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In Gottes Vaterhand
Alfons Maria Weigl

Nachdruck und Vervielfältigung jeder Art vorbehalten!
© Copyright Klemens Kiser

   
   





  

In Gottes Vaterhand
70 Beispiele aus neuerer Zeit
Alfons Maria Weigl

 

 

neu herausgegeben von Klemens Kiser

mit Erlaubnis des Inhabers der Urheberrechte op 292 - Original 255 S. - 115 S.

Getrost in Deine Hand will ich mich schmiegen.
Ja, Vater, halt mich armes Kindlein fest!

Wie schwer auch Leid in dieser Welt mag wiegen,
Ich weiß, daß Deine Liebe mich nicht läßt.
H. M.


Inhalt

I. Gottes mächtige Vaterhand

II. Gottes Vaterhand züchtigt und prüft zum Segen seiner Kinder

III. Gottes Vaterhand führt sicher ins ewige Vaterhaus

 

 

Erklärung
Gemäß dem Urteil Papst Urbans VIII. unterwerfen wir alle die in diesem Buch angeführten Gnadenerweise, Offenbarungen und Erscheinungen sowie alle Ausdrücke dem Urteil der Kirche, dem in keiner Weise vorgegriffen werden soll.
Mit kirchlicher Druckerlaubnis

 

Erregender als jede Sensation

die es je in der Welt gegeben, umwälzender als jede Revolution der Menschheits- geschichte wäre folgendes: Alle Menschen unserer Tage glaubten an Gott, den Herrn des Himmels und der Erde, glaubten überzeugt daran, daß Er unser aller Vater ist. - Alle Menschen lebten aus diesem Glauben heraus, dächten, handelten, liebten einander als Kinder dieses himmlischen Vaters; alle würden deshalb in der Tat Brüder und Schwestern zueinander sein!

Das wäre eine Sensation des wahrhaft Guten, das brächte die gewaltigste Umwälzung, die es je in der Welt gegeben. Das aber, ja, gerade das wollte Christus mit Seiner Frohbotschaft vom himmlischen Vater: ein Reich der Liebe. Immer wieder hat Er davon gesprochen, als Er durch die Lande zog: “Ihr seid Kinder des himmlischen Vaters.” “Der Vater liebt euch”, eines der herrlichsten Worte, die Er gesagt (Jo 16,27). “Der Vater sorgt für euch” (Mt 6). So sollt ihr beten: “Vater unser” Und was das Wort Vater an sorgender Güte, an unwandelbarer Treue, an nie ermüdender Liebe zu tragen vermag, hat Er in dieses Wort hineingelegt: “Vater”, “Vater unser”. - Eine Vaterliebe ganz persönlich, für jeden Einzelnen! Alles nachzulesen im 6. Kapitel des Matthäusevangeliums. Ja, Christus selbst ist der handgreifliche Beweis für die Liebe dieses Vaters, der unser letztes Du werden soll und zu dem Er uns als “Weg” geleiten und heimführen will.

Schon lange drängte es mich, ein Buch von der Vatersorge und der Vaterliebe Gottes zu schreiben. Der Ausdruck “Vaterhand” (Titel des Buches) steht sinnbildlich für diese sorgende Vaterliebe, mit der Gott unser ganzes Leben bis in die kleinsten Verästelungen umfängt. Es soll kein Lehrbuch sein; nur einige lebensnahe und bezeugte Beispiele mögen Lichtpunkte und Lichtsignale sein in unserer wirren, dunklen, manchmal geradezu unheimlichen Zeit, in der für viele Menschen der Glaube an die göttliche Vorsehung immer schwerer wird. Es bleibt ein Geheimnis höchster Gnade:

Gott ist unser Vater - wir Seine Kinder.

Die Entscheidung darüber liegt bei uns, an unserer Glaubens- und Gehorsams- bereitschaft Gott gegenüber. Beten wir, bevor wir jetzt weiterlesen, langsam und besinnlich jedes Wort überdenkend, ein Vaterunser. Es ist das vertrauensvollste, einfachste und doch inhaltstiefste Gebet aus dem Mund des Heilands selber - an unseren allerbesten Vater! Der Vatername Gottes allein schon ist heiliges, ist kraftvolles Gebet. Vater unser im Himmel...

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I. GOTTES MÄCHTIGE VATERHAND

 

Noch lebt ein Gott, der Wunder tut

Von einer jungen evangelischen Schwesternschaft

Die Oberin der evangelischen Marienschwestern in Darmstadt, Mutter Basilea Schlink, hat 1970 ein kostbares Buch geschrieben über das Wirken der Vatergüte Gottes gerade in unseren Tagen. In anschaulichen, manchmal überwältigenden Beispielen berichtet sie darin, wie Gott das vertrauende, beharrliche Gebet der Seinen erhört, wie Er in schweren, aussichtslosen Situationen wunderbar eingreift und staunenswerte Taten vollbringen hilft.

Die erst 1947 gegründete Marienschwesternschaft ist ein einzigartiger Beweis für die Vatersorge Gottes, ja ein Lobpreis auf Seine Vaterliebe.

Wahrhaft, es ist ein Vatergott im Himmel, der Wunder tut, auch heute noch, wenn man sich Ihm vertrauend übergibt. Einige staunenswerte Tatsachen aus diesem Buch, betitelt “Realitäten” sollen hier mit Erlaubnis der Verfasserin gekürzt wieder- gegeben werden.


 

Eine Anbetungskapelle wird aus dem Nichts

“An der Bundesstraße 3 zwischen Frankfurt und Heidelberg”, so schreibt Mutter Basilea, “steht in Darmstadt eine Kapelle. Sie sieht nicht anders aus als sonstige Kapellen, und doch ist sie anders. Warum? Am Eingang weht eine große Fahne, auf der geschrieben steht: Erbaut allein durch die Hilfe des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat, im Glauben an Jesus Christus. Sie wurde also im Namen des Herrn, ohne menschliche Voraussetzungen, nur auf dem Weg des Glaubens und des Gebetes erbaut. Und der Anfang dieser Kapelle geschah so:

Im Mai 1949 gab der Herr mir den inneren Auftrag, Ihm zu seiner Verherrlichung eine Kapelle zu erbauen, in der ihm viel Anbetung gebracht würde. Welch seltsamer Gedanke! Hätte ich nicht zuerst daran denken müssen, daß die Marienschwesternschaft ein Haus bekäme? 26 Schwestern waren im Einfamilienhaus meiner Eltern untergebracht, worin diese und einige bombengeschädigte Untermieter wohnten. Bis unter dem Speicher war es belegt, und jeder freie Quadratmeter war dort für einen Strohsack oder eine Matratze ausgenützt. So konnten wir keine neuen Schwestern mehr aufnehmen. Da erhielten wir eine biblische Wegweisung. Die aus einer Fülle von etwa tausend Bibelstellen unter Gebet gezogenen Worte lauteten: So siehe nun zu, denn der Herr hat dich erwählt, daß du ein Haus baust zum Heiligtum. Sei getrost und mache es! (Chr 28,10)

Und sie sollen mir ein Heiligtum machen, daß ich unter ihnen wohne. (Ex 25,8) Doch obwohl Gott so klar den Auftrag zum Bau der Kapelle bestätigte, brannte das Anliegen, dem Herrn Anbetung zu bringen, noch wenig in unserer Schwesternschaft. Das zeigte sich schmerzlich am Weihnachtsfest 1949, dem Fest, an dem doch Herzen entflammt und Zungen gelöst sein müßten, dem Kind in der Krippe mit Hirten und Weisen ohn' Ende Anbetung zu bringen.

 

Es gab aber ein trauriges Weihnachten,

an dem das Jesuskind umsonst auf Anbetung wartete. Da überkam die Schwestern ein großer Schmerz, daß sie der Liebe des Kindes in der Krippe so stumpf gegenüber gestanden hatten, und dann brach aus der Reue ein heißes Flehen aus ihren Herzen: Bitte - laß die Kapelle werden... Nun, als das Feuer in allen Herzen brannte, trieb es ins ernstliche Gebet um diese Kapelle, und zwar war unser Gebetsanliegen, daß der Herr als erstes uns Land für diesen Bau schenken möge. Je aussichtsloser unsere Lage war, ein Grundstück dafür zu bekommen, desto stärker wurde der Gebetseinsatz, den wir vor allem in Gruppen miteinander taten.”

 

Nach wochenlangem Beten und Flehen kam die Erhörung: In der Nähe der Stadt wurde uns ein 7000 qm umfassendes Grundstück geschenkt - und zwar vom Vater einer unserer Schwestern. “Es schien”, so schreibt Mutter Basilea, “als ob Gott darauf gewartet hätte, daß unsere lauen Herzen endlich für Seines Reiches Anliegen entzündet würden: Ihm die Kapelle zur Anbetung zu bauen. Denn, nachdem dieser neue Brand in unseren Herzen unser Gebet ernstlich gemacht hatte, war nun tatsächlich nach wochenlangem Flehen

die Erhörung gekommen.

Das Grundstück war da. Überwältigt, daß Gott auf unser Flehen hin das Herz jenes Vaters gelenkt hatte, das Grundstück für den Bau der Kapelle zu schenken, stimmten wir überglücklich an: Nun dankt alle Gott, mit Herzen, Mund und Händen, der große Dinge tut an uns und allen Enden.

Dann betete ich zum Vater im Himmel: Wenn Er dies Land als Verheißung gegeben hätte, daß wir darauf bauen dürften, ohne Geld zu haben, noch von einer Seite Zuschuß erwarten zu können, möge Er nun ein Wort aus der hl. Schrift als Bestätigung geben. Das solle uns Felsengrund sein und ein Schuldschein in unserer Hand, den wir Ihm in allen Nöten vorhalten könnten und den Er einlösen müsse. Und ich zog das Wort: Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat (Ps 124,8).

Da brach ein Freuen und Lobsingen an, denn Gott hatte uns damit wahrlich eine Verheißung gegeben, die alles in sich schloß. Das war viel mehr als Geld.”

Wider Erwarten schnelle Baugenehmigung

“Das Darmstädter Stadtbauamt war mit Baugesuchen überschwemmt. Alle unsere Besuche und Anrufe hatten sich als vergeblich erwiesen. Die entscheidende Instanz war nicht zu sprechen. Es gab stets nur einen Bescheid: Für dieses Gelände würde nie eine Bauerlaubnis zur Errichtung einer Kapelle und eventuell eines Schwesternhau- ses gegeben. Es sei kein baureifes Land. Gottes Hand lag schwer auf der jungen Schwesternschaft. Gott aber wollte den Glauben seiner Kinder prüfen, wollte zu anhaltendem, vertrauensvollen Gebet erziehen. Die Schwestern ließen nicht nach in ihrem ringenden gläubigen Gebet. Und was geschah? Das bisher Unmögliche wurde möglich; die Berge von Schwierigkeiten schmolzen wie Wachs vor Gott dem Herrn. Schon Ende März 1950 wurde durch ein besonderes Entgegenkommen des Oberbürgermeisters und des Oberbaudirektors die mündliche Baugenehmigung gegeben, obwohl das Bauamt bereits endgültig eine schriftliche Absage für dieses Grundstück gegeben hatte. Am Tag, wo die mündliche Erlaubnis gegeben wurde, lag die schriftliche Absage, tags zuvor abgeschickt, im Briefkasten der Schwestern. Gott hat Macht, wenn das Vertrauen stark genug ist, das schriftliche “Nein” oberster Behörden in ein “Ja” zu verwandeln.

Und das schier Unglaubliche:

Durch ein besonderes Entgegenkommen der Baubehörde durften die Schwestern mit dem Bauen sofort beginnen, obwohl die Baupläne erst kurz eingereicht waren und keinerlei Finanzierungsplan vorlag. Die Schwestern hatten lediglich 30 DM Kapital. Gott würde, so hofften sie voll Vertrauen, bei einem Kostenvoranschlag von 250.000 DM für die fehlenden 249.970 DM aufkommen. Und der Vater im Himmel kam dafür auf. Es ging bald die Rede, das Bauen mit solchem Bauherrn sei das Allersicherste.

Die Steine lieferten

die ausgebrannten Kasernen der Stadt. Es war geradezu kathastrophal, gleich nach dem Krieg Baumaterial zu bekommen. Unter den durch die Bombeneinschläge zerstörten Häusern war kaum ein ganzer Backstein mehr zu finden; anders war es bei den bombengeschädigten Kasernen. Die Schwestern erhielten die Erlaubnis, die Ruinen abzureißen und bekamen dadurch besonders gute Klinkersteine, mit denen sie ihre Kapelle aufbauen und die Fußböden all ihrer Keller belegen konnten. Der himmlische Vater hat auf das kühne Glaubensgebet wunderbar geantwortet.


 

Gebet aber stieg ohne Unterlaß zum Himmel

Wie einst beim Erbauen der Mauern Jerusalems durch Nehemia, so wurde auch auf dem Grundstück der Schwestern ein Gebetszelt errichtet. Das Haus des Herrn sollte sowohl mit der Kelle in der Hand, als auch mit Gebet errichtet werden. Im Gebetszelt löste immer eine Schwester die vorige ab, um, wie damals die Israeliten taten, inbrünstig das zu erbitten, was notwendig war. Nur Gottes Vaterhilfe konnte die Gesundheit und Kraft und alles Nötige zum Bauen gewähren. Das zeigte sich bald. Kurz nach Baubeginn trat nämlich eine große Materialverknappung ein, weil infolge der Koreakrise Baumaterialien zum Teil für militärische Zwecke beschlagnahmt wurden.

Nun war es aber nicht mehr nur das Geld, um das die Schwestern unaufhörlich zur Begleichung der Rechnungen zu beten hatten, sondern auch um Zement und alles für den Rohbau Notwendige. Und fast Tag für Tag durften sie in dieser wirtschaftlichen Krise erleben, wie Gott auf das vertrauende Gebet im Gebetszelt antwortete und Hilfe schickte. Sie erhielten ohne irgendwelche Tauschmittel alles notwendige Baumaterial und das innerhalb von kurzen Tagen und Wochen. Vieles von diesen knappen Baumaterialien wurde den Schwestern sogar geschenkt: Hohlblocksteine, Rundeisen, Eisenträger, die Rohre zu Gas- und Wasserleitungen. Alles kam jedesmal zur rechten Zeit an, sodaß kein Arbeitstag ausfallen mußte. Und das Geheimnis, das dahinterstand, war das Gebetszelt. Arbeitseinsatz ohne Gebetseinsatz mit Opfer an Zeit, wäre für sie Leerlauf in der Arbeit gewesen. Das haben die tiefgläubigen Schwestern immer mehr erkennen dürfen. Eine wundersame Erkenntnis!

Auf einmal schien alles Beten unwirksam

Und warum? - Die Schwestern waren unermüdlich von früh bis abends am Werk. Alles ging gut voran. Eines Tages aber sprang die schwere Kipplore immer wieder aus den Schienen, obwohl die Schwestern abwechselnd im Gebetszelt wie bisher um Gottes Segen für die Bauarbeiten flehten. Weil die Lore einige Zentner wog, war es eine zeitraubende und mühselige Arbeit für die Schwestern, sie wieder in Gang zu bringen. Allmählich wurde das ein solcher Kräfteverschleiß, daß die leitende Schwester sagte: “So geht es nicht weiter.” Und sie rief alle ins Gebetszelt. Dort beteten sie zusammen und baten Gott, er möge ihnen doch aufdecken, was heute den Segen von ihrer Arbeit nähme. Da kam es heraus, daß einzelne Schwestern etwas gegen einander hatten, daß sie lieblos von einander dachten; zum Beispiel hatte die eine der anderen zu langsam oder zu schnell gearbeitet - oder durch Unvorsichtigkeit Sand in die Augen geschippt, - oder das Gerät nicht ordentlich aufgeräumt; man hatte dabei ärgerlichen, lieblosen Gedanken Raum gegeben und es herrschten kleinere oder größere Spannungen untereinander. “Diese Sünden gegen die Liebe”, so erzählen heute noch die Bauschwestern, “standen zwischen Gott und uns und verhinderten das Aufsteigen der Gebete zu Ihm. Als uns aber diese Sünde gegen die Liebe, das Verurteilen der anderen, schmerzlich als Schuld bewußt wurde, und als wir uns untereinander um Verzeihung gebeten und Gottes gnädiges Vergeben für uns arme Sünder neu in Anspruch genommen hatten, siehe, da sprang unsere Kipplore kein einziges Mal mehr aus den Schienen.”

“Ähnliches erlebten wir ein andermal mit der Mörtelmischmaschine. Eineinhalb Tage sprang sie nicht mehr an. Alle Versuche, auch die Bemühungen solcher, die etwas davon verstanden, brachten sie nicht in Gang. Wir merkten,” so berichten die Schwestern, “daß der Herr traurig über uns sein müßte und darum unser Gebet nicht erhören konnte; wir erkannten, von welchen Voraussetzungen Gott die Erhörung abhängig macht nach dem Wort: Die Augen des Herrn blicken auf die Gerechten. Seine Ohren öffnen sich Ihrem Ruf. Das Angesicht des Herrn aber steht wider die, die Böses tun” (1 Petr 3,12).

Nur Gebete aus versöhnlichen, aus liebenden Herzen können Erhörung finden, das war eine der wertvollsten Erkenntnisse der ganzen Bauzeit.


 

Er füllt die Kasse - heilt die Krankheiten

Die Marienschwestern wußten: Man kann Gott nie genug zutrauen. Seine Liebe und Macht übertreffen die kühnsten Gebete und Erwartungen. Nur muß man allem menschlichen Eigennutz entsagen und Seiner Führung sich ergeben. Er sorgt für Sein Werk und bringt auch die Mittel dafür bei. So füllte der Herr auch die Kasse der Schwestern immer soweit, daß zur rechten Zeit das notwendige Geld da war. Es gab bei diesem großen Vorhaben, das die Marienschwestern für die Ehre Gottes auszuführen gedachten, keinen Bauzuschuß, es wurde keine Hypothek aufgenommen; es war auch kein Grundkapital vorhanden, nur ein bergeversetzendes Vertrauen auf die Vatergüte Gottes. “Der Name Vater”, so schreibt Mutter Basilea, “war ein heller Klang in unserem Herzen.” Solch kindlichem Vertrauen antwortete Gott auffällig. Wie oft geschah es, daß die Post, die einlief, gerade den Geldbetrag brachte, der nötig war, um die fälligen Schulden zahlen zu können. Oft im allerletzten Augenblick wendete Gott die Geldnot. Es konnte dank der Hilfe edler Menschen, deren Herz der gütige Vater bewegt hatte, alle Schuld restlos getilgt werden: auch die Ausgaben für die nachfolgenden noch größeren Bauten. Überwältigt von Gottes Vatersorge erklangen oft frohe Lob- und Danklieder im Schwesternchor. Gott im Himmel erwies sich wirklich als Vater seiner Kinder. Das dankbare Vertrauensverhältnis zum himmlischen Vater bestärkte vor allem auch die Tatsache, daß

keinerlei Baukatastrophen

oder schwere Unfälle geschahen, nachdem für keine einzige Schwester und auch für keines der mitarbeitenden Mädchen eine Unfall- oder sonstige Versicherung bestand. Nur einmal passierte folgendes: Eine Schwester stürzte auf einer frisch betonierten Decke im ersten Stock. Sie brach durch und fiel so unglücklich auf ein Kantholz, daß ein doppelter Beckenbruch die Folge war. Diesen Krankheitsbefund ergab die Röntgenaufnahme nach der sofortigen Einlieferung ins Krankenhaus.

 

Ein schwerer Schlag! Sofort setzten die leitenden Schwestern für alle einen Fast- Buß - und Bettag um die Hilfe Gottes an. “Nach einer Gebetsnacht mit schweren Anfechtungen”, schreibt Mutter Basilea, “rang ich mich zu der Gewißheit durch, daß dieser Unfall nicht gegeben sei, um die Prüfung einer langen Leidenszeit zu bringen, sondern durch eine Heilung zur Verherrlichung Gottes dienen solle. Die verunglückte Schwester sollte auf Anordnung der Ärzte viele Wochen in einen Streckverband gelegt werden, wir aber wollten sie am 2. Tag wieder zu uns nach Hause holen”. Sehr ernst sagte der behandelnde Oberarzt zur Mutter Basilea: “Innere Krankheiten können vielleicht durch Gebet geheilt werden, doch nie sind zerbrochene Knochen auf Gebet hin zusammengewachsen.” Er warnte dringend vor eine Heimholung. “Wir aber”, so schreibt Mutter Basilea, “holten die Schwester nach zwei Tagen heim. Zu Hause legte Mutter Martyria und ich der Schwerverletzten unter Gebeten die Hand auf, während einige Schwestern den Siegernamen Jesu rühmten mit dem Vers:

 

Jesu Nam' du Heilandsnam', der da heilet all' Gebrechen,

Jesus, der als Heiland kam, um die Krankheitsmacht zu brechen, Jesu Nam' in Dir ist Kraft; Du bist's, der Genesung schafft.

 

Und da stand die kranke Schwester, die sich vorher nicht ohne qualvolle Schmerzen im Bett rühren konnte, auf und konnte wirklich auf ihren Füßen stehen. Unsere Augen schauten wie gebannt auf sie; das Herz war voll tiefer, jubelnder Freude. Binnen zwei Wochen war sie vollends geheilt und stellte sich den Ärzten vor. Diese Geschichte ging wie ein Lauffeuer durchs Land und machte die Ehre Gottes viel größer, als wenn Er uns allezeit vor Unfällen und Gefahren behütet hätte.”

 

“In diesen Jahren erlebten wir”, so berichtet Mutter Basilea, “noch mehrere andere Heilungen, auch manchmal geradezu auffallenden Schutz in Gefahren”. Hier sei nur ein Beispiel angeführt: Es kam die Hand einer Schwester unter die zentnerschwere Kipplore, als diese wieder in ihr Gestell zurücksprang. Der Arzt konnte sich nicht genug wundern, daß nicht alle Sehnen zerrissen und die Hand zerschlagen war, wie man unbedingt hätte annehmen müssen. Es blieb nur eine geringfügige Fleischwunde, die bald heilte. Da mußten wohl auch die hl. Engel, so bemerkt die Berichterstatterin, ihre Hände dazwischen gehalten haben, denn der Herr hat Seine Engel zum Dienst an die Gläubigen gesandt (Hebr 1,14). Wie sehr wurden manche, die über den tiefen kindlichen Glauben der Schwestern lächelten oder gar spotteten durch solche Tatsachen nachdenklich. Dieser Glaube der Schwestern aber wurde immer wieder neu geprüft, zumal sich nach den Worten von Mutter Basilea oft ein “vernünftiges Denken und Rechnen mit Gelegenheiten” mit unserer menschlichen Trägheit und Gleichgültigkeit verband.


 

Kühnes Gottvertrauen - Immer neue Werke

Nach zweieinhalb Jahren waren Kapelle und Mutterhaus vollendet. Wohl tausend Menschen waren zur Einweihung gekommen, um Gott für dieses Werk des Glaubens und der Liebe zu danken. Die Anbetungskapelle lud nunmehr mit ihrer Glocke zu den Gottesdiensten und Stundengebeten ein. Das Mutterhaus umfaßte die Schlafräume, den Speisesaal und den Kapitelsaal, aber es fehlten die Räumlichkeiten für die immer mehr anwachsende Druckerei, von Lagerräumen für das Papier usw. ganz zu schweigen. Es fehlten auch die notwendigen Druckereimaschinen; die Bildhauerschwestern konnten ihre großen Kruzifixe aus Ton nur unter freiem Himmel aufbauen; das bedeutete, daß jeder Regenguß sie wieder zerstörte. Ein neues Haus war dringend notwendig. Dieses sollte mit einer Druckerei, mit Verlag, Werkstätte und einem Gästestockwerk, besonders zur Verkündigung Seiner Botschaft dienen, gerade auch für Gäste, die in die Stille zur Einkehr kamen, aber drei Viertel Stunden entfernt in der Stadt wohnen mußten. Ja, es war ein großer Raum notwendig für die vielen Menschen, die zu den Ruferspielen kamen; dazu für die sich mehrenden Gäste der Einkehrzeiten ein neues Gästehaus, sowie eine Aufnahmestätte für alle, die in leiblicher Not und Gebrechlichkeit an die Türe der Schwestern klopften, für Alte und Pflegebedürftige. Alles Häuser, in denen der praktische Liebesdienst getan werden und Gottes Auftrag an die Schwestern erfüllt werden sollte. Dieser Auftrag hieß:

 

Die Mehrung des Reiches Gottes.

Ein gewaltiger Auftrag! Und wie hat der Vater im Himmel im Lauf weniger Jahre alles wunderbar vollenden helfen! Heute können die Marienschwestern ihre Gäste aus dem In- und Ausland über ihr schönes Land “Kanaan”, wie sie es dankbar nennen, führen, und alle sehen das Mutterhaus und die Kapelle, Jesu Werkhaus und die große Jesu-Ruf-Kapelle, die bis zu 1000 Sitzplätze faßt, das Kanaan-Exerzitienhaus Jesu Freude mit über 50 Einzelzimmern, das Franziskus-Pflegeheim, das neue Margarethenhaus, ein weiteres kleines Haus Beth Zion für die jüdischen Freunde, dazu das 9 Hektar große gepflegte Land und all die Anlagen - und sie erfahren, daß außerdem noch ein Haus in Israel und eine Gebetskapelle in der Schweiz ihr eigen ist. Wie konnte das alles werden? Wie waren die großen Summen für die Häuser und Acker “Kanaans” bei täglich leerer Kasse zusammengekommen? Antwort: Nicht durch große Zuschüsse und Hypotheken; nein, nur aus größter Armut auf dem Wege des Glaubens und Gebetes. Gott bewies, daß Er zu Seinem Werk steht: “Sucht zuerst das Reich Gottes, und alles andere wird euch dazugegeben werden”, und “Alles, was ihr erbittet in Meinem Namen, glaubt nur, daß ihr es empfangen werdet!” Es konnten zum Zahlungstermin jedesmal die Rechnungen für die Bauten beglichen werden, so daß alle Häuser schuldenfrei dastehen. Gott selber hat immer wieder Herzen bewegt, für dieses große Werk zu spenden, ja Er hat gleichsam Seine Gaben ausgeschüttet über diese Schwesternschaft, die nur eines suchte, sich für Gottes Ehre und Sein Reich zu verzehren. Wahrhaft, hier möchte man mit dem Heiland ausrufen: “Einen solchen Glauben habe Ich in Israel nicht gefunden.”

Es darf aber nie vergessen werden:

Dieser Glaube, dieses Vertrauen auf Gottes Vatergüte mußte von den Schwestern immer neu erbetet, erkämpft, errungen werden. “Es kam eine Zeit”, so schreibt Mutter Basilea, “wo wir nach so vielen Kämpfen für unsere Bauten, glaubens- und gebetsmüde geworden waren; vor allem im Hinblick auf die unüberwindlichen Schwierigkeiten, die im Wege standen. Es schien ganz unmöglich, neben unserer Kapelle und dem Mutterhaus einen weiteren

Bau auf dem unmittelbar angrenzenden Gelände erstehen

zu lassen. Unmöglich? Ja, sogar doppelt unmöglich! Die Bundesregierung hatte nämlich gerade über diese Äcker eine bedeutende Sammelverkehrsstraße geplant, von strategischer Wichtigkeit und zur Entlastung des Straßennetzes unserer Stadt. Und zum anderen hatte im Hinblick auf diese gute Verkehrslage eine Großtankstellengesellschaft dieses Land in Industriepacht genommen, welche nicht zu kündigen war. Wir erfuhren, daß ein Rasthaus und weiterhin Tankanlagen auf dem Gelände geplant waren. Und diese Schwierigkeiten schienen so unüberwindlich, daß der größte Teil der Schwesternschaft innerlich einfach kapitulierte und gar nicht mehr zu kämpfen bereit war. Wir ahnten nicht, in welcher Gefahr wir standen, nämlich der größten für ein Christenleben, satt und lau zu werden. Wir ruhten uns auf unseren Glaubenstaten sozusagen aus - wir wollten für Seele, Geist und Leib Ruhe haben und keinen Kampf mehr. Wir waren nahe daran zu vergessen, daß nur, wo gekämpft wird, Sieg kommen kann, nur wo etwas gelitten worden ist, die wahre Freude aufleuchtet. Wie sollte Gott in dieser unmöglichen Lage ein Wunder tun, wenn wir nicht glaubten und einen Glaubensgebetskampf führten! Darum:

Noch mehr Gebet, noch mehr Glaube,

noch mehr Kampf, damit der Vater im Himmel um so mehr schenkt. Nur nicht müde werden, nicht aufgeben!” So Mutter Basilea.

Immer wieder rangen die Schwestern in anhaltendem Gebete oft bis in die Nacht hinein, rangen in Fasten und harter Buße um diesen bergeversetzenden Glauben, galt es doch Seine Ehre, Seine Aufgaben, Sein Werk. Sie setzten all ihre Hoffnung auf Ihn allein. Sie wußten, “das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es ernst ist” (Jak 5,16).

Zum Erwerb des ersten notwendigen, ans Mutterhaus angrenzenden Grundstückes wurde darum für alle Schwestern eine Opferwoche ausgerufen, in der jede sich im Verborgenen von dem lösen sollte, an dem sie hing. Eine wirkliche Herzenserneuerung sollte das Fundament für die neue, große Aufgabe werden. Und siehe da: der Kaufvertrag konnte dann bald abgeschlossen werden. Der Herr hat handgreiflich geholfen.


 

Eine Druckerei aus dem Glauben

Der Neubau auf dem nunmehr erworbenen Grundstück sollte vor allem einer eigenen Druckerei dienen. Mit Recht erkannten die Schwestern, daß sie dadurch eine viel größere Möglichkeit zur Erfüllung ihrer Apostolatsauf-gaben hätten. Durch Bücher und Schriften kommt man an viele Menschen heran. Die Einrichtung einer Druckerei aber kostet eine Summe Geldes. So war dann mitten in der größten Geldnot der Bauzeit eine der drängendsten Bitten der Schwestern diese: Gott möge ein Menschenherz bewegen, ihnen eine Druckmaschine zu schenken. Und der Vater im Himmel hörte auf dieses Gebet. Eines Tages stand eine kleine gebrauchte Rotaprintmaschine als Geschenk eines Ehepaares da, die natürlich nun auch sofort in Gebrauch genommen werden mußte, ohne erst auf eine gelernte Schwester warten zu können. Das Bewußtsein, daß der Herr so nahe ist und unsere Zeit so vorgerückt, ließ die Frage nach einer mehrjährigen Lehrzeit, wie sie vor allem für die späteren Maschinen eigentlich nötig war, gar nicht aufkommen.

Es ging ja jetzt um jeden Tag.

Es blieb nur der Weg vertrauensvollen Betens und Ringens, und siehe da, der Herr schickte auf ihr Beten und Seufzen hin einen unangemeldeten Gast, der von Beruf Drucker war und an einer ähnlichen Maschine arbeitete. Mit Freuden zeigte er der dafür bestimmten Schwester noch spät abends die richtigen Handgriffe, und die ersten gedruckten Erzeugnisse fielen so gut aus, daß der Reisende für diese Maschinenfabrik sie als Reklamestück im Musterkoffer trug. Gott hat wirklich zu diesem Weg Sein Amen gesprochen. Doch bald wurde es so, daß die kleine Maschine die immer zahlreicher angeforderten Schriften nicht mehr schaffe. Mit Gottes greifbarer Hilfe konnten bald nacheinander immer mehr Maschinen, so ein Heidelberger Zylinder, ein Heidelberger Tiegel, eine Schneide-, Falz- und Fadenheftmaschine angeschafft und auch termingemäß bezahlt werden. Mit der Leiterin der Druckerei bedienen sie noch 12 Schwestern ohne irgendwelche fachliche Vorbildung. “Aller Mangel an Kenntnis, Übung und Erfahrung mußte durch Glaube und Gebet überwunden werden.” So schreibt Mutter Basilea. Und sie wurden überwunden. Die Schwestern sollten und wollten immer in Abhängigkeit vom Herrn stehen. Auch der Verlag wurde ganz auf Glaubensboden gestellt. Entscheidend war und ist nie die Frage, ob Geldmittel zur Verfügung stehen, sondern ob ein Auftrag Gottes vorliegt,

ob dadurch Menschen gesegnet werden sollen. Druckerei und Verlag trachten nur darnach, daß die Botschaft Gottes viele erreiche, daß noch viele Menschen errettet und bereit werden für das Reich Gottes. So wird - wahrhaft ein Wagnis des Glaubens - alles Schrifttum ohne Forderung auf Gegenleistung gegeben, ausgenommen die Bestellungen der Buchhandlungen. Jedem ist es freigestellt, ob und wieviel er geben will. Kein Wunder, wenn dieser Betrieb ein Defizit-Unternehmen ist und sich nicht “rentiert” Doch das Seltsame ist, daß nicht nur alle Rechnungen für Papier und Maschinen immer pünktlich bezahlt werden konnten und können, sondern ein Haus nach dem andern erbaut werden konnte. Bei dieser “himmlischen Mathematik”, wie sie manche nennen, heißt es: “Gebt, so wird euch gegeben werden, und zwar ein volles, überfließendes Maß” (Lk 6,38). Hier rechnet eben Gott, und Er rechnet anders als wir Menschen.

 

Vor Ihm fielen auch unüberwindliche Hindernisse

gerade hinsichtlich des Erwerbs des Landes Kanaan, auf dem all die aufgeführten Bauten errichtet wurden. Nur ein paar Beispiele seien hier angeführt. So trat gerade im entscheidenden Moment ein Gesetz des Landes Hessen in Kraft, wonach in Wohngebieten keine Tankstellen mehr errichtet werden dürfen. Diese Konkurrenz brauchten also die Schwestern nicht mehr zu fürchten.

So änderte die Darmstädter Stadtverwaltung ihren bereits feststehenden Plan hinsichtlich dieses ganzen von den Schwestern in Aussicht genommenen Landes. Dieses 36 Morgen umfassende Terrain war vom Stadtrat nach langer zielbewußter Planung für eine ausgedehnte Siedlung von Hochhäusern, Einzelhäusern, Parkplätzen und Anlagen ausersehen und lag im Modell bereits vor. Neben dem Mutterhaus der Schwestern war ferner eine große amerikanische Offizierssiedlung geplant. Auch dafür lagen die fertigen Pläne bereits vor. Was geschah? Der Stadtrat, der für das ganze Gelände das Vorverkaufsrecht hatte, räumte den Schwestern dieses Recht ein und trat mit seinem Vorhaben zurück. Ja, es fiel ein noch größeres Hindernis, das letzte und schwerste. Die Bundesregierung hatte gerade mitten durch dieses in Aussicht genommene Land “Kanaan” die große lärmende Bundesstraße geplant. Menschen, die von der Lage der Dinge wußten, lachten über die Schwestern und ihr “kindliches” Vorhaben. An verantwortlicher Stelle sagte man lächelnd:

“Die Marienschwestern meinen, daß durch Glauben selbst Bundesstraßen verlegt werden können.”

“Wir erlebten”, so schreibt Mutter Basilea, “wie verwegen, wie groß unser Glaubensziel war; wir spürten, hier bedurfte es eines kühnen, anhaltenden, geduldigen, bei allen Widerständen nicht müde werdenden Glaubens.” Ja, hier hieß es, eine Schule des Glaubens zu durchlaufen, in der das Lernen bitter schwer war. Doch uns stärkte die Gewißheit: Je schwerer der Glaubensweg, desto größer die Wunder, die Gott tun wird, und damit wird die Ehre Seines Namens groß und Er verherrlicht werden. Dafür wollten wir ja das Land Kanaan erwerben. Die Schwestern erhielten ein “Nein” um das andere von seiten der maßgebenden Behörden. Lange hörten sie nichts, und mancherlei Wege bis zu den höchsten Stellen in Bonn waren vergeblich. Jeder sagte nur kopfschüttelnd, ein “unmöglich”, bis eines Tages - im Februar 1956 - bekannt wurde: die geplante Umgehungsstraße wird verlegt. Unfaßbar war die Freude der Schwestern und ihr Dank gegenüber dem Vater im Himmel, denn Er allein hat es bewerkstelligt.

Auch die letzte hohe Mauer fiel

Nach der Verlegung der Umgehungsstraße war die zweite hohe Mauer gefallen, die den Einzug nach Kanaan versperrte. Es war aber eine noch weit höhere Mauer zu überwinden. Es mußte das Gelände “Kanaan” erst erworben werden. Der größte Teil gehörte dem Land Hessen. Die Landesregierung aber lehnte jede Bitte, ob mündlich oder schriftlich, kategorisch ab. Der maßgebende Herr der Regierung teilte den leitenden Schwestern im entscheidenden Gespräch den unwandelbaren Entschluß mit, daß sie nie etwas von “Kanaan” verkaufen würden. Was nützte also die von der Stadtverwaltung den Schwestern gegebene Zusage, daß sie nunmehr das Vorverkaufsrecht auf Kanaan hätten, wenn man ihnen kein Land verkaufen wollte.

Mutter Basilea berichtet aus dieser Zeit von 1957-1959: “Keiner kann wohl aussagen, was diese Jahre an tiefsten Anfechtungen, Nöten und einem Durchringen zu immer neuem Glauben für uns bedeuteten. Als wir schließlich, nachdem wir bis zum Ministerpräsidenten mit unserer Bitte vorgedrungen waren, das letzte einschneidende, schriftliche “Nein” der Landesregierung in unserer Hand hatten, und damit versichert war, daß man uns nie Gelände verkaufen würde, schien endgültig alles aus. - So beugten wir uns in dieser Zeit viel unter den Schlägen und Züchtigungen Gottes. Wir hielten jedoch dem Herrn weiter Seine Verheißungen vor mit der innigen Bitte, daß Er Seine Ehre nicht zuschanden werden lasse. Wir gingen unseren Wüstenweg weiter, der schon Jahre währte. Gebet und Glauben hielten uns aufrecht in den schweren vergeblichen Kämpfen; ja, je unmöglicher die Einnahme “Kanaans” wurde, um so mehr trieb es die Schwestern ins Gebet. In Gruppen oder als ganze Schwesternschaft wurde tagsüber und auch manchmal nachts im Glaubensringen gebetet. Es gab immer neue Bußen und manche Reinigung unter den Züchtigungen Gottes in unserer Schwesternschaft.

Doch dann nahte die Stunde Gottes:

Der hohe Regierungsbeamte, dessen eisernes “Nein” ein Hauptbollwerk war, das uns nicht nach “Kanaan” hineinließ, war auf einen anderen Posten gekommen. Mitte Februar 1959 - es war kurz vor dem 12. Jahrestag der Gründung der Marienschwesternschaft - erteilte der Regierungspräsident die Genehmigung für den Abschluß des Kaufvertrages. Welch ein Geburtstagsgeschenk zum Jahrestag der Gründung! In den letztmöglichen Bürostunden vor dem 30. März (Gründungstag) war der Entscheid gefallen, daß das lang erbetene, erlittene und erkämpfte staatliche Gelände auf “Kanaan” in unseren Besitz kam. Es hatte sich erfüllt, was in schwersten Stunden der Glaubensanker gewesen: Gott führt in die Wüste, um demütig zu machen, auf die Probe zu stellen, damit Er zuletzt Gutes erweisen könne (Dt 8,16).

Außer diesem “Wunder” mit dem staatlichen Gelände war auch das andere geschehen, daß die Einzelbesitzer von Grundstücken, die anfangs nicht zum Verkauf zu bewegen waren, nun nahezu alle eingewilligt hatten. Ja, wo wir vorher oft Monate und jahrelang immer neue vergebliche Bittgänge gemacht hatten, hatte Gott dann so eingegriffen, daß eine ganze Reihe von ihnen selbst zu uns kam und die Acker anbot, so daß

“Kanaan” 1963 wirklich ganz unser war.

Ein Land, das ganz der Verherrlichung Gottes dienen soll. Ein Land der Freude und der Festgesänge, des Anbetens und der Freudenreigen, ein Land, in dem der Vater gepriesen wird Tag für Tag.

Gott hatte gezeigt, daß Sein Name “Vater” nicht Schall und Rauch ist, sondern Sein Name Sein Wesen zeigt, das Vatergüte und Fürsorge ausmacht. “Gott ist die Liebe”; Er ist der Vater, der von Seinen Kindern um das Kleinste gebeten sein will. Ja, Er ist vor allem und über alles die Liebe.

Die Glaubens- und Wüstenwege nach “Kanaan” lehren: “Je mehr gebetet, geglaubt, gelitten werden muß, um so mehr schenkt der Vater und um so Überwältigenderes dürfen wir zum Schluß der Glaubenswege von Seiner Wundermacht, Seiner Herrlichkeit, Seinem Wohltun schauen und bezeugen, um so größere Wirkungen für Sein Reich gehen aus. “Kanaan - ein Königreich der Liebe.” Möge es das sein und immer mehr werden in dieser letzten schweren Zeit zur Verherrlichung des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes!” So schließt Mutter Basilea ihren erhebenden Bericht über den Erwerb des Landes “Kanaan”.


 

Versorgung allein aus Seinen Vaterhänden

Wie sehr aber das Vertrauen auf Gottes Vaterhilfe in dieser jungen Schwesternschaft ein totales “Gott-sich-Anvertrauen” geworden ist, ein vollständiges “Sich-von-Ihm- Abhängigmachen” bis in die kleinsten Bedürfnisse hinein, so wie eben ein Kind ganz vom Vater abhängig ist, das künden in ergreifender Weise folgende Ausführungen im Buch “Realitäten” von Mutter Basilea:

“Angenommen, wir müßten für unsere Mutterhausküche eine Köchin suchen, so würde unser Inserat ungefähr so lauten müssen: ‘Es wird eine Kraft gesucht, der allerdings kein Wirtschaftsgeld zur Verfügung steht, dafür aber die Gebetsunterstützung aller Schwestern. Sie muß bereit sein, den Küchenzettel oft nur halbtägig im voraus zu machen, da sie nie wissen kann, was an Lebensmitteln, vielleicht in den nächsten Stunden geschenkt wird, und über keine Vorräte verfügt. Sie hat also für eine etwa 80köpfige Familie zu kochen im Vertrauen auf den himmlischen Vater, der, wenn man Ihn um Brot bittet, keinen Stein bietet.'

 

Es ließe sich denken, daß diese Annonce ohne Meldeandrang bliebe. Unsere Küchenschwestern aber, die diesen Weg nun schon durch Jahre hindurch gehen, wissen etwas von seiner verborgenen Glückseligkeit. Sie können berichten, wieviel Gebetsumgang und Gebetserhörung ihnen dadurch geworden ist, und wir alle haben ein Hohes Lied auf die Vatergüte zu singen, täglich neu!

 

Zu dieser Lebensweise kam es dadurch, daß Gott einmal bei schwerster Kassenlage - 5.000 DM standen kurz vor Monatsende noch zu bezahlen aus - in letzter Minute wunderbarer Weise nicht nur diese fällige Summe, sondern noch das Geld für eine lang erbetene, sehr notwendige Gartenmaschine schenkte. Da erfaßte mich ein großes Verlangen, in noch größere Abhängigkeit vom Vater im Himmel einzugehen, noch ärmer zu werden, um Ihm noch mehr Möglichkeiten zu lassen, Sich zu verherrlichen. Ja, weil so viele von Gott als dem Vater gar nichts mehr erwarten, und weil durch unsere Zeit wie vielleicht noch nie durch eine vorige ein Zug geht nach Selbständigkeit, Materialismus und Gottlosigkeit, drängte es mich, in ganzer kindlicher Abhängigkeit von Ihm zu leben und somit noch ganz anders - obgleich das ja schon immer unser Weg war -, wie die “Vögel unter dem Himmel zu sein”, von denen es heißt: “Und Euer himmlischer Vater ernährt sie doch!” So war mir klar, daß wir künftig möglichst kein Geld mehr für unsere Ernährung ausgeben, sondern zur Bereitung der täglichen Mahlzeiten das nehmen sollten, was uns neben unserer eigenen Ernte an Lebensmitteln dafür geschenkt wird.

Auf vielen Gebieten hatten wir schon im Lauf der Jahre erlebt, daß Gott mit Wohltaten überschüttet, wenn wir auf Ihn harrten und von Ihm alles erwarten. Doch wir sollten die Fülle der Wohltaten erleben, das hieß aber, nun auf noch mehr Gebieten unsere Zuversicht auf Ihn zu setzen und in die Abhängigkeit vom Vater einzugehen. Und darum begannen wir diesen Weg, uns von Ihm allein, den “Tisch decken zu lassen”, um Seine Ehre groß zu machen.

Aus der Erfahrung Seiner großen Wohltaten, wie wir sie dabei jetzt über sieben Jahre erlebten, da der Vater im Himmel uns tatsächlich wie die Vögel unter dem Himmel aus Seiner Hand ernährte, möchten wir es nun allen bezeugen, auch gerade denen, deren Herzen voll Angst vor den kommenden Nöten und vielleicht Hungerzeiten sind: Wir haben einen Gott, “der wohltut denen, die auf Ihn harren” (Is 64,3). Darum brauchen wir nicht zu verzweifeln ‘im Blick auf einen drohenden Atomkrieg, wenn wir nur eines tun: “auf Ihn harren”. -

Wenn wir dann nur noch auf Beten und Glauben angewiesen sein werden, weil es keine menschliche Hilfe mehr gibt, dürfen wir erst recht damit rechnen, daß Gott Sich mit Seiner Hilfe wunderbar erweisen wird.


 

Entscheidend ist noch dieses:

Nicht nur glauben, nicht nur vertrauen, sondern auch lieben. Das Höchste ist die Liebe. “Wir müssen”, so sagt Mutter Basilea, “es gar nicht mehr aushalten können, ohne immerfort solche bei uns zu haben, denen wir Gutes tun. Das Glaubensziel ist dies, die Liebe zu erlangen, von der es heißt: “Ein Bruder hilft dem anderen in der Not, aber Barmherzigkeit tut noch mehr” (Sir 40,24).

Aus dieser Erkenntnis heraus haben die Marienschwestern mit Gottes Hilfe auch ein Haus der Barmherzigkeit errichtet, ein Franziskus-Haus, worin an alten, leidenden, pflegebedürftigen Menschen täglich das geübt wird, was in den packenden Ruferspielen der Schwestern verkündet wird. Ja, die Schwestern erneuerten und erneuern sich selbst immer wieder in der schwesterlichen Liebe zueinander, wenn diese irgendwie wankend geworden - und das geschieht ja in jeder Gemeinschaft; aber keine Sünde wiegt so sehr, wie die Sünde gegen die Liebe. In den Ausführungen von Mutter Basilea liest man mit tiefer Ergriffenheit davon, wie sehr die Schwestern eine tiefe tätige Reue erfüllte, eine wahre Zerknirschung, wenn sie sich gegen die Liebe zueinander verfehlt hatten. Wenn auch der Mensch nie den Zustand einer völligen Sündenlosigkeit erreicht, so erwartet Gott immer wieder ein zerknirschtes Herz, das über seine Sünden weint. Tränen der Reue, heiße Tränen darüber, daß man Gott beleidigt hat, sind kostbare Tränen. Verbindet sich damit der ernste Willensentschluß, wieder umzukehren und Gottes Gebote zu halten, so birgt sich darin das Höchste, das ein Mensch Gott schenken kann, seine Liebe zu Ihm. “Wer meine Gebote hat und sie hält”, sagt der Herr, “der ist es, der Mich liebt”. Das ist das Entscheidende! “Es bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, das Größte aber ist die Liebe” (1 Kor 13).

 

Wichtiges Nachwort

Als Gegenstück zu diesem großen Werk der evangelischen Marienschwestern verweist der Verfasser dieses Buches auf all die katholischen Orden und Kongregationen, die seit Jahrhunderten schon aus diesem wunderbaren Gottvertrauen, aus diesem absoluten Vorsehungsglauben entstanden sind und heute noch entstehen. Viele davon leben auch wie die evangelischen Marienschwestern die ganze franziskanische Armut und betreuen viele Caritashäuser und -heime, einzig auf die Vaterhilfe Gottes bauend. Zum Beweis dafür lese man in den Büchern des Verfassers: “Wunder des Vertrauens” - “Vertrau auf die Mutter” - “Mutter, wir danken Dir” - “St. Josef auch Dein Helfer”. Alle diese Bücher sind im St. Grignionverlag, Altötting erschienen. [Die Schwestern wollten vor dem Konzil katholisch werden, wurden aber von den falschen Ökumenikern davon abgehalten- ähnlich Taizé!]
 

Christus - und der Vater

Wir werfen einen Blick auf Seine Lehre. Jesus will den Seinen wieder und wieder sagen, daß der Vater über alles Erwarten gut ist. Er ist es ja auch, der Seine Sonne aufgehen läßt über Gute und Böse und regnen läßt über Gerechte und Ungerechte (Mt 5, 45-48). Wenn dieser Vater die Lilien des Feldes so herrlich kleidet, herrlicher noch als Salomon war in all seiner Königspracht, wenn kein Sperling ohne Ihn vom Dache fällt, und wenn unseres Hauptes Haare alle gezählt sind, müssen wir da nicht glauben, daß unser Vater weiß, was wir nötig haben, noch ehe wir Ihn darum bitten? (Mt 5,28 f.; 10,29 f.; 5,32). Wenn aber Gott alles in Seinen gütigen Vaterhänden trägt, das Große wie das Kleine, dann kann es auch nichts in unserem Leben geben, das aus Seinem Vaterwillen herausfiele. Das ist das Neue und Wunderbare, das uns Jesus lehrt, daß sich Gottes Vaterliebe über das ganze Leben Seiner Kinder erstreckt bis in die letzten Verästelungen ihrer Schicksale hinein. Der Vatername ist der Inbegriff aller Liebe und Treue und der Ausdruck eines grenzenlosen Vertrauens und einer rückhaltlosen Hingabe. Aber eben darin liegt das ewig Gültige und Bleibende der Lehre Jesu, daß sie uns einen Gott geschenkt hat, der nicht in unnahbaren Höhen thront, sondern uns unmittelbar nahe ist, so nahe wie der Vater seinen Kindern und so innig, daß all unsere Sorge und all unsere Not Ihm vertraut ist, noch ehe wir sie vor Ihm ausgesprochen haben, dessen Sorge bis in die kleinsten Kleinigkeiten des Alltags hineingeht.

Kann man das heute noch glauben,

wo das Leben so voller Unbegreiflichkeiten und Grausamkeiten ist? - Pakistan, Vietnam sind nur zwei Stichworte von vielen, die man aneinander reihen könnte und die scheinbar den Glauben an eine göttliche Vorsehung Lügen strafen. Warum aber finden viele Menschen unserer Zeit nur noch schwer den Zugang zum lebendigen Glauben an Gottes Vorsehung? Weil die echte Kindesgesinnung heute nicht mehr hoch im Kurs steht, wo man so viel von Mündigkeit des Christen spricht. Wiewohl erst richtig verstandener Kindessinn Gott gegenüber echte Mündigkeit garantiert. Zu solchem Kindessinn gehört vor allem grenzenloses Vertrauen und bedingungslose Hingabe! Diese beiden sind aber auch für den erwachsenen Menschen dem allmächtigen und allgütigen Gott gegenüber begründet und unumgänglich. Wir werden viel um diesen christlichen Kindessinn beten müssen. Wer heute nicht in seinen kleinen Sorgen dem Vater im Himmel vertrauen lernt, wird in einer Katastrophenzeit verzweifeln, weil er sich nicht zum Glauben aufschwingen kann.

