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Getrost in Deine Hand
will ich mich schmiegen.
Ja, Vater, halt mich armes
Kindlein fest!
Wie schwer auch Leid in
dieser Welt mag wiegen,
Ich weiß, daß Deine Liebe mich
nicht läßt.
H. M.
Inhalt
I. Gottes
mächtige Vaterhand
II. Gottes Vaterhand
züchtigt und prüft zum Segen seiner Kinder
III. Gottes Vaterhand
führt sicher ins ewige Vaterhaus
Erklärung
Gemäß dem Urteil Papst Urbans VIII. unterwerfen wir alle
die in diesem Buch angeführten Gnadenerweise,
Offenbarungen und Erscheinungen sowie alle Ausdrücke dem
Urteil der Kirche, dem in keiner Weise vorgegriffen
werden soll.
Mit kirchlicher Druckerlaubnis
Erregender als jede Sensation
die es je in der Welt
gegeben, umwälzender als jede Revolution der
Menschheits- geschichte wäre folgendes: Alle Menschen
unserer Tage glaubten an Gott, den Herrn des Himmels und
der Erde, glaubten überzeugt daran, daß Er unser aller
Vater ist. - Alle Menschen lebten aus diesem Glauben
heraus, dächten, handelten, liebten einander als Kinder
dieses himmlischen Vaters; alle würden deshalb in der
Tat Brüder und Schwestern zueinander sein!
Das wäre eine Sensation
des wahrhaft Guten, das brächte die gewaltigste
Umwälzung, die es je in der Welt gegeben. Das aber, ja,
gerade das wollte Christus mit Seiner Frohbotschaft vom
himmlischen Vater: ein Reich der Liebe. Immer wieder hat
Er davon gesprochen, als Er durch die Lande zog: “Ihr
seid Kinder des himmlischen Vaters.” “Der Vater liebt
euch”, eines der herrlichsten Worte, die Er gesagt (Jo
16,27). “Der Vater sorgt für euch” (Mt 6). So sollt ihr
beten: “Vater unser” Und was das Wort Vater an sorgender
Güte, an unwandelbarer Treue, an nie ermüdender Liebe zu
tragen vermag, hat Er in dieses Wort hineingelegt:
“Vater”, “Vater unser”. - Eine Vaterliebe ganz
persönlich, für jeden Einzelnen! Alles nachzulesen im 6.
Kapitel des Matthäusevangeliums. Ja, Christus selbst
ist der handgreifliche Beweis für die Liebe
dieses Vaters, der unser letztes Du werden soll und
zu dem Er uns als “Weg” geleiten und heimführen will.
Schon lange drängte es
mich, ein Buch von der Vatersorge und der Vaterliebe
Gottes zu schreiben. Der Ausdruck “Vaterhand” (Titel des
Buches) steht sinnbildlich für diese sorgende
Vaterliebe, mit der Gott unser ganzes Leben bis in die
kleinsten Verästelungen umfängt. Es soll kein Lehrbuch
sein; nur einige lebensnahe und bezeugte Beispiele mögen
Lichtpunkte und Lichtsignale sein in unserer wirren,
dunklen, manchmal geradezu unheimlichen Zeit, in der für
viele Menschen der Glaube an die göttliche Vorsehung
immer schwerer wird. Es bleibt ein Geheimnis höchster
Gnade:
Gott ist unser Vater -
wir Seine Kinder.
Die Entscheidung darüber
liegt bei uns, an unserer Glaubens- und Gehorsams-
bereitschaft Gott gegenüber. Beten wir, bevor wir jetzt
weiterlesen, langsam und besinnlich jedes Wort
überdenkend, ein Vaterunser. Es ist das
vertrauensvollste, einfachste und doch inhaltstiefste
Gebet aus dem Mund des Heilands selber - an unseren
allerbesten Vater! Der Vatername Gottes allein schon ist
heiliges, ist kraftvolles Gebet. Vater unser im
Himmel...

I. GOTTES MÄCHTIGE VATERHAND
Noch lebt ein Gott, der Wunder tut
Von einer jungen
evangelischen Schwesternschaft
Die Oberin der
evangelischen Marienschwestern in Darmstadt, Mutter
Basilea Schlink, hat 1970 ein kostbares Buch
geschrieben über das Wirken der Vatergüte Gottes
gerade in unseren Tagen. In anschaulichen, manchmal
überwältigenden Beispielen berichtet sie darin, wie
Gott das vertrauende, beharrliche Gebet der Seinen
erhört, wie Er in schweren, aussichtslosen
Situationen wunderbar eingreift und staunenswerte
Taten vollbringen hilft.
Die erst 1947
gegründete Marienschwesternschaft ist ein
einzigartiger Beweis für die Vatersorge Gottes, ja
ein Lobpreis auf Seine Vaterliebe.
Wahrhaft, es ist ein
Vatergott im Himmel, der Wunder tut, auch heute
noch, wenn man sich Ihm vertrauend übergibt. Einige
staunenswerte Tatsachen aus diesem Buch, betitelt
“Realitäten” sollen hier mit Erlaubnis der
Verfasserin gekürzt wieder- gegeben werden.
Eine Anbetungskapelle wird aus dem
Nichts
“An der Bundesstraße
3 zwischen Frankfurt und Heidelberg”, so schreibt
Mutter Basilea, “steht in Darmstadt eine Kapelle.
Sie sieht nicht anders aus als sonstige Kapellen,
und doch ist sie anders. Warum? Am Eingang weht eine
große Fahne, auf der geschrieben steht: Erbaut
allein durch die Hilfe des Herrn, der Himmel und
Erde gemacht hat, im Glauben an Jesus Christus. Sie
wurde also im Namen des Herrn, ohne menschliche
Voraussetzungen, nur auf dem Weg des Glaubens und
des Gebetes erbaut. Und der Anfang dieser Kapelle
geschah so:
Im Mai 1949 gab der
Herr mir den inneren Auftrag, Ihm zu seiner
Verherrlichung eine Kapelle zu erbauen, in der ihm
viel Anbetung gebracht würde. Welch seltsamer
Gedanke! Hätte ich nicht zuerst daran denken müssen,
daß die Marienschwesternschaft ein Haus bekäme? 26
Schwestern waren im Einfamilienhaus meiner Eltern
untergebracht, worin diese und einige
bombengeschädigte Untermieter wohnten. Bis unter dem
Speicher war es belegt, und jeder freie Quadratmeter
war dort für einen Strohsack oder eine Matratze
ausgenützt. So konnten wir keine neuen Schwestern
mehr aufnehmen. Da erhielten wir eine biblische
Wegweisung. Die aus einer Fülle von etwa tausend
Bibelstellen unter Gebet gezogenen Worte lauteten:
So siehe nun zu, denn der Herr hat dich erwählt, daß
du ein Haus baust zum Heiligtum. Sei getrost und
mache es! (Chr 28,10)
Und sie sollen mir
ein Heiligtum machen, daß ich unter ihnen wohne. (Ex
25,8) Doch obwohl Gott so klar den Auftrag zum Bau
der Kapelle bestätigte, brannte das Anliegen, dem
Herrn Anbetung zu bringen, noch wenig in unserer
Schwesternschaft. Das zeigte sich schmerzlich am
Weihnachtsfest 1949, dem Fest, an dem doch Herzen
entflammt und Zungen gelöst sein müßten, dem Kind in
der Krippe mit Hirten und Weisen ohn' Ende
Anbetung zu bringen.
Es gab aber ein
trauriges Weihnachten,
an dem das Jesuskind
umsonst auf Anbetung wartete. Da überkam die
Schwestern ein großer Schmerz, daß sie der Liebe des
Kindes in der Krippe so stumpf gegenüber gestanden
hatten, und dann brach aus der Reue ein heißes
Flehen aus ihren Herzen: Bitte - laß die Kapelle
werden... Nun, als das Feuer in allen Herzen
brannte, trieb es ins ernstliche Gebet um diese
Kapelle, und zwar war unser Gebetsanliegen, daß der
Herr als erstes uns Land für diesen Bau schenken
möge. Je aussichtsloser unsere Lage war, ein
Grundstück dafür zu bekommen, desto stärker wurde
der Gebetseinsatz, den wir vor allem in Gruppen
miteinander taten.”
Nach wochenlangem
Beten und Flehen kam die Erhörung: In der Nähe
der Stadt wurde uns ein 7000 qm umfassendes
Grundstück geschenkt - und zwar vom Vater einer
unserer Schwestern. “Es schien”, so schreibt Mutter
Basilea, “als ob Gott darauf gewartet hätte, daß
unsere lauen Herzen endlich für Seines Reiches
Anliegen entzündet würden: Ihm die Kapelle zur
Anbetung zu bauen. Denn, nachdem dieser neue Brand
in unseren Herzen unser Gebet ernstlich gemacht
hatte, war nun tatsächlich nach wochenlangem Flehen
die Erhörung
gekommen.
Das Grundstück war
da. Überwältigt, daß Gott auf unser Flehen hin das
Herz jenes Vaters gelenkt hatte, das Grundstück für
den Bau der Kapelle zu schenken, stimmten wir
überglücklich an: Nun dankt alle Gott, mit Herzen,
Mund und Händen, der große Dinge tut an uns und
allen Enden.
Dann betete ich zum
Vater im Himmel: Wenn Er dies Land als Verheißung
gegeben hätte, daß wir darauf bauen dürften, ohne
Geld zu haben, noch von einer Seite Zuschuß erwarten
zu können, möge Er nun ein Wort aus der hl. Schrift
als Bestätigung geben. Das solle uns Felsengrund
sein und ein Schuldschein in unserer Hand, den wir
Ihm in allen Nöten vorhalten könnten und den Er
einlösen müsse. Und ich zog das Wort: Unsere Hilfe
ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht
hat (Ps 124,8).
Da brach ein Freuen
und Lobsingen an, denn Gott hatte uns damit wahrlich
eine Verheißung gegeben, die alles in sich schloß.
Das war viel mehr als Geld.”
Wider Erwarten schnelle
Baugenehmigung
“Das Darmstädter
Stadtbauamt war mit Baugesuchen überschwemmt. Alle
unsere Besuche und Anrufe hatten sich als vergeblich
erwiesen. Die entscheidende Instanz war nicht zu
sprechen. Es gab stets nur einen Bescheid: Für
dieses Gelände würde nie eine Bauerlaubnis zur
Errichtung einer Kapelle und eventuell eines
Schwesternhau- ses gegeben. Es sei kein baureifes
Land. Gottes Hand lag schwer auf der jungen
Schwesternschaft. Gott aber wollte den Glauben
seiner Kinder prüfen, wollte zu anhaltendem,
vertrauensvollen Gebet erziehen. Die Schwestern
ließen nicht nach in ihrem ringenden gläubigen
Gebet. Und was geschah? Das bisher Unmögliche wurde
möglich; die Berge von Schwierigkeiten schmolzen wie
Wachs vor Gott dem Herrn. Schon Ende März 1950 wurde
durch ein besonderes Entgegenkommen des
Oberbürgermeisters und des Oberbaudirektors die mündliche Baugenehmigung gegeben, obwohl das
Bauamt bereits endgültig eine schriftliche Absage
für dieses Grundstück gegeben hatte. Am Tag, wo die
mündliche Erlaubnis gegeben wurde, lag die
schriftliche Absage, tags zuvor abgeschickt, im
Briefkasten der Schwestern. Gott hat Macht, wenn das
Vertrauen stark genug ist, das schriftliche “Nein”
oberster Behörden in ein “Ja” zu verwandeln.
Und das schier
Unglaubliche:
Durch ein besonderes
Entgegenkommen der Baubehörde durften die Schwestern
mit dem Bauen sofort beginnen, obwohl die Baupläne
erst kurz eingereicht waren und keinerlei
Finanzierungsplan vorlag. Die Schwestern hatten
lediglich 30 DM Kapital. Gott würde, so hofften sie
voll Vertrauen, bei einem Kostenvoranschlag von 250.000 DM für
die fehlenden 249.970 DM aufkommen. Und der Vater im
Himmel kam dafür auf. Es ging bald die Rede, das
Bauen mit solchem Bauherrn sei das Allersicherste.
Die Steine lieferten
die ausgebrannten
Kasernen der Stadt. Es war geradezu kathastrophal, gleich nach dem Krieg Baumaterial zu
bekommen. Unter den durch die Bombeneinschläge
zerstörten Häusern war kaum ein ganzer Backstein
mehr zu finden; anders war es bei den
bombengeschädigten Kasernen. Die Schwestern
erhielten die Erlaubnis, die Ruinen abzureißen und
bekamen dadurch besonders gute Klinkersteine, mit
denen sie ihre Kapelle aufbauen und die Fußböden all
ihrer Keller belegen konnten. Der himmlische Vater
hat auf das kühne Glaubensgebet wunderbar
geantwortet.
Gebet aber stieg ohne Unterlaß zum
Himmel
Wie einst beim
Erbauen der Mauern Jerusalems durch Nehemia, so
wurde auch auf dem Grundstück der Schwestern ein
Gebetszelt errichtet. Das Haus des Herrn sollte
sowohl mit der Kelle in der Hand, als auch mit Gebet
errichtet werden. Im Gebetszelt löste immer eine
Schwester die vorige ab, um, wie damals die
Israeliten taten, inbrünstig das zu erbitten, was
notwendig war. Nur Gottes Vaterhilfe konnte die
Gesundheit und Kraft und alles Nötige zum Bauen
gewähren. Das zeigte sich bald. Kurz nach Baubeginn
trat nämlich eine große Materialverknappung ein,
weil infolge der Koreakrise Baumaterialien
zum Teil für militärische Zwecke beschlagnahmt
wurden.
Nun war es aber nicht
mehr nur das Geld, um das die Schwestern
unaufhörlich zur Begleichung der Rechnungen zu beten
hatten, sondern auch um Zement und alles für den
Rohbau Notwendige. Und fast Tag für Tag durften sie
in dieser wirtschaftlichen Krise erleben, wie Gott
auf das vertrauende Gebet im Gebetszelt antwortete
und Hilfe schickte. Sie erhielten ohne
irgendwelche Tauschmittel alles notwendige
Baumaterial und das innerhalb von kurzen Tagen und
Wochen. Vieles von diesen knappen Baumaterialien
wurde den Schwestern sogar geschenkt:
Hohlblocksteine, Rundeisen, Eisenträger, die Rohre
zu Gas- und Wasserleitungen. Alles kam jedesmal zur
rechten Zeit an, sodaß kein Arbeitstag ausfallen
mußte. Und das Geheimnis, das dahinterstand, war
das Gebetszelt. Arbeitseinsatz ohne
Gebetseinsatz mit Opfer an Zeit, wäre für sie
Leerlauf in der Arbeit gewesen. Das haben die
tiefgläubigen Schwestern immer mehr erkennen dürfen.
Eine wundersame Erkenntnis!
Auf einmal schien
alles Beten unwirksam
Und warum? - Die
Schwestern waren unermüdlich von früh bis abends am
Werk. Alles ging gut voran. Eines Tages aber sprang
die schwere Kipplore immer wieder aus den Schienen,
obwohl die Schwestern abwechselnd im Gebetszelt wie
bisher um Gottes Segen für die Bauarbeiten flehten.
Weil die Lore einige Zentner wog, war es eine
zeitraubende und mühselige Arbeit für die
Schwestern, sie wieder in Gang zu bringen.
Allmählich wurde das ein solcher Kräfteverschleiß,
daß die leitende Schwester sagte: “So geht es nicht
weiter.” Und sie rief alle ins Gebetszelt. Dort beteten sie zusammen
und baten Gott, er möge ihnen doch aufdecken, was
heute den Segen von ihrer Arbeit nähme. Da kam es
heraus, daß einzelne Schwestern etwas gegen
einander hatten, daß sie lieblos von einander
dachten; zum Beispiel hatte die eine der anderen
zu langsam oder zu schnell gearbeitet - oder durch
Unvorsichtigkeit Sand in die Augen geschippt, - oder
das Gerät nicht ordentlich aufgeräumt; man hatte
dabei ärgerlichen, lieblosen Gedanken Raum gegeben
und es herrschten kleinere oder größere Spannungen
untereinander. “Diese Sünden gegen die Liebe”, so
erzählen heute noch die Bauschwestern, “standen
zwischen Gott und uns und verhinderten das
Aufsteigen der Gebete zu Ihm. Als uns aber diese
Sünde gegen die Liebe, das Verurteilen der anderen,
schmerzlich als Schuld bewußt wurde, und als wir
uns untereinander um Verzeihung gebeten und Gottes
gnädiges Vergeben für uns arme Sünder neu in
Anspruch genommen hatten, siehe, da sprang
unsere Kipplore kein einziges Mal mehr aus den
Schienen.”
“Ähnliches erlebten
wir ein andermal mit der Mörtelmischmaschine.
Eineinhalb Tage sprang sie nicht mehr an. Alle
Versuche, auch die Bemühungen solcher, die etwas
davon verstanden, brachten sie nicht in Gang. Wir
merkten,” so berichten die Schwestern, “daß der Herr
traurig über uns sein müßte und darum unser Gebet
nicht erhören konnte; wir erkannten, von welchen
Voraussetzungen Gott die Erhörung abhängig macht
nach dem Wort: Die Augen des Herrn blicken auf die
Gerechten. Seine Ohren öffnen sich Ihrem Ruf. Das
Angesicht des Herrn aber steht wider die, die Böses
tun” (1 Petr 3,12).
Nur Gebete aus versöhnlichen, aus
liebenden Herzen können Erhörung finden, das war
eine der wertvollsten Erkenntnisse der ganzen
Bauzeit.
Er füllt die Kasse - heilt die
Krankheiten
Die Marienschwestern
wußten: Man kann Gott nie genug zutrauen. Seine
Liebe und Macht übertreffen die kühnsten Gebete und
Erwartungen. Nur muß man allem menschlichen
Eigennutz entsagen und Seiner Führung sich ergeben.
Er sorgt für Sein Werk und bringt auch die Mittel
dafür bei. So füllte der Herr auch die Kasse der
Schwestern immer soweit, daß zur rechten Zeit das
notwendige Geld da war. Es gab bei diesem großen
Vorhaben, das die Marienschwestern für die Ehre
Gottes auszuführen gedachten, keinen Bauzuschuß, es
wurde keine Hypothek aufgenommen; es war auch kein
Grundkapital vorhanden, nur ein bergeversetzendes
Vertrauen auf die Vatergüte Gottes. “Der Name
Vater”, so schreibt Mutter Basilea, “war ein heller
Klang in unserem Herzen.” Solch kindlichem Vertrauen
antwortete Gott auffällig. Wie oft geschah es, daß
die Post, die einlief, gerade den Geldbetrag
brachte, der nötig war, um die fälligen Schulden
zahlen zu können. Oft im allerletzten Augenblick
wendete Gott die Geldnot. Es konnte dank der
Hilfe edler Menschen, deren Herz der gütige
Vater bewegt hatte, alle Schuld restlos getilgt
werden: auch die Ausgaben für die nachfolgenden
noch größeren Bauten. Überwältigt von Gottes
Vatersorge erklangen oft frohe Lob- und Danklieder
im Schwesternchor. Gott im Himmel erwies sich
wirklich als Vater seiner Kinder. Das dankbare
Vertrauensverhältnis zum himmlischen Vater bestärkte
vor allem auch die Tatsache, daß
keinerlei
Baukatastrophen
oder schwere Unfälle
geschahen, nachdem für keine einzige Schwester und
auch für keines der mitarbeitenden Mädchen eine
Unfall- oder sonstige Versicherung bestand. Nur
einmal passierte folgendes: Eine Schwester
stürzte auf einer frisch betonierten Decke im
ersten Stock. Sie brach durch und fiel so
unglücklich auf ein Kantholz, daß ein doppelter
Beckenbruch die Folge war. Diesen
Krankheitsbefund ergab die Röntgenaufnahme nach der
sofortigen Einlieferung ins
Krankenhaus.
Ein schwerer Schlag!
Sofort setzten die leitenden Schwestern für alle
einen Fast- Buß - und Bettag um die Hilfe Gottes an.
“Nach einer Gebetsnacht mit schweren Anfechtungen”,
schreibt Mutter Basilea, “rang ich mich zu der
Gewißheit durch, daß dieser Unfall nicht gegeben
sei, um die Prüfung einer langen Leidenszeit zu
bringen, sondern durch eine Heilung zur
Verherrlichung Gottes dienen solle. Die verunglückte
Schwester sollte auf Anordnung der Ärzte viele
Wochen in einen Streckverband gelegt werden, wir
aber wollten sie am 2. Tag wieder zu uns nach Hause
holen”. Sehr ernst sagte der behandelnde Oberarzt
zur Mutter Basilea: “Innere Krankheiten können
vielleicht durch Gebet geheilt werden, doch nie sind
zerbrochene Knochen auf Gebet hin
zusammengewachsen.” Er warnte dringend vor eine
Heimholung. “Wir aber”, so schreibt Mutter Basilea,
“holten die Schwester nach zwei Tagen heim. Zu Hause
legte Mutter Martyria und ich der Schwerverletzten
unter Gebeten die Hand auf, während einige
Schwestern den Siegernamen Jesu rühmten mit dem
Vers:
Jesu Nam' du
Heilandsnam', der da heilet all' Gebrechen,
Jesus, der als
Heiland kam, um die Krankheitsmacht zu brechen, Jesu
Nam' in Dir ist Kraft; Du bist's, der Genesung
schafft.
Und da stand die
kranke Schwester, die sich vorher nicht ohne
qualvolle Schmerzen im Bett rühren konnte, auf und
konnte wirklich auf ihren Füßen stehen. Unsere Augen
schauten wie gebannt auf sie; das Herz war voll
tiefer, jubelnder Freude. Binnen zwei Wochen war
sie vollends geheilt und stellte sich den Ärzten vor.
Diese Geschichte ging wie ein Lauffeuer durchs Land
und machte die Ehre Gottes viel größer, als wenn Er
uns allezeit vor Unfällen und Gefahren behütet
hätte.”
“In diesen Jahren
erlebten wir”, so berichtet Mutter Basilea, “noch
mehrere andere Heilungen, auch manchmal
geradezu auffallenden Schutz in Gefahren”. Hier sei
nur ein Beispiel angeführt: Es kam die Hand einer
Schwester unter die zentnerschwere Kipplore, als
diese wieder in ihr Gestell zurücksprang. Der Arzt
konnte sich nicht genug wundern, daß nicht alle
Sehnen zerrissen und die Hand zerschlagen war, wie
man unbedingt hätte annehmen müssen. Es blieb nur
eine geringfügige Fleischwunde, die bald heilte. Da
mußten wohl auch die hl. Engel, so bemerkt die
Berichterstatterin, ihre Hände dazwischen gehalten
haben, denn der Herr hat Seine Engel zum Dienst an
die Gläubigen gesandt (Hebr 1,14). Wie sehr wurden
manche, die über den tiefen kindlichen Glauben der
Schwestern lächelten oder gar spotteten durch solche
Tatsachen nachdenklich. Dieser Glaube der Schwestern
aber wurde immer wieder neu geprüft, zumal
sich nach den Worten von Mutter Basilea oft ein
“vernünftiges Denken und Rechnen mit Gelegenheiten”
mit unserer menschlichen Trägheit und
Gleichgültigkeit verband.
Kühnes Gottvertrauen - Immer neue
Werke
Nach zweieinhalb
Jahren waren Kapelle und Mutterhaus vollendet.
Wohl tausend Menschen waren zur Einweihung gekommen,
um Gott für dieses Werk des Glaubens und der Liebe
zu danken. Die Anbetungskapelle lud nunmehr mit
ihrer Glocke zu den Gottesdiensten und
Stundengebeten ein. Das Mutterhaus umfaßte die
Schlafräume, den Speisesaal und den Kapitelsaal,
aber es fehlten die Räumlichkeiten für die immer
mehr anwachsende Druckerei, von Lagerräumen für das
Papier usw. ganz zu schweigen. Es fehlten auch die
notwendigen Druckereimaschinen; die Bildhauerschwestern konnten ihre großen Kruzifixe aus Ton nur
unter freiem Himmel aufbauen; das bedeutete, daß
jeder Regenguß sie wieder zerstörte. Ein neues
Haus war dringend notwendig. Dieses
sollte mit einer Druckerei, mit Verlag, Werkstätte
und einem Gästestockwerk, besonders zur Verkündigung
Seiner Botschaft dienen, gerade auch für Gäste, die
in die Stille zur Einkehr kamen, aber drei Viertel
Stunden entfernt in der Stadt wohnen mußten. Ja, es
war ein großer Raum notwendig für die vielen
Menschen, die zu den Ruferspielen kamen; dazu für
die sich mehrenden Gäste der Einkehrzeiten ein neues
Gästehaus, sowie eine Aufnahmestätte für alle, die
in leiblicher Not und Gebrechlichkeit an die Türe
der Schwestern klopften, für Alte und
Pflegebedürftige. Alles Häuser, in denen der
praktische Liebesdienst getan werden und Gottes
Auftrag an die Schwestern erfüllt werden sollte.
Dieser Auftrag hieß:
Die Mehrung des
Reiches Gottes.
Ein gewaltiger
Auftrag! Und wie hat der Vater im Himmel im Lauf
weniger Jahre alles wunderbar vollenden helfen!
Heute können die Marienschwestern ihre Gäste aus dem
In- und Ausland über ihr schönes Land “Kanaan”, wie
sie es dankbar nennen, führen, und alle sehen das
Mutterhaus und die Kapelle, Jesu Werkhaus und die große Jesu-Ruf-Kapelle, die bis zu 1000
Sitzplätze faßt, das Kanaan-Exerzitienhaus Jesu
Freude mit über 50 Einzelzimmern, das Franziskus-Pflegeheim, das neue Margarethenhaus,
ein weiteres kleines Haus Beth Zion für die
jüdischen Freunde, dazu das 9 Hektar große gepflegte
Land und all die Anlagen - und sie erfahren, daß
außerdem noch ein Haus in Israel und eine
Gebetskapelle in der Schweiz ihr eigen ist. Wie
konnte das alles werden? Wie waren die großen Summen
für die Häuser und Acker “Kanaans” bei täglich
leerer Kasse zusammengekommen? Antwort: Nicht durch
große Zuschüsse und Hypotheken; nein, nur aus
größter Armut auf dem Wege des Glaubens und Gebetes.
Gott bewies, daß Er zu Seinem Werk steht: “Sucht
zuerst das Reich Gottes, und alles andere wird euch
dazugegeben werden”, und “Alles, was ihr erbittet in
Meinem Namen, glaubt nur, daß ihr es empfangen
werdet!” Es konnten zum Zahlungstermin jedesmal die
Rechnungen für die Bauten beglichen werden, so daß
alle Häuser schuldenfrei dastehen. Gott selber hat
immer wieder Herzen bewegt, für dieses große Werk zu
spenden, ja Er hat gleichsam Seine Gaben
ausgeschüttet über diese Schwesternschaft, die nur
eines suchte, sich für Gottes Ehre und Sein Reich zu
verzehren. Wahrhaft, hier möchte man mit dem Heiland
ausrufen: “Einen solchen Glauben habe Ich in Israel
nicht gefunden.”
Es darf aber nie
vergessen werden:
Dieser Glaube, dieses
Vertrauen auf Gottes Vatergüte mußte von den
Schwestern immer neu erbetet, erkämpft, errungen
werden. “Es kam eine Zeit”, so schreibt Mutter
Basilea, “wo wir nach so vielen Kämpfen für unsere
Bauten, glaubens- und gebetsmüde geworden waren; vor
allem im Hinblick auf die unüberwindlichen
Schwierigkeiten, die im Wege standen. Es schien ganz
unmöglich, neben unserer Kapelle und dem Mutterhaus
einen weiteren
Bau auf dem
unmittelbar angrenzenden Gelände erstehen
zu lassen. Unmöglich?
Ja, sogar doppelt unmöglich! Die Bundesregierung
hatte nämlich gerade über diese Äcker eine
bedeutende Sammelverkehrsstraße geplant, von
strategischer Wichtigkeit und zur Entlastung des
Straßennetzes unserer Stadt. Und zum anderen hatte
im Hinblick auf diese gute Verkehrslage eine
Großtankstellengesellschaft dieses Land in
Industriepacht genommen, welche nicht zu kündigen
war. Wir erfuhren, daß ein Rasthaus und weiterhin
Tankanlagen auf dem Gelände geplant waren. Und diese
Schwierigkeiten schienen so unüberwindlich, daß der
größte Teil der Schwesternschaft innerlich einfach
kapitulierte und gar nicht mehr zu kämpfen bereit
war. Wir ahnten nicht, in welcher Gefahr wir
standen, nämlich der größten für ein Christenleben,
satt und lau zu werden. Wir ruhten uns auf unseren
Glaubenstaten sozusagen aus - wir wollten für Seele,
Geist und Leib Ruhe haben und keinen Kampf mehr. Wir
waren nahe daran zu vergessen, daß nur, wo gekämpft
wird, Sieg kommen kann, nur wo etwas gelitten worden
ist, die wahre Freude aufleuchtet. Wie sollte Gott
in dieser unmöglichen Lage ein Wunder tun, wenn wir
nicht glaubten und einen Glaubensgebetskampf
führten! Darum:
Noch mehr Gebet, noch
mehr Glaube,
noch mehr Kampf,
damit der Vater im Himmel um so mehr schenkt. Nur
nicht müde werden, nicht aufgeben!” So Mutter
Basilea.
Immer wieder rangen
die Schwestern in anhaltendem Gebete oft bis in die
Nacht hinein, rangen in Fasten und harter Buße um
diesen bergeversetzenden Glauben, galt es doch Seine
Ehre, Seine Aufgaben, Sein Werk. Sie setzten all
ihre Hoffnung auf Ihn allein. Sie wußten, “das Gebet
des Gerechten vermag viel, wenn es ernst ist” (Jak
5,16).
Zum Erwerb des ersten
notwendigen, ans Mutterhaus angrenzenden
Grundstückes wurde darum für alle Schwestern eine
Opferwoche ausgerufen, in der jede sich im
Verborgenen von dem lösen sollte, an dem sie hing.
Eine wirkliche Herzenserneuerung sollte das
Fundament für die neue, große Aufgabe werden. Und
siehe da: der Kaufvertrag konnte dann bald
abgeschlossen werden. Der Herr hat handgreiflich
geholfen.
Eine Druckerei aus dem Glauben
Der Neubau auf dem
nunmehr erworbenen Grundstück sollte vor allem einer
eigenen Druckerei
dienen. Mit Recht erkannten die Schwestern, daß sie
dadurch eine viel größere Möglichkeit zur Erfüllung
ihrer Apostolatsauf-gaben hätten. Durch Bücher und
Schriften kommt man an viele Menschen heran. Die
Einrichtung einer Druckerei aber kostet eine Summe
Geldes. So war dann mitten in der größten Geldnot
der Bauzeit eine der drängendsten Bitten der
Schwestern diese: Gott möge ein Menschenherz
bewegen, ihnen eine Druckmaschine zu schenken. Und
der Vater im Himmel hörte auf dieses Gebet. Eines
Tages stand eine kleine gebrauchte Rotaprintmaschine
als Geschenk eines Ehepaares da, die natürlich nun
auch sofort in Gebrauch genommen werden mußte, ohne
erst auf eine gelernte Schwester warten zu können.
Das Bewußtsein, daß der Herr so nahe ist und unsere
Zeit so vorgerückt, ließ die Frage nach einer
mehrjährigen Lehrzeit, wie sie vor allem für die
späteren Maschinen eigentlich nötig war, gar nicht
aufkommen.
Es ging ja jetzt um
jeden Tag.
Es blieb nur der Weg
vertrauensvollen Betens und Ringens, und siehe da,
der Herr schickte auf ihr Beten und Seufzen hin einen unangemeldeten Gast, der von
Beruf
Drucker war und an einer ähnlichen Maschine
arbeitete. Mit Freuden zeigte er der dafür
bestimmten Schwester noch spät abends die richtigen
Handgriffe, und die ersten gedruckten
Erzeugnisse fielen so gut aus, daß der Reisende für
diese Maschinenfabrik sie als Reklamestück im
Musterkoffer trug. Gott hat wirklich zu diesem Weg
Sein Amen gesprochen. Doch bald wurde es so, daß die
kleine Maschine die immer zahlreicher angeforderten
Schriften nicht mehr schaffe. Mit Gottes greifbarer
Hilfe konnten bald nacheinander immer mehr
Maschinen, so ein Heidelberger Zylinder, ein
Heidelberger Tiegel, eine Schneide-, Falz- und
Fadenheftmaschine angeschafft und auch termingemäß
bezahlt werden. Mit der Leiterin der Druckerei
bedienen sie noch 12 Schwestern ohne irgendwelche
fachliche Vorbildung. “Aller Mangel an Kenntnis,
Übung und Erfahrung mußte durch Glaube und Gebet
überwunden werden.” So schreibt Mutter Basilea. Und
sie wurden überwunden. Die Schwestern sollten und
wollten immer in Abhängigkeit vom Herrn stehen. Auch
der Verlag wurde ganz auf Glaubensboden gestellt.
Entscheidend war und ist nie die Frage, ob
Geldmittel zur Verfügung stehen, sondern ob ein Auftrag Gottes
vorliegt,
ob dadurch Menschen
gesegnet werden sollen. Druckerei und Verlag
trachten nur darnach, daß die Botschaft Gottes viele
erreiche, daß noch viele Menschen errettet und
bereit werden für das Reich Gottes. So wird -
wahrhaft ein Wagnis des Glaubens - alles Schrifttum
ohne Forderung auf Gegenleistung gegeben,
ausgenommen die Bestellungen der Buchhandlungen.
Jedem ist es freigestellt, ob und wieviel er geben
will. Kein Wunder, wenn dieser Betrieb ein
Defizit-Unternehmen ist und sich nicht “rentiert”
Doch das Seltsame ist, daß nicht nur alle Rechnungen
für Papier und Maschinen immer pünktlich bezahlt
werden konnten und können, sondern ein Haus nach dem
andern erbaut werden konnte. Bei dieser “himmlischen
Mathematik”, wie sie manche nennen, heißt es: “Gebt,
so wird euch gegeben werden, und zwar ein volles,
überfließendes Maß” (Lk 6,38). Hier rechnet eben
Gott, und Er rechnet anders als wir Menschen.
Vor Ihm fielen auch unüberwindliche
Hindernisse
gerade hinsichtlich
des Erwerbs des Landes Kanaan, auf dem all die
aufgeführten Bauten errichtet wurden. Nur ein paar
Beispiele seien hier angeführt. So trat gerade im
entscheidenden Moment ein Gesetz des Landes Hessen
in Kraft, wonach in Wohngebieten keine Tankstellen
mehr errichtet werden dürfen. Diese Konkurrenz
brauchten also die Schwestern nicht mehr zu
fürchten.
So änderte die
Darmstädter Stadtverwaltung ihren bereits
feststehenden Plan hinsichtlich dieses ganzen von
den Schwestern in Aussicht genommenen Landes. Dieses
36 Morgen umfassende Terrain war vom Stadtrat nach
langer zielbewußter Planung für eine ausgedehnte
Siedlung von Hochhäusern, Einzelhäusern, Parkplätzen
und Anlagen ausersehen und lag im Modell bereits
vor. Neben dem Mutterhaus der Schwestern war ferner
eine große amerikanische Offizierssiedlung geplant.
Auch dafür lagen die fertigen Pläne bereits vor. Was geschah? Der Stadtrat, der
für das ganze
Gelände das Vorverkaufsrecht hatte, räumte den
Schwestern dieses Recht ein und trat mit
seinem Vorhaben zurück. Ja, es fiel ein noch
größeres Hindernis, das letzte und schwerste. Die
Bundesregierung hatte gerade mitten durch dieses in
Aussicht genommene Land “Kanaan” die große lärmende
Bundesstraße geplant. Menschen,
die von der Lage der Dinge wußten, lachten über die
Schwestern und ihr “kindliches” Vorhaben. An
verantwortlicher Stelle sagte man lächelnd:
“Die Marienschwestern
meinen, daß durch Glauben selbst Bundesstraßen
verlegt werden können.”
“Wir erlebten”, so
schreibt Mutter Basilea, “wie verwegen, wie groß
unser Glaubensziel war; wir spürten, hier bedurfte
es eines kühnen, anhaltenden, geduldigen, bei allen
Widerständen nicht müde werdenden Glaubens.” Ja,
hier hieß es, eine Schule des Glaubens zu
durchlaufen, in der das Lernen bitter schwer war.
Doch uns stärkte die Gewißheit: Je schwerer der
Glaubensweg, desto größer die Wunder, die Gott tun
wird, und damit wird die Ehre Seines Namens groß und
Er verherrlicht werden. Dafür wollten wir ja das
Land Kanaan erwerben. Die Schwestern erhielten ein
“Nein” um das andere von seiten der maßgebenden
Behörden. Lange hörten sie nichts, und mancherlei
Wege bis zu den höchsten Stellen in Bonn waren
vergeblich. Jeder sagte nur kopfschüttelnd, ein
“unmöglich”, bis eines Tages - im Februar 1956 -
bekannt wurde: die geplante Umgehungsstraße wird
verlegt. Unfaßbar war die Freude der Schwestern
und ihr Dank gegenüber dem Vater im Himmel, denn Er
allein hat es bewerkstelligt.
Auch die letzte hohe Mauer fiel
Nach der Verlegung
der Umgehungsstraße war die zweite hohe Mauer
gefallen, die den Einzug nach Kanaan versperrte. Es
war aber eine noch weit höhere Mauer zu überwinden.
Es mußte das Gelände “Kanaan” erst erworben werden.
Der größte Teil gehörte dem Land Hessen. Die
Landesregierung aber lehnte jede Bitte, ob mündlich
oder schriftlich, kategorisch ab. Der maßgebende
Herr der Regierung teilte den leitenden Schwestern
im entscheidenden Gespräch den unwandelbaren
Entschluß mit, daß sie nie etwas von “Kanaan”
verkaufen würden. Was nützte also die von der
Stadtverwaltung den Schwestern gegebene Zusage, daß
sie nunmehr das Vorverkaufsrecht auf Kanaan hätten,
wenn man ihnen kein Land verkaufen wollte.
Mutter Basilea
berichtet aus dieser Zeit von 1957-1959: “Keiner
kann wohl aussagen, was diese Jahre an tiefsten
Anfechtungen, Nöten und einem Durchringen zu immer
neuem Glauben für uns bedeuteten. Als wir
schließlich, nachdem wir bis zum Ministerpräsidenten
mit unserer Bitte vorgedrungen waren, das letzte
einschneidende, schriftliche “Nein” der
Landesregierung in unserer Hand hatten, und damit
versichert war, daß man uns nie Gelände verkaufen
würde, schien endgültig alles aus. - So beugten wir
uns in dieser Zeit viel unter den Schlägen und
Züchtigungen Gottes. Wir hielten jedoch dem Herrn
weiter Seine Verheißungen vor mit der innigen Bitte,
daß Er Seine Ehre nicht zuschanden werden lasse. Wir
gingen unseren Wüstenweg weiter, der schon Jahre
währte. Gebet und Glauben hielten uns aufrecht in
den schweren vergeblichen Kämpfen; ja, je
unmöglicher die Einnahme “Kanaans” wurde, um so mehr
trieb es die Schwestern ins Gebet. In Gruppen oder
als ganze Schwesternschaft wurde tagsüber und auch
manchmal nachts im Glaubensringen gebetet. Es gab
immer neue Bußen und manche Reinigung unter den
Züchtigungen Gottes in unserer Schwesternschaft.
Doch dann nahte die
Stunde Gottes:
Der hohe
Regierungsbeamte, dessen eisernes “Nein” ein
Hauptbollwerk war, das uns nicht nach “Kanaan”
hineinließ, war auf einen anderen Posten gekommen.
Mitte Februar 1959 - es war kurz vor dem 12.
Jahrestag der Gründung der Marienschwesternschaft
- erteilte der Regierungspräsident die
Genehmigung für den Abschluß des
Kaufvertrages. Welch ein Geburtstagsgeschenk zum
Jahrestag der Gründung! In den letztmöglichen
Bürostunden vor dem 30. März (Gründungstag) war der
Entscheid gefallen, daß das lang erbetene, erlittene
und erkämpfte staatliche Gelände auf “Kanaan” in
unseren Besitz kam. Es hatte sich erfüllt, was in
schwersten Stunden der Glaubensanker gewesen: Gott
führt in die Wüste, um demütig zu machen, auf die
Probe zu stellen, damit Er zuletzt Gutes erweisen
könne (Dt 8,16).
Außer diesem “Wunder”
mit dem staatlichen Gelände war auch das andere
geschehen, daß die Einzelbesitzer von Grundstücken,
die anfangs nicht zum Verkauf zu bewegen waren, nun
nahezu alle eingewilligt hatten. Ja, wo wir vorher
oft Monate und jahrelang immer neue vergebliche
Bittgänge gemacht hatten, hatte Gott dann so
eingegriffen, daß eine ganze Reihe von ihnen selbst
zu uns kam und die Acker anbot, so daß
“Kanaan” 1963
wirklich ganz unser war.
Ein Land, das ganz
der Verherrlichung Gottes dienen soll. Ein Land der
Freude und der Festgesänge, des Anbetens und der
Freudenreigen, ein Land, in dem der Vater gepriesen
wird Tag für Tag.
Gott hatte gezeigt,
daß Sein Name “Vater” nicht Schall und Rauch ist,
sondern Sein Name Sein Wesen zeigt, das Vatergüte
und Fürsorge ausmacht. “Gott ist die Liebe”; Er ist
der Vater, der von Seinen Kindern um das Kleinste
gebeten sein will. Ja, Er ist vor allem und über
alles die Liebe.
Die Glaubens- und
Wüstenwege nach “Kanaan” lehren: “Je mehr gebetet,
geglaubt, gelitten werden muß,
um so mehr schenkt der Vater und um so
Überwältigenderes dürfen wir zum Schluß der
Glaubenswege von Seiner Wundermacht, Seiner
Herrlichkeit, Seinem Wohltun schauen und bezeugen,
um so größere Wirkungen für Sein Reich gehen aus.
“Kanaan - ein Königreich der Liebe.” Möge es das
sein und immer mehr werden in dieser letzten
schweren Zeit zur Verherrlichung des Vaters und des
Sohnes und des Hl. Geistes!” So schließt Mutter
Basilea ihren erhebenden Bericht über den Erwerb des
Landes “Kanaan”.
Versorgung allein aus Seinen
Vaterhänden
Wie sehr aber das
Vertrauen auf Gottes Vaterhilfe in dieser jungen
Schwesternschaft ein totales “Gott-sich-Anvertrauen”
geworden ist, ein vollständiges “Sich-von-Ihm-
Abhängigmachen” bis in die kleinsten Bedürfnisse
hinein, so wie eben ein Kind ganz vom Vater abhängig
ist, das künden in ergreifender Weise folgende
Ausführungen im Buch “Realitäten” von Mutter
Basilea:
“Angenommen, wir
müßten für unsere Mutterhausküche eine Köchin
suchen, so würde unser Inserat ungefähr so lauten
müssen: ‘Es wird eine Kraft gesucht, der allerdings
kein Wirtschaftsgeld zur Verfügung steht, dafür aber
die Gebetsunterstützung aller Schwestern. Sie muß
bereit sein, den Küchenzettel oft nur halbtägig im
voraus zu machen, da sie nie wissen kann, was an
Lebensmitteln, vielleicht in den nächsten Stunden
geschenkt wird, und über keine Vorräte verfügt. Sie
hat also für eine etwa 80köpfige Familie zu kochen
im Vertrauen auf den himmlischen Vater, der, wenn
man Ihn um Brot bittet, keinen Stein bietet.'
Es ließe sich denken,
daß diese Annonce ohne Meldeandrang bliebe. Unsere
Küchenschwestern aber, die diesen Weg nun schon
durch Jahre hindurch gehen, wissen etwas von seiner
verborgenen Glückseligkeit. Sie können berichten,
wieviel Gebetsumgang und Gebetserhörung ihnen
dadurch geworden ist, und wir alle haben ein Hohes
Lied auf die Vatergüte zu singen, täglich neu!
Zu dieser Lebensweise
kam es dadurch, daß Gott einmal bei schwerster
Kassenlage - 5.000 DM standen kurz
vor Monatsende noch zu bezahlen aus - in letzter
Minute wunderbarer Weise nicht nur diese fällige
Summe, sondern noch das Geld für eine lang erbetene,
sehr notwendige Gartenmaschine schenkte. Da erfaßte
mich ein großes Verlangen, in noch größere
Abhängigkeit vom Vater im Himmel einzugehen, noch
ärmer zu werden, um Ihm noch mehr Möglichkeiten zu
lassen, Sich zu verherrlichen. Ja, weil so viele von
Gott als dem Vater gar nichts mehr erwarten, und
weil durch unsere Zeit wie vielleicht noch nie durch
eine vorige ein Zug geht nach Selbständigkeit,
Materialismus und Gottlosigkeit, drängte es mich, in
ganzer kindlicher Abhängigkeit von Ihm zu leben
und somit noch ganz anders - obgleich das ja schon
immer unser Weg war -, wie die “Vögel unter dem
Himmel zu sein”, von denen es heißt: “Und Euer
himmlischer Vater ernährt sie doch!” So war mir
klar, daß wir künftig möglichst kein Geld mehr für
unsere Ernährung ausgeben, sondern zur Bereitung der
täglichen Mahlzeiten das nehmen sollten, was uns
neben unserer eigenen Ernte
an Lebensmitteln dafür geschenkt wird.
Auf vielen Gebieten
hatten wir schon im Lauf der Jahre erlebt, daß Gott
mit Wohltaten überschüttet, wenn
wir auf Ihn harrten und von Ihm alles erwarten. Doch
wir sollten die Fülle der Wohltaten erleben, das
hieß aber, nun auf noch mehr Gebieten unsere
Zuversicht auf Ihn zu setzen und in die Abhängigkeit
vom Vater einzugehen. Und darum begannen wir diesen
Weg, uns von Ihm allein, den “Tisch decken zu
lassen”, um Seine Ehre groß zu machen.
Aus der Erfahrung
Seiner großen Wohltaten, wie wir sie dabei jetzt
über sieben Jahre erlebten, da der Vater im Himmel
uns tatsächlich wie die Vögel unter dem Himmel aus
Seiner Hand ernährte, möchten wir es nun allen
bezeugen, auch gerade denen, deren Herzen voll Angst
vor den kommenden Nöten und vielleicht Hungerzeiten
sind: Wir haben einen Gott, “der wohltut denen, die
auf Ihn harren” (Is 64,3). Darum brauchen wir nicht
zu verzweifeln ‘im Blick auf einen drohenden
Atomkrieg, wenn wir nur eines tun: “auf Ihn harren”.
-
Wenn wir dann nur
noch auf Beten und Glauben angewiesen sein werden,
weil es keine menschliche Hilfe mehr gibt, dürfen
wir erst recht damit rechnen, daß Gott Sich mit
Seiner Hilfe wunderbar erweisen wird.
Entscheidend ist noch dieses:
Nicht nur glauben,
nicht nur vertrauen, sondern auch lieben. Das
Höchste ist die Liebe. “Wir müssen”, so sagt Mutter
Basilea, “es gar nicht mehr aushalten können, ohne
immerfort solche bei uns zu haben, denen wir Gutes
tun. Das Glaubensziel ist dies, die Liebe zu
erlangen, von der es heißt: “Ein Bruder hilft dem
anderen in der Not, aber Barmherzigkeit tut noch
mehr” (Sir 40,24).
Aus dieser Erkenntnis
heraus haben die Marienschwestern mit Gottes Hilfe
auch ein Haus der Barmherzigkeit errichtet,
ein Franziskus-Haus, worin an alten, leidenden,
pflegebedürftigen Menschen täglich das geübt wird,
was in den packenden Ruferspielen der Schwestern
verkündet wird. Ja, die Schwestern erneuerten und
erneuern sich selbst immer wieder in der
schwesterlichen Liebe zueinander, wenn diese
irgendwie wankend geworden - und das geschieht ja in
jeder Gemeinschaft; aber keine Sünde wiegt so sehr,
wie die Sünde gegen die Liebe. In den Ausführungen
von Mutter Basilea liest man mit tiefer
Ergriffenheit davon, wie sehr die Schwestern eine
tiefe tätige Reue erfüllte, eine wahre
Zerknirschung, wenn sie sich gegen die Liebe
zueinander verfehlt hatten. Wenn auch der Mensch nie
den Zustand einer völligen Sündenlosigkeit erreicht,
so erwartet Gott immer wieder ein zerknirschtes
Herz, das über seine Sünden weint. Tränen der Reue,
heiße Tränen darüber, daß man Gott beleidigt hat,
sind kostbare Tränen. Verbindet sich damit der
ernste Willensentschluß, wieder umzukehren und
Gottes Gebote zu halten, so birgt sich darin das
Höchste, das ein Mensch Gott schenken kann, seine
Liebe zu Ihm. “Wer meine Gebote hat und sie hält”,
sagt der Herr, “der ist es, der Mich liebt”. Das ist
das Entscheidende! “Es bleiben Glaube, Hoffnung und
Liebe, das Größte aber ist die Liebe” (1 Kor 13).
Wichtiges Nachwort
Als Gegenstück zu
diesem großen Werk der evangelischen
Marienschwestern verweist der Verfasser dieses
Buches auf all die katholischen Orden und
Kongregationen, die seit Jahrhunderten schon aus
diesem wunderbaren Gottvertrauen, aus diesem absoluten
Vorsehungsglauben entstanden sind und heute noch
entstehen. Viele davon leben auch wie die
evangelischen Marienschwestern die ganze
franziskanische Armut und betreuen viele
Caritashäuser und -heime, einzig auf die Vaterhilfe
Gottes bauend. Zum Beweis dafür lese man in den
Büchern des Verfassers: “Wunder des Vertrauens” -
“Vertrau auf die Mutter” - “Mutter, wir danken Dir”
- “St. Josef auch Dein Helfer”. Alle diese Bücher
sind im St. Grignionverlag, Altötting erschienen.
[Die Schwestern wollten vor dem Konzil katholisch
werden, wurden aber von den falschen Ökumenikern
davon abgehalten- ähnlich Taizé!]
Christus - und der Vater
Wir werfen einen
Blick auf Seine Lehre. Jesus will den Seinen wieder
und wieder sagen, daß der Vater über alles Erwarten
gut ist. Er ist es ja auch, der Seine Sonne aufgehen
läßt über Gute und Böse und regnen läßt über
Gerechte und Ungerechte (Mt 5, 45-48). Wenn dieser
Vater die Lilien des Feldes so herrlich kleidet,
herrlicher noch als Salomon war in all seiner
Königspracht, wenn kein Sperling ohne Ihn vom Dache
fällt, und wenn unseres Hauptes Haare alle gezählt
sind, müssen wir da nicht glauben, daß unser Vater
weiß, was wir nötig haben, noch ehe wir Ihn darum
bitten? (Mt 5,28 f.; 10,29 f.; 5,32). Wenn aber Gott
alles in Seinen gütigen Vaterhänden trägt, das Große
wie das Kleine, dann kann es auch nichts in unserem
Leben geben, das aus Seinem Vaterwillen herausfiele.
Das ist das Neue und Wunderbare, das uns Jesus
lehrt, daß sich Gottes Vaterliebe über das ganze
Leben Seiner Kinder erstreckt bis in die letzten
Verästelungen ihrer Schicksale hinein. Der Vatername
ist der Inbegriff aller Liebe und Treue und der
Ausdruck eines grenzenlosen Vertrauens und einer
rückhaltlosen Hingabe. Aber eben darin liegt das
ewig Gültige und Bleibende der Lehre Jesu, daß sie
uns einen Gott geschenkt hat, der nicht in
unnahbaren Höhen thront, sondern uns unmittelbar
nahe ist, so nahe wie der Vater seinen Kindern und
so innig, daß all unsere Sorge und all unsere Not
Ihm vertraut ist, noch ehe wir sie vor Ihm
ausgesprochen haben, dessen Sorge bis in die
kleinsten Kleinigkeiten des Alltags hineingeht.
Kann man das heute
noch glauben,
wo das Leben so
voller Unbegreiflichkeiten und Grausamkeiten ist? -
Pakistan, Vietnam sind nur zwei Stichworte von
vielen, die man aneinander reihen könnte und die
scheinbar den Glauben an eine göttliche Vorsehung
Lügen strafen. Warum aber finden viele Menschen
unserer Zeit nur noch schwer den Zugang zum
lebendigen Glauben an Gottes Vorsehung? Weil die
echte Kindesgesinnung heute nicht mehr hoch im Kurs
steht, wo man so viel von Mündigkeit des Christen
spricht. Wiewohl erst richtig verstandener
Kindessinn Gott gegenüber echte Mündigkeit
garantiert. Zu solchem Kindessinn gehört vor allem
grenzenloses Vertrauen und bedingungslose Hingabe!
Diese beiden sind aber auch für den erwachsenen
Menschen dem allmächtigen und allgütigen Gott
gegenüber begründet und unumgänglich. Wir werden
viel um diesen christlichen Kindessinn beten müssen.
Wer heute nicht in seinen kleinen Sorgen dem Vater
im Himmel vertrauen lernt, wird in einer
Katastrophenzeit verzweifeln, weil er sich nicht zum
Glauben aufschwingen kann.
Tief ergriffen vom Glauben an den
Vater-Gott
Das war der hl. Franz von Assisi
Wenn Bruder Franz in
jener Nacht, von der uns Thomas von Celano
berichtet, gleichsam mit jedem Atemzug, mit jedem
Pulsschlag seufzte und flehte “Mein Gott und mein
alles”, so war das die Seelenstimmung eines
wirklichen Heiligen: Gott! Nur Gott! Überall Gott!
Und alles, was irgendwie von diesem Gott trennen
könnte, muß weg, radikal weg, auf jeden Fall, für
immer! Der Heilige erstrebt die totale gänzliche
Abkehr von all dem, was nicht Gott ist und nicht zu
Gott führt. “Franziskus litt großes. Herzeleid und
hatte keine Ruhe, bis er in die Tat umsetzte, was er
in seinem Herzen beschlossen.” So sieht der Mensch
aus, der verzehrt wird vom Gedanken, nichts zu
unterlassen, was Gott verherrlicht, nichts zu tun,
was Ihm die Ehre rauben könnte:
Tiefste Ehrfurcht,
hl. Anbetung vor diesem Herrn und Gott! Ja, mehr
noch: Kindlich dankbare Liebe zu diesem Gott-Vater.
Totale Hingabe an Ihn.
“Mein Vater bist Du!”
(Ps 88,27)
“Der Geist der
Kindschaft läßt uns rufen: Abba, Vater!” (Röm 8,15)
Unvergeßlich bleibt
jene Szene, wo Franziskus vor allen bekannte: “Hört
mich und vernehmt es wohl: Bisher habe ich Pietro
Bernadone meinen Vater genannt... Von nun an will
ich nicht mehr sagen: Vater Pietro Bernadone,
sondern einzig: Vater unser, der Du bist im
Himmel” (Tres soc. n. 20). Von der Stunde an
wurde es hell in Franzens Seele: Der Vater und immer
wieder der Vater! So wie Jesus, genau wie Jesus: nur
der Vater! Jeder Pulsschlag, jeder Atemzug, jeder
Schritt, jedes Wort, alles, gar alles im Vater, für
den Vater. Weil der Vater es so will!
Der erste und der
letzte Beweggrund: der Vater! - Die Welt des
Heiligen ist eben die Welt des Glaubens. Für ihn
entscheiden die Worte des Buches Gottes, nicht
irgend welche persönlichen Ansichten. Gott ist Vater
- wir Seine Kinder.
Als Franz seine
Brüder aussandte, hielt er keine Aussendungspredigt
fein durchdacht und sprachlich geschliffen. Nein!
Nur eines gab er ihnen mit auf den Weg: den Vater:
“Brüder, werft eure Sorgen auf den Herrn. Er wird
euch erhalten” (Ps 54,23).
Der Vater wird schon
sorgen
Sonst wäre Er gar
nicht Vater! Und es war Franziskus heilig ernst
dabei. Er wußte aus dem hl. Buch “Der Geist selbst
bezeugt es unserem Geist, daß wir Kinder Gottes
sind” (Röm 8,16): Kinder Gottes, Söhne Gottes - und
deswegen nennt Franz ganz spontan jene, die ihm
nachfolgen, einfach “Brüder”, “Schwestern”.
Er lebt ganz aus dem
Glauben heraus. Was Christus bedingungslos fordert,
das erfüllt er. “Wenn ihr nicht werdet wie die
Kinder, so werdet ihr in das Himmelreich nicht
eingehen” (Mt 18,3). Ganz eindeutig. Das Wesen
des Kindes aber ist: das Einfache, Gläubige,
Vertrauensvolle, Unbekümmerte, Wahrhafte und Reine
- das aber leider bei den reifen Menschen oft
verschüttet oder zerstört ist. Und doch: Werden wie
Kinder! Alles in die Hände des Vaters werfen und -
die Augen schließen! Das kannst du nicht. Das kann
ich nicht, das kann nur Er, der Hl. Geist
vollbringen, “den der himmlische Vater denen gibt,
die Ihn darum bitten” (Lk 11,13). Darum immer wieder
um den Hl. Geist rufen und sich führen lassen von
Ihm. Das tat Bruder Franz.
Seine Zuflucht war
und blieb das Gebet
“Beim Gehen und
Sitzen, beim Essen und Trinken war er ins Gebet
versunken”, so sagt sein Biograph. Er verwirklichte
die Mahnung Jesu: “Betet allezeit und laßt nicht
ab!” (Lk.18,11). Nur der betende Mensch wird Kind
vor Gott. Dieses echte Kindsein vor Gott und diese
vertrauende Kindesliebe zum Vater kann nicht
“erstudiert” werden, sondern will erbetet werden.
Durch Beten lernt man kindlich glauben, demütig
glauben, dankbar glauben und wie Franziskus “keine
Heimsuchung des Geistes mit Nichtbeachtung
übergehen.” - - “Wenn er eine neue Geisteseingebung
verspürte, dann empfing er die Gnade nie vergebens”
(Thomas von Celano). Immer wieder griff er auch zur
hl. Schrift, aber nur “demütig”, nicht anmaßend -
denn “das hl. Buch ist eigentlich nicht zu
“lesen”, sondern zu “beten”, wie Bruder Franz
meinte. Wie war doch Franziskus ein treues Kind
seines himmlischen Vaters, Ihm vertrauend, Ihm
hingegeben, und darum ein echter “Bruder Immerfroh”,
auch inmitten aller Schmerzen und Drangsale.
Nur wer Kind ist im
Herzen, kann Tiere und Blumen so lieben, wie es St.
Franziskus getan. Nur wer Kind ist in der Seele,
kann mit all diesen Geschöpfen Gottes reden wie mit
Brüdern und Schwestern. Sind sie nicht alle aus
Gottes Vaterhand geworden? Das Größte aber ist
dieses, diese Liebe des hl. Franziskus hat zeugende
Kraft bis zum heutigen Tag. Seit über 700 Jahren
gibt es Franziskus-Jünger und Franziskus- Schwestern
in aller Welt, die seine Kindlichkeit, seine
Einfalt, sein Gottvertrauen und seine Gottesliebe
leben und verwirklichen in einer zum Teil
verkommenen Welt.
Was unser himmlischer Vater kann
Das läßt Er uns ein
wenig ahnen in Seiner Schöpfung. Hier ein Beispiel
von Millionen von Wundern: Die “Lichtmaschine” in
den Blättern der Pflanzen und Bäume. Von der
Wissenschaft wird sie Photosynthese genannt.
Die grüne Schicht an den Blättern (das Chlorophyll)
ist befähigt, bestimmte Wellenlängen der
Sonnenstrahlung aufzunehmen und zum Aufbau äußerst
komplizierter Verbindungen aus der Kohlensäure der
Luft und den einfachen anorganischen Stoffteilchen
(den Molekülen) zu verwenden, welche eine Pflanze
mit ihren Wurzeln aus dem Erdreich aufnimmt. So
entstehen in den Blättern Zucker, Fette, Eiweiß.
Als Kinder schon
haben wir uns oft gefragt: Wie kommt soviel Zucker
und süßer Saft in die Kirschen, Pflaumen,
Weintrauben? Auf der Hochzeit zu Kana hat der Herr
gewöhnliches Wasser in den köstlichsten Wein
verwandelt. Billionenfach verwandelt Gott in den
grünen Blättern durch die geheimnisvollen Kräfte des
Sonnenstrahls das Wasser aus dem Erdboden und die
erdhaften Stoffe des Bodens und den Stickstoff und
die Kohlensäure in der Luft in die süßen Säfte der
vielen so schmackhaften Beeren und Früchte. Und in
das bekömmliche Fleisch der Früchte. Wieviel
Weisheit, technisches Können und Liebe zu uns,
Seinen Kindern, baut doch der liebe Gott, unser
herrlicher “himmlischer Brotvater” hinein in jede
Erdbeere, Himbeere, Tomate, Banane, Aprikose, Birne,
auch in jede Blüte, aus deren Blütenstaub die Bienen
uns den süßen Honig bereiten!
Keine Wissenschaft
der Welt,
keine Technik wird je
auch nur eine Kirsche herstellen können, in ihrer
gewachsenen Schönheit, in ihrem Aroma, ihrem
herrlichen Geschmack, in ihrer Bekömmlichkeit für
die menschliche Gesundheit. Und dazu obendrein der
Kern, der die Kraft enthält, ganze Wälder, ganze
Länder mit neuen Kirschbäumen anzubauen... !
Man könnte sagen: Wie
schon jede Pflanze, jeder Baum ein Wunderwerk ist,
so ist wieder jedes einzelne Blatt eine ganz genial
angelegte Fabrik in Mini-Format. Und zwar Zuckerfabrik, Eiweiß-Fabrik, Fabrik zur Herstellung
der verschiedensten Fette, sogar
Farben-Fabrik. Alle diese kostbaren Stoffe
werden im Blatt erzeugt durch die Einwirkung des
Sonnenlichtes und dann zum Aufbau der Pflanze, des
Baumes und der Früchte verwendet. Mit Recht
bewundern wir die ungeheuer kompliziert und sinnvoll
konstruierten Maschinen- und Apparateanlagen eines
modernen Fabrikbetriebes. Aber wo ist der
Wissenschaftler, der Ingenieur und Konstrukteur
einer Fabrikanlage, die so klein ist wie ein Blatt
an einem Kirschbaum, an einer Erdbeerstaude und die
so präzis, so vollkommen in jeder Beziehung so viele
Stoffe in bester Qualität erzeugt und wo der ganze
“Betrieb” so still läuft, so ganz ohne den
gefürchteten, nervenzermürbenden Lärm menschlicher
Fabriken? Großen Kummer haben heute alle Regierungen
und alle Besitzer von technischen Anlagen wegen der
unvermeidlichen Abfallstoffe, die den Boden, das
Wasser und die Luft in leben-bedrohender Weise
vergiften. Wohin mit dem “Müll”, den Giften, mit
denen man einfach nichts mehr anfangen kann... ?
Der moderne Mensch
sollte in seiner
Ausweglosigkeit zum “Himmel-Vater” gehen und bei Ihm
sich Lösungen erbitten und zeigen lassen. Jedes
Blatt beweist, daß Er für jeden Fall ideale Lösungen
wüßte. Wie göttlich-genial ist doch die Frage der
Abfall-Stoffe in jeder “Blatt-Fabrik” gelöst: Das am
meisten anfallende “Abfall-Produkt” in jeder
“Blatt-Anlage” ist der Sauerstoff. Und gerade dieser
Stoff ist für Menschen und Tiere eines der
wichtigsten Lebenselemente. Ohne den Sauerstoff,
den die Pflanzenwelt täglich in gewaltigen Mengen herstellt und abgibt, sozusagen als “Müll”
‘könnte kein Lebewesen existieren. Alle die
Billionen und Trillionen Lebewesen auf der Erde -
einschließlich Menschen - können nur leben, weil die
geheimnisvollen, unzähligen “Lichtmaschinen” in den
grünen Blättern ununterbrochen dieses
“Wandlungswunder” vollbringen, aus den Stoffen der
Erde, dem Stickstoff und Kohlenstoff der Luft die
Nahrungsstoffe herstellen, die alle Lebewesen
brauchen, und weil sie “nebenbei” die Luft mit dem
Stoff immer wieder erfüllen, ohne den alle Lebewesen
in wenigen Augenblicken ersticken müßten, nämlich
den Sauerstoff. Würde die Pflanzenwelt nicht so
fleißig ununterbrochen mit dem Kohlenstoff und
Stickstoff der Menschen- und Tierwelt und der
modernen Technik “aufräumen”, dann wären auch schon
längst alle Lebewesen dem Erstickungstod und der
Vergiftung anheim-gefallen. - Unter Verwendung der
Stoffe aus der Erde, aus der Luft bereitet der
allmächtige Vater durch die Kraft der Sonnenstrahlen
jedes Jahr 200 Milliarden Tonnen Früchte und
organische Substanzen als Nahrungsnachschub - das tägliche Brot -
für Menschen und Tiere.
Wahrhaftig, wir haben
einen herrlichen Vater. Kein menschlicher Verstand.
vermag auszudenken, was dieser kann! - Und wie
bescheiden unser lieber himmlischer Vater dabei ist! Seit
6.000 Jahren gibt es Menschen, und erst in den
aller-allerletzten Jahren hat der himmlische Vater
durch unsere Wissenschaftler uns Einblick gegeben in
diese unfaßbaren Wunder Seiner Weisheit, Seiner
Allmacht und väterlichen Fürsorge für alle Seine
Geschöpfe, besonders für Seine Kinder, uns
Menschen... Aber das Wunder aller
Wunder liegt im geistigen Bereich.
Der himmlische Vater
hat die Menschen nach Seinem Ebenbild erschaffen -
mit Verstand und freiem Willen - und ihnen Anteil an
Seinem geistigen, unsterblichen Sein gegeben. Sein
göttliches Leben sollten sie allezeit in sich
tragen. - Welch unfaßbares Geheimnis! Als aber die
Sünde dieses göttliche Leben auslöschte, hat er dann
Seinen Sohn in die Welt gesandt, und ihn dem
schmachvollen Sühnetod am Kreuze überliefert, damit
alle die Möglichkeit haben, in die Liebe des Vaters
wieder zurückzukehren und das Vaterhaus zu
erreichen. Und gleichsam als Unterpfand dieser Liebe
vollzieht der göttliche Sohn das höchste Wunder der
Verwandlung von Brot und Wein in Seinen
allerheiligsten Leib und in Sein Blut. Nehmt hin und
esset, das ist Mein Leib! - Nehmt hin und trinket,
das ist Mein Blut!” Hinter diesen Worten liegt die
ganze Allmacht Gottes, die ganze geheimnisvolle,
drängende Liebe Gottes, aber auch - das ganz
fürchterliche Gericht Gottes. Der Mensch hat die
freie Entscheidung für oder gegen diese Liebe seines Gottes.
Wohin gehst Du?
Pfr. Fischl
Ein anderes Beispiel väterlicher
Fürsorge
für Seine Geschöpfe
im rein irdischen Bereich ist das Wasser. Ohne
Wasser gibt es kein Leben für die Tiere wie
für die Menschen. Wie kommt es, daß unsere
Brunnen nicht auszuschöpfen sind? Es ist keineswegs
selbstverständlich, daß beim Aufdrehen des
Wasserhahnes das frische, gute, durch nichts anderes
ersetzbare Wasser herausströmen muß. Wer sorgt für
den Nachschub an Wasser, für den ungeheuren Bedarf
an Wasser auf der ganzen Welt? Wieder ist es der
treue himmlische Vater mit Seiner stillen,
demütigen, absolut zuverlässigen Magd, der Sonne!
Die Sonne hat vom Schöpfer Himmels und der Erde den
Auftrag bekommen, neben vielen anderen Diensten,
jedes Jahr 600-700 Billionen Tonnen Wasser aus der
regennassen Erde, aus den Strömen, Seen, Meeren
Hunderte von Metern hoch in die Luft emporzuheben,
es in der Gestalt der Wolken über alle Kontinente
der Welt hinzutragen und dort als Regen wieder an
die Erde und ihre durstigen Bewohner, Mensch und
Tier, abzuliefern. - Was für ein gewaltiger Aufwand
von Energie ist notwendig für den ganzen
wundervollen Kreislauf des Wassers, für das
Emporheben in die luftigen Höhen, für den Transport!
Wie fürsorglich ist wieder die Einrichtung, daß das
Wasser nicht in wilden Massen vom Himmel fällt,
sondern in kleinen Tropfen, so daß es keinen Schaden
anrichtet. Warum aber doch zuweilen die verheerenden
Wolkenbrüche, Hagelschauer, die schrecklichen
Gewitter? - Klar, daß wir nachdenklich werden
sollen. Es ist nicht Pflicht des Vaters, uns täglich
mit allem den Tisch zu decken, was wir brauchen oder
uns wünschen, sondern daß der “Vater-unser” im
Himmel alles auch ganz anders hätte einrichten
können, nämlich so, daß das Leben auf Erden nur
unter unbeschreiblich harten Existenzbedingungen
möglich wäre. Auch offenbar
deswegen, damit wir in brüderlicher Liebe den
Menschen zu Hilfe kommen, die durch
Überschwemmungen, durch Trockenheit, durch Hunger,
Erdbeben usw. in große Not geraten, als Boten Seiner
fürsorgenden Vaterliebe.
Der himmlische Vater
hat Brot und Nahrung für alle Menschen. Sie müssen
nur Seinen Gesetzen nachspüren und brüderlich von
ihrem Überfluß teilen; das beweist folgende
Abhandlung. Pfr. Fischl
Der philippinische Wunder-Reis
Die Sensation des
Guten bleibt verborgen
Man kann den
Wunder-Reis im Lebensmittelgeschäft nicht kaufen,
auch nicht auf einem Supermarkt. Er ist nichts für
verwöhnte Gaumen. Er schmeckt flach, gar nicht
aromatisch. Aber wie so verdient er denn einen
Namen, der ihn in den Himmel erhebt: “Wunderreis”?
Hungernde Menschen nannten ihn so weil sie durch ihn
am Leben bleiben. Arme und verschuldete Kleinbauern
tauften ihn so, weil er ihre Einkommen verdreifachte
und die Zukunft heller machte. Für Millionen von
Menschen Ostasiens bleibt er der Wunderreis.
Wie kam es dazu? Im Jahr
1962 wurde die Internationale Versuchs- und Forschungsanstalt für Reis in Los Banos, Laguna,
Philippinen gegründet. Dort arbeiteten
philippinische und amerikanische Gelehrte daran,
neue Reisarten zu züchten. Eine kurze
Reisart von Formosa wurde mit einer langen Lokalart
gekreuzt. Diese Kreuzung wurde mit IR-8
bezeichnet. Damit begann ein Prozeß, der in vier
Jahren zu einem Saatgut führte, das im Vergleich mit
vielen anderen Versuchen in ganz Asien stets die
höchsten Erträge einbrachte. IR-8 hat einen kurzen
Halm von rund einem Meter Höhe, steht sehr dicht,
hält Feuchtigkeit und Regen und ist sehr
widerstandsfähig gegen Krankheiten. Er reift
unglaublich schnell in 120-125 Tagen und
reagiert sehr gut auf Kunstdünger. Der Bauer konnte
also dreimal im Jahr pflanzen und ernten, soweit ihm
Wasser zur Verfügung stand. Der Ertrag setzte jeden
Bauer in Erstaunen. Auf einem Hektar Land konnte er
etwa 120 bis 200 Cavans (ein Cavan rund 1 Ztr.)
ernten, wogegen er bisher nur 27 Cavans im
Durchschnitt pro Hektar erreichte. Wo er dreimal im
Jahr pflanzen und ernten kann, trägt ihm ein Hektar
jetzt 360 bis 600 Zentner Reis ein. Welch ein
Unterschied zur bisherigen Durchschnittsernte von
etwa 150 Zentnern! Sein Einkommen stieg um das
Dreifache. Da kam ihm das Wort Wunderreis auf die
Lippen.
Bald kamen von allen
Seiten Ostasiens Nachfragen. Es wurde Saatgut nach
Japan, West-Pakistan, Formosa und Indien geliefert.
Rotchina verschaffte sich auf Umwegen über Pakistan
und Nepal den Wunderreis. Warum nicht in aller
Öffentlichkeit? Saatgut wurde auch nach Nordvietnam
und Nord-Korea geliefert. Es geht hier nicht um
politische Systeme, es geht darum, hungernde Menschen am Leben zu
erhalten und ihnen reichlich
Nahrung zu geben. Der Vater im Himmel will alle
seine Kinder nähren.
Es versteht sich, daß
die Wissenschaftler nach diesem ersten Erfolg nicht
auf ihren Lorbeeren ausruhten. Sie konzentrierten
ihre Bemühungen darauf, das Aroma und die Eßbarkeit zu
erhöhen. So schlossen sich weitere Gruppen zu einem
Team zusammen, wie zum Beispiel das philippinische
Pflanzenamt, die staatliche landwirtschaftliche
Hochschule, die Ford-Stiftung und ein Konzern von
Düngemittel- Firmen. Es wurden bereits vier weitere
Arten angeboten, die im wesentlichen die Vorteile
vom Wunderreis besitzen, aber nicht seine Nachteile.
So sind die Bezeichnungen IR-5, BPI-76-1, C-4-63 und
C-18 keine spanischen Dörfer mehr für unsere Bauern.
Durch diese neuen Arten wurde die Reisproduktion auf
den Philippinen so gesteigert, daß bereits 1968 Reis
ausgeführt werden konnte. Jetzt muß die
Anbau-Methode aufholen. Die Bewässerungsanlagen
müssen verbessert und vergrößert werden. Der Bauer
muß den Wert der Düngemittel und den Vorteil
modernerer Maschinen einsehen, um das Gespenst des
Hungers zu bannen auch wenn er durchschnittlich
nicht mehr als 2,5 Hektar bearbeitet. Menschenfleiß
und Gottessegen müssen zusammenwirken.
Die Sensation des
Guten bleibt verborgen. Die Mondfahrer wurden
überall umjubelt und gefeiert, jene Männer aber, die
für Millionen von Menschen das tägliche Brot
sozusagen vermehrt haben, bleiben unbekannt. Wer
weiß schon um sie, um ihren gewaltigen Einzelbeitrag
zur Lösung der Lebensfrage Asiens. Wer weiß schon um
die Vatersorge Gottes für all seine Kinder! Der
Hunger in der Welt wäre längst gebannt, würden die
Menschen, statt auf Kriege zu rüsten und Kriege zu
führen, die wunderbaren Gesetze besser erforschen,
die der Vatergott in Seine Schöpfung hineingelegt
hat, um sie zum Wohle der ganzen Menschheit zu
nützen. “Machet die Erde euch untertan!” Das ist
Sein heiliger Wille (Nach August Herbers).
Die neuesten
Ergebnisse der Wissenschaft
würden zusammengefaßt
viele dicke Bände füllen allein zu dem Thema: Gottes
Vaterfürsorge für die Menschheit. Was kann zum
Beispiel heute die Chemie alles aus der Kohle
herausholen: Medikamente, Gespinste für
Kleiderstoffe, Zucker und vieles andere. Das alles
hat der Vater vor ungezählten Jahrtausenden bereits
im Erdinnern durch versunkene Wälder zubereitet, hat
es dem Forschungsdrang der Menschen übergeben, um
Seine Fürsorge für uns Kinder zu teilen und weiter
zu führen. - O Vater, wir danken Dir! Du bist
wahrhaft ein “Wunderbarer”, ein treu Sorgender. Laß
uns doch begreifen, daß nicht Du, sondern wir die
immer wieder Versagenden sind! - Im folgenden sollen
vor allem Beispiele von Gottes Vaterliebe aus dem
Leben einzelner, wie ganzer Familien berichtet
werden.
Gott macht alles gut
Pater Hugo Lang OSB,
der bekannte Rundfunkprediger, erzählt aus seiner
Seelsorgspraxis: “Ich war gebeten, die Frau eines
Kunstmalers mit den hl. Sterbesakramenten zu
versehen. Als ich die Wohnung betrat, blieb der Mann
auf seinem Stuhl sitzen und machte gar keine Miene,
das hl. Sakrament oder den Priester zu grüßen. Es
war nicht Zeit, sich darüber auch nur zu wundern,
denn die Kranke schien am Ende ihrer Kräfte. Immer
wieder seufzte nun diese: ‘Mein armer Mann', und auf
die Frage des Priesters, warum sie sich um ihn, der
doch gar nicht liebenswürdig schien, so sorgte,
antwortete sie: ‘Er ist völlig blind seit Jahren und
hilflos wie ein kleines Kind. Wer wird für ihn
sorgen, wenn ich nicht mehr bin? Er hat keinen
Menschen auf der weiten Welt, hat auch keine Rechte
auf die öffentliche Fürsorge.' Da bat ich im Herzen
dem Alten meine Verwunderung ab. Beim Abschied sagte
ich zu ihm, dem keine falsche Hoffnung gegeben
werden durfte: ‘Der liebe Gott wird es recht
machen.' Da richtete er seine weit offenen Augen auf
mich und antwortete mit aller Seelenruhe: ‘Hochwürden,
der liebe Gott macht überhaupt alles recht.'
Tags darauf ist die Frau gestorben. Auf die
Trostworte: ‘Jetzt müssen Sie das Kreuz eben
tragen', kam die ebenso ruhige Versicherung: ‘Ich
kann's tragen.' In Wahrheit wußten weder er noch ich
noch irgendeiner der Nachbarn Rat. Als er vom
Begräbnis nach Hause zurückgeleitet war und die
Einwohner ihm noch Gesellschaft leisteten, ging die
Glocke. Vor der Tür stand eine vornehme Dame mit der
Frage, ob sie den alten Herrn sprechen könnte. Man
sagte ihr, wie ungelegen sie komme, und klagte ihr
die arge Not. Da bestand die Dame auf dem Wunsch,
eingelassen zu werden. Und siehe: Sie war aus dem
fernsten deutschen Osten gekommen, nach ihrem Onkel
zu fragen, den sie längst tot geglaubt hatte. Vor
einer Erholungsreise nach dem Süden hatte sie im
Speicherkram auf einer zerrissenen Briefhülle die
Adresse gefunden. Ohne Beruf im Leben stehend, hatte
sie sich stets nach einer schönen Aufgabe gesehnt.
Nun hatte Gott die Hilfsbereite dem Hilfsbedürftigen
genau zur rechten Stunde gesandt. Noch waren dem
frommen Alten einige Jahre
sorglosen,
wohlverdienten Abendfriedens geschenkt.
P. Hugo Lang OSB
Vater der Witwen und Waisen
Vor einigen Jahren
lernte ich eine Frau kennen, Mutter von neun
Kindern. Sie hatte ein sehr glückliches
Familienleben. Sie war erst 39 Jahre alt, da traf
sie ein schwerer Schlag. Ihr guter Mann, der
Ernährer der neun Kinder, wurde von der Arbeit
kommend, von einem Auto überfahren. Er starb noch am
Unfallort. Der Schmerz der Frau war groß, die Kinder
waren fast alle noch klein und schulpflichtig, der
Älteste erst in der Ausbildung, 17 Jahre. Zu allem
Leid kamen noch Schwierigkeiten im Hause mit den
Schwiegereltern und finanzielle Sorgen hinzu. Die
Frau wurde mit ihren Problemen oft nicht mehr
fertig. Sie klagte mir immer wieder ihr Leid, dazu
ihre Erziehungsschwierigkeiten mit den Kindern. Nach
drei Jahren kam vom Ort ein Witwer, der auch noch
zwei Kinder hatte, und machte dieser Frau einen
Heiratsantrag. Alles war erstaunt, daß dieser Mann
eine Frau mit neun Kindern heiratete. Die Frau nahm
die zwei Kinder in ihre mütterliche Obhut und bekam
selber noch eines dazu; so war die Familie größer
geworden, aber die Ehe ist gut und glücklich
geworden. Der Mann ist Oberpfleger in einer Heil-und
Pflegeanstalt, sehr religiös, ein guter Vater. Er
besitzt ein geräumiges eigenes Haus. Das viele Leid
hatte sich über Nacht gewendet. Die Frau erzählte
mir, daß der Anstaltsgeistliche vor Ergriffenheit
geweint habe, als er von dieser Eheschließung
erfuhr. - Gottes Vatersorge in höchster Not. Juli
1971, H. H.
Ich weiß, daß Du mein
Vater bist,
in dessen Arm ich wohl geborgen.
ich will nicht
fragen, wie Du führst,
ich will Dir folgen ohne
Sorgen,
und gäbest Du in
meine Macht mein Leben,
daß ich selbst es wende,
ich legt' im
kindlichen Vertrau'n
es nun zurück in Deine Hände!
Adalbert Stifter
erzählt:
Der Vater Adalbert
Stifters, des bekannten österreichischen
Schriftstellers, ein armer Leineweber zu Oberplan im
südlichen Böhmen, wurde eines Tages von einem
stürzenden Baum erschlagen. Händeringend stürzte die
Mutter ins Zimmer und rief: “Kinder, euer Vater ist
tot; jetzt habt ihr niemand mehr, der für euch
sorgt!” Da erhob sich der fromme Großvater und
sagte: “Versündige dich nicht, Mutter! - Der Vater
im Himmel stirbt nicht, und der wird weitersorgen!”
“Und Er tat es auch”, fährt Stifter fort, “weit über
unser Bitten und Verstehen!”
O guter
himmlischer Vater! Verleihe gnädig, daß ich
Deiner göttlichen Vorsehung allezeit vertraue. Verbanne aus meinem Herzen alle unnützen Sorgen,
laß mich immer fest auf Deine Allmacht, Weisheit und
Güte bauen, ordne alle Umstände meines ganzen Lebens
und leite sie bis an mein Ende so, wie es Dir
gefällt und mir nützlich ist.
Mein Vater, wie danke
ich Dir, daß Du, großer, allmächtiger Gott, mein
Vater bist, den ich lieben darf wie ein Kind seinen
Vater liebt. Ich danke Dir, daß Du mir diese
Glückseligkeit schenktest, lieben zu dürfen, Dich
lieben zu dürfen als meinen Vater. Laß, bitte, meine
Liebe immer tiefer und hingebender werden, auf daß
mein Leben zur letzten Erfüllung komme: ewig Dein
geliebtes Kind zu sein!
In sicherer Hut
Wir fuhren mit der
Drahtseilbahn auf den Feuerkogel im Salzkammergut.
In der Kabine stand auch ein Vater mit seinem
zweieinhalbjährigen Kind auf dem Arm. In etwa 1000
Meter Höhe sah die Kleine durch das Fenster hinunter
in den unheimlichen Abgrund. Sie schauderte, und
große Angst malte sich auf ihrem Gesichtlein. Aber
niemand tat etwas, um sie zu beruhigen.
Da geschah etwas
Ergreifendes. Das Kind wandte sich energisch vom
Fenster ab, schlang beide Ärmchen fest um seines
Vaters Hals und sagte mit zuversichtlicher Betonung
des ersten Wortes: “Nicht fürchten! Nicht fürchten!”
Dann machte es, seelenruhig an den Vater geschmiegt,
schweigend die Fahrt zum Gipfel mit.
In den Mienen der
Anwesenden war etwas wie heiliger Neid getreten.
Galt er dem Vater, der das so unüberbietbare
Vertrauen seines Kindes besaß, oder dem Kinde, dem
der Vaterbegriff das Gefühl der absoluten
Geborgenheit und Sicherheit einschloß. Dem größten
Teil der in dem winzigen Kästchen an einem Draht
zwischen Himmel und Erde schwebenden Personen ist
wohl, ohne daß ein einziges Wort gesprochen wurde,
das Verhalten dieses Kindes zum eigenen seelischen
Erlebnis des menschlichen Ruhens in den Vaterarmen
Gottes geworden. Auch der Weg zum Gipfel der
christlichen Vollendung ist bei der geschöpflichen
Schwachheit und kindhaften Unerfahrenheit des
Menschen lebensgefährlich in jeder Minute. Satan und
der grausige Schlund der Hölle lauern auf seinen
sittlichen Absturz.
Gott, der Vater, hält
unser natürliches und übernatürliches Leben in
seinen Armen und wird uns nicht zum Spott der Hölle
werden lassen. Wenn wir uns redlich mühen, als seine
Kinder zu leben, dürfen auch wir getrost die
Höhenfahrt wagen, die beiden Arme der Liebe um
unseren Vater schlingen und dem Absturz der
Dunkelmächte zum Trotz sprechen: “Nicht fürchten!”
Johanna Engelmann
Bekannt ist der Vers
Und stürmt die See
und tost der Wind
Und flammt der Blitze Feuer,
Ich denke wie des
Schiffers Kind:
“Mein Vater sitzt am
Steuer.”
Das Gespenst vor der Lokomotive
Mit unheimlicher
Geschwindigkeit rast der amerikanische Pazifikzug
durch die Prärie. Eine sternenlose, finstere
Nacht... Die vielen Passagiere schlafen ruhig,
ahnungslos... Auf einmal ist es, als ob eine
weiße Gestalt vor dem Lichtkegel der
dahinrasenden Lokomotive schwebte, dem Führer
zuwinkend: “Halt! Bleib stehen!” Kalt läuft
es dem Lokomotivführer über den Rücken, allein das
Gespenst verschwindet wieder, und der rasende Zug
stürmt hemmungslos weiter. Nach einer kleinen
Weile erscheint das Gespenst aufs neue...
Bleich vor Entsetzen, greift der Lokomotivführer
nach der Bremse... Wieder verschwindet es. Der Zug
braust dahin in rabenschwarzer Nacht Doch siehe,
noch ein drittes Mal taucht das Gespenst auf.
Angstvoll winkt es jetzt mit seinem
weißen Leintucharm: “Halt! Bleib stehen!” Der
Lokomotivführer verliert die Nerven, blind greift er
nach der Bremse und schlägt sie herab ‘ ein Knarren, ein Rasseln,
ein Zusammenprallen der Wagen, ein Poltern der
herabstürzenden Pakete, ein Jammern und Schreien der
vom Schlaf erwachten und zu Tod erschrockenen
Fahrgäste. Alles stürmt hinaus: Was ist denn
geschehen? Was ist geschehen?
Noch ein paar Meter,
und die Bahnstrecke führt über eine mächtige
Brücke. Doch in der Nacht hat sie der jäh
angeschwollene Strom weggerissen. Und am Rand
der schäumenden Fluten, bloß einige Schritte vom
Ufer, steht nunmehr die schnaufende, dampfende Lokomotive! - