Engelsdienst auf dem himmlischen
Altar bei Gott Annahme finden möge.
Das vierte gedenkt fürbittweise der Verstorbenen,
damit alle in Christus Lebenden zum seligen
Ort der Erquickung, des Lichtes und des
Friedens gelangen.
Das fünfte Kanongebet bittet um die Zulassung
und um die Aufnahme in die Gemeinschaft
der Heiligen.
Den Opferabschluß bildet die Erhebung der
hl. Hostie zugleich mit dem Kelch, damit
durch Christus die Verherrlichung Gottes
- das letzte und höchste Ziel jeder religiösen
Handlung - erreicht werde.
Im inneren, sakramentalen
Geschehen wird nach der Konsekration die
Auferstehung unseres Herrn gegenwärtig.
Christus ist nun in den eucharistischen
Gestalten mit Seinem Auferstehungsleib zugegen;
mit Seinem Auferstehungsleib wird Er auch
von den Gläubigen in der Kommunion empfangen.
Die ganze Zeit nach der Wandlung bis zur
Kommunion einschließlich ist der glorreiche
Sieger mit den leuchtenden Wundmalen auf
dem Altar.
Folgerichtig ist es und steht im Einklang
mit der Glaubenswahrheit, wenn Br. Kostka
in mystischer Schau mit den geistigen Augen
den Glorreich‑Erstandenen sieht, und auch
mit ihm die Auferstehungsfreuden teilen
darf.
“Wenn der Herr an den Leidensorten vorüberzieht
und sich Seiner Triumphe freut, bekomme
auch ich hie und da manchen Tropfen Siegesfreude
zu kosten.”
Das innere Geschehen nach der Konsekration
ist charakterisiert durch die Vergegenwärtigung
der historischen Ereignisse von Ostern bis
zur Himmelfahrt. Aber das ist nicht alles.
Denn das Erlösungswerk der hl. Messe hat
eine viel größere Dimension und eine weltumspannende
Auswirkung; der Glorreich‑Erstandene will
die “Auferstehungsgnade” allen Seinen Getreuen,
den Gliedern Seines mystischen Leibes, vermitteln.
Jetzt in der Erdenzeit will er bewirken
und grundlegen, was am Jüngsten Tag für
die ganze Menschheit Wirklichkeit wird.
Durch Seinen Erlösungstod stellt er das
verlorene bzw. durch das Sündengift beschädigte
Gnadenleben wieder her. Er nährt die
Seele und gibt das Unterpfand der ewigen
Seligkeit jedem, der würdig “das Fleisch
des Menschensohnes ißt und Sein Blut trinkt”
[Joh 6,55– 59]. Viermal hat Er bei der Verheißungsrede
mit Nachdruck betont: “Ich werde ihn auferwecken
am Jüngsten Tag” [Joh 6,39‑40; 39,44‑55].
Wie unermeßlich erhaben und wie allmächtig
ist Christus, “die Auferstehung und das
Leben” [Joh 11,25] – “die Sehnsucht der
gesamten Schöpfung, der ewigen Hügel” [Gen
49,26], wenn Er bei Seiner zweiten Ankunft
“das Reich Gott, dem Vater, übergibt, nachdem
er jede Herrschaft und Gewalt und Macht
vernichtet hat und alle Feinde unter seine
Füße legt, wenn Er als letzten Feind den
Tod überwunden hat” [1 Kor 15,24‑28], “wenn
der Tod im Sieg verschlungen ist.”
In dieser universalen Reichweite kann man
die Auferstehung des physischen und des
mystischen Christus am besten würdigen.
Die Zeit nach der Wandlung bis zum letzten
Evangelium entspricht in lebendiger Darstellung
den Geheimnissen der Auferstehung bis zur
Himmelfahrt.
DAS ERHABENE GESCHEHEN
-
DER VERKLÄRTE AUFERSTEHUNGSLEIB
“Der Heiland hat nach dem Kreuzestod nur
den verklärten Auferstehungsleib. Er gleicht
mehr einem Lichtleib als einem Körper aus
Fleisch und Blut. Alles ist leichter und
durchsichtiger. In dieser Beweglichkeit
ist der Lichtleib unbegreiflich schnell,
schnell wie der Gedanke. Es ist, als
wenn Er nicht mehr an Zeit und Ort gebunden
wäre. Nichts hindert, nichts beschwert,
so daß Christus in diesem Zustand der Verklärung
ohne Widerstand durch die Materie hindurchgeht.
Der Auferstandene ist im Zustand der Verklärung
bald da, bald dort. Überall, wo Er erscheint,
ist Er tätig, immer wird Seine Gegenwart
zur Segensquelle. Er geht an Menschen vorüber,
die Ihn nicht sehen, aber doch manchmal
Seine Nähe empfinden.
Beim Hochamt,
wenn die Messe länger dauert, sehe ich wiederholt
verschiedene Auferstehungsszenen bei der
Mutter Jesu, Seinen Aposteln und Jüngern.
Immer sind mir die Wunden Jesu
sichtbar, aber
nun leuchtend und verklärt.
Sie erstrahlen hell und lieblich.
Unmittelbar nach der
Auferstehung sah ich schon zu wiederholten
Malen den glorreich Erstandenen Seiner
hl. Mutter erscheinen, und zwar zuerst vor
allen anderen Menschen. Bei Seinem Erscheinen
wollte sich die Gebenedeite unter den Frauen
zu Seinen Füßen niederwerfen. Aber der triumphierende
Erlöser ließ es nicht zu. Er umarmte
mit unermeßlicher Liebe Seine Mutter,
die Ihm im Leben und im Tod so ganz nahe
verbunden war. Menschenzungen können nicht
aussprechen, welche unendliche Freude in
jenem Augenblick in das Herz Mariens strömte,
sie stärkte und zu allen Aufgaben befähigte,
die sie bis zu ihrem Heimgang noch lösen
mußte. In ihrer Demut hat es die Magd des
Herrn nicht zugelassen, daß diese Begegnung
mit ihrem Sohn aufgezeichnet würde.
DER EUCHARISTISCHE OPFERLEIB AUF DEM ALTAR
Mit dem geistigen Blick sehe ich unseren
Erlöser auf dem Altar liegend, aber betend
mit ausgebreiteten Armen. Er streckt Seine
Hände aus, nicht nach innen, sondern nach
außen, in Parallelstellung zum Angesicht
hin erhoben. Der ewige Hohepriester, immerdar
lebend, um Seine Fürsprache für uns einzulegen,
ist in höchster Liebesglut für uns tätig
im Opfergebet und Sühneleiden zur Bekehrung
und Versöhnung der Sünder.
Alle Gebete und Gebetsanliegen,
die im Namen Jesu verrichtet werden, nimmt
der Heiland auf Seine Lippen und bringt
sie in das Heiligtum der Erhörung.
Gebete, die bei der hl. Messe nicht erhört
werden, werden schwerlich zu einer anderen
Zeit erhört.
Der Heiland ist indes nicht nur auf dem
Altar tätig, sondern auch im Zelebranten,
opfernd und sühnend. Wie diese wunderbaren
Geheimnisse alle ineinandergreifen und sich
gegenseitig ergänzen, kann ich nicht aussprechen.
Vom Beginn der hl. Messe an ist Christus
als Opferpriester beständig zum Vollzug
der Messe im Priester tätig. Ein solch
harmonisches Zusammenwirken zweier Personen,
die Tätigkeit einer Person in einer anderen,
kann man sich in der Naturordnung gar nicht
vorstellen. Man kann eben in unserer irdischen
Ordnung keinen Vergleich anstellen, wie
dieses Zusammengreifen geordnet vor sich
geht. Darum kann man auch keine Worte
finden, um diese enge Verbindung des Hohenpriesters
mit dem Priester zum Ausdruck zu bringen.
Da versagt jede Beschreibung, nur der Glaube
kann es ahnen: Dieses Geheimnis ist voll
Erhabenheit und Würde.”
Bei der hl. Messe und beim Kreuzopfer ist
nur ein und derselbe Priester: Christus
der Herr. Die Diener, die das hl. Opfer
dar bringen, vertreten nicht ihre eigene,
sondern Christi Person..., was aus den Konsekrationsworten
deutlich hervorgeht. Der Priester sagt nicht:
“Das ist der Leib Christi”, sondern: “Das
ist mein Leib.” Indem er nämlich die Person
Christi vertritt, verwandelt er die Substanz
des Brotes und Weines in die wahre Substanz
Seines Fleisches und Blutes. [Röm. Kat.
II. Teil, 4. Kap., Nr.77]
DER HIMMEL AUF DEM ALTAR
“Nach der Wandlung haben
wir den Himmel auf dem Altar, denn es
ist die ganze heiligste Dreifaltigkeit zugegen,
der menschgewordene Gottessohn und eine
unübersehbare Zahl der Engel. Alles
atmet hl. Ruhe und göttliche Freude. Die
stärkste Freude empfindet Christus, weil
Er die Ehre Seines himmlischen Vaters wiederhergestellt,
die Sünden gesühnt, den gefallenen Menschen
aufgerichtet und mit dem Schöpfer ausgesöhnt
hat.
Nun steht der Gnadenthron allen offen, die
mit Vertrauen Hilfe von oben erflehen. Ich
sehe den König und Mittelpunkt aller Herzen
umgeben von Seelen der Gerechten,
die längst gestorben und in die ewige Seligkeit
eingegangen sind. Einige von ihnen stehen
am Altar und dem Opferlamm noch näher als
die Engel. Alle sind in wunderbarer Harmonie
und umstehen in Ordnung den Altar, je nach
ihren Verdiensten und ihrer ehemaligen Wirksamkeit
in Verbindung mit dem Opferlamm und dem
Gesamtwirken der Kirche.
Auch viele Seelen
der Verstorbenen stehen am Thron der Gnade,
die noch im Fegfeuer leiden und in Begleitung
ihres Schutzengels
die Verdienste der hl. Messe würdigen und
so sehr danach verlangen, der Früchte der
hl. Messe teilhaftig zu werden. Ich sehe
dann oft auch Seelen jüngst Verstorbener
aus meinem Bekanntenkreis und aus der Gesellschaft,
die um Gebet und Opfer anhalten. Wie sehr
sehnen sich diese Armen nach den Früchten
der hl. Messe und wie sehr verlangen sie,
daß sich eine mitleidsvolle Seele ihrer
annimmt.”
Den himmlischen Gnadenthron auf dem Altar
hat uns der Völkerapostel in ähnlicher Weise
geschildert: “Ihr aber seid hinzugetreten
zum Berg Sion, zur Stadt des lebendigen
Gottes, dem himmlischen Jerusalem und zu
den Myriaden von Engeln. Ihr seid hinzugetreten
zur Kirche der Erstgeborenen, die im Himmel
aufgezeichnet sind, hinzugetreten zu Gott,
dem Richter aller, hinzugetreten zu den
Seelen der vollendeten Gerechten, hinzugetreten
zum Mittler des neuen Bundes Jesus und zur
Besprengung mit Seinem Blut, das noch viel
eindringlicher redet als das Blut Abels.”
[Hebr 12,22‑24]
“Ebenfalls umstehen die Gläubigen diesen
Gnadenthron und empfangen Gnaden, wenn sie
sich durch Reueakte würdig erweisen. Oft
werden sie mit dem hl. Opferblut besprengt,
erquickt und gestärkt zu einem guten Leben
und zur Verrichtung guter Werke.”
Gern und bewegt sprach Br. Kostka von dieser
unendlichen Fülle des göttlichen Reichtums
und der austeilenden Liebe Gottes bei der
hl. Messe, und ich mußte mich wirklich wundern
über seine Ausdrücke und seine Beredsamkeit,
wenn er auf diesen Punkt zu sprechen kam:
“Bei dem Wirken aus der Gottheit zur Menschheit
wird die dankbare Liebe ungemein angeregt.
Bei aller Mannigfaltigkeit im Geben und
Empfangen, und im Gewähren der Bitten bleibt
alles in Ordnung und Ruhe. Es begegnen sich
die Fülle und der Reichtum von oben mit
der Armut und der Dürftigkeit von unten.
Der göttliche Lebensborn heilt Seelenwunden
und Krankheiten aller Art und bringt Versöhnung
und Frieden in so viele Herzen.
Mein geistiger Blick ist immer auf den Herrn
gerichtet. Es ist mir ganz unmöglich, das
Auge abzuwenden. Dabei ist mein Blick nicht
direkt auf den Altar gerichtet. An Sonn‑
und Feiertagen knie ich beim Hochamt am
liebsten hinter einer Säule. Aber der
Pfeiler hindert nicht das geistige Schauen.
Ich habe gar keine Zerstreuung, keine
Langeweile oder Ablenkung. Die Anliegen
des Heilands sind auch meine Anliegen. Immer
setze ich mich ein für Seine Aufgaben und
die der hl. Kirche und der Seelen.
Oft bedauere ich, daß von Seiten der Umstehenden
ein Mißklang in die vollkommene Harmonie
und Ordnung kommt. Denn oft stimmen die
Gebete und Gesänge nach der Wandlung sehr
wenig überein mit dem Vollzug der hl. Geheimnisse.”
EMPFEHLUNG DER OPFERGABEN - UNDE ET MEMORES...”
“Im Gedächtnis an das
so selige Leiden, die Auferstehung und Himmelfahrt
Christi, im Namen der Kirche, des ganzen
heiligen Volkes bringt der Zelebrant der
göttlichen Majestät Gaben und Geschenke
dar, ein reines + Opfer, ein heiliges +
Opfer, ein makelloses + Opfer, das + Brot
des ewigen Lebens und den + Kelch des immerwährenden
Heiles. Christus, das Haupt des mystischen
Leibes, opfert mit Seinen persönlichen Opfern
auch die Gaben der Kirche. In Verbindung
mit Ihm werden diese Gaben geheiligt und
dem himmlischen Vater wohlgefällig, weil
sie ihm von Seinem Sohn überreicht werden.”
DIE BITTE UM ANNAHME DER OPFER IM GEDENKEN
AN
DIE
VORBILDER AUS DEM ALTEN
TESTAMENT
“Der Priester betet,
Gott wolle das Opfer gnädig annehmen, wie
Er die Opfergaben Abels, Abrahams und Melchisedechs
angenommen hat. Diese alttestamentlichen
Vorbilder wurden mir gezeigt, und ich
sehe diese Ereignisse mit dem geistigen
Blick.
DAS BLUTOPFER ABELS
Im Geist wurde ich auf ein weites Feld geführt
und hörte eine Stimme fragen: 'Siehst du
noch nichts?' Ich antwortete: 'Nein.' Da
kam die Aufforderung, etwas weiter nach
vorn zu schauen. Nun sah ich Feuer und im
Umkreis zwei männliche Personen, Kain und
Abel. Abel war froh, Kain verdrießlich.
Die Stimme sagte, das gegen Himmel auflodernde
Feuer sei das Opfer des guten Abels, an
dem Gott Sein Wohlgefallen habe. Das andere
Feuer nahm sich aus, als wenn es nach unten,
zur Erde hin schlage. Kain gab sich Mühe,
das Feuer zum Zünden und Auflodern zu bringen.
Aber es wollte nicht recht zünden und zur
Höhe steigen.
Auf das Opfer des
frommen Abel neigte sich Gott herab und
nahm es mit Wohlgefallen an.
Das Opfer des Kain schaute Er gar nicht
an. Sofort zog Haß, Groll und Feindschaft
in die Seele des Brudermörders. In diesem
Zorn erschlug er den gerechten Abel. Abel
legte durch seinen frommen Lebenswandel,
durch seinen Glauben und durch sein Blut
für Gott Zeugnis ab. Im Bekenntnis des wahren
Gottes ist er als der erste Blutzeuge in
die Ewigkeit eingegangen.
DAS VATEROPFER
ABRAHAMS
Die Stimme ging mit mir zurück. Ich wurde
an einen Berg geführt. Derselbe war nicht
sehr hoch, es war nur ein Hügel. Ich
sah Abraham mit einem langen, weißen Bart.
Er war ein sehr kräftiger, hoher Mann.
Heute gibt es keine solch kräftigen
Menschen mehr. Der schwergeprüfte Mann führte
einen Esel am Zügel. Ihm zur Seite ging
sein Sohn Isaak. Dieser war ganz froh und
munter und ahnte noch gar nichts von dem,
was bald auf dem Berg vor sich gehen sollte.
Er dürfte kaum älter als 12 Jahre gewesen
sein; jedenfalls hatte er noch eine helle
Knabenstimme.
Vater und Sohn gingen
den Berg hinauf Isaak trug auf den Schultern
Holz, Abraham hatte Feuer. Beim Aufsteigen
richtete Isaak an seinen Vater die Frage,
mit kindlicher Unbefangenheit und im Verständnis
des bevorstehenden Opfers: 'Vater, du hast
wohl Feuer und ich trage das Holz, aber
wo ist denn nun das Opfertier?' Abraham
zögerte, seinen Sohn im Gemüt zu betrüben,
und sagte: 'Gott wird schon eine Opfergabe
schicken.'
Oben angekommen bauten sie zusammen den
Altar. Er war wie gezimmert, jedenfalls
griffen die Holzstücke ineinander, woraus
ich schließe, daß er etwas vorbereitet war.
Dann wurde das Brennholz aufgeschichtet.
In der unteren Schicht war leicht brennbares
Material. Dann kamen härtere Holzstücke.
Sie sahen aus wie gespaltene Klafterstücke
aus Eichen‑ oder Buchenholz.
Bei der Zurichtung des Altares sprachen
Vater und Sohn miteinander, um sich zu verständigen;
aber sie haben noch mehr gebetet. Sie wollten
mit der Opferhandlung und in bester Herzensgesinnung
Gott ehren und anbeten. Es lag eine ganz
feierliche Ruhe und Innigkeit in ihrem Inneren.
Nach der Zurichtung des Altares band Abraham
seinem Sohn die Augen zu und legte ihn auf
den Altar; die Füße des Knaben hingen etwas
nach unten, die Arme aber waren in Kreuzesform
ausgestreckt. Sie hatten die Form wie die
Arme Jesu am Kreuz angenommen. Abraham war
ungemein ergriffen, aber sehr entschlossen,
ohne zu zögern und unruhig zu werden.
Abraham nahm ein dolchartiges Messer aus
der Scheide und zückte den Dolch auf seinen
Sohn. In höchster Liebe und in Gehorsam
gegen den Willen Gottes wollte er das Liebste
und Teuerste zum Opfer bringen. Deshalb
betete er beständig und wurde im Gebet auch
gestärkt. Ebenso betete Isaak innig
und kindlich, dem Zug der Gnade folgend.
Er war ganz ruhig.
In diesem Augenblick, als Abraham zum Stoß
ausholte, stand ein Engel, nicht in gewöhnlicher
Menschengestalt, sondern mit Licht umflossen
und in Jugendfrische vor Abraham und rief
seinen Namen. Er fiel dem Patriarchen in
die Arme und hielt den Dolch fest. Abraham
war ungemein erschrocken und stand still,
ohne sich Rechenschaft geben zu können,
was eigentlich vor sich ging.
Der Engel des Herrn rief mit fester und
freudiger Stimme: 'Abraham! Tue dem Knaben
nichts zuleide! Nun habe ich erkannt, daß
du Gott fürchtest.'
Alsogleich verstand der Patriarch, wie Gott
seines Sohnes schonen wollte und wie Er
sein Vateropfer angenommen habe. Er nahm
gleich seinen Sohn vom Altar herunter, löste
die Binde von seinen Augen und umarmte ihn
ungemein herzlich. Dabei flossen ihm beständig
viele Tränen der Rührung, der Dankbarkeit
und Freude über die Wangen in den schneeweißen
Bart.
Bald darauf opferte Abraham
einen Widder, den er im Dorngestrüpp verstrickt
sah und schlachtete ihn mit dem Dolch, mit
dem er Isaak opfern wollte. Nachdem er verblutet
war, legte er ihn auf den Altar, zündete
das Feuer an und verbrannte ihn. Von dem
Schwur Gottes, Seinen großen Verheißungen
an Abraham und von seinen Nachkommen habe
ich nichts vernommen.
DAS OPFER DES MELCHISEDECH
Melchisedech war von Statur schlank. Sein
Priestergewand war sehr reich, schön und
farbig. Er trug eine Albe und einen Überwurf.
Dieser glich der Kasel, wie sie die
Priester des neuen Bundes haben. Er war
auch mit einem Bruststück geschmückt, das
12 Namen hatte. Er stand mitten unter vielen
Leuten und vielen Zelten.
Der Opferaltar,
den er gebrauchte, stand mitten im Zeltlager,
war aus Stein gebaut, aber mit Holz umrahmt.
Einen eigentlichen Aufsatz hatte er nicht,
wohl aber war er mit einem Podium unterbaut,
so daß er durch seine Höhe allen Anwesenden
sichtbar war und alle Handlungen des Opferpriesters
gut beobachtet werden konnten.
Zuerst betete Melchisedech
aus Schriftrollen still für sich.
Die Anwesenden beteten ebenfalls, aber laut
und abwechselnd.
Nun nahm Melchisedech das Brot, das
auf einer großen, länglich‑ovalen Patene
lag, betete darüber und hob es mit der Patene
empor. Es herrschte eine ganzfeierliche
Stille ringsum und eine religiöse Ergriffenheit.
Dann nahm er den Kelch mit Wein,
ganz ähnlich wie es die Priester heute tun,
betete und hob den Kelch empor. Alle Anwesenden
lagen auf den Knien bei diesem Opferakt.
Von dem geopferten
Brot erhielt zuerst Abraham in kniender
Stellung.
Er trank dann auch aus dem Kelch von dem
Opferwein. Alle anderen Anwesenden fühlten
in Ehrfurcht und Glauben, daß es sich um
eine sehr wichtige Sache und um ein großes
Geheimnis handeln müsse. Nach dem Genuß
von Brot und Wein beteten sie gemeinsam
und sangen. Es war ihre Danksagung. Keiner
dirigierte, und doch war alles in Einheit
und Harmonie, ungemein lieblich, freudig,
andächtig in religiösem Ernst.
DIE BEDEUTUNG DER DREI
ALTTESTAMENTLICHEN VORBILDER
Ich sehe die drei Hauptvorbilder der hl.
Messe immer in Dreiecksform. Oben sehe ich
das Opfer Abels, links unten das Opfer Abrahams
und rechts unten das Opfer des Melchisedech.
Die heiligste Dreifaltigkeit umgibt im übernatürlichen
Lichtkreis diese Vorbilder, so zwar, daß
Gott der himmlische Vater zur Linken ist,
Ihm zur Rechten der liebe Heiland und diesem
zur Rechten der Hl. Geist.
Das 'lebendige Licht
und Feuer' ist so erhaben und göttlich,
daß es mit unserem irdischen Licht und Feuer
gar nicht verglichen werden kann.
Es ist ein Anblick und ein Schauspiel, das
mit Menschenworten nicht wiedergegeben werden
kann. Kein Künstler kann dieses Bild zeichnen,
wie es in Wahrheit ist. Die untere Kreislinie
ist wie sprühendes Feuer, aber es ist nicht
eine einfache, leichte Linie, sondern sie
ist ganz gewaltig und massiv. An dieser
Linie sind getrennte Feuerzungen sichtbar,
die nach unten und nach oben züngeln und
sprühen. Oberhalb dieser Linie ist alles
Licht. Dasselbe ist kristallhell, jedoch
mild und für das Auge ungemein angenehm
und wohltuend. Es blendet nicht.
Das hl. Meßopfer ist
die geistige Sonne, die allen Seelen Leben
gibt.
Diesem übernatürlichen Sonnenlicht gegenüber
nehmen sich die vorbildlichen Opfer wie
Mondlicht aus, das ganz blaß ist gegen das
Licht im Strahlenkranz. Wie wünschte ich
doch, daß auch die Priester alle einmal
dieses Bild sehen könnten. Sie stehen eben
selbst mitten im übernatürlichen Lichtkreis,
sind geliebt von der heiligsten Dreifaltigkeit,
werden von ihren Schutzengeln begleitet
und auch von der Mutter des Herrn, die vieles
durch ihre Verdienste ersetzt. In diesem
Blick erkennt man so recht die hohe Würde
der Priester, deren sich Gott bedient, und
in denen Er wirksam ist in einer eigenen
Art der Einheit mit ihnen bei der hl. Messe.
Wenn die
Priester das hl. Opfer andächtig feiern
und viele persönliche Opfer mit auf die
Patene legen, gereicht ihnen das zu großem
Segen.
Umgekehrt kann persönliche Schuld und Nachlässigkeit
zum Verhängnis werden. Wenn der Priester
aber, durch die Umstände gedrängt, aus vernünftigen
Gründen einmal rascher zelebrieren muß,
trifft ihn keine Schuld; dem hl. Meßopfer
geht auch nichts ab.
DAS DRITTE KANONGEBET
“DEMÜTIG BITTEN WIR DICH...”
Wir beten, daß unser
Opfer auf dem himmlischen Altar durch den
Dienst des Engels von Gott angenommen werde.
Wir flehen
um die Gnade, der Früchte des hl. Opfers
teilhaftig zu werden.
Das hl. Meßopfer wird vom ewigen Hohenpriester
direkt Gott, dem himmlischen Vater übergeben.
Aber die Früchte des Opfers werden durch
den Dienst der hl. Engel, die Dienste des
zelebrierenden Priesters und die der anwesenden
Gläubigen in die Schatzkammer Gottes gebracht,
auf den himmlischen Altar der Vergeltung
und des Ausgleiches.
Aus diesem Schatz empfangen
besondere Gnaden alle, die das hl. Opfer
bestellt haben; jene, für die das hl. Opfer
dargebracht wird; jene, für die in besonderer
Weise gebetet wird. Von diesem Opfersegen
des Altares empfangen wir alle gemeinsam,
wenn wir das Brot des ewigen Lebens und
das Blut des neuen Bundes erhalten.
DAS GEDÄCHTNIS DER VERSTORBENEN
Oft sind mir Verstorbene nahe, ja gegenwärtig,
und flehen um das fürbittende Gebet. Besonders
im Krieg, als so viele junge Leute starben,
wurde ich wiederholt von Bekannten und Unbekannten
um besondere Werke angegangen. Um ihren
flehenden Bitten nachzukommen, bin ich dann
nachts aufgestanden und habe vor dem Allerheiligsten
versucht, ihren Wünschen nachzukommen.
Mit unglaublicher
Sehnsucht und Innigkeit verlangen die armen
Seelen im Fegfeuer, des kostbaren Blutes
bei der hl. Messe teilhaftig zu werden.
Die barmherzige Mutter ist ebenfalls bei
der hl. Messe für ihre Kinder tätig und
träufelt gleichsam das kostbare Blut ihres
Sohnes in die läuternden Gluten. Beim Gedächtnis
der Verstorbenen werden immer Seelen aus
dem Reinigungsort befreit, vor allem jene,
die in ihren Erdentagen die hl. Geheimnisse
zu schätzen wußten und sich der Früchte
der Erlösung teilhaftig machten. Das fürbittende
Gebet hat einen sehr großen Wert. Die
Gemeinschaft der Heiligen müssen wir alle
richtig werten und ausnützen.”
BITTE UM ZULASSUNG IN DIE GEMEINSCHAFT DER
HEILIGEN
“Bei der hl. Messe sind neben den Engeln
viele Heilige zugegen. Besonders tätig
sehe ich jene Heiligen, deren Festfeier
am betreffenden Tag begangen wird. Diese
wetteifern mit allen anderen in Lob, Preis,
Anbetung und Dank. Im Verein mit dem göttlichen
Sohn auf dem Altar opfern die Auserwählten
dem himmlischen Vater die Erlöserverdienste
und alles Gute, was sie selbst auf Erden
je mit Hilfe der Gnade ausführen konnten.
Rings um den Altar geschart, ist es immer
noch ihr höchstes Glück, die Meßgeheimnisse
mitfeiern zu dürfen. Von ihnen kann man
lernen, wie man in Ehrfurcht und heiliger
Liebe vor Gott erscheinen soll. Eine
ganz wichtige Aufgabe der Heiligen beim
Opfer in dem Augenblick, in dem alle Gnadenquellen
fließen, ist diese, daß sie sich ihrer Schutzbefohlenen
annehmen.
Wie rührend ist es doch,
wahrzunehmen, wie sie den Menschen auf ihrer
Pilgerfahrt Gnaden erflehen, Verzeihung
der Sünden, Hilfe in besonderen Anliegen,
Stärke zur Überwindung von Versuchungen
und zur Ausführung schwieriger Werke! Sie
haben reges Interesse an allem Guten. Sehnsuchtsvoll
wünschen sie, daß der Schatz der Gnade wirksam
weitergeleitet, daß der Sieg des Guten errungen
und die Macht des Bösen gebrochen werde.
Die Gemeinschaft der Heiligen ist ein
großes Geheimnis.
Leider wird es nicht genug gewürdigt. Man
versteht es besser, sobald man das wunderbare
Zusammenwirken der Himmlischen und Irdischen
mit den Augen des Geistes wahrnimmt. Sofort
versteht man das Wachsen des mystischen
Leibes der Kirche. Durch die gemeinsamen
Arbeiten der Glieder baut sich der Leib
nämlich auf, aber das Mitwirken der Irdischen
ist eine Notwendigkeit.
In diesem Schauen versteht man auch einigermaßen,
daß die Gläubigen auf Erden das königliche
Priestertum ausüben müssen. Wir sind
nicht umsonst ein auserwähltes Volk, ein
heiliges Geschlecht, ein königliches Priestertum.
Aus dieser Auserwählung und Bevorzugung
ergeben sich auch Pflichten. Eine dieser
Pflichten ist die, daß wir dem ewigen Vater
durch den göttlichen Sohn im Hl. Geist das
ersetzen müssen, was Ihm durch die Sünde
der Menschen genommen ist. Opfern wir
nun im Sohn und im Verein mit Ihm die hl.
Messe auf, so bereiten wir dem himmlischen
Vater unendliches Wohlgefallen, und wir
werden dann auch selbst wieder vom Vater
in Seinem Sohn umarmt und geliebt. Was uns
selbst an Liebe und Dank abgeht, ersetzt
der Sohn.
Wie schade
ist es, daß der Glaube bei den Menschen
so wenig lebendig ist!
Deshalb ist auch die Ehrfurcht und die Mitwirkung
auf Grund des königlichen Priestertums viel
zu matt. Die Menschen wissen oft gar nicht,
was sie bei der hl. Messe tun sollen, weil
sie kein Verständnis für die Opferhandlung
haben, und weil sie darum auch nicht wissen,
wie man Gott im Geist und in der Wahrheit
anbeten muß
[Joh 4,22].
Könnten die Christen bei der hl. Messe die
Ehrfurcht der hl. Engel und ihren vollkommenen
Dienst sehen, würden viele ihre Haltung
und ihre Tätigkeit ganz ändern müssen.
Dürften die Armen
Seelen nochmals auf die Erde kommen, sie
würden keine einzige hl. Messe versäumen.
In glühender Liebe würden sie die hl. Messe
mitfeiern und diese einzige Möglichkeit
ausnützen, um die Sünden zu sühnen und sich
Gnade zu erflehen. Nun sehen sie im Licht
der Ewigkeit ein, wie die hl. Messe unser
größter Schatz ist, unser Ein und Alles.
Um die hl. Opferhandlung und das königliche
Priestertum ausüben zu können, würden sie
sich förmlich herandrängen.
Wenn die Pilger auf dieser ihrer Reise ins
Jenseits das einsehen könnten, was die Armen
Seelen einsehen, würden alle Kirchen zu
klein sein, dann würde das Gotteshaus wirklich
ein Haus des Gebetes.”
ABSCHLUSS DER OPFERHANDLUNG
IM LETZTEN KANONGEBET
“Der Zelebrant, als gottbestellter Mittler,
zeigt kraft seiner priesterlichen Vollmacht
dem ewigen Vater den Sohn, den eigentlichen
Mittler zwischen Himmel und Erde. In würdiger
Form bringen die Zeremonien sinnig und verständlich
den Opferakt zum Abschluß. Der Priester
steht dabei auch in engster Verbindung mit
dem Volk in Ausübung des königlichen Priestertums.
Er hebt die Hostie empor und spricht:
‘Durch +
Ihn, mit +
Ihm und in + Ihm wird Dir Gott
+ allmächtiger Vater in der Einheit
des Heiligen +
Geistes alle Ehre und Verherrlichung.'
Die Ehre
und Herrlichkeit der ganzen hl. Dreifaltigkeit
wird wiederhergestellt.
Zu gleicher Zeit wird auch die zürnende
Gerechtigkeit entwaffnet. Durch die Erlöserverdienste
und das kostbare Blut des unbefleckten Lammes
wird Gott gerührt, versöhnt und zur Barmherzigkeit
gestimmt. Wir können das erhabene Ineinandergreifen
der heiligsten Dreifaltigkeit nicht verstehen.
Was ist das doch ein erhabenes Schauspiel!”
Die Hl. Schrift hat die Bedeutung und Tragweite
der Auferstehung ausführlich berichtet.
Seinen Feinden hat Christus dreimal zu verschiedenen
Zeiten seine Auferstehung als Wahrzeichen
vom Himmel und als Zeichen des Jonas mit
hinreichender Deutlichkeit vorhergesagt:
Bei der Tempelreinigung [Joh 2,19].
Bei dem Verlangen der Juden nach einem Zeichen
vom Himmel [Mt 12,38].
Bei dem erneuten Versuch, Christus auf ein
Zeichen vom Himmel festzulegen [Mt 16,4].
Seinen Jüngern im engeren Kreis hat Er ebenfalls
dreimal seinen bevorstehenden Tod und in
diesem Zusammenhang jedesmal seine Auferstehung
vorhergesagt [Mt 16,24f., Mk 8,30f., Lk
9,22].
Danach bei [Mt 17,21f., Mk 9,29 ff., Lk
9,44‑45].
Ein drittes Mal in [Mt 20,17f., Mk 10,32f.,
Lk 18,31‑34].
Beim Abstieg von Tabor nach Seiner Verklärung
sagte Er den drei bevorzugten Jüngern; man
soll von der Verklärung keine Mitteilung
machen, bis“der Menschensohn von den Toten
auferstanden sei.” [Mt 17,9, Mk 9,9]
Ein achtes Mal sagte Christus nach dem Abendmahl,
auf dem Weg zum Ölberg [Mt 26,30] seine
Auferstehung voraus. [Mt 26,32, Mk 14,28]
Die ausführlichen Auferstehungsberichte,
als der auferstandene Heiland 40 Tage bei
den Seinen weilte, sie tröstete, stärkte
und belehrte, finden sich in der hl. Schrift.
[vgl. Mt 28,1f.; Mk 16,1f.; Lk 24,1f.; Joh
20,1f.]
“Den Kelch des Segens, den wir segnen, ist
er nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi?
- Das Brot, das wir brechen, ist es nicht
die Gemeinschaft des Leibes Christi?” [1
Kor 10,16].
DIE HL. KOMMUNION
Die Kommunionliturgie bereitet die Seele
zum Empfang des eucharistischen Heilandes.
Sie geleitet wie ein Brautführer zum Hochzeitsmahl
des Lammes in der nachfolgenden Gebetsfolge:
Das Vater unser, das eucharistische Tischgebet.
Vertiefung der letzten Vaterunser‑Bitte.
Brotbrechung, Friedenswunsch,
Mischung des hl. Blutes mit der Brotsgestalt.
Agnus Dei, Bitte um Reinigung.
Kommunion des Zelebranten und der Gläubigen.
Die Kommuniongebete, einschließlich “Agnus
Dei” spricht der Zelebrant als Vertreter
der christlichen Gemeinde in der Mehrzahl:
“Wir bitten Dich, erbarme dich unser!” Dann
aber geht die Liturgie in die persönliche,
subjektive Form über, sie redet den Heiland
persönlich an. So geziemt es sich, wenn
der göttliche Gast seinen Besuch persönlich
anmeldet: “Siehe, Ich stehe vor der Tür
und klopfe. Wenn jemand mir auftut, will
ich einkehren und Abendmahl mit ihm halten
und er mit Mir.” [Apk 3,20]. Das Entgegenkommen
ist auf beiden Seiten persönlich und individuell.
DAS INNERE, SAKRAMENTALE
GESCHEHEN
Die Wirkung der Kommunion beschreibt Br.
Kostka dadurch, daß er zum Teil seine persönliche
Kommunionpraxis, zum Teil die erhaltenen
Erleuchtungen und Erlebnisse darlegt. In
seiner Sprache macht sich ein tief religiöser
Zug bemerkbar. Oft wird die Darstellung
ergreifend, wenn er seine Vertrautheit mit
dem göttlichen König der Liebe kundgibt.
Ein solch inniger Verkehr einer Seele mit
dem eucharistischen Heiland kann nur aus
der Tatsache der mystischen Begnadigung
verstanden werden. Dieses Hohelied
der eucharistischen Liebe kann nur jener
singen, der in göttlicher Liebe erglüht
und der die Vereinigung der Seele mit dem
sakramentalen Christus “erfahrungsgemäß”
erlebt hat, wie es der echten Mystik eigen
ist.
Trotz der mehr persönlichen Formulierungen
werden jedoch die eigentlichen Wirkungen
der Kommunion sehr gut ins Licht gestellt.
Als eigentliche Höhepunkte werden sichtbar:
Die Herablassung des Gottmenschen und die
Hingabe der Gottheit an den armen Erdenpilger:
“Zwei Freunde umarmen sich. Aber der eine
Freund ist ein göttlicher Freund, eine göttliche
Person.”
Die denkbar innigste Vereinigung der Seele
mit Christus.
Die Vergöttlichung der Seele, direkt von
der hl. Dreifaltigkeit bewirkt.
Die Gewährleistung jenes kostbaren Unterpfandes
der glorreichen Auferstehung und ewigen
Seligkeit.
Der Gottmensch, dessen Wonne es ist, bei
den Menschenkindern zu sein [Spr 8,31],
weilt alle Tage bei uns bis zum Ende der
Zeiten [Mt 28,20]. Er beschränkt sein sakramentales
Wirken bei der Messe nicht auf jene allein,
welche die Kommunion empfangen, sondern
dieser umfaßt auch jene umfaßt auch jene,
die das hl. Meßopfer ohne Empfang der Kommunion
andächtig mitfeiern.
Zum inneren Geschehen während der Kommunion
gehört ja auch die Fortsetzung der Tätigkeit,
die Jesus nach der Auferstehung in den
40 Tagen ausübte, als er den Seinen oftmals
erschien und über das Reich Gottes redete
[Apk 1,2]. Die gnadenreichen Erscheinungen
werden beim hl. Meßopfer erneuert, nicht
nur symbolisch, sondern tatsächlich, weil
der glorreich Erstandene lebendig in höchster
Liebe tätig ist.
DIE KOMMUNION‑PRAXIS EINER FROMMEN SEELE
VORBEREITUNG IN STARKER SEHNSUCHT
“Sobald der Heiland durch die Konsekrationsworte
auf dem Altar gegenwärtig ist, nehme
ich Seine Gegenwart mit dem inneren Sinn
wahr. Durch diesen geistigen Blick bin
ich wie gebannt und festgehalten. Die Vorbereitung
zum Empfang des eucharistischen Heilandes
beginnt wie von selbst und ohne Mühe. Sie
setzt ein, wenn der Priester das Paternoster
betet, das eigentliche eucharistische Tischgebet
der hl. Messe.
Ich fühle eine starke Sehnsucht nach der
Kommunion, eine Sehnsucht, die sich bis
zur Glut entfacht und entzündet. Der Glaube
lehrt mich ferner, wie eine noch viel stärkere
Sehnsucht das heiligste Herz Jesu drängt.
'Mit Sehnsucht habe ich verlangt, dieses
Osterlamm mit euch zu essen.' Wer die Gnade
der Kommunion zu schätzen weiß, wird es
rasch verstehen, wie diese Sehnsucht, diese
unsere Nötigung und Einladung dem Meister
gefällt. Mit den Emmausjüngern rufe ich
bisweilen: ‘Herr bleibe bei uns! Herr, komm
zu uns!' Oft wiederhole ich auch die Worte:
'Jesus, Sohn Davids, erbarme Dich unser!'
Diese meine Sehnsucht
wird oft auch eine heilige Ungeduld nach
der Umarmung des höchsten Gutes. Mein Blick
bleibt immer auf den gegenwärtigen Heiland
gerichtet. Die Liebe wird zur lodernden
Glut. Darum brauche ich nicht nach Worten
zu suchen, sie drängen sich wie von selbst
auf meine Zunge und
werden mir geläufig. Die Akte der Liebe
und Sehnsucht strengen mich nicht an.
Ich fühle niemals die geringste Zerstreuung
oder Ablenkung. [Ein Beweis der
mystischen Vereinigung.]
ANBETUNG DER HEILIGSTEN DREIFALTIGKEIT
Sobald ich die hl. Kommunion empfangen habe,
beginne ich mit der Anbetung der hl. Dreifaltigkeit.
Doch bleibt mein Blick immer auf den Gottmenschen
gerichtet.
Im Augenblick der Kommunion ist es, als
ob eine Flamme in die andere übergehe, als
ob ein Brand sich mit einem anderen mische.
Ich sehe nämlich die Menschheit Christi
mit Seiner Gottheit vereinigt. Durch
diese geistige Anschauung entstehen die
Flammen der Liebe im Herzen, das verzehrende
Feuer. Zu gleicher Zeit nehme ich wahr,
wie Christus ebenfalls in Sehnsucht brennt,
sich der Seele mitzuteilen und sich mit
ihr zu vereinigen. Diese Vereinigung mit
Christus ist es, die mich so anzieht; an
den großen Schatz der Eucharistie denke
ich beim Empfang der Kommunion weniger.
Indes sehe ich nicht nur die heilige Menschheit
Christi, sondern auch die heiligste Dreifaltigkeit,
alle drei Personen in der Anschauung der
inneren Sinne. Das ist der Grund, warum
ich gleich mit der Anbetung der hl. Dreifaltigkeit
beginne.
Mich zuerst an den himmlischen Vater wendend,
bete ich etwa so: 'In tiefster Demut
bete ich Dich an, himmlischer Vater, innig
danke ich Dir, daß Du uns Deinen eingeborenen
Sohn, vor aller Zeit gezeugt, gegeben hast.
Mit Ihm und im Verein mit Ihm willst Du,
o großer Gott, Dich selbst uns schenken.'
In diesem Augenblick steigert sich das Glaubenslicht.
Im Glauben erkenne ich und werde inne,
wie Gott sich in Seiner unermeßlichen göttlichen
Liebe zu uns armen Menschen herabläßt. Nun
dürfen und können wir den unermeßlichen
Gott wie mit Augen sehen.
Mit der gottmenschlichen
Person ist eben der ewige Vater und der
Hl. Geist vereint.
In den Brotsgestalten wird wahr, was Christus
uns verheißen hat: 'Wer mich sieht, sieht
auch den Vater.' Dieses Geheimnis der Einheit
und des Zusammenseins des Vaters und des
Sohnes erschließt sich dem geistigen Blick
bei der Kommunion; und es ist beinahe eine
Notwendigkeit, mit dem Sohn zu gleicher
Zeit den Vater und den Hl. Geist zu lieben.
Dem lieben Heiland
huldige ich etwa mit diesen Worten:
'In tiefster Demut und Ehrfurcht bete ich
Dich an. Ich danke Dir, daß Du unsere Knechtsgestalt
angenommen und nun sogar in unendlicher,
unbegreiflicher Erniedrigung und Herablassung
unsere Speise werden willst. O Liebe! Wie
weit bist Du gegangen, um unsere Liebe
zu gewinnen!'
Gott den Hl. Geist
bete ich etwa so an:
'O Heiliger Geist, ich bete Dich an und
danke Dir, daß Du die heilige Menschheit
Jesu gebildet, geführt und verherrlicht
hast.'
Die große Gleichgültigkeit der Christen
tut mir doch oft sehr leid, daß sie dem
Hl. Geist zu wenig oder gar keine Aufmerksamkeit
und Beachtung schenken. Bei der hl. Kommunion
möchte ich auch diesem süßen Seelengast
für alle Kälte und allen Undank der Menschen
Sühne leisten. In dieser Sehnsucht, den
Hl. Geist besser verehrt zu sehen, habe
ich gerade im Augenblick der hl. Kommunion
das Empfinden, daß wir manches gutmachen
können und müssen.
VEREINIGUNG DER SEELE MIT CHRISTUS
Die hl. Kommunion heißt
Einigung, Vereinigung, Gemeinschaft mit
dem menschgewordenen Gottessohn. Diese
Ausdrücke lassen uns alle, die wir guten
Willens sind, die Wege ebnen, die wir geistigerweise
einschlagen müssen, um zur Vereinigung zu
gelangen.
In der Liebe und im Glaubenslicht sehe
ich mit den Augen des Geistes den Heiland
und verstehe Seine Sehnsucht nach der
Vereinigung mit uns. Ich umarme den Herrn
und sehe, wie der Herr auch Seinerseits
sich zu mir neigt und mich umarmt.
Diese höchste Vereinigung
ist auch die innigste Vereinigung, die es
in der Liebe gibt.
Wie diese Vereinigung des höchsten Gutes
und Gottes mit einem armen Menschenkind
vor sich geht, kann ich mit menschlichen
Worten nicht ausdrücken. Wenn ich dieses
innige Verhältnis schildern wollte, müßte
ich ein Seraph sein. Aber auch dann ginge
es noch nicht, weil diese Einigung in Gott
alle Begriffe übersteigt.
Zwei Freunde umarmen sich, aber der eine
Freund ist ein göttlicher Freund und eine
göttliche Person. Wenn sich der göttliche
Heiland nicht selbst so herabließe, würde
der unendliche Abstand zwischen dem Schöpfer
und dem Geschöpf heilige Scheu auslösen
und das Zutrauen verhindern. Aber die
Herablassung Christi gibt Mut, unbegrenztes
Vertrauen, ja selbst das denkbar größte
Vertrauen.
Diese innige Beziehung
fühle ich bei jeder hl. Kommunion. Früher
stellte sich hin und wieder auch Trockenheit
ein. Die Trockenheit aber hat die heilige
Freundschaft nicht im mindesten beeinträchtigt.
Jetzt habe ich nicht mehr unter Trockenheit
bei der hl. Kommunion zu leiden. Nur heiße
Sehnsucht und Glut verzehrt mich, eine Sehnsucht,
die den ganzen Tag über anhält und zur Sehnsucht
nach der ewigen Heimat wird, wo wir unseren
guten Meister, unser höchstes Gut, von Angesicht
zu Angesicht sehen können. Das sind Augenblicke
nach der hl. Kommunion, die mich zutiefst
erfassen, meine ganze Seele hinhalten, sättigen
und doch wieder dürsten lassen. Schildern
kann ich diese vertrauliche, geistige Umarmung
nicht. Sie vollzieht sich auch nicht wie
eine irdische zwischen Menschen.
DANKSAGUNG
Eigentliche Bitten habe ich nicht im ersten
Augenblick nach der hl. Kommunion. Umso
stärker aber fühle ich das Bedürfnis, für
die große Gnade, für das übernatürliche
Brot, für die Einkehr Jesu in der Seele
zu danken. Meinen Dank drücke ich dem lieben
Heiland etwa in dieser Form aus: 'Könnte
ich Dir doch danken, wie jemals eine gute
Seele, die Dich liebte, gedankt hat, danken
wird und jetzt, in Liebesglut hingerissen,
dankt. Könnte ich Dir danken, wie Du selbst
Deinem himmlischen Vater Lob, Preis, Dank,
Bitte und Sühne dargebracht hast.'
Mit dem Dank vereinige ich immer Akte der
Demut und fühle so ganz deutlich heraus,
wie notwendig diese Demut dem göttlichen
Gast gegenüber ist. Kindlich einfach spreche
ich: 'Bitte, lieber Heiland, verzeihe mir,
daß ich Dir eine solche Erniedrigung zumute.
Aber ich komme an der Hand der himmlischen
Mutter, die mich zu Dir führt. Von ihr,
meiner innigst geliebten Mutter, angeleitet
und aufgemuntert, wage ich zu beten: Gib
mir alles mit Deinen Lob‑, Preis‑, Dank‑
und Sühneopfern. Ersetze Du, was meiner
Schwachheit abgeht.'
Der Heiland nimmt dann tatsächlich diese
Kühnheit nicht übel. Im Gegenteil, Er kommt
mir von neuen entgegen und ermuntert mich,
daß ich vertrauensvoll und alles, was ich
habe, besonders das eigene Ich, mit Seinem
Opfer vereinige und in dieser Vereinigung
zur Verherrlichung des ewigen Vaters und
zur Bekehrung der Sünder aufopfere.
Bei diesen
Akten der Danksagung und Aufopferung küsse
ich des öfteren die hl. Wunden.
Die Verehrung der glorreichen Wundmale
bereitet dem Heiland viel Freude und Genugtuung.
Bei dieser Verehrung der Wundmale erneuert
sich die geistige Umarmung. Zwei Freunde
haben sich gefunden, sie verstehen sich.
Beide wollen nur das Eine, daß der himmlische
Vater alle Ehre und Verherrlichung von uns
Menschen und der ganzen Schöpfung entgegennimmt.
FORTSETZUNG DER DANKSAGUNG TAGSÜBER
Mit der hl. Kommunion schließe ich die Danksagung
nicht ab. Da ich den ganzen Tag im Wandel
vor Gottes Gegenwart zubringe, so ist
meine Aufmerksamkeit immer auf Gott und
die hl. Eucharistie gelenkt. Wenn ich Gelegenheit
zu einem Besuch habe, gehe ich nie an der
Kirche vorbei. Bei Fahrten in der Eisenbahn,
die bei mir ja nur selten vorkommen, grüße
ich immer beim Anblick einer Kirche den
Heiland im hl. Sakrament, für den ich alles
leide und aufopfere. Ich schließe die Kommunionandacht
in der zweiten hl. Messe ab und besuche
gerade deshalb so gern die Acht‑Uhr‑Messe,
um die Danksagung zu vertiefen. In dieser
Messe löse ich auch die übernommenen Verpflichtungen
ein, da ich vielfach um Gebetsalmosen angehalten
werde.”
[Das Leben in der Gegenwart
Gottes ist heute unbekannt und doch so wichtig.
Nur so kann bleibt man immun gegen die Sünde,
Oberflächlichkeit...]
FORTSETZUNG DER EUCHARISTISCHEN
TÄTIGKEIT DES HEILANDES
Die hl. Messe ist die fortgesetzte Gedächtnisfeier
und die wirkliche Gegenwärtigsetzung des
glorreichen Opferleidens, der Auferstehung
von den Toten und der Himmelfahrt Christi.
So drückt es das erste Kanongebet nach der
Wandlung aus. Der Heiland erneuert nach
der Wandlung die Auferstehungsgeheimnisse
mit all ihren reichen Ausstrahlungen. In
diesem Zentralgedanken sind somit die Auferstehungsgeheimnisse
verständlich, und sie wirken sich bei dem
hl. Opfer weiterhin aus.
Obwohl die eucharistischen Gestalten nach
der Kommunion nicht mehr zugegen sind, wirkt
Christus bis zur Vollendung der hl. Messe
in ganz wunderbarer Weise. Wie vor der hl.
Wandlung, so ist Er auch nach der hl. Kommunion
tätig, und zwar in Seinem mystischen Leib.
Wie Christus nach der Auferstehung während
der 40 Tage auf Erden lebte, wirkte, Segen
hinterlegte und vieles der Vollendung entgegenführte,
so ist Er nach der hl. Kommunion nun weiterhin
ungemein wirksam für die Kirche. Aber wer
kann solche geistige Vorgänge, diese ganz
gottmenschliche Wirksamkeit beschreiben?
“Ich sehe Auferstehungsszenen, wie
Christus schnell, wie der Gedanke, bald
da, bald dort weilt und wirkt. Oft wird
meine Seele zugleich mit dem Auferstandenen
dahin und dorthin geführt, ja von dem glorreichen
Sieger über Tod und Hölle einfach fortgerissen.
Das geschieht besonders, wenn ich, wie im
Hochamt oder in der Messe um 8 Uhr die
Kommunion selbst nicht empfange. Wenn der
Herr an den Leidensorten vorüberzieht und
sich Seiner Triumphe freut, bekomme auch
ich hie und da manchen Tropfen Siegesfreude
zu kosten. Ich verstehe so manches,
was man sonst kaum versteht.”
In mystischer Schau sieht
und erkennt er nach der Wandlung und bei
der Kommunion den Heiland in Seinem verklärten
Zustand.
Diese eindrucksvollen Hinweise auf den Verklärten
und Erstandenen sind für den Glauben sehr
aufschlußreich und haben eine gute theologische
Grundlage.
Die gnadenreichen Erscheinungen des glorreich
Erstandenen sind mit dem irdischen Leben
Jesu nicht abgeschlossen. Die 40tägige Unterweisung
nach Ostern war für die Apostel und Jünger
notwendig. In vielen Punkten mußten sie
umlernen. Vor allem mußten sie sich an die
wesentliche Änderung, an die neue Daseinsform
des Auferstandenen mit den verklärten Eigenschaften
gewöhnen. Vor Seinem Tod wußten die Jünger,
wo der Meister weilte und wo man ihn aufsuchen
konnte. Obwohl Er ständig bei ihnen weilte:
“Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende
der Welt” [Mt. 28,20], zeigte Er sich Ihnen
doch nur gelegentlich.
Seine Erscheinungen hatten immer etwas majestätisches,
übernatürliches, geheimnisvolles an sich.
Oft stand der Heiland unerwartet inmitten
der Seinen, ohne die verschlossene Tür zu
öffnen und ohne im gewöhnlichen Menschenschritt
heran-zutreten. Dann war Er wieder unsichtbar,
ohne fortzugehen [Lk 24,31].
In vielen Beweisen hatte der ewige Hohepriester
das Zentralgeheimnis der Auferstehung dem
Glaubensbewußtsein überzeugend eingeprägt,
da Er sich als Sieger und Triumphator lebend
erwies, “während 40 Tagen erschien Er ihnen
und belehrte sie über das Reich Gottes”
[Apg 1,3]. Auch die Einsetzung des hl. Meßopfers
beim Letzten Abendmahl bedurfte noch mancherlei
ergänzender Belehrungen. Die Worte: “Tut
dies zu Meinem Andenken” waren zu kurz,
um den neuen Gottesdienst der hl. Messe
und die geheimnisvollen inneren Vorgänge
bei der hl. Handlung verständlich zu machen.
Moses
wurde zum Berg Sinai berufen, um dort in
einem 40tägigen Anschauungsunterricht zu
lernen, wie er das Bundeszelt einrichten
und die Anweisungen Gottes über die alttestamentliche
Liturgie durchführen sollte, als ihm gesagt
wurde: “Siehe zu, daß du es (das Bundeszelt)
nach dem Vorbild machest, das dir auf dem
Berg gezeigt wurde.” [Ex 25,40; Apg 7,44]
Als nun die vom Propheten Malachias
angekündigte Zeit gekommen war, daß
“unter allen Völkern und an allen Orten
vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang
ein reines Speiseopfer Gott dargebracht
würde” [Mal 1,11], erschloß der Mittler
des Neuen Bundes wiederum in 40 Tagen durch
sein geheimnisvolles Wirken, durch Belehrungen
und Erleuchtungen den Aposteln Seinen Willen,
wie sie die Liturgie der hl. Messe feiern
sollten. Das überragende Mysterium des Neuen
Bundes ist eben das Erlösungsgeheimnis,
das am Kreuz zum ersten Mal und in allen
Zeiten durch die Zelebration der hl. Messe
erneuernd vollzogen wird.
Im Auferstehungslicht verstehen wir besser
die Erhabenheit der hl. Kommunion und lernen,
uns mit Ehrfurcht dem eucharistischen Heiland
zu nähern.
“Das Entgegenkommen Jesu
bei den Auferstehungsszenen und Seine Mitteilungen
richten sich sehr nach der Empfängnisbereitschaft
der Seelen. Bei Seiner reinsten Mutter fand
der eingeborene Sohn Gottes das höchste
Entgegenkommen und Verständnis für Seine
Geheimnisse. Maria war voll des Hl. Geistes
und auf der höchsten Stufe des inneren Lebens.
Darum erkannte sie den Auferstandenen sofort,
als Er zu ihr kam. Magdalena hielt Ihn für
den Gärtner. Sie war sich selber noch nicht
ganz abgestorben. Ihr geistiges Auge war
noch betrübt. Diese Verschiedenheit in
der Erkenntnis und Erleuchtung ist aufschlußreich
für die verschiedenen Wirkungen der hl.
Kommunion.
Seelen, die sich vollkommen abgestorben
sind, verstehen den Heiland leicht, erhalten
tiefe Einblicke in Seine Geheimnisse und
folgen dem Heiland willig auf dem Kreuzweg.
Zur Entschädigung für ihre Opfer werden
sie darum auch mehr mit dem glorreichen
Leben vertraut gemacht.
Andere Seelen sind weniger
abgetötet. Sie erkennen darum manche Geheimnisse
nur mangelhaft, folgen dem Herrn nicht gern
auf Seinem Kreuzweg und werden daher nicht
leicht auf die Höhe von Tabor hinaufgeführt.
WIRKUNGEN DER WÜRDIGEN KOMMUNION
Die Wirkungen der hl.
Kommunion sind je nach dem Grad der Empfänglichkeit,
der Vorbereitung des Empfängers recht verschieden.
In sich aber bringt der Empfang des Leibes
und Blutes Christi vor allem Segen und Gnaden.
Als erste Gnade ist zu nennen:
VERGÖTTLICHUNG
Diesen Ausdruck 'vergöttlichen' gibt am
treffendsten die innere, alles überragende
Wirkung der hl. Kommunion an. Wie der Wassertropfen
zum Meer fließt und sich mit dem Meer vereinigt,
so wird der kommunizierende Christ und besonders
der zelebrierende Priester durch die würdige
Kommunion zu Gott geleitet und mit Ihm vereinigt,
ja, er wird vergöttlicht. Diese Vergöttlichung
wird direkt durch die heiligste Dreifaltigkeit
hergestellt. Oft schon sah ich mit dem
inneren geistigen Blick in der Seele des
Kommunizierenden eine ganz wunderbare Bewegung
der ganzen hl. Dreifaltigkeit. Diese Tätigkeit
ist eine Hingabe der Gottheit und die
Herstellung der geistigen Gütergemeinschaft,
wie es schon im Wortsinn angedeutet wird.
Denn Kommunion heißt Vereinigung, Eins‑Werden
mit Gott.
Der himmlische Vater
freut sich, wenn er Seinen innigst geliebten
Sohn in einer Seele gut aufgenommen sieht.
Dann gießt Er vieles von Seinen eigenen
Freuden in das Herz der Menschen. Die
Kindschaft Gottes tritt immer deutlicher
hervor und adelt die Seele. Gott Sohn
aber erfüllt, was Er versprochen und verheißen
hat: 'Du, o Vater in mir, und ich in Dir,
damit alle in uns Eins seien.' In dieser
Vergöttlichung geht alles auf das Einswerden
mit der Gottheit hinaus. Der Hl. Geist schließlich,
der Lebendigmacher, teilt immer größere
Lebensfülle und Gnadenkraft mit und bereichert
die Seele und bildet sie in das Bild Christi
um. Sie ist geschaffen nach dem Bild und
Gleichnis Gottes; nach diesem Urbild muß
sie umgestaltet werden.”
DIE MUTTER GOTTES,
DAS HÖCHSTE VORBILD DER WÜRDIGEN KOMMUNION
“Am 23. Febr. 1938 kniete
ich wie gewöhnlich, zur Morgenandacht um
3 Uhr hinter dem Hochaltar. Es wurde mir
eine innere Erleuchtung zuteil über die
würdige Kommunion. Ich hörte das Wort: 'O
die Eine, o die Reine, Sie nur allein war
würdig, die Mutter meines Sohnes zu
sein'. Sie allein hat jene Würdigkeit, um
alle Wirkungen der hl. Kommunion ohne das
geringste Hindernis erblühen zu lassen.
Ihr brachte die hl. Kommunion die höchste
Vereinigung in flammender Liebe, die ganze
Vergöttlichung durch den lebendigsten Glauben
und durch die Mitwirkung mit allen Gnaden.
Maria ist die Höchste im Himmel und auf
Erden. Auch diese teure Seele habe ich euch
Menschen mit meinem Sohn gegeben.”
VERMINDERUNG DER WIRKUNGEN
“Am Sonntag, 6. Febr. 1938 kniete ich um
ca. 4 Uhr morgens am Marienaltar. Ich hatte
bereits meine hl. Stunden am Hochaltar gehalten.
Da sah ich eine kleine Hostie von der Größe,
wie sie von Laien im Altarsakrament empfangen
wird. Um diese hl. Hostie herum waren wieder
andere kleine Partikelchen. In der kleinen
Hostie, in jedem, auch dem kleinsten Partikel
war das Jesuskind mit ganz gleichem Gesichtsausdruck
zu sehen.
Ein wunderbarer Schimmer glänzte um seine
Gestalt. Das Leuchten in diesem Farbenspiel
kann ich unmöglich beschreiben. Noch heller
aber strahlte und noch erquickender als
das Lichtspiel der Farben leuchtete das
Jesuskind. In Seinen Händchen hatte es
allerhand Geschenke, symbolisch in Blumen
und Früchten dargestellt.
Da hörte ich die Stimme - wahrscheinlich
die der Mutter Gottes: 'So hoch und erhaben
ist der, der sich erniedrigt und herabsteigt,
so groß wird derjenige, der den Heiland
würdig in der hl. Eucharistie empfängt.'
Aber eine gewisse Wehmut klang aus der Stimme
heraus, weil die überreichen Geschenke und
Gnadengaben bei der Kommunion nicht in
Empfang genommen werden. Viele Herzen
sind für den hohen, göttlichen Gast nicht
würdig vorbereitet und darum für die Gaben
nicht empfänglich. Die Eigenliebe hindert
bei so manchen, selbst gottgeweihten Seelen,
das echte Tugendstreben. Darum kann das
Gotteskind die Gaben Seiner Liebe und Seines
Reichtums nicht in der Freigebigkeit austeilen,
wie es Seinen Absichten entspricht.
O wie sehr schadet doch die Eigenliebe!
Diese hindert das Sterben des Weizenkörnleins.
Wenn es aber nicht stirbt, bringt es wenig
oder gar keine Frucht.
Es ist die Wonne Gottes, bei den Menschenkindern
zu sein. Er läßt sich gern herab, aber Er
will doch auch in unseren Herzen etwas gelten
und genötigt werden, unserer Bedürftigkeit
abzuhelfen. Die Herablassung Jesu wird von
unserer Mitwirkung bedingt. Wenn Jesus für
Seine Liebe Gegenliebe findet, wird Er viel
herablassender und inniger im Umgang mit
der Seele. Umgekehrt: Ist eine Seele gleichgültig,
läßt sie den hohen, göttlichen Gast allein,
behandelt sie Ihn kalt und rücksichtslos,
so zieht Er sich mit Seinen Gaben zurück,
weil man Seine Einkehr und Seine herrlichen
Gnadengaben nicht zu schätzen weiß.”
DIE UNWÜRDIGE KOMMUNION
“Mir wurde in Bildern ganz eigener Art gezeigt,
was bei sakrilegischen Kommunionen,
vor allem bei unwürdigen Priestern zu
geschehen pflegt.
In starkem Mitleid mit
dem eucharistischen Heiland schlagen Engel
im Herzensinnern ein Zelt auf, damit der
Reinste nicht in Berührung mit dem unreinen
Herzen kommt. Solange die hl. Gestalten
vorhanden sind, hält der Heiland, im Zelt
eingeschlossen, aus und wird daselbst von
den Engeln verehrt und angebetet. Voll Unwillen
und Betrübnis über die schmähliche Behandlung
brechen die Engel dann die Zelte wieder
ab. Der Herr aber zieht sich mit all
Seinen Gaben zurück, läßt das Priesterherz
in Trauer, Verwirrung, Unruhe und Unfrieden
allein. Statt Segen ist der Fluch heimisch
geworden. Solche Bilder möchte ich
nicht mehr sehen. Wie peinlich ist der Anblick!“
DIE WÜRDIGE PRIESTERKOMMUNION
“Es ist aber kaum zu beschreiben, welch
ein erhabenes Schauspiel für Engel und
Menschen sich abspielt, wenn der Priester
zum Empfang der hl. Kommunion würdig hinzutritt.
Der würdig zelebrierende Priester ist
nach der hl. Kommunion von vielen Engeln
umgeben, die in großer Verehrung und
Anbetung dem Heiland zur Seite stehen und
am Erlösungswerk beteiligt sind. Die wunderbarsten
inneren Bewegungen, ganz geistiger Art,
sind wahrnehmbar, wenn sie uns auch auf
Erden nicht recht faßbar sind.
Ein guter Priester, der fromm lebt und apostolisch
wirkt, der sich aufreibt und abmüht, um
unsterbliche Seelen zu retten, um diese
durch das göttliche Wort und den Empfang
der hl. Sakramente zu heiligen und dem Heiland
zuzuführen, bereitet dem eucharistischen
Herrn unendliche Freude. In außerordentlich
herablassender Weise neigt sich der ewige
Hohepriester zu Seinem priesterlichen Mithelfer
herab, teilt mit vollen Händen, in geradezu
verschwenderischer Weise Seine Gaben aus,
damit immer mehr Seelen Anteil von diesem
Schatz empfangen. Sobald ein Priester,
im Durst nach unsterblichen Seelen, Seeleneifer
spürt und in die Tat umsetzt, wird er wie
ein Apostel. Er ist sehr aufnahmefähig
für die Gnaden Gottes, und Christus bedient
sich seiner in verschiedenster Weise.
Auch Laien, die sich apostolisch um Seelen
bemühen, sich im Gebet, Opfer, Leiden und
werktätiger Liebe für ihre Mitmenschen
einsetzen, nehmen an den priesterlichen
Werken teil, freilich in anderer Weise und
mit anderen Mitteln.
RUHE IN GOTT
Man muß das Herz nach
der Kommunion in Gott ruhen lassen,
weil Gott in Ruhe und nicht im Sturm tätig
ist. Diese ruhige Haltung der Seele ermöglicht
es dem Heiland, der Seele jenen Frieden
zu geben, den die Welt nicht geben kann.
Wer aber in weltlichen Gedanken und Sorgen
vom Heiland abschweift, wer Ihn ohne Interesse
allein im Herzensinneren läßt, wer sich
gar losreißt vom Lebensborn, der kommt selbst
nicht zur Ruhe und hindert gar sehr die
Wirkungen der gnadenreichen Einkehr Christi.
Der Hunger nach der eucharistischen Speise
und das Verlangen nach Christus, die innere
Nötigung, die man Ihm antut, ins Herz zu
kommen, lösen ebenfalls viele gute Wirkungen
beim Empfang der hl. Kommunion aus.”
Die Hl. Schrift hat das Geheimnis und das
Kleinod des Altarsakramentes der Christenheit
überliefert. Auf dem sicheren Schriftfundament
wird die Offenbarungswahrheit über die Eucharistie
in ihrer Reinheit und Unverfälschtheit garantiert,
als Gotteswort am besten vor Irrtum geschützt
und der lehrenden und hörenden Kirche zugänglich
gemacht.
Drei Texte kommen hier in Betracht:
Die Verheißung des eucharistischen Lebensbrotes
[Joh 6,22,71],
Die Einsetzung des Altarsakramentes, die
Vorbereitung [Mt 26,17 f., Mk 14,12‑16,
Lk 22,7-13], das Ostermahl [Mt 26,20‑29,
Mk 14,17‑25, Lk 22,14-18],
die Einsetzung der Eucharistie [Mt 26,26‑28,
Mk 14,22‑24, Lk 22,19‑20, ferner 1 Kor 11,23‑39].
Die Parabel vom königlich-eucharistischen
Hochzeitsmahl.
Der Heiland selbst kündet an, welch verschiedene
Aufnahme seine Einladung bei so vielen lauen
und gleichgültigen Menschen findet. Trotz
der schlechten Erfahrungen und Kränkungen
läßt ihm der Heilswille keine Ruhe. In der
Parabel gibt er seinen priesterlichen Knechten
den Auftrag: “Geht an die Straßenkreuzungen
und ladet zum Hochzeitsmahl alle, die ihr
findet” [Mt 22,9].
Ein neuer Appell ergeht an die Knechte.
Da noch Platz im Haus ist, befiehlt Er seinen
Dienern erneut: “Geht an die Landwege! Nötigt
sie herzukommen, damit mein Haus vollbesetzt
werde!” [Lk 14,23].
“Nach der Feier des Paschamahles, das die
Kinder Israels zum Gedächtnis des Auszuges
aus Ägypten begingen, setzte Er (Christus)
ein neues Pascha ein, das von der Kirche
durch die Priester unter sichtbaren Zeichen
zu feiern ist zum Gedächtnis Seines Heimganges
aus dieser Welt zum Vater, nachdem Er uns
durch die Vergießung Seines Blutes erlöst,
aus der Macht der Finsternis befreit und
in Sein Reich hinüberführt hatte.” [Konzil
von Trient D 938]
“Christus führte sie (die Apostel) hinaus
bis nahe bei Bethanien. Dann hob er seine
Hände empor und segnete sie. Mit diesem
Segen schied er von ihnen und wurde in den
Himmel empor getragen. Die Jünger beteten
ihn an und kehrten mit großer Freude nach
Jerusalem zurück.” [Lk 24,50f.]
DER SCHLUSS DER HL. MESSE
Die Reihenfolge der liturgischen Gebete
und Handlungen am Schluß der hl. Messe:
Entlassung des Volkes mit den Worten “Ite
missa est”.
Gebet zur heiligsten Dreifaltigkeit “Placeat”.
Schlußsegen über das versammelte Volk.
Schlußevangelium.
Bei diesen liturgischen Handlungen sieht
Br. Kostka in mystischer Schau sowohl die
Vorbereitungen zur Himmelfahrt des verklärten
Heilandes in Seiner beginnenden Glorie und
Majestät. In Kürze wird berichtet:
Die Begleitung der Apostel und Jünger zum
Ölberg.
Die Aufstellung und Mitfeier der Altväter
(Patriarchen) aus der Vorhölle (Vorhimmel).
Die Aufstellung ungezählter Engel in Chören
und Ordnungen.
Die austeilende Liebe des vorüberziehenden
Siegers an die Armen, Seine Lieblinge.
Die Teilnahme des ewigen Vaters an der unermeßlichen
Erlöserfreude.
Der Empfang des Erlösungsschatzes durch
den Hl. Geist.
Die enge Verbindung des Herrn mit Seiner
Mutter.
Letzte Weisungen und letzter Segen.
“Außer den Aposteln sind zugegen und zur
Mitfeier herangezogen die Altväter
aus der Vorhölle, die Christus befreit
hat. Sie sind in unvorstellbar großer Freude
und im Jubel um den Heiland geschart. Sie
fühlen und verstehen die Kraft des Erlösertodes
und die Ausstrahlungen für die ganze Welt.
Wer kann ihr Glück beschreiben! Doch trotz
dieser Freude sind sie in Erwartung der
Dinge, die da kommen sollen. Sie sind auch
wie betrübt, daß ihre Nachkommen dem Fleische
nach (aus dem auserwählten Volk) dem Heiland
den schmählichen Kreuzestod bereitet haben
und nun verstockt bleiben.
Zugegen ist an erster
Stelle die Gottesmutter,
die ungemein still und gesammelt mit ihrem
Sohn vereint ist. Man kann nicht auf sie
schauen, ohne vom Adel ihrer Seele und vom
Glanz ihrer Tugenden gerührt und erbaut
zu werden. Wie im Leid, so ist sie auch
in der Freude gemäßigt und nach Gottes Willen
geordnet.
Anwesend sind ferner unzählige Engel,
in Chören und Ordnungen aufgestellt. Ihr
Jubel ist groß.
Nun zieht ihr König in
die himmlischen Wohnungen ein, und sie geben
Ihm das Geleit und rufen: `Öffnet eure Tore,
Fürsten öffnet sie!' Schon auf dem Weg zum
Ölberg wird alles zum Triumphzug bereitet.
Der himmlische Hofstaat ist gerüstet.
[Ps 23,7]
Weil der Verklärte nicht
mehr an Zeit und Ort, wie die gewöhnlichen
Menschen, gebunden ist, wirkt Er, wie im
Vorbeigehen, auch auf dem letzten Gang zum
Ölberg. So z.B. zieht Er an heimlichen
Freunden vorüber und macht Seine Nähe fühlbar.
Gute Seelen ahnen und fühlen Gnadenwirkungen,
sehen selbst Gestalten und fragen in der
Umgebung, wie erschrocken und ergriffen:
'Was ist das?' Da aber niemand etwas Bestimmtes
aussagen und beweisen kann, sucht man die
Erlebnisse für sich zu behalten. Der Weg
führt auch an einer ganzen Reihe von
Feinden
vorüber. Diese sehen zwar den Herrn nicht.
Aber sie bekommen einen heimlichen Schrecken
und sind in dumpfer Angst ganz verwirrt
und in Trauer. Das Gewissen setzt ihnen
zu und läßt sie nicht zur Ruhe kommen.
Rührend ist ferner, wie der Herr, selbst
bei diesem Triumph, der Armen nicht vergißt.
Sie sind ja immer Seine Freunde und Lieblinge,
wenn sie ihre Armut in Geduld tragen und
sich mit Gnaden bereichern lassen. Sie empfinden
beim Vorüberzug Jesu Freude und erhalten
Glaubensstärke. Wo immer der Herr Seine
Gnaden anbringen kann, ist Er gern in Liebe
tätig und kargt nicht mit Seinen Reichtümern.
Der Triumphzug Christi
in den Himmel ist mit Menschenworten nicht
auszudrücken,
selbst ein dickes Buch könnte die Beschreibung
nicht fassen. Wer will auch hier, im Tränental,
beschreiben, was das heißt, daß nun die
Welt und die Hölle besiegt sind!
An den Erlöserfreuden nimmt an erster Stelle
Gott, der ewige Vater Anteil. Er
bereitet Seinem Sohn ewige Herrlichkeit
und tut Ihm mit göttlicher Freigebigkeit
alle Ehre an. Man weiß gar nicht, wie man
diese Vorgänge der hl. Dreifaltigkeit wiedergeben
soll.
Der Hl.
Geist
nimmt den
Erlösungsschatz in Empfang, wie es Christus
wollte und aussprach: 'Er wird von dem Meinen
nehmen und es euch geben'
[Joh 16,14].
Es ist, als ob die gnadenspendende Liebe
des Pfingstgeistes die Zeit gar nicht mehr
erwarten könnte! In heißester Sehnsucht
wünscht Er den Pfingsttag heran, um die
Erlösungsgnaden weitergeben zu können.
Er sieht nun den verklärten Leib Christi,
den Er durch Seine überschattende Kraft
bildete, der sich im Übermaß der Liebe zum
Opfer brachte zur Sühne für die sündigen
Menschen. Mit dem Mittler zusammen bereitet
Er die Verklärung für die Erlösten. Diese
göttlichen und geistigen Freuden sind unermeßlich
und unaussprechlich.
Der verklärte Menschensohn aber ist der
gefeierte Triumphator, der Sieger über
Tod und Hölle, der jubelnde Gottesheld.
Er hat uns Menschen den Sieg verdient; wir
erhalten ihn aus Seiner Hand geschenkt,
wenn wir mit seiner Gnade mitwirken.
Wie rührend ist es sodann, zu beachten,
wie Christus in Seinem Triumph in engster
Verbindung mit Seiner Mutter bleibt.
O Maria ist so hoch erhoben! Sie bleibt
so still, so innig und so ganz in Gott versenkt.
Sie hat während des Leidens ausgehalten,
und nun ist sie auch Zeuge und Mitbeteiligte
des unermeßlichen Triumphzuges ihres göttlichen
Sohnes.
Christus erteilt die letzten Weisungen und
Aufträge. Eine unbeschreibliche, göttliche
Majestät ist über Ihn ausgegossen. In dieser
seligen Verklärung, im Begriff die Erde
zu verlassen, gibt Er den Seinen und
der gesamten erlösten Menschheit den Segen.
Dieser letzte Segen
des scheidenden Heilandes fällt in der hl.
Messe mit dem Segen des Priesters zusammen,
wenn er sich nach dem 'Ite missa est' umdreht
und den Segen spricht.
Wie leid kann es einem doch tun, wenn man
wahrnimmt, daß so manche Gläubige aus Gleichgültigkeit
und Unkenntnis gerade noch vor dem letzten
Segen die Kirche verlassen, ja hinausstürmen!
Um welch großen Segensschatz bringen sie
sich!
Beim letzten Segen der hl. Messe pflege
ich das Gebetchen zu sprechen: 'Dieser Segen
stärke mich zu allem Guten. Er gereiche
mir in meiner Todesstunde zum ewigen Heil.'
“
Mit diesen Privatoffenbarungen muß die Darlegung
der Himmelfahrt aus den hl. Schriften zusammengehalten
werden. Nie darf das authentische Gotteswort
übersehen oder gar ignoriert werden. Der
übernatürliche Glaube wird am besten genährt
und gestärkt, wenn er sich an die Glaubensquellen
der hl. Schrift wendet. Der Himmelfahrtsbericht
[Apg 1,4‑11, Mk 16,19, Lk 24,50-51]. Freudige
Rückkehr der Jünger in den Abendmahlsaal
[Apg 1,12- 14, Lk 24,52‑53]. Beim “Ite missa
est” geleiten die versammelten Apostel und
Jünger den glorreichen Sieger zum Ölberg,
wo Er Seine Himmelfahrt antritt. [Mk 16,19‑20,
Lk 24,44‑53]
SCHLUSSWORT
Die Präfation am Fest Christi Himmelfahrt
kündet im Jubelton: “Christus ist nach Seiner
Auferstehung allen Seinen Jüngern offenkundig
erschienen und während sie Augenzeugen waren,
ist er in den Himmel aufgefahren, um uns
Seiner Gottheit teilhaftig zu machen.” Die
Vergöttlichung, die Anteilnahme an der göttlichen
Natur ist das höchste Ziel und die Vollendung
aller Sehnsucht, wenn der “aus Wasser und
dem (Heiligen) Geist wiedergeborene Mensch”
[Joh 3,5] in der Anschauung Gottes seinen
Platz findet.
“Geliebte, wir sind jetzt Gottes Kinder,
aber noch ist nicht offenbar, was wir sein
werden. Das aber wissen wir, daß wir
Ihm ‘ähnlich' sein werden, wenn Er erscheinen
wird. Denn wir werden Ihn sehen, wie Er
ist.” [1 Joh 3,2]
Also um uns jenes Glück zu verschaffen,
stieg der Erlöser empor und löste Sein Versprechen
ein: “Im Hause Meines Vaters sind viele
Wohnungen... und ich gehe nun hin, euch
eine Wohnstätte zu bereiten. Doch komme
ich wieder, um euch zu mir (heim) zu holen,
damit auch ihr seid, wo ich bin.” [Joh 14,23]
Dann wird auch jene Vollendung abgeschlossen
sein, um die Er im Hohenpriesterlichen Gebet
Seinen himmlischen Vater in heißer Sehnsucht
anflehte: “Ich habe ihnen die Herrlichkeit
gegeben, die Du mir gegeben hast, auf daß
sie EINS seien gleich wie wir EINS sind.
Ich in ihnen und Du in mir, damit sie zur
vollendeten Einheit gelangen.” [Joh 17,22‑23]
Die Allerheiligste Dreifaltigkeit
und die Größe des hl. Joseph
nach den Schilderungen
des Bruders Kostka
I. Gnadenreiche Offenbarung
Mein Vater hatte eine
sehr große Andacht zur Hl. Dreifaltigkeit.
Dem Tischgebet fügte er immer ein Vaterunser
zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit und zum
Hl. Geist bei. Von jenen jungen Jahren an
datiert auch meine Verehrung und mein lebendiger
Glaube an das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit.
Es ist also gleichsam ein Erbstück der frommen
Erziehung, die Frucht der frommen Gebräuche
seiner guten Eltern.
Beginn: Durch die gläubige
Verehrung, die starke Hinneigung und die
innere Anziehung wurde mir das Geheimnis
der hl. Dreifaltigkeit schon früh erschlossen.
Hie und da sah ich wohl ein geistiges Licht,
aber das Licht war mir nicht dauernd sichtbar
wie jetzt. Doch ich war nicht durch Vorwitz
und Grübeln tiefer eingedrungen in dieses
Geheimnis, sondern durch die Gnade Gottes.
Ich schließe daraus, daß ich im Katechismusunterricht
über das Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit
gar nichts neues hörte. Ich war vielmehr
durch die innere erleuchtende Gnade viel
weiter vorgedrungen, als der äußere Unterricht
geben konnte. Der Kaplan konnte mir also
nichts Neues sagen. - Seit dem Kommunion-Dekret
und der häufigen Kommunion wurde die innere
Anschauung größer und heller. Eine dauernde
Anschauung aber hatte ich damals nicht.
Wohl hat naturgemäß der Eintritt in diesen
neuen Zustand, die größere Helligkeit und
auch die stärkere Verehrung dieses hochheiligen
Geheimnisses einen ganz tiefen Eindruck
in meiner Seele hervorgerufen. Die Änderung
dürfte etwa im Jahre 1906 stattgefunden
haben... datiert nach Ablegung der ewigen
Profeß. Geoffenbart habe ich diesen Zustand
nicht. Ich blieb auf mich selbst und die
innere Führung Gottes angewiesen. Die treue
Vornahme des Partikularexamens und vor
allem der stete Wandel in der Gegenwart
Gottes hatten mir viel geholfen zu dieser
göttlichen Gunst. Über diese Gunst habe
ich nie nachgedacht oder Vorstellungen erhoben.
Wie ein Kind habe ich alles schlicht hingenommen.
Licht und Feuer als
symbolische Offenbarung!
Wir hatten schon mehrmals über die wunderbare
innere Anschauung gesprochen und auch manche
Einzelheiten zu Papier gebracht. Dem Br.
Kostka war es schwer, die ganzen geistigen
Vorgänge und unaussprechlichen Geheimnisse
in Worten wiederzugeben, weil eben jedes
Menschenwort nur ein Schattenbild der Wirklichkeit
und darum unzulänglich ist; und mir war
es auch schwer, die Geheimnisse unseres
Glaubens in dieser Anschauung des Bruders
in geordnete Form zu bringen. Auf einige
speziellen Fragen hin, besonders, wie er
aus dem Licht und dem Feuer die Dreiheit
der göttlichen Personen erkenne, äußerte
er sich wie weiter unten folgt. - Es wirkte
aber durch diese Fragen im Herzen des Bruders
auch der etwas peinigende Gedanke, als wenn
ich ihn auf die Probe stellen wolle. Diese
Ungewißheit, ob ich ihn auch richtig verstanden
hätte, löste Unbehagen in seiner Seele aus
und ferner den Drang und die Anregung, sich
kurz mitzuteilen in diesen wenigen Worten:
"Ich habe heute Nacht
kaum geschlafen und soll Ihnen dieses mitteilen.
Ich habe immer in dem geheimnisvollen
Licht die hl. Dreifaltigkeit erkannt und
angebetet. Ehrfurchtshalber und meiner
Armseligkeit wegen habe ich diese Begnadigung
niemandem offenbart."
Bei diesen Worten kniete Br. Kostka nieder
und sprach diesen Satz mit etwas zitternder
Stimme. Er fügte noch hinzu: "Ich finde
keine Ruhe, bis ich das gesagt habe."
Die symbolische Erscheinung: Was sich dem
Br. Kostka innerlich - mit den inneren Sinnen
wahrnehmbar zeigt, ist Licht und Feuer.
1. Licht:
"Das Licht, das ich sehe, ist bedeutend
heller, als das natürliche Licht. Es ist
ungemein scharf, klar und lieblich. Es wirkt
sehr beruhigend auf den Geist ein; es erleichtert
für mich die Sammlung beim Gebet, so daß
ich stundenlang beten kann, ohne zu ermüden,
ohne Zerstreuung zu haben, ohne die geringste
Langweile zu verspüren. Ganz im Gegenteil,
die Stunden verfliegen wie Minuten, und
auch die längste Zeit im Gebet kommt mir
zu kurz vor."
"Das Licht ist meinem geistigen Auge immer
sichtbar (damals als Br. Kostka darüber
berichtete). Wenn ich in großer Andachtsglut
bete, ist die Helligkeit des Lichtes und
die Wärme der geistigen Empfindung, so
daß diese Wärme sogar auf den Körper übergeht.
Ich finde in diesem Licht alle guten Eigenschaften
vereinigt. Aber genauer kann ich mich nicht
ausdrücken. So z.B. kann ich das natürliche
Licht der Sonne nicht lange sehen, ohne
daß die Augen voll Wasser werden... Aber
dieses geistige Licht ist eine Wohltat für
das Auge. Dieses Licht ist mit körperlichen
Augen nicht wahrnehmbar, sondern nur
geistig. Nur zweimal in meinem Leben habe
ich die Helligkeit des Lichtes längere Zeit
hindurch mit dem leiblichen Auge gesehen,
damals bei der Offenbarung über den Kirchenbau
auf dem Hof vor der Chorbühne - und das
andere mal während des Kreuzweges, wie ich
Ihnen schon mitgeteilt habe. - In meinen
früheren Jahren sah ich dieses Licht auch,
aber nicht in der Helligkeit wie jetzt.
Es hat erst mit dem fortwährenden Gebetsleben
eine Steigerung erfahren. - Schon seit vielen
Jahren sehe ich eine Lichtlinie, aber sie
ist nicht etwa eine leichte und feine Form,
sondern eine ganz massive und stellt einen
Halbkreis dar.
Ihr Licht ist nicht einfarbig, sondern
vielfarbig und von so wunderbarer
Pracht und Mannigfaltigkeit, daß ich das
Farbenbild im Glanz und Schimmer nicht beschreiben
kann. Alle Worte und Vergleiche versagen.
Eine halbrunde, gestaffelte Lichtform zeigt
in den unteren, tiefliegenden Teilen Feuergestalt,
während in der höheren Region lauter Licht
ist. Licht und Feuerwellen wechseln sich
mehrfach ab und entzücken das Auge ungemein.
In der geschaffenen Natur findet sich nichts
ähnliches, das mit dem Glanz jenes Lichtes
vergleichbar ist. Am ehesten könnte man
dieses Licht und Feuerform mit dem Blitz
vergleichen, weil sich alle Licht- und Feuerwellen
lebendig und sprühend bewegen und im leichten
Zittern wie dahinfließen - aber das Grelle
des Blitzes fehlt ganz und gar in jenem
hl. lebendigen Licht der Gottheit. Da ist
gar nicht von Grellem zu bemerken.
Alles atmet Lieblichkeit,
Anmut, Ruhe und Leben. - In diesem Licht
thront die hl. Dreifaltigkeit;
auch der Thron ist wieder Licht und Feuer.
Die drei göttlichen Personen übertreffen
an Helligkeit und Glanz das umgebende Licht
um ein ganz Gewaltiges. Es ist, als wenn
die Augen der göttlichen Personen selbst
wieder Licht und Feuer sprühten, in Liebe
und geistiger Wärme im höchsten Grad entzücken
wollten. "Gott wohnt in unzugänglichem Licht".
Das lebendige Licht, das ich sehe, ist
noch nicht die Gottheit. Aber Gott wohnt
und thront in diesem Licht. Das geistige
Schauen unterscheidet ganz bestimmt das
umgebende Licht von der Dreipersönlichkeit
der unendlichen, unergründlichen Gottheit.
- Für gewöhnlich erkenne ich im Glauben
und geistigen Schauen die drei Personen
rein geistig, ohne Bildform. Bisweilen aber
offenbart sich Gott auch in jenen Bildformen,
wie sie uns in den hl. Schriften geschildert
werden. So z.B. zeigt sich Gott Vater
als der "Alte der Tage" im weißen Bart
und mit wallendem Gewand. Gott Sohn
dagegen erscheint mit dem Kreuz und verklärten
Wundmalen; der Heilige Geist zeigt
sich mir als anmutiger, schöner Jüngling
in ewiger Jugendfrische.
Menschlich gesprochen kann ich diese wunderbaren
Anschauungen nicht klarmachen. Ich selbst
denke nicht einmal darüber nach, weil das
Geheimnis der hl. Dreifaltigkeit ja gar
nicht auszudenken ist. Der lebendige Glaube
beugt sich gerne, nimmt das Geheimnis wie
ein Kind entgegen, freut sich über die Herablassung
Gottes, der tausend Möglichkeit hat, sich
den Kleinen mitzuteilen. - Als das Geheimnis
der hl. Dreifaltigkeit im Katechismus-Unterricht
erklärt wurde, kamen mir diese Erklärungen
blaß und schattenhaft vor. Die innere Anschauung
und Erleuchtung hatte mir schon vorher alles
viel klarer gemacht. Heute muß ich mich
selbst wundern, daß ich schon in der
Jugend so vertraulich und innig mit Gott
umgehen konnte und, ohne äußere Belehrung,
doch so vieles von seinen hl. Geheimnissen
verstand.
2. Erscheinung des Feuers
Die Erscheinung, die ich sehe, zeigt sich
in der unteren Partie mehr als Feuer, in
der oberen Region mehr als Licht. - Wenn
ich jetzt sage "Feuer", so muß ich ergänzend
hinzufügen, daß es kein irdisches Feuer
ist, auch keinen Vergleich mit irdischem
Feuer aushält. Es ist nichts Totes; es bewegt
sich in sich selbst wie etwas Lebendiges.
Es ist ein leichtes sanftes Zittern und
Züngeln. Alles ist nur Liebe, Anmut und
Lieblichkeit. Das Feuer strahlt auch Wärme
aus, die sich oft angenehm und wohltutend
auf den Körper überträgt. Aber nicht
die Wärme ist es, die sich als charakteristische
Eigenart auf den Körper geltend macht, sondern
die geistige Glut, die sich auf die Seele
überträgt, die Eifer und Energie im Dienst
Gottes gibt.
Die Herabkunft des Hl. Geistes in Gestalt
feuriger Zungen am Pfingstfest stellte ich
mir in ähnlicher Form vor. Damals nahte
sich das züngelnde Feuer den Aposteln, ließ
sich auf dieselben nieder, machte sie wie
trunken vor Freude und innere Wallung. Daraus
kann man wohl schließen, daß die Apostel
durch den Anblick des Symbols nicht erschrocken
waren, sondern mutig wurden und unerschrocken
für die Sache Gottes eintraten.
Wenn ich in großer Glut
bete, steigert sich das Feuer,
so daß ich mich gleichsam wie irdisches
Feuer verzehre und in Liebe zu großen Opfern
bereit bin. In diesem Zustand des Gebetes
und der hl. Glut kann ich dann stundenlang
beten, ohne Ermüdung und ohne Langeweile;
ich bete ohne Worte, aber das Gebet wird
wirksamer, als wenn ich Worte aussprechen
muß. In dieser Gebetsglut erreiche
und erhalte ich von Gott alles, was ich
ihm im Vertrauen und Glauben vortrage.
Da steigert sich nicht nur das Feuer,
es steigert sich auch der Glaube und die
Liebe. Um diese Liebe und ihre Vermehrung
bete ich dann am liebsten. Der Drang nach
der Vermehrung der Gottesliebe will einem
dann gar keine Ruhe mehr lassen; man möchte
sich verzehren. Ich brenne dann und verbrenne
doch nicht. Aber wenn auch die Glut steigt,
Unruhe bringt sie nicht.
Wenn der Gehorsam mich
in diesen Augenblicken nicht riefe, könnte
ich stundenlang beten und selbst die längste
Zeit würde mir nur wie kurze Augenblicke
vorkommen.
- Wenn Gott dann solche Gebetsglut benutzt
und mir manche Dinge in besonderer Weise
offenbart, wie z.B. als unsere Kirche erbaut
werden sollte, und als Bruder X austrat...
usw., dann steigert sich die Glut ins Ungemessene
und veranlaßt mich zum Gebet mit unbegrenztem
Vertrauen.
Wirkung dieser Schau
Die hauptsächliche Wirkung
dieser geistigen Anschauung ist ein großes
Vertrauen auf Gott.
Wenn ich das Vaterunser bete, gehe ich
wie ein Kind in aller Unbefangenheit
dem lieben Gott entgegen. Ich werde inne,
wie der himmlische Vater es so ungemein
gern hat, wenn man ihm den süßen Vaternamen
gibt. Ich fühle eine rechte Begeisterung
und fliege ihm förmlich entgegen; ist
also so, als ob mein Herz im hl. Vertrauen
aufspringe. Ich fühle eine geistige Umarmung,
die gegenseitig ist; der himmlische
Vater kommt seinen Kindern in Liebe viel
mehr entgegen, wie es der irdische Vater
tut. In dieser Umarmung fühlt
sich die Seele wohl und sicher geborgen.
Die Annäherung an Gott löst im Herzen Wonne
aus, unbegrenztes Vertrauen. - In dieser
Licht-Anschauung merke ich ferner und werde
inne, wie wahr und beglückend das Schriftwort
ist: "In Ihm leben wir, bewegen wir uns
und sind wir".
Bei dem Anblick der göttlichen Größe, Würde,
Erhabenheit, Majestät, kommt ein heiliger
Schauer über die Seele. Dieser hl. Schauer
löst wieder das Empfinden von Nichtigkeit,
Armseligkeit und Kleinheit der Menschen
aus. Diese Empfindung hat aber das Gute,
daß sie die Ehrfurcht vor Gott und allen
Heiligen weit steigert und die Demut fest
begründet. Es ist die Herablassung Gottes,
die man in solchen Augenblicken nur mit
großer Selbstverdemütigung beantworten kann.
Es begegnet sich die göttliche Freigebigkeit
und Herablassung, die ihre Gaben so reichlich
austeilt und die menschliche Armseligkeit,
die Gottes Gaben so ganz beglückt und erstaunt
in Empfang nimmt.
Eine fernere
Wirkung dieser Anschauung ist
die Entfachung einer großen
Glut.
Ich habe das deutliche Empfinden, daß diese
Glut direkt vom Hl. Geist kommt. Wenn ich
alles sagen wollte, wie es in Wirklichkeit
ist, müßte ich ein Seraph vom Himmel sein;
wie fühle ich da die Wahrheit des Kirchengebetes:
"Komm Heiliger Geist, erfülle die Herzen
deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das
Feuer deiner hl. Liebe.” Das geistige Feuer
ist eben noch viel mehr Wirklichkeit als
das irdische Feuer und es brennt direkt
in den Herzen und macht sie opferbereit
und opferstark. In diesem Zusammenhang ist
das Wort des hl. Kirchenlehrers Augustinus
ungemein treffend:
"O Feuer, das immer brennt und niemals erlischt,
O Liebe, die immer glüht und niemals erkaltet,
O entzünde, entzünde mich ganz, damit ich
ganz dich liebe!"
In diesem Licht erkenne
ich oft, aber nicht immer, den geistigen
Zustand anderer Menschen.
Wenn ich mit einer recht guten Person zusammenkomme,
zumal mit einem guten Priester, sehe ich,
wie wir beide im Licht stehen. Andere Leute
erregen in diesem Licht einen gewissen Widerwillen.
Es ist, als ob ich ihren Seelenzustand
lesen könnte. Je nachdem ich diesen
Zustand im Licht inne werde, richte ich
mein äußeres Verhalten ein. Ich suche zwar
allen Leuten in Liebe entgegenzukommen,
aber manchen Leuten kann ich mich nicht
innerlich nähern. Ich fühle mich wie gewarnt
und ziehe mich zurück, wenn auch mit leidendem
Herzen. Das ist für mich im Verkaufsladen
eine große Wohltat, weil das Warnungssignal
mich vorsichtig macht.
II. Drei verschiedene
Bildformen
der Offenbarung der hl. Dreifaltigkeit
1. Licht und Feuer
In früheren Jahren schon, soweit meine Erinnerung
reichte, sah ich in geistiger Anschauung,
mit innerem Sinne, nicht mit den körperlichen
Augen das "lebendige Licht und Feuer
der Gottheit". In diesen geheimnisvollen
Symbolen und Darstellungen wurde mir die
Nähe und Gegenwart des dreipersönlichen
Gottes im Glauben verständlich gemacht.
Niemals habe ich um solche
Erscheinungen gebeten.
Niemals danach verlangt. Niemals hat er
auch nur in der Dauer einer einzigen Minute
nachgegrübelt. In den frühesten Jahren meiner
Kindheit wäre ich auch gar nicht imstande
gewesen, lange nachzudenken und mir Rechenschaft
zu geben. Aus diesem Grund und infolge eines
inneren Dranges habe ich mich nie dazu verstanden,
diese inneren Anschauungen irgend jemand
mitzuteilen; weder meine Eltern, noch meine
Geschwister wußten etwas von diesen inneren
Erlebnissen.
Zum ersten Mal habe ich mich über diese
Glaubenserkenntnisse und Anschauungen bezüglich
der hl. Dreifaltigkeit in Trier ausgesprochen,
als ich durch einen Eid beim Seligsprechungsprozeß
des Stifters manches sagen mußte. Auf die
Frage, warum ich das noch nicht mitgeteilt
hätte, gab ich zur Antwort: Hätte ich von
diesen Anschauungen etwas mitgeteilt, hätten
wohl alle gemeint und erklärt: Br. Kostka
spinnt! Was mich eigentlich so stark zurückhielt,
weiß ich selbst nicht näher anzugeben.
Ich hatte kein Bedürfnis nach einer Aussprache
und bedurfte auch keiner Aufklärung von
Menschen.
Wenn solche Anschauungen wirklich Täuschungen
wären und aus der Phantasie entsprängen,
so würde jeder, der sich solchen Täuschungen
hingäbe, verrückt werden. Das andermal habe
ich dann zu Ihnen darüber gesprochen, erst
ebenfalls mit ungewöhnlicher Zurückhaltung
und einer gewissen Scheu. Erst als ich
innere Weisung erhielt, mich zu
offenbaren, habe ich den Mut gefunden,
diese Erlebnisse, Anschauungen und Gnadenwirkungen
zur Ehre Gottes mitzuteilen. In allem
soll der hl. Wille Gottes geschehen.
Im lebendigen Licht war mir schon als Kind
die Größe, Erhabenheit und unendliche Majestät
Gottes verständlich. In diesem Licht wurde
mir das Geheimnis der Dreifaltigkeit klargemacht.
Die Art und Weise wie das geschah, kann
ich nicht näher angeben. Wie ein Kind Gottes
fühlte und freute ich mich ungemein in seiner
Nähe und Gegenwart, sofort hatte ich einen
ganz großen Abscheu vor jedweder Sünde und
jeder moralischen Unordnung. Beständig und
immer war dies lebendige Licht vor meinem
geistigen Blick, aber nicht vor meinem körperlichen
Auge, und es war immer in gleicher Form
sichtbar. Nur in jener dunklen Periode der
Jugendjahre wurde dies Licht etwas trüber;
aber es blieb doch vor dem Blick. Nur stundenlang
verließ es mich, wenn die dunkle Nacht qualvoller
wurde und wenn ich vor lauter Skrupeln,
Ängstlichkeit und Versuchungen kaum noch
wußte, was ich nur machen sollte. Nach jenen
Stunden aber kam es wieder und erleuchtete
den Pilgerpfad. Es kam, ohne daß ich darum
bat oder danach verlangte. Bei der Wiederkehr
brachte es regelmäßig Trost und Kraft
zur Aufrichtung und zum Lebenskampf.
Mit unendlichem Dank gegen Gott muß ich
jetzt nachträglich bekennen, daß mir dies
Licht eine Leuchte auf dem Pilgerpfad des
Lebens war, meine Jugend vor Sünde bewahrte
und durch die Erkenntnis und Erleuchtung
in den hl. Geheimnissen erfreute. Es zog
mich ganz weit ab von der Welt und den eitlen
Freuden. Es sagte mir ohne Worte, daß ich
nicht für diese Welt gemacht war. Es zog
mein Herz mit großer Kraft nach oben, hin
zum großen, heiligen Gott. Die liebe gute
Vorsehung war mir mit Gnaden zuvorgekommen.
Ich kann mir darum nichts als Verdienst
anrechnen. Alles ist nur Gnadenwirkung Gottes.
2. Bildform und Symbol
von drei Anhöhen.
Später,
etwa im 25. Jahr meines Lebens, als ich
stärker rang und betete, um Klarheit über
meinen Beruf zu erhalten, trat eine gewisse
Änderung in dem "lebendigen Licht" ein.
Ich war auf einer Wallfahrt. Ich betete
heiß und innig, um Gottes hl. Willen zu
erkennen und auszuführen. Da nahm ich mit
dem lebendigen Licht noch andere Symbole
wahr, nämlich drei Anhöhen. Diese
waren und sind nicht in dem halbrunden Lichtkreis
wahrnehmbar. Sie erheben sich mehr nach
vorne. Die halbrunde Lichtlinie war nun
wie eine Umrahmung und wie ein geistiger
Thron. Diese Anhöhen, wenn ich diese Ausdrücke
gebrauchen darf, zeigen sich um ein ganz
Bedeutendes heller, lieblicher, stärker
als das lebendige Licht. Der Glanz und das
Farbenspiel in großer, wunderbarer Mannigfaltigkeit
offenbarten mir auf eine ganz unaussprechliche
Weise den heiligen, dreipersönlichen Gott.
Alles war und ist so, daß ich diese Höhen
nicht als etwas Sachliches, sondern als
etwas ganz Persönliches auffassen mußte
und konnte. Die innere Erleuchtung und das
objektive Schauen wirkten zusammen, um die
rechte Glaubenserkenntnis zu vermitteln.
In diesem neuen Licht
zog mich Gott noch mehr an sich.
Er ließ mich seine Herablassung fühlen;
wie ein Kind des guten, heiligen,
großen Gottes ruhte ich gleichsam an
seinem Vaterherzen und in seinen Vaterarmen.
Die Zuneigung zu Gott und Göttlichem wurde
stärker und doch wuchs auch die Demut und
Ehrfurcht vor der unendlichen Majestät des
dreimal Heiligen. Die Furcht aber wich aus
dem Herzen und machte immer mehr der Liebe
Platz. Die Liebe treibt eben die Furcht
aus.
Das kurze und beste Gebet das wir haben,
das Vaterunser, wurde mir
nun immer lieber, teurer und geläufiger.
Ich merkte, wie es dem himmlischen Vater
so gut gefällt, wenn er mit dem süßen Vaternamen
angeredet und angebetet wird. Oft drängte
es mich und ich hätte es so gerne allen
Menschen zugerufen, wie gut und groß Gott
ist. Ich hätte es allen so gern und laut
sagen mögen, wie sie mit Vertrauen und in
Kindesliebe zum Besten aller Väter gehen
sollten.
Von jener Zeit an wurden
mir auch die inneren Beziehungen der
drei göttlichen Personen klarer.
Die unzertrennliche Einheit und die Dreipersönlichkeit
wurde nun auch meine geistige Freude, besonders,
wenn ich merkte, wie auch die drei göttlichen
Personen selbst die höchste Freude in sich
selbst in gegenseitiger Anschauung und Erkenntnis
haben. Die eine Person ist wie ein ganz
reiner, ungetrübter Spiegel, in dem sich
die andere Person sieht, erkennt und auch
mitteilt. - Alle Ehre, Verherrlichung, Preis
und Dank dem heiligen, dreieinigen Gott
in alle Ewigkeit!
Die innere geistige Anschauung
sehe ich seit jener Wallfahrt bis auf den
heutigen Tag, also etwa 45 Jahre.
Die Bildformen selbst haben sich nicht geändert.
Sie sind dieselben geblieben. Nur wurde
sowohl der halbrunde Lichtkreis, wie die
Anhöhen immer heller. Ich sehe diese
geistig-göttliche Bildform beständig.
Sie ist morgens sofort beim Erwachen
da, verschwindet auch nicht bei der Arbeit
oder bei Unterredungen mit Menschen. Welche
Gnaden hat mir doch diese Anschauung schon
gebracht. Wie soll ich Gott dafür dankbar
sein!
3. Menschengestalt
als Bildform der hl. Dreifaltigkeit
Nur während der hl. Messe und auch
nur vom Sanctus bis kurz nach der Wandlung
sehe ich in der inneren Anschauung die drei
göttlichen Personen in Gestalt von Menschenform.
Vom Introitus an sehe ich wohl den Heiland
in seiner Menschheit... tätig und opfernd
im Priester. Mit ihm vereint ist Gott Vater
ohne Bildform zugegen und mit den beiden
göttlichen Personen auch der Hl. Geist,
ebenfalls ohne Bildform. Vom Sanctus
an aber tritt Gottvater und der Hl.
Geist in sichtbarer Menschenform vor das
geistige Auge: Gottvater auf der Evangelienseite
und der Hl. Geist auf der Epistelseite.
Mit der hl. Dreifaltigkeit ist der ganze
himmlische Hofstaat zugegen.
Die Bildform von Gottvater: Sie versinnbildet
geistige Vorgänge, die wir Menschen mit
unserer Menschennatur in der rein geistigen
Ordnung nicht sehen und verstehen können.
Auf den ersten Blick aber wird ersichtlich,
daß es sich nur um eine Bildform handelt,
die ganz und gar, je wesentlich von der
Menschennatur verschieden ist. Solche Menschen
gibt es nicht. Die Menschheit Christi ist
eine wahre Menschennatur, sei es, daß man
sie als Menschengleichbild oder im verklärten
Zustand erblickt. Ganz anders liegt die
Sache bei der Bildform des Vaters. Wohl
wird die Form von Schimmer der Gottheit
durchleuchtet und flößt darum große Ehrfurcht
ein und offenbart sich dem Glauben und dem
Glaubensauge als Mittel, um geistig-göttliche
Vorgänge verständlich zu machen.
Beschreibung dieser
Bildform:
Als Br. Kostka zuerst von der Gestalt sprach
mit schneeweißem Bart und mit langem, wallendem
Gewand, schrieb ich den Ausdruck: der "Alte
der Tage". Br. Kostka fragte treuherzig,
ob dieser Ausdruck nicht etwas plump sei.
Ich erklärte ihm, daß dieser Ausdruck der
hl. Schrift entstamme, nicht von mir gebildet
sei. Sofort las ich den ganzen Text vor
bei Daniel Kap. 7. Br. Kostka erzählte nun,
wie ihm diese Darstellung und Beschreibung
des Propheten ebenfalls ganz geläufig sei.
Er sähe in der geistigen Anschauung auch
den Thron auf feurigen Rädern stehen und
wie schwebend. Die Räder seien ähnlich
wie man sie oft am Tabernakel, auch bei
uns hier am Hochaltar, abbildet. Das
Feuer ist lebendig und fließt wellenförmig
wie Wasser dahin; aber dieses Feuer
ist kein materielles Feuer, bildet darum
keinen Rauch und keinen Geruch. Es
sieht sich an, etwa wie wenn die Luft am
brennenden Ofen im Sonnenlicht zitternd
und bewegt aufsteigt. Dies geistig-göttliche
Feuer erquickt durch das ganz wunderbare
Farbenspiel ungemein den Blick. Es ist ganz
Wonne und Lieblichkeit. Es hat einen sehr
milden Schein und flößt gar keine Furcht
ein. Im Gegenteil, man fühlt sich sehr angezogen
und wird wie frisch belebt. Unsere sprachlichen
Ausdrücke reichen nicht hin, um solche erhabenen
Dingen eine rechte Beschreibung geben zu
können.
Das Bild
der Vatermilde und Vatergüte
beschrieb Br. Kostka etwa so: Das Kleid
ist schneeweiß, lang und herabfließend.
Füße kann man nicht sehen. Die Haare des
Hauptes und des Vollbartes sind wie reine
Wolle, unbeschreiblich weiß schimmernd.
Das Antlitz leuchtet freundlich, ist trotz
der weißen Haupthaare jugendfrisch und blühend.
Da ist keine Spur von Alter und Gebrechlichkeit,
von Mattigkeit und Magerkeit. Am Rührendsten
ist es, wenn Gottvater seinen Eingeborenen
bei der Wandlung umarmt, sich ihm im Tod
in höchster Rührung und Liebe hingibt.
Die ganze Gestalt haucht Liebe und unendliche
Freude in der Hingabe seines Sohnes.
Gottvater belohnt die Hingabe seines Sohnes
im Leidensopfer. Er allein kann diese Liebe
ermessen und die Erlösungsfrüchte überschauen.
Das Sinnbild kündet und macht in etwa klar:
Die Liebe des Vaters zu seinem Eingeborenen
und zu allen Gotteskindern. Wie soll diese
Liebe ohne Sinnbild verständlich gemacht
werden können? Durch die Bildform der Vatermilde
und Vaterliebe aber wird dem Geistesauge
vieles verständlich.
In dieser Bildform wird sodann die Verherrlichung
des Vaters durch seinen Sohn verständlich
und die Verherrlichung des Sohnes durch
seinen himmlischen Vater. Diese Gegenseitigkeit
kommt in unbeschreiblicher Weise durch die
Bildform zum Ausdruck. - Verständlich wird
in dieser Bildform dann die Anteilnahme,
das ganze göttliche Interesse des Vaters
an den Leiden und Schmerzen des Sohnes.
Die Anteilnahme wirkt wieder erquickend
und ermutigend auf den Sohn zurück. In diesen
Sinnbildern wird auch wie sichtbar die Rückkehr
der Menschen zu Gott und die Wiederherstellung
des göttlichen Ebenbildes in den erlösten
Menschen. Im Gesicht wird einem dies und
vieles andere wie einleuchtend vorgestellt.
Aber in dieser zeitlichen Ordnung weiß man
keine Ausdrücke zu finden und ist nicht
imstande, eine Beschreibung zu geben.
Gott,
der Hl. Geist:
Beim Sanctus bis kurz nach der Wandlung
wird zugleich mit Gottvater auch der Hl.
Geist in Bildform sichtbar. Er hat
die Gestalt eines etwa 20-jährigen Jünglings
in ewiger Jugendfrische und voll höchster
Lebenskraft. Diese Bildform zeigt wohl Menschenform,
aber keine Menschennatur. Solche Menschen
gibt es eben nicht. Alles ist viel feiner,
erhabener und geistiger wie bei der reinen
Menschennatur. Doch ist diese Form nicht
etwa eine schattenhafte Abbildung, wie sie
etwa ein Künstler entwirft. Die symbolische
Vorstellung ist belebt. Sie strahlt göttlichen
Schimmer aus: sie zeigt die Gegenwart des
Gottesgeistes an. Es ist also kein Schattenbild
wie eine Zeichnung. Die Form kann man
mit unseren sprachlichen Ausdrücken nicht
wiedergeben. Da versagt alles, weil
wir gar keine Vergleichspunkte in unserer
Naturordnung haben... die solche erhabene
Züge und göttliche Wirksamkeit ausweisen.
Keine Beschreibung kann das ausdrücken
was die Wirklichkeit der göttlichen Ordnung
ist.
Die Bildform zeigt ewige Jugendfrische.
Sie hat etwas Feuriges, Stürmisches, Energisches
an sich. Das Angesicht ist edel, göttlich
erhaben und schön. Mit einem Menschenantlitz
kann dies Bild nicht verglichen werden,
weil niemand solche Majestät zur Schau trägt.
Die Augen leuchten wie Feuerflammen
und sind doch wieder lieblich, hell und
milde. Es ist, als ob die Gottheit selbst
heraus leuchte. Aus dem Mund gehen Strahlen
aus, die sich wie unendlich edles Licht
ansehen. Das Licht umfließt die göttlichen
Personen. In diesem Licht sind die göttlichen
Personen selbst wieder wie reine, göttliche
Spiegel in denen sich jede Person spiegelt,
mitteilt und erfreut. In diesem Licht
aber spiegelt sich auch das gesamte Universum
wieder. Die Haupthaare sind blondlockig.
Aber es ist nichts materielles daran. Die
Arme sind bisweilen in Kreuzform auf die
Brust gelegt, dann wieder sind sie wie tätig
und wirkend. Das Gewand ist nicht wie jenes
des himmlischen Vaters. Es ist der jugendlichen
Gestalt angepaßt und zeigt Ähnlichkeit mit
der Priesterkleidung des Melchisedech.
III. Einzelne Erscheinungen
beim Kreuzweg geoffenbart
Tags bevor ich die große Erscheinung des
himmlischen Vaters hatte, hörte ich hinter
dem Hochaltar die Stimme: "Komm hinter
den Hochaltar! Ich werde dir noch manches
zeigen, was vielen Sterblichen nicht zuteil
wird." Bei der 2. Station
erblickte ich das Licht der hl. Dreifaltigkeit
wie gewöhnlich, mit dem inneren Sinn.
Plötzlich sah ich das Licht auch mit den
körperlichen Augen. Es reichte hinauf
bis in die höchsten Höhen. Unten war es
mehr rötlich. Nach oben wurde es milchweiß,
aber unendlich hell, lieblich und mild.
Eine große Anzahl von Engeln folgte dem
Heiland auf seinem Kreuzweg, in stiller
Rührung und ganz versunken in das Übermaß
der Leiden Christi. Der Heiland selbst war
in seiner Lichtgestalt sichtbar. Das Licht,
das von ihm ausging, übertraf noch die Helle
des umstrahlenden Lichtes um ein Bedeutendes.
Das Kreuz, das der Herr trug, war nicht
Licht, aber es war beleuchtet durch das
umgehende Licht. Man konnte alles sehr genau
sehen. In diesem Moment ließ sich eine Stimme
vernehmen: "Siehe, so strafe ich die
Sünden an meinem vielgeliebten Sohn".
Ganz erschüttert von dieser Stimme, von
dem unendlichen Erbarmen Gottes und der
Liebe des himmlischen Vaters zu uns sündigen
Menschen, rief ich aus, nicht äußerlich
mit dem Mund: "Vater, Vater! Hab Erbarmen
und verschone uns! Dein liebes Vaterherz
hat ja nur Freude am Erbarmen und am Verzeihen!"
Es war ein Erguß kindlicher Liebe, den
ich jetzt nachträglich nicht mehr ganz wiedergeben
kann. In solchen Momenten wird eben der
ganze Mensch wie vom Geist Gottes erfaßt;
er sucht darum nicht nach Worten,... sie
drängen sich wie mit Gewalt auf die Zunge.
In dem Licht sah ich
auch die Mutter Gottes, alle hl. Frauen
und alle Gutgesinnten, die es mit unserem
Herrn aufrichtig meinen und sein Leiden
im Glauben verehren.
Das Licht hinderte mich nicht, in zartem
Mitleid dem Heiland zu folgen: In diesem
Augenblick wurden mir die Leiden Christi
viel verständlicher. Es ist, als wenn
das Mitleid das Verständnis für solche Dinge
erhöhe. Das Licht hielt innerlich und äußerlich
an, bis der Heiland an der 5. Station ankam:
Von da an verschwand die äußere Lichterscheinung.
Ich ging den Kreuzweg wie sonst weiter.
Nach 3 Uhr in der Kirche beim Kreuzwegbeten
am 29.10.36 zeigte sich die Bildform. Die
Empfindung, die sich bei mir einstellte,
war eine freudige und ruhige. Ich empfand
nicht die geringste Aufregung. Die freudige
Überraschung wurde noch erhöht, als ich
in diesem Licht zugleich auch die Engel
des Himmels um den Heiland sah, wie
sie an seinem Leiden bewundernd Anteil nahmen.
Mein Eindruck war, als wenn es Millionen
Engel wären. In solchen Momenten fühlt
man deutlich, daß Christus nicht nur Mensch,
sondern auch Gott ist und als Gottmensch
leidet. Dieses Glaubensgeheimnis der Würde
Christi und seiner Verdemütigung und seiner
Hingabe im Leiden ergriff mich außerordentlich.
Das Licht ging aus von
der hl. Dreifaltigkeit,
strahlte auf den Gottmenschen. Aber die
hl. Dreifaltigkeit und die sichtbare Menschheit
Jesu waren nur ein einziges Licht. Christus
war sichtbar in der Menschheit, aber selbst
im Licht in der hl. Dreifaltigkeit. Alles
war ein Licht. Die Worte, die ich vernahm,
lauten: "Siehe, wie ich die Sünden an meinem
Sohne strafe!" Innige Rührung und tiefes
Mitleid erfaßten meine Seele. Die Liebe
zum leidenden Gottmenschen wurde stark.
Ich brach in die Worte aus: "Vater, Vater!
Habe Erbarmen mit uns und verzeihe uns!
Bei dem Aussprechen des Vaternamens ging
eine Glut und Innigkeit durch meine Seele,
die ich nicht aussprechen kann. Zu gleicher
Zeit fühlte ich mich so unendlich klein
und armselig... und doch trug mich wieder
ein unbegrenztes Vertrauen zu Gott empor,
um in Gottes Vaterarmen zu ruhen und meine
Bitten in sein gutes Vaterherz zu legen.
In diesem Augenblick war ich ganz der Welt
entrückt... Ich fühlte die Nähe und Gegenwart
Gottes und überließ mich ganz der Inspiration;
denn in solchen erhabenen Augenblicken betet
wohl auch der Mensch, aber mehr noch der
Hl. Geist. Die Anliegen der hl. Kirche
und der Gesellschaft (des Ordens) habe ich
mit unendlicher Innigkeit vorgetragen, in
der Glaubensüberzeugung und mit dem unbegrenzten
Vertrauen, Erhörung zu finden.
Dreifaltigkeit in Bildform
1937 -
Die Größe des hl. Josephs
In der Woche vor Pfingsten 1937 sah ich
die hl. Dreifaltigkeit auf dem Thron.
Gott Vater, im weißen Bart, der "Alte der
Tage". Neben ihm zur Rechten thronte Gott
Sohn im Strahlenglanz der verklärten Wundmale
und ihm zur Rechten sah ich Gott den Hl.
Geist, sitzend, als Jüngling in jugendlicher
Gestalt. Gewöhnlich sehe ich nur das lebendige
übernatürliche Licht und das Feuer. Zum
Unterschied sah ich diesmal auch die
göttlichen Personen selbst, nicht mit
den natürlichen Augen, sondern mit dem inneren
Sinn.
Am göttlichen Thron ganz
nah sah ich zu gleicher Zeit die himmlische
Mutter, als die Unbefleckte Empfängnis
stehend in Beschauung der Größe und Majestät
Gottes. Sie hatte eine ähnliche Gestalt
wie die Lourdes Statue. Wie unendlich schön
und unaussprechlich erhaben war diese Anschauung
Gottes und der Gottesmutter, die der getreuestes
Spiegel und Abglanz der hl. Dreifaltigkeit
ist. Da vernahm ich die Stimme: "Dies ist
der Lohn meiner Mutter dafür, daß sie die
Beleidigungen, Schmähungen und Verleumdungen
von seiten der Irrlehrer in die hl. Opfergesinnung
hingenommen hat." Und dann fügte die Stimme
noch hinzu: "Meine Mutter wird trotz
der Bevorzugung in alle Ewigkeit das Geheimnis
der hl. Dreifaltigkeit nicht ausdenken können".
Staunend, bei diesem hehren Anblick, der
mit unaussprechlicher Wonne meine Seele
erfüllte, suchte ich nach dem hl.
Joseph, in der Meinung, der Nährvater
Jesus sei auch mit Leib und Seele bereits
im Himmel. In dieser irrigen Annahme hatte
ich bisher immer gelebt. Bei diesem geistigen
Suchen nach dem hl. Joseph hörte ich eine
Stimme die sprach:
"Der hl. Joseph ist nicht mit dem
Leib im Himmel, sein Körper liegt
unverwest auf Erden an einer euch
unbekannten Stelle".
Dann fügte die Stimme noch hinzu:
"Nach der Muttergottes ist und
bleibt der hl. Joseph der "Größte"
und wird von keinem anderen übertroffen."
|
Eine weitere Belehrung wurde gegeben durch
den Vergleich des hl. Joseph mit dem
hl. Johannes, um die Größe des Nährvaters
deutlich zu machen.
Auf Erden erklärte einmal der Meister: "Johannes
ist der Größte der vom Weib Geborenen, aber
der Geringste im Himmelreich ist größer
als er!" Die Bezeichnung "der Geringste
im Himmelreich" ist nicht irgend ein Beliebiger,
sondern der hl. Joseph. Er ist zu gleicher
Zeit der Geringste und doch der Größte.
Der Sinn ist also dieser: "Johannes ist
der Größte der vom Weib Geborenen. Der
hl. Joseph dieser Geringste im Himmelreich
wegen seiner Demut, ist größer als der Größte
vom Weib Geborenen, ist größer als der hl.
Johannes. Er steht neben der himmlischen
Mutter unmittelbar am Throne Gottes.
Bildform der hl. Dreifaltigkeit:
Vision am 24. März 1938.
Am Abend nach der Andacht ging ich zum Kreuz
vor der Sakristei, das mir ein so ungemein
liebes Gebetsplätzchen ist. Nachdem ich
meine Gebete verrichtet hatte. ging ich
wieder zur Kirche zurück, um zur Ruhe zu
gehen. Da vernahm ich eine innere aber sehr
klare und deutliche Stimme, die sagte:
"Der Geist Gottes weht, wann, wo und
wie er will". "Im selben Augenblick
sah ich eine neue Bildform der allerheiligsten
Dreifaltigkeit, wie ich sie noch nie gesehen
hatte. In dieser Vision zeigte sich mir
zum erstenmal der Hl. Geist in Gestalt
einer Taube.
Lichterthron:
Gottvater und Sohn saßen auf einem und demselben
Lichtthron, der auf Feuerrädern schwebte
und ruhte. Vor dem Lichtthron war eine Feuerlinie,
aber nicht halbrund, sondern in gerader
Richtung. Lichtfarben mannigfachster Art
sprühten, schimmerten und glänzten. Die
weiße Farbe war jedoch vorherrschend. Im
Umkreis der göttlichen Personen leuchtete
ein wahres Lichtmeer im Regenbogenglanz.
Es war ein Lichtwunder an Pracht, wie ich
bisher noch niemals etwas ähnliche gesehen
habe. Alle Darstellungen der christlichen
Kunst nehmen sich gegen dies übernatürliche
Wirklichkeit wie ein dürftiger Schatten
aus; es ist eben unmöglich im irdischen
Dasein solche erhaben, göttliche Geheimnisse
wiederzugeben und zu beschrieben.
Die
göttlichen Personen:
Gottvater saß zur Rechten. In der
Linken hielt er ein Zepter, mit der Rechten
umfaßte er ein aufgeschlagenen Buch, aus
dem die Buchstaben Alpha und Omega leuchteten.
Die ganze Gestalt atmete Vaterliebe und
Vatermilde. Eine ganz göttliche Majestät
ging von ihm aus, die große Ehrfurcht aber
keine Furcht einflößte. Gottessohn
saß mit dem himmlischen Vater auf demselben
Thron. Mit dem Vater hielt er das aufgeschlagene
Buch. Seine Augen leuchteten wie Feuerflammen
und doch lag eine anziehende Lieblichkeit
im Blick. Mit der Rechten hielt er ein Zepter,
auf dem Haupt trug er ein Königsdiadem,
das in Farben leuchtete.
Gott der Hl. Geist
schwebte zwischen Gottvater und Gottsohn
in gleicher Höhe wie die Häupter der Personen.
Er zeigte sich in Gestalt und Größe einer
Taube in solch blendendem Weiß, daß auf
unserer Erde kein Gegenstand anzugeben imstande
ist. Die Flügel waren ausgebreitet,
aber in Ruhe schwebend und ebenfalls von
weißer Farbe. Das Haupt war nach oben gerichtet.
Im Umkreis der Taubengestalt zeigte sich
ein eigenes wunderbares Licht und Farbenspiel,
das sich dem Gesamtbild einordnete.
Sieben Flammen, die man sonst
symbolisch im Umkreis der Taubengestalt
abbildet, habe ich gesehen, von der Taubengestalt
ging ein ganz eigenes Licht in den allerfeinsten
Strahlen zu den beiden anderen Personen
über, ein Licht, das sie wie eine Einheit
verband.
Die gnadenreiche Innewohnung
der hl. Dreifaltigkeit
Br. Kostka schaute mit dem Glaubensauge
schon lange nach Empfang der hl. Kommunion
dies hehre Geheimnis der Innewohnung
Gottes im Herzen. Seit mehr als einem
Jahr sieht er nicht nur nach der Kommunion,
sondern auch sonst den innewohnenden Gott
in seinem Herzen. Als er eine Zeitlang mit
seinen Worten ganz ruhig und gelassen über
die Wirklichkeit des innewohnenden Gottes
berichtete und mehrfach betonte, daß er
den dreieinigen Gott in seinem Herzen sähe,
machte ich die Gegenbemerkung: Wenn ich
das aufschreibe und andere es lesen, werden
sie wohl die Vorstellung bekommen, daß die
drei Göttlichen Personen in einem Miniaturbildchen
von Ihnen geschaut werden. Prompt, ohne
jede Überlegung, sagte Br. Kostka: Gott
erfüllt jeden Raum... aber er selbst braucht
keinen Raum... Er berichtete sodann
noch eingehender dieses Schauen.
Ich sehe wohl das Herz,
aber nicht so als Herzmuskel, sondern
in der Form eines Herztempels.
Derselbe ist nämlich weit, hoch und geräumig,
wie ein wirklicher Tempel sich ausnimmt.
Mit Menschenworten ist es unmöglich, eine
solche Fülle von geheimnisvollen Wirkungen
wiederzugeben!... Noch viel, viel heller
als der Herztempel sind die drei göttlichen
Personen. Der weise Vater steht in Majestät
und Würde. Gott Sohn sitzt zu seiner Rechten
mit seinen verklärten Wundmalen. Der Hl.
Geist ruht schwebend mitten zwischen Vater
und Sohn. Seine Fittiche in der symbolischen
Gestalt einer Taube sind ausgebreitet und
er selbst hat die Gestalt, wie wenn er nach
unten hin schweben wolle... Ist also mit
dem Kopf nach unten hinneigend. Eine unendliche
Fülle von Licht, Glanz, Majestät umstrahlt
die drei göttlichen Personen... die in natürlicher
Menschengröße sichtbar sind. Die Personen
scheinen aber nicht etwa wie unnahbar zu
sein..., sondern sie strahlen in Lieblichkeit
und Liebe und Menschenfreundlichkeit, welche
Seele aufs innigste und höchste anzieht
und entzückt und beglückt.
Vor der
Kommunion bete ich immer zur himmlischen
Mutter,
daß sie mein Herz mit ihren Verdiensten
und Tugenden schmücken wolle, damit dann
die heiligsten Personen durch ihren Schmuck
erfreut würden. Zu diesem Zweck bete
ich gerne: Himmlische Mutter, schmücke mein
Herz mit deinen Tugenden... damit der
Heiland wenn er kommt, eine wohlvorbereitete
Wohnstätte findet... Die gute Mutter kommt
auch dem Unvermögen zu Hilfe und schmückt
das Herz mit Tugenden, die dann leuchten
in allen Farben. Von der Mutterhand geführt,
kann ich so dem ewigen Vater und dem Heiland
entgegengehen und durch die Hilfe der Mutter
auch vertraut mit Gott reden
Diese Wahrnehmung in dem geistigen Schauen
ist ein reines und ganz unverdientes und
unverdienbares Geschenk der göttlichen Liebe
und Herablassung. Wohl verlangt Gott
unsere Mitwirkung in einem ganz sündenfreien
Leben. Erst, wenn man sich ganz
abgestorben ist, die Ich-Liebe aus dem Herzen
entfernt hat und nur darauf ausgeht, einzig
und allein Gott zu gefallen, kommt einem
Gott mehr und mehr und vertrauter entgegen.
Die Demut und das kindliche Vertrauen
des Gotteskindes mit reinem Herzen braucht
Gott.
Ich suche jetzt vor allem
die Einfachheit des geistigen Lebens
zu pflegen und im Wandel in der Gegenwart
Gottes
ihm Freude zu bereiten.
Jeden Tag beten wir in der Terz um diese
Gnade der Innewohnung Gottes, der ganzen
heiligsten Dreifaltigkeit, wenn wir den
Hymnus sprechen: Nunc, Sancte nobis Spiritu...
Unum Patri cum Filio, Dignare promptus ingeri...
nostro refusus pectori...
Diese Gnade der Innewohnung wird uns ebenfalls
am Fest des Unbefleckten Herzens Mariens
vorgeführt, wenn uns die Kirche anleitet
zum Gebet: Deus, qui in corde beatae Virginis,
dignus Spiritus Sancti habitaculum praeparasti...
ut secundum Cor tuum vivere valeamus. -
O Gott, der Du im Herzen der allerseligsten
Jungfrau dem Hl. Geist eine würdige Wohnung
bereitet hast, gewähre uns gütig..., daß
wir nach Deinem Herzen zu leben vermögen.
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Beten wir zu Br. Kostka, damit er uns hilft
als wahre Kinder Gottes zu leben.
Es folgt ein kurzer Überblick der Schauungen
über das Geheimnis der hl. Messe.
Das hl. Messopfer
nach den Schauungen von Br. Kostka SVD -
Überblick
Der Wort und Gebetsgottesdienst
Maria geht mit dem
Priester zum Altar.
Jesus nimmt das Sündenbekenntnis an.
Verrat und Gefangennahme Jesu
Verhör bei Annas; Jesus bei Kaiphas, die
falschen Zeugen.
Das Messiasbekenntnis des Heilandes
Todesurteil der Juden, Verspottung durch
die Schergen, Mißhandlung
Tagesgebet und Lesung
Gang zu Pilatus und Herodes
Bei Pilatus - die seelischen Leiden Jesu
Jesus bei Herodes, Verhöhnung
Sühneleiden Jesu für die Sünden des Ehelebens
Evangelium und Glaubensbekenntnis
Rückkehr zu Pilatus - Das Volk verlangt
Jesu Tod
Der Schmerz Jesu, daß er einem Mörder nachgesetzt
wird.
Der Opfergottesdienst
Geißelung, Entblößung und Geißelwerkzeuge
Geißelung des Antlitzes - Sühnung für die
Sünden der Unkeuschheit
Dornenkrönung und Verspottung, Verhöhnung
als König der Juden
Präfation und Sanktus
Ecce homo - Seht, welch ein Mensch! Unterredung
mit Pilatus.
Seht eurer König, dann das Todesurteil des
Pilatus.
Sühne der Sünden durch Jesus. Die Freude
der Engel
Die hohe Würde des Priesters
und der Wert der hl. Messe.
Der römische Kanon der
hl. Messe
Der Kreuzweg Christi. Die Schmerzensmutter,
die Apostel und Apostelseelen, die Märtyrer
und Freunde des Kreuzes.
Das Gebet für die Lebenden
ist hier am wirksamsten.
Gebet in Gemeinschaft mit Maria, den Aposteln
und Märtyrern. Sie alle feiern mit dem
Priester das Opfer Christi. Der Beistand
der himmlischen Heerscharen; Schutzengel
der Kirche, Länder, des Priesters und der
Gläubigen.
Die hl. Wandlung
Die Vergegenwärtigung des Opfertodes Jesu
am Kreuz
Der ewige Hohepriester spricht durch den
Mund des Priester die Wandlungsworte - die
hl. Wunden leuchten. Das hl. Blut
Jesu ist lebendig und vertreibt die Finsternis.
Das Herz Jesu, die Wunden und das Antlitz
Jesu leuchten. Der Vater nimmt das Opfer
seines Sohnes an. Der Hl. Geist wirkt
durch das Herz Jesu. Aus dem Herzen
Jesu entspringt die Kirche.
Maria,
die Schmerzensmutter, wurde die Mutter der
Kirche, aller Gotteskinder. Sie opfert,
wie Abraham, ihren Sohn!
Nach der hl. Wandlung
- Auferstehung
Jesus ist im verklärten
Auferstehungsleib.
Er erscheint zuerst seiner Mutter.
Jesus betet für uns, Er wirkt ständig im
Priester.
Die ganze Dreifaltigkeit
ist jetzt zugegen - der Gnadenthron steht
allen offen.
Hinweis auf die Vorbilder im Alten Bund.
Opfer Abel, Abraham und Melchisedech - persönliche
Opfer auf die Patene legen!
Das hl. Meßopfer ist die geistige Sonne,
die allen Seelen Leben gibt.
Zentrale Stellung des Priesters
Die hl. Engel bringen die Früchte des
Opfers auf den himmlischen Altar.
Das Gebet für die Verstorbenen.
Maria läßt ihnen das kostbare Blut zukommen.
Die Gemeinschaft der Heiligen ist ein großes
Geheimnis.
Die Gläubigen sollen das königliche Priestertum
ausüben und mitopfern.
Die Armen Seelen würden
keine Messe mehr versäumen, könnten sie
nochmals auf die Erden kommen.
Die Verherrlichung der allerheiligsten Dreifaltigkeit
am Schluß des Kanons
Besänftigung der göttl. Gerechtigkeit durch
das Blut Jesu.
Die hl. Kommunion
Die Sehnsucht Jesu nach der Kommunion.
Anbetung der Dreifaltigkeit, nicht nur Jesu.
Kommunion ist die innigste Vereinigung der
Liebe!
Unbegrenztes Vertrauen haben.
Danksagung und Akte der Demut.
Kindlich an der Hand
Mariens um Verzeihung bitten.
Verehrung der glorreichen Wundmale.
Tagsüber die Danksagung fortsetzen.
Das Jesuskind ist auch
im kleinsten Partikel.
Die Eigenliebe schadet. Wichtig ist die
würdige Kommunion!
Schluß
der hl. Messe
- Himmelfahrt
Der Triumphzug Jesus.
Er geht mit seiner Mutter, den Seligen des
Alten Bundes, den Engeln, Aposteln zum Ölberg
der Himmelfahrt. Der Hl. Geist nimmt
den Erlösungsschatz entgegen.
Der Priestersegen fällt mit dem letzten
Segen des himmelfahrenden Heilandes zusammen.
Br. Kostka: “Dieser Segen stärke mich zu
allem Guten. Er gereiche mir in meiner Todesstunde
zum ewigen Heil.”
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