 

 

 

Tief ergriffen vom Glauben an den Vater-Gott

Das war der hl. Franz von Assisi

Wenn Bruder Franz in jener Nacht, von der uns Thomas von Celano berichtet, gleichsam mit jedem Atemzug, mit jedem Pulsschlag seufzte und flehte “Mein Gott und mein alles”, so war das die Seelenstimmung eines wirklichen Heiligen: Gott! Nur Gott! Überall Gott! Und alles, was irgendwie von diesem Gott trennen könnte, muß weg, radikal weg, auf jeden Fall, für immer! Der Heilige erstrebt die totale gänzliche Abkehr von all dem, was nicht Gott ist und nicht zu Gott führt. “Franziskus litt großes. Herzeleid und hatte keine Ruhe, bis er in die Tat umsetzte, was er in seinem Herzen beschlossen.” So sieht der Mensch aus, der verzehrt wird vom Gedanken, nichts zu unterlassen, was Gott verherrlicht, nichts zu tun, was Ihm die Ehre rauben könnte:

 

Tiefste Ehrfurcht, hl. Anbetung vor diesem Herrn und Gott! Ja, mehr noch: Kindlich dankbare Liebe zu diesem Gott-Vater. Totale Hingabe an Ihn.

“Mein Vater bist Du!” (Ps 88,27)

 

“Der Geist der Kindschaft läßt uns rufen: Abba, Vater!” (Röm 8,15)

 

Unvergeßlich bleibt jene Szene, wo Franziskus vor allen bekannte: “Hört mich und vernehmt es wohl: Bisher habe ich Pietro Bernadone meinen Vater genannt... Von nun an will ich nicht mehr sagen: Vater Pietro Bernadone, sondern einzig: Vater unser, der Du bist im Himmel” (Tres soc. n. 20). Von der Stunde an wurde es hell in Franzens Seele: Der Vater und immer wieder der Vater! So wie Jesus, genau wie Jesus: nur der Vater! Jeder Pulsschlag, jeder Atemzug, jeder Schritt, jedes Wort, alles, gar alles im Vater, für den Vater. Weil der Vater es so will!

Der erste und der letzte Beweggrund: der Vater! - Die Welt des Heiligen ist eben die Welt des Glaubens. Für ihn entscheiden die Worte des Buches Gottes, nicht irgend welche persönlichen Ansichten. Gott ist Vater - wir Seine Kinder.

Als Franz seine Brüder aussandte, hielt er keine Aussendungspredigt fein durchdacht und sprachlich geschliffen. Nein! Nur eines gab er ihnen mit auf den Weg: den Vater: “Brüder, werft eure Sorgen auf den Herrn. Er wird euch erhalten” (Ps 54,23).

Der Vater wird schon sorgen

Sonst wäre Er gar nicht Vater! Und es war Franziskus heilig ernst dabei. Er wußte aus dem hl. Buch “Der Geist selbst bezeugt es unserem Geist, daß wir Kinder Gottes sind” (Röm 8,16): Kinder Gottes, Söhne Gottes - und deswegen nennt Franz ganz spontan jene, die ihm nachfolgen, einfach “Brüder”, “Schwestern”.

Er lebt ganz aus dem Glauben heraus. Was Christus bedingungslos fordert, das erfüllt er. “Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr in das Himmelreich nicht eingehen” (Mt 18,3). Ganz eindeutig. Das Wesen des Kindes aber ist: das Einfache, Gläubige, Vertrauensvolle, Unbekümmerte, Wahrhafte und Reine - das aber leider bei den reifen Menschen oft verschüttet oder zerstört ist. Und doch: Werden wie Kinder! Alles in die Hände des Vaters werfen und - die Augen schließen! Das kannst du nicht. Das kann ich nicht, das kann nur Er, der Hl. Geist vollbringen, “den der himmlische Vater denen gibt, die Ihn darum bitten” (Lk 11,13). Darum immer wieder um den Hl. Geist rufen und sich führen lassen von Ihm. Das tat Bruder Franz.

Seine Zuflucht war und blieb das Gebet

“Beim Gehen und Sitzen, beim Essen und Trinken war er ins Gebet versunken”, so sagt sein Biograph. Er verwirklichte die Mahnung Jesu: “Betet allezeit und laßt nicht ab!” (Lk.18,11). Nur der betende Mensch wird Kind vor Gott. Dieses echte Kindsein vor Gott und diese vertrauende Kindesliebe zum Vater kann nicht “erstudiert” werden, sondern will erbetet werden. Durch Beten lernt man kindlich glauben, demütig glauben, dankbar glauben und wie Franziskus “keine Heimsuchung des Geistes mit Nichtbeachtung übergehen.” - - “Wenn er eine neue Geisteseingebung verspürte, dann empfing er die Gnade nie vergebens” (Thomas von Celano). Immer wieder griff er auch zur hl. Schrift, aber nur “demütig”, nicht anmaßend - denn “das hl. Buch ist eigentlich nicht zu “lesen”, sondern zu “beten”, wie Bruder Franz meinte. Wie war doch Franziskus ein treues Kind seines himmlischen Vaters, Ihm vertrauend, Ihm hingegeben, und darum ein echter “Bruder Immerfroh”, auch inmitten aller Schmerzen und Drangsale.

Nur wer Kind ist im Herzen, kann Tiere und Blumen so lieben, wie es St. Franziskus getan. Nur wer Kind ist in der Seele, kann mit all diesen Geschöpfen Gottes reden wie mit Brüdern und Schwestern. Sind sie nicht alle aus Gottes Vaterhand geworden? Das Größte aber ist dieses, diese Liebe des hl. Franziskus hat zeugende Kraft bis zum heutigen Tag. Seit über 700 Jahren gibt es Franziskus-Jünger und Franziskus- Schwestern in aller Welt, die seine Kindlichkeit, seine Einfalt, sein Gottvertrauen und seine Gottesliebe leben und verwirklichen in einer zum Teil verkommenen Welt.


 

Was unser himmlischer Vater kann

Das läßt Er uns ein wenig ahnen in Seiner Schöpfung. Hier ein Beispiel von Millionen von Wundern: Die “Lichtmaschine” in den Blättern der Pflanzen und Bäume. Von der Wissenschaft wird sie Photosynthese genannt. Die grüne Schicht an den Blättern (das Chlorophyll) ist befähigt, bestimmte Wellenlängen der Sonnenstrahlung aufzunehmen und zum Aufbau äußerst komplizierter Verbindungen aus der Kohlensäure der Luft und den einfachen anorganischen Stoffteilchen (den Molekülen) zu verwenden, welche eine Pflanze mit ihren Wurzeln aus dem Erdreich aufnimmt. So entstehen in den Blättern Zucker, Fette, Eiweiß.

Als Kinder schon haben wir uns oft gefragt: Wie kommt soviel Zucker und süßer Saft in die Kirschen, Pflaumen, Weintrauben? Auf der Hochzeit zu Kana hat der Herr gewöhnliches Wasser in den köstlichsten Wein verwandelt. Billionenfach verwandelt Gott in den grünen Blättern durch die geheimnisvollen Kräfte des Sonnenstrahls das Wasser aus dem Erdboden und die erdhaften Stoffe des Bodens und den Stickstoff und die Kohlensäure in der Luft in die süßen Säfte der vielen so schmackhaften Beeren und Früchte. Und in das bekömmliche Fleisch der Früchte. Wieviel Weisheit, technisches Können und Liebe zu uns, Seinen Kindern, baut doch der liebe Gott, unser herrlicher “himmlischer Brotvater” hinein in jede Erdbeere, Himbeere, Tomate, Banane, Aprikose, Birne, auch in jede Blüte, aus deren Blütenstaub die Bienen uns den süßen Honig bereiten!

Keine Wissenschaft der Welt,

keine Technik wird je auch nur eine Kirsche herstellen können, in ihrer gewachsenen Schönheit, in ihrem Aroma, ihrem herrlichen Geschmack, in ihrer Bekömmlichkeit für die menschliche Gesundheit. Und dazu obendrein der Kern, der die Kraft enthält, ganze Wälder, ganze Länder mit neuen Kirschbäumen anzubauen... !

Man könnte sagen: Wie schon jede Pflanze, jeder Baum ein Wunderwerk ist, so ist wieder jedes einzelne Blatt eine ganz genial angelegte Fabrik in Mini-Format. Und zwar Zuckerfabrik, Eiweiß-Fabrik, Fabrik zur Herstellung der verschiedensten Fette, sogar Farben-Fabrik. Alle diese kostbaren Stoffe werden im Blatt erzeugt durch die Einwirkung des Sonnenlichtes und dann zum Aufbau der Pflanze, des Baumes und der Früchte verwendet. Mit Recht bewundern wir die ungeheuer kompliziert und sinnvoll konstruierten Maschinen- und Apparateanlagen eines modernen Fabrikbetriebes. Aber wo ist der Wissenschaftler, der Ingenieur und Konstrukteur einer Fabrikanlage, die so klein ist wie ein Blatt an einem Kirschbaum, an einer Erdbeerstaude und die so präzis, so vollkommen in jeder Beziehung so viele Stoffe in bester Qualität erzeugt und wo der ganze “Betrieb” so still läuft, so ganz ohne den gefürchteten, nervenzermürbenden Lärm menschlicher Fabriken? Großen Kummer haben heute alle Regierungen und alle Besitzer von technischen Anlagen wegen der unvermeidlichen Abfallstoffe, die den Boden, das Wasser und die Luft in leben-bedrohender Weise vergiften. Wohin mit dem “Müll”, den Giften, mit denen man einfach nichts mehr anfangen kann... ?

Der moderne Mensch

sollte in seiner Ausweglosigkeit zum “Himmel-Vater” gehen und bei Ihm sich Lösungen erbitten und zeigen lassen. Jedes Blatt beweist, daß Er für jeden Fall ideale Lösungen wüßte. Wie göttlich-genial ist doch die Frage der Abfall-Stoffe in jeder “Blatt-Fabrik” gelöst: Das am meisten anfallende “Abfall-Produkt” in jeder “Blatt-Anlage” ist der Sauerstoff. Und gerade dieser Stoff ist für Menschen und Tiere eines der wichtigsten Lebenselemente. Ohne den Sauerstoff, den die Pflanzenwelt täglich in gewaltigen Mengen herstellt und abgibt, sozusagen als “Müll” ‘könnte kein Lebewesen existieren. Alle die Billionen und Trillionen Lebewesen auf der Erde - einschließlich Menschen - können nur leben, weil die geheimnisvollen, unzähligen “Lichtmaschinen” in den grünen Blättern ununterbrochen dieses “Wandlungswunder” vollbringen, aus den Stoffen der Erde, dem Stickstoff und Kohlenstoff der Luft die Nahrungsstoffe herstellen, die alle Lebewesen brauchen, und weil sie “nebenbei” die Luft mit dem Stoff immer wieder erfüllen, ohne den alle Lebewesen in wenigen Augenblicken ersticken müßten, nämlich den Sauerstoff. Würde die Pflanzenwelt nicht so fleißig ununterbrochen mit dem Kohlenstoff und Stickstoff der Menschen- und Tierwelt und der modernen Technik “aufräumen”, dann wären auch schon längst alle Lebewesen dem Erstickungstod und der Vergiftung anheim-gefallen. - Unter Verwendung der Stoffe aus der Erde, aus der Luft bereitet der allmächtige Vater durch die Kraft der Sonnenstrahlen jedes Jahr 200 Milliarden Tonnen Früchte und organische Substanzen als Nahrungsnachschub - das tägliche Brot - für Menschen und Tiere.

 

Wahrhaftig, wir haben einen herrlichen Vater. Kein menschlicher Verstand. vermag auszudenken, was dieser kann! - Und wie bescheiden unser lieber himmlischer Vater dabei ist! Seit 6.000 Jahren gibt es Menschen, und erst in den aller-allerletzten Jahren hat der himmlische Vater durch unsere Wissenschaftler uns Einblick gegeben in diese unfaßbaren Wunder Seiner Weisheit, Seiner Allmacht und väterlichen Fürsorge für alle Seine Geschöpfe, besonders für Seine Kinder, uns Menschen... Aber das Wunder aller Wunder liegt im geistigen Bereich.

 

Der himmlische Vater hat die Menschen nach Seinem Ebenbild erschaffen - mit Verstand und freiem Willen - und ihnen Anteil an Seinem geistigen, unsterblichen Sein gegeben. Sein göttliches Leben sollten sie allezeit in sich tragen. - Welch unfaßbares Geheimnis! Als aber die Sünde dieses göttliche Leben auslöschte, hat er dann Seinen Sohn in die Welt gesandt, und ihn dem schmachvollen Sühnetod am Kreuze überliefert, damit alle die Möglichkeit haben, in die Liebe des Vaters wieder zurückzukehren und das Vaterhaus zu erreichen. Und gleichsam als Unterpfand dieser Liebe vollzieht der göttliche Sohn das höchste Wunder der Verwandlung von Brot und Wein in Seinen allerheiligsten Leib und in Sein Blut. Nehmt hin und esset, das ist Mein Leib! - Nehmt hin und trinket, das ist Mein Blut!” Hinter diesen Worten liegt die ganze Allmacht Gottes, die ganze geheimnisvolle, drängende Liebe Gottes, aber auch - das ganz fürchterliche Gericht Gottes. Der Mensch hat die freie Entscheidung für oder gegen diese Liebe seines Gottes.

Wohin gehst Du?

Pfr. Fischl


 

Ein anderes Beispiel väterlicher Fürsorge

für Seine Geschöpfe im rein irdischen Bereich ist das Wasser. Ohne Wasser gibt es kein Leben für die Tiere wie für die Menschen. Wie kommt es, daß unsere Brunnen nicht auszuschöpfen sind? Es ist keineswegs selbstverständlich, daß beim Aufdrehen des Wasserhahnes das frische, gute, durch nichts anderes ersetzbare Wasser herausströmen muß. Wer sorgt für den Nachschub an Wasser, für den ungeheuren Bedarf an Wasser auf der ganzen Welt? Wieder ist es der treue himmlische Vater mit Seiner stillen, demütigen, absolut zuverlässigen Magd, der Sonne! Die Sonne hat vom Schöpfer Himmels und der Erde den Auftrag bekommen, neben vielen anderen Diensten, jedes Jahr 600-700 Billionen Tonnen Wasser aus der regennassen Erde, aus den Strömen, Seen, Meeren Hunderte von Metern hoch in die Luft emporzuheben, es in der Gestalt der Wolken über alle Kontinente der Welt hinzutragen und dort als Regen wieder an die Erde und ihre durstigen Bewohner, Mensch und Tier, abzuliefern. - Was für ein gewaltiger Aufwand von Energie ist notwendig für den ganzen wundervollen Kreislauf des Wassers, für das Emporheben in die luftigen Höhen, für den Transport! Wie fürsorglich ist wieder die Einrichtung, daß das Wasser nicht in wilden Massen vom Himmel fällt, sondern in kleinen Tropfen, so daß es keinen Schaden anrichtet. Warum aber doch zuweilen die verheerenden Wolkenbrüche, Hagelschauer, die schrecklichen Gewitter? - Klar, daß wir nachdenklich werden sollen. Es ist nicht Pflicht des Vaters, uns täglich mit allem den Tisch zu decken, was wir brauchen oder uns wünschen, sondern daß der “Vater-unser” im Himmel alles auch ganz anders hätte einrichten können, nämlich so, daß das Leben auf Erden nur unter unbeschreiblich harten Existenzbedingungen möglich wäre. Auch offenbar deswegen, damit wir in brüderlicher Liebe den Menschen zu Hilfe kommen, die durch Überschwemmungen, durch Trockenheit, durch Hunger, Erdbeben usw. in große Not geraten, als Boten Seiner fürsorgenden Vaterliebe.

Der himmlische Vater hat Brot und Nahrung für alle Menschen. Sie müssen nur Seinen Gesetzen nachspüren und brüderlich von ihrem Überfluß teilen; das beweist folgende Abhandlung. Pfr. Fischl


 

Der philippinische Wunder-Reis

Die Sensation des Guten bleibt verborgen

Man kann den Wunder-Reis im Lebensmittelgeschäft nicht kaufen, auch nicht auf einem Supermarkt. Er ist nichts für verwöhnte Gaumen. Er schmeckt flach, gar nicht aromatisch. Aber wie so verdient er denn einen Namen, der ihn in den Himmel erhebt: “Wunderreis”? Hungernde Menschen nannten ihn so weil sie durch ihn am Leben bleiben. Arme und verschuldete Kleinbauern tauften ihn so, weil er ihre Einkommen verdreifachte und die Zukunft heller machte. Für Millionen von Menschen Ostasiens bleibt er der Wunderreis.

Wie kam es dazu? Im Jahr 1962 wurde die Internationale Versuchs- und Forschungsanstalt für Reis in Los Banos, Laguna, Philippinen gegründet. Dort arbeiteten philippinische und amerikanische Gelehrte daran, neue Reisarten zu züchten. Eine kurze Reisart von Formosa wurde mit einer langen Lokalart gekreuzt. Diese Kreuzung wurde mit IR-8 bezeichnet. Damit begann ein Prozeß, der in vier Jahren zu einem Saatgut führte, das im Vergleich mit vielen anderen Versuchen in ganz Asien stets die höchsten Erträge einbrachte. IR-8 hat einen kurzen Halm von rund einem Meter Höhe, steht sehr dicht, hält Feuchtigkeit und Regen und ist sehr widerstandsfähig gegen Krankheiten. Er reift unglaublich schnell in 120-125 Tagen und reagiert sehr gut auf Kunstdünger. Der Bauer konnte also dreimal im Jahr pflanzen und ernten, soweit ihm Wasser zur Verfügung stand. Der Ertrag setzte jeden Bauer in Erstaunen. Auf einem Hektar Land konnte er etwa 120 bis 200 Cavans (ein Cavan rund 1 Ztr.) ernten, wogegen er bisher nur 27 Cavans im Durchschnitt pro Hektar erreichte. Wo er dreimal im Jahr pflanzen und ernten kann, trägt ihm ein Hektar jetzt 360 bis 600 Zentner Reis ein. Welch ein Unterschied zur bisherigen Durchschnittsernte von etwa 150 Zentnern! Sein Einkommen stieg um das Dreifache. Da kam ihm das Wort Wunderreis auf die Lippen.

Bald kamen von allen Seiten Ostasiens Nachfragen. Es wurde Saatgut nach Japan, West-Pakistan, Formosa und Indien geliefert. Rotchina verschaffte sich auf Umwegen über Pakistan und Nepal den Wunderreis. Warum nicht in aller Öffentlichkeit? Saatgut wurde auch nach Nordvietnam und Nord-Korea geliefert. Es geht hier nicht um politische Systeme, es geht darum, hungernde Menschen am Leben zu erhalten und ihnen reichlich Nahrung zu geben. Der Vater im Himmel will alle seine Kinder nähren.

 

Es versteht sich, daß die Wissenschaftler nach diesem ersten Erfolg nicht auf ihren Lorbeeren ausruhten. Sie konzentrierten ihre Bemühungen darauf, das Aroma und die Eßbarkeit zu erhöhen. So schlossen sich weitere Gruppen zu einem Team zusammen, wie zum Beispiel das philippinische Pflanzenamt, die staatliche landwirtschaftliche Hochschule, die Ford-Stiftung und ein Konzern von Düngemittel- Firmen. Es wurden bereits vier weitere Arten angeboten, die im wesentlichen die Vorteile vom Wunderreis besitzen, aber nicht seine Nachteile. So sind die Bezeichnungen IR-5, BPI-76-1, C-4-63 und C-18 keine spanischen Dörfer mehr für unsere Bauern. Durch diese neuen Arten wurde die Reisproduktion auf den Philippinen so gesteigert, daß bereits 1968 Reis ausgeführt werden konnte. Jetzt muß die Anbau-Methode aufholen. Die Bewässerungsanlagen müssen verbessert und vergrößert werden. Der Bauer muß den Wert der Düngemittel und den Vorteil modernerer Maschinen einsehen, um das Gespenst des Hungers zu bannen auch wenn er durchschnittlich nicht mehr als 2,5 Hektar bearbeitet. Menschenfleiß und Gottessegen müssen zusammenwirken.

Die Sensation des Guten bleibt verborgen. Die Mondfahrer wurden überall umjubelt und gefeiert, jene Männer aber, die für Millionen von Menschen das tägliche Brot sozusagen vermehrt haben, bleiben unbekannt. Wer weiß schon um sie, um ihren gewaltigen Einzelbeitrag zur Lösung der Lebensfrage Asiens. Wer weiß schon um die Vatersorge Gottes für all seine Kinder! Der Hunger in der Welt wäre längst gebannt, würden die Menschen, statt auf Kriege zu rüsten und Kriege zu führen, die wunderbaren Gesetze besser erforschen, die der Vatergott in Seine Schöpfung hineingelegt hat, um sie zum Wohle der ganzen Menschheit zu nützen. “Machet die Erde euch untertan!” Das ist Sein heiliger Wille (Nach August Herbers).


 

Die neuesten Ergebnisse der Wissenschaft

würden zusammengefaßt viele dicke Bände füllen allein zu dem Thema: Gottes Vaterfürsorge für die Menschheit. Was kann zum Beispiel heute die Chemie alles aus der Kohle herausholen: Medikamente, Gespinste für Kleiderstoffe, Zucker und vieles andere. Das alles hat der Vater vor ungezählten Jahrtausenden bereits im Erdinnern durch versunkene Wälder zubereitet, hat es dem Forschungsdrang der Menschen übergeben, um Seine Fürsorge für uns Kinder zu teilen und weiter zu führen. - O Vater, wir danken Dir! Du bist wahrhaft ein “Wunderbarer”, ein treu Sorgender. Laß uns doch begreifen, daß nicht Du, sondern wir die immer wieder Versagenden sind! - Im folgenden sollen vor allem Beispiele von Gottes Vaterliebe aus dem Leben einzelner, wie ganzer Familien berichtet werden.


 

Gott macht alles gut

Pater Hugo Lang OSB, der bekannte Rundfunkprediger, erzählt aus seiner Seelsorgspraxis: “Ich war gebeten, die Frau eines Kunstmalers mit den hl. Sterbesakramenten zu versehen. Als ich die Wohnung betrat, blieb der Mann auf seinem Stuhl sitzen und machte gar keine Miene, das hl. Sakrament oder den Priester zu grüßen. Es war nicht Zeit, sich darüber auch nur zu wundern, denn die Kranke schien am Ende ihrer Kräfte. Immer wieder seufzte nun diese: ‘Mein armer Mann', und auf die Frage des Priesters, warum sie sich um ihn, der doch gar nicht liebenswürdig schien, so sorgte, antwortete sie: ‘Er ist völlig blind seit Jahren und hilflos wie ein kleines Kind. Wer wird für ihn sorgen, wenn ich nicht mehr bin? Er hat keinen Menschen auf der weiten Welt, hat auch keine Rechte auf die öffentliche Fürsorge.' Da bat ich im Herzen dem Alten meine Verwunderung ab. Beim Abschied sagte ich zu ihm, dem keine falsche Hoffnung gegeben werden durfte: ‘Der liebe Gott wird es recht machen.' Da richtete er seine weit offenen Augen auf mich und antwortete mit aller Seelenruhe: ‘Hochwürden, der liebe Gott macht überhaupt alles recht.'

Tags darauf ist die Frau gestorben. Auf die Trostworte: ‘Jetzt müssen Sie das Kreuz eben tragen', kam die ebenso ruhige Versicherung: ‘Ich kann's tragen.' In Wahrheit wußten weder er noch ich noch irgendeiner der Nachbarn Rat. Als er vom Begräbnis nach Hause zurückgeleitet war und die Einwohner ihm noch Gesellschaft leisteten, ging die Glocke. Vor der Tür stand eine vornehme Dame mit der Frage, ob sie den alten Herrn sprechen könnte. Man sagte ihr, wie ungelegen sie komme, und klagte ihr die arge Not. Da bestand die Dame auf dem Wunsch, eingelassen zu werden. Und siehe: Sie war aus dem fernsten deutschen Osten gekommen, nach ihrem Onkel zu fragen, den sie längst tot geglaubt hatte. Vor einer Erholungsreise nach dem Süden hatte sie im Speicherkram auf einer zerrissenen Briefhülle die Adresse gefunden. Ohne Beruf im Leben stehend, hatte sie sich stets nach einer schönen Aufgabe gesehnt. Nun hatte Gott die Hilfsbereite dem Hilfsbedürftigen genau zur rechten Stunde gesandt. Noch waren dem frommen Alten einige Jahre

sorglosen, wohlverdienten Abendfriedens geschenkt. P. Hugo Lang OSB


 

Vater der Witwen und Waisen

Vor einigen Jahren lernte ich eine Frau kennen, Mutter von neun Kindern. Sie hatte ein sehr glückliches Familienleben. Sie war erst 39 Jahre alt, da traf sie ein schwerer Schlag. Ihr guter Mann, der Ernährer der neun Kinder, wurde von der Arbeit kommend, von einem Auto überfahren. Er starb noch am Unfallort. Der Schmerz der Frau war groß, die Kinder waren fast alle noch klein und schulpflichtig, der Älteste erst in der Ausbildung, 17 Jahre. Zu allem Leid kamen noch Schwierigkeiten im Hause mit den Schwiegereltern und finanzielle Sorgen hinzu. Die Frau wurde mit ihren Problemen oft nicht mehr fertig. Sie klagte mir immer wieder ihr Leid, dazu ihre Erziehungsschwierigkeiten mit den Kindern. Nach drei Jahren kam vom Ort ein Witwer, der auch noch zwei Kinder hatte, und machte dieser Frau einen Heiratsantrag. Alles war erstaunt, daß dieser Mann eine Frau mit neun Kindern heiratete. Die Frau nahm die zwei Kinder in ihre mütterliche Obhut und bekam selber noch eines dazu; so war die Familie größer geworden, aber die Ehe ist gut und glücklich geworden. Der Mann ist Oberpfleger in einer Heil-und Pflegeanstalt, sehr religiös, ein guter Vater. Er besitzt ein geräumiges eigenes Haus. Das viele Leid hatte sich über Nacht gewendet. Die Frau erzählte mir, daß der Anstaltsgeistliche vor Ergriffenheit geweint habe, als er von dieser Eheschließung erfuhr. - Gottes Vatersorge in höchster Not. Juli 1971, H. H.

 

Ich weiß, daß Du mein Vater bist,

in dessen Arm ich wohl geborgen.

ich will nicht fragen, wie Du führst,

ich will Dir folgen ohne Sorgen,

und gäbest Du in meine Macht mein Leben,

daß ich selbst es wende,

ich legt' im kindlichen Vertrau'n

es nun zurück in Deine Hände!

 

Adalbert Stifter erzählt:

Der Vater Adalbert Stifters, des bekannten österreichischen Schriftstellers, ein armer Leineweber zu Oberplan im südlichen Böhmen, wurde eines Tages von einem stürzenden Baum erschlagen. Händeringend stürzte die Mutter ins Zimmer und rief: “Kinder, euer Vater ist tot; jetzt habt ihr niemand mehr, der für euch sorgt!” Da erhob sich der fromme Großvater und sagte: “Versündige dich nicht, Mutter! - Der Vater im Himmel stirbt nicht, und der wird weitersorgen!” “Und Er tat es auch”, fährt Stifter fort, “weit über unser Bitten und Verstehen!”

O guter himmlischer Vater! Verleihe gnädig, daß ich Deiner göttlichen Vorsehung allezeit vertraue. Verbanne aus meinem Herzen alle unnützen Sorgen, laß mich immer fest auf Deine Allmacht, Weisheit und Güte bauen, ordne alle Umstände meines ganzen Lebens und leite sie bis an mein Ende so, wie es Dir gefällt und mir nützlich ist.

Mein Vater, wie danke ich Dir, daß Du, großer, allmächtiger Gott, mein Vater bist, den ich lieben darf wie ein Kind seinen Vater liebt. Ich danke Dir, daß Du mir diese Glückseligkeit schenktest, lieben zu dürfen, Dich lieben zu dürfen als meinen Vater. Laß, bitte, meine Liebe immer tiefer und hingebender werden, auf daß mein Leben zur letzten Erfüllung komme: ewig Dein geliebtes Kind zu sein!


 

In sicherer Hut

Wir fuhren mit der Drahtseilbahn auf den Feuerkogel im Salzkammergut. In der Kabine stand auch ein Vater mit seinem zweieinhalbjährigen Kind auf dem Arm. In etwa 1000 Meter Höhe sah die Kleine durch das Fenster hinunter in den unheimlichen Abgrund. Sie schauderte, und große Angst malte sich auf ihrem Gesichtlein. Aber niemand tat etwas, um sie zu beruhigen.

Da geschah etwas Ergreifendes. Das Kind wandte sich energisch vom Fenster ab, schlang beide Ärmchen fest um seines Vaters Hals und sagte mit zuversichtlicher Betonung des ersten Wortes: “Nicht fürchten! Nicht fürchten!” Dann machte es, seelenruhig an den Vater geschmiegt, schweigend die Fahrt zum Gipfel mit.

In den Mienen der Anwesenden war etwas wie heiliger Neid getreten. Galt er dem Vater, der das so unüberbietbare Vertrauen seines Kindes besaß, oder dem Kinde, dem der Vaterbegriff das Gefühl der absoluten Geborgenheit und Sicherheit einschloß. Dem größten Teil der in dem winzigen Kästchen an einem Draht zwischen Himmel und Erde schwebenden Personen ist wohl, ohne daß ein einziges Wort gesprochen wurde, das Verhalten dieses Kindes zum eigenen seelischen Erlebnis des menschlichen Ruhens in den Vaterarmen Gottes geworden. Auch der Weg zum Gipfel der christlichen Vollendung ist bei der geschöpflichen Schwachheit und kindhaften Unerfahrenheit des Menschen lebensgefährlich in jeder Minute. Satan und der grausige Schlund der Hölle lauern auf seinen sittlichen Absturz.

 

Gott, der Vater, hält unser natürliches und übernatürliches Leben in seinen Armen und wird uns nicht zum Spott der Hölle werden lassen. Wenn wir uns redlich mühen, als seine Kinder zu leben, dürfen auch wir getrost die Höhenfahrt wagen, die beiden Arme der Liebe um unseren Vater schlingen und dem Absturz der Dunkelmächte zum Trotz sprechen: “Nicht fürchten!” Johanna Engelmann

Bekannt ist der Vers

Und stürmt die See und tost der Wind

Und flammt der Blitze Feuer,

Ich denke wie des Schiffers Kind:

“Mein Vater sitzt am Steuer.”


 

Das Gespenst vor der Lokomotive

Mit unheimlicher Geschwindigkeit rast der amerikanische Pazifikzug durch die Prärie. Eine sternenlose, finstere Nacht... Die vielen Passagiere schlafen ruhig, ahnungslos... Auf einmal ist es, als ob eine weiße Gestalt vor dem Lichtkegel der dahinrasenden Lokomotive schwebte, dem Führer zuwinkend: “Halt! Bleib stehen!” Kalt läuft es dem Lokomotivführer über den Rücken, allein das Gespenst verschwindet wieder, und der rasende Zug stürmt hemmungslos weiter. Nach einer kleinen Weile erscheint das Gespenst aufs neue... Bleich vor Entsetzen, greift der Lokomotivführer nach der Bremse... Wieder verschwindet es. Der Zug braust dahin in rabenschwarzer Nacht Doch siehe, noch ein drittes Mal taucht das Gespenst auf. Angstvoll winkt es jetzt mit seinem weißen Leintucharm: “Halt! Bleib stehen!” Der Lokomotivführer verliert die Nerven, blind greift er nach der Bremse und schlägt sie herab ‘ ein Knarren, ein Rasseln, ein Zusammenprallen der Wagen, ein Poltern der herabstürzenden Pakete, ein Jammern und Schreien der vom Schlaf erwachten und zu Tod erschrockenen Fahrgäste. Alles stürmt hinaus: Was ist denn geschehen? Was ist geschehen?

Noch ein paar Meter, und die Bahnstrecke führt über eine mächtige Brücke. Doch in der Nacht hat sie der jäh angeschwollene Strom weggerissen. Und am Rand der schäumenden Fluten, bloß einige Schritte vom Ufer, steht nunmehr die schnaufende, dampfende Lokomotive! - Und das Gespenst? das Hunderte und Hunderte von Menschen vor dem Ertrinkungstod gerettet hat? Lediglich ein kleiner Nachtfalter verfing sich unter der Glasscheibe der Lokomotivlampe, und als er sich da wand und zappelte und mit seinen Flügeln herumschlug, sprang sein Schatten im darauf fallenden Lampenlicht gleich einem Gespenst vor dem dahin jagenden Eisenbahnzug hin und her - und brachte den Zug zum Stehen. - Zufall? Zufall ist immer eine Ausrede. In der Hand Gottes kann selbst ein Schmetterlingsflügel genügen, das Leben von Hunderten und abermals Hunderten zu retten. Ob nicht gerade in jener Stunde das Gebet eines Vertrauenden um eine gute Heimkehr zum Himmel stieg? -

“Hoffnung” (9. Jahrgang)

 

 

So groß kann nur Gottes Liebe sein

In meiner Jugend kannte ich ein junges Mädchen, eine wirkliche Schönheit. Ich hatte eine Zeitlang beruflich mit ihr zu tun. Sie war sehr leichtsinnig. Die Tugend galt ihr wenig. Ich versuchte sie immer zum Guten zu führen. Abends brachte ich sie oft bis zu ihrer Haustüre; wie weh tat es mir, wenn ich dann von anderen hörte, daß sie doch noch die ganze Nacht in einer Bar war und erst morgens heimkam. Bald trennten sich unsere Wege, sie zog mit ihrer Familie anderswo hin. Nach Jahren ging meine liebe verstorbene Mutter mit dem Frauenverein nach Neviges-Hardenberg wallfahren. Wie erstaunt war ich, als Mutter mir abends erzählte, ein Fräulein habe sie angesprochen und sich nach mir erkundigt. Meine Mutter hatte sie nicht mehr wieder erkannt nach so vielen Jahren. Fräulein H. sagte zur Mutter, daß sie oft an mich hätte denken müssen; ihre Wege seien schwer gewesen, aber Gott habe sie nun wunderbar geführt. Sie stehe vor dem Eintritt ins Kloster und sie wolle in einen Büßerorden in Münster, um dort jungen gefallenen Mädchen zu helfen. Sie hätte noch einmal eine Wallfahrt nach Neviges gemacht, um der Gnadenmutter herzlichst zu danken. Sie sei nun glücklich und wolle nur noch für Gott leben.

Sie können sich vorstellen, wie ich dankbar war; ich wußte immer, es war etwas Gutes da bei diesem Mädchen, nur war ihr Wille zu schwach. So groß kann nur Gottes Liebe sein. Juli 1971, H. H.


 

Danklied eines Gotteskindes

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes getan hat, der dir alle deine Sünden vergibt und alle deine Gebrechen heilt, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönt mit Gnade und Barmherzigkeit... Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, läßt Er Seine Gnade walten über die, so Ihn fürchten. So ferne der Morgen ist vom Abend, läßt Er unsere Übertretungen fern von uns sein. Wie sich ein Vater erbarmt über Kinder, so erbarmt Sich der Herr über die, so die Ihn fürchten” (Psalm 103). - Sollten wir nicht viel häufiger und gar herzlich das kurze Gebet sprechen: Mein Vater, ich danke Dir für Deine Liebe! Vater, ich danke Dir!


 

Das Bekenntnis eines großen Fußballers

Aus dem interessanten Fußballbuch: Wolfgang Overath von Karlheinz Mrazek: “Vielleicht lächelt mancher darüber. Doch das stört mich nicht. Vor jedem Spiel, auch vor einem unbedeutenden, mache ich ein Kreuzzeichen. Nicht so aufwendig wie manche Südländer, aber ich vergesse es nie. Der Grund: Gott soll mir helfen, daß ich heil aus dem Spiel zurückkomme. Ich habe mich nie geniert, bei der Weltmeisterschaft in Mexiko (1970) sonntags in die Kirche zu gehen, weil ich der Meinung bin, man soll sich seines Glaubens nicht schämen, sondern sich bei jeder Gelegenheit zu ihm bekennen. Und ich bekenne mich zum katholischen Glauben, in dem mich meine Eltern erzogen haben. Den Kontakt habe ich nie verloren. Ich hoffe, daß es immer so bleibt; denn es gibt Situationen im Leben, wo der Mensch nicht weiter weiß. Dann hilft mir der Glaube ganz gewiß.

In der heutigen Welt gehört manchmal ein bißchen Mut dazu, für seine Religion einzutreten, weil es vielfach als unmodern empfunden wird, an Gott zu glauben. Diese Einstellung ist auch in der Nationalmannschaft zu finden. Ich bin sicher, daß in Mexiko mehr Spieler mit zur Messe gekommen wären, hätten sie nicht fürchten

müssen, von ihren Kameraden belächelt zu werden.

Als Lehrling genierte ich mich nicht, mit dem Aschenkreuz auf der Stirn am Aschermittwoch in den Kölner Kaufhof zur Arbeit zu gehen. Ich bin auch froh darüber, daß ich noch beten kann. Beten hilft mir, wenn ich Probleme habe. Und wer könnte sagen, daß er keine Probleme hat. Ich bin kein Heiliger, aber froh, daß ich einen Glauben habe. Menschen, die einen Glauben haben, schätze ich, ganz gleich, ob sie Moslems, Quäker oder Buddhisten sind” (Verlag: M. Du Mont Schauberg/Köln). Wolfgang Overath, geboren am 29. Sept. 1943, spielte bei vielen internationalen Wettspielen mit, besonders aber beim Kampf um die Weltmeisterschaft 1966 in England und 1970 in Mexiko. Sein Glaubensbekenntnis ist ein mutiges.


 

Weil der Priester versagte...

Ergreifender Tatsachenbericht einer Mutter

Mein Mann ist ein Klein-Industrieller. Er widmete sein ganzes Leben der Aufgabe, einen alten Familienbetrieb zu modernisieren und das Anstellungsverhältnis seines Personals zu verbessern. Obwohl überzeugter Christ, ging er doch selten in die Kirche und überließ es mir, die Familie beim Sonntagsgottesdienst zu vertreten. Wir hatten drei Kinder: eine Tochter und zwei Söhne, Michel und Jaques. Man kann sich kaum zwei so ungleiche Brüder vorstellen. Michel war ruhig und etwas scheu, körperlich aber groß und stark. Jacques dagegen dachte an nichts als an Streiche und schien nichts als Dummheiten im Kopf zu haben. Doch hatte er ein goldenes Herz, wenn man ihn richtig zu nehmen wußte. Obwohl ich es mit meinem Glauben sehr ernst nahm, dachte ich nie im Traum daran, daß einer meiner Söhne Priester würde. Michel hatte sich ganz den Wünschen des Vaters gefügt, und dieser hatte sich bereits entschlossen, ihm nach Beendigung des Studiums die Direktion der Fabrik abzutreten. Jacques aber hatte sich auf die Mathematik gestürzt und träumte von einer Laufbahn als Techniker. Michel und Jacques stellten sich begeistert in den Dienst der katholischen Jugend. So gingen sie jeden Sommer als Helfer in eine Ferienkolonie. Drei Jahre hatten sie sich bereits zusammen mit einem jungen Priester dieser Aufgabe gewidmet. Alle drei schienen zusammen ein Herz und eine

Seele zu sein.

Da geschah das Unfaßbare

Als Michel und Jacques wieder in die Ferienkolonie kamen, fanden sie ihren priesterlichen Freund ganz verändert vor. Er war launisch und manchmal sogar brutal. Und mitten in den Ferien erklärte er meinen Söhnen, daß er seinen Priesterberuf aufgeben werde. Michel und Jacques versuchten, ihm zuzureden. Aber, als alles nichts half, verlangten sie vom gescheiterten Priester, daß er zum letzten Mal ihre Beichte entgegennehme. Am anderen Morgen war er verschwunden.

Als meine Söhne wieder nach Paris zurückkamen, waren sie immer noch ganz geschlagen. Aber in ihren Augen brannte ein merkwürdiges Feuer, und Jacques erklärte uns am ersten Abend: “Ihr wißt also bereits, was geschehen ist?” “Ich kann euch versichern, daß wir noch nie so die Würde des Priesters gespürt haben.”

Dann erklärte Michel in seiner ruhigen Art: “Jacques und ich haben uns entschlossen, den Platz dieses verunglückten Priesters einzunehmen. Wenn Ihr damit einverstanden seid, treten wir ins Seminar für Spätberufene ein!” Mein Mann war ganz erschüttert beim Gedanken, die Fabrik in fremde Hände übergeben zu müssen, und bat, wenigstens einer von beiden möge auf seinen Entschluß verzichten. Da war es ausgerechnet Jacques, der ihm antwortete: “Papa, Gott läßt Sich nicht auf Kompromisse ein. Er will uns beide! Wir haben das in jener Nacht in der Ferienkolonie so ausdrücklich verspürt, daß für uns beide jeder andere Weg unmöglich ist.” Mein Mann stand auf und ging aus dem Zimmer, ohne ein Wort zu sagen. Aber er wagte es nicht, den plötzlichen Entschluß seiner Söhne anzufechten.

Heute sind beide Söhne Priester und wirken als Vikare in derselben Pfarrei. Die Fabrik haben wir verkauft, und im Herbst werden wir zu ihnen ziehen...

Aus: “Panorama chrétien” 1970

Das ist entscheidend:

Auf die Vatergüte Gottes muß die Liebe Seiner Kinder antworten mit dem treuen Gehorsam gegen Seinen Willen, mit der restlosen Erfüllung Seiner Gebote. Das verlangt höchste Kraftentfaltung und ungebrochene Willensstärke. Erst in der sittlichen Tat, erst im Vollzug des heiligen, unverbrüchlichen Gotteswillens reift unsere Gotteskindschaft zur vollen Wahrhaftigkeit. So hat Jesus Sein eigenes Leben, Seinen Beruf und Seine Arbeit ohne Vorbehalt dem Willen des Vaters zu eigen gegeben, so verlangt Er es auch von Seinen Jüngern. Beten wir viel für die Heiligung der Priester! Nur von hl. Priestern kommt eine Erneuerung.

Gebet für die Priester

Herr und Gott, König des Himmels und der Erde, D u hast den Priestern den heiligsten Schatz in der ganzen Schöpfung anvertraut, indem D u ihnen Macht über Dich selbst in die Hand gabst. Sende hl. Priester Deinem Volk, daß sie ihm Stütze seien auf seinen Fährnissen, daß sie ihm Bruder seien in seiner Not, daß sie Dich in Wort und Tat und Wirklichkeit hineintragen in den Alltag und in die Herzen der Menschen. Laß ihr Herz und ihren Geist und ihre Hände rein sein, wahr und demütig!

Laß sie Dein Angesicht tragen und alle Schmerzen, die D u um Deines Volkes willen erlitten hast. Laß sie Dir getreu sein, Herr und Gott, Deiner Kirche und ihrer Pflicht bis zum letzten Atemzug. Amen.
 

Eine Mutter für alle Not

Gott ist Vater für all Seine Kinder. Zum Zeichen Seiner Liebe sandte Er Seinen eingeborenen Sohn zur Erde, daß Er Mensch wurde und daß Er Seine Mutter auch uns zur Mutter schenken konnte. Gottes Vatergüte gab uns die beste aller Mütter zu unserer Mutter. Wie tröstlich, der Gottesmutter und ihrer mütterlichen Liebe ist vom Vater im Himmel die Sorge für die Brüder und Schwestern ihres Sohnes aufgetragen, bis sie zur seligen Heimat gelangen. So betont das Konzil und sagt dann wörtlich: “Deshalb wird die selige Jungfrau in der Kirche unter dem Titel der Fürsprecherin, der Helferin, des Beistandes und der Mittlerin angerufen.” Ein Trost zu wissen, daß die gläubige und vertrauensvolle Bindung an die Gottesmutter, die Mittlerin der Gnaden, die Helferin der Christen auch heute noch zeitgemäß ist - und in einer Zeit kommender Drangsale ganz besonders wichtig ist, und zwar für Leib und Seele. Hier folgen ein paar Beispiele ihrer einmalig mütterlichen Hilfe.


 

Die wunderbare Heilung einer Priestermutter

Es hat sich zugetragen in Malavicina, einem kleinen Ort in der Provinz von Mantua. Oliva Sudiro Sanotto, eine Frau von 80 Jahren, Mutter eines Priesters und eines Arztes, wurde durch ein Wunder geheilt von einem schrecklichen Ausschlag, der ihr seit 42 Jahren Beine, Arme und Gesicht zerstörte und sie so furchtbar entstellte, daß sie einer Aussätzigen glich. Alle Heilversuche waren erfolglos geblieben, und das trotz der liebevollen und ausdauernden Fürsorge ihres Arztsohnes, trotz vieler Aufenthalte in Krankenhäusern und Kliniken. Das wurde vor gut zwei Jahren anders: Eine Schwerkranke ging damals zu Bett - eine völlig Gesunde stand morgens auf. Die plötzliche wunderbare Heilung ereignete sich im September 1968. Die Beteiligten wollten sie damals aber nicht gleich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geben, sondern abwarten, bis das Urteil der Ärzte, die Analysen, die Röntgenbefunde, die Nachuntersuchungen sichere Gewißheit über das Verschwinden der Krankheit bringen würden. Jetzt gibt es für sie keinen Zweifel mehr. Die Zeugnisse der Professoren, der Ärzte, der Krankenschwestern, die Oliva Sudiro, während ihrer Krankheit behandelten und sie nach ihrer Heilung gesehen und untersucht haben, besagen einstimmig, daß nur ein wunderbares Eingreifen der Kranken die Gesundheit hat wiedergeben können.

Pater Gerhard Hermes besuchte die Geheilte und berichtet darüber in der Januar- Nummer 1971: “Der Fels”.

Wir trafen die Geheilte im Pfarrhaus

von Malavicina, wo sie mit ihrem Sohn, dem Pfarrer des Ortes, lebte. “Meine ganze Geschichte”, so sagte sie in ergreifender Schlichtheit, “ist in der Tatsache enthalten, daß ich 42 Jahre krank war und niemand mich heilen konnte. Die Madonna hat es in einer einzigen Nacht fertig gebracht. Ich selbst bin immer noch wie benommen davon; es kommt mir unglaublich vor, daß an mir ein wirklich und wahrhaftiges Wunder geschehen sein soll.”

“Die Krankheit”, so fuhr sie fort, “begann 1927, wenige Tage nach der Geburt meines jüngeren Sohnes Alessandro, der Arzt geworden ist. Wie ich mir sie zugezogen habe, weiß ich nicht. Vielleicht habe ich mich übernommen, habe mich an die Arbeit gemacht, bevor ich von der Geburt ganz erholt war, vielleicht habe ich mir eine Ansteckung geholt. Ich weiß es nicht. Zuerst begannen die Hände anzuschwellen, dann das Gesicht und die Beine. Die Haut bedeckte sich mit Pusteln, die eine starke Rötung hervorriefen und ein schier unerträgliches Jucken. Das Blut zirkulierte nicht richtig. Die Haut wurde voll Eiter und löste sich in Fetzen auf. Die Beine bedeckten sich mit eiternden Wunden. Ich mußte sie ständig verbinden, weil alles verschmutzt wurde. Wir sind arme Leute. Wir hatten kein Geld für den Doktor, und außerdem hatte ich keine Zeit, im Krankenhaus zu liegen. Ich arbeitete weiter und versuchte es mit Kräutersalben, die mir die alten Bauersleute empfahlen; mit Hausmitteln, die mir wohl mehr geschadet als genützt haben. Die schlimmste Zeit war der Sommer. Die Hitze verschärfte das Jucken und die Schmerzen. Ich hatte schlaflose Nächte, in denen ich kaum das Stöhnen unterdrücken konnte. Morgens erschöpft von der Folter, konnte ich ein wenig einschlafen. Aber vierzig Jahre hindurch gelang es mir nie, eine Nacht durchzuschlafen, ja nicht einmal mehrere Stunden.

Tagsüber mußte ich hinaus zur Feldarbeit. Ich hatte einen Sohn im Seminar, und die Pension mußte bezahlt werden. Auch der Jüngere hatte zu studieren angefangen, er wollte Arzt werden. Wir konnten uns das eigentlich gar nicht leisten, aber ich wollte seinen Träumen nicht im Weg sein. Darum mußte schwer geschafft werden, um das nötige Geld beizubringen. Die Feldarbeit, bei der die Wunden dem Staub und der Sonne ausgesetzt waren, vermehrte die Schmerzen und verschlimmerte die Krankheit. Während des Sommers verlor ich die Nägel an den Zehen und oft auch die Fingernägel. Die Aufschwellung des Gesichtes und die Wunden verschlossen mir die Augen, so daß ich oft nicht mehr sehen konnte. Einzig der Glaube an Gott hat mir geholfen, all das zu überstehen. Wenn ich heute daran zurückdenke, dann begreife ich nicht, wieso ich das überlebt habe, ohne verrückt zu werden.

Als mein Sohn Arzt geworden war, begann er sich meines Falles anzunehmen.

Er brachte mich zu Spezialisten, ließ mich in den Krankenhäusern unterbringen, aber kein Doktor konnte mir irgendeine Linderung verschaffen. Ich kam immer im selben Zustand nach Hause. Während der letzten Jahre kam dann noch die Zuckerkrankheit hinzu, und so war jede Hoffnung dahin, daß meine Wunden sich je schließen und heilen würden. Eines Morgens entdeckte die Pflegeschwester, daß sich von meinen Füßen Fetzen von Fleisch ablösten. An den Händen zeigten sich bald die gleichen Erscheinungen. An den Fingerspitzen konnte man die Knochen sehen. Alles in allem, ich war wie eine Aussätzige, und ich konnte mich nicht mehr vor die Tür wagen.

Im September 68 besuchte mich ein Bruder vom Orden des hl. Kamillus, den ich kannte; er wohnte im gleichen Ort. Mich in dieser schrecklichen Lage zu sehen, ging ihm so zu Herzen, daß er kaum ein Wort hervorbrachte. Ein paar Tage später, dann schickte er mir ein Fläschchen Wasser und ließ mir sagen, daß es wundertätiges

Wasser von der Madonna von Montichiari

sei. Davon hatte ich nie etwas gehört, aber da ja alle Mittel versagt hatten und das Leiden unerträglich war, entschloß ich mich, es zu versuchen.

Am Abend vor dem Schlafengehen goß ich das Wasser auf die Wunden an den Beinen, auf das Gesicht und die Hände. Dann legte ich mir die Verbände wieder an und ging zu Bett. Ich war darauf gefaßt, die Nacht wie gewohnt zu verbringen, halb wahnsinnig von dem Jucken und Beißen. Aber nein, ich weiß nicht, wie es geschah, ich schlief ein und erwachte vom Klang des Aveläutens. Ich setzte mich auf. Es war das erste Mal seit 40 Jahren, daß ich die Nacht in tiefem Schlaf verbrachte. Ich weckte meinen Mann und sagte ihm, was passiert war. “Ich fühle mich besser”, sagte ich ihm, “ich will aufstehen und zur Messe gehen”. “Du gehst mir nicht aus dem Bett”, erwiderte er. “Du weißt doch, daß du dich nicht auf den Beinen halten kannst.” Aber ich wollte aufstehen. Eine geheimnisvolle Macht trieb mich dazu an. Ich setzte die Füße auf den Boden und richtete mich auf. Ich fühlte mich wo hl. Mein Mann sah verwundert zu mir auf. Ich kleidete mich an und ging in die Kirche zur ersten hl. Messe.

Ich fühlte, daß etwas Seltsames in mir vorgegangen war. Ich konnte es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und meine kranken Beine anzusehen. Die Messe war eben zu Ende, da zog ich mich auf mein Zimmer zurück und nahm die Verbände ab.

Mit ungeheurem Staunen sah ich,

daß die Wunden fort waren, die Verletzungen vernarbt, der Eiter, das Blut, der Gestank, alles war weg. Ich nahm die Binden auch von den Händen und Armen und stellte die gleiche wunderbare Heilung fest. Ich ging vor den Spiegel und sah, daß auch das Gesicht ganz normal war. Ich rief meinen Mann und meinen Sohn, und auch sie stellten voll Erstaunen fest, was geschehen war. “Es war die Madonna, es ist ein Wunder”, so wiederholte ich immer wieder, aber ich konnte nicht begreifen, daß so etwas mit mir vor sich gegangen war.”

Oliva Sudiro ist mit ihrer Geschichte zu Ende; sie zeigt mir ihre Hände und ihre Arme. Sie sehen völlig normal aus. Auch ihr Gesicht ist frei von jeder Spur der furchtbaren Flechte, die es vierzig Jahre hindurch entstellt hat.

P. Hermes, “Der Fels” 1/1971


 

Die Mutter trocknet die Tränen

Mariens Mutterliebe gehört allen. Wenn sie nach dem Willen Gottes auch nur einzelne Wunderheilungen - aller Welt sichtbar - im Namen ihres Sohnes wirkt, so ist sie doch die große Schmerzensheilerin und Trösterin.

Wie viele Tränen hat die Mutter der Barmherzigkeit, die Helferin der Christenheit schon getrocknet! Wieviel trocknet die beste aller Mütter Tag für Tag; trocknet die Tränen, die wir in heißer Liebe nach Gott weinen. Sie sind die wertvollsten. Und gleich nach ihnen kommen jene Tränen, die wir aus ebenso brennender Liebesreue vergießen gleich Magdalena am Stamm des Kreuzes. Und dann kommen die Tränen des Mitleides mit der Not des Nächsten, die Tränen der Trauer über gottgefügte Trennung. Und nicht zuletzt trocknet sie mit gütiger Mutterhand unsere Tränen der Ratlosigkeit, der irdischen materiellen Not, der Heimatlosigkeit, des Kummers, ja, der Verzweiflung. Sagt nicht die beste aller Mütter auch zu uns: “Kind, von nun an heilt es.” - Hast nicht auch du es schon erfahren?

 

Das Lourdes-Erlebnis der Fürstin von Monaco

Sie hat eine märchenhafte Karriere gemacht und gehört zu den berühmtesten und meist beachteten Frauen unserer Zeit. Aber wenn man Monacos Landesmutter Gracia Patricia fragt, welches ihr schönstes, ihr frohestes Erlebnis war, dann erwähnt sie nicht ihre Hochzeit oder die Geburt ihrer drei Kinder Carolina, Albert und Stefanie, sondern sie sagt: “Ich bin glücklich und dankbar dafür, daß ich die Heilung von Anna Spainani erleben durfte.” Die streng gläubige Katholikin Patricia erinnert sich gerne daran, was sie für die hübsche dunkelhaarige Französin tun konnte.

Die 18-jährige Anna Spainani war vergnügt und lustig, als sie im Sommer 1960 mit ihrem Verlobten zu einem Ausflug startete. Auf einer schnurgeraden Straße geschah das Unfaßbare in Sekundenschnelle: Ein Lastkraftwagenfahrer verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug. Er prallte auf das Motorrad von Anna und ihrem Verlobten auf.

Während die Ärzte im Spital um das Leben der Vollwaise rangen, wurde ihr Bräutigam zu Grabe getragen. Er war den schweren Verletzungen erlegen. Als Anna Spainani schließlich aus dem Krankenhaus entlassen wird, ist sie ein gebrochener Mensch. Man hat sie gerettet, aber sie weiß nicht, wofür. Der Mann, den sie liebte, ist tot. Und sie wird sich nie mehr richtig bewegen können. Sie ist von den Hüften ab gelähmt. Völlig verzweifelt findet sie Aufnahme bei ihrer Schwester in Cap d'Ail an der Cote d'Azur. Schließlich wird sie in die Poliklinik “Prinzessin Cracia” in Monte Carlo eingeliefert, wo man hofft, ihren Zustand durch intensive Heilgymnastik bessern zu können. Acht Monate bemühen sich die Spezialisten um das junge Mädchen, dann geben auch sie auf.

Sie können Anna nicht mehr helfen.

Und sie sagen ihr das auch. “Wenn Sie jemals wieder laufen können, dann muß wirklich ein Wunder geschehen...” Anna ist zwar religiös, aber auf Wunder wagt sie nicht zu hoffen. Sie verläßt das Haus ihrer Schwester und zieht in ein Heim. Jeden Tag läßt Anna sich von den Schwestern in die Kirche von Notre-Dame von Laghet bringen, um die hl. Messe mitzufeiern.

Die Wende kündigt sich am 20. Mai 1961 an. Pater Guichardaz zelebriert wie üblich die Messe, als einer schlanken, blonden Frau das junge Mädchen im Rollstuhl auffällt. Jene ist die Fürstin Gracia Patricia, die unerkannt am Gottesdienst teilnimmt. Als die Gläubigen das Gotteshaus verlassen, geht sie auf Anna zu und erfährt vom traurigen Schicksal des Mädchens. Sie fragt, wie es ihr gehe, und Anna erwidert, was ihr die Ärzte gesagt hatten: Daß sie nie mehr ein normales Leben führen und nie mehr normal werde gehen können. Es sei denn, ein Wunder käme. “Waren Sie schon in Lourdes; Anna?”

“Ich auch nicht, Anna. Aber wir werden beide in diesem Jahre eine Wallfahrt nach Lourdes machen. Wir wollen beide beten und ein Wunder erhoffen. Und zu den Schwestern gewendet sagt sie: “Bitte, veranlassen Sie das Nötige, damit Anna mit nach Lourdes kommt. Die Kosten trage ich.” Anna ist überglücklich, sie hat schon oft von Wunderheilungen in Lourdes gehört. Aber solche Wunder sind selten, äußerst selten.

 

1. Juli 1961: Der Wallfahrtszug aus Monaco trifft auf dem Bahnhof in Lourdes ein. Anna Spainani wird mit einem Strecksessel aus dem Zug getragen, wie zwei Dutzend andere auch. Man führt sie alle gleich zur Grotte, man badet sie in den Piszinnen, und sie nehmen am Gottesdienst teil. Anna ist müde von der Reise und schläft an diesem Abend rasch ein.

Fürstin Gracia konnte nicht mit dem Wallfahrtszug mit nach Lourdes kommen, weil sie zu Besuch in Philadelphia bei ihrer Mutter weilte. Aber sie richtete es so ein, daß sie einen Tag darauf, am Morgen des 2. Juli in Lourdes eintrifft. Sie begibt sich sofort zu Anna Spainani und trifft sie bei der Grotte von Massabielle.

Am Nachmittag des gleichen Tages ist noch eine Andacht, und während des Gebetes spürt Anna eine eigenartige Wärme in ihren Gliedern. Als man sie wieder wegführen will,

steht sie auf und geht

unter maßlosem Staunen aller langsam dem Ausgang zu. Ganz allein. Vor dem Ausgang wendet sie sich noch einmal dem Altar zu, kniet nieder und betet. Tränen laufen ihr über die Wangen. Der erste Weg führt Anna in das Hotel der Fürstin Gracia. Sie wird von einer Schwester des monegassischen Hilfswerkes “Bonnes soeurs” begleitet.

Als Gracia sie erblickt, aufrecht stehend, ohne Krücken, eilt sie ihr entgegen und schließt sie in die Arme. Auch sie kann nicht verhindern, daß ihr die Tränen über die Wangen laufen. “Man darf im Leben nie verzagen, nie verzweifeln”, sagt ihr Gracia leise, aber strahlend vor Freude. - Heute ist Anna verheiratet und glückliche Mutter zweier gesunder Kinder. Sie erfreut sich bester Gesundheit. “Neue Bildpost” 42/1970

Maria ist eine immer helfende Mutter, aber erschütternd ernst ruft sie an all ihren Erscheinungsorten zur Buße und Umkehr. Die Zeit der Leichtfertigkeit im Glauben müßte endlich aufhören! Wer jetzt noch schläft, hat den Weckruf Gottes verschlafen und verschläft seine eigene Seligkeit.


 

Gottes Vaterhand über der Zirkusmanege

Rex, der große Berberlöwe, riß gerade in dem Augenblick seinen Rachen grollend auf, als der Pater den Weihwasserwedel zu seinem Käfig hinüberschwingen ließ. Der Wärter mußte lachen. Rex bekam den Tiersegen mitten in seinen Schlund. Der Wärter hielt es für eine ganz überflüssige Zeremonie, die Tiere zu segnen, aber der Zirkusdirektor war dem Geistlichen entgegengekommen. Heute Abend - eine Stunde vor der Vorstellung - sollte für die Zirkusleute auch noch eine Maiandacht gehalten werden. Auch Zirkusleute, die nicht katholisch waren, hatten aus Kameradschaft zugesagt. Als der Pater mit dem Segnen der Tiere fertig war, wandte er sich zum Wärter: “So - und nun eine Frage für heute Abend. Hat jemand von Euch ein gutes Marienbild für den Altar?” Der Wärter kratzte sich verlegen den Kopf. Als der Pater schon verzagen wollte, kam eines der Kinder einer chinesischen Artistenfamilie gerannt. Ja, sie hatten ein großes Madonnenbild. Der Pater lief mit zum Wohnwagen. Es war ein Bild der Muttergottes auf der Flucht nach Ägypten.

Am Abend, als der noch leere Zeltraum im hellen Licht der Scheinwerfer aufstrahlte, gingen Rufe der Bewunderung durch die Reihen der Zirkusleute. Inmitten der Manege, wo sie sonst ihre Kunststücke vorführten, war ein Maialtar aufgebaut. Unter Kerzen und Blumen stand das Madonnenbild. Dann erschien der Pater und machte das Kreuzzeichen. Und er begann: Ich wüßte kein besseres Bild für diesen Platz, als diese Gottesmutter auf der Flucht. Auch sie mußte damals ein ganz abenteuerliches und gefährliches Leben führen. Auch sie war bedroht von wilden Tieren, von Löwen, deren Geheul sie in den Nächten aufschrecken ließ. Ich glaube, daß es keine Kleinigkeit war, das hilflose Gotteskind durch Wüstenglut und Gefahren zu tragen. Aber sie wußte sich in Gottes Hand. Die Madonna hat volles Verständnis für Euren schweren Beruf. Sie war ja auch mit dem Kind und mit Josef in großer Gefahr - aber sie konnten trotz allem beruhigt sein, denn der Gottessohn war bei ihnen, Gott selbst als Kind auf dem Arm der Mutter Maria.

Die Zirkusleute sahen auf

Kein Laut war mehr zu hören. Aber plötzlich ging eine Unruhe durch die Zuhörer. Habe ich schon zu lange gepredigt? So dachte der Pater. Doch ruhig sprach er weiter.

Jetzt waren sie regungslos wie erstarrt - er merkt nun, daß einer von ihnen aufstand, langsam in die Manege kam und sich seitlich niedersetzte. Der Pater achtete nicht darauf. Aber merkwürdig, alle starrten in die gleiche Richtung. Endlich machte er groß das Segenskreuz, dann forderte er sie auf zu singen: “Maria Maienkönigin”. Sie standen auf - lautlos -, aber niemand sang. Er stimmte an und sang einsam und allein: “O segne seinen Anbeginn und uns zu deinen Füßen!” Die Menschen standen wie gebannt, als gäbe es die atemberaubenste Vorstellung. Er wandte sich um und betete: “Sei gegrüßt, o Königin!” Endlich beteten einige mit. Und plötzlich am Schluß: Händeklatschen, Trampeln, Pfeifen.

Die Lichter flammten auf, sie stürmten zu ihm in die Manege; erst schrieen sie durcheinander, daß er gar nichts begriff. Dann nahm ihn der Direktor am Arm und zeigte ihm die Stelle, an der fast die ganze Zeit seit Beginn der Maiandacht der Berberkönig gehockt hatte: Rex, der ihn nicht aus den Augen gelassen. Aus unerklärlichen. Gründen war er aus seinem Käfig entkommen. Er hatte seinen alten Platz in der Manege eingenommen, wie bei der Vorstellung, aber kein Dompteur war zugegen, ihn in Schach zu halten. Den Pater zu warnen, wäre unmöglich gewesen. Ein unbedachter Schreckensruf hätte alles verdorben. Und darum war der Wärter in die Manege gekommen, um im Notfall den Löwen zu erschießen. Gerade, als der Pater sein einsam gesungenes Marienlied beendete, hatte Rex sich langsam gewendet und war hinausgetrottet. Er ging selber in seinen Käfig zurück.

Nun sprachen sie alle begeistert mit dem Priester ein Dankgebet. Sie hatten erlebt, daß die Vaterhände Gottes über der Zirkusmanege gebreitet waren und der Segen der Mutter mit dem göttlichen Kind die große Gefahr gebannt hatte.

Aus: “Liebfrauenbote” 1971


 

Einen großen Engel zur Seite...

Wir haben eine Mutter, wir haben einen Schützerengel. Gottes sorgende Vaterliebe gibt dem einzelnen Menschen einen Seiner seligen kraftgewaltigen Geister zu lebenslangem Geleit. Jedes von uns hat seinen persönlichen Schutzengel, der wie ein Licht der Liebe Gottes um uns ist. So spricht der Vatergott: “Siehe, Ich sende Meinen Engel, daß er vor dir herziehe, dich auf dem Weg behüte und dich an den Ort führe, den Ich bereitet habe!” Mit diesen Worten ist auch schon die große einmalige Aufgabe unseres Engels umrissen. Der gefährliche Gegenspieler ist der Teufel: Er geht umher wie ein brüllender Löwe, jeden zu verschlingen; er ist wie ein hinterhältiger Wegelagerer. Der hl. Engel wehrt machtvoll allen satanischen Schlichen und Angriffen; er vermittelt das wundersame Licht der Erkenntnis Gottes; er lehrt uns die hl. Anbetung. Das Wirken unseres hl. Engels, der immerzu in das Antlitz Gottes schaut, hat nur eine Grenze, die er nach dem Willen Gottes nicht überschreiten darf: das ist unser freier Wille. Wir können an unseren Engel glauben, ihm vertrauen, ihm folgen oder - auch nicht. Gott überläßt uns die freie Entscheidung. Welch ernste Verantwortung aber für uns!


 

Er hat Seinen Engeln befohlen...

 

 Mein Erlebnis mit den hl. Engeln Meine beiden Brüder standen 1941/45 auf verschiedenen Kriegsschauplätzen - zuletzt mehrere Jahre in Rußland. Der Jüngste, um den es in diesem Bericht geht, war in Reschow und hatte Moskau im Rücken. Die Nachrichten wurden immer weniger. Ich fing eine Novene an zu ihren hl. Schutzengeln und zu allen Engeln derer, die um sie sind, ja zu allen Legionen des Himmels. Das Kind des Jüngsten war 1944 gerade 4 Jahre alt. Auch diesem Kind lernte ich die Bitten zu den Engeln an. Ich erinnerte es mehrmals am Tage zu rufen: Lieber Gott, schicke alle Deine Englein herunter, daß sie den Krieg ausfechten und meinen Papa beschützen!

Der Krieg war vorbei, die Brüder noch nicht da; ich betete mit dem Kind immer noch in dieser Meinung. Ende Juli 1945 war ich mit dem Fahrrad von Regensburg in Richtung Neuburg/Donau unterwegs. Als ich vor Ingolstadt die Autobahnunterführung durchfuhr, schoß mir plötzlich der Gedanke durch den Kopf: hier auf dieser Autobahn aus Richtung Nürnberg kommt heute noch Hans. Ich stieg vom Rad und wartete. Der Gedanke wurde immer sicherer, ich glaubte fest daran. - Und er kam. Genau aus dieser Richtung, auf dieser Autobahn, an diesem Tag. Ein Ami-Lkw nahm ihn und noch einen Kameraden mit und setzte die beiden hier vor Ingolstadt ab.

Es vergingen 10 Jahre

Ich war wieder einmal auf Besuch bei meinem Bruder. Er erzählte vom Krieg und sagte, ein Erlebnis gehe ihm nicht aus dem Kopf, es sei ihm unerklärlich bis heute. Er war die ganze Nacht auf Melderitt und kam am Morgen zurück, aber seine Einheit war nicht mehr da. Müde setzte er sich an den Wegrand, neben ihm sein Pferd. Plötzlich schreckte ihn ein fürchterlicher Lärm. Er sprang auf, vor ihm ca. 5 Meter entfernt rollten mehrere russische Panzer und blieben vor ihm stehen. Zu Tod erschrocken, sprang er auf sein Pferd und erwartete den Todesschuß. Das Pferd galoppierte ab, er ließ es laufen, wohin es lief; er hatte ja keine Ahnung, wo seine Einheit inzwischen lag. Kein Schuß fiel. Kilometerweit war kein deutscher Soldat mehr zu sehen; das Pferd lief weiter; er konnte ihm keine Richtung mehr geben. Und das Pferd lief genau dorthin, wohin sich seine Einheit während der Nacht abgesetzt hatte. Nach stundenlangem Ritt kam er bei ihr an. Alle wunderten sich über seine Rückkehr. Während er abwesend war, war der Befehl gekommen: absetzen, jeder rette sich wie er kann!

Dann schaute mich mein Bruder an und sagte, warum haben die nicht geschossen? - Mich durchschauerte es, ich erfuhr nach 10 Jahren, warum die nicht geschossen haben. - Täglich, bis zum heutigen Tag, danke ich den hl. Engeln für diese auffallende große Hilfe und P. Gerard, der mir diesen großen Engelsglauben gab, danke ich es über das Grab hinaus. 20. 1. 1971, L. B.


 

Das Engelbild der Großstadt

Es stand gerade im September im Fenster, und die Leute blieben davor stehen. Am meisten aber drängten sich dort die Kinder, die nicht gefesselt waren vom hohen künstlerischen Wert des Gemäldes, sondern von der Art seiner Darstellung. Entgegen der herkömmlichen Weise hatte der Maler der Jetztzeit den Schutzengel nicht figürlich dargestellt, etwa mit wehendem Gewand und langen Locken, sondern er ließ ein Kind mitten durch das Verkehrsgewühl der Großstadt wandern, klein und hilflos unter rasenden Autos, Straßenbahnen, Motorrädern, während sich um die verlorene winzige Menschengestalt zwei schimmernde Fittiche spannten.

Lange war die Rede von dem Gemälde, und die Kinder standen andächtig davor. Auch das Kind des glaubenslosen M. Brandler fand sich ein und staunte. Und weil es - getreu den Grundsätzen seines Vaters - eine nichtkonfessionelle Erziehung erhalten hatte, wußte es als einziges unter Hunderten nicht, was das Bild darstellte. Wie Kinder sind, wurde es ausgelacht von seinen Gespielen. “Das weißt du nicht mal? Das ist doch der Schutzengel!” Nein, Ingrid wußte nicht, daß sie einen Schutzengel hatte. Sieben Jahre war sie alt geworden und hatte noch nie etwas von Engeln vernommen. Beruhigend nahm ihre kleine Freundin Annemarie ihren Arm. “Ach, sei nur nicht traurig, Ingrid, du hast bestimmt auch einen Schutzengel, wenn du das auch nicht weißt. Meine Mutter sagt, alle Kinder haben einen Schutzengel.” Und wie es so geht, erzählte das Mädchen der aufhorchenden Kleinen von allen wundersamen Begebenheiten, die Erwachsene den Kindern zu sagen pflegen, wenn sie nach dem Schutzengel fragen. Eine Woche später kam Brandler aufgeregt zum Vater der kleinen Annemarie: “Hören Sie, ich verbitte mir ein für allemal, daß ihr Kind meiner Kleinen alberne Flausen in den Kopf setzt. Schutzengel!

Mein Kind braucht keinen Schutzengel,

verstehen Sie mich?” - Der andere sah ihn ruhig an; einen Schimmer von Lächeln in den Augen. “Ich höre nur heraus, daß Ihnen der Umgang Ihrer Ingrid mit Annemarie nicht recht ist. Ich werde mich darnach richten und dem Kind Bescheid sagen. Ob aber Ihre Kleine einen Engel braucht oder nicht, das können Sie gar nicht beurteilen.” Der Atheist hatte bereits die Türklinke in der Hand. “Sie können einem leid tun, total pfäffisch verdummte Welt!” Er schlug die Tür zu. Das Schutzengelfest war schon vorüber, und das Gemälde stand immer noch aufreizend im Fenster. Brandler sah es jeden Abend mit einem grimmigen Blick an, wenn er von der Arbeit heimkehrte. Wenn man nur Geld gehabt hätte, es aufzukaufen und dann zu vernichten! Aber es war teuer! Er kam an die Biegung, wo die Verkehrsampel hing. Rot-gelb-grün, man durfte vorübergehen. Schöne Einrichtung, das, wozu also Schutzengel? Total überflüssig! - Aber - was war denn das? Ober allem Verkehrsgewühl plötzlich eine helle, durchdringende Stimme: “Vaatii! Hallooh, Vati!” Da stand doch Ingrid oben im Fenster des dritten Stockwerks und winkte! Sie hatte heute den ganzen Tag Ausgehverbot, weil sie doch wieder mit Nachbars Annemarie zusammengesteckt hatte. Er hob die Hand, gleich würde er bei ihr sein. Nicht soweit hinauslehnen, Ingrid! Was machte sie denn? Sie stand auf der Fensterbank, beugte sich herab, als wollte sie ihm entgegen.

Dann schrie er auf, daß einen Moment sogar der rasende Verkehr der Kreuzungsstrecke stockte - und wandte sich ab, hielt sich taumelnd die Augen zu. - Ingrid, sein Kind, war im hohen Bogen aus dem Fenster des riesigen Mietshauses gestürzt - ohne Zweifel zerschmettert. Der Mann stöhnte in sich hinein. - Da legte sich ihm plötzlich ein Arm um die Schulter, und die verhaßte Stimme seines Nachbarn sagte mit einem seltsamen Beben:

 

“Schauen Sie doch, sie lebt ja!”

 

Vater Brandler hob mit einem Ruck den Kopf. Sah er am hellen Tag Gespenster? - Noch benommen von dem Sturz aus solcher Höhe, im übrigen aber unversehrt, richtete sich sein Kind vom Pflaster auf und strich sich die Kleider glatt. Das Sonnendach eines Lebensmittelgeschäftes hatte die Wucht des Sturzes abgefangen, und die Kleine war im wesentlichen mit dem Schrecken davongekommen. Sie eilte auf ihren Vater zu. Nein, es war kein Traum. Sie umklammerte ihn schon. Er riß die Kleine hoch. “Ingrid, Ingrid! Das ist nicht möglich! Bist du unverletzt, Liebling? Es muß dir doch etwas wehtun, ganz sicher, du spürst es nur nicht.” Die Kleine hatte ihre alte Fröhlichkeit schon wieder. “Nur hier am Arm und da am Bein tut es mir etwas weh, aber das ist nicht so schlimm.” Der Vater sah sich die Stellen an und konnte auch nur einige Schrammen und Prellungen feststellen. Ungläubig schüttelte er den Kopf. - Da sagte die Kleine: “Ich hab doch einen Schutzengel! Hast du ihn nicht gesehen? Ich aber, Vati, schon; er war wie lauter Licht und hat mich getragen!” - Der Vater merkte gar nicht, daß sein Nachbar seinen Arm genommen hatte. Erst vor der Tür, als ihn das Kind erneut mit Fragen bestürmte, ob es nun wieder mit Annemarie spielen dürfe, kam er zu sich, sah den Nachbar an und sagte rauh: “Wenn sie es erlauben, daß Ingrid...” “Natürlich”, sagte dieser, “ich hatte nie etwas dagegen. Es sind ja Kinder und” - er lächelte wieder - “Ihre Weltanschauung wird ja meine Annemarie nicht von Ihrer Kleinen lernen, denke ich?” - Der Atheist sah zu Boden: “Weltanschauung?” murmelte er, “darüber reden wir nochmal miteinander. Es gibt was zu revidieren...” - Augsburger katholische Kirchenzeitung 1953, Nr.36


 

Eine Frage: Was hast du für ein Bild

für eine Vorstellung vom Engel? Weißt du, daß jeder Engel mit großer Inbrunst bittet für den Bruder-Mensch, für den Sein Herr und Gott vom Himmel herab in den Staub der Erde und ans Kreuz stieg? Stehst du mit deinem Engel “Du auf Du”? Dann wirst du lernen, so wie er, dein Auge nie vom Vater im Himmel zu lassen, dann wirst du lernen, jeden Tag und jede Stunde, dir die Kraft von Gott zu holen, die du auf deiner Erdenwanderung brauchst. Täuschen wir uns nicht über die Macht der Engel! Wenn sie auch unsichtbar sind, sie sind da, sie sind ganz nah. Wir werden sie nur betend auf den Knien erfassen lernen.

Ein großer Trost für die Kranken

Ergreifend schreibt ein gottseliger Mensch: “Der himmlische Vater schickt an jedes Krankenbett den hl. Engel der Kranken mit seinen Helfern. Er füllt die Einsamkeit des Krankenstübchens mit stillen, himmlischen Freuden und Tröstungen; am Schmerzenslager bringt er den beruhigenden, erlösenden Schlaf. Keine Ungeduld des Krankenlagers stößt ihn fort, kein Jammer wird ihm zuviel. Er dient in der Stille, und niemand dankt ihm. Immer ist er da, wo die Not und der Schmerz zu Gott aufschreien. Merke es dir, Seele, und denke daran, daß du nie allein bist in solchen Stunden! Der Engel der Kranken ist bei dir.


 

Immer mehr Aberglauben...

Der alte Spruch bleibt wahr: “Jagst den Glauben zur Tür hinaus, er kommt als Aberglauben zum Fenster herein.”

400 amerikanische Hexenzirkel sind der 45-jährigen Hexenmeisterin Sybil Leek hörig. Diese verschreibt Reinigungsbäder in Salzwasser, geheimnisvolles Gemurmel, Tanz auf Besenstiel am Sabbat.

250000 Amerikaner lassen sich für je 20 Dollar durch einen IBM-Computer die Zukunft aus den Sternen lesen. Von den 1750 US-Zeitungen bringen 1200 täglich Horoskope (vor 20 Jahren waren es nur 100 Tageszeitungen). Geschäftsleute beuten die Dummheit der Menschen gründlich aus. Ein New-Yorker Astrologe gibt Börsentips: 1000 Dollar pro Tip. Die Wahrsagerin Jeane Dixon verkaufte ihr Buch zu 300 000 Exemplaren. Die geschäftstüchtige Sybil Leek gibt gar ein “Astrologisches Kochbuch” heraus.

Als die Astronauten von Apollo 12

ihre Mondreise antraten, mußten die NASA-Behörden zehn Mitglieder der amerikanischen Astrologen-Föderation nach Cap Kennedy einladen. Zum Glück hatte der Sprecher der NASA-Behörden den guten Geschmack zu erklären: “Wir haben es zugelassen, nicht etwa um die Sterne günstig zu stimmen, sondern nur weil sie es wünschten.” Ist es nicht erschütternd, daß gerade heute, wo der Christenglaube immer mehr im Schwinden ist, der Aberglaube in Stadt und Land immer mehr Boden gewinnt. Auch ein Sieg Satans! Wer an den guten Vatergott glaubt, braucht kein Horoskop, kein “Lesen” aus den Sternen, braucht keine Geisterbeschwörung (Spiritismus). - Ergreifend sagte eine Blinde und Gelähmte unserer Tage (erst dreißig Jahre alt), als man sie fragte, ob sie sich vor einer zweiten schweren Gehirnoperation fürchte: “Nein! Denn die Entscheidung über Leben oder Heimgang liegt bei Gott und Seinem hl. Ratschluß. Auch diese Operation ist Gottes Wille. Er sorgt für alles. Ich bin Sein.”


 

Gottes Vatersorge in meinem Leben

Folgender ausführlicher Bericht des Buchschreibers ist in Dankbarkeit der großen Leserfamilie im In- und Ausland gewidmet.

Die eindrucksvollste Predigt, die ich je als Kind gehört und die ich als fast 70-jähriger noch in guter Erinnerung habe, hat mir mein Vater gehalten. Das war anfangs September 1914 zu Beginn meines Studiums. Es war ein einziger Satz, den er mir zurief, aber die begleitenden Umstände waren das Entscheidende dieser Predigt. Als Bauer eines größeren landwirtschaftlichen Betriebes stand mein bereits 45-jähriger Vater von früh bis spät mitten in der Arbeit. Es war eine kräftezehrende Arbeit, damals noch fast ohne jede maschinelle Hilfe; dazu waren die Knechte bereits zum Kriegsdienst eingezogen. Alles lastete auf seinen Schultern.

Der Vater stand gerade mitten auf dem Düngerhaufen, um eine Fuhre Mist aufzuladen, als ich ihm zurief: “Vater, jetzt muß ich auf den Bahnhof, es ist Zeit zum Fahren,” Er winkte mir zu und sagte: “Behüt dich Gott, Bub!” Dann schaute er mich ernst und nachdenklich an und fügte jedes Wort betonend hinzu:

“Da - ist die - Miststatt”

(Er meinte den Düngerhaufen.) - Kein Wort mehr noch weniger. Ich habe den Vater sofort verstanden, gut verstanden, was er sagen wollte: “Schau, wie ich mich plagen muß, in diesem Mistdreck hier, noch dazu jetzt ohne Knechte, ohne Hilfe. Ich laß dich gerne ziehen, aber plage und mühe auch du dich; wenn du nicht lernen willst, wenn du beim Studium nicht folgen willst, dann wartet auf dich die Miststatt, das heißt die schwere, bäuerliche Arbeit - nichts anderes. - Dies alles hörte ich aus diesen kurzen Abschiedsworten heraus. Oft in meinem Leben habe ich an diese eindrucksvolle Szene gedacht.

Wie bin ich meinem Vater von Herzen dankbar gewesen, daß er so streng war, daß er aber auch das Jawort zu meinem Studium gegeben und in jenen schweren Jahren seine Kraft doppelt einsetzte, ja sich förmlich aufrieb. Im besten Mannesalter, erst 53-jährig, ist er gestorben. Es war im August 1922, nachdem ich kurz zuvor mein Abitur gemacht hatte. Das Gebet meiner guten Mutter, meiner beiden edlen Großmütter, aber auch das Opfer meines Vaters erlangte mir von Gott die große Gnade des Priestertums. Auch ich durfte meinen Opferanteil leisten, da ich in den letzten Jahren meines Theologiestudiums an einem hartnäckigen Kopfleiden litt, und kaum mehr glaubte, ans Ziel zu kommen. Ich empfahl mich damals ganz besonders der Fürbitte der lieben Gottesmutter, der Mutter aller Priester und derer, die es werden. Und wirklich, ich durfte am 29. Juni 1927 im Dom zu Regensburg die hl. Priesterweihe empfangen und am 14. Juli in meiner Heimat Langquaid das Primizopfer feiern.

Welch unverdiente, höchste Gnade,

für die ich jeden Tag meines Lebens dankbar war und heute noch dankbar bin; eine Gnade, die mich reich beglückte trotz mancher Opfer und Leiden. Ich würde wieder Priester werden, wenn ich zu wählen hätte und zwar im Sinn der kirchlichen Vorschriften, wieder ein zölibatärer Priester mit Leib und Seele.

Priester sein heißt ja: kraft des hl. Weihesakramentes Anteil haben am Amt des höchsten und ewigen Priesters Jesus Christus, heißt in Ihm und mit Ihm das heiligste Opfer darbringen dürfen, Seine hl. Sakramente spenden, Seine Wahrheit verkünden und Seinen Segen verströmen. Priester sein heißt: Sich ganz und gar Christus zur Verfügung stellen in liebender jungfräulicher Hingabe an Ihn und Seine Sache, heißt: sich mühen, jeden Tag von neuem Ihm ähnlich zu werden in der Gesinnung, im Seeleneifer, in der Bereitschaft zum Opfern und Leiden. Christus will ja im Priester weiterleben und weiterlieben, so daß die Menschen zur Überzeugung gelangen, in ihm dem Herrn selber zu begegnen. Ewig Dank für die Gnade des Priestertums! Wie bin ich dem Vater im Himmel dankbar gewesen, daß sich nach Abschluß meiner Studien mein Leiden so besserte, daß ich sofort meinen ersten Priesterposten in der Diaspora-Pfarrei Marktredwitz antreten konnte und mitten in eine reiche seelsorgerliche Tätigkeit hineingestellt wurde. Ich erinnere mich, daß wir zwei Kapläne neben dem Stadtpfarrer und dem Religionslehrer, ein gerütteltes Maß seelsorgerlicher Arbeit zu leisten hatten: wöchentlich jeder durchschnittlich zwanzig Religionsstunden, jeden Sonntag auswärts Gottesdienst, viele Kranken- und Hausbesuche, fast jeden Abend Vereinstätigkeit und in jener Zeit der Arbeitslosigkeit viele Bastelkurse bei der Jugend. Ohne Motorrad hätten wir unsere weiten Wege kaum geschafft. Ich denke gern und dankbar an diesen meinen ersten Seelsorgsposten zurück.

Auch das zähle ich zu den großen Gnaden meines Priesterlebens, daß ich in meinen sechs Kaplansjahren immer wieder Gelegenheit hatte, nach Konnersreuth, der benachbarten oberpfälzischen Pfarrei zu kommen. Dort durfte ich in der

erschütternden Passion der Therese Neumann

etwas von der unendlichen sühnenden Liebe des Heilandes zu den Seelen erahnen. An sechs Karfreitagen (1928-1933) und auch an manchen gewöhnlichen Freitagen war ich Augen- und Ohrenzeuge ihrer Leidensekstasen. Ich war jedes Mal tief ergriffen davon. Hin und wieder sah ich auch Männer mit fast spöttischer Miene in ihr Leidenszimmer eintreten, die aber dann erbleichten, wenn sie ihr blutüberronnenes Antlitz schauten mit dem Ausdruck tiefsten Schmerzes darinnen. Mich zwang es hernach jedesmal auf die Knie in der Pfarrkirche, um den hl. Kreuzweg zu beten. Nirgendwo ist mir Leid und Sühne so anschaulich vor Augen getreten, wie in Konnersreuth. Crucifixus cum Christo! - Mit Christus ans Kreuz geheftet!

Ich erlebte aber auch die andere Therese Neumann, die überaus gütige, fröhliche und immer herzlich Schenkende. Wenn ich gelegentlich an einem Wochentag mit dem Motorrad zu ihr kam, dann füllte sie mir jedesmal besorgt die Taschen meiner Lederjacke mit Bildchen, Gebeten, Medaillen, Ritarosenblättern und Rosenkränzen zum Austeilen an die vielen Kranken unserer Pfarrei. Ihre Liebe zu den Bedrängten und Leidenden war mir jedesmal ein neuer Ansporn. Es ist eine große Gnade, einem gütigen Menschen begegnen zu dürfen, es ist höchste Gnade, einem wahrhaft Gottliebenden, Gottverbundenen begegnen zu dürfen, der aus der Welt des Heiligen lebt. Begegnungen mit diesen machen die Seele froh.

 

Jede Sendung muß im Kreuz verankert sein

Gottes väterliche Liebe ließ mich dies als jungen Priester schon bald erfahren. Sagte der Herr nicht: “Wer Mich liebt, der folge Mir nach!” Ruft Gott zur Nachfolge, so ruft Er auch zur Nachfolge im Opfer der Liebe. Wir Menschen hören das Wort “Opfer” gar nicht gerne, wenn es uns gilt. Daß Gottes Sohn sich für uns opfert und auch die Menschen sich für uns opfern, das wollen wir gerne anerkennen. Aber selber auch zum Opfer der Liebe bereit sein? Darum geht es. Im Leiden dürfen wir ja die größte Liebe schenken; darum immer wieder hellhörig und aufgeschlossen dafür sein! Die Opfer, die Gott uns auferlegt, sind immer schwerer, als die selbstgewählten.

Es war etwas sehr Schweres, als mir nach 6 Priesterjahren plötzlich die Stimme total versagte. Ich brachte kein lautes Wort mehr hervor. Der ärztliche Befund lautete: “Stimmbandentzündung und totale Erschöpfung - hohe Gefahr einer Stimmbandlähmung für immer. Sofort jedes laute Sprechen unterlassen, und zwar viele Wochen hindurch. Keine Predigt, keinen Religionsunterricht, keine Vereinsarbeit mehr!” Ich bekam Krankenurlaub. Er brachte wenig Besserung. Wegen des rauhen Fichtelgebirgsklimas wurde ich noch im August 1933 nach dem wärmeren Süden versetzt. Der Abschied war nicht leicht. Gottes Vaterhand führte mich neuen Aufgaben entgegen. Jede Sendung muß stets im Kreuz verankert sein.

Der gütige Vater half, daß ich nach einigen Monaten die Stimme wieder voll gebrauchen konnte. War das ein Jubel, als ich zum erstenmal wieder mächtig in den Wald hineinrufen konnte, daß es laut widerhallte. Ich erinnere mich noch gut an die Stelle - es war unter ragenden Fichten hinter dem Haus Werdenfels. Der anschließende Höhenzug gab das Echo wieder. Wie notwendig brauchte ich die Stimme, gerade in den kommenden Jahren der vielen Exerzitienkurse und Einkehrtage. Guter Vater, wie muß ich Dir herzlich danken für Deine große Hilfe! - Nachdem bereits seit 1933 die katholische Jugendarbeit von den Nazis gewaltig gedrosselt worden war, wurden am 25. Jan. 1938 sämtliche katholischen Jugendverbände aufgelöst, ihre Betätigung verboten, das Vermögen beschlagnahmt und das Schrifttum untersagt. Wir konnten uns nur noch religiös betätigen, aber das um so mehr und um so fruchtbarer. Schon in den ersten Monaten des Jahres 1934 reifte der Plan, unser Jugenderholungsheim


 

Haus Werdenfels zu einem Exerzitienhaus

der Diözese auszubauen. Es war ein kühnes Unternehmen in einer Zeit, wo die Nazis fest im Sattel saßen und ein scharfes Auge auf uns hatten. Mit einem bergeversetzenden Vertrauen ging ich mit einigen Freunden an die Arbeit. Erst hielten wir in der bescheidenen Zimmerkapelle für einen kleinen Kreis unsere Exerzitien, dann wagten wir 1934 einen größeren Neubau. Er gelang. Pausenlos hielten wir nun ab November 1934 in unserer neuen Christkönigskapelle Kurse um Kurse für jung und alt. “Ihr laßt die Betten überhaupt nicht mehr kalt werden”, erklärte mir einmal fast vorwurfsvoll die Generaloberin einer größeren Schwesternkongregation. Ja, so war es. Trotzdem damals noch vieles primitiv im Hause war - es gab anfangs nur zwei ganze Einzelzimmer, sonst Massenquartier -, ging früh ein Kurs aus und abends begann schon wieder ein anderer. So ging es pausenlos fast sieben Jahre hindurch. Wußten wir doch keinen Tag, ob nicht schon über Nacht das Haus von den politischen Machthabern beschlagnahmt wird. Wie viele Klöster und Heime erlebten dies damals! Im Jahr 1938 wagten wir sogar noch den Bau eines größeren Wirtschaftsgebäudes mit ca. 20 Einzelzimmern und übergaben ihn dem besonderen Schutz des hl. Michael. Sankt Michael wachte treu! Wir mußten die Gnade nützen zur intensiven Glaubensschulung, zur Gewissensbildung, zum geistigen Mündigmachen, besonders unserer jungen Leute, die scharenweise zum Arbeitsdienst und Militär eingezogen wurden und dauernd dem geistigen Beschuß der Gegner ausgesetzt waren. Wir wußten: Nirgendwo werden die Seelen geistig mehr befruchtet als in der Stille ernster Exerzitientage.

In der Einsamkeit und Stille

findet der Mensch zu sich selber, findet zum Mitmenchen, findet vor allem zu Gott. “Die Innerlichkeit ist vor allem der Ort, wo Gott dem Menschen begegnet, zu ihm spricht und von Ihm erfahren wird” (Wach). Selbst Nietzsche erkannte: “Die größten Ereignisse sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten Stunden.” Entgegen aller Gehirnwäsche durch die Massenmedien werden die Exerzitien nie ihren Wert verlieren, auch nicht in unserer hektischen Zeit, wo die Menschen kaum mehr zu sich selber kommen. Da sind Tage der Seeleneinkehr notwendiger denn je. Und für alle Zeiten gilt: Am Anfang jeder echten und wirksamen Erneuerungsbewegung steht die Innerlichkeit, die Gottverbundenheit. Nur auf diesem Wurzelgrund wuchsen und wachsen die wirklichen Erneuerer in der Heilsgeschichte.

Volle sieben Jahre

bis Ende September 1940 gewährte uns der gütige Vater eine intensive Exerzitienarbeit. Die Zahl der Teilnehmer an diesen Exerzitien und religiösen Schulungskursen betrug jährlich viele Tausende, ebenso groß war die Zahl der Teilnehmer an religiösen Einkehr- und Gebetstagen.

Die Mutter unseres Hauses, die Madonna von Werdenfels, der wir alles anvertrauten, hielt schützend die Hand über uns. Die Engel Gottes wachten darüber, daß Spitzel, die häufig in unsere Kurse geschickt wurden, nichts Verdächtiges sahen und hörten. Man hätte sofort das Haus beschlagnahmt und uns ins Konzentrationslager gesteckt. Mehr als einmal mußte ich bei der Geheimen Staatspolizei Rede und Antwort stehen. Als dann im Herbst 1940 nach dem Polenfeldzug die SS unser Haus als Durchgangslager für volksdeutsche Umsiedler aus dem Osten beschlagnahmte, auch dann durften wir, Schwestern und ich, im Haus bleiben und weiterhin das Christkönigsheiligtum, wie das Marienheiligtum am Waldesrand, das Bischof Michael Buchberger 1935 eingeweiht hatte, hüten.

Längst hatte unsere katholische Diözesanjugend dort ein geistiges Zuhause, ein wirkliches Daheim bei der “Mutter der schönen Liebe” gefunden. Ihr Bild war weithin verbreitet und verehrt. In den schweren Kriegsjahren ist dann das Marienkapellchen eine wirkliche Wallfahrtsstätte für Ungezählte geworden. Immer wieder kehrten Beter mit ihren großen Anliegen dort ein und von der Front her grüßten gar viele die jungfräuliche Mutter, deren reine, wundersam wie zum Gebet sich schließenden Hände eine aufblühende Knospe - das Symbol der Jugend - bergen und behüten. In den Jahren 1935-45 wurden nicht weniger als

691 Gebetserhörungen

in den verschiedensten Anliegen in zwei Büchern aufgezeichnet. Mit tiefer Ergriffenheit liest man darin den Dank für auffallenden Schutz mitten im Schlachtengetümmel, aber auch von Schutz inmitten von sittlicher Verseuchung und Verderbnis - von Errettung aus Sünde und Versuchungsnot, von Hilfe in Krankheits-, Wirtschafts- und Berufsnöten.

Immer wieder liest man: “Maria hat geholfen!” - “Mutter, wir danken dir!” Zwölf Jahre durfte ich im Haus Werdenfels und während des Krieges zugleich als Seelsorger zweier Filialgemeinden (Undorf und Thumhausen) wirken, dann übernahm ich am 1. Aug. 1945 auf Wunsch des hochwürdigsten Herrn Bischofs die verwaiste Pfarrei Wallersdorf bei Plattling mit fast 3000 Seelen.

 

Welche Aufmerksamkeit des himmlischen Vaters,

daß er mich auf eine sogenannte Ökonomiepfarrei berief, obwohl mir der ganze landwirtschaftliche Betrieb, der zum Pfarrhof gehörte, gar nicht lag! Ich hatte einen richtig gehenden Bauernhof mit Dienstboten, mit über 100 Tagwerk Felder und Wiesen, viel fettes Vieh im Stall und Geflügel in Menge. Wallersdorf war damals noch eine der wenigen Ökonomiepfarreien der Diözese Regensburg. Auch der Segenspfarrer Franz Sales Handwercher hatte vor hundert Jahren eine solche. Es war eine Last und trotzdem ein Segen gerade in jenen Jahren 1945-1947, wo so viele hungernde Menschen im Pfarrhof anklopften: heimkehrende Soldaten, Heimatvertriebene aus dem Sudetengau, Siebenbürgen, aus dem Banat, aus Oberschlesien, Ost- und Westpreußen. Dazu kamen manche Evakuierte aus den Städten. Oft waren es am Tag 20-30 Bittende. Wir gaben soviel wir konnten; wir deckten den Tisch oftmals untertags. Es war ja damals die Zeit der großen Lebensmittelknappheit. Auch Notquartiere gewährten wir vielen für die Nacht. Jeden Tag öffnete der Vater aufs neue Herz und Hand für diese Not von damals. Er war der Sorgende in uns, besonders auch in der Person der Pfarrhaushälterin. Begreiflich, daß sich Wäsche- und Kleiderschränke bis zum Letzten leerten. Auch durften wir für eine Reihe von heimatvertriebenen Familien von der Pfarrpfründe billige Bauplätze für ein neues “Daheim” vermitteln. Um das damals so kostbare Baumaterial wie Steine, Holz und Zement haben wir uns immer wieder bemüht. Gegen Lebensmittel konnte man manches eintauschen.

Groß war damals die materielle Not im Volk, aber größer noch die seelische. Hinter uns lagen zwölf Jahre Nationalsozialismus mit all der Irreführung, viereinhalb Jahre Krieg mit seinen schrecklichen Wunden, dann die erbarmungslose Ausweisung ungezählter Deutscher aus Besitz und Heimat. Unsere Pfarrei lag nur ca. 65 km von der Ostgrenze entfernt.

Viele Herzen waren total zerbrochen,

viele bluteten und weinten. Ich habe damals viele Tränen gesehen. Die Sorge für die Not der Seelen lag schwer auf uns. Ich hatte in der weit verzweigten Pfarrei noch einen Kaplan als priesterlichen Helfer; die meisten der schwer Heimgesuchten waren empfänglich für seelsorgliche Hilfe und religiös ansprechbar; Armut und Not macht aufgeschlossen dafür, während der Wohlstand nicht selten die Menschen satt, überheblich und lüstern macht. Neben vielen Hausbesuchen - meist mit dem Fahrrad - nützten wir Seelsorger jede Gelegenheit, um Trost, Lebensmut und Gottvertrauen zu wecken.

Wie dankbar waren damals so viele für die religiösen Einkehrtage und Heimexerzitien in der Pfarrei. Wir durften sie mehrmals halten. Viele kamen auch aus der Umgebung. Wie dankbar waren auch unsere Meßbesucher für die täglichen 5-Minuten-Ansprachen vor Beginn des hl. Opfers. Sie wurden vielen ein erhellendes Licht auf dem Weg durch den dunklen, harten Alltag. All die Jahre meines pfarrlichen Wirkens habe ich diese “5-Minuten-Einführung” zur Einstimmung der Seele für das eucharistische Opfer beibehalten. Auch saßen wir Priester jeden Morgen vor der hl. Messe im Beichtstu hl. Gerade das Bußsakrament schenkt neben der Seelenreinigung viel Trost, Ermutigung und innere Führung. Wie arm sind die Christen ohne die Gnade des Bußsakramentes! Die Beichte hilft auch die hl. Kommunion viel besser erfassen und fruchtbarer empfangen. Besonders lag uns auch die

Seelsorge der Frauen und Mütter

am Herzen. Sie sind ja das Herz einer jeden Familie, sie sind der erwärmende und erhellende Sonnenschein des Hauses. Wahrhaft gute Frauen und Mütter können das Antlitz einer Gemeinde erneuern. “Es steht und fällt ein Volk mit seinen Frauen.” Der hl. Papst Pius X. sagte einmal: “Gebt mir wahrhaft christliche Mütter und ich will die sinkende Welt retten.” Gleich zu Beginn meines pfarrlichen Wirkens begann ich mit Mütterabenden in einem bescheidenen kleinen Raum. Während der Herbst-, Winter- und Frühjahrsmonate hielt ich sie jede Woche einmal. Es kamen viele; die Themen interessierten sehr; Fragen der Erziehung und des Familienlebens, der Schule und Gemeinschaft, alle wichtigen religiösen und moralischen Fragen wurden durchgearbeitet. Heute nach 25 Jahren denken noch manche Frauen und Mütter voll Dank an diese geistige Hilfe und Führung.

Auch die Jugend holten wir zusammen in Gruppenstunden, Bibel-Kursen und Brautleutetagen. Alles eine für die damalige Zeit außergewöhnliche Seelsorge, zu der wir uns gedrängt fühlten. Gerade in jener Notzeit suchten wir die Menschen auch immer wieder zur Trösterin der Betrübten zu führen.

Täglich war Fatimarosenkranz

in der Pfarrkirche, jedes Mal mit sakramentalem Segen. 40-50 Männer, Frauen und Kinder waren immer da, auch wir Seelsorger. Viel Not und Sorgen nahmen wir in unser Beten hinein; neben der Not der Heimat und der Kirche Gottes vor allem auch die vielen Familienanliegen. Wie dankten wir jedes Mal, wenn in jenen Jahren wieder ein Vater oder ein Sohn aus unserer Pfarrei glücklich aus der Gefangenschaft heimkehrte. Viele waren es damals. Bis heute hat sich der tägliche Fatima-Rosenkranz in der Pfarrkirche erhalten. Im Marienmonat Mai war jeden Tag Maiandacht mit einer kurzen Ansprache. Die große Kirche war immer voll besetzt. Herzwarme Liebe zur Mutter nährt die Liebe zum göttlichen Sohn. Durch Maria zu Jesus! So will es der Vater. Er hat uns ja auch durch Maria Seinen göttlichen Sohn geschenkt. Mindestens viermal im Jahr pilgerten wir zur Gnadenmutter von Altötting. Unsere Pfarrei hatte die zentrale Pilgerleitung für den ganzen Isargau. Zwei Kinderpilgerzüge und zwei Erwachsenen-Pilgerzüge führten jährlich viele unserer Pfarrkinder und solche der ganzen Umgebung zum 90 km entfernten hl. Gnadenort, und das schon seit 1946, als wir teilweise noch in Viehwägen oder in sogenannten Schlagwägen, meist mit zerbrochenen Fenstern, fahren mußten. Die Bundesbahn war damals arm daran. Jeder Pilgerzug umfaßte mindestens 700 Personen und oft noch mehr. Es war ein opfervolles Pilgern. Innerlich getröstet und gestärkt kehrten wir jedes Mal nach Hause zurück. Auch zur Gnadenmutter vom Guten Rat in Wörth

a. d. Isar fuhren wir jedes Jahr mit Omnibussen. Wie notwendig brauchten wir den Rat der Mutter!

Es war Gottes Vaterliebe und die Liebe Seines göttlichen Sohnes, die uns Seelsorger in jener schweren Zeit Helfer für viele Leibes- und Seelennot werden ließ. In tiefer Dankbarkeit denke ich an diese Jahre zurück. Gern wäre ich noch länger Pfarrer geblieben. -

 

Der Vater aber legte die Hand auf mich

Nach 11 Jahren unermüdlichen Wirkens, besonders auch an Kranken- und Sterbebetten warf mich eine schwere Gehirnhautentzündung und Gehirneiterung aufs Krankenlager. Der Arzt meinte: Folge einer Ansteckung an einem Sterbebett. - Anläßlich meines silbernen Priesterjubiläums 1952 hatte ich auf das Erinnerungsbild drucken lassen: Betet, liebe Brüder und Schwestern, mit mir zum Herrn, daß ich noch das Wort des hl. Paulus wahr machen darf: “Überaus gerne will ich mich opfern für eure Seelen” (2. Kor 12,5). Der Vater nahm mich beim Wort. Es war eine beinahe tödliche Krankheit; alle Organe waren wie gelähmt, die Schmerzen viel, der Schlaf ganz wenig, geistige Arbeit unmöglich. Das Schwerste war dies, daß ich monatelang nicht mehr zelebrieren konnte.

Jetzt erst begriff ich das Wort Opfer in seiner ganzen Tiefe und Weite. - “Opfern für die Seelen...”

Auf dem Höhepunkt der Krankheit hatte der behandelnde Arzt zu meiner Tag und Nacht treusorgenden Haushälterin gesagt: “Für unseren Herrn Pfarrer bleibt nur noch das Totenhaus oder das Irrenhaus. Es ist keine Hoffnung mehr.” Viel später hat sie mir das gestanden. Und der Chefarzt eines großen Krankenhauses wollte mich unbedingt in die Nervenklinik tun. Dank der Fürbitte Mariens und des lieben hl. Vaters Josef, die ich zu meinen besonderen Fürbittern erwählt hatte, kam ich weder ins Leichenhaus noch ins Irrenhaus, auch nicht in die Nervenheilstätte. - Die Kraft aber war gebrochen. Ich hatte wohl noch viele Monate auf eine wesentliche Besserung gehofft und wäre gern noch als Seelsorger in der Gemeinde geblieben. Gottes Vaterwille aber wollte es anders. Als 53-jähriger mußte ich, nach einem Jahr des Leidens und Hoffens, meinem aktiven Seelsorgsdienst als Pfarrer für immer entsagen. Abtreten von einem liebgewonnenen Betätigungsfeld ist schwer. Voll weiser Sorge aber führte Gottes Vaterhand weiter. Jeder Tag war Sein Tag.

Mein Weg ging in die Stille,

in die Einsamkeit; Beten, Opfern und mich ganz der Vatergüte Gottes überlassen - das war mein künftiger Beruf. Dank Seiner Hilfe konnte ich nach mehreren Monaten wieder zelebrieren, freilich meist nur im Zimmer und immer nur sitzend.

Ich kam im August 1957 als Ruhestandspriester in die Nähe meiner Heimat, nach Piegendorf und nach 6 Jahren für kurze Zeit nach Arnsdorf. Ich lernte die Stille, die Abgeschiedenheit lieben und in dieser Stille und Abgeschiedenheit beobachten und betrachten. Gerade in jenen Jahren, wo ich viel im Garten liegen mußte, gelegentlich auch im Wald und von den Höhen einen weiten Blick ins Tal hatte, trat mir Gottes Schönheit und Güte in Seiner Schöpfung überwältigend entgegen. Alles wurde mir ein lieber Gruß des Vaters im Himmel: die weiten grünenden Fluren, die wogenden Saaten, die leuchtenden Blumen, die raunenden Winde, das plätschernde Bächlein, die jubelnden Vögel, der rauschende Wald, das duftende Moos, die köstlichen Beeren und all die Früchte des Gartens. Ich erkannte: Diese herrliche Schöpfung hat der Vater-Gott für uns, Seine Kinder, erstehen lassen, daß wir uns daran erfreuen und Ihn dankbar dafür grüßen. Und dabei hat Er jedes geschaffene Wesen mit großer Liebe bedacht, so daß kein Spatz vom Dache fällt, ohne Seinen Willen. Wie danke ich Gott aus ganzem Herzen, daß ich gerade in diesen Jahren

Seine herrliche Vaterschöpfung

immer mehr beobachten, bestaunen und lieben lernte! Unvergeßliche Szenen sind mir noch in lebhafter Erinnerung. So beobachtete ich einmal im Liegestuhl des Gartens, wie junge Blaumeisen-Vöglein zu ihrem ersten Flug starteten. Es war allerliebst. Erst hörte ich die Vogel-Mama zart locken. Immer wieder mit viel Geduld. Dieses Piepsen sollte Mut machen; dann sah ich plötzlich im Flugloch des Nistkastens den zierlichen Kopf eines jungen Vögleins. Es beguckte die neue Welt, in die es nun hinausging. Bald schaute das scheue Vöglein nach oben, bald nach unten. Es streckte sich ein paar Mal und dann - schwupp setzte es zum ersten Flug an, flatterte mutig eine kurze Strecke und landete im Geäst des nahen Apfelbaumes. Ich hätte beinahe in die Hände geklatscht vor Freude über diesen mutigen und sieghaften Flug. Jetzt wieder das Piepsen der Vogel-Mama - und das zweite Vöglein wagte sich heraus, es folgte noch ein drittes. Wie schnell mag dabei jedesmal das kleine Vogelherz geschlagen haben! Aber alle drei haben es geschafft, diese mutigen Vogelkinder. Es war, als hätten sie Gottes weite, große Vaterhand sicher durch die Luft getragen. Ich mußte unwillkürlich die Hände falten und beten: “Vater, ich preise Dich, für Deine Güte und Sorge auch für diese kleinsten Geschöpfe!”

Und als dann nach einer kleinen Weile die Kleinen in den Zweigen des Baumes zu piepsen anfingen, da waren die Vogeleltern flugs zur Stelle, um die Jungen zu füttern. Es war geradezu rührend, wie sie es taten. Fliegend oder laufend ging es durch das Baumgeäste, dabei sorgsam nach Nahrung suchend. Da - schnell ein fettes Würmlein aufgespießt, im raschen Flug hin zu den schreienden Jungen, und schon war das Würmlein in einem der weitgeöffneten Schnäbelchen verschwunden. So ging es viele Dutzend Male, bis die Schreihälse alle satt waren.

Wie kein Vater mit seinen Kindern umgeht, so geht der Schöpfergott mit jeder kleinsten Kreatur um. Auch im kleinsten Geschöpf leuchtet die Weisheit, Macht und Güte des himmlischen Vaters auf.

Wahrlich, ein Vater voller Liebe,

zu dem die Vögel schreien und der ihnen Futter gibt (Ps 147,9). Ich mußte mehr als einmal beten: “O Gott, wie danke ich Dir, daß Du in Deiner Güte für all Deine erschaffenen Wesen, auch für die allerkleinsten, in so wunderbarer Weise sorgst. Wie dank ich Dir, daß Du allmächtiger Gott, Schöpfer und Herr des Himmels und der Erde, auch mein Vater bist, zu dem ich Vater sagen darf, dem ich vertrauen darf in jeder Lage und zu jeder Stunde; ja, den ich lieben darf als meinen Vater. Welch eine Freude, Dich lieben zu dürfen als Vater, der mir Sein Vaterherz geöffnet hat in Seinem menschgewordenen Sohn Jesus Christus und der auch mich mit unaussprechlicher, nie versiegender Liebe umsorgt und führt.”

Gerade als Leidender habe ich in der Stille und Einsamkeit die große Vatergüte Gottes in Seiner Schöpfung immer mehr kennen, bewundern und lieben gelernt. Die Schönheit und Fülle Seiner Schöpfung offenbarte mir die Größe Seiner Liebe. Ich dankte oft dafür.

 

Jetzt begann die Zeit des Bücherschreibens

Schon als Pfarrer drängte es mich manchmal zum “Schreiben”. Es fehlte die Zeit. Jetzt hatte ich Zeit. Ich gestehe in tiefer Dankbarkeit: Die schriftstellerische Arbeit ist für mich eine der größten Liebeserweise des himmlischen Vaters geworden. Sie half mir neben dem vertrauenden Gebet hinweg über die oft zermürbende Schwermut

- eine Folge der Krankheit; sie half hinweg über die mannigfachen Schmerzen, die seitdem mein Leben begleiteten; auch über all die Einsamkeit meiner Tage. Sie lehrte mich im besonderen Maße die drei göttlichen Tugenden täglich aufs neue ernsthaft erstreben: Glaube - Hoffnung - Liebe. Diese schriftstellerische Arbeit wurde zu einem Quell, aus dem gar viele Seelen Trost, Ermutigung und Herzensfreude schöpfen durften. Die vielen täglichen Dankesbriefe, die ich erhielt, bestätigen dies. An Stoff zur Bearbeitung fehlte es nicht. Der Vater im Himmel hatte bereits wunderfein dafür vorgesorgt; hatte ich doch in meinem Priesterleben große, heiligmäßige Seelen kennen gelernt, deren Leben wahrhaft Strahlkraft besaß, so die beiden mystisch begnadeten Mütter: Maria Theresia Meyer-Bernhold von Marktredwitz (gest. 1952) und Katharina Vogl von München (gest. 1956); ferner die große gottliebende Ancilla von Gebsattel in Altötting (gest. 1958). In jahrelanger geistiger Verbundenheit hatte ich tiefen Einblick in das Seelenleben der drei genannten bekommen und auch in ihr Schrifttum.

Bischof Rudolf Graber

lenkte sodann meine Gedanken auf folgende drei große Opferseelen in unserer Diözese, auf Juliana Engelbrecht von Burgweinting (gest. 1853), Therese Mauser von Nittenau (gestorben 1917) und Anna Schäffer von Mindelstetten (gest. 1925). Er gab jedesmal seinen besonderen Segen für die Bearbeitung der einzelnen Lebensgeschichten. Mit Eifer und Freude vertiefte ich mich in das vorhandene Material, das ich mehrmals mühsam zusammensuchen mußte. In einem Fall hatte ich einen großen Waschkorb voll Briefe und Aufzeichnungen durchzuarbeiten. Dabei floß mir die ganze Arbeit nicht so leicht aus der Feder; oft streikte der kranke Kopf und das müde Herz. Zudem konnte und kann ich alles nur liegend schreiben. Ohne den täglichen, ja stündlichen Segen von oben wäre dies unmöglich gewesen. Ich rief darum oft den Hl. Geist um Sein göttlich Licht, bat die Mutter vom Guten Rat um ihre Führung, lud die hl. Engel und himmlischen Freunde ein, mir beizustehen. Auch habe ich häufig die Leser unserer Bücher gebeten, sie möchten mein Mühen mit ihrem Gebet und ihren Opfern begleiten. Sehr viele taten es. Ihnen sei an dieser Stelle aus ganzem Priesterherzen Dank gesagt. Auch all denen, die bereits in der Ewigkeit sind. Ich habe wirklich kein Recht, nur ein einziges Mal zu sagen: Das ist mein Buch, sondern immer nur, das ist unser Buch, das sind unsere Bücher, denn viele haben mitgeholfen mit ihren Gebeten und Opfern, haben mitgeholfen beim Schreiben und Korrigieren. Sie alle sind mit mir Werkzeuge, Zeugen Seines Werkes geworden. Auch die Druckereien, besonders der St. Grignionverlag in Altötting. - Namentlich darf ich hier voll Dankbarkeit noch nennen meine hilfreichen Priesterfreunde, H. H. Msgr. Anton Meindl von Regensburg (gest. 1970) und Geistlichen Rat Ludwig Fischl von Lederdorn. Gottes unendliche Vatergüte hat vor allem auch für eine der wichtigsten Voraussetzungen der schriftstellerischen Arbeit gesorgt:

Er verhalf zu einem stillen Heim

Ich habe es in einem abgeschiedenen, waldumsäumten Dörflein gefunden - in Oberroning. Nichts peinigt kranke, überempfindliche Kopfnerven so sehr als Lärm und lautes Geräusch, hauptsächlich verursacht von motorisierten Fahrzeugen auf lebhaft befahrenen Straßen. Davon blieb ich in Oberroning großenteils verschont. - Seit meiner Erkrankung ließ mich übrigens der Gedanke nicht mehr los: Es müßte doch in unserer Diözese Regensburg ein Heim erstehen, in dem der eine oder andere Priester, der in der Seelsorge in keiner Weise mehr einsatzfähig ist, Aufnahme findet. Durch die hilfsbereite Liebe edler Menschen, nicht nur Verwandter und Bekannter, sondern auch ganz fremder Menschen schenkte der Vater im Himmel hier dieses Heim, freilich vorerst nur für einen leidenden Priester mit eigenem Haushalt. Wenn es aber Gottes Wille ist, kann dieses stille Heim erweitert werden und einem zweiten und dritten Priester Aufnahme bieten. Ich gestehe, daß ich in dem jahrelangen Ringen um dieses Heim der Stille und der Liebe immer wieder meine Zuflucht zur hl. Familie von Nazareth genommen habe, zur hl. Mutter Anna sowie zu den lieben Engeln. Ich bat sie, sie möchten Fürbitter sein beim himmlischen Vater. Ich betete über 100 neuntägige Andachten (Novenen).
 

Nicht genug des Segens

Heim der Stille, Heim der Liebe habe ich gesagt. Unser besorgter, mitfühlender Herr Bischof Rudolf Graber hat mir vom hl. Vater die Erlaubnis erbeten, daß ich eine eigene Hauskapelle einrichten durfte - darin das hochheilige Sakrament im Tabernakel. Ist doch der Tabernakel der Thron der grenzenlosen schweigenden Liebe Jesu, der Thron Seines göttlichen Erbarmens, von dem wunderbare Kraft- und Liebesströme in die ganze Schöpfung sich ergießen. Glücklich, wer sich dem eucharistischen Herrn immer wieder nahen und Sein Herz weit auftun darf für Seine unausschöpfbare Liebe. Von der hl. Eucharistie geht wahrhaft der stärkste Liebesanruf aus. Sie ist die Herzmitte eines Priesterlebens, ja eines jeden Christen-lebens. Vor dem Tabernakel begegnet sich die armselige menschliche Liebe mit der unendlichen göttlichen Liebe. Diese Liebe wird zur wahren Anbetung, dem wertvollsten Tun eines jeden Geschöpfes. Sie schafft eine wahre Herzensvertrautheit mit dem stillen, verborgenen Gott im Brot.

Brüder, Schwestern! Jeden Tag dankte und danke ich aus ganzem Herzen für diese unverdiente Nähe des eucharistischen Herrn und Heilandes im eigenen Heim. In diesem Kapellchen, das den hl. Engeln geweiht ist, erbat ich oft von Jesus einen Strahl Seines Lichtes, einen Funken Seiner Liebe, einen Tropfen Seines Herzblutes auf jedes werdende Buch, damit es ein Segensbuch für aufnahmebereite Seelen werde. In diesem Kapellchen kam mir 1970 zum ersten Mal auch die Anregung zur

Aktion: “Stille Hilfe durch das Buch!”

Wohl habe ich bereits in all den vergangenen Jahren an Krankenhäuser, an Strafanstalten, an Alters- und Waisenheime, an viele Missionsstationen mit Hilfe guter Freunde Gratis-Bücher gesandt, aber im Oktober 1970 wurde ich innerlich zu einer intensiveren Aktion gedrängt. Es geht jetzt um alles; es gilt jetzt nicht nur materiell zu helfen, wo und wie man kann, hinaus bis in die fernsten unterentwickelten Länder und Elendsgebiete; wir müssen auch geistig helfend einspringen, um der Verwirrung und Dämonie zu begegnen, müssen nicht nur beten und opfern, sondern auch helfen durch vermehrtes, gutes religiöses Schrifttum. Das Schriftenapostolat muß zu einem brennenden Anliegen aller guten Christen werden! Der hl. Don Bosco hat das überzeugend ausgesprochen:

“Ich habe kein Bedenken, die Verbreitung guter Schriften göttlich zu nennen; denn auch Gott hat sich zur Erlösung der Menschen des Buches bedient. Bücher, von ihm inspiriert, haben die wahre Lehre in die ganze Welt getragen. Gute Bücher können das Reich Gottes in vielen Seelen erhalten. Wie viele Menschen sind durch sie schon gerettet worden. Wie viele werden vor Irrtum bewahrt oder aufgerüttelt! Wie viele werden getröstet und ermutigt! Wer ein gutes Buch schenkt, hat vor Gott ein unvergleichliches Werk getan.” Unser Oberhirte, Bischof Rudolf Graber, dem ich das Anliegen unserer Aktion unterbreitete, begrüßte diese Idee und gab gern seinen Segen.

Am 19. Okt. 1970 schrieb ich in mein Tagebuch: Vater im Himmel, Du hast allen Kranken und Leidenden einen hilfreichen Engel zur Seite gegeben. Bitte, laß uns mit dieser Aktion Trost für viele Kranke und Leidende bringen. Öffne durch den hl. Engel die Türen, öffne die Herzen und die Hände vieler; erwecke Apostelseelen! Wir haben wohl eine Anzahl treuer Helfer, aber wir brauchen mehr; wir brauchen hunderte und aberhunderte (Priester und Laien), die unsere Schriften zum Trost der Kranken und Leidenden verbreiten. O Gott, schalte Du Deine hl. Engel ein zum Dienst an unserer Aktion “Stille Hilfe durch das Buch”! - So schrieb ich in mein Tagebuch und brachte meine Bitte in der folgenden Nacht wiederholt zum Herrn. - Die Antwort auf dieses vertrauensvolle Bitten erlebte ich bereits am nächsten Morgen. In vier verschiedenen Briefen war der Wunsch ausgesprochen, ich möchte umgehend eine Anzahl Bücher zum Verteilen schicken; diese Bücher seien große Trostspender.

Weil aber Bücher Geld kosten, bat ich, wie so oft in meinem Leben, auch diesmal wieder den guten hl. Josef:
 

“Vater Josef, übernimm Du die Kasse!

Erflehe uns finanzkräftige Helfer! Als Leidender kann ich selber nirgendwo mehr hin!”

Sie werden lächeln, wenn Sie jetzt lesen, daß nach ein paar Tagen schon ein 1000-DM-Schein per Post einlief mit der kurzen Bemerkung: “Spende zum Verteilen religiöser Schriften”. Ich schrieb umgehend an die mir ganz unbekannte Wohltäterin: “Sie müssen beim hl. Josef schon wirklich eine gute Nummer haben, weil er gerade Sie erwählt hat, unsere Aktion “Stille Hilfe durch das Buch” so tatkräftig anzukurbeln.” - Seitdem kamen manche größere Scheine und viele kleine Spenden, die ich als “Scherflein der Witwe” auch von Herzen segnete. Sankt Josef ist ein lieber, großer Helfer. Ihm ganz besonderen Dank!

Innerhalb der ersten neun Monate haben wir weit über 25 000 Bücher und Kleinschriften, dazu ungezählte Karten in Krankenhäuser, Heime und Krankenstuben sowie in die Missionen verschenken dürfen. Alles durch die finanzielle Mithilfe unserer Wohltäter. Es kamen Dankbriefe über Dankbriefe für alle diese Büchersendungen, auch aus den fernsten Missionsstationen. So schrieb eine

Missionshelferin aus Sao Paulo:

“Gestern kam wieder eine Sendung Ihrer wertvollen Bücher und Schriften an! Gott lohne Ihnen diese große Missionstat! Sie können sich kaum vorstellen, wie wertvoll Ihre Bücher hier sind! Es freut mich ungemein, daß gerade in dieses Land Ihre tiefen, segenbringenden Worte kommen! Wir beten zu Gott, daß er Ihnen noch lange die Kraft und den Mut gibt, in Ihrem so immens wichtigen Apostolat zu wirken! Hier verteilen wir Ihre Schriften an alle möglichen Leser, an Wankende, an Leidende, an Suchende usw. Im Umkreis von mehr als 1000 km werden Ihre Sachen verteilt und ausgeliehen, je nachdem! Es gibt hier recht viele Deutschsprachige. Ihre Schriften sind so lebensnahe, so tröstend und vertrauend, helfend und glaubend. Jeden Tag mache auch ich aus irgend einem Büchlein eine Lesung, wenn es die Zeit mir erlaubt. Denken Sie in Ihrem Beten und Opfern auch dann und wann nach Brasilien an uns und auch an unser Land, wo die Muttergottes so freudig verehrt wird.”

Ein gewaltiger Strom des Segens

hat zu fließen begonnen, aber ich glaube, daß noch m ehr Schriftenapostel in dieser irren und wirren Zeit einspringen müßten, um gute Bücher zu verbreiten, daß noch viel mehr finanzielle Helfer ‘ bekannte und unbekannte, auf den Plan treten müßten. Es ist allerhöchste Zeit, dem religiös-sittlichen Niedergang unserer Zeit auch auf diese Weise zu begegnen: “Stille Hilfe durch das Buch.” Um möglichst viele Bücher billig unter das Volk zu bringen, verzichte ich persönlich auf jedes Honorar (Entgelt für das Buchschreiben).

Unsere Aktion wird immer neu getragen vom Segen des Tabernakels, vom Segen der Braut des Hl. Geistes und dem Segen der hl. Engel, die wir täglich zu diesem Zwecke grüßen und anrufen. Unsere Aktion wächst aber auch aus der treuen Opferbereitschaft vieler guter Seelen, denen ich hier aus tiefem Herzen für alle Gebets-und Apostolatshilfe ein inniges Gottvergelt’s sage. Gott schenkt allen Aposteln auch Apostellohn. Eine spürbare

Befruchtung unseres Schriftenapostolates

sehe ich auch darin, daß am 18. Febr. 1971 die Marienschwestern vom Sankt-Grignion- Verlag Altötting die Bischöfliche Erlaubnis bekamen, in ihrer Kapelle ununterbrochen untertags vor dem ausgesetzten Allerheiligsten Anbetung zu halten. Seitdem knien dort von früh bis spät Schwestern wie Laien in stiller Anbetung vor dem Hochwürdigsten Gut und rufen zugleich einen unendlichen Segen auf die Kirche Gottes mit all ihren erdrückenden Sorgen, aber auch auf unsere Aktion “Stille Hilfe” herab. Diese steht seitdem mehr wie bisher im Segensstrahl der hl. Eucharistie.

Die Marienschwestern hüten durch dieses Gebets- und Schriftenapostolat das große Erbe ihres hl. Stifters, Ludwig Maria Grignion von Montfort, der durch seine Bücher unendlich viel Gutes gewirkt hat. Man denke nur an “Die Opferweihe an unseren Herrn Jesus Christus durch die Hände Mariens” (auch “Goldenes Buch” genannt).

Die Marienschwestern hüten aber auch das Erbe ihrer 1958 verstorbenen heiligmäßigen Oberin Mutter Ancilla von Gebsattel, die im Schreiben und Verbreiten religiöser (besonders marianischer Schriften) ein wichtiges Apostolat sah und dafür ihre letzte Kraft opferte.

Gottes Vatergüte läßt auch mich krankenPriester immer noch ein Werkzeug dieses Segensapostolates sein. Es ist ein opfervolles Wirken in Seinen Händen, ein Sich-opfern- dürfen. “Sacerdos et hostia”. Der Priester muß eine hl. Opferhostie sein; er darf es sein. Jeder Tag beginnt ja mit dem hl. Christusopfer. Das Größte ist die Liebe.

Darum wundere ich mich nicht,

daß z. B. die große Freude, endlich ein stilles Heim gefunden zu haben, nach wenigen Jahren schon eine Trübung erfuhr. Ausgerechnet hinter unserem Haus mit der großen schönen Wiese und den stillen Wegen, wurde ab Mitte Juli 1970 eine zum Teil vielbefahrene Umgehungsstraße gebaut. Gottes Wille hat es so gefügt. Sein Wille ist immer Vaterwille und darum voller Liebe. Ihm sei Dank, denn Er gibt die Kraft zum Tragen für jeden Tag. Mögen mit dem Alter die körperlichen Gebrechen zunehmen, das Herz und die Augen immer schwächer werden, ich weiß mich geborgen in Gottes Vaterhänden, die mich führen, die mich mit Segen und Wohltun überschütten Tag für Tag; ich weiß mich behütet in allen Stunden der Schmerzen und Einsamkeit, behütet von Seinen guten Vaterhänden.

Jedes Priesterleben - jedes Christenleben muß im Kreuz verankert sein - im Kreuz Seines vielgeliebten Sohnes, der uns allen Bruder geworden ist. Durch Ihn einmal heim zum Vater der Liebe! Wann wird der Vater das große beglückende Amen sprechen? “Nur ein Tag bleibt noch übrig, der mich glücklicher machen kann, als der heutige: mein Todestag!” So hatte der große Mystiker Pater Johannes Reus SJ am Tag der ersten Gelübdeablegung (1.11.1895) geschrieben. A. M. Weigl


 

Tiefe, beglückende Freude

das ist die Frucht eines wahrhaft kindlichen Glaubens an den Vatergott im Himmel. Pfarrer Augustin Hieber, der heiligmäßige Segenspfarrer des Allgäus (t 4.1.1968), hat oft gesagt: “Ein Kind Gottes hat alle Ursache, sich zu freuen.” - “Die Freude soll die Grundstimmung deiner Seele sein.” - “Warum zweifelst du? Glaubst du nicht, daß dein Vater, der dich unendlich liebt, dich auch unendlich glücklich machen will!” - “Der Vater im Himmel hatte vom ersten Augenblick unseres Daseins einen jeden Einzelnen von uns vor Augen und ihn mit Liebe umfangen, mehr als eine Mutter ihr Kind, das sie auf dem Schoß umfängt.” - “Glaube es nur, Gott bereitet dir jeden Tag Freude. Es ist auch deine Aufgabe, andere zu erfreuen.”

Dieser edle Priester, der sich in Gottes Vaterhand ganz und gar geborgen wußte, freute sich stets an Gottes wundersamer Schöpfung. Er freute sich seiner schönen Allgäuer Bergheimat; er freute sich an der Eigenart ihrer Menschen, an ihren Sitten und Gebräuchen, an ihren Festen, die sie feierten; er konnte buchstäblich in die Hände klatschen über die Wunderwelt der Schöpfung, die große und die kleine, in der er immer Gott erlebte. Wie oft sagte er: “Wenn doch auch die Menschen einander mehr Freude bereiten würden, es wäre ganz anders auf der Welt.”

Pfarrer Hieber hat sich tagtäglich eingeübt auf die ewigen unvergänglichen Freuden. Darum kniete er so gerne anbetend vor dem Tabernakel. Er hatte ein inniges Verhältnis zu dem im Brot verborgenen unendlichen Gott.

Wie ein geheimnisvolles Spiel des Vaters mit seinem Sohn mutet es an, wenn wir den Wechsel tiefsten Leides mit höchster Freude betrachten, die sein Wesen erfaßte. Pfarrer Hieber durfte im Leben viel Leid, vor allem inneres Leid (Sühne) kosten. Er begegnete ihm aber mit einem seelischen Reichtum und mit seelischer Reife. Alle, die ihn näher kannten, spürten die Ausstrahlung reinster Freude aus seinem Innern. Wie unaussprechlich groß ist doch das Geheimnis einer gottverbundenen, echt kindlichen Seele! Welch ein Segen, solch einem Priester begegnen zu dürfen! Vater, wir danken dafür! Nach Ida Lüthold-Minder

Ein gleich edler Priester

war auch der Kapuzinerpater Sevein Göttler von Altötting, ein geborener Münchner, der mehr im Verborgenen wirkte als in der großen Öffentlichkeit. Wenige Tage vor seinem Tode (8. Juli 1971) hatte der 85-jährige noch einen wertvollen Text zusammengestellt: Das frohe Gotteskind. Was er darin niedergeschrieben, das hat er gelebt all die Tage seines Lebens: Dieses fröhliche Kindsein vor Gott (“Freut euch allezeit im Herrn!”), dieses ungebrochene Gottvertrauen in jeder Situation, dieses sich Geborgenwissen unter den Händen seiner guten, herzlich geliebten Mutter Maria, dieses bereitwillige und brüderliche Dienen und Frohmachen anderer. “Wer sein Leben der Liebe weiht, weiht es dem Glück. Über jedem seiner Tage stand das Wort: “Dies ist der Tag, den der Herr gemacht.” - Solch ein Leben strahlt hell und weit und tief und wird nimmer aufhören zu strahlen in alle Ewigkeit. Viele, viele danken dem edelmütigen Pater für dieses echt franziskanische Kindsein vor Gott, für diese Bruderliebe zu allen, für diese selbstverständliche Opferbereitschaft. Wie konnte Pater Severin trösten! Wie konnte er Mut machen! Wie konnte er weiterhelfen! Im Beichtstuhl und auch außerhalb. “Sooft ich Gelegenheit hatte, mit ihm zu sprechen, spürte ich, daß seine Worte aus großer Tiefe und aus einer reichen Seele kamen.” Das war ja einer seiner Grundsätze: “Ich will mich bestreben, meine Mitbrüder und alle Menschen ein wenig froh zu machen, allen ein wenig Sonne zu sein.” Eines seiner Stoßgebete: “Maria, du Ursache unserer Freude, hilf mir, selbst froh zu sein und andere froh zu machen!”

Ein Heiliger blickt zurück

Der hl. Franz von Sales sagt bei einem Rückblick auf sein Leben: “Der Herr hat mich von Jugend auf belehrt, der Vorsehung zu vertrauen, und wenn ich nochmals zur Welt käme, ließ ich mich von vornherein auch in geringsten Dingen von dieser göttlichen Vorsehung mit der Einfalt eines Kindes leiten. Es ist für meine Gott ganz hingegebene Seele ein wahres Vergnügen, mit geschlossenen Augen dahin zu wandeln, wohin Gottes Vorsehung mich führen mag. Ihre Absichten sind unerforschlich, aber immer wunderbar und liebreich denen, die sich ihr anvertrauen.” -

Lucie Christine, eine besonders begnadete Mutter von 5 Kindern, bat eines Tages den Herrn, Er möchte den Glauben ihrer Kinder mehren. “Da sagte Er mir, ich solle daran denken, daß Gott viel mehr ihr Vater ist, als ich ihre Mutter bin. Er lehrte mich diese Wahrheit mit großer Zärtlichkeit und fügte hinzu, ich solle in Zukunft mit diesen Worten für sie bitten: ‘Herr, ich empfehle Dir unsere Kinder.” Sollten wir nicht emsiger die Lebensschule der Heiligen besuchen und nach ihren bewährten Praktiken fragen? Sie sind doch die erfahrensten Lebensmeister. Das Leben der Heiligen ist, wie der Konvertit J. Langbehn meint, nächst der hl. Schrift, die wertvollste Lektüre, die wir pflegen sollten.

Meine Vergangenheit liegt tief versenkt im Schoß der göttlichen Barmherzigkeit. Meine Zukunft ruht wohlgeborgen im Schoße der väterlichen Vorsehung.

Meine Gegenwart zeigt mir in meinen Pflichten den allerheiligsten Willen Gottes. Und da hinein gehöre ich mit Leib und Seele!

Dann bin ich und bleibe ich stets vereint mit Gott.

P. Wilhelm Eberschweiler SJ

 

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II. GOTTES VATERHAND ZÜCHTIGT UND PRÜFT
ZUM SEGEN SEINER KINDER

 

“Unbegreiflichkeiten Gottes”?

Wie viele “Warum” steigen täglich zum Himmel empor? Wer von uns ist nicht selbst schon stammelnd, ratlos oder weinend diesen Unbegreiflichkeiten Gottes gegenübergestanden? Wie schwer wird es uns, zu begreifen, daß die Liebe des Vaters auch schlagen und schwer verwunden kann, daß sie selbst auch durch Seine Gerechtigkeit zu uns spricht! Gottes Gerechtigkeit muß züchtigen. Wir wissen es aus den mannigfachen Strafgerichten des Alten Bundes (Sündflut, Sodoma, Vertreibung des Volkes Israel aus der Heimat). Schreien nicht auch heute die Sünden zum Himmel? Das geistige Chaos unserer Tage (Schamlosigkeit, Unglaube, Gottlosigkeit, Verhaftung in das rein Irdische) hat einen Grad erreicht, daß man sich fragt: Ist da überhaupt noch ein Funke Christentum vorhanden? Gott läßt darum so viele Katastrophen durch satanische Mächte zu, Überschwemmungen, Feuersbrünste, Blitz und Hagelschlag, Mißernten, Krankheiten und auch Kriege, damit der Hochmut der Menschen nicht ins Unermeßliche steige und in der Stunde der Not auch eine Stunde der Besinnung komme, wo der Weg zu Gott neu gefunden werden kann.

Diese Heimsuchungen

- welch ein ernstes Wort - können sehr weh tun. Es ist manchmal, als wenn Gott auf all unser Beten nicht mehr hören würde. Gott schweigt. Wie oft werden wir uns der absoluten Abhängigkeit von Ihm bewußt. Seine Gerechtigkeit muß züchtigen, um zu heilen, Seine Weisheit muß prüfen, um uns zu heiligen. Die Zulassungen und Prüfungen Gottes sind Aufforderungen zu noch größerer Liebe und Treue Ihm gegenüber. Die Seele reift in der Glutsonne der Liebe Gottes. “Leiden ist die beste Schule der Liebe Gottes”, so sagte die sel. Schwester Blandine Merten (begraben in Trier). Wenn der Vater die Tiefe unserer Liebe zu Ihm erproben will, dann macht Er es mit dem Senkblei des Leids. Er lotet ganz tief, sehr tief und macht es uns oft nicht leicht. Gottes Gnade aber hilft uns all das Schwere, Unbegreifliche tragen und ertragen; und zwar im Glauben. (“Selig, weil du geglaubt hast.”), durch das “Ja-Sagen” zum Willen Gottes, durch das “Fiat” Mariens, durch das kindlich starkmütige Vertrauen und durch die Liebe (“Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Besten.”). “Unsere ganze Sicherheit liegt darin, zu wollen, was Gott will, der uns besser kennt und besser liebt als wir uns selbst” (Theresia von Avila).

 

Und noch ein Wichtiges: Je mehr sich die Menschheit von Gott entfernt, um so mehr liefert sie sich der Einflußgewalt der Dämonen aus. Da müssen Seelen sühnend einspringen, stellvertretend für andere, um das Böse “gut-zu-sühnen”.Die sühnende, stellvertretende Liebe, vereint mit Jesus, hilft retten. Viele sind berufen - alle, die das Zeichen der Taufe auf der Stirne tragen -, aber wenige mühen sich. Sie denken nicht einmal daran, daß sie eine unsterbliche Seele haben, die nach Gott als ihrem Ursprung verlangt. Gottes Erbarmen und Liebe aber ist so groß, daß sie jeden retten will, jeden heimführen ins Vaterhaus. Darum dürfen wir uns nicht wundern, daß der Vater im Himmel gerade den Guten oft schwere Kreuze auferlegt. Das ist ein Geheimnis sühnender, rettender Liebe. Allerbeste Menschen sind oft die größten Kreuzträger. Gute Familien werden nicht selten von namenlosem Leid heimgesucht. Der Schlüssel dafür heißt: hl. Sühne für die Rettung der Seelen. Liebe und Vertrauen retten sie.

Ihr lieben hl. Engel helft uns, die züchtigende Liebe des Vaters im Gedanken der Sühne immer mehr zu begreifen und erkennen; helft uns in der Kraft des Sohnes, alles Leid zu bejahen und Gott darzubringen gleich Maria, die ihr “Fiat” mit ihrem siebenfach durchbohrten Herzen gesprochen.
 

Glauben und Liebe müssen erbetet werden

Dostojewski hing mit leidenschaftlicher Liebe an Christus, aber die Idee und Person des Vatergottes machte ihn unruhig und verwirrt, und bis zum Ende seines Lebens kam er nicht damit zurecht.

Auch ein Mann wie Kierkegaard trug schwer an der Vorsehung und ihrer Weltlenkung. Er sagte einmal von sich: “Ab und zu werde ich in ein finsteres Loch gesteckt: da krieche ich umher in Qual und Schmerz. Ich sehe nichts und finde keinen Ausweg.” Als reifer Mann erkennt er allerdings: “Ich bekam einen Begriff von der göttlichen Vaterliebe, dem einzig Unerschütterlichen im Leben, dem wahren archimedischen Punkt.” Einem verkrüppelten Vetter von ihm gibt er einmal den Rat: “Vergiß vor allem nicht die Pflicht, dich selbst zu lieben; laß dir dadurch, daß du gewissermaßen aus dem Leben herausgenommen bist und daß du in den törichten Augen einer geschäftigen Welt etwas Überflüssiges bist; laß dir dadurch nicht die Selbstachtung rauben: als ob in den liebevollen Augen einer allweisen Vorsehung dein Leben, wenn es in Innerlichkeit vollbracht wird, nicht die gleiche Bedeutung und Gültigkeit hätte, wie das jedes anderen Menschen und sogar erheblich größere Bedeutung als das Hasten mit der Vergeudung des Lebens und dem Verlust seiner selbst.”


 

Mein Ringen mit dem Willen Gottes

Ausgerechnet am Vorabend von Peter und Paul, am 28. Juni 1916, mußte ich nach einem kurzen Heimaturlaub wieder an die Westfront. Der nächste Tag wäre der seit Jahren so heißersehnte Tag meiner Priesterweihe gewesen. Ich war so nahe dem großen Ziel, mußte aber 19 Monate vorher einrücken. Meine guten Eltern weinten bitterlich zum Abschied, ich selber aber haderte beinahe mit Gott ob des grausamen Loses, als ich am Abend des Peter- und Paulstages 1916 wieder bei meiner Kompagnie, die gerade in Ruhe lag, ankam. Es war in den Vogesen.

Ich besuchte noch am selben Tag die Kirche des Dorfes. Mein Gebet war ein inständiges Stammeln. “Herr, führe mich doch bald wieder in die Heimat zurück; laß mich doch bald Priester werden! Bitte! Dir ist alles möglich!” Flehentlich kam es aus meiner leidwunden Seele. Doch plötzlich überkam mich blitzartig der Gedanke: Du mußt noch hinzufügen: O Gott - wenn es Dein Wille ist. Das aber brachte ich um alles in der Welt nicht mehr über die Lippen, dieses: Dein Wille geschehe! Fast fluchtartig verließ ich den hl. Ort. Einige Tage später hatte ich wieder Gelegenheit zu einem Besuch des Gotteshauses; wieder kniete ich vor dem Tabernakel und betete zu dem darin verborgenen hl. Gott: Herr, schenke mir die Gnade des Priestertums, laß mich bald eintreten in Dein Heiligtum, bald! Führe mich durch alle Gefahren glücklich hindurch! - Und wieder konnte ich das Wort der Ergebung in Seinen hl. Willen nicht über meine Lippen bringen. Nicht um alles in der Welt, obwohl ich wußte, daß gerade diese Willenshingabe wesentlich zum guten Gebet gehört. Wieder verließ ich das Gotteshaus, ganz und gar unzufrieden mit mir selbst. Ich versuchte es ein drittes Mal. Wieder flehte ich: “Herr, Du weißt, um was Dich meine Seele bittet.” Ich rang, ich rang buchstäblich mit Gott und mit mir, bis ich mich zu einem ergebenen “Fiat” durchgerungen hatte: “Wenn Du willst, o Gott, daß ich Dein Priester werden darf, dann führe mich zum Ziel; wenn Du aber willst, daß ich nicht mehr heimkehre, daß ich dem Krieg zum Opfer falle, so geschehe Dein heiliger Wille! Gib mir die Kraft zum Opfern, zum Ausharren in Deiner Gnade!” Und jetzt ging ich - innerlich befreit und wie erlöst - aus dem Gotteshaus. Ich war gefaßt und hatte keinerlei Angst mehr vor den Gefahren, die mich umgaben.

Der Vater im Himmel hat Seine Hand über mich gebreitet und mich hindurchgeführt durch ein Meer von Blut und Entsetzen, besonders in den furchtbaren Kämpfen an der Somme. Wie durch ein Wunder wurde ich dem Rachen des Todes entrissen und kam am 27. Jan. 1917 unverwundet in die Gefangenschaft. Nach Beendigung des Krieges konnte ich glücklich in die Heimat zurückkehren und mein Studium vollenden. 1921 wurde ich im Dom zu Regensburg zum Priester geweiht. Wie danke ich heute als 80-jähriger Priester aus tiefer Seele für diese große Gnade und für die wunderbare Gnadenführung Gottes! Wahrlich, das Geheimnis des guten Gebetes liegt in dem Wort: “Vater, nicht wie ich will, sondern wie Du willst!”

Vergessen wir nie!

Das ist die Kehrseite des Vaterglaubens: Nur in der Erfüllung des Willens Gottes gibt es ein reines Glück und einen wahren Frieden. Ja, erst auf dem Wege sittlicher Kraftentfaltung wird der Mensch zum Gotteskind, und erst, wenn er hier das Höchste geleistet hat, was von ihm gefordert werden kann, auch seinen Feind lieben und die segnen, die ihn verfolgen und verleumden, verdient er, Sohn seines Vaters in den Himmeln zu heißen, jetzt ist er vollkommen geworden, wie auch sein himmlischer Vater vollkommen ist (Mt 5,43-48). Es ist wunderbar ergreifend, wie hier mit einer schlichten Selbstverständlichkeit das Schwerste gefordert wird, Dinge, vor denen der nur auf sich selbst gestellte Mensch zurückschreckt. Aber es ist die Liebe des Kindes zu seinem Vater, der alle Last leicht und jede Bürde süß macht, es ist jene echte Liebe, die jeden Menschen weit über sich selbst hinaushebt, der nichts unmöglich ist. Darum, Seele, warte still, was der Vater schickt und will.


 

Mannhaftes Gottvertrauen

Pater Siegward, der bekannte Schweizer Bauernseelsorger, kann die Wahrheit folgender Begebenheit bezeugen. Er kennt diese Leute persönlich.

Es war bei einem Lawinenunglück in der Schweiz. Die Lawine hatte in den Bergen Haus und Hof ins Tal hinuntergerissen, hatte fünf kleine Kinder begraben, einen Burschen, der den Stall besorgte, eine Tochter, die im Frühling diesen jungen Burschen heiraten wollte. Sieben weiße Särge! Zwölf Stück Vieh waren im Schnee erstickt. Nicht genug des Leids.

Die Mutter lag krank im Spital, der Vater war beim Militär. Menschlich gesprochen hatte der Herrgott diesem Bauern alles weggenommen. Diese Trauerbotschaft mußte der Vorgesetzte dem Bergbauer-Soldaten mitteilen. Aus Sorge, diese Prüfung könnte für den Mann zu schwer sein, sagte er ihm zuerst: “Gebt mir den Karabiner!” Dann teilte er es ihm mit.

Der Bauer konnte kein Wort reden, suchte dieses Furchtbare hinunterzuwürgen und sagte dann langsam im größten Schmerz: “Das Gewehr gebe ich nicht aus der Hand. Ich bin Katholik. Ich glaube an den Herrgott. Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen, der Name des Herrn sei gebenedeit!” - Der Vater im Himmel lohnte sein Vertrauen. Heute steht eine neue Bergheimat da. Der Himmel schenkte ihm noch drei Kinder. Pater Siegward OMCap


 

In der Nähe von Kevelaer ist es passiert

Wallfahrer waren auf dem Wege zur Muttergottes. Sie gingen linker Hand der Straße, sangen und beteten. Da nimmt der Wind einer Wittfrau das Gedächtnisbild ihres verstorbenen Mannes aus dem Buch und wirft es auf die Straße. Die Frau will das Bild retten, greift zur Straßenmitte hin nach dem Bild. Da kommt gerade ein Fernlastzug und zermalmt sie. Mitten auf dem Weg zur Mutter, das Herz in Andacht und voll Vertrauen zur immerwährenden Hilfe. - Welche Tragik!

So viele Leute glauben, wenn sie mit dem lieben Gott oder auch mit einem Heiligen auf gutem Fuß stehen, dann müßte sich das Leben einigermaßen harmonisch abwickeln. Dann dürfte es kein Leid geben. Dem ist nicht so. Sagt nicht der göttliche Kreuzträger, der Schwerstes an Leib und Seele erlitten: “Wer Mein Jünger sein will, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge Mir nach!” - Gleichsam hinein in die dunkle Leidensnacht, die Er erlitten. Was der Vater von uns erwartet, ist die Bereitschaft, Seinen Willen zu tun und anzunehmen, was immer er auch für uns bedeuten mag: Verlust, Krankheit, Verlassenheit, Hilflosigkeit, Verzicht, Tod. Wie wenige Seelen haben den lebendigen Glauben, daß alles Geschehen von Gott zu unserem Heil gewirkt sei. Es geht uns wohl allen wie jenem braven, in seinen Jugendjahren erblindeten Edelmann, der mir gestand: Anfangs meinte ich, dem lieben Gott sagen zu müssen: “Ich kann Dich nicht mehr lieben ob dieses großen Kreuzes”; dann aber beugte ich meinen Willen liebend dem Seinen - und das hat mich innerlich sehend gemacht.


 

Gottes Vorsehung hat immer ein Ziel

auch wenn der Weg zum Ziel uns unverständlich erscheint. Die Hauptstadt Brasiliens, Rio de Janeiro, war früher eine ganz ungesunde Stadt. Viele feuchte Stellen boten ungezählten Moskitos Brutplätze, und das war wiederum die Ursache für eine unheimliche Geißel: das tödliche gelbe Fieber. Da ließ 1898 ein großzügiger Staatspräsident die Stadt von Grund auf umbauen. Ein langer Bergrücken zog sich in die Stadt hinein, er wurde unter ungeheueren Kosten abgetragen. Die Erde wurde ins Meer geschüttet, so daß die Stadt am Gestade Raum gewann. Die Sümpfe ließ er zuschütten und austrocknen. Dann kam das zweite: Quer durch die Stadt schlug man ein paar schnurgerade, breite Straßen; was im Wege war, wurde abgetragen, und wenn es das kostbarste Gebäude war. Die Menschen schüttelten den Kopf. Die Ausgaben wuchsen ins Ungeheuere, aber der Präsident blieb fest, und er hatte recht. Denn kaum war beides geschehen, da fegte der frische Seewind durch die Stadt. Die Mücken verschwanden, die Stadt wurde gesund, und nun begann ein gewaltiger Aufstieg. Die breiten Straßen wurden mit schönen neuen Häusern bebaut und mit Palmen geschmückt. Das Land, das man am Gestade neu gewonnen hatte, wurde angepflanzt, es entstanden Parks, in denen die Mütter ihre Kinder spazieren fahren konnten. Es dauerte nicht lange, da war Rio de Janeiro eine der schönsten, gesündesten und reichsten Städte der Welt. Dem Präsidenten hat man ein Denkmal gesetzt. Der Mann wußte, was er wollte. Er riß nieder - und das tat weh -, aber er hatte seine Pläne dabei. Letzten Endes hat er mehr geschenkt als genommen. - Können wir dieses Handeln nicht vergleichen mit dem Wirken und den Plänen der göttlichen Vorsehung? Wenn wir auch oft zu kurzsichtig sind, um Gottes Pläne zu verstehen, wir wissen und glauben es, daß Gott es immer gut mit uns meint, ob Er nimmt oder ob Er gibt.


 

Keiner ist verlassen - Eine Wienerin erzählt:

Als ich in den ersten Nachkriegsjahren vorübergehend in einem Krankenhaus tätig war, fiel mir eines Tages eine vornehme junge Dame auf, die ganz in Schwarz gekleidet am Bette eines Patienten neben dessen Gattin saß. Ihr Anblick erweckte in mir den Eindruck, daß sie Schweres erlebt haben mußte. Unwillkürlich fühlte ich mich gedrängt, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Der Patient stellte mir diese Dame als seine Chefin vor, und ich erfuhr in kurzen Umrissen das furchtbare Unglück, das diese Frau getroffen hatte. Nach der Besuchszeit lud ich sie ein, mit mir in den Garten zu kommen.

Nun erzählte sie mir in allen Einzelheiten, wie ihre Fabrik und ihr daneben befindliches Wohnhaus von Bomben zerstört, wie ihr Gatte und ihre beiden Kinder sowie ihre Schwester zusammen mit noch 80 ihrer Angestellten unter den Trümmern tot begraben wurden. Sie selbst war mit drei anderen Frauen am Leben geblieben. Nun wohne sie im Haus ihrer Schwiegermutter. Außer einigen Habseligkeiten, die sie anderswo untergebracht hatte, sei ihr nichts geblieben, als das Kind, das sie noch unter dem Herzen trage und für dessen Lebensfähigkeit sie nur wenig Hoffnung hege, weil sie nach dem Einmarsch der Besatzungsmacht von einem Soldaten über die Kellerstiege gestoßen worden sei, nachdem sie vorher sein Opfer geworden war. Leid über Leid!

Mich hatte dieser Bericht zutiefst erschüttert. Noch mehr aber die Trostlosigkeit, die sich ihrer bemächtigt hatte.

Sie schien keinen Ausweg mehr zu sehen,

der ihr Leben noch einigermaßen lebenswert erscheinen ließ. Wir sprachen lange miteinander. Ich lud sie ein, wieder zu kommen, und sie kam wieder. Ich machte sie mit unserem Seelsorger bekannt; sie legte eine aufrichtige Beichte ab. Mit der Gnade Gottes fing sie langsam wieder an, aufzublühen und mit froher Erwartung dem Tag entgegenzusehen, an dem sie ihrem Kind den Eintritt in die Welt schenken durfte.

Das Kindlein kam zur Welt, gesund und wohlgestaltet, und wurde getauft auf den Namen des toten Schwesterchens Elisabeth. Ich selbst durfte Taufpatin sein. Und weil das Krankenhaus der hl. Elisabeth geweiht war, so wollte sie die Taufe unbedingt in unserer Spitalkapelle haben. Mit großer Rührung nahm der Seelsorger die Spendung des Sakramentes vor.

Das Kind gedieh prächtig, und die Mutter sah in ihm einen neuen Lebensinhalt. Wohl gab es noch bange Stunden der Erinnerung, aber es blieb ihr nicht viel Zeit zum Nachdenken. Nun hieß es ja, sich selbst und dem Kind einen geordneten Lebensunterhalt zu schaffen. Einige Filialen der Fabrik wurden instandgesetzt, Verträge geschlossen. Langsam kam wieder Leben in die Geschäfte, und mit viel Kampf und Mühe gelang schließlich alles zum besten.

Wenn ich sie besuchte, wußte sie mir immer Dinge zu erzählen, die sie sonst mit niemandem besprach. So sagte sie mir einmal: “Sooft schon war ich draußen auf dem Trümmerhaufen unserer Fabrik und unseres Hauses, um wenigstens einiges auszugraben, was noch verwendbar wäre. Kürzlich war ich wieder dort, und ich habe mir so innig gewünscht, das Werk über die kleine hl. Theresia zu finden, das ich in meinem Besitz hatte. Ich grub an der gleichen Stelle wie schon so oft, ohne daß ich es gefunden hätte. Diesmal aber fing ich wieder an zu graben, und das erste, was mir in die Hände fiel, war gerade dieses Buch. Wie sehr habe ich mich darüber gefreut!”

Ein andermal erzählte sie mir folgende Begebenheit: “Ich hatte eine so große Sehnsucht, die Geschichte aus der Bibel über den schwergeprüften Job zu lesen; aber wo eine Bibel hernehmen! Wie ich beim Friseur sitze, spielte ein kleiner Bub mit einem Buch, das schon recht hergenommen ausgesehen hat. Ich sage: ‘Ja, was hast du denn da für ein schönes Buch? Zeig es mir einmal! Die Mutter wehrt gleich ab und will nicht, daß ich das Buch zu Gesicht bekomme. Ich aber achte nicht darauf und sage wieder: Geh, zeig mir doch dein schönes Buch! Da legt es mir der Kleine aufgeschlagen auf den Schoß; ich kann mich vor Staunen nicht fassen, da es ausgerechnet die Geschichte vom Job ist. Die Eltern, die, wie ich weiß, Kommunisten sind, haben sich für die Bibel geschämt!”

Ja, solche Erlebnisse wußte sie mir öfters zu erzählen, und ich erkannte, mit wieviel Liebe dieses Menschenkind von oben her geführt wurde. Wie viele Glaubenserfahrungen läßt Gott die Menschen machen, damit sie immer wieder an Ihn - den Herrn und Vater erinnert werden. I. H., Mai 1970


 

Achten wir einmal darauf, wie oft die Kirche in der hl. Messe betet 1. Gott, allmächtiger Vater, 2. Heiliger Vater, 3. Gütiger Vater! Wahrlich, wir dürfen uns durch Jesus Christus in die Hände dieses allmächtigen, heiligen, gütigen Vaters voll Vertrauen legen. Im Sanskrit, einer indogermanischen Sprache, gibt es ein Wort für Gott: Pitaru. Das heißt: Gott ist Vater und Mutter zugleich. Wie tief ist dieses Wort! In Gott ist das Verstehen von Vater und Mutter zugleich. Dieser gute Gott wartet darauf, daß du alles, womit du nicht fertig wirst, Ihm bringst.

Mein Vater!

Laß mich Dein Wirken in jedem Geschöpf, das mich verwundet, in jedem Ereignis, das mir den Weg versperrt, ebenso erkennen wie in jeder Freude, die mich beglückt. Laß mich in der Praxis verstehen, daß es trotz der unendlichen Vielfalt der Ursachen doch nur eine Erstursache gibt - und diese Ursache bist Du - o Vater. Die Hand ist immer die gleiche, doch sie wechselt den Handschuh, je nachdem sie mich mit ihrer Berührung betrübt oder tröstet. Gott mein Vater, immer ist es Deine gute, zarte Hand, die meine Hand in die ihre nimmt und festhält, um mir zu sagen: “Ich liebe Dich!” Doch mag eine Hand noch so sanft sein, wenn sie die meine mit einem eisernen Handschuh faßt und drückt, fühlt sie sich immer hart, wenn nicht gar schmerzhaft an. Mit einem Lederhandschuh bedeutet ihre Berührung zumindest eine Geduldsprobe. Wir möchten immer den Samthandschuh fühlen, aber Du, o Herr, Du schonst ihn scheinbar mehr als die andern...

Tue, wie Du willst, mein Vater! Laß Dich durch mich nicht behindern! Nimm den Handschuh, den Du willst. Halte mich so fest, wie Du willst. Lasse mir nur die eine kindliche Freiheit, den Handschuh zu entfernen und Deine Hand zu küssen! Ausspruch eines gottseligen Menschen; zitiert von Kardinal Suenens


 

In Chinas Kerkerzellen - Missionsbischof Karl Weber SVD berichtet

40 Jahre war ich Missionar in China. 1939 wurde ich in Tsingtau zum Bischof geweiht. Über zwei Jahre war ich im kommunistischen Kerker. Dort habe ich gelernt, was Leid ist. Aber dort hat Gott mich auch gelehrt, wie man mit dem Leid fertig werden kann. So will ich euch, all ihr lieben Kreuzträger, jetzt aus dieser meiner Kerkerhaft einiges erzählen. Vielleicht kann ich euch dann auch etwas von der Gnadenkraft Christi weitergeben, die mir dort zuteil geworden ist.

26 Monate lang

hat man mich der Freiheit beraubt und mit 9 gefangenen Chinesen in eine Zelle gesperrt. Hinter dicken schwarzen Eisenstäben saß ich getrennt von der Welt, getrennt von meinen Christen, getrennt von meiner Arbeit. Nicht einmal auf- und abgehen durfte ich im Gefängnis. Nie durfte ich mich im Gefängnishof ergehen. Zwei volle Jahre hatte ich bewegungslos nur auf dem harten Boden zu hocken. Dabei wurde ich beständig gequält: von den Richtern in 40 schweren Verhören, die jedes Mal viele Stunden dauerten; von den eigenen Zellengenossen, die mich beschimpften, herumzerrten, auch anspieen. Und immer und überall diese Schikanen, so beim erbärmlich armen Essen, auf der Toilette, während der Nacht: “Alles, was du tust und sagst, ist unrecht: und alles, was du nicht tust und nicht sagst, ist erst recht verkehrt.” Ich sollte solange bearbeitet werden, bis ich auch nur einmal eingestehe, ich sei nach China gekommen, um das Volk auszuspionieren, um es den imperialistischen Völkern Europas und Amerikas in die Hände zu spielen. Das verweigerte ich. Um mich aber doch mürbe zu machen, wurde ich

zweifach gekettet.

Sie legten mir die Handschellen an, und beide Füße wurden in eine schwere Kette geschlossen. Ich trug sie in Ehren, diese Ketten 5 Monate lang Tag und Nacht. Die Handschellen waren mein Armband, die Fußketten nannte ich Schmuckstück. Nun die entscheidende Frage: Wie habe ich das alles hingenommen? Ich gestehe es offen: In den ersten 4 Wochen hatte sich mein Gemüt aufgebäumt gegen eine solch offenbare Ungerechtigkeit. Ich, der Apostel Jesu Christi, soll mitten in Ketten und Kerkerhaft mit Schmerz und Qual und verächtlichem Hohn gezwungen werden, meinen Priesterberuf zu verleugnen, soll mich als Verräter bekennen an meinem geliebten chinesischen Volk! Aber siehe! Nach dem ersten Sturm ertrug ich die Kerkerhaft nicht bloß geduldig, sondern willig und zuletzt freudig. Ich sagte mir:

Bejahe deine Leiden!

Trage sie mit Christus, der mehr als du gelitten hat! Trage sie wie Christus, still ergeben, ganz willig! Du bist geborgen in Gottes Vaterhänden. Nach zwei Monaten Gefängnis wurde ich bei einem langen Verhör ohnmächtig und fiel um. Dabei zerbrachen mir die Brillengläser. Nur zwei Tage habe ich meiner Brille nachgetrauert, dann sagte ich mir: “Karl, schau in dich!” Das hat sich bewährt. Warum? Weil sich dem Einsamen die Gnade des göttlichen Lebens offenbart. Wir sollten die Führung verstehen und Türen öffnen, die innerwärts gehen - hinein in die Liebe Gottes, in Sein Erbarmen. Vom geduldig ertragenen Leiden eines jeden strömt Segen aus, reicher Segen für die Seelen. Auch von euren Opfern, ihr lieben, leidenden Brüder und Schwestern. Ein alter Missionar weiß, wie oft

dieses euer still getragenes Opfer

die einzige Hoffnung war, daß vor dem Licht des Wortes und dem Geist der Gnade die Finsternis der Sünde und die Nacht des Heidentums weichen mußte. Nur ein Beispiel: In der westlichen Hälfte meines Missionsgebietes konnte das Christentum jahrzehntelang keinen Fuß fassen. Meine Bekannten in der Heimat versprachen Gebet und Opferhilfe und siehe, nach sechs Jahren entstanden in dieser Gegend vier Stationen mit über 3.000 Getauften. Ich bitte: schaltet euch ein in den Abwehrkampf gegen den Kommunismus! Eure Gebete und Opfer werden die Gottesfeinde von unseren Grenzen fernhalten. Helft unseren gefangenen Schwestern und Brüdern, die zu Abertausenden in den kommunistischen Kerkern, in Arbeitslagern schmachten. Sie sehnen sich nach eurer Hilfe, wie ich mich im Kerker darnach gesehnt habe. Und sie werden, wie auch ich, durch euch getröstet. Darum noch einmal: lernt euer Leid zu meistern! Vergeßt es nie: ein halbes Opfer blutet, ein ganzes Opfer flammt. - So schreibt ein heiligmäßiger Chinamissionar, erfüllt von der glühenden Liebe Christi, aber auch geführt von Gottes guten Vaterhänden. Am 15. Nov. 1970 durfte er heim ins ewige Vaterhaus. [Bischof Karl Weber SVD]

Ein tiefer Dankesgruß

sei im Namen der Mutter Kirche all den vielen, tapferen Kreuzesträgern an dieser Stelle gesagt, all denen, die Tag für Tag ihr “Ja Vater” mit Ergebung sprechen und schweigend nur im Willen Gottes leben. Was seid Ihr verborgenen Dulder, ihr stillen Beter, ihr unbekannten Leidensseelen ein gewaltiger Segen im Reich Gottes. Euer Ja zum Willen Gottes ist nicht Schwäche, sondern eine bewußte, kraftvolle Willensäußerung; denn der Mensch, der das “Ja und das Fiat mihi” ehrlich zu allem Kreuz und zu aller Not spricht, der muß sich wirklich Gewalt antun. Der hat aber auch sühnende Gewalt für viele.


 

Paulus, der Schwergeprüfte

Einer der größten Kreuzesträger war der Völkerapostel Paulus. Er schreibt an die Hafenarbeiter. und Fischer in Korinth: “Damit ich mich nicht überhebe, ward mir ein Stachel ins Fleisch gegeben, ein Satansbote, mich ins Gesicht zu schlagen. Dessentwegen habe ich den Herrn dreimal angerufen, daß dieser von mir weichen möge, aber er sagte mir: Meine Gnade genügt dir. Denn die Kraft kommt zur Vollendung in der Schwachheit. - Gerne will ich mich darum viel mehr meiner Schwachheit rühmen, damit sich die Kraft Christi auf mir niederlasse.” (2 Kor 8f.)

Wir vermögen nicht mehr mit Sicherheit zu sagen, welcher Art Pauli Leiden gewesen ist. Aber die starken Ausdrücke, die Paulus hier und Gal. 4,13 ff gebraucht, legen es nahe, an ein schweres Nervenleiden zu denken, das mit starken körperlichen Erschütterungen verbunden war. Wie schwer mag diese Feuerseele an ihrem schwachen Leib getragen haben, der so oft versagte, wenn der Geist neue Ansprüche an ihn stellte; wie stark mag auch seine Missionsarbeit gelitten haben, wenn er längere Zeit, wie es in Galatien geschah, krank darniederlag. Da bittet er dreimal seinen Gott, daß er ihn heile, um seines Werkes, um der Mission und der Seelen willen. Aber sein Gott gibt ihm die Antwort, die nur der Heilige ertragen konnte und die jeden Eigenwunsch für immer begrub: “Es genügt dir meine Gnade.” Gottes Kraft feiert ja ihren höchsten Triumph, wenn sie sich an der Schwachheit offenbart und ihre Siege und Erfolge mit so unzulänglichen Mitteln zu erringen weiß. Nicht das Kreuz hat ihn bezwungen, sein Gottvertrauen und seine Christusliebe haben das Kreuz bezwungen und es in reichen Gottessegen verwandelt.

Auch Paulus weiß aus hundertfältiger Erfahrung, daß alles Leid bitter und jedes Kreuz hart ist, er weiß auch, daß Gott selbst Seinen Auserwählten das Kreuz nicht nimmt, sondern es mehr noch verdoppelt, damit die Kraft in der Schwachheit vollendet werde, damit die Seele reif werde in der Glut des Schmerzes, wie die edle Traube köstlicher wird, je mehr die Sonnenglut sie zu versengen scheint.

Und so kann der Apostel all seine Frömmigkeit, sein Glauben und Hoffen, sein Lieben und Vertrauen in das köstliche kleine Wort gießen: “Wir wissen, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten gereichen.” (Röm 8,28.)

Und ein ganz großer, der in der Schule Christi und Pauli heilig geworden ist, der den Geist der Frömmigkeit begriffen hat, der aus ihnen spricht, St. Augustin, hat den Mut hinzuzufügen: sogar die Sünden.

Der unmittelbare Ertrag dieses Vaterglaubens ist in der paulinischen Frömmigkeit der unverbrüchliche Gehorsam gegen Gottes Willen und ein so gewaltiges Gottvertrauen, daß es den Menschen über alles Leid und über jedes Schicksal hinaus hebt. “Ich vermag alles in dem, der mich stärkt,” Phil 4, 13.


 

P. Engelmar Unzeitig, Mariannhiller Missionar, schrieb folgende ergreifende Worte.

“All unser Tun, unser Wollen und Können, was ist es anders als Seine Gnade, die uns trägt und leitet. Wir wollen uns restlos Seinem Willen hingeben.” Er starb als “Engel von Dachau” erst 34-jährig im KZ am 2. März 1945. - Selig gesprochen.


 

“Er entriß mein Leben dem Untergang”

Erschütternder Bericht eines ehemaligen KZ'lers

Julius Ludwig, der heute USA-Staatsbürger ist und ein angesehener Schriftsteller, berichtet voll tiefer Dankbarkeit aus seinem Leben:

Als Deutscher in Oberschlesien geboren, gehörte ich zu jenem Teil des Landes, der im Oktober 1921 von den Alliierten dem polnischen Staat zugeteilt wurde. Das Leben im damaligen Polen war sehr opferreich. Es gab große Arbeitslosigkeit; das polnische Volk aber war tief fromm und bekenntnisfreudig. Das religiöse Leben blühte und entfaltete sich vor allem in der katholischen Aktion. Ich durfte in der katholischen Jugendbewegung mitarbeiten. In Wort und in Schrift trat ich für die katholischen Belange ein. Es war ein erfolgreiches Wirken. Allein im polnischen Oberschlesien waren 250 000 Mitglieder der katholischen Aktion tätig.

Mitten in dieses blühende Wachstum religiösen Lebens schlug der 2. Weltkrieg wie ein Blitz aus heiterem Himmel. In der Nacht zum 1. Sept. 1939 ließ Hitler Polen mit Waffengewalt überfallen und Oberschlesien sofort dem groß-deutschen Reich angliedern.

Jetzt begann eine grausame Verfolgung

der aktiven polnischen Katholiken. Alle führenden Katholiken wurden sofort verhaftet und in die Konzentrationslager gesteckt; die männlichen kamen nach Sachsenhausen, die weiblichen nach Ravensbrück. Nicht weniger als 70 angesehene Hochschulprofessoren der Jahrhundert alten Universität Krakau wurden damals in das KZ Sachsenhausen eingeliefert; nur 40 haben es noch lebend verlassen.

Ich selbst wurde am 27. Sept. 1939 verhaftet und in Sachsenhausen eingeliefert, sodann war ich in Oranienburg, Mauthausen und Gusen, fünfeinhalb Jahre vielen schrecklichen Schikanen ausgesetzt. Sommer wie Winter wurden wir Häftlinge um 4.25 Uhr geweckt, Wehe, wenn wir nicht gleich aus den Betten sprangen; nicht selten wurden dann Säumige von den SS-Männern mit Gummiknütteln geschlagen. Um 6 Uhr war Appell auf dem großen Platz, dann Abmarsch zu unseren Arbeitsplätzen. Ich arbeitete im Klinkerwerk, wo 5.000 Häftlinge Frondienst leisteten.

Unsere Verpflegung war recht armselig und unzureichend: Morgens Gries- oder Mehlsuppe ohne Brot, manchmal bitterer schwarzer Kaffee aus Bucheckern. Mittags gab es eine Schüssel Kohlsuppe, Rüben- oder Dürrgemüse. Abends ein Pfund Schwarzbrot, etwas Marmelade und ein Blättchen Blutwurst.

Die schwere pausenlose Arbeit in der Tongrube, dazu eine Kost ohne Fett und Eiweiß zehrten die Kräfte auf, meine Beine wurden dick, ich konnte mich kaum mehr vorwärts schleppen. Meine Kameraden trugen mich zum Appellplatz, damit ich mitgezählt werden konnte. Schließlich kam ich ins Revier (Krankenabteilung). Ein krimineller Häftling, im Beruf Kellner, machte einmal bei mir einen chirurgischen Eingriff; ein Arzt, deren zwei mit mir die Loren im Klinkerwerk schoben, durfte es nicht. Schon war ich vier Monate im Revier, da kam vom Kommandanten des Lagers der Befehl, alle Unheilbaren mit einer Phenolspritze zu töten. Auf die Frage des dazu beauftragten Mithäftlings, wie es mir ging, antwortete ich lächelnd: “Ich danke, heute ein paar Strichlein besser”. Da sagte er zum Kollegen, einem deutschen Kommunisten: “Lassen wir's sein, der Hund krepiert in dieser Nacht sowieso”.

So bekam ich die Todesspritze nicht.

Am nächsten Morgen lagen zehn meiner Kameraden, denen man die Spritze gegeben hatte, tot im Bett. Ich blieb am Leben. - Dank der gütigen Vorsehung. Von Sachsenhausen kam ich in das Lager Oranienburg. Dort arbeiteten 8.000 Häftlinge in den sogenannten Heinkel-Flugzeugwerken. Vom Herbst 1943 an begannen die Bombardierungen dieser Arbeitshallen durch alliierte Flugzeuge. Beim Alarm mußten wir sofort in unsere Bunker. Das waren unsere Schlafstellen. Am 17. April 1944 durften wir beim Alarm nicht in unseren Bunker, er war bereits voll von Kapos, Blockältesten, Kriminellen und anderen Häftlingen und es geschah, daß gerade an diesem Tag der Bunker zwei Volltreffer bekam. 300 der Kapos und Häftlinge verbrannten bei lebendigem Leib. Wir haben sie hernach verkohlt aus dem Bunker gezogen. Welche Fügung! Gerade an diesem Tag durften wir nicht in den Bunker hinein. Kapos haben uns mit Stöcken buchstäblich aus dem sicheren Tod ins Leben getrieben. Welch eigenartiger Methoden bedient sich manchmal der himmlische

Vater!

Als die Russen Anfang des Jahres 1945 mit Feuer und Panzern gegen Brandenburg anrückten, wurden viele Häftlinge nach Mauthausen abgeschoben. Auch ich war darunter. Am 4. März 1945 kam ich ausgemergelt und ausgehungert im Viehwagen dort an. Das Lager dort war überfüllt, sodaß wir zu dritt in einem Bett schlafen mußten. Drei Transporte vor uns ließ der unmenschliche Kommandant Ziereis alle dort ankommenden Häftlinge furchtbar quälen, bevor er sie auf die Baracken verteilte. Er ließ sie im Waschraum mit warmem Wasser berieseln und dann
         nackt auf den Appellplatz jagen,

wobei sie im Februar bei 15-20 Grad Frost stundenlang stehen mußten. Hunderte dieser armen Menschen brachen unter dieser schrecklichen Tortur tot oder schwerkrank zusammen. Die Toten kamen ins Krematorium, die Kranken bekamen Phenolspritzen, daß sie starben. Von 800 Häftlingen aus einem einzigen Transport blieben nur 230 am Leben. Ein Häftling, der diese Tortur überlebte, erzählte mir, daß er bei diesen schrecklichen Frostqualen immerzu gebetet habe: Jesus, Maria, Josef, rettet mich”. So hatte ihn seine gute Mutter gelehrt, in jeder Lebensgefahr die heiligsten Namen anzurufen. “Ich war”, so erzählte er mir, “nahe dem Zusammenbruch, denn die SS-Männer trieben uns nicht nur einmal nackt vom warmen Bad in die winterliche Kälte, sondern ein zweites und ein drittes Mal erst in die warme Brause, dann in den erstarrenden Frost.” Dieser Häftling überlebte all diese schrecklichen KZ-Martern und lebt jetzt in Polen. Mit Gottes Hilfe durfte auch ich die Mördergrube von Mauthausen überstehen. Ich kam dann nach Gusen. Vor Hunger und Elend trugen mich kaum mehr die Füße.

Ich betete viel um die Kraft von oben

Eines Tages bat ich den Blockschreiber um Zuteilung zu einer Arbeit. Er gab mir einen Besen, um den Appellplatz zu fegen. Ich tat's, so gut ich konnte. Gott hat sich dieser Fegearbeit bedient, um mich zum dritten Mal vom sicheren Tod zu erretten; denn an diesem Samstag mußten alle Häftlinge vor dem Block antreten. SS-Männer musterten uns und wiesen die einen zur Linken, die anderen zur Rechten. Ich wußte nicht, was diese Musterung bedeuten sollte. Nun rief der Blockschreiber: Ich will mir den Block nochmals besichtigen. Als er vor mir stand, sagte ich ihm: “Kamerad, ich habe heute gearbeitet, ich habe den Platz gefegt.” Daraufhin machte er eine Handbewegung, zeigte auf die Gruppe zur rechten und sagte: “Gehe dorthin”. So ging ich von links nach rechts, ohne zu wissen, daß ich vom sicheren Tod ins Leben ging. Ich kam nämlich auf einen anderen Block: Alle aber, die dort links standen, wurden in der Nacht mit Gas vergiftet. Davon erfuhr ich erst später, da solche Geheimnisse im Lager geheimgehalten wurden. Wie hat Gott mein Vertrauen belohnt!

Endlich, am 5. Mai 1945 brachten uns die amerikanischen Soldaten
die ersehnte Freiheit.

Tiefer Dank gegen Gott erfüllte meine Seele. Der Herr hat buchstäblich das Wort des Psalmensängers wahr gemacht: “Er hat mein Leben vor dem Untergang bewahrt.” Nach meiner Befreiung aus dem Konzentrationslager kam ich über Regensburg nach Straubing. Zum Dank für die Vatersorge Gottes schaltete ich mich sofort in das katholische aktive Leben ein. Ich half in drei Pfarreien die katholische Mission gründen und arbeitete für die hohen Ziele der Marien-Ritter-Bewegung. Meinen Lebensunterhalt verdiente ich als Dolmetscher und Sekretär der UNRRA (der internationalen Hilfsorganisation für Verschleppte).

Als diese Organisation ihre Hilfe einstellte, wanderte ich nach Amerika aus (1951). Ich fand Arbeit in einer großen Handelsfirma in Detroit. Meine Freizeit gehörte der intensiven Arbeit in der katholischen Männerbewegung. Für die 400 000 polnischen aktiven Mitglieder hielt ich im Detroiter Rundfunk WJLB periodisch religiöse Vorträge. Jede Rundfunkstation in Amerika muß jede Woche sieben Stunden religiösen Fragen widmen, sonst würde sie die staatliche Lizenz verlieren. Ich nützte diese Gelegenheit reichlich.

Als ich nach 30 Jahren als amerikanischer Staatsbürger meine polnische Heimat besuchte, wurde ich von den Behörden sowie von meinen Landsleuten sehr gut aufgenommen. Wiederholt baten mich dort Bischöfe und Priester, über religiöse Themen zu sprechen. Ich tat es in vielen Kirchen und Sälen. Manchmal war ich

am Sonntag sieben Mal auf der Kanzel

Als katholischer Laie sprach ich über 23 religiöse Themen, immer in überfüllten Kirchen. An Pfingsten 1968 durfte ich zu 200 000 katholischen Männern und Jungmännern der Diözese Kattowitz auf dem Kalvarienberg in Piekary in Gegenwart des Bischofs sprechen.

Bei dieser Kundgebung ist es polnischer Brauch, die Opfergaben der einzelnen Stände zum Altar zu bringen: Mit den Hüttenarbeitern, die Eisenstäbchen brachten, mit den Bauern, die Lebensmittel überreichten, mit den Handwerkern und ihren Opfergaben, durfte ich als Vertreter der Intelligenz meine zwei Bücher, die ich geschrieben habe, auf den Altar legen. All diese Gaben brachte dann der Bischof als Opfergaben dar.

Nachdem mein polnisches Visum abgelaufen war, verließ ich Polen und machte eine notwendige Kur in Bad Hall (Österreich) und ließ mich dann im sogenannten Mühlviertel in Lembach nieder. Hier in Österreich kann und darf ich als katholischer Laie ebenfalls viel wirken in Versammlungen und auch auf der Kanzel. In einer Zeit, in der Satan seinen heißen Atem immer verderblicher in alles Geschehen bläst, heißt es immer tapferer und opferbereiter in einer Linie mit Christus zu stehen. Ich weiß, der Herr hat mich aus Verfolgung und Todesnot errettet, damit ich Sein wunderbares Walten vor aller Welt bekennen und preisen darf. Ihm sei Dank!

Julius Ludwig, Schriftsteller


 

Pater Josef Kentenich, der Gründer der Schönstattbewegung - ein Priester und Apostel unserer Tage (gest. 15. 9. 1968) verfaßte im Konzentrationslager Dachau unter anderem folgende kurze, inhaltstiefen Zeilen als Morgengebet:

Laß allezeit an uns geschehen, Was Du für uns hast vorgesehen!

Wir kennen nur ein einziges Sehnen:

Führ uns nach Deinen weisen Plänen.

Pater Kentenich war wie wenige in seinem Leben vom Vater-Gott Gedanken erfüllt und ist einer der treuesten Künder dieses großen Gedankens geworden.

Warum verhindert Gott nicht

die grausamen Verfolgungen, KZ's und Kriege? Ich stelle die Gegenfrage: Warum verhindert Gott nicht die täglichen Sünden? Aus ihnen ballt sich das Gewitter der Kriege zusammen: Aus dem Neid, Streit und Haß in den Familien, Gemeinden und Nachbarländern. Ich frage tiefer: Warum schlägt Gott den Menschen nicht die Sünde aus der Hand, wenn sie Böses tun wollen? Weil er die Menschen frei erschaffen hat und den freien Willen des Menschen wahrt und berücksichtigt. In der vernunftlosen Natur wirken eherne Gesetz, die der Freiheit keinen Raum lassen. Beim Menschen aber lehnt Gott den Zwang ab. Er läßt den Menschen den freien Willen, bis in dessen letzte und kleinste Entscheidungen, damit sich der Mensch bewähre in Liebe. Bewährung ohne freie Entscheidung ist unmöglich. Liebe ohne Freiheit gibt es nicht. Hielten alle Menschen in Liebe die Gebote Gottes, es gäbe kein Verbrechen, keinen Krieg mehr. [Kentenich ist leider im Verdacht seine Kompetenzen überschritten zu haben.]


 

Das Beispiel eines verbannten Priesters

Der Priester Stefan Hodes ist 57 Jahre alt und hat seit 1938 unter faschistischer oder kommunistischer Diktatur 25 Jahre im Gefängnis gesessen. Dann wurde er mit anderen ehemaligen Häftlingen in ein unzugängliches Dorf verbannt, wo Schnee und Tauwetter sechs Monate im Jahr jeden Verkehr unmöglich machen. Er fand eine verbitterte Bevölkerung vor. Aus seinem Priestertum hat er jedoch die Kraft geschöpft, sein eigenes Elend zu vergessen und sich über das Leid anderer zu beugen. Er hackt Holz und kocht für die Kranken oder wacht an ihrem Lager. Er sorgt für zwei Waisen, die er bei sich aufgenommen hat. Durch Schlamm und Schnee geht er eine Tagreise weit, wenn es in der Nachbarschaft Medikamente gibt. Völlig erschöpft hat man ihn unlängst in einer eiskalten Hütte gefunden, wo er achtzehn Stunden am Sterbebett eines Zigeuners ausgehalten hatte.

Sein stiller Dienst hat Wunder gewirkt. Die Ausgestoßenen im Dorf bilden jetzt eine große Familie, in der alle miteinander beten, leiden und ihre kleinen Freuden teilen. Von weit her kommt das Volk zur Messe des verbannten Priesters. Wo der Haß Pflicht ist und das System Lösungen verspricht, die immer ausbleiben, hat sein überzeugendes Leben Hunderten die Gewißheit gegeben,

daß Gott ihr liebevoller Vater ist.

Junge Menschen besuchen ihn im geheimen. Zwanzig Jahre hatten sie nur Marx zum Lehrer gehabt; jetzt sind sie leer und wollen von ihm die Botschaft Gottes vernehmen. In einer Gesellschaft, die der eisige Atem des Atheismus bis zur Leblosigkeit erstarren ließ, wurden ihre Herzen von seiner Liebe und von seiner menschlichen Wärme wieder aufgetaut. Aus solchem Leid, aus solchen Opfern strömt Segen.

Pater Werenfried von Straaten

Es ist wahr, es bedarf eines großen Vertrauens, um sich unbedingt der göttlichen Vorsehung zu überlassen. Wenn wir ganz aus unserem Selbst herausgehen und uns in Gottes Arme werfen, übernimmt der Herr alles für uns und sorgt ganz wunderbar für uns. Es genügt mir zu wissen, daß Gott bei mir und in mir ist mit Seiner Gnade.


 

Beispielloses Leid in einem Priesterhaus

Um so größere Treue zu Gott

Der orthodoxe rumänische Schriftsteller Virgil Gheorghiu erzählt 1965 in seinem Buch: “Von fünfundzwanzig Uhr bis zur Ewigkeit” unter anderem aus seiner Kindheit: Mein Vater war ein orthodoxer Pfarrer in der Gemeinde Petrodava in den Ostkarpaten; er hatte mich bei meiner Geburt nicht beim Standesamt des Dorfes angemeldet. Die Gendarmen waren darum gekommen um ihn zu verhaften, und ins Gefängnis zu werfen. Es war in meinem Land eine furchtbare Gefahr, geboren zu werden - eine tödliche Gefahr für das Kind, ich habe es erst später erfahren. Wieso kam das alles?

Fünf Jahrhunderte lang erduldete mein Volk die Besetzung durch die Türken - die Moslems. Nachdem diese das Land erobert hatten, ließen sie die Einwohner über die Klinge springen. Dann plünderten sie das Land. Sie steckten die Städte und Dörfer in Brand und richteten furchtbaren Schaden an. Nach einiger Zeit merkten sie, daß immer noch Einwohner da waren, die sich während des Massakers verborgen hatten und die jetzt aus ihren Verstecken hervorkamen.

Die Türken versammelten die Überlebenden und fragten sie, ob sie ihren Glauben wechseln und Moslems werden wollten. Die Abtrünnigen würden große Vorteile genießen, ja mehr noch als Vorteile: Sie würden Bürger des Ottomanischen Reiches werden.

Dann erklärte man den besiegten Rumänen, daß sie auch Christen bleiben könnten wie bisher. Es war an ihnen, zu entscheiden. Wenn sie jedoch Christen blieben, dann müßten sie

einen äußerst harten Tribut zahlen,

einen Tribut, der vier-, fünf-, oder sogar zehnmal so hart war. Wirklich zahlten sie zweimal, dreimal, zehnmal den Tribut an Honig, in Getreide, in Pferden, in Schafen, in Früchten, in Gold, in Kupfer und in Silber; vor allem aber bezahlten sie den furchtbaren, den erschreckenden Tribut des Blutes, den die türkische Besatzungsmacht verlangte. Das waren die Christenkinder - kleine Jungen, die sie zu Janitscharen oder Eunuchen machten, und kleine Mädchen, die sie zu Haremsdamen oder Soldatendirnen machten. Das unbesiegbare Elitekorps der türkischen Armee - die Janitscharen -, aufgestellt im Jahr 1330 und aufgelöst im Jahr 1825, bestand ausschließlich aus Christenkindern, die von den christlichen Ländern als Tribut gezahlt worden waren. Jede Mutter bei uns mußte früher oder später den furchtbaren Tribut des Blutes bezahlen, in dem sie dem Machthaber ihr eigenes Kind hingab.

Das wurde fünf Jahrhunderte lang

ständig von meinem Volk so gehalten, ohne daß es sich je der Erfüllung entzog, nur um christlich bleiben zu können. Für dieses schreckliche, schlimme und schmutzige Geschäft, die Kinder von der Mutterbrust zu reißen, wählten die Türken Verwalter unter dem internationalen Lumpengesindel von Byzanz. Dieses Amt von Eintreibern von Kindern und Schätzen für die “Hohe Pforte” in den unterworfenen Ländern wurde an den Meistbietenden verkauft. Wer es erstand, der trug für die Zeit seines Amtes den Prinzentitel. Bis zur Zeit meiner Großeltern verheimlichte man die Geburt aller moldauischen Kinder. Man verheimlichte sie, um die Neugeborenen vor der Kastrierung, der Sklaverei, der Prostitution oder vor dem Tod zu retten, ganz wie zur Zeit der Geburt unseres Herrn Jesus Christus. Jede Mutter bei uns mußte das Neugeborene auf den Arm nehmen und in die Wälder fliehen, um es zu retten, ganz wie die Theotokos, die hl. Mutter Gottes, unsere hochverehrte Liebe Frau das Jesuskind auf den Arm nahm und nach Ägypten floh: denn der Befehl des Herodes lautete dahin, daß jedes Kind unter zwei Jahren geköpft werden soll. In meinem Lande war jahrhundertelang jede Geburt begleitet von dem gleichen Befehl, den der Engel bei der Geburt Jesu Christi gab: “Steh auf, nimm das Kind und Seine Mutter und flieh!” Jede Minute ihres Daseins lebten diese Menschen in Gefahr:

Gefahr der Sklaverei und des Todes. Zur selben Zeit machte ich als Kind eine andere furchtbare Entdeckung:

Mein Vater, der mich sehr liebte, mein verehrungswürdiger Vater war sehr, sehr arm. Er war von einer Armut, die man sich anderswo überhaupt nicht vorstellen kann; einer Armut, wie die der Füchse, der Wölfe und der Eichhörnchen, die nur ihren Leib und einen armseligen Bau haben, aus dem sie noch dazu oft verjagt werden. Ich bekam in der Folgezeit noch fünf Brüder und Schwestern. Wir waren sechs Kinder. Es gab jedoch bei uns niemals 6 Paar Schuhe noch sechs Mäntel oder sechs Hüte. Wir benützten einen einzigen Mantel für sechs, ein oder zwei Paar Schuhe für sechs, einen oder zwei Hüte für sechs. Wir Kinder konnten niemals alle sechs zusammen aus dem Pfarrhaus hinausgehen, denn wir hatten niemals Kleidung für alle sechs. Wir gingen abwechselnd aus dem Hause, niemals zur gleichen Zeit.

Damit wir Kinder durch unsere Bedürftigkeit, unsere Not und unseren Hunger nicht verdrossen würden und damit wir nicht ein Gefühl der Minderwertigkeit gegenüber den anderen Kindern bekämen, die zu essen hatten und Hüte, Schuhe und Mäntel besaßen, und damit wir in unserem furchtbaren Schmerz und unserer erschreckenden Armut gut und folgsam blieben, las die Mama Presbythera, unsere verehrungswürdige Mutter, die Dichterin, uns

täglich die Geschichte Jobs vor.

Das war ein äußerst gutes, augenblicklich wirkendes Mittel gegen alles Elend und alle Leiden. Gegen alle Schmerzen las die Mama Presbythera uns die Leiden Jobs vor. Zweimal täglich, dreimal täglich, fünfmal täglich. Alle Tage. So litt Job mit uns und wir mit ihm. Wir verglichen unsere Leiden mit denen dieses hl. Mannes. Wir kannten Job besser als alle anderen Wesen auf Erden und im Himmel. Job wohnte die ganze Zeit bei uns im Pfarrhaus. Er gehörte zu unserer Familie.

Die Leute arbeiteten alle weit, sehr weit vom Dorf in den Wäldern. Sie waren Holzhauer. Denn im Dorf gab es nichts zu tun, sie waren sehr arm. Mein Vater besaß weder Grund und Boden noch einen Obstgarten, noch Vieh, noch ein Haus. Von Zeit zu Zeit erhielt er vom Staat ein Hungergehalt. Gewöhnlich vergingen fünf, sechs, vierzehn, zwanzig Monate, ohne daß man ein Gehalt erhielt.

Als mein Vater 30 Jahre alt war, hatte er weißes Haar. Mit dreißig Jahren war mein Vater ein alter Mann. Die Zähne fielen ihm aus. Das Elend war daran schuld, die Unterernährung, die Anstrengung.

Aber sein Blick wurde im Gegenteil von Jahr zu Jahr schöner, lichtvoller, strahlender, so intensiv, daß sein Haupt davon umleuchtet war wie von einem Heiligenschein. Die Kraft Gottes trug ihn, erhielt ihn.

Ich sah etwas Außergewöhnliches:

Wenn mein Vater etwas ansah, dann erhellte er es mit seinem Blick wie mit Scheinwerfern. Als ich das sah, wurde ich mir zum erstenmal bewußt, daß die Heiligen die Welt erleuchten und heiligen, wenn sie sie anschauen. “Was schaust du?” fragte mein Vater, als er sah, wie ich ihn betrachtete. “Du leuchtest wie eine Ikone”, erwiderte ich errötend. Mein Vater lächelte.

Ist dieser ergreifende Kurzbericht aus dem Buch nicht ein Zeugnis tiefen Glaubens und unerschütterlicher Treue zu Gott und des Geborgenseins in Seinen Händen!

Kanisiusverlag, Freiburg/Schweiz
 

Glauben? Dazu gehört eine gewaltige Kraft

Vielleicht hast du das auch gelesen. Im Unterstock eines Hauses ist plötzlich Feuer ausgebrochen. Die Familie stürzt hinaus auf den Hof. Der fünfjährige Bub hatte nicht den Mut, durch den Rauch zu springen; er flüchtete die Treppe hinauf. Und nun ruft er aus dem vierten Stock:

Vati, hier bin ich! Der Vater sieht ihn und ruft: Spring nur, ich stehe hier. “Aber, Vater, ich seh dich doch nicht!” Der Vater: “Peter, du weißt doch, daß ich da bin, das genügt, spring nur...”

Glauben heißt letztlich: Sich Ihm ganz und gar anvertrauen, auch im dichtesten Dunkel. - “Gott weiß, daß ich da bin, das genügt mir” (Johannes XXIII.).


 

Stärker als russische Kerkermauern

Der Autor der folgenden Aufzeichnungen, Anatolij Krasnov-Levitin, wurde mehrfach und für längere Zeit in der Sowjetunion zu Gefängnisstrafen verurteilt. Der einzige Grund der Aburteilungen war, daß A. Krasnov ein gläubiger Christ ist und als solcher sich auch schriftstellerisch betätigt. Hier einen kleinen Auszug aus dem Gefängnisbericht Levitins, der im Spätherbst 1970 in Moskau inoffiziell verbreitet wurde.

Vor allem bin ich ein Christ. Ich fühlte mich im Gefängnis wohl und leicht und verließ es nervlich gestärkt, wie sonderbar es auch klingen mag, obwohl die Bedingungen dort immer sehr schlecht waren. Und es wäre schrecklich undankbar, wenn ich nicht sagen würde, was die Ursache meines Wohlbefindens gewesen ist. Da möchte ich nur ein Wort aussprechen: Das Gebet. In der Welt ist alles ein Wunder, und nur kurzsichtige Menschen können es nicht sehen: das Schöpfertum ist es, und das Gedächtnis, und das Gewissen.

Das größte Wunder ist das Gebet

Ich brauche mich nur in Gedanken an Gott zu wenden - und sogleich spüre ich die Kraft, die von irgendwoher in mich, in meine Seele, in mein ganzes Wesen eindringt. Was ist das? Psychotherapie? Nein, das ist keine Psychotherapie, denn woher sollte ich, ein älterer, müdegewordener, kleiner Mensch, diese Kraft haben, die mich erneuert und rettet und mich über das Irdische hinaushebt? Sie kommt von anderswoher - und es gibt keine Macht in der Welt, die sich ihr entgegenstellen könnte.

Ich bin kein Mystiker, keine übernatürlichen Erscheinungen oder besonderen Erlebnisse sind mir eigen und zugänglich. Mir ist nur das gegeben, was buchstäblich jedem Menschen gegeben ist - das Gebet.

Die Grundlage meines ganzen geistlichen Lebens ist die orthodoxe Liturgie, darum war ich im Gefängnis jeden Tag in meinen Gedanken bei der Liturgie zugegen. Um 8 Uhr morgens begann ich in der Zelle auf und abzugehen und wiederholte still für mich die Worte der Liturgie. In diesem Augenblick fühlte ich mich unlöslich mit der ganzen christlichen Welt verbunden; darum betete ich bei der großen Ektenie immer auch für den Papst und für den allgemeinen Patriarchen und für unseren heiligsten Patriarchen Alexij (solange er lebte), später für seinen Stellvertreter. In der Mitte der Liturgie angelangt, las ich für mich den eucharistischen Kanon; und nach den Wandlungsworten, vor dem Angesicht des Herrn, fühlte ich fast körperlich die Anwesenheit Seines verwundeten, verblutenden Leibes. Da begann ich, mit meinen eigenen Worten zu beten und erwähnte alle Menschen, die mir nahe standen, die im Gefängnis und in Freiheit waren, die Toten und die Lebenden. Und mein Gedächtnis flüsterte mir immer neue Namen zu, und so betete ich für alle russischen Dichter und die russischen Schauspieler und alle, die in unserem Land für die Wahrheit gelitten haben.

Und den ganzen Tag nach der Liturgie fühlte ich einen ungewöhnlichen Aufschwung des Geistes, eine geistliche Klarheit und Reinheit. Und nicht so sehr mein eigenes Gebet kam mir zu Hilfe, sondern das Gebet der vielen gläubigen Christen. Dieses Gebet fühlte ich ständig, es wirkte aus der Ferne und hob mich auf den Flügeln empor, schenkte mir das lebendige Wasser und das Brot des Lebens - die Ruhe der Seele, den Frieden und die Liebe.

Auszug mit Erlaubnis des Verlags “Possey”

 

Brüder! Schwestern! Ein Blick auf Jesus:

Aus der Hingabe an den himmlischen Vater erwuchs für Ihn ein Gottvertrauen, das so unerschütterlich und stark war, daß kein Kreuz und kein Schicksal es zertrümmern konnte. Hier erst entfaltete die Liebe zum Vater in den Himmeln ihre wundersamste Kraft, indem sie Leben und Sterben unbesehen und unbesorgt in Seine allmächtigen und gütigen Hände legte. Wie weit hat Er alle ängstliche Sorge hinter Sich geworfen, so weit, daß Er über die armen Menschen lächelt, die so schwer an ihrer Sorge tragen, daß sie den Vater und Seine sorgende Treue vergessen haben. “Wer unter euch kann denn mit seinem Sorgen seiner Leibeslänge eine Elle zusetzen? Wenn ihr nicht das Geringste vermögt, was macht ihr euch Sorge um das Weitere?”

Alles durch das Gebet

Charles de Foucauld schreibt aus tiefer Erfahrung: Wir vermögen alles durch das Gebet; wenn wir nichts erlangen, dann haben wir es entweder an Glauben fehlen lassen, oder wir haben zu wenig gebetet, oder aber es wäre von Übel für uns, wenn unsere Bitte erhört würde, oder Gott will uns etwas Besseres geben, als wir erbitten... Aber niemals erhalten wir das nicht, worum wir bitten, weil die Sache selbst zu schwer zu erlangen wäre: Es gibt nichts, was wir nicht erlangen könnten. Zögern wir daher nicht, von Gott die schwierigsten Dinge zu erbitten, wie die Bekehrung großer Sünder, ganzer Völker; und erbitten wir sie um so eifriger, je schwieriger sie sind, im Glauben daran, daß Gott uns leidenschaftlich liebt. Aber bitten wir mit Glauben, Beharrlichkeit, Ausdauer, Liebe und gutem Willen. Und seien wir gewiß, wenn wir so und mit genügend Ausdauer beten, werden wir erhört werden, die erbetene Gnade oder eine bessere erlangen. Erbitten wir daher voll Kühnheit die unmöglichsten Dinge von unserem Herrn, wenn Sie zu Seiner Ehre gereichen, und seien wir dessen gewiß, daß Sein Herz sie uns um so lieber schenken wird, je unmöglicher sie uns menschlich gesehen erscheinen, denn es beglückt Sein Herz, dem, den Er liebt, das Unmögliche zu schenken, und wie sehr liebt Er uns nicht! - Vergessen wir nicht, ob nicht ein Gebetshindernis unser Beten unfruchtbar macht, z. B. weil wir anderen nicht vergeben wollen.

Im folgenden werfen wir einen Blick auf:


 

Die Kirche Gottes im Sturm

Damals vor 200 Jahren und heute

Wir schreiben das Jahr 1771. Immer besorgter sind die Gesichter im Klerus und bei den Gläubigen geworden. Die Gespräche sind voll banger Ahnung. Seit Jahren tobt in der nichtkatholischen und katholischen Welt ein heftiger Kampf gegen den Jesuitenorden und das Mönchtum überhaupt. Besonders hervortun sich dabei die Königshöfe von Paris, Madrid und Lissabon. Aber auch Wien steht nicht zurück. Massenaustritte bei Benediktinern, Franziskanern, Zisterziensern, Serviten und Jesuiten sind die Folge. Die ehemaligen Ordenspriester werden die aggressivsten Feinde klösterlichen Lebens. Sie bedienen sich des damaligen Kommunikationsmittels, des Pamphlets. Ein leidenschaftlicher

Kampf gegen den Zölibat entbrennt.

Zu den Pamphleten kommen Romane, vor allem französische. Das Lieblingsthema dieser Romane sind detaillierte Beschreibungen von Unzucht zwischen männlichen und weiblichen Ordensangehörigen. In Köln wird ein Buch verlegt unter dem bezeichnenden Titel “Venus im Kloster”. Welche Ähnlichkeit mit der heutigen Presse! 1773 geschieht es: Der Jesuitenorden wird aufgehoben. In Spanien und Portugal verfrachten die Regierenden Tausende von Jesuiten auf Schiffe und schicken sie nach Rom mit dem hämischen Bemerken: Der Papst möge für sie sorgen. Die Umstände der Fahrt waren so schikanös, daß ein Teil Jesuiten Rom nicht lebend erreichte. 30 Jahre später werden

alle Klöster aller Orden geschlossen.

Es ist das Jahr der Säkularisation. Für die Insassen bedeutet es Not und Elend, da es noch keine Kranken- und Altersversorgung gibt. Für Fürsten und Städte ist es billiger Raubzug. Am schlimmsten aber wird das katholische Volk getroffen; denn Vertreibung der Ordensleute bedeutet das Ende des katholischen Schulwesens, vor allem der Höheren Schule, ein Schlag, von dem sich der katholische Volksteil Deutschlands bis heute nicht erholt hat. Ebenso tief betroffen ist die Mission in Asien, Afrika und Lateinamerika: in eine strahlend schöne Blüte fällt vernichtender Reif.

Jeder ist sich darüber im klaren, daß der Kampf gegen die Orden und den Zölibat in Wirklichkeit ein Kampf gegen die Kirche ist. Was keiner fassen kann, ist die beklemmende Erkenntnis, daß die Vorkämpfer in diesem Streit Bischöfe sind: Bischöfe in Frankreich, Bischöfe in Italien, Bischöfe in Holland, Bischöfe in Deutschland. Die französischen Bischöfe bekennen sich zu den sogenannten vier gallikanischen Artikeln, deren einschneidendste These lautet: Der Papst ist nicht unfehlbar, ausgenommen, wenn die Kirche seinen Entscheidungen die Zustimmung gibt. In Italien findet 1780

die berüchtigte Synode von Pistoia

statt. Die verabschiedeten Leitsätze lauten: Autorität liegt in der Kirche bei der Gesamtheit. Der Papst ist fehlbar. Die äußere Zucht, auch in der Kirche, liegt beim Staat. Das Ganze ist in die Geschichte eingegangen unter dem Namen Episkopalismus, d. h. Bewegung der Bischöfe gegen die Oberhoheit des Papstes.

In Frankreich wie in Italien verbindet sich dieser Episkopalismus mit Liebedienerei vor der Staatsautorität.

Am schlimmsten aber geht es in Holland zu. Hier hat sich die gefährlichste Irrlehre des 17. und 18. Jahrhunderts der Gemüter bemächtigt: der sogenannte Jansenismus. Er wird verurteilt, aber er ist nicht überwunden. In Deutschland schreibt Nikolaus von Hontheim, der Weihbischof von Trier, unter dem Pseudonym Febronius ein Buch, das ungeheures Aufsehen erregt und den Bestrebungen der Bischöfe in Frankreich, Italien, Holland und Deutschland sowie den weltlichen Machthabern stark entgegenkommt. Febronius bekämpft den Papst: Er habe in den Bistümern außerhalb Roms keinerlei Rechte. Und Lehrautorität über Rom hinaus komme ihm auch nicht zu. Er sei wohl der erste unter den Bischöfen, aber nur der Ehre und dem Range nach. Angeregt und ermutigt durch dieses Buch treffen sich damals die Bischöfe von Köln, Mainz, Trier und Salzburg in Bad Ems und erlassen die sogenannte Emser Punktation, in der sie mehr Freiheiten gegenüber Rom fordern. Es geht weniger um Kollegialität, als um Eigenherrlichkeit.

Ein neuer Feind entsteht der Kirche

in der französischen Revolution und ihrer Anbetung der Vernunft. Was wir heute “Entmythologisieren” nennen, hieß damals Aufklärung. Es geht jetzt schon nicht mehr nur gegen den Papst und die Kirche, es geht gegen jeglichen Offenbarungsglauben. Weg mit den Dogmen, weg mit der Inspiration der hl. Schrift, weg mit dem Lehramt! Freiheit, Natur, Vernunft werden die Schlagworte der Zeit.

Kirchen sind überflüssig. Allein in Köln werden 75 Kirchen und Kapellen dem Erdboden gleich gemacht. Das Kölner Domkapitel läßt ein wunderbares gotisches Sakramentshäuschen in den Rhein stürzen. In Seligenthal pflastert man die Straßen mit Schweinslederbänden aus der Bibliothek des aufgehobenen Franziskanerklosters.

Da aber der Mensch etwas braucht, was er verehren kann, werden in den noch erhalten gebliebenen Kirchen halbnackte Frauen auf die Altäre gesetzt und als Göttinnen der Vernunft im Kerzenlicht, Orgelspiel, Gesang und Weihrauch angebetet. Unter dem Namen Mitmenschlichkeit suchen Freimaurer und Illuminaten eine neue Religion, eine neue

Welt ohne Offenbarungsglauben

aufzuziehen, eine Welt, in der man mündig und menschenwürdig leben kann. Die Parallelen zwischen 1771 und 1971 ließen sich bis ins Detail weiterziehen, aber das Aufgezeigte hat Sie, meine Freunde, längst hellhörig werden lassen. Wollen

Sie noch ganz kurz wissen, wie es weitergegangen ist?

Das 19. Jahrhundert ist zwar keineswegs in allem ideal, aber die Menschen entdeckten wieder ihren Sinn für Schönheit und Poesie. Es findet unter der geistigen, vor allem der schriftstellerischen Elite eine ungeahnte Hinwendung zur Kirche statt. Die Menschen entdecken die Kirche und das Lehramt der Kirche neu. Das 19. Jahrhundert wird ein Jahrhundert überreichen Priester- und Ordensnachwuchses und nie dagewesener Verehrung für den Papst. Jansenismus, Gallikanismus, Febronianismus und Emser Punktation sind auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet. Wieder einmal hat sich das Wort von den Pforten der Hölle als göttliche Wahrheit erwiesen.

Und heute? Es ist, als wäre die Endzeit angebrochen. Dunkel und dräuend wälzen sich über die Erde unheimliche geistige Gewitter. Satanische Tücke und Bosheit scheinen zu triumphieren. Die Macht des Abgrunds droht die Kirche zu vernichten, und doch gilt heute wie damals Christi ehernes Wort: “Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.” Auch wenn die Kirche noch so schwach ist, sie ist unzerstörbar. Nach P. Marianus Hanke-Berlin, “Der gerade Weg”


 

Gebet der Christenheit in unseren Tagen

O Vater! Sende uns hl. Priester, die uns mit dem Kreuz vorangehen und mit den hl. Engeln die Fallstricke der Hölle aufdecken und vernichten! Lasse nie die Gnade der Sakramentenspendung durch sie ausgehen!

Sende uns hl. Ordensleute, die mit ihrem Licht des Glaubens, der Demut, der Reinheit und der Liebe uns allen Wegweiser zum Himmel sind, an die das Volk sich halten kann!

Sende uns heilige, frohe und tapfere Jugend, die sich nicht beeinflussen läßt von den vergifteten Strömungen in der Welt und die das hl. Erbe der Väter hütet!

Sende uns hl. Mütter, die ihr selbstloses Leben schweigend und lehrend, liebend und opfernd weitergeben wie nie versiegende Brunnen!

Sende uns hl. Bauern, die in ihrer Treue wie Ecksäulen der Schöpfung als Schutz und Halt von Kirche und Heimat vor Dir stehen!

Sende uns hl. Kranke und Barmherzige, die durch ihr geopfertes Leid und Leben weithin Trost und Segen und Licht verbreiten!

Sende uns hl. Arbeiter und Schaffende, die ihre Arbeitsstätten zu Zellen und Burgen der hl. Engel machen, die mit uns kämpfen, die die Angriffe der Hölle vernichten!

Sende uns hl. Kinder, die immer neuen Frühling und neue Freude, neue Hoffnung in die Familien, in das Land und in die Kirche tragen!

Sende uns hl. Sühnende, die das Ackerland der Kirche umpflügen!

Sende uns auch solch hl. Männer und Frauen ‘ die einsam auf ihren Posten stehen und ihn halten, die durch das Licht ihrer Standhaftigkeit wieder Halt den Einsamen und Ringenden sind!

Sende uns endlich eine hl. Führung der Mutter Kirche, Deiner Braut!

Sende uns hl. Bischöfe und Ordensvorsteher, die in Demut und Weisheit ihren Weg gehen mit dem Licht des Glaubens und der Barmherzigkeit in ihrer Rechten und dem Lichte des Starkmutes in der Linken, die in ihrem Herzen die glühende Gottes- und Nächstenliebe tragen!

Sende uns hl. Theologen und Wissenschaftler, die sich zuerst auf die Gaben des Hl. Geistes in Demut stützen und dann erst auf eigene Kenntnisse, die das Schiff der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche auf dem wildbewegten Meer dieser Zeit zu steuern vermögen und mit heiliger Unterscheidungsgnade die eingedrungenen Schachzüge des Bösen zu erkennen vermögen.

Gib der Kirche die Gnade der über alle Welt strahlenden Heiligkeit und Einigkeit, gib ihr die Liebe zu Deiner Mutter und zu Deinen Engeln und Heiligen und lasse das hl. Kreuz als Siegeszeichen über uns allen stehen! Amen.

 

Es folgt nun ein sehr ausführlicher, tief ergreifender Bericht über das Thema:


 

Ein Priesterleben, der Liebe und der Sühne geweiht

Schwerstes Leid, überstrahlt von Gottes Vaterliebe

Pater Dr. Augustin Rösch SJ, München, schildert seine erschütternden Erlebnisse im Berliner SS-Kerker Moabit:

Es war an einem sehr kalten Winterabend Mitte Januar 1945. Mein Mitbruder, Bruder Paul Moser und ich, der greise Pfarrer H. H. Neumaier von Oberornau und ein anderer Münchner Priester, die ersten zwei aneinander gefesselt, standen wir vier Gefangene unter Bewachung auf dem Bahnhof München-Pasing.

Es war nicht schön auf dem Bahnhof: Viel Haß und Verachtung um uns; nur wenige wagten es, ihre Hilfsbereitschaft zu zeigen. Mit einem Vorortzug ging es nach Olching und von da mit dem Schnellzug München-Berlin, zweiter Klasse (!), nach dem Norden, zur Aburteilung vor dem Volksgerichtshof. Unsere Begleitung bestand aus einem Gestapo-Offizier und einem Posten. Der erste war unheimlich, der zweite gut. Zwei Blitzlichter: Der Offizier brüllte: “Ich muß die zwei Jesuitenhunde so setzen, daß sie nicht miteinander reden können.” Endergebnis: Es gelang uns beiden Jesuiten doch, nebeneinander zu kommen, gefesselt miteinander den Rosenkranz zu beten und auch sonst zu sprechen, während die anderen schliefen. Und der gute Posten: Kaum war der Offizier einmal außerhalb des Abteils, ließ er sich in seiner Güte gewinnen, nach seiner Rückkehr nach München mitzuteilen, wo wir inzwischen hingebracht worden waren. Nach wenigen Tagen der Haft in Berlin schrie mich der gleiche Gestapo-Offizier vor einem Verhör an: “Du Oberjesuitenl.. p, wie hast du nur das wieder gemacht? Da bringen wir euch geheim herauf nach Berlin, daß gar niemand wissen soll, wo ihr seid, und schon ist für jeden Post da mit ganz genauer Anschrift. 'raus mit der Sprache! Wie hast du das wieder gemacht?”

(Er merkte nicht, eine wie gute Nachricht er mir gab. Man wußte in München Bescheid, wenn die Post selber auch nie in meine Hände gekommen ist.) Aber das Herz klopfte heillos. Der Posten durfte nicht in Gefahr kommen. Schutzengel hilf! Er gab mir wohl die Antwort ein: “Ja, geht denn das nicht amtlich?” - “Das ist höchstens noch bei euch in Bayern möglich! So 'ne Verrücktheit!” Trotz alledem, er schien an die Tatsache dieser “amtlichen Verrücktheit in Bayern” zu glauben, und so war die Gefahr für den Posten vorüber.


 

Hier in Berlin müssen wir sterben

Im Anhalter Bahnhof Berlin angekommen, mußten wir auf einer Bank im Dienstraum Platz nehmen. Der H. H. Pfarrer flüsterte mir zu: “Hier in Berlin müssen wir sterben. Wir wollen uns gegenseitig noch einmal die hl. Absolution geben.” Wir taten es still und unbemerkt. Gott weiß allein, welche Kraft und welcher Trost in solcher Stunde die Gnade des Sakramentes zu spenden vermag.

Mit Autos brachte man uns bald nach Berlin-Moabit, in einen gewaltigen Gebäudeblock, der Gefängnis, Zuchthaus und Raum für “Schutzhäftlinge” zugleich war, zu denen wir gehören sollten. Es ging durch mehrere Tore und lange, zum Teil zerbombte Gänge hindurch, bis wir im Inneren, vor dem sogenannten “Büro” waren, in dem die Aufnahme stattfand. Hier mußten wir zunächst mit dem Gesicht so nahe an der Wand stehen, daß diese von der Nasenspitze fast berührt wurde. Das war schmerzhaft und erniedrigend. So schaute ich mich - gegen das Verbot - nach einer Weile vorsichtig - wie ich meinte - um. Was ich sah und was ich fühlte, flößte mir so einen Schrecken ein, daß ich nicht mehr umzuschauen wagte. Es wurde mir langsam klar, wo wir waren und was auf uns wartete. Die Aufnahme ging rasch vor sich: Angabe der Personalien - Abnahme alles dessen, was man bei sich hatte, außer Kleider und etwas Wäsche. Im Gegensatz zu den drei Mitgefangenen durfte ich auch

keinen Rosenkranz, kein Brevier,

gar nichts behalten. Aber zwei ganz unscheinbare Sachen konnte ich unbemerkt durch retten, ohne die - so eigen es klingen mag - sehr viel der ganzen späteren, immer strengstens verbotenen Seelsorge unmöglich gewesen wäre, nämlich “zwei Sicherheitsnadeln”. Um jede Selbstmordmöglichkeit auszuschließen, mußten wir ja auch die Schuhbänder, vor allem aber die Hosenträger abgeben. Das Hungern machte schlank, und so war man gezwungen - auch eine Verdemütigung -, im Lauf der Zeit die Hosen immer zu halten. Rein äußerlich wäre es ohne die Sicherheitsnadeln nicht möglich gewesen, später die hl. Messe zu feiern, die hl. Kommunion auszuteilen, verbotenerweise zu den Sterbenden zu kommen. Auch die Fesseln aus München wurden abgenommen; statt ihrer aber wurden andere angelegt, Stahlbänder um die beiden Pulse, so daß die beiden Hände und die Finger -mit den Innenflächen aneinandergefügt waren und noch viel weniger Bewegungsfreiheit blieb und auch die Brust sehr eingeengt wurde, und das erschwerte wieder sehr das Schlafen in den Fesseln. Gefesselt wurde ich, gottlob, allein. Die drei anderen waren davor nun bewahrt geblieben. Aber ich wollte den Grund der Fesselung wissen. Trotz viel innerer Angst fragte ich den Gestapo-Offizier, der mit uns gefahren war, danach. “Ah”, klang es spöttisch, “das muß ich schon sagen, warum.

Gefesselt, und zwar Tag und Nacht,

gelt, auch in der Nacht und auch in den Bombenangriffen, werden hier im Hause die, die schon zum Tode verurteilt sind oder auch ohne Urteil sicher hingerichtet werden. Und gefesselt seid ihr, daß ihr euch vorher nicht selber umbringen könnt.” - Ich schaute ihn daraufhin lange an. Die Freude, jetzt schon äußerlich etwas von der Todesangst zu bemerken, sollte er nicht haben. So schrie er denn: “'raus aus dem Büro und hinein in eine Zelle!” Aber Härte und Güte stehen immer wieder beieinander. Der Kommandant der Schutzhäftlinge - auch ein SS-Offizier - sagte, um mir zu helfen: “Ach was, ein katholischer Pfarrer bringt sich doch nicht um; der braucht doch keine Fesseln.” - “Die Fesseln bleiben”, sagte der andere und ging hinaus aus dem Büro. Nun suchte mich der Kommandant zu trösten: “Herr Pfarrer (wie eigenartig das klang!), lassen Sie sich nicht unterkriegen... den Kopf hochhalten... ich gebe Ihnen eine anständige Zelle... gegen die Gestapo kann ich leider nichts machen... aber Kopf hoch... Also” - er schaute in seinem Buch nach - “wir nehmen die Zelle 547; sie ist sauber.” Ich bedankte mich für seine Güte; leider wurde er später, im Frühjahr 1945, von der Gestapo ermordet.

 

Zelle 547

Ein Posten führte mich über Eisentreppen hinauf zur Zelle 547. Es war schon ziemlich spät, an einem Samstagnachmittag. Inzwischen war es ganz still in den Gängen geworden. Nichts war zu sehen außer dem Posten. Die Zelle 547 wurde aufgesperrt, der Riegel vorgeschoben, geöffnet, man hieß mich hineingehen, die Eisentür wurde geschlossen, der Riegel zugeschoben, der Schlüssel drehte sich im Schloß. Nun war ich allein. Die Innenbeschreibung ist bald gemacht: Über vier Meter lang, zwei Meter breit, ein aufklappbarer Holztisch mit einem Hocker ohne Lehne, eine Pritsche mit einem steinharten Keilkissen und einer Decke, ziemlich hoch an der Wand ein kleiner Schrank (ein Spind) für etwas Wäsche, ein Kübel, ein Wasserkrug, eine Waschschüssel aus Email, die gleichzeitig als Suppenschüssel diente. Das einzige Besteck, einen Löffel, erhielt man erst beim Essen. Nachdem ich mich gefaßt hatte - ein Posten schaute durch das Guckloch an der Türe immer wieder herein -, begann ich die Zelle genauer anzusehen, schon auch um mich etwas abzulenken. Plötzlich finde ich an der östlichen Zellenwand, wohl mit Fingernägeln in den Kalk gegraben, ein Kreuz und in bestimmten, gleichen Abständen immer wieder ein Kreuz, im ganzen 14, und an der Stelle des 15. las ich das Wörtchen “Alleluja”. Da hatte also einer (wer mag es wohl gewesen sein? Ob er noch lebte oder schon das ewige Osteralleluja erlebte?) sich in seiner Einsamkeit und Verlassenheit

einen Kreuzweg in die Wand geritzt

und wohl in der Kraft des hl. Kreuzweges sein Kreuz zu tragen versucht. “Wir danken Dir, Herr Jesu Christ. Denn durch Dein hl. Kreuz hast Du die Welt erlöst”, bist auch die innere Erlösung der Gefangenen geworden. Aber leider, auch der Teufel hatte seine Ecke. Abgesehen von fürchterlichen Bildern, Worte schrecklicher Lästerung, lodernden Hasses gegen Gott, grausiger menschlicher Verzweiflung, Offenbarungen tiefsten seelischen Elends.

Es trieb mich zum Beten - eigenartigerweise kam mir als erstes die Oration der Komplet in den Sinn: “Halte Einkehr, wir bitten Dich, Herr, in dieser Behausung, und alle Nachstellungen des Feindes verjage weit von ihr. Deine hl. Engel mögen wohnen in ihr und uns in Frieden bewachen, und Dein Segen sei immerdar über uns durch Christus, unsern Herrn. Amen.” Und schneller, viel schneller, als ich es überhaupt je zu denken, noch viel weniger zu hoffen gewagt habe, kam Gott zu Besuch, der eucharistische Heiland selber.

 

Frauen und Kinder brachten die hl. Kommunion

Das war so: Schon am zweiten Morgen - ich hatte wegen der Fesseln nicht schlafen können und lag mitsamt den Kleidern noch auf der Pritsche - schlich sich plötzlich ein Mann in die Zelle (es war dies unter strengster, bis zur Todesstrafe verboten), ging rasch zu mir an die Pritsche und fragte leise: “Pater, wie geht es?” Mir fuhr es blitzschnell durch den Sinn: Er sagte Pater. Woher weiß er, daß ich ein Pater bin? Ist es ein Spitzel? Darf ich trauen? Ist es ein guter Mensch? Er merkte meinen Zweifel. “Pater, keine Sorge... ich bin selber Gefangener... Katholik... Arzt. Hab' erfahren, daß Sie hier sind... will helfen.” - “Haben Sie Erlaubnis?” Er lächelt: “Nein, aber... ich versuche es. Doch, ich muß schnell wieder hinaus - wollen Sie morgen die hl. Kommunion haben?” Nun geht es wieder so rasch wie in einem Film. “ hl. Kommunion... hier im SS-Zuchthaus, das kein Geistlicher, auch nicht für die Sterbenden, betreten darf.” -“... Pater, schnell, wollen Sie?” - “Ja, natürlich, ja” - “Also morgen früh, so Gott will”, und draußen war er. Ich hätte es nicht sagen können: War es Traum, war es Wirklichkeit? In der Nacht war Fliegerangriff. Wir blieben gefesselt in den Zellen und konnten uns auch gegen Brandbomben nur mit äußerster Mühe wehren. Der Angriff wiederholte sich gegen 4 Uhr. Ich hatte Angst, ob wohl der Arzt kommen könne. Er kam. Plötzlich war er wieder in meiner Zelle - während des Waschens am Morgen standen sie offen -, kniete vor mir nieder, gab mir ein Linnentüchlein und sagte leise:

“Pater, der Heiland ist da... es sind zwei hl. Hostien...

gut achtgeben bei Inspektionen... bitte, geben Sie mir und für die Meinigen daheim und für uns alle im Hause den Segen.” Ich halte den eucharistischen Heiland in den gefesselten Händen und gebe den Segen. Er dankt kurz, und im Nu ist er draußen, und ich bin allein und bin nicht mehr allein, bin zusammen mit Jesus, im heiligsten Sakrament.

Die kalte, kahle, graue Zelle war durch die opferbereite Güte Berliner Frauen und Kinder, die immer wieder neue Wege zu finden wußten, um die hl. Kommunion trotz Posten und Wachen und Kontrollen den Gefangenen zukommen zu lassen, zu einer trauten Kapelle geworden, und sie ist es geblieben mit Gottes Hilfe, die ganze Zeit der Gefangenschaft hindurch, bis zur Stunde des Auszuges, da die letzten Übergebliebenen von vielen Hunderten in kleiner Zahl dem Tod entrinnen durften. - Schon am nächsten oder übernächsten Tag hatte der eucharistische Heiland auch bei Bruder Moser - seine Zelle war einen Stock über mir - Einzug gehalten. Wir hatten nun die Kirche mit dem Heiland. Der Anfang für eine Pfarrei war vom Herrgott selber gemacht worden; Er wollte damit offensichtlich mitten unter den oft unsagbar schwer geprüften Männern in unserem Moabiter Block, trotz oder wohl auch gerade wegen des unmenschlichen Verbotes des Zutrittes irgendeines Priesters zu Ihnen, in all ihrer Not, in aller Stille und Verborgenheit eine Pfarrei aufgebaut wissen! Das war ein wundersamer Auftrag. Aber der gütige Vater-Gott mußte die Wege dazu aufzeigen und die Mitarbeiter finden lassen.

Verbindung mit anderen Gefangenen

Bei einer der ersten Zelleninspektionen sagte ein Posten - anscheinend so ganz nebenbei: “Na ja, bis spätestens Mitte Februar müssen alle Gefangenen in diesem Bau verurteilt und muß das Urteil vollstreckt sein.” Meinte er es gut oder ungut? Auf alle Fälle: Die Zeit war kurz und kostbar. Wie es nur als Einzelhäftling anfangen, um anderen als Priester helfen zu können? Der Herrgott zeigte den Weg. Seine Hand führte wunderbar.

Meiner Zelle gegenüber war ein Gefangener, der, schwer vornübergebeugt, kaum mehr sich aufrecht halten konnte. Ich wagte einen Posten, der nicht unfreundlich zu sein schien, trotz strengen Verbotes zu fragen: “Was fehlt dem da drüben?” - “Essen - er ist am Verhungern.” Es gab ja am Morgen nur einen Schöpflöffel voll Suppe. Am Abend wieder einen Schöpflöffel Suppe mit einem oder zwei Rädchen hauchdünner Wurst. Da mir die ersten Tage auch beim Essen die Fesseln nicht abgenommen wurden - dies sollte dazu beitragen, einen möglichst rasch auch innerlich zu brechen -, so mußte die Suppe geschlappert werden, wie es daheim unser Hund tat. Aber das Essen war sehr heiß, den Mund konnte man sich nicht recht abwischen - mit oder ohne Hunger: Ich verzichtete. Aber zurückgeben durfte man auch nichts. Also hier war eine Möglichkeit, etwas Gutes zu tun: Ich bitte den Posten, die Suppe dem armen, fast verhungerten Gefangenen in der Zelle mir gegenüber zu geben. “Es ist verboten... eigentlich ist es verboten...” Ich flüsterte: “Helfen Sie ihm!” Und was war des Postens Antwort? “Sie müssen selber essen, Sie werden viele, lange Verhöre haben... Die sind böse, grausam. - Sie müssen stark bleiben, um nicht andere zu nennen.” Ich schüttelte den Kopf. “Gut, ich bringe sie ihm...” Nach etwa einer viertel Stunde sperrte er meine Zelle wieder auf: “Da haben Sie Ihren Napf. Der da drüben läßt Ihnen herzlich danken...

Er war beinahe am Verzweifeln...

aber jetzt: so viel Suppe hat er seit langem nicht gehabt... er will für Sie beten.” - “Wie heißt er?” - “Darf ich nicht sagen.” (Dabei schaut er ängstlich, ob er nicht überwacht ist. Unser Haus war so gebaut, daß an den Wänden ein schmaler Gang lief; sonst war vom Keller bis zum Dach alles frei. So konnte auch von allen Seiten viel gesehen werden.) “Aber, aber... geben Sie acht! Sie dürfen nicht jeden Posten ansprechen... es sind sehr scharfe darunter, von denen Sie angezeigt werden; dann gibt es erst noch Strafbunker... Dunkelbunker mit Prügeln und ohne Essen... oder der Posten ißt die Suppe selber...” Ich wage noch schnell die Frage: “Aber, wie weiß ich, wer gut ist...” Er geht weg, macht eine Runde, kommt wieder und sagt: “Sind Sie christlich?” - “Ja.” - “Sie verraten nichts?” - “Um Gottes Willen, nein...” “Dann hören Sie: Ich sage Ihnen genau, wer von den Posten, die jeweils acht Tage auf diesem Gang sind, gut und gefährlich ist, und zeige Ihnen die guten...” Diese guten Posten besorgten von mir an Gefangene das Essen - etwas Suppe, ein Stück Brot, einige Kartoffeln. Später erhielt ich durch Vermittlung von guten Leuten in der Stadt Liebesgaben, die ich wieder vorsichtig verteilen lassen konnte. So war es auch möglich, mit Bruder Moser durch die Posten Verbindung zu halten. Sie übermittelten dann auch Grüße, und manch einer besorgte manches kurze Brieflein.

Was waren das selige Augenblicke,

wenn der Posten schnell etwas in die Hand drückte und sagte: “Von Ihrem Schweizer Freund da oben... er ist munter... er hält sich tapfer, er wünscht alles Gute!”

Schon nach einigen Tagen rief man mich und andere ins “Büro”. Wir sollten zum Verhör ins Reichssicherheitshauptamt gefahren werden. Mein Nachbar im Auto zitterte mitleiderregend. Er wußte schon zuviel von den Torturen. Ich suchte ihn zu beruhigen, indem ich ihm meine gefesselten Hände auf seine legte. Er war ergriffen, schaute mich dankbar an und flüsterte nur: “Katholisch?” - “Ja, katholischer Priester...” - “Oh... Absolution.” Ich nickte. Leise... “Jesus, Barmherzigkeit... Ego te absolvo...” Nie in meinem Leben werde ich das Leuchten vergessen, das nun in seinen Augen stand... Gesehen hab' ich ihn nie mehr... Der Herr war zu ihm gekommen und hatte einen Priester, vielleicht auf seine letzte Fahrt geschickt... Gnade Gottes in Fesseln.

 

 

Beichte beim Spaziergang

Endlich, endlich, zum erstenmal durfte auch ich auf den sogenannten “Spaziergang” im Zuchthaushof. Schnell war ich vor allen anderen drunten, um wieder einmal frische Luft schöpfen und laufen zu können. Diese Spaziergänge aber wurden Zeiten großer Gnaden; sie wurden die Beichtzeiten für die Gefangenen. - Es war bekannt geworden, daß ich katholischer Priester, Jesuitenpater, war... Da drängten sich auf dem Spaziergang in den drei sogenannten konzentrischen Kreisen am Anfang die in meine nächste Nähe, die beichten wollten. Es war oft mühsam, immer gefährlich, aber unsagbar beglückend. Mittendrin ließ einer aus einem anderen Kreis merken, ich solle zu ihm kommen. Aber wie das anstellen? Ein Weg war, ohne jede Erlaubnis zum aufsichtführenden Feldwebel zu gehen und etwas zu fragen. Da wurde man heillos zusammengestaucht, und der Schluß hieß: “Los - zurück in die Reihen - sonst...” Und dann ging ich - nicht an meinen alten Platz, sondern zu dem Mann im anderen Kreis, der beichten wollte... Viel konnte gegenseitig natürlich nicht geredet werden, aber viel, über die Maßen viel Freude, Glück, Trost gab die Absolution. Später konnte es noch einfacher gemacht werden: Die Mitgefangenen schmuggelten durch gute Posten

ihre geschriebenen Lebensbeichten

in meine Zelle, gaben dabei ein Kennzeichen, ein Stichwort für den nächsten Spaziergang an, und so durfte ich oft eine ganze Anzahl Lossprechungen geben. Denn jetzt war es “organisiert”. Dabei gab es oft sehr heitere äußere Umstände, inmitten all der inneren Not. Gefangenschaft und Helferwillen machen erfinderisch. Einmal - wir mußten im Kreis gehen, andere, etwa 8-10, hatten Sand zu fahren

-, beim Vorbeigehen, höre ich einen guten Freund leise sagen: “Pater, bitte, Absolution.” - “Ja, lieber Gott, wie? Hilf das Rechte finden!” Ich sah ein ziemlich großes Loch am Weg, voll Wasser vom letzten Regen, und flüsterte dem Freund zu: “Schnell den großen Wagen mit Macht in das Regenloch hineinfahren!” Ich mußte schon weiter im Kreis. Wie ich allmählich wieder an die Stelle beim Wagen komme, mußte ich für mich lachen: Sie waren so fest hineingefahren, daß sie das Rad des voll beladenen Wagens nicht mehr aus dem weichen Boden herausbekamen. Es hatte geklappt. Nun schrie ein guter Kamerad von mir laut: “Donnerwetter, noch einmal, Leute, ihr seht doch, daß die den Wagen nicht mehr losbringen. Helft ihnen doch!” Und im Nu waren wir zu dritt oder zu viert am Wagen, innerlich voll Angst, ob uns die Wache oder die Aufsicht zurückpfeifen würde. Niemand pfiff! Und jetzt, während man sich am Wagen herumplagte, konnte ich auf der den Posten entgegengesetzten Seite hinter dem Wagen Beichte hören. Nun war der Wagen fast flott; da sagten zwei: “Um Gottes Willen - wir waren noch nicht dran mit der Beichte.” - “Na, gut”, sagte einer, “dann nochmal 'rin mit dem Ganzen.” Und wieder war das Vorderrad fest im sumpfigen Regenloch. Als alle fertig waren, noch lange klang es mir in den Ohren:

“Pater, wir sind restlos glücklich”,

da wurde der Wagen “endlich” herausgebracht, und das Drollige war erst noch, daß ein sonst ziemlich bissiger Posten, als er uns vier in den “Kreis” zurückkommen sah, sagte: “Das war anständig! Das war Kameradschaft!” Der größte Freund aber war der Herr in Seiner Gnade gewesen, Jesus Christus, der Seine Schäflein in der Not aufsucht.

Auf ins Wannenbad

Eines Tages reißt jemand meine Zellentür auf. Ein Kalfaktor, der inzwischen mir gut Freund geworden war, flüstert: “Pater, wollen Sie ein warmes Wannenbad haben?” Ich begriff nicht, “Wannenbad, im SS-Zuchthaus, das für uns KZ war. Wannenbad?”...Ich muß sehr dumm geschaut haben... Jetzt brüllt er mich schrecklich an: “'raus mit Ihnen...”, und leise sagt er: “Pater, stecken Sie Handtuch und Seife ein...” Wie im Traum mache ich es und gehe ihm nach, aus der Zelle heraus. Da war ich im Nu wach, im Nu... Es standen etwa zehn der allergefürchtetsten SS-Leute da. “Was ist mit dem da?” fragt einer von ihnen den Kalfaktor und deutet auf mich. “Der soll zum ‘Büro”`. (Büro hieß soviel wie “Zum Verhör”, mit Prügeln, Tortur usw.) “Ach so, das soll ihm guttun! Hoffentlich bis lange in die Nacht hinein. Es war aber erst

½10 Uhr vormittags. Der Kalfaktor herrscht mich an: “Vorwärts... Tempo, Tempo!” Wie wir außer Hörweite der SS sind, sagt er rasch: “O Pater, die dummen Kerle! Folgen Sie mir, rasch am ‘Büro' vorbei, hinunter in den Keller. Da drunten pfeift einer leise; dorthinein. Alles Gute zum Wannenbad.”

Er war verschwunden. Ich tat, wie er mir gesagt hatte. Richtig, kaum war ich im untersten Kellergang, da pfiff es leise irgendwo im Dunkel, und ich hörte jemand rufen: “Hierher, Pater!” Plötzlich öffnete sich eine Tür. “Schnell, da herein!” Vor mir steht eine große, fast hünenhafte Gestalt mit ungemein gütigen Gesichtszügen. “Grüß Gott, Pater! Alles gut gegangen?” Oh, dieses heimatliche “Grüß Gott!” nach so langer Zeit wieder zum erstenmal zu hören. Ich erwiderte den Gruß und fragte: “Wo bin ich jetzt?” - “In einem Baderaum.” - “Wer sind Sie?” - “Der Bademeister”, antwortete er lächelnd. “Doch nicht von Beruf?” - “Nein”, sagte er, “nein, Pater”.

Von Beruf bin ich Generaldirektor

einer großen Kohlengrube.” - “Aber, wie kommen Sie hierher?” - “Wie so viele andere auch. Ich hab' für meine Leute sorgen wollen - für Essen -, hab' Krach bekommen mit Bonzen, die nichts geben wollten, aber selber im Überfluß leben - wurde angezeigt - bin da.” - “Seit wie lange?” - “Seit über eineinhalb Jahren.” - “Haben Sie Verbindung mit Ihrer Frau und Familie?” - “Nur verbotenerweise.” Ich sagte ihm mein Beileid. Er gab mir die Hand. Sein Gesicht zuckte etwas. “Ja”, sagte ich, “was ist nun mit mir?” - “Pater, Sie sollen auch etwas Gutes, ein warmes Wannenbad bekommen.” Lachend fragte ich weiter: “Was kostet das?” (Es gab nicht viel umsonst im Zuchthaus!) “Eine Zigarre oder drei Zigaretten für so einen ‘Herrn Wachtmeister', der sich damit gewinnen läßt. Wer badet, interessiert ihn nicht. Nur der Preis für ein Bad. Aber, Pater, wir wissen, Sie rauchen nicht; es ist schon für Sie bezahlt. Und sehen Sie: Wenn wirklich eine Kontrolle kommt, dann verschwinden Sie rasch hinter diesem Kohlenhaufen. Dahinter ist eine kleine ‘Sackgasse, dahinein kriechen Sie. Wenn die Posten nicht Hunde mitnehmen, wird man Sie nicht finden.” In dem Vorderraum waren zwei Badewannen; im Nebenraum Heizkessel und anschließend Kohlenkeller.

 

Osterbeichte wie nie zuvor

“Also”, sagte der “Bademeister”, “noch etwas Geduld, Pater, und dann gibt es warmes Wasser.” Auf einmal klopft es an der Tür. Mein Herz erschrickt heillos. “Ruhig bleiben, Pater, ein gefährlicher Posten klopft nie; der reißt einfach die Tür auf.” Er öffnet. Herein kommt ein Mitgefangener, ein ehemaliger Stellaner (Schüler der Schule “Stella Matutina” in Feldkirch). “Grüß Gott, Pater.” - “Grüß Gott.” - “Sie sind erstaunt, mich hier zu sehen, Pater?” - “Ehrlich gesagt, ich bin nicht wenig erstaunt.” - “Ja, ich bekomme auch ein Wannenbad; aber bevor das ist, Pater, etwas anderes. Ich habe morgen Termin, Verhandlung vor dem Volksgerichtshof. Da geht es um alles, ich muß wissen, wie ich mich verhalten muß usw. Und darum bitte ich Sie: Gehen Sie mit mir alles durch. Helfen Sie mir, was und wie ich reden soll...” Nun fing ich langsam zu begreifen an, warum ich ins Bad gehen sollte. Wir sprachen eingehend seinen ganzen Fall durch. Als wir fertig waren - wir saßen die ganze Zeit an einem kleinen Wandtischlein -, sagte mein Mitgefangener: “So, Pater, und nun die Hauptsache. Ich weiß nicht, wie es morgen gehen wird. Das steht bei Gott, es geht ja auf Leben und Tod. Und darum, Pater, helfen Sie mir, ich möchte

jetzt eine Lebensbeichte

machen.” Und er begann: “Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes...” Als wir zu Ende waren mit der hl. Beichte, der Bademeister war draußen vor dem Baderaum geblieben, sagte mein Gegenüber: “Pater, ich danke Ihnen. Gott lohne Ihnen alles. Ich bin jetzt für alles bereit. Hier, Pater, habe ich Ihnen etwas Brot mitgebracht, auch ein Stücklein Wurst. Essen wir noch zusammen, dann baden Sie, und, Pater, Sie müssen heute den ganzen Tag bis lang in die Nacht hier bleiben. Die SS meint, Sie seien im Verhör. Es ist organisiert: es werden eine Reihe Katholiken kommen zum Beichten; es ist Fasten- und bald Osterzeit. Behüt Sie Gott!” Wir verabschiedeten uns herzlich, er ist durchgerettet worden; er war Vater von vielen Kindern!

“Sind Sie Pater?” Ich wollte vorsichtig sein und sagte nur: “Was gibt's?” (Es kam vor, daß Leute nach einem Bombenangriff ermordet wurden und es hernach hieß: “Der Gefangene ist bei einem Fliegerangriff umgekommen.” Darum war ich vorsichtig.) Aber die Angst war diesmal unbegründet. “Wie steht es mit Ihrer Verdunklung?” - “Die ist in Ordnung.” - “Nein, die ist nicht in Ordnung.” - “Heidirum, natürlich ist sie in Ordnung: ich weiß...” Bevor ich ausgeredet hatte, ließ der Mann die Verdunklung herunter rollen, schnitt mit einem scharfen Messer ein so großes Loch heraus, daß er seinen Kopf hätte durchstecken können. Schon wollte ich aufbrausen und gehörig losziehen; aber etwas hielt mich doch zurück, ließ mich sogar lächelnd sagen: “Ja, jetzt haben Sie recht; die Verdunklung ist nicht in Ordnung.” - “Aber, Pater, ist's möglich! Brauchen Sie so lange? Merken Sie nicht, daß ich mit Ihnen sprechen will? Das kann ich doch nur, wenn ich in Ihrer Zelle Arbeit habe. Sonst dürfen wir ja nicht beisammen sein - Pater”, sagte er still lächelnd, “lange Leitung, gelt, lange Leitung... ?”

Gottes Gnade - mächtig in den Flammen!

Gottes Gnade war gütig und mächtig in den Flammen der Bombenangriffe. Wieder einmal waren ganz in der Nähe, beim Lehrter Bahnhof, schwere Bomben geworfen worden. Ich hatte das Fenster offen, es war heil geblieben, auch die Verdunklung. Da wird meine Zelle aufgesperrt; ein Mann mit einem Handwerkerkasten kommt herein...

Nicht nur Segen, auch die Absolution

Mein Gott, wenn ich wieder einmal verkehrt losgelegt hätte! Der Kleistermeister, ein Mitgefangener, er hatte draußen eine hohe Stellung, sagte: “Pater, es scheint, man holt mich heute nacht, dann sind es jetzt die letzten Stunden, ich will aber in Ordnung zu meinem Herrgott kommen. Ich möchte alles sagen, was in meinem Leben los war, und dann möchte ich die Lossprechung. Ich bin Protestant, aber ich will die Lossprechung haben...” - “Fangen wir an! Erzählen Sie alles!” Wir sprachen miteinander, dann verschwand er mittendrin nach außen, sperrte meine Zelle zu, kam wieder, sperrte sie wieder auf (das alles der Posten wegen, um nicht aufzufallen), flickte kunstgerecht die Verdunklung, schnitt ein neues Loch heraus, um Arbeit zu haben und Zeit zu gewinnen, und in der Zwischenzeit war er mit dem Erzählen fertig. “So, wir haben Glück gehabt, es ist gut gegangen, jetzt, bitte, die katholische Lossprechung...” Wir haben Glaube, Hoffnung, Liebe, vollkommene Reue, Ergebung miteinander gebetet; er sprach alles nach. “So, nun gebe ich Ihnen den Segen, und Sie können völlig ruhig sein. Sie haben getan, was Sie konnten. Gott hat Sie schon in Gnaden angenommen.” - “Pater, den Segen, ja, aber auch die Absolution; ich gehe nicht heraus, oder ich komme wieder, bis Sie mir die Absolution gegeben haben. Die Protestanten haben das leider nicht mehr, Menschen haben das Sakrament weggenommen. Wenn ich heute Nacht sterben muß, will ich noch die Absolution bekommen haben.”

Ich war zutiefst ergriffen; aber was sollte ich tun? Ich fragte ihn: “Sind Sie richtig getauft?” - “Ja, ich stamme aus einer strenggläubigen Familie!” - “Glauben Sie an die hl. Dreifaltigkeit und an Jesus Christus?” - “Ja, Pater.” - “Wollen Sie, wenn Sie heute Nacht wirklich hinübergehen sollen in die Ewigkeit, zu Gott, alles so getan und geglaubt haben, wie Gott es will?” - “Das ist doch selbstverständlich!” - “Und wenn - was wir hoffen und worum wir beten wollen - Sie glücklich aus diesem Elend hier heraus und wieder heimkommen...” - “dann”, so fuhr er fort,

will ich mit meiner Familie katholisch werden,

ich möchte, je früher, um so lieber, katholisch werden. Aber schnell jetzt, schnell, es wird höchste Zeit; ich gehe aber nicht von Ihnen, bis Sie mir die Absolution gegeben haben.” Ich gab sie ihm; er hatte wahrhaftig dazu alles getan, was er konnte. Ein amtlicher Übertritt war bei uns unmöglich. Wir durften ja nicht einmal gesehen werden, daß wir über Religiöses sprachen...

Mein Gott, wie selig war er, wie überglücklich... ! “Pater, helfen Sie danken! Jetzt mag kommen, was will. Trotz aller Angst, jetzt ist alles gut, wenn sie mich holen heute Nacht; ich komme gut drüben an.” - Sie haben ihn geholt, aber sie haben ihn in dieser Nacht nicht umgebracht. Er ist später in Freiheit gekommen, er hat Wort gehalten.

 

Das heimliche Meßopfer in der Zelle

Unser Pater Franz von Tattenbach hatte trotz aller Schwierigkeiten und Gefahren den Weg bis zur Kommandantur meines “Baues” gefunden; es gelang ihm viel, sehr viel, und ihm verdanken viele Gefangene große Gnadenstunden, am meisten ich. Das kam so: Eines Tages wirft ein grober Posten zornig ein Paket auf meine Pritsche. Sein Blick ist wütend. Er schimpft etwas, was ich nicht verstehe. Als der Posten außer Sicht war, öffnete ich das Paket. Es war Wäsche, frische Wäsche! Mein Gott, ist das möglich! Wir hatten Minister, Generäle, Leute der verschiedensten Stellungen unter uns, die monatelang immer nur das gleiche Hemd trugen und es nur armselig mit kaltem Wasser waschen konnten. Frische Wäsche! Jetzt erst merkte ich, wie man daheim verwöhnt war, ohne es zu wissen.

Genau schaue ich alles an. Da ist ein Zettel dabei... “Daheim alles ruhig - keine Häuser weggenommen - Patres können arbeiten - Verwandte nicht eingesperrt - Viele Grüße und Wünsche - Es wird viel gebetet.” Also: Es ist nicht wahr, was die Gestapo immer in allen Verhören behauptet hat, es ist nicht wahr! Nun konnten sie noch soviel plagen, ich wußte Bescheid und konnte Bruder Moser Bescheid geben. Langsam breitete ich die Wäsche auseinander. Da fielen mir Tüchlein auf, gefaltet wie Taschentücher, aber die hatten ein kleines rotgesticktes Kreuzlein. Und siehe da:

das mußten Kelchtüchlein sein.

Ich fand eine kleine Palla, ein Korporale, einen kleinen Glaskelch, eine Dose mit Aufdruck “Nivea-Creme”. Darin waren große und kleine Hostien und ein mit Bleistift geschriebener Zettel dabei: Noch nicht konsekriert. Aber wo ist das letzte: der Meßwein? Auch dieser fand sich. Ein Fläschlein voll war versteckt in zusammengerollten Socken! Was für eine Güte von Mitmenschen, was für ein Gnadengeschenk Gottes! Schon im Jahr 1939 hatte der hl. Vater durch unseren hochwürdigsten Pater General die frohe Mitteilung uns geben lassen: Wenn wir Patres wegen der Verfolgung einmal nicht mehr in Kirchen und Kapellen die hl. Messe feiern könnten, dann dürften wir sie überall feiern, auch ohne Paramente, wenn wir nur gültigen Wein und gültige Hostien hätten.

Ein Hocker als Altar

Am selben Tag erhielt ich durch den guten Arzt, von ganz woanders her, noch einen kleinen Schott. Wenn der liebe Gott durch gute Menschen unter all den Gefahren so half, dann war kein Hindernis mehr groß genug, um es zu überwinden und mitten im SS-Zuchthaus das große, hl. Opfer darzubringen. Ich vertraute auf die Hilfe der Schutzengel und versuchte schon in der darauffolgenden Nacht in aller Frühe, in dem toten Winkel zwischen Pritsche und Fensterwand die hl. Messe zu feiern. Ein kleiner Hocker diente als Altar. Mit viel, sehr viel innerem Bangen, daß ja das Allerheiligste nicht entheiligt würde - was hätte alles sich ereignen können! - und mit noch viel mehr innerster Freude und Erwartung begann ich die hl. Feier. Bei Epistel und Evangelium ging ich in der Zelle auf und ab, weil ja die Posten immer durch das Guckloch beobachten konnten. Es ging alles gut, ungestört. Diese erste hl. Wandlung in meiner Gefängniszelle werde ich Zeit meines Lebens nie vergessen. Mein Gott, es war, wie es in den Katakomben gewesen sein mag! Nach dem letzten Evangelium räumte ich alles zusammen und verbarg es unter einem Brett im Fußboden, das locker war. Still, ergriffen von seliger Freude machte ich Danksagung. Da höre ich den Schlüssel im Loch, der Riegel wird zurückgeschoben, ein Posten steht da, mustert mich und schaut in die Zelle. Er hat nichts bemerkt.

Und das Wunderbare: Ein guter Posten - er war aus Bayern - brachte von da an immer wieder Hostien und Meßwein, bewachte mich zum Schutz an gefährlichen Tagen, und so konnte ich bis zum vorletzten Tag vor dem Auszug aus dem Haus die hl. Messe feiern und immer wieder katholischen Mitgefangenen, Gesunden, Kranken, Sterbenden, die hl. Kommunion vermitteln. Es waren gnadenreiche Katakombenzeiten! Dank dem Vater-Gott!

 

Geheimnisse um Zelle 218

Eines Morgens zwischen 8 und 9 Uhr kommt ein Kalfaktor mit einem Kübel Wasser und einem schrecklich ausgerupften Besen und einem erbärmlichen Putzlumpen in die Zelle. “Was ist los?” - “Du, ich hab' da etwas gelesen von einem hl. Ignatius und von Exerzitien. Was ist das? Kannst du mir das erklären? Ich bin Protestant. Damit wir Zeit haben, schütte ich das Wasser in deine Zelle, du redest, ich passe auf und höre zu, und, wenn ein ‘schlechter' Posten kommt, putze ich dich zusammen. Das ist dann zum Schein, natürlich. Und dann sagst du mir, was Exerzitien sind.” Ich mußte laut lachen, bekam aber dafür einen gehörigen Puffer, weil schon ein ‘böser Feind' in der Nähe war. Kaum war er fort, gab ich die gewünschte Antwort. “Ja, wenn das so ist, dann müßten Exerzitien doch eine sehr vernünftige Sache sein.” - “Natürlich sind sie das; zudem - sie sind von einem Laien verfaßt, von einem Offizier.” - “Ja, aber, also doch nicht von einem Jesuiten?” - “Das ist er erst später geworden.” - “Gut, ich will darüber nachdenken.” Am andern Morgen erschien er wieder. “Du, ich hab' die ganze Nacht - es war ein Fliegerangriff nach dem andern über Berlin gewesen - über die Exerzitien nachgedacht.

Ich will Exerzitien machen, und du mußt sie mir geben. Mittel und Wege finden wir schon.” Sie haben sich mit Gottes Hilfe finden lassen. Zuweilen nicht ohne schwere Hindernisse. Aber ich konnte ihm Tage hintereinander und während Fliegerangriffen, wo wir im Keller waren, unseren Verhältnissen entsprechend Exerzitien geben. Eines Tages sagte er: “In den Exerzitien muß man auch lernen, anderen zu helfen, zum Herrgott zu kommen?” - “Ja, das sollte man.” Dann sagte er zu mir: “Hör einmal zu. Wir müssen zusammen einem Sterbenden helfen.” - “Wo ist der arme Kerl?” - “Dir gegenüber, auf Zelle 218.” - “Was fehlt ihm?” - “Der Doktor hat gesagt: Schwere Angina.” - “Was hat er für eine Arznei gegeben?” - “Gar keine, wenn er stirbt”, meint er, “ist halt einer weniger.” Ich gab nun meinem Freund für den Kranken etwas vom Meßwein und vom Brot. “Geh in seine Zelle und frag, ob er katholisch oder evangelisch ist.” - “Ich will es wagen.” Er kommt zurück: “Katholisch, aber er ist SS.” Ja, jetzt ist es noch nicht klar. Ist er als SS aus der katholischen Kirche ausgetreten? Andererseits: wenig Leuten ist es bei uns so schlecht gegangen wie SS-Angehörigen, die bei uns eingesperrt wurden. Sie hatten es ungemein hart und streng. Ich bitte meinen Freund: “Suche Mittel und Wege oder einen menschlichen Posten und schau, daß du herausbringst, ob der Sterbende früher aus der Kirche ausgetreten ist; ich muß es wissen, wenn ich bei ihm bin; sag ihm, daß aber ein Mitgefangener ihn besuchen wird.”

Eine bange Stunde vergeht. Endlich kommt mein evangelischer Freund: Du, er ist nicht aus der Kirche ausgetreten, er wäre froh,

wenn ein katholischer Pfarrer käme.

“Du hast fein vorgearbeitet - also in Gottes Namen, los; ich will hinüber.” - “Du bist ja ganz verrückt geworden. Jetzt am hellichten Tag. Du weißt doch: es ist für euch Gefangene Todesstrafe darauf, in die Zelle eines anderen zu gehen. Jetzt müssen wir alle (er meinte alle Gefangenen, die gläubig waren) beten, daß der Sterbende bis zum Abend lebt. Vorher ist es unmöglich.” Ich mußte es einsehen und es schweren Herzens zugeben. Selten ist soviel gebetet worden wie an diesem Tag - für den Sterbenden. Endlich war es Nacht. Alle Lichter brannten, auch in den Zellen. Plötzlich, mit einem Schlag, war es in unserem Flügel stockdunkel. Kein Licht ist mehr im ganzen Bau. Und schon ging meine Zellentür auf: “Pater, jetzt schnell... hinüber zur 218... du kommst an Leuten von uns vorbei, die helfen... Stichwort: Grüß Gott... zuerst ein evangelischer, dann ein griechisch-unierter, dann ein katholischer Freund und an der Zelle 218, der Kommunist H. Er läßt es sich nicht nehmen, er will für deine Sicherheit sorgen, solange du beim Sterbenden bist.

 

Jetzt los! Gott mög' uns helfen!”

Er ging in meine Zelle, die ich von außen zusperrte (welches eigenartige Gefühl, meine eigene Zelle zusperren zu müssen!) er wollte drinnen sein, damit es bei einer Kontrolle nicht auffiel, daß meine Zelle leer war. Ich huschte an unseren Leuten vorbei: “Grüß Gott.” “Grüß Gott”, kam glücklich zum Sterbenden. Er war beim Bewußtsein. Ich sprach ihm zu, tröstete ihn, hörte seine Beichte, gab ihm die hl. Ölung, die hl. Wegzehrung und den Generalablaß. Es war ergreifend, wie er trotz des Fiebers mitbetete. Plötzlich pfiff es leise durch die Tür. Es war der Kommunist. “Pater - fertigmachen, es wird unruhig.” Ich sagte dem Kranken: “Wenn ich kann, komme ich noch mal. Aber sag, wie kommt es, daß du so große Gnaden erhalten hast, hier in der Zelle?” - “Pater, meine Mutter hat viel für mich gebetet und meine Schwester, die im Kloster ist, auch.” Gottes Gnade in Fesseln und Flammen. Schnell faßte ich die Hand zum letztenmal, zum letzten Segen. “Behüt dich Gott! Bete für mich, für uns alle!” Rasch eile ich den Weg durchs Dunkel zurück, ließ meinen Freund aus der Zelle, in die er mich wieder einsperrte. - Kein Priester kann sagen und kann es schildern, was sein Herz erfüllt an Freude und Dank, wenn er so helfen konnte! Kaum war ich in der Zelle, flammten alle Lichter auf. Was war geschehen? Eine ganze Gruppe hatte zusammengearbeitet - für den Sterbenden und für mich. Sie hatten auch die elektrischen Leitungen durchschnitten; diese waren wieder schnell geflickt, als man wußte, daß alles gut und ich wieder in der Zelle war!

Am andern Morgen kam einer in meine Zelle, den ich nicht kannte. Also hieß es, wieder vorsichtig sein. Ich frage: “Was ist los?” In gebrochenem Deutsch und mit stark gerolltem “r” antwortet er:

“Muß sehen, ober Pater Laus hat.”

Oha, hoppla! “Ob ich Läuse habe?” - “Ja, ja.” - “Müssen Sie auch bei den anderen nachschauen oder nur bei mir?” - “Nur bei Pater.” - “Eine neue Schikane...” und ich war nicht wenig versucht, den Gaul durchgehen zu lassen. “Nein, Pater, nicht Schikane... ich genau wissen, Pater gestern nacht bei 218, dem Sterbenden gewesen.” Mir fuhr es durch den Kopf: Aufpassen, ob es nicht doch ein Spitzel ist, der nur meine Aussage haben will. So sagte ich so obenhin: “218... was ist mit 218?” “Pater, nicht Mißtrauen... ich kein Spitzel... ich Jude... Pole... Arzt... 218 nicht anginakrank, 218 fleckfieberkrank... ich Spezialist für Fleckfieber; wenn Pater Laus hat, wird Pater auch fleckfieberkrank... muß wissen, ob Fieber, ob unwohl... will helfen; hab' Arzneien... Tabletten. “Mein Gott, nun schickst Du auch noch eine n Arzt, falls ich angesteckt worden bin, und schickst einen armen, jüdischen Arzt, der auch keine menschliche Hoffnung auf Rettung mehr haben konnte. Der gute Arzt untersuchte mich, fühlte den Puls, maß die Temperatur. “Ich werde wieder kommen. Heute abend... muß sehen, ob der Pater Fieber hat.” Zum Dank schenkte ich dem mitgefangenen Juden meinen letzten eisernen Bestand an Brot. Mehr hatte ich nicht. Vor dem Flecktyphus blieb ich mit Gottes Hilfe bewahrt. Der Kranke aber wurde in ein Seuchenlazarett gebracht, das nach einem Fliegerangriff geräumt werden mußte. Gute Leute haben ihn anderswo unter einem anderen Namen untergebracht, und so konnte er noch vor dem Tod bewahrt werden... Ganz anders als “Zelle 218" verlief der Fall von L. - Er hatte Frau und mehrere Kinder. An einem Samstag holte mich ein Posten aus der Zelle. “Sie müssen mit mir kommen.” -“... und meine Sachen?” - “Bleiben da; brauchen Sie nicht.”

Mein Herz drohte zu stocken

So oft haben wir mit allem gerechnet, alles, auch das Sterben, dem Herrgott anheimgegeben, ruhig zu bleiben versucht; aber jetzt, jetzt wurde es wohl Ernst. Nichts war schlimmer, als wenn es hieß “Sachen brauchen Sie nicht”; das hieß: “Sachen brauchen Sie nicht mehr - mit Ihnen geht es zu Ende.” Ich suchte mich zu sammeln, alles aufzuopfern - aber ich muß gezittert haben.”Sie sollten als katholischer Priester nicht zittern...” Mein Gott, wenn Du es wüßtest; wir sind ja auch Menschen... “Kommen Sie!” Und er führte mich weiter in eine ganz andere Zelle hinein. Drinnen sagte er: “Herr Pfarrer, es tut mir leid, daß ich Ihnen Todesangst hab bereiten müssen; ich habe es schon verstanden, ich mußte so handeln, ich mußte, weil ich beobachtet war, Sie haben nicht alles sehen können, jetzt bleiben Sie hier, bis ich wiederkomme. Ich passe für Sie beide auf” und draußen war er.

Der Todgeweihte

Ich aber stand neben einem Gefangenen. Er wollte beichten - er habe zwei Tage hernach Gerichtsverhandlung vor dem Volksgerichtshof, er wolle noch einmal beichten. Nachher gab ich ihm die hl. Kommunion - ich glaubte, sie würde seine Wegzehrung sein. Wir beteten miteinander; dann brach er vor mir laut schluchzend zusammen. “Pater, ich hab' mich noch nicht durchgerungen zum Sterben; wenn ich zum Tod verurteilt werde und daran denke, gehenkt zu sein und Frau und Kinder allein... und wenn sie an den toten Vater denken, dieses grausige Bild” - er weinte, wie nur ein zutiefst getroffener Mann weinen kann. Ich kniete zu ihm nieder, hielt Kopf und Hände in meinen Händen, suchte ganz leise ihm Trost zuzusprechen, ihn aufzurichten. “Jesus am Ölberg versteht Sie; er wird Ihnen helfen.” Der Posten holte mich ab; ich gebe nochmals den Segen. Der Mitgefangene wirft sich in seinem grauenvollen Leid auf die Pritsche. Ich muß weg. Zwei Tage darauf wurde er tatsächlich zum Tod verurteilt. Nochmals gelang es, ihm zwei hlKommunionen zukommen zu lassen. In der gleichen Woche, an einem Herz-Jesu-Freitag, brachte man ihn zur Hinrichtung. Und nun war er völlig gefaßt, ruhig, stark.

Er zeigte keine Todesangst mehr.

Seine letzten Worte waren: “Herr, sorge für meine Familie! Ich opfere mein Leben auf für die Freiheit der katholischen Kirche.” -

Berliner Frauen hatten uns ganz kleine Linnentäschlein, gerade groß genug für eine kleine Hostie, hereingeschmuggelt. In einem Zellophanbüchslein, so groß wie eine Seifenschachtel, legte ich sie nebeneinander mit der Zellennummer, wo Katholiken waren, die nach der hl. Kommunion verlangten. Meistens am Abend oder in Stunden, wo gute Posten, die wir gewonnen hatten, Dienst taten, wurde dann die hl. Kommunion ausgeteilt. Gar mancher und mancher flüsterte mir beim Spaziergang zu: “Jetzt bin ich überglücklich, ich bin beim eucharistischen Heiland. Er ist bei mir, ich bin überglücklich.”

Bald wußten die Katholiken auch davon, daß die hl. Messe im “Haus” gelesen wurde. Kurz vor Beginn gaben wir mit dem Fuß Zeichen nach unten, mit den Fingern Klopfzeichen an den Wänden - rechts und links -, andere, auch Nichtkatholiken, gaben sie nach der Vereinbarung weiter und bald waren wir so weit, daß eine Reihe von den katholischen Gefangenen so unsichtbar - weil in Einzelzellen, aber im Gebet und im Opfer vereint - die hl. Messe mitfeierten. Gottes Güte hatte geholfen, wir hatten eine Gemeinde um den eucharistischen Heiland gründen und vereinigen können. Vatergüte Gottes!


 

Die Kette des Segens

Auf einem Spaziergang flüstert mir mein Hintermann (ein Österreicher) zu: “Sind Sie der Pater, der Jesuitenpater?” Ich nicke mit dem Kopf. (Heute sind neue, scharfe Wachen da; also ist Vorsicht notwendig.) “Pater, haben Sie einen Rosenkranz?” Ich schüttele den Kopf. “Pater, besorgen Sie einen, besorgen Sie mir einen!” Das ist schwer, sehr schwer. “Das Ganze kehrt! Marsch!” Dieses Kommandiertwerden ist gar nicht schön; aber diesmal hat es etwas Gutes. Ich bin jetzt hinter dem Österreicher; er ist schon ein älterer Herr, er macht mir einen tiefen Eindruck. Jetzt kann er mich besser verstehen. “Geduld” flüstere ich, “ich will alles versuchen, einen Rosenkranz zu bekommen.” Nun nickt er, offensichtlich zufrieden. In der darauffolgenden Nacht gab es ein grausiges Erlebnis. Es war wieder Fliegeralarm. Posten kontrollierten vom Hof aus, ob alle Lichter in den Zellen gelöscht waren. Schrill schrie es: “Lichter aus!” Scheinbar ohne Erfolg. Noch grelleres Schreien. Auf einmal knallen Schüsse, und Posten stürzen durch die Gänge. Es mußte über uns, ganz in der Nähe von Bruder Mosers Zelle sein. Ja, dort war es bei einem alten Pfarrherrn aus Bayern, der mit uns von München hinaufgebracht worden war, als Opfer der Verleumdung seines Dorfpolizisten. Er lag schwerkrank auf seiner Pritsche, konnte sich wegen Venenentzündung nicht rühren, darum auch nicht verdunkeln. Er hatte Glück, daß die in seine Zelle geschossenen Kugeln nicht an den Fenstergittern abgeprallt waren; als Querschläger hätten sie ihn schwer treffen können. Posten rissen nun seine Zelle auf, schimpften, wetterten, fluchten, daß er nicht verdunkelt habe. Und plötzlich sieht einer des Pfarrers Rosenkranz auf der Pritsche liegen. Ein guter Posten erzählte mir nachher, wie grauenhaft da wegen des Rosenkranzes gebrüllt und gelästert worden sei. Er sei selber Katholik - das sei ihm furchtbar zu Herzen gegangen. Da fiel mir die Bitte des guten Österreichers ein. Ich fragte den Posten: “Wird der Pfarrer droben seinen Rosenkranz behalten können?” - “Ich glaube schon... die, die so getobt haben, sind wieder fort... waren nicht von uns”, antwortet er. “Meinen Sie, er würde mir ihn einmal einen Tag leihen?” - “Das wird sehr schwer sein. Wer soll ihn abholen und wieder hinbringen? Warum überhaupt wollen Sie einen Rosenkranz?” -

“Ich möchte so gern einen Rosenkranz”

“Für Sie selbst oder für einen anderen?” - “Für mich und für die anderen.” Es war Abend. Er mußte wieder eine Runde in unserem ganzen langen Stockwerk machen; so sperrte er meine Zelle wieder zu, ließ mich mit dem kurzen Wort “Ich komme wieder” allein. Er hatte drei Stunden lang Dienst, und nach sechs Stunden Ruhe mußte er von neuem anfangen. Ich mußte auf die Pritsche. Schlafen konnte ich wegen der Fesseln sehr schlecht, aber nach 2 Uhr schlief ich doch etwas. Da merkte ich, daß meine Zelle vorsichtig geöffnet wurde, wohl um keinen Lärm zu machen. Wir haben diese nächtlichen Besuche sehr gefürchtet. Es kam vor, daß man versuchte, Gefangene im Halbschlaf auszufragen. Manch einer war dabei schwer hereingefallen. Aber die Zelle muß ja hell erleuchtet sein, die Lampe brannte etwa 10-15 cm unmittelbar über dem Kopf. Ich erkannte den guten Posten vom Abend vorher. Leise flüsterte er: “Pater, schlafen Sie?” - “Nein!” - “Können Sie schlafen?” - Nicht gut, wegen der Fesseln.” - “Pater, ich will Ihnen helfen... die letzte Kontrolle für uns Posten ist vorbei... ich nehme Ihnen die Fesseln ab.” Ich glaubte zu träumen. Die Hände waren frei, ich konnte die Gelenke reiben, die Arme ungehindert bewegen, mich endlich einmal auf die Seite legen. Ich konnte all das nicht fassen.

Der wandernde Rosenkranz

Gütig schaute mich der Posten an und sagte: “Gelt, das tut wohl, einmal ohne Fesseln liegen und schlafen können? Noch etwas, Pater, ich habe etwas für Sie... einen Rosenkranz. Ich habe zwei: einen von meiner Mutter, einen von meiner Frau. Den von meiner Mutter leihe ich Ihnen, solange ich selber hier bin. Bis ich wegkomme, werden wir schon einen von der Stadt hereinbekommen. Gute Nacht, Pater.” Ich schäme mich nicht zu sagen, daß ich vor Freude weinte und vor Freude bald einschlief. Kurz vor 6 Uhr kam dieser gütige Mann wieder. “Leider, leider”, meinte er, “ich muß Ihnen wieder die Fesseln anlegen. In Gottes Namen. Aber Sie haben jetzt einen Rosenkranz. Lassen Sie sich aber nicht damit erwischen!” Nun war es möglich, diesen Rosenkranz anderen zukommen zu lassen, und zwar ging das so: Bald wußten wir - vor allem durch Rundfragen auf den Spaziergängen, - wer einen Rosenkranz haben wollte. Soweit irgend möglich, sollte jeder ihn am Tage eine halbe Stunde haben. Es gab nun folgenden Turnus: z. B. am Montag in der Früh gab ich ihn ab, einem Freund aus den Kalfaktoren: dieser brachte ihn zum Österreicher. Von da wanderte der Rosenkranz weiter, bis er am Dienstagabend wieder bei mir war. Es war wohl manchmal sehr schwierig, aber nach einiger Zeit gelang es, so viele Rosenkränze von der Stadt hereinschmuggeln zu lassen, daß jeder, der es wünschte, einen solchen haben konnte. Später sagte mir einer: “Pater, früher hab' ich nichts auf das Rosenkranzbeten gegeben, aber in der Not der Gefangenschaft - der eigenen und der von so vielen Kameraden - hab' ich erfahren und erfassen dürfen, welches Licht, welche Kraft, welche Gnade und Freude in den Geheimnissen des Rosenkranzes verborgen sind. In meiner Verlassenheit hab' ich am Tag gar manchen Psalter gebetet und die Hilfe unserer Lieben Frau erfleht.”

Die letzten Tage

Zweite Hälfte April 1945. Es ging langsam dem Ende zu. Am 19. April fand vor dem berüchtigten Volksgerichtshof in Berlin noch eine Verhandlung gegen zwei gute Freunde statt, um deren Leben wir sehr bangten. Das viele Beten half; einer wurde freigesprochen, und der andere erhielt drei Jahre Zuchthaus. Darüber freuten wir uns von ganzem Herzen. Was waren auch drei oder fünfzehn oder noch mehr Jahre Zuchthaus wenige Tage vor dem sich schon schrecklich abzeichnenden Ende!

20. April. Geburtstag des damaligen Machthabers. Gegen alle Hoffnung hofften viele Gefangene auf eine allgemeine Amnestie. Um so grausiger wirkte die Nachricht, gerade an diesem Tag seien nicht weit von uns weg über 30 Gefangene hingerichtet worden. Prozesse konnten nicht mehr wie früher stattfinden; durch die Kämpfe waren schon Straßen gesperrt; es erschienen auch nicht mehr alle Richter.

Am 21. April wurden verschiedene Gefangene entlassen, solche, die vom Gericht Freispruch erhalten hatten, aber auch andere. Wer die Auswahl traf und nach welchen Gesichtspunkten er sie traf, konnten wir übrigen - wir waren nicht mehr ganz hundert - nicht herausbringen. Um so lähmender und drückender umkrallte uns die Gewißheit: “Wir werden ermordet werden; sie werden uns hinrichten - kurz vor Kriegsende; wir werden nicht mehr die Freiheit und die Heimat und die Unsrigen sehen!”

Wie in den Katakomben

Sonntag, 22. April 1945, frühmorgens. Aus dieser Todesgewißheit heraus versuchte ich alles, für die katholischen Mitgefangenen noch die Möglichkeit zu finden, die hl. Messe zu feiern. (Anmerkung: Pater Rösch war in diesen Tagen nicht mehr in Einzelhaft. Die Gefangenen waren wegen des starken Artilleriebeschusses in die Keller gebracht worden.) Gott war in Seiner unendlichen Güte gnädig. Im Keller im hintersten Raum konnten wir alles würdig richten für die hl. Feier, sogar einige Blümlein und ein frisches Linnen hatten wir gefunden. Zwei treue Posten bewachten uns, daß wir nicht von gefährlichen SS-Männern ertappt wurden. Niemals werde ich diese ergreifende und gnadenvolle Katakombenfeier vergessen können. Manche hatten noch Zeit zur hl. Beichte; alle anderen beteten gemeinsam das Confiteor und erhielten die Generalabsolution. Nach dem Evangelium sprach ich über das Suscipe: “Nimm hin, Herr, unser Leben, unsere Freiheit... Deine Gnade gib uns, Dich selber in der hl. Kommunion - hier im Glauben... drüben im Schauen. Herr, mach uns stark, in unserer Not auf Dich allein zu vertrauen.” Zwei Gefangene lasen abwechselnd die hl. Texte; alle empfingen mit tiefer Andacht die hl. Kommunion; für viele davon sollte sie auch die hl. Wegzehrung sein. -

Wir waren während der ganzen Feier nicht gestört worden; nach einem gemeinsamen Gebet und einer kurzen herzlichen Weihe an Unsere Liebe Frau gingen wir unauffällig in unsere Räume zurück.

In all unserer Not voll Dank gegen Gott. Untertags versuchte ich möglichst viele Mitgefangene persönlich zu treffen und zu sprechen; einen wollte ich trösten mit der Bemerkung, es können für uns noch Hilfe und Rettung kommen, er solle doch hoffen, Frau und Kinder wiederzusehen. Er hatte in langen Verhören grausamste Qualen und Folterungen - wie so viele von uns - erlebt; er hatte sich nicht gebeugt und sich nicht brechen lassen; wir hatten ihn zutiefst bewundert, wie er anderen mit seinem gütigen Lächeln, mit einer opferfrohen, selbstlosen Kameradschaft zu helfen wußte, mit einem aufmunternden Blick, mit einem tröstenden Wort, mit einem Stücklein Brot, mit einer halben Zigarette. Jetzt war er todernst, ohne alle Hoffnung. “Nein, lieber Pater, wir werden sterben müssen, grausam sterben müssen. Ich weiß es. Es gibt keinen Ausweg mehr für uns, auch für Sie nicht. Es ist wie die Passion Christi: Wir haben noch die hl. Messe feiern und die hl. Kommunion empfangen dürfen; nun geht es in die Ölbergsnot hinein; ich bin schon zutiefst drinnen. Mög' Gott uns gnädig sein.” - Um seinen Fall vorauszunehmen: In der Nacht holten ihn Henker heraus aus unserer Mitte, und seit dieser Stunde konnte von ihm trotz allen Suchens und Forschens nicht die leiseste Spur gefunden werden: ermordet, irgendwo vergraben. Gott hat es ihn ahnen lassen, hat sein Lebensopfer angenommen und seine Seele wohl auch in der gleichen Nacht aufgenommen vom irdischen Leid in sein himmlisches Glück.

Werden wir frei?

Langsam und qualvoll verrannen die Stunden; es wurde Nacht. Plötzlich - es war etwa zwischen 9 und 10 Uhr - kam Befehl: “Alle Koffer fassen!” Wir konnten in der sogenannten Kammer alles holen - soweit es überhaupt noch da war, - was man uns seinerzeit bei der Einlieferung abgenommen hatte. Die widersprechensten Stimmen wurden laut. Die einen nickten sich mit großen, ernsten Augen wortlos zu, um nicht laut zu sagen, was sie dachten: “Es geht dem Ende zu”; die anderen schöpften neue Hoffnung. “Wir werden doch noch herauskommen.” Von irgend woher tauchte der SS-Kommandant auf, dem wir in den letzten Wochen übergeben worden waren. Wieder ein zwiespältiges Gefühl bei den Gefangenen. “Was will er? Was hat er mit uns vor?” Plötzlich sprach er fast freudig zu uns: “Sie kommen alle von hier heraus!” Da stupfte mich ein Freund und flüsterte mir leise, aber voll Unruhe zu: “Schau ihn dir genau an, er zittert... bei Gott... er weiß mehr... natürlich kommen wir hier heraus... tot - lebendig, um draußen erledigt zu werden. Frag ihn, frag ihn.” Mich begann die Angst zu würgen; trotzdem - ich drängte mich durch die Kameraden durch, komme vor dem Kommandanten zu stehen, frage ihn: “Herr Kommandant, Sie wissen, was mit uns geschehen soll; bitte, sagen Sie es uns!” “Soviel ich weiß, sollen Sie alle von hier entlassen werden.” “Wird man uns freilassen?” - “Ich glaube, ja.” Aber er wußte mehr und sagte es uns nicht.


 

Die letzten Mordkommandos

Sonntag, 22. April 1945. Nachts. Wir waren - nicht zuletzt durch die Aufregungen und Spannungen - müde geworden und zogen uns in unsere Räume zurück, um zu schlafen. In früheren Kohlen- und Kartoffelkellern lagen wir da beisammen, weil oben unsere Zellen viel von Artillerie beschossen wurden; in unserem Raum waren wir etwa 12 bis 14 Mann, neben mir Professor Haushofer, der Verfasser der berühmt gewordenen Moabiter Sonette. Er war ein gescheiter, weitgereister Mann, und nun erzählte er viel von seinen Studien und Erlebnissen. Es war schon fast 0.30 Uhr; manche schliefen schon. Plötzlich sprach er: “Liebe Freunde! In acht Tagen wird Berlin von den Russen erobert sein. Dann ist es aus mit dem jetzigen System; es wird eine neue ungemein schwere Zeit für uns alle kommen. Ich bin Nichtkatholik! Aber ich möchte Ihnen doch sagen, was meine feste Überzeugung ist: Es wird für die katholische Kirche die größte Zeit kommen, die sie seit der Reformation gehabt hat, zum Besten unseres Volkes; möge sie dies erkennen und danach handeln.” Kurz darauf war es still und dunkel; die allermeisten schliefen.

Plötzlich - um 1 Uhr - hallen schwere Tritte durch die leeren Kellergänge; erschreckt fahren wir alle aus dem Schlaf auf. Wir hören halblaute Kommandos, Türen werden aufgerissen, auch die von unserem Raum - Taschenlaternen blitzen auf, Namen werden gerufen. Schreckhaft unvergeßlich bleibt mir das verbissen-harte Gesicht des Mannes, der bei uns mit seiner Taschenlampe herumsuchte und dann den Namen “Haushofer” rief. Dieser steht auf, nimmt seine Sachen mit, geht zum Gang hinaus. Kein Wort wurde von uns gesprochen. Kurze Zeit war noch etwas Unruhe im Kellergang.

Dann wurde es totenstill.

Nun fragten wir, die Zurückgelassenen, uns: “Was ist jetzt wohl geschehen? Sind die Kameraden - es waren nicht wenige, aber die genaue Zahl kannten wir nicht - von der SS geholt worden? Was ist mit ihnen geschehen? Würde die SS heute in der Nacht wiederkommen und andere von uns mitnehmen? Oder waren die Kameraden schon frei? Waren vielleicht doch Offiziere und Soldaten dagewesen, sie zu befreien? Es waren ja so viele Zettel und Briefe an Offiziere gebracht worden, man solle uns holen und dann freilassen. Es wäre auch gar nicht schwer gewesen. Und wenn die anderen befreit waren, würden sie auch uns noch in die Freiheit bringen?” So flüsterten wir einander voll Unruhe zu. An schlafen war nicht mehr zu denken. Um so mehr beteten manche von uns.

3 Uhr. Wieder hallen die schweren Stiefelschritte schaurig durch den Kellergang. Eiskalt durchzittert es unsere Körper und Herzen. Wieder Kommandorufe, wieder Türaufreißen, scharfe, flackernde Lichter, wieder werden Namen gerufen, auch von solchen, die in meinem Raum sind. Wir, die wir nicht gerufen sind, rühren uns nicht. Unsere Tür ist wieder geschlossen; aber ich lausche gespannt, ob ich irgend ein Wort vernehmen kann. Und ich höre eines, das mich zutiefst erschrecken läßt. Einer der Mitgefangenen im Gang sagt aufgeregt: “Einen Augenblick, ich habe meinen Koffer vergessen!” Die Antwort darauf war barsch: “Den brauchen Sie nicht mehr. Vorwärts marsch!”

Mein Gott, was sollte das bedeuten?

Wann würden diese SS-Leute wiederkommen? Wen würden sie das nächstemal herausrufen? Und einer im Raum sagt halblaut ins Dunkel hinein: “Vielleicht sind es doch Soldaten der Wehrmacht gewesen, die zur Täuschung SS-Uniformen anhatten und haben die Kameraden befreit, und wir werden hier herinnen umgebracht!” In dieser Nacht kam niemand mehr zu uns. Mit großer Sorge und Bangigkeit ging es nun der Nacht vom 24. auf den 25. April entgegen. Die Russen kamen näher; aber die Mord- und Rollkommandos erschienen nicht mehr.

Der 25. April, damals Oktavtag vom Josefs-Schutzfest und St. Markus-Fest, brach an, ein schöner, strahlender Frühlingsmorgen. Am Nachmittag sagte ein früherer Offizier zu mir: “Pater, wenn wir bis zum Abend nicht frei werden, sind wir für immer verloren. Darum wollen meine Freunde einen Ausbruch wagen; es wird dabei aber sehr ernst zugehen. Wir bitten Sie: Kommen Sie mit, um den Verwundeten und Sterbenden zu helfen, die es dabei geben wird.” Schnell überlege ich und gebe dann zur Antwort: “In Gottes Namen! Ich will als Priester helfen; aber an einen Erfolg glaube ich nicht; sie sind alle schon zu schwach.” Und ohne viel zu denken, füge ich hinzu: “Es ist doch gescheiter, einige Vertrauensleute aus den Gefangenen auszuwählen und durch sie den Zuchthausdirektor um die Freilassung zu bitten.” Der andere ging; ich beobachtete das langsame, aber stetige Vorrücken der russischen Front.

 

Ein entscheidender Bittgang

Plötzlich ruft ein Mitgefangener mir zu: “Pater, wo sind Sie? Sie Langweiler? Sie sind auch gewählt! Schnell, schnell zum Zuchthausdirektor.” Die Gewählten waren: der ehemalige sozialistische Reichsminister Noske, der zweite ich, der Jesuitenprovinzial, der dritte Dr. Hermes, der Bauernführer, der vierte ein Offizier. Nun ging es vom Keller hinauf zum Erdgeschoß; wir mußten auf dem Gang bleiben. Um uns standen Wachtmeister mit Pistolen und Polizeihunden. Endlich erschien der Direktor und fragte, was wir wollten. Wie abgemacht sprach als erster Noske: “Herr Direktor! Sie kennen die Vorgänge in den letzten Mordnächten. Wenn wir bis zum Abend nicht herauskommen, sind wir verloren. Stürmen vorher aber die Russen das Zuchthaus, und das kann jede Stunde sein, kann es uns genau so schlecht gehen. Wenn sie mich hier finden, machen sie Hackfleisch aus mir. Ich habe 1919 15 000 Kommunisten geopfert. Geben Sie uns also frei, solange es noch Zeit ist.” Einen Augenblick herrschte lastendes Schweigen; dann antwortete der Direktor ruhig: “Nein, das ist kein Grund zur Freilassung.” Noske, zutiefst beleidigt, dreht sich wortlos um und geht. Voll Schrecken eile ich ihm nach, bitte ihn um der Kameraden willen zu bleiben; wortlos ergreift er meine Hand, kehrt mit mir zurück.

Die Reihe ist jetzt an mir

Ich danke dem Gefängnisdirektor für die Möglichkeit, mit ihm zu reden, zeige den Ernst der Lage, daß wir heim möchten, in acht Tagen spätestens Berlin erobert sei, daß wir auch an ihn und an das Gefängnispersonal dächten, es gut sei, wenn auch sie nicht von den Russen gepackt würden, daß es keine Verbindungen zu höheren Behörden gebe. Ich schloß mit der Bitte, er möge aus eigener Verantwortung heraus handeln und uns freigeben. Die einzige Antwort war: “Ich will es mir überlegen.” Nach sehr energischen Ausführungen von Dr. Hermes erklärte der Direktor: “In einer Stunde gebe ich Ihnen allen Bescheid.”

Dieses Ergebnis war nicht gut, war trostlos; unsagbar trostlos war die Wirkung auf die Mitgefangenen: tiefste Niedergeschlagenheit. Zudem hatte schwerstes Artilleriefeuer auf unser Zuchthaus eingesetzt. Mir kam der Gedanke: Sprich allein mit dem Direktor. Das wird besser sein. - Ich gehe vorsichtig die Wendeltreppe vom Keller in den ersten Gang hinauf. Überall schlagen Granaten ein. Ich suche das Büro; da kommt unerwartet aus einem anderen Zimmer der Direktor; er sieht mich, geht trotz des Feuers auf mich zu, sagt, bevor ich sprechen kann: “Sind Sie nicht der katholische Pastor, der vorhin bei mir war?” Ich rücke schnell heraus, und schon erklärte er: Ich freue mich, gerade Sie hier zu treffen. Ich habe mich entschlossen, Sie alle auf meine Verantwortung hin in einer Stunde freizugeben. Sie können es ihren Kameraden drunten verkünden: In einer Stunde sind alle frei!

Ich gebe ihm die Hand, danke ihm, schäme mich nicht meiner Tränen. Er drückt mir fest die Hand mit den Worten: “Herr Pastor, ich freue mich für Sie und alle Ihre Kameraden.” Nun stürme und stürze ich die Wendeltreppe hinab, fliege über die letzten Stufen hinunter, laufe in den größten Raum, wo die größere Zahl der Kameraden der Beschießung wegen war, und rufe voll Freude laut hinein: “Alleluja, in einer Stunde sind wir frei!” Es war Osterzeit. Ich habe oft die Osterberichte der hl. Schrift gelesen. Es war jetzt wohl ähnlich mit der Stimmung. Ganz Ernste sagten vorwurfsvoll: “Pater, wie können Sie so etwas sagen! Gerade Sie!” Frei... frei... frei... alle Schattierungen sind zu hören, bis einer mir um den Hals fällt und laut fragt: “Pater, ist das wahr? Werden wir frei? Wer hat das gesagt?” Ich muß alles erzählen. Ein unbeschreiblicher Jubel bricht los. Schnell gehe ich zu den übrigen, die Freudenbotschaft zu verkünden.

Die Fesseln fallen

Jeder packt rasch seine Habseligkeiten. Alle werden zusammengerufen. Einer hält eine herzliche Abschiedsrede, bittet, der Pater möge ein Gebet sprechen. Wir beten zusammen, zum Dank für die Errettung, für alle, die bei uns litten und starben, für die Heimat, um eine glückliche Heimkehr.

Wir verteilen die Kranken, die sich nicht selber helfen können, suchen Möglichkeiten, ihr Gepäck zu besorgen. Inzwischen war das Abschiedsessen fertig, so gut, wie wir es seit langem nicht mehr gegessen hatten, aber auch so gut, daß die meisten nicht viel zu essen wagten, um nicht krank zu werden; die Allermeisten waren zu erregt, um essen zu können.

Inzwischen war es fast 18 Uhr geworden. Alle sammelten sich im Erdgeschoß, beim ehemals gefürchteten “Büro”; wir mußten über Löcher und Schutt steigen. Und trotzdem schreit ein verbissener Wachtmeister, dem unsere Befreiung offensichtlich nicht gefällt: “Wenn ihr nicht in Ordnung und in Dreierreihen marschiert, wird überhaupt nicht hinausmarschiert!” Manche ärgern sich; die meisten sind so vernünftig und achten nicht darauf, kümmern sich aber auch nicht um Dreierreihen. Einen höre ich leise seufzen: “O du verrückter Barras!” Es war ein Offizier, der das sagte. Nun gingen wir, der kleine Rest von vielen, vielen hinaus. Die einen lachen, die anderen sind still und ernst, die einen rauchen, die anderen beten, alle sind glücklich. Um 18 Uhr sind wir draußen, können wir die Todeszellen von außen sehen. sind wir frei. Gott sei Dank, frei!

Ein letztes Abschiednehmen

Rasch sind die Einzelnen in verschiedenen Richtungen verschwunden. Wieder setzt Artilleriebeschuß ein. Wir ducken uns in Häuserecken, in Bombenlöcher hinein. Einer sucht Deckung hinter einer ragenden Mauer und schreit: “Und wenn ich jetzt sterben müßte, ich würde sterben frei, frei, frei!”

Die Artillerie hört bald zu schießen auf; wir, d. h. eine Gruppe von etwa sechs bis acht Mann, zogen weiter, zum nächsten Kloster. Dort trafen wir sehr gute Freunde, und da waren auch zwei ehemalige Posten, die uns so viel in schwerster Zeit geholfen hatten. Um 20 Uhr feierte ich in der Kirche mit den Geretteten, die mit mir gegangen waren zum Dank die hl. Messe, seit langer Zeit zum erstenmal wieder in einer geweihten Kirche, mit geweihten Paramenten, zum erstenmal wieder in der Freiheit.

Es war der 25. April abends, der St. Markus-Tag, mit dem Gedächtnis der Markusprozession - und unsere Prozession war mit Gottes wunderbarer Hilfe der Weg aus vielfacher Todesnot in die wiedergeschenkte Freiheit.

Und was war mit denen geschehen, die in den Nächten von den SS-Kommandos abgeholt worden waren? Von einem Augenzeugen - einem Arzt -, der trotz schwerster Verwundung davonkam, weil es ihm gelang, sich totzustellen, haben wir es erfahren. Vor dem Ausmarsch aus dem Gefängnis wurde jeder einzelne Gefangene von je einem SS-Mann übernommen und gefesselt. Man nahm ihnen die Ringe ab und alle ihre Habseligkeiten. Dann führte man sie auf ein freies Gelände; dort mußten sie sich völlig nackt ausziehen; wieder stand hinter jedem Gefangenen ein SS-Mann. Es waren zusammen 50 Gefangene, also wohl auch noch solche aus einem anderen Zuchthaus. Dann schoß jeder SS-Mann der Reihe nach seinen Gefangenen mit einem Genickschuß nieder, versicherte sich, daß der Gefangene tot war, und meldete dies dem Führer des Rollkommandos. Der Arzt mag wohl im Augenblick, da er den Schuß erhielt, noch eine Bewegung gemacht haben, die Kugel ging seitlich durch die Knochen; er fiel zu Boden. Bei der Kontrolle gelang es ihm, sich als tot zu geben. Er bekam keinen zweiter Schuß. Albrecht Haushofer erkannte man später daran, daß er in seiner erstarrten Hand die von ihm verfaßten Moabiter Sonetten hielt. Die wir für gerettet hielten, waren grauenhaft und entsetzlich schmachvoll ermordet worden. Uns 46 von vielen Hunderten hatten das Gebet und Opfer vieler und die unbegreifliche Güte Gottes aus den Todeszellen in die Freiheit zurückgeführt. - Welch ein Geheimnis der Erbarmung Gottes: die einen ruft er in die Ewigkeit, die anderen führt er neu ins Leben! Gottes Vaterhand ist mächtiger als alles.


 

Gottes Engel geleiteten ihn glücklich heim

Nach weiteren furchtbaren Erlebnissen bei der Einnahme Berlins durch die Russen (zum Teil niedergeschrieben in dem Buch A. M. Weigl “Ein Mutterherz für alle”) drängte es Pater Rösch, sobald als möglich in seine bayerische Heimat zu gelangen. In einem noch nicht veröffentlichten Bericht schildert er seine Heimkehr von Berlin durch das von Russen und Amerikanern eroberte Land. Über diese 4 Wochen Heimkehr könnte man den Satz schreiben: “Ein Leidensweg, überstrahlt von Gottes Vatergüte.” Fast wie ein Wunder erscheint es, wie der Pater, der am 8. Mai mit noch anderen Freunden zu Fuß von Berlin aufbrach, die vielen Strapazen und Gefahren dieser Reise heil überstand. Er schildert, wie sie mit einem zweirädrigen Karren - darauf ihr Gepäck - durch all die russischen Kontrollen glücklich hindurch kamen; Ja, einmal geschah es, daß sie ein russischer GPU-Mann (Geheimpolizist) an einem gefürchteten Sammellager - es war Boßdorf - heil vorbei schleuste und sie vor einem allenfalsigen Zurücktransport nach dem Osten bewahrte. Ergreifend ist die Schilderung, wie die oft bis zu Tod ermüdeten Wanderer immer wieder bei guten Menschen ein Nachtquartier fanden und zu essen und zu trinken erhielten. Dann, eines der größten Hindernisse - die Überquerung der Elbe - heimlich mit Kähnen an einer weniger überwachten Stelle; es war am 13. Mai (Fatimatag). Mit großem Dank erwähnte er gerade dieses Datum.

Mit tiefem Dank gegen Gott und seine Engel schildert der Pater auch, wie sie glücklich durch den zweiten Fluß, die Mulde, die auf der einen Seite von den Russen und auf der anderen von den Amerikanern scharf bewacht war, heil hindurch kamen und dann endlich auf amerikanisch besetztes Gebiet gelangten. Alles wie durch ein Wunder! Ein tiefes Dankgebet stieg nach all diesen Gefahren zum Himmel. Man konnte es in München einfach nicht fassen, daß Pater Rösch, der Totgesagte am Freitag den 8. Juni (damals Herz-Jesu-Fest) plötzlich vor seinen Mitbrüdern stand. Gottes Vaterhand hat ihn wunderbar gerettet und geführt. Sein Leben war überstrahlt von der Vaterliebe Gottes.

Landescaritasdirektor für Bayern

Ein Mann, den Gottes Vaterliebe durch soviel Prüfungen gehen ließ, war wie kein anderer geeignet, gerade in der Nachkriegszeit mit all ihrer Not eine der wichtigsten Aufgaben zu übernehmen. Pater Rösch wurde, nachdem er wieder zu Kräften gekommen, 1947 an die Spitze der bayerischen Caritas gestellt. Es bedurfte einer so willensstarken Persönlichkeit, um der vielfältigen Probleme in der Flüchtlingsfürsorge, in der Kriegsgefangenen- und Heimkehrerbetreuung, im Suchdienste und in der Wohnungsbeschaffung usw. Herr zu werden. Mit viel Herzensgüte und rastloser Opferbereitschaft setzte sich der Landeskaritasdirektor und bayerische Senator für die sozial Schwachen und Hilfsbedürftigen, für alle notleidenden Menschen ein und suchte stets eine gemeinschaftliche Hilfe zusammen mit anderen Verbänden zu organisieren. Dazu war seine Tür und Hand für jeden offen und die späten Abendstunden verwendete er dazu, um die Stöße von Briefen zu beantworten, die hilfesuchende Menschen in allen Anliegen an ihn geschrieben haben. Er war ganz Priester, ganz Ordensmann. Kein Wunder, daß er sich restlos im Helferdienst am Nächsten aufzehrte und daß dieses reich erfüllte Leben einen würdigen, strahlenden Abschluß gefunden.


 

Heim ins ewige Vaterhaus

Am 7. Nov. 1961 vollendete Pater Dr. Augustin Rösch in München im Alter von 68 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit. Bis zum letzten Atemzug bei Bewußtsein bat er die Umstehenden beim Herannahen des Todes das Te Deum, das Gloria und das Credo anzustimmen; denn jetzt komme für ihn die große Stunde, wo er die heiligste Dreifaltigkeit von Angesicht zu Angesicht schauen dürfe.

Seine leibliche Schwester, die heute noch lebende Schwester Augustina in München und Frau Oberin Geroldine, welche sich in der Wache abwechselten, haben einige Aussprüche und Überlegungen am Krankenbett auf Bitten niedergeschrieben.

Oft bewegten den Schwerkranken die Worte aus der Apokalypse 3, 20: “Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und mir öffnet, bei dem trete ich ein und halte Mahl mit ihm und er mit mir.” - “Vom Himmel aus werde ich immer bei Euch sein und helfen, helfen, helfen.” - “Alles, alles ist Gnade. Wie muß ich danken, danken! Ich habe viel mitgemacht, aber alles ist Gnade. Ich freue mich auf den Himmel.”

“Bitte, helft mir danken!”

“Ich habe seit meiner ersten hl. Kommunion täglich um die Gnade des blutigen Martyriums gebetet. Es gibt viele Arten von Martyrium. Gott gab mir das unblutige. Ich habe viel gelitten in meinem Priesterleben; Aber alles, alles war reiche Gnade, alles für Jesus.” - “Die Zeit in Berlin-Moabit war meine schönste Zeit in meinem ganzen Priesterleben. Dafür werde ich nie genug danken können.” - “Bitte, helft mir danken!”

“Gern will ich alles leiden für die verfolgte Kirche, um gute Priester und zur Sühne für meine eigenen Sünden.”

- “Betet viel für mich, denn ich habe im Leben große und viele Verantwortungen getragen. Schenkt alle hl. Messen der Mutter Gottes. Sie wird diese Gnaden verteilen.” Wie oft betete er laut: “Maria, du wunderbare Braut des Hl. Geistes, gib mir die Gnade des Verstandes, jetzt und im Tode. Gib mir auf Deine Fürbitte, das klare Bewußtsein, bis zum letzten Atemzug.”

           “O wie freue ich mich!”

Mein letztes hl. Meßopfer, das ich auf Erden feiern durfte, ward zu Ehren der Gottesmutter dargebracht. Ich konnte vor Schmerzen nur mit größter Anstrengung die hl. Messe vollenden. Ite misa est! Mein Lebensopfer ist vollendet. Nicht weinen! Sich freuen, danken, immer wieder danken - es geht heim in den ewigen Frieden. Ich grüße Euch alle!”

Sehr bewegten ihn die sieben Worte Christi am Kreuz. Während der Nacht rief er des öfteren: “Herr, hier bin ich! O wie schön muß der Himmel sein! - Welche Freude, wenn ich alle meine lieben Mitbrüder, meine lieben Eltern und Geschwister im Himmel sehe! O wie schön, wie schön! Danken, danken! Freuen Sie sich! Ja nicht weinen! Beten sie ein Gloria Patri!” - Seine Augen strahlten dabei von überirdischer Freude. “Was ich im Himmel tue? Wie die kleine hl. Theresia: Immer Gutes tun auf Erden!”

Oft segnete er

mit unsagbarer Liebe alle, die zu ihm kamen, die ihm Grüße schickten und die ganze Menschheit; besonders gedachte er seiner Schützlinge, die täglich an die Armenpforte des Ignatiushauses kamen.

Nie kam aus seinem Mund ein Wort der Klage. Nach den Sterbegebeten erbat er vom Priester ein Te Deum, ein Gloria und ein Credo. Er betete laut mit. Nach dem Weggang des Priesters sagte er: “Ich muß rein sein, ganz rein sterben und wenn ich gestorben bin, betet das Magnifikat und den freudenreichen Rosenkranz!” Mit den Worten: “Vater, in Deine Hände empfehle ich meinen Geist,” gab er seine Priesterseele in die barmherzigen Vaterarme Gottes. Er war ganz Kind dieses Vaters. Es war ein Heimgehen in Seiner Gnade. Für ihn öffneten sich die ewigen Tore des Vaterhauses und sandten stille Strahlen auf alle jene, die ergriffen und betend diesem Heimgang beiwohnten. Wahrhaft ein Sterben überstrahlt von der Vatergüte Gottes, ein gnadenreicher Heimgang.

Am 10. Nov. 1961 wurde der edle Heimgegangene, der aus einer kinderreichen Familie von Schwandorf (Diözese Regensburg) stammt, im Jesuitenfriedhof in Pullach (München) der geweihten Erde übergeben.

(Entnommen den Aufzeichnungen von P. Rösch und dessen Schwester Augustina sowie aus dem Feuerreiter.) A. M. Weigl

  

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Ill. GOTTES VATERHAND FÜHRT
SICHER INS EWIGE VATERHAUS

 

Welch begnadetes Sterben

Welch tröstlicher Heimgang, von dem wir eben gelesen. Pater Augustin Rösch ist den Tod des wahrhaft Gerechten gestorben. So stirbt ein Christ, der sich im Leben allzeit liebend dem Willen Gottes ergeben, der ein getreues Kind des himmlischen Vaters gewesen.

Wohl ist das Sterben schwer: eine schmerzliche Trennung, die den ganzen Menschen erfaßt, Leib und Seele. “Das Himmelreich leidet Gewalt” - im Leben und im Sterben, Gewalt des Opfers, der Hingabe, Gewalt des Vertrauens und des Gehorsams. Gott will errungen sein. Aber welch ein Trost zu wissen: Sterben ist Heimgang zum Vater, Heimgang in die ewige Liebe. Gott selber wird unsere Heimat sein, auch wenn wir sie nicht fassen können. Das Ziel der Vaterliebe ist der Himmel.

Seine Vaterhand wird uns heimführen ins himmlische Vaterhaus, diese Hand wird auf ewig alle Tränen auf unserem Antlitz trocknen und alle Trauer von uns nehmen - nicht etwa auf Grund unserer Verdienste, o nein, sondern um des Blutes Seines vielgeliebten Sohnes willen, das die Schuld auch des größten Sünders tilgt, wenn dieser nur reumütig bekennt. Alle echte Reue mündet ein in das Meer der Liebe und Erbarmung Gottes. Darum werden in dieser alles entscheidenden Stunde auch die Engel und Heiligen unsere mächtigen Mitkämpfer und Fürbitter sein - im Kampf wider die wütenden Letztangriffe des Höllenfürsten. Ganz besonders wird unsere liebe Mutter Maria zur letzten Bereitschaft helfen. Oft haben wir gesagt: Bitte für uns, jetzt und in der Stunde unseres Todes. So wird sie uns besonders helfen, wenn unsere Lebenszeit zur Schwelle wird, so schmal, daß wir nur noch flüstern können: Mutter, jetzt in der Stunde des Todes.

Dann gilt: O Vater! Tu auf das Tor der Freude! Laß mich ein! Ich will Dir ewig danken. Dank, das soll mein Himmel sein.

Wie schön muß es doch sein,

wenn die Tore der Ewigkeit sich öffnen. So schrieb Karl Friedrich Stellbrink, evangelisch-lutherischer Pastor von Hamburg. (Er wurde von den braunen Machthabern für seine christliche Überzeugung mit dem Fallbeil hingerichtet.) Er schließt: “Gott hat doch niemals was versehen in Seinem Regiment. Nein, was Er tut und läßt geschehen, das nimmt ein gutes End'. O Ewigkeit, du schöne! Mein Herz an Dich gewöhne!

Gelassen erwarte ich den Bruder Tod.

Ich werde ihn genauso aufnehmen, wie der Vater ihn mir schicken wird.

(Papst Johannes XXIII., gest. am 23.6.1963).


 

Die große Philosophin Edith Stein

- als Karmelitin Schwester Benedikta vom hl. Kreuz - wurde als jüdische Konvertitin im KZ Auschwitz am 9. Aug. 1942 vergast. Sie hatte folgende tiefe Sätze niedergeschrieben: Ich trage die lebendige Glaubensüberzeugung, daß es - von Gott her gesehen - keinen Zufall gibt, daß mein Leben bis in alle Einzelheiten im Plane der göttlichen Vorsehung vorgezeichnet und vor Gottes allsehenden Augen ein vollendeter Seins-Zusammenhang ist.” Für diese große Blutzeugin Christi war der Vorsehungsglaube die gläubige Hingabe an die Führung eines gütigen, eines allmächtigen Vatergottes.

Theresia vom Kinde Jesu hat auf die Frage: Vielleicht werden Sie an diesem oder jenem Festtag sterben, schlicht geantwortet: “Ich benötige keinen Festtag zum Sterben; der Tag meines Todes wird für mich der allergrößte Festtag sein.”


 

Er fand im Leben die Freude in Gott

Das Sterben wurde ihm selige Vollendung

Pater Wilhelm Eberschweiler, Priester der Gesellschaft Jesu, geboren am 5. Dez. 1837 in Püttlingen, gestorben im Ruf der Heiligkeit zu Exaeten in Holland am 23. Dez. 1921, schaute, als er schon 82 Jahre alt war, auf sein langes Leben zurück und schrieb einen kurzen Bericht für seine Obern. Er wollte dadurch besonders Gottes Vatergüte preisen und seine Mitbrüder im Vertrauen stärken. Da faßte er alles, was sein Herz in Dankbarkeit bewegte, zusammen in die Worte des Psalms 88, 2: “Die Barmherzigkeit will ich preisen in Ewigkeit!” “Was ich in meiner Schrift nur stammeln kann, werde ich da droben mit meinen Mitbrüdern ewig jubeln und aufs vollkommenste tun können.”

Zum erstenmal erfuhr er die Güte des himmlischen Vaters, als dieser ihn zu Seinem Kind erkor. Das geschah in der Pfarrkirche zu Püttlingen an der Saar, als er am Tag nach seiner Geburt auf den Namen Wilhelm Nikolaus getauft wurde. Es war eine große Gnadenstunde, die ihn zur Teilnahme am göttlichen Leben berief. Als Pater Eberschweiler 84 Jahre alt am Nikolaustag des Jahres 1921 an seinem Schreibtisch saß, schaute er auf diese Stunde zurück, Sein Herz glühte voll Dank gegen Gott und Dessen Freigebigkeit, und mit zitternder Hand schrieb er in sein geistliches Tagebuch: “O Licht voll Seligkeit!” Dank, süßester Gast meiner Seele! Wie liebevoll läßt Du mich heute wieder dessen inne werden, was vor 84 Jahren bei mir wirklich eingetreten ist: an diesem Tage wurde ich aus Gott geboren, wurde ich Dein Kind, o mein himmlischer Vater, und mit Deiner Gnade bin ich es geblieben und werde, so vertraue ich zuversichtlich in Jesus und mit Jesus, es auch fernerhin bleiben, bis ich die beseligende Einladung höre: “Nun komm und gehe ein in die Freuden deines Herrn!”

Angesichts dieser herablassenden Güte Gottes, die er bei der Taufe und durch sein ganzes Leben hindurch erfuhr schenkte auch er sich ganz und gar seinem gütigen Vater im Himmel. “Nimm hin, o Herr, nimm hin, nimm hin!” So stammelt er oft in tiefer Dankbarkeit.

Es war ja der Vater im Himmel, der ihn zum Priesterturn berief.

Der Pater erzählt: “Das Samenkorn zum priesterlichen Beruf senkte sich, ohne daß jemand beabsichtigt darauf hingearbeitet hatte, immer tiefer ins Herz hinein und entwickelte sich kräftig zur vollen Reife.”

Gottes Vatergüte führte ihn

Aber wie? Wer besorgt das Geld fürs Studium? Er war schon 12 Jahre alt, und er fragte sich: “Wer soll die Unkosten tragen? Denn mein Vater (Lehrer), hatte von Haus aus sehr wenig Vermögen, und sein Gehalt war recht dürftig!” - Nur 120 Taler im Jahr für eine große Familie. Doch seid nicht ängstlich besorgt! Der Vater weiß schon... ! In Ernst an der Mosel lebte seine Tante, die durch die Erträge ihrer Weinberge sich ein gutes Vermögen erworben hatte. Pfarrer Licht gab ihr den Rat, dem kleinen Wilhelm das Studium am Gymnasium zu Trier zu ermöglichen. Und sie half, nicht nur dem Wilhelm, auch noch seinen Brüdern Fritz, Karl und Franz. Fritz wurde ein berühmter Missionar bei den Indianern in Nordamerika, und Karl wirkte in Indien und in den Vereinigten Staaten.

Wilhelm fühlte sich stets als Kind des himmlischen Vaters. Sein Umgang mit Gott war ganz einfach. “Es war ihm leicht, von den Geschöpfen zum Schöpfer emporzusteigen. Die herrlichen Blumen, ja die ganze Natur war ihm ein aufgeschlagenes Buch, das ihm erzählte vom Vater im Himmel. Mit besonderer Liebe und Güte umschließt dieser die Menschenkinder, besonders jene, die Er in der hl. Taufe zu Seinen Gotteskindern gemacht hat. Dieses Wissen erfüllte ihn mit Trost und Freude und trug seinen Geist empor zum gütigen Vater im Himmel, der ja überall gegenwärtig ist. In dieser geistigen Schau lebte Wilhelm, und immer wieder fühlte er sich gedrängt zu einem kindlichen Beten und Sichschenken mit den Worten: “Ja, Vater!”

Eine Ordensschwester in Krefeld, wo er monatlich in vier Klöstern religiöse Vorträge hielt, sagt: “Immer wieder sprach er vom kindlichen Vertrauen auf Gott, auf Seine Fügungen und Führungen. Gott war ihm wirklich Vater, und wenn ich heute noch darüber nachdenke, wie er vom Vater redete, kommt mir die Überzeugung: das hat er vom Heiland gelernt.” Weil er trotz vieler Prüfungen und Leiden sein ganzes Leben hindurch die Güte und Liebe Gottes erfuhr, sehnte er sich nach der vollkommenen Vereinigung mit der allerheiligsten Dreifaltigkeit, so daß er einem Pater zwei Tage vor seinem Tode erklärte: “O wie freue ich mich aufs Sterben!” In einem Brief an einen Mitbruder schreibt er: “Wie glücklich bin ich! Am 19. Dezember habe ich die hl. Ölung empfangen, Gott sei Dank, nun bin ich ganz bereit auf den Augenblick, wo Jesus mir sagen wird: “Nun komm und gehe ein in die Freuden deines Herrn!” Er versicherte, daß ihm Jesus seit 30 Jahren oftmals persönlich eine gute Sterbestunde versprochen hat. Darum gehe er mit der größten Zuversicht dieser Stunde entgegen.

Die gleiche Versicherung habe ihm die liebe Muttergottes oftmals gegeben. Er schließt den Brief: “Mein Leben möge eine Aufopferung zu ihrer Ehre und zur Verherrlichung ihrer Unbefleckten Empfängnis sein!”

Wilhelm Eberschweiler antwortete auf die Güte und Liebe Gottes durch seine großmütige Gegenliebe, stets das Vollkommenere zu tun, also das, was nach menschlichem Ermessen den Absichten Gottes am besten entspricht. Er schenkte Gott alles, und nun, da er im Himmel ist, schenkt Gott in Seiner Güte ihm alles. Das beweisen die stets einlaufenden Gebetserhörungen, die nun einen großen Aktenschrank füllen. Er ist ein treuer Helfer in zeitlichen Anliegen, aber vor allem in seelischen, besonders als Führer zur frohen Gottesliebe, zum grenzenlosen Vertrauen auf den gütigen Vater im Himmel. Deshalb lesen wir auf seinem Grabstein in der Seminarkirche zu Trier (Jesuitenkirche) seinen Wahlspruch: “Die Heiterkeit und Freudigkeit des Herzens will ich ununterbrochen zu bewahren suchen, um allen Menschen zu zeigen, einem wie guten Gott ich diene.”

Der bischöfliche Informativprozeß zur Vorbereitung des Seligsprechungsprozesses in Trier wurde am 26. März 1958 beendet und bald wird er in Rom weitergeführt. Sein vielbesuchtes Grab ist in der Seminarkirche, genannt Jesuitenkirche, zu Trier.

Nach P. Krumscheid SJ
 

Gottes Vaterhand

wird jede wahrhaft kindliche Seele sofort an Sein Vaterherz nehmen. Gottes Vaterhand umfängt aber auch in unendlicher Liebe alle Seelen, die noch der Läuterung bedürfen und schenkt ihnen tröstendes und heiligendes Licht. Durch dieses Licht der Liebe werden die leidenden Seelen im Läuterungsort schon in die Erhabenheit und Heiligkeit des Himmels hineingezogen. Wie reich sind doch diese “Armen Seelen”; der Vater liebt sie so sehr.

Freut euch mit mir!

Die letzten Worte von Hans Amstalden, dieses heiligmäßigen Spirituals im Kreuzkloster Chur (Schweiz) lauteten: “Es ist etwas Schönes, etwas Wunderbares, wenn man als Priester sterben kann. Freut euch mit mir und trauert nicht um mich! Ich kann vom Himmel aus mehr tun für euch als bisher. Freut euch! Ich gehe in den Himmel, um euch einen Platz zu bereiten. Behüt euch Gott! Auf Wiederseh'n im Himmel!” (Todestag 5. Dez. 1958). Im Kanisiusverlag ist ein Büchlein über dieses heiligmäßige Priesterleben erschienen: von Ida Lüthold-Minder mit dem Titel: “Freuet euch mit mir!”

Wie sehr gerade auch Laien den Weg treuester Christus-und Kreuzesnachfolge bis zum Ende gehen - ganz im Sinne der göttlichen Vorsehung - zeigen folgende ergreifende Beispiele.


 

Strahlende Heiterkeit eines Abschieds

Ernst Ginsberg, der durch Bühne und Fernsehen berühmt gewordene Künstler, der Herkunft nach Jude, später katholisch geworden, wurde nach einem arbeits- und erfolgreichen Leben von einer unheilbaren Lateralsklerose befallen, die schließlich Arme, Beine und Stimme lähmte. Anderthalb Jahre dauerte die tödliche Krankheit. Freunde, die ihn in den Monaten vor seinem Tode besuchten, so schreibt Max Rößler, “seien ergriffen gewesen von der lächelnden Gelassenheit, ja strahlenden Heiterkeit seines Abschieds”. Aber hören wir ihn selber: “Von früher Jugend an vermochte ich nicht, an der Unsterblichkeit zu zweifeln. Es scheint mir, daß das Glücksverlangen und die Glücksvorstellungskraft jedes Menschen soweit über das hinausgehen, was selbst das glücklichste Leben, geschweige denn ein unglückliches, zu erfüllen vermag, daß es eine für mich unvorstellbare Grausamkeit Gottes wäre, eine so gewaltige und irdisch unerfüllte Sehnsuchtskraft in das Menschenherz zu legen, wenn dieser Sehnsucht nicht eine Wirklichkeit nach dem Tode Genüge leistete.” - Der verborgene Gott wird wirklich und wahrhaftig alle Tränen abwischen und alle irdische Finsternis in himmlisches Licht verwandeln. Der denkende und fühlende Mensch hat nur die Wahl zwischen diesem Glauben und der restlosen Verzweiflung. Er muß sich in Freiheit und bewußt entscheiden.

Kurz vor seinem Tod

schrieb Ernst Ginsberg: “Ich bekenne mit Dankbarkeit, daß der Glaube an Gott die Freude, das Glück, der Trost und der Segen meines Lebens und des Lebens der Meinigen geworden ist und daß ich in den Tagen, in denen ich dieses schreibe, die letzte Bestätigung und Stichhaltigkeit dieses Glaubens erfahren durfte: Angesichts des Todes, dem mich eine schwere Lähmungskrankheit entgegenführt, die für einen Ungläubigen nur mit einer Tat wie der Hemingways zu beenden wäre, die der Glaube aber im Blick auf das Kreuz zu ertragen vermag... Das äußere Handwerkszeug des Schauspielers - Arme, Beine, Stimme - sind mir genommen. Aber Kopf und Herz sind gesund und haben die Kraft, für alles, was mir im Leben in so reichem Maß geschenkt worden ist, Dank zu sagen. Nichts als Dank!” -

Ein anderes ergreifendes Beispiel:

Im Gotteshaus vom Schlag getroffen

Unvergessen in meinem Leben bleibt mir der Ostersonntag, 22. April 1962. Ich konnte damals noch im Gotteshaus zelebrieren. Ich hatte beim feierlichen Hochamt eben das Gloria angestimmt. Die Sängerschar unserer Piegendorfer Filialgemeinde jubelte das laudamus te, benedicimus te, adoramus te. Da plötzlich ein dumpfer Schlag mitten in den Festgesang - starke Bewegung unter der betenden Menge. Ein Mann eilte sofort zu mir an den Hochaltar. Was war geschehen? Unser braver Willer-Vater, ein 80-jähriger Kleinbauer, war vom Schlag getroffen umgesunken und tat die letzten Züge. Man brachte ihn noch ins Nachbarhaus. Ich gab ihm die hl. Absolution und spendete die hl. Ölung. Alle Gläubigen im Gotteshaus waren tiefst ergriffen, wußten sie doch, daß Vater Willer allzeit ein guter Mensch gewesen, ein kerniger Christ, ein wahrhaft Gottliebender. Über 40 Jahre lang hatte er bei allen Prozessionen, Bittgängen und Beerdigungen das Kreuz vorangetragen. Das war ihm stets eine Ehre und eine Freude. Nicht einen Sonntag seines Lebens hat er - Krankheiten ausgenommen - die Sonntagspflicht versäumt. Den halbstündigen Weg zum Gotteshaus ging er immer zu Fuß, um sich so - meist betend - auf die große Stunde des hl. Christusopfers vorzubereiten. Auch an diesem Sonntag schlug er das Angebot einer Autofahrt zum Gottesdienst aus; sein Sonntag gehörte dem lieben Herrgott, sein Werktag gehörte der Arbeit und der Sorge für seine Familie. Er liebte seinen Herrn und Gott aus ganzem Herzen. So durfte er im Gotteshaus während des feierlichen Gloriagesanges seinen Heimweg in die Ewigkeit antreten, heim ins Vaterhaus. Ein Gottliebender fällt nie aus der Hand seines himmlischen Vaters, ganz gleich wann, wo und wie ihn der Tod überrascht. A. M. Weigl


 

So schrieb Nikolaus Groß zum Abschied:  [inzwischen selig]

Nikolaus Groß, der Schriftleiter der westdeutschen Arbeiterzeitung und der Ketteler-Wacht, entstammte einer Arbeiterfamilie (geboren 1898). Als junger Bergmann erweiterte er sein Wissen durch viel Lesen und den Besuch von Abendschulen. Er schloß sich der christlichen Bergarbeiterbewegung an, gründete und leitete Jugendgruppen. Aus seinem katholischen Glauben und seiner politischen Überzeugung heraus war er ein scharfer Gegner des Nationalsozialismus. Verwickelt in die Vorbereitungen zum Umsturz (20. Juli 1944), wurde er zum Tod verurteilt. Zwei Tage vor der Hinrichtung schrieb er an seine Frau (die er Mutter nennt) und an seine Kinder:

Meine Herzallerliebsten!

... Der Name des Herrn sei gepriesen! Sein Wille soll an uns geschehen! Fürchtet nicht, daß angesichts des Todes großer Sturm und Unruhe in mir sei! Ich habe täglich gebeten, daß der Herr mich und Euch stark mache, alles geduldig und ergeben auf uns zu nehmen, was Er für uns bestimmt oder zugelassen. Und ich spüre, wie es durch das Gebet still und ruhig geworden ist.

Mit inniger Liebe und tiefer Dankbarkeit denke ich an Euch zurück. Wie gut ist doch Gott und wie reich hat Er mein Leben gemacht! Er gab mir Seine Liebe und Gnade und Er gab mir eine herzensgute Frau und gute Kinder. Bin ich Ihm und Euch dafür nicht lebenslänglichen Dank schuldig? Habt Dank, Ihr Lieben, für alles, was Ihr mir erwiesen! Und verzeiht mir, wenn ich Euch weh tat oder meine Pflicht und Aufgabe an Euch schlecht erfüllte! Besonders Dir, liebe Mutter, muß ich noch danken. Als wir uns vor einigen Tagen für dieses Leben verabschiedeten, da habe ich, in die Zelle zurückgekehrt, Gott aus tiefstem Herzen gedankt für Deinen christlichen Starkmut. Ja, Mutter, durch Deinen tapferen Abschied hast Du ein helles Licht auf meine letzten Lebenstage gegossen. Schöner und glücklicher konnte der Schluß unserer innigen Liebe nicht sein, als er durch Dein starkmütiges Verhalten geworden ist. Ich weiß, es hat Dir und mir große Kraft gekostet, aber daß der Herr uns diese Kraft geschenkt, dessen wollen wir dankbar eingedenk sein.

Habt keine Trauer um mich - ich hoffe, daß mich der Herr annimmt. Hat Er nicht alles wunderbar gefügt? Er ließ mich in einem Hause, in dem ich auch in der Gefangenschaft manche Liebe und menschliches Mitgefühl empfing. Er gab mir über 5 Monate Zeit - wahrlich eine Gnadenzeit -, mich auf die Heimholung vorzubereiten. Ja, Er tat vielmehr: Er kam zu mir im Sakrament, oftmals, um bei mir zu sein in allen Stürmen und Nöten, besonders in der letzten Stunde. Alles das hätte ja auch anders sein können. Es war nur ein kleines dazu nötig, ich brauchte, wie viele andere, nach dem Angriff am 6. Oktober nur in ein anderes Haus verlegt werden, und ich hätte vieles und Entscheidendes nicht empfangen. Muß ich nicht Gottes weise und gütige Führung preisen und Ihm Dank sagen für Seine väterliche Güte und Obhut. Siehe, liebe Mutter, so schwer und schmerzlich mein frühes Scheiden auch sein mag - Gott hat mir damit gewiß eine große Gnade erwiesen... Darum weinet nicht und habt auch keine Trauer! Betet für mich und danket Gott, der mich in Liebe gerufen und heimgeholt hat!

Eine große Freude war mir das Sterbekreuz und der Rosenkranz, den Du, liebe Mutter, mir in die Zelle schicktest. Ich trage das Kreuz Tag und Nacht auf der Brust, und auch der Rosenkranz ist mein ständiger Begleiter. Ich werde Sorge tragen, daß beides in Deine Hände zurückkommt. Auch sie werden Dir Gegenstand lieber Erinnerung sein. Nun habe ich meine irdischen Angelegenheiten geordnet. Die Tage und die Stunden, die mir bleiben, will ich ganz dem Gebete hingeben. Gott möge sich meiner armen Seele erbarmen und Euch immerdar mit Seinem Segen und Seiner Gnade begleiten!

In der Liebe Christi, die uns erlöste und die unsere Hoffnung ist, segne ich Euch: Dich, liebste Mutter, Dich, Klaus, Dich, Berny, Dich, Marianne, und Dich, Elisabeth, Dich, Alexander, Dich, Bernhard, und Dich Leni. Gott vergelte Euch, was Ihr mir Liebes und Gutes getan habt! Im Vertrauen auf Seine Gnade und Güte hofft ein ewiges Wiederseh'n in Seinem Reich des Friedens   Euer Vater

Aus: “Du hast mich heimgesucht” Verlag: Chr. Kaiser, München


 

17 jährige Berlinerin meuchlings ermordet

Ihr Leben war ein frohes Gottdienen - ihr Sterben ein Blutzeugnis. Trotz all des Erschütternden und Unbegreiflichen dürfen wir auch über dieses Leben und Sterben schreiben: In Gottes Vaterhand. - Maria Regina Kramer, am 1. Aug. 1928 in Berlin geboren, aufgewachsen in der Großstadt, war ein Kind von lebhaftem Temperament und reger Phantasie. Von Natur aus, mehr wie sonst ein Kind, zu fröhlichem Übermut neigend, in der Schule ohne die notwendige Konzentration, machte sie den Erziehern einige Zeit, besonders im Internat Aiterhofen, Niederbayern, manche Sorgen. Das Gebet und die Bemühungen der Mutter einerseits, das Ringen und Beten des Kindes andererseits halfen die Charakterschwächen überwinden. Von Kindheit an dem Religiösen zugeneigt, bekannte sie sich mit Begeisterung zur Katholischen Jugend, die damals im schweren Beschuß der braunen Machthaber stand. Sie war Mitglied des Heilandbundes in Berlin.

Wesentliche Charakterzüge, die Maria Reginas Kindheit und Jugend trotz mancher Schwächen prägten, waren diese: ihre große Liebe zu Christus, den sie fast täglich in ihr Herz aufnahm, die echte Dankbarkeit eines Gotteskindes und die innige, hilfsbereite Liebe zu ihrer leidenden Mutter, in der sie “ihre einzige, beste Freundin” sah. Mit 7 Jahren hatte sie bereits ihren Vater verloren.

Ihrer guten Mutter vertraute sie alles an,

was es auch immer war. Sie hatte kein Geheimnis vor ihr. Die Mutter schenkte aber auch ihr viel Vertrauen. Ein wichtiges Moment der Erziehung. Bei jedem wichtigen Vorhaben erbat sich Maria Regina den Muttersegen. “Mutti, mach mir doch ein Kreuz auf die Stirne!” Ein feiner Zug, den heute leider viele Jugendliche nicht mehr verstehen. Elternsegen aber ist Gottessegen!

Alten Leuten und Notleidenden zu helfen, sie durch eine Freude zu überraschen, war ihr ein Bedürfnis. Von früh auf zeigte sie dabei großes Taktgefühl. Um die Fehler anderer zu entschuldigen, ließ sie nicht selten lieber einen falschen Verdacht auf sich sitzen als andere zu verraten. “Feig sein, Mutti, feig sein darf man nicht”, war einer ihrer Grundsätze. Auf ungeratene oder im Religiösen laue Kinder wirkte sie im guten Sinn ein. Wegen ihres frischen, natürlichen Wesens und ihrer ungezwungenen Liebenswürdigkeit ist sie oft als “Sonnenschein” bezeichnet worden. Sie hatte etwas Strahlendes an sich und war immer sangesfroh.

Manchmal wollten Jungmänner, ja sogar verheiratete Männer ihrer Mädchenehre nahe treten. Die 15-jährige wehrte jedesmal kurz und entschieden ab. “Ich werde mit Ihrer Frau reden.” - “Sie sind doch verheiratet!” Edle Ritterlichkeit erfüllte ihr Sein; verhüllte Schamhaftigkeit war der Schutz ihres keuschen Wesens. Im Tiefsten gehörte ihr Leben Christus. “Dir allein schwör ich die Liebe lilienrein”, sang sie gerne. In ihren eigenen Bedürfnissen überaus anspruchslos, ertrug das reifende Mädchen mit tapferer Ergebenheit zusammen mit ihrer Mutter die zermürbenden Bombenangriffe auf Berlin.

Es war eine drangvolle Zeit

Fast jede Nacht Feindeinflüge und Bombenabwürfe. Täglich stand der Tod vor ihrem Auge. Der Bunker bot keinen absoluten Schutz. Die Kampffront der Russen auf Berlin rückte immer näher heran. Die Todesnot drängte hinaus aus der Stadt: nur fort von Berlin! Mit großem Dank nahmen Mutter und Kind die Einladung einer 80jährigen Frau aus dem Bregenzer Wald an. Es gelang gerade noch die Flucht vier Wochen vor Kriegsende nach Langenegg in Vorarlberg (Österreich). Dabei ging alles mitgenommene und abgesandte Gepäck verloren, so daß sie völlig arm im fremden Lande ankamen. Es fehlte an allem, an der nötigen Wäsche und Kleidung, auch an Kochgeschirr, Tassen und Tellern. Die Entbehrungen waren groß. Die stille, bescheidene Art der Mutter, das sonnige, heitere Wesen des Kindes gewannen in Bälde wenigstens ein 0aar hilfsbereite Menschen, besonders auch im Pfarrhof von angenegg. Rührend war dabei stets des Kindes Sorge für die schwer leidende Mutter. Die Monate gingen dahin.

Zu ihrer großen Freude durfte Maria Regina Ende August in Bregenz-Thalbach an Mädchenexerzitien teilnehmen.

Diese Exerzitien wurden für sie ein tiefes inneres Erlebnis. Reich beglückt, kehrte sie davon zurück. Ihre Christusliebe war dadurch um vieles zarter und opferbereiter geworden. Sie hatte alle Vorträge in Kernsätzen niedergeschrieben. Unter anderem das berühmte Tertullianwort: “Herr, mach mich zu Deinem treuen Kämpfer! Nimm mich zur harten Übung vom freien Spiel! Sondere mich ab zu strenger Zucht; gib mir Zeit, mich tüchtiger zu machen; zwing mich, plag mich, mach mich müde!” - Oder: “Jungfräulich sein, heißt: frei von Bindungen sein, heißt jederzeit bereit sein, wenn der Bräutigam kommt. Alles Unedle, alles Unreine ist im Denken einer Jungfrau ausgeschlossen. ‘Selig die reinen Herzens sind, sie werden Gott anschauen.”

Die zunehmende Hinneigung, “ganz für Christus zu leben, und wenn es sein muß, für Ihn zu sterben”, ist in Maria Reginas Leben zuletzt immer deutlicher zu Tage getreten. Drei Tage nach den Exerzitien sollte sie ihre Liebe und ihre Treue zu Christus mit ihrem Lebensopfer besiegeln. Als Reichsdeutsche hatten Mutter und Kind die amtliche Weisung erhalten, Osterreich wieder zu verlassen. Diese harten Bestimmungen galten für alle Ausländer. Umgekehrt auch in Deutschland für alle Österreicher. Schnell mußte man also eine Notunterkunft auf deutschem Boden sicherstellen. Diese Aufgabe vertraute die Mutter dem tapferen Mädchen an.

Mit ihrem Muttersegen machte sich Maria Regina am Sonntag, 2. September, auf den Weg von Langenegg über Krumbach ins bayerische Allgäu. Auf einem Handwägelchen nahm sie in zwei Pappkartons einen Teil ihrer Habseligkeiten mit. Es verkehrten damals kaum Fuhrwerke über die Grenze.

“Ich betrachte es als eine Wallfahrt”

hatte sie zum Abschied noch zur Mutter gesagt, als sie aufbrach. Es war ein beschwerlicher Weg; betend trat sie ihn an, bis zum Abend hoffte sie, wieder heil zurück zu sein. An einem Silberkettchen trug sie das Bildnis des hl. Schutzengels bei sich. Am Montag morgen war Maria Regina noch nicht zurück. In banger Sorge setzte nun ein Nachforschen und Suchen ein, auch von seiten der Polizei. Man suchte mehrere Tage. Dann fand man sie unweit der Straße im Bärentobel in einem Gebirgsrinnsal zwischen Gesteinen und Felsbrocken - tot - entblößt. Die linke Hand lag fest auf ihrer Brust, die rechte Hand mit gestreckten Fingern war hocherhoben. “Die Stellung sah aus wie die eines Engels”, so wurde der Mutter geschrieben. Hier auf dieser Waldstraße war das Mädchen von fremdländischer Hand überfallen und ergriffen worden. Es muß ein schweres Ringen um ihr Leben, um ihre Unschuld gewesen sein. Nach sieghaftem Ringen um ihre Jungfräulichkeit hatte ihr die Mörderhand durch Steinschläge die Schädeldecke zertrümmert, so daß das Gehirn heraustrat. Dem Mörder ging es um eine brutale Vergewaltigung, um nichts anderes, denn alle ihre Habseligkeiten wurden hernach unberührt vorgefunden.

Der gerichtsärztliche Totenschein bestätigt erschütternd: “Am 2. Sept. 1945 im Bärentobel in Krumbach ermordet durch Zertrümmerung der Schädeldecke im Ringen gegen Vergewaltigung.”

Und ein weiteres vielsagendes ärztliches Dokument lautet: “Maria Regina ist nach Feststellung des Bezirksarztes Dr. Leubner ihrer jungfräulichen Unversehrtheit nicht verlustig gegangen.”

Wahrhaft eine Märtyrin der Unschuld

so hieß es in der Grabansprache. Die Kunde von dem Heldentum dieser 17-jährigen ließ aufhorchen. Die Liebe des ganzen Dorfes strömte ihr zu, als man sie von der Unglücksstelle nach Langenegg zurückbrachte. Eine wahre Triumphfahrt! Von weit her brachten die Dorfbewohner Blumen in Schalen und Körben, Blumen in Töpfen, Sträuße und Kränze in großer Zahl. In einer Fülle von Blumen stand ihr weißer Sarg. Unter großer Beteiligung der Bevölkerung fand das Heldenmädchen auf dem Friedhof von Langenegg ihre letzte Ruhestätte. Drei Priester gingen ihrem Sarg voran. Der Kirchenchor sang zum Abschied ihren Lieblingskanon: “Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden!”

In der Liebe, in der Treue zu Christus, in Seiner Kraft ist sie gestorben - mit dem hl. Schwur in ihrer Seele: “Christus, mein König, Dir allein schwör ich die Liebe lilienrein - treu bis in den Tod!” Mit Christus heim zum Vater. Zum Schluß sollen hier die tiefergreifenden Erinnerungen der schwergeprüften, heute noch lebenden Mutter Anna Kramer, niedergeschrieben werden:

Mein liebes, gutes Kind! Noch bevor man dich zu Grabe trug, hatte ich erfahren, daß du, kurz bevor du an jenem Sonntag den Weg durch den Tobel einschlugst, in der Kirche in Krumbach das hl. Opfermahl empfangen hattest. “Aus Deinem Opfer - und dem Opfermahl der hl. Kommunion gib mir die Opferkraft”, so schriebst Du am Tag vor Deinem Tod auf das Bild der zweiten Kreuzwegstation. Mein liebes Kind! Der Mörder hatte nichts anderes von Dir gewollt, als Deine Unschuld. Du aber opfertest Dein Leben für die Reinheit - und nicht die Reinheit für Dein Leben. Nichts von Deinen Sachen hatte der Mörder Dir geraubt. Ungeöffnet waren die beiden Pakete; Ring und Armbanduhr waren nicht weggenommen. Der Schutzengelsonntag war Dein Todestag.
 

“Siehe, ich sende meinen Engel, daß er vor dir hergehe und dich an den Ort führe, den ich bereitet habe”, beginnt die Lesung dieses Tages. Der Engel hat Dich an den Ort geführt, den Gott Dir bereitet hat.
Ich aber schlage noch einmal Dein Exerzitienheft auf, ein teueres Vermächtnis für mich, Deine Mutter. In großen Buchstaben, von Dir geschrieben, steht dort auf der ersten Seite:
“Gott ist Vater, Gott ist gut, gut ist alles, was Er tut!”
In roter und schwarzer Schrift schriebst Du in dieses Heft die Verse von Pater Lippert:

“Es muß Nacht werden, ehe man die Sterne sieht.
Nacht muß es werden, ehe man die Lichtstraßen Sieht in der Höhe droben. Nacht muß es werden, Ehe wir an die Größe unseres Gottes glauben.”

Wohin mein Blick fiel, und was ich auch in die Hand nahm, aus allem sprach Deine lautere, Deine hingabefähige, Deine opferbereite Seele. Ein Zettel fiel mir in die Hand. Ein Ausschnitt aus einem Kalender mit einem Gedicht. Drei Ausrufungszeichen mit Bleistift hast Du daneben geschrieben:
“Unendlicher, Du wohnst in mir,
Du hast Dich selber in mein Herz geschlossen.

Im Lärm des Mittags und im Traum der Nacht
Hab' ich an Dir den stillen, ewig treuen Weggenossen.”

Auf der letzten Seite Deines Exerzitienheftes lese ich die Worte:
Die Zeit ist kurz,
Nur eine kleine Weile, Haben wir Mut zum Sieg!”

Und als Letztes stehen in Deinen Aufzeichnungen Worte aus der Offenbarung des hl. Johannes: “Christus, der Herr, spricht:

“Ja, Ich komme bald. Amen! Komm, Herr Jesus!”

- So die Niederschrift der Mutter. Tieferschütternd!

 

Welch eine Liebe! Welch eine Reife! Welche Vollendung! Jedes Sterben ist etwas Geheimnisvolles. Das Sterben eines Martyrers aber ist ein Geheimnis höchster Liebe, das erst in der Ewigkeit offenbar wird.

Die edle Seele hat recht, die geschrieben hat: “Ich sehe in Maria Regina, in diesem an Heiligkeit und Heroismus reifenden jungen Menschen ein Geschenk Gottes für unsere heutige Jugend. Denn für die Treue zu einer erkannten inneren Wahrheit und für das wirkliche Einstehen dafür ist die Jugend immer empfänglich. - “Herr, mach mich zu Deinem treuen Kämpfer, nimm mich zu harter Übung vom freien Spiel. Sondere mich ab zu strenger Zucht. Gib mir Zeit, mich tüchtig zu machen, zwing mich, plag mich, mach mich müde!” - Noch am Tag vor ihrem Tod sprach Maria Regina diese Worte (Tamara Ramsey). A. M. Weigl

So lautet eines unserer besten Gebete: “Mein Herr und Vater! Schon jetzt nehme ich jede Art des Todes aus Deiner Hand mit voller Ergebung und Bereitwilligkeit an.” - In gesunden, besonders aber in kranken Tagen, in Augenblicken, wo das Herz plötzlich versagen will, sollten wir es mit Hingabe sprechen. Es wird uns immer mehr bereit machen für den Heimgang sühnender Liebe.


 

So lebte und starb ein heroischer Herrscher

Vor 100 Jahren (1. 4. 1922) vollendete Kaiser Karl von Österreich seine Seligsprechung ist inzwischen erfolgt.

Wohl wenige Herrscher Europas wurden so schwer geprüft wie der letzte Monarch von Österreich. Wenige aber haben auch mit solch edler Gesinnung für das Gute gekämpft, mit solchem Heroismus geopfert wie er. So lebensfroh seine Kindheit und Jugend gewesen, so leidvoll war der Höhepunkt und frühe Heimgang dieses Monarchen.

Am 21. Okt. 1911 hatte er sich mit Prinzessin Zita von Bourbon-Parma vermählt. Diese Ehe war überstrahlt von einer beispielhaften Reinheit, Treue und Elternliebe. “Jetzt müssen wir einander gegenseitig in den Himmel führen”, war der in der Brautzeit vom Bräutigam zum Ausdruck gebrachte Grundgedanke für die kommende Liebes- und Lebensgemeinschaft. Die tägliche hl. Messe und Kommunion war beiden Herzensbedürfnis. In der Familie beging man stets mit Konsequenz den Herz-Jesu- Freitag sehr feierlich. Die Erstkommuniontage der Kinder waren für sie besondere Festtage. Am Erstkommuniontag des ältesten Sohnes, des Kronprinzen Otto, vollzog der Vater die Familienweihe an das heiligste Herz Jesu.

Durch die Ermordung seines Onkels Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajewo wurde Erzherzog Karl am 28. Juni 1914 unerwartet früh zur Thronfolgerschaft berufen. Am 21. Nov. 1916 kniete er neben dem Sterbelager Kaiser Franz Josefs und empfing betend, das Antlitz in die Hände verbergend, das Erbe seiner Väter, die Verantwortung für Krieg und Frieden, für das Wohl seiner acht Völker und für das Leben Hunderttausender seiner Soldaten. Am 22. November gelobte Karl im ersten Manifest seinen Völkern, ein guter Vater zu sein und bekundet offen seinen ehrlichen Friedenswillen. Von ihm stammt das große Wort: “Jene Gerechtigkeit, die aus Angst die Großen schont, die Kleinen dagegen hängt, werde ich nicht dulden. Gerechtigkeit - und wenn es mich Thron und Leben kostet.”

Am 30. Dez. 1916 wird Karl in Budapest vom Kardinalprimas Ungarns zum apostolischen König von Ungarn gesalbt und gekrönt.

Friede, Friede:

das ist sein Hauptanliegen. Wiederholt bekennt er: “Ein segenbringender, dauernder Friede; das ist das wichtigste Ziel meines Lebens.” - “Niemand wünscht sehnlicher den Frieden als ich,... von früh bis spät nachts bildet er meine einzige Sorge.” “Ich will alles tun, um die Opfer und Schrecknisse des Krieges in ehester Frist zu bannen, die schwer vermißten Segnungen des Friedens den Völkern zurückzugewinnen.” Die Friedensansprache des hl. Vaters Benedikt XV. vom 24. Dez. 1916 ist ihm aus der Seele gesprochen. Freudig stimmt er der päpstlichen Friedensvermittlung (1. Aug. 1917) zu, um des Friedens willen sucht er Kontakt mit seinem Schwager Sixtus von Frankreich. Aber um dieser ehrlichen Friedensgesinnung willen wird er vor aller Welt wie ein Schwächling hingestellt, ja wie ein Lügner verleumdet. Der Kaiser aber gibt in heroischer Selbstlosigkeit lieber seine Ehre schmählichem Mißbrauch preis, als daß er das Wohl seiner Völker gefährden würde.

Vor allem war es der deutsche General Ludendorff, der die Belange des Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn nicht verstehen konnte und die Friedensbemühungen Kaiser Karls in verblendeter Überheblichkeit von sich wies, ja zunichte machte, ihn des Verrates und der Schwächlichkeit zieh, dafür aber in seiner Verblendung Lenin aus der Schweiz im plombierten Eisenbahnwagen nach Petersburg bringen ließ. Durch dieses apokalyptische Bündnis, wie Paul Wenger es zutreffend nennt, bereitete er den Untergang der preußischen und der anderen Monarchien vor und öffnete den Russen den Weg zum Brandenburger Tor und zur Mauer, die Deutschland heute trennt.

Kaiser Karl hatte den Freimut in allem und jedem das Recht zu sagen und dafür einzustehen.

Menschenfurcht kannte er nicht,

weil er stets von Gottesfurcht erfüllt dachte, entschied und handelte. Dafür mußte er einen ungeheueren schweren Leidensweg gehen. Er ist ein Martyrer seiner christlichen Überzeugung, ein Martyrer für den Frieden geworden. Im Oktober-November 1918 trat die Katastrophe seines Reiches ein. Agram und Prag sagten sich offen los von ihm. “Lieber Hitler als Habsburg”, hatte später Benesch gesagt. Am 3. Nov. 1918 mußte Kaiser Karl einen schmerzlichen Waffenstillstand schließen. Aufgefordert, seinen Herrscherrechten zu entsagen, da sonst sein ganzes Familienvermögen verloren ginge, erwiderte er: “Niemals werde ich um des Geldes willen auf Rechte verzichten, die mir Gott als Pflichten gegeben hat. Ich werde meinen Krönungseid niemals verletzen. Die Stefanskrone ist mir heilig, man kann mir das Leben, aber nie meinen Eid und die Krone rauben.” - In jenen Tagen kam auch eine Abordnung von Freimaurern zu Kaiser Karl und erklärte: “Wir retten Ihnen Reich und Krone, wenn Sie die Freimaurerei für Österreich freigeben!” Darauf des Kaisers Antwort: “Was ich aus der Hand Gottes bekommen habe, will ich nicht aus der Hand des Teufels annehmen!” Ein herrliches Bekenntnis!

Am 3. April beschloß die österreichische Nationalversammlung die Landesverweisung und Vermögensentrechtung des Kaisers und seines gesamten Hauses. Jeden Anlaß benützte die gegnerische, vor allem freimaurerische antikirchliche Welt, Kaiser Karl und seine Familie, die aus ihrer Treue zu Papst und Kirche nie ein Hehl machte, zu schmähen und zu verleumden.

Inzwischen hatte der Monarch mit den Seinen in der Schweiz - als “erster Heimatvertriebener” - Zuflucht gefunden. Am 13. Okt. 1921 aber rufen ihn seine Getreuen in Ungarn nochmals dorthin. Das Königspaar kommt mit dem Flugzeug, wird aber sofort vom Reichsverweser Horthy verhaftet und in der Abtei Tihany gefangengehalten. Einen Thronverzicht lehnte der König auch in dieser Situation und trotz drohender gewaltsamer Verbannung aus Grundsatztreue ab. “Solange mir Gott die Kraft gibt, meinen Pflichten nachzukommen, kann ich auf den ungarischen Thron nicht verzichten, an welchen mich mein Krönungseid bindet” (28. Okt. 1921). Er handelt in dem Bewußtsein, seinen Thron um des legitimen Rechtes willen und als Stütze der Kirche nicht preisgeben zu dürfen.

Lieber geht er in die Verbannung

Er wird am 21. Nov. 1921 den Engländern ausgeliefert, mit dem Schiff donauabwärts, dann durch die Dardanellen und das Mittelländische Meer gegen Gibraltar gebracht. Am 11. November glaubt der ritterlich mitfühlende englische Kapitän, der Verbannungsort werde die Insel Ascension mit seinem mörderischen Klima sein. “Um Gottes willen, da kann ich ja meine Kinder nicht wiedersehen”, klagt Kaiser Karl und Schweißperlen treten auf seine Stirn. Aber sofort fügt er mit Festigkeit hinzu: “Wenn der liebe Gott auch dieses Opfer noch haben will, auch dieses werde ich Ihm noch bringen.” Nach wenigen Augenblicken fügt er noch lächelnd hinzu: “Wozu ängstige ich mich darüber, wenn die Leute auch meinen, mich zu verschleppen und unglücklich zu machen, sie werden mich doch immer nur an jenen Ort bringen, den der liebe Gott für mich bestimmt hat.” Welches Gottvertrauen! Welche Hingabe!

Am 19. Nov. 1921 landeten Karl und Zita in Funchal auf Madeira, einer portugiesischen Insel im Atlantik, nordwestlich von Afrika. Der dortige Bischof kam ihnen in päpstlichem Auftrag mit allen Rücksichten entgegen. Kaiser Karls innigste Freude war die sofort errichtete Hauskapelle, darin er seine liebste Erholung im harten Verbannungsschicksal suchte. Als der Monarch, gefangen auf Madeira, nichts mehr für seine Völker tun konnte, als ihm nur mehr sein Leben belassen war, brachte er in heroischer Selbstlosigkeit sein Leben als Opfer Gott freiwillig dar, damit seine Völker den Glauben bewahren und in Frieden zusammenfinden mögen. Damit brachte er, wie Emmy Gehrig so treffend sagt, das

schwerste Opfer an sich selbst,

denn dieses Hinopfern seines Lebens bedeutete Trennung von seiner Gemahlin und von seinen Kindern, die er so vorbildlich liebte. Es ging ihm eben zuerst um das Reich Gottes und um das Seelenheil seiner Völker. Dies beweisen folgende Worte: “Gott hat mir die Gnade verliehen, daß es nichts mehr auf Erden gibt, das ich nicht bereit wäre, Ihm zuliebe, zum Wohle der hl. Kirche nicht zu opfern.” Gott hat dieses heroische Opfer schon nach wenigen Wochen angenommen.

Schwere Geldsorgen zwangen Kaiser Karl die Stadt Funchal zu verlassen und am 18. Febr. 1922 vorzeitig in das im Frühjahr ungesunde Klima am Monte oder der Stadt überzusiedeln. Am 2. Februar kehrte Kaiserin Zita mit den in der fernen Schweiz zurückgelassenen sieben Kindern zurück. Am 31. Mai gebar sie ihr achtes Kind.

Vollendung unter Gottes Vaterhänden

Am 14. März erkrankte Kaiser Karl zunächst leicht. Am 27. März verschlimmerte sich sein Zustand infolge einer Lungenentzündung. Er hatte aber gute Hoffnung auf Wiedergenesung. Trotzdem legte er sofort eine Generalbeichte ab. Der Hausgeistliche auf Madeira, Dr. Szambocki, erklärte später einmal: “Nie in meinem Leben habe ich eine so demütige, bußfertige, ergreifende Beichte gehört, wie die (letzte) Beichte dieses Königs, der heiligmäßig lebte.”

Nach dieser Generalbeichte - unmittelbar vor Empfang der hl. Krankensalbung - sprach der Kaiser zu den im Krankenzimmer Anwesenden: “Ich verzeihe allen, die gegen mich arbeiteten und arbeiten. Ich werde weiter für sie beten und leiden.” Wohl selten hat in der Geschichte ein Monarch eine solche Fülle von Verrat, Verleumdungen und Lügen gegen sich und seine Gemahlin erfahren und auch einen solch furchtbaren Haß. Und trotzdem: “Ich verzeihe allen. - Ich hege keine Feindschaft, gegen niemanden - Gott sieht in die Herzen, urteilen wir nicht!”

Zu seiner Gattin sagte er in der Nacht vor seinem Heimgang: “Ich muß soviel leiden, damit meine Völker sich wieder zusammenfinden.” Dieser Ausspruch bekundet seine Heimatliebe und -treue, in der er seine Leiden aufopferte, bekundet aber auch sein Verantwortungsbewußtsein bis zum letzten Augenblick: Kämpfen und leiden für den Frieden. Aus dieser Verantwortung eines wahren Christen entsprang auch die letzte Bitte des Schwergeprüften für seine Kinder. Er nannte sie alle einzeln beim Namen - es war eineinhalb Stunden vor seinem Tode - dann flehte er: “Lieber Gott, beschütze unsere Kinder! Bewahre sie an Leib und Seele und lasse sie lieber sterben, als eine Todsünde begehen!” Als später Papst Pius XII. von diesem Gebet hörte, bezeugte er: “Das ist wahrhaft heldenhaft groß.” - Das ist wahre christliche Erzieherverantwortung: Lieber tot als eine Todsünde!

Die Seelengröße dieses heroischen Christen

beweist auch ein anderer Ausspruch in der letzten Nacht vor seinem Heimgang: “Mein ganzes Bestreben ist immer, in allen Dingen den Willen Gottes möglichst klar zu erkennen und ihn zu befolgen, und zwar auf das vollkommenste.” Welch heroische Größe! Und wieder sagte er: “Wir befinden uns in den Händen der göttlichen Vorsehung. Was immer geschieht, ist das Rechte, vertrauen wir nur!” Das ist die Haltung eines echten Kindes vor Gott. Dieser Monarch hat sich ganz eingebettet in die Vaterhände Gottes. “Er hatte den Sprung in den Abgrund, der Gott ist, gewagt” (E. Gehrig). Obwohl er in seinem Leben spartanisch einfach lebte - man hat ihn leider auch hinsichtlich seiner Lebensführung mit viel Verleumdung bedacht -, wurden seine letzten Lebenstage große Opfertage. Täglich aber dankte er abends im Te Deum für alle Gnaden und Leiden des Tages. Er trug jeden Schmerz, all die Atemnot sowie das verzehrende hohe Fieber mit großer Ergebung im Aufblick zum Gekreuzigten. Wie schmerzvoll sein letztes Leiden war, bezeugen die Worte auf dem Krankenbett: “Wie gut ist es, wenn man Vertrauen zum heiligsten Herzen Jesu hat! Es wäre sonst alles nicht auszuhalten.” Und mit demutsvoller Ergebung fügt er hinzu: “Mein Jesus, wie Du willst, Dein Wille geschehe!”

Die bewußte Hingabe seines Willens in den Willen Gottes ist christliche Größe. Wohl hoffte er noch bis zum letzten Augenblick auf eine Wendung seiner Krankheit, sprach aber immer wieder das ergebene: “Dein Wille geschehe, o Gott! Amen.” Am Todestag, dem 1. April 1922, hatte er früh, wie täglich, die hl. Kommunion empfangen. Am Vormittag erhielt er den Segen vom Hausgeistlichen mit dem Allerheiligsten im Ziborium. Mittags, wenige Minuten vor dem Heimgang, sehnte er sich nochmals nach dem Leib des Herrn, den ihm der Priester als letzte Wegzehrung reichte. In Jesu Armen wollte er sterben; leise flüsternd betete er:

         “Jesu, Jesu, komm!”

Einige Male wiederholte er: “Jesus, Maria - mein Jesus, wie Du willst”, bis der Atem aussetzte und er ruhig einschlief. Ein großer Gottliebender, erst 35-jährig, hatte vollendet. Gott hatte das große Amen gesprochen.

Der Bischof von Funchal erklärte in Rom einem österreichischen Ordenspriester: “Keine Mission hat so tief in meiner Diözese auf die Belebung des Glaubens gewirkt wie das Beispiel des Duldens und Leidens Ihres Kaisers.”

Und Weihbischof Dr. Weinbacher sagte mit Recht: “Mag die Geschichte urteilen, wie sie will - der letzte Kaiser des alten Österreich ist sicher auch sein bester.” - Wahrhaft “ein heiliger Kaiser” (Dr. Görlich, Wien).

Die sterbliche Hülle des großen, tapferen Kreuzträgers und Dulders wurde am

5. April 1922 in der Wallfahrtskirche von Nossa Senhora de Monte beigesetzt. Dort ruht sie bis heute. Bischof und Volk von Funchal hüten Karls von Österreich sterbliche Reste in ehrfürchtiger Erinnerung. [Am 3. Okt 2004 seliggesprochen.]

Was ist die geistige Frucht dieses heroischen Lebens und Sterbens? So fragen wir zum Schluß. Darauf kann und wird allein Gott die Antwort geben.

Wir aber dürfen folgendes feststellen:

 

  1. 1. Am 3. Nov. 1949 sandte Radio Vatikan in alle Welt die Nachricht, daß der Seligsprechungsprozeß des Kaisers und Königs aus dem Haus Habsburg begonnen hat. Das ließ die Welt von damals aufhorchen. Das läßt sie auch heute noch aufhorchen, denn hier geht es um etwas Großes. Der von der Welt verkannte, überzeugt christliche Monarch darf seit jener Stunde als Diener Gottes verehrt werden. Es erfüllt sich, was Papst Pius X., der Heilige, vorausgesagt: Dieser Kaiser wird nach seinem Tode seinen Völkern und Ländern zur größten Ehre gereichen.

  2. 2. Zu Beginn des Jahres 1938 waren bereits 10.000 Gebetserhörungen bekannt, die auf die Fürbitte des Dieners Gottes Karl von Österreich gewirkt worden sind. Immer neue werden bekannt, immer neue werden bezeugt, und zwar aus dem In- und Ausland. Ein Zeichen, das der Himmel spricht.

  3. 3. Eine weltumspannende Gebetsliga, früh entstanden, umfaßte bereits 1938 25 000 Mitglieder und nimmt immer neue Mitglieder auf, und zwar aus allen Ländern und Erdteilen, aus allen Ständen und Berufen bis zu den höchsten kirchlichen Würdenträgern hinauf.

    Mit Recht schrieb Universitätsprofessor Dr. Dr. Zeßner, dieser mannhafte Bekenner, der in Dachau 1938 sein Leben für die christliche Sache dahingab: “An seiner Gefolgschaft erkennt man den weltlichen Großen, an der Schar der betenden und opfernden Schüler erkennt man den Heiligen. Kaiser Karl hat über das Grab hinaus eine große geistige Gefolgschaft, vielleicht größer und besser, als im Leben und als Herrscher.”

    Heute, wo der Friede unter den Völkern aufs höchste gefährdet ist, wo der Glaube in großer Bedrängnis, wo soviel Unrecht gegen Gott und menschliche Autorität gesühnt werden muß, braucht es Beter- und Opferseelen, ganz im Geist und in der Gesinnung eines Königs und Kaisers Karl. Die Gebetsliga will sich in besonderer Weise für diese Belange, vor allem für den Weltfrieden, einsetzen, aber auch für die baldige Erhebung des Dieners Gottes Karl aus dem Hause Österreich zur Ehre der Altäre. “So wie uns zu Beginn des frühen Mittelalters an der Schwelle des zweiten Jahrtausends ein heiliger Kaiser in der Person Heinrichs II. geschenkt wurde, so möge uns jetzt beim Weg Europas in das Atomzeitalter am Ende des zweiten Jahrtausends wieder ein heiliger Kaiser als Fürsprecher erstehen, damit die Völker Europas endlich zusammenfinden in Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit und damit in einem neuen “Heiligen Reich” (Bischof R. Graber als Professor in Eichstätt am 1. 10. 1955).

    Die Mitglieder der Gebetsliga erwählen sich einen bestimmten Tag im Monat, um die hl. Messe und Kommunion für diese Anliegen aufzuopfern. Wahrhaft eine große Aufgabe für jeden, der sich dazu berufen fühlt.

    Anmeldungen für die Gebetsliga und Mitteilungen von Gebetserhörungen nimmt entgegen: Gebetsliga, A-2532 Abtei Heiligenkreuz A. M. Weigl


     

    “Mir nach!” - spricht Christus

    In der unbedingten Hingabe an den Willen des Vaters, in dem alles tragenden und alles hoffenden Gottvertrauen, geht der Sohn in die entsetzliche, qualvolle Stunde der Todesangst am Ölberg. Mag Sein schmerzerfülltes Herz auch zittern und zagen angesichts des Entsetzlichen, durch das Er hindurch muß; über Kreuz und Not erhebt sich ein Gottvertrauen, das sterbend noch die Hand des Vaters zu küssen vermag, die doch so schwer auf dem Sohne lastet. Hier hat die Frömmigkeit des Herrn ihre höchste Vollendung gefunden, hier triumphiert sie über Menschenbosheit, Tod und Untergang. Jesus hat nicht die Qual des Lebens geleugnet, Er hat den Becher bis zur Neige geleert, wie er bitterer nie einem Menschenkinde gemischt wurde, aber Er ist über all das Unbegreifliche, über Ungerechtigkeit und Undank, über Verleumdung und Verrat, über Kreuz und Tod Herr geworden durch die unverbrüchliche Hingabe an den Vater und durch ein Vertrauen auf Ihn, das stärker gewesen als Leibesqual und Seelennot. So ist Er in der tiefen Frömmigkeit Seines Herzens, der erste Kreuzträger geworden, der unter dem Kreuz nicht erlegen ist, sondern es überwunden hat - nicht durch eine glatte Lösung der Lebensrätsel, die es um so weniger gibt, je tragischer sie sind, sondern dadurch, daß Er Sich bedingungslos in die Arme Seines Vaters warf. Sein letztes Wort: “Vater, in Deine Hände befehle ich Meinen Geist!” - Nach diesen Worten verschied Er (Lk 23, 46).


     

    Ein kurzer Schlußgedanke

    So erschütternd gerade die letzten Beispiele dieses Buches sind, so unerschüttert steht unser christlicher Glaube an Gottes Vaterliebe, die ein jedes Menschenleben mit einer Treue umfängt, als wäre gerade dieses Leben Seine einzige, Seine größte Sorge.

    Bruder! Schwester! Auch Dein Leben ist in Gottes Vaterhand geborgen vom ersten bis zum letzten Augenblick - mehr als Du begreifen kannst! Alle Freude und alles Elend, alles Glück und aller Schmerz, alles Wachsen und Vergehen ist geborgen in Seiner Vaterhand. Es ist das kleinste Ding nicht zu klein vor dem Vatergott und der Ärmste nicht so arm, daß ihm nicht Hilfe würde! Glaube daran! Glaube unerschütterlich daran! Sag es mit ganzer Seele: Vater, ich glaube an Deine Liebe zu mir, an Deine grenzenlose Liebe! Ja, noch mehr: Sag es für die hunderttausend Verzagenden und Verzweifelnden unserer Tage! Habe den kühnen, Mut und sprich im Namen aller und für alle: Vater im Himmel! Ich glaube an Deine Liebe für alle die Hoffnungslosen und Verzweifelnden, für alle, die sogar ihr Leben wegwerfen. Dieses kühne Vertrauen zwingt das Herz Gottes. - Und hab auch den kühnen Mut, zu danken im Namen aller und für alle, die Gott nie ein Wort des Dankes schenken, für Ihn nie ein Gefühl dankbarer Liebe haben. Die Weite eines solchen Herzens, die Liebe einer solchen Seele segnet der Vater überreich. Und mit dieser Herzensweite “im Namen aller und für alle” mögest Du künftig auch einen jeden Deiner Vaterunser beten! Vergiß keinen Tag darauf! Nur die Gottlieben-den und Gottvertrauenden werden die Zukunft bestehen.

    Zum Schluß noch ein inniges “Gott vergelt's” allen, die mir dieses Buch wieder vollenden halfen, besonders den Verfassern und Verlegern für die Druckerlaubnis. Ich segne von Herzen weiterhin täglich alle Leser und Verbreiter unserer Schriften! Die Aktion “Stille Hilfe durch das Buch” muß uns allen eine Herzenssorge sein,

    so wie sie es unserem hochwürdigsten Herrn Bischof Dr. Rudolf Graber ist! Euer dankbar segnender A. M. Weigl, Pfr. i. R.


     

    Benützte Literatur

     

    Mutter Basilea Schlink, “Realitäten”. (Verlag: Evangelische Marienschwesternschaft, Darmstadt-Eberstadt)
     

    Ida Lüthold-Minder, “Segenspfarrer aus dem Allgäu”. (Kanisius-verlag, Freiburg)
     

    Dr. Rudolf Graber, “Kaiser Karl von Osterreich und die Zukunft Europas”.
    (Verlag:Gebhard Lins, Altenstadt, Vorarlberg)
     

    Dr. Zeßner, “Karl von Osterreich”. (Selbstverlag der Gebetsliga, Breitenfurth)

    Emmi Gehrig, “Über das Tugendleben des Dieners Gottes Karl aus dem Hause

    Osterreich”. (Selbstverlag der Gebetsliga, Breitenfurth)


     

    Dr. Augustin Rösch SJ, “Aufzeichnungen” und Feuerreiter.
     

    Anna Kramer, “Maria Regina”. (Sankt-Gabriel-Verlag, Mödling bei Wien)

    Eine Reihe Bistums-, Wochen- und Monatsblätter (wie angegeben).
     

    Diesen und allen Verfassern herzlichen Dank für die Druckerlaubnis!

      
     

    Inhalt

    Erregender als jede Sensation
     

    I. Gottes mächtige Vaterhand

    Noch lebt ein Gott, der Wunder tut

    Eine Anbetungskapelle entsteht aus dem Nichts
    Gebet aber stieg ohne Unterlaß zum Himmel

    Er füllt die Kasse - heilt die Krankheiten
    Kühnes Gottvertrauen - immer neue Werke
    Eine Druckerei aus dem Glauben

    Vor Ihm fielen auch unüberwindliche Hindernisse
    Auch die letzte hohe Mauer fiel

    Versorgung allein aus Seinen Vaterhänden
    Tief ergriffen vom Glauben an den Vatergott
    Was unser himmlischer Vater kann

    Der philippinische Wunder-Reis
    Gott macht alles gut

    Vater der Witwen und Waisen
    In sicherer Hut

    Das Gespenst vor der Lokomotive
    So groß kann nur Gottes Liebe sein

    Das Bekenntnis eines großen Fußballers
    Weil der Priester versagte...

    Die wunderbare Heilung einer Priestermutter
    Das Lourdes-Erlebnis der Fürstin von Monaco
    Gottes Vaterhand über der Zirkusmanege

    Er hat Seinen Engeln befohlen...”
    Das Engelbild der Großstadt
    Immer mehr Aberglauben...

    Gottes Vatersorge in meinem Leben (vom Verfasser des Buches)
    Jetzt begann die Zeit des Bücherschreibens

    Aktion: “Stille Hilfe durch das Buch!”
    Tiefe, beglückende Freude
     

    II. Gottes Vaterhand züchtigt und prüft zum Segen seiner Kinder

    “Unbegreiflichkeiten Gottes”?
    Mein Ringen mit dem Willen Gottes
    Mannhaftes Gottvertrauen

    Gottes Vorsehung hat immer ein Ziel
    Keiner ist verlassen

    In Chinas Kerkerzellen
    Paulus, der Schwergeprüfte

    “Er entriß mein Leben dem Untergang” (KZ-Erlebnis)
    Das Beispiel eines verbannten Priesters
    Beispielloses Leid in einem Priesterhaus

    Stärker als russische Kerkermauern

    Die Kirche Gottes im Sturm (1771 und 1971)

    Ein Priesterleben der Liebe und der Sühne geweiht

    Christus - und der Vater 34 (Kerkererlebnisse von P. Augustin Rösch SJ)

    Frauen und Kinder brachten die hl. Kommunion
    Beichte beim Spaziergang

    Das heimliche Meßopfer in der Zelle
    Geheimnisse um Zelle

    Der wandernde Rosenkranz
    Wie in den Katakomben
    Die letzten Mordkommandos
    Die Fesseln fallen

    Gottes Engel geleiteten ihn glücklich heim
    Heim ins ewige Vaterhaus
     

    III. Gottes Vaterhand führt sicher ins ewige Vaterhaus

“Das Sterben wurde ihm selige Vollendung
Strahlende Heiterkeit eines Abschieds
Abschiedsbrief von Nikolaus Groß

17-jährige Berlinerin meuchlings ermordet (ihr Sterben ein Blutzeugnis)

So lebte und starb ein heroischer Herrscher

(vor 50 Jahren vollendete Kaiser Karl von Österreich).

Ein kurzer Schlußgedanke

 

 

 

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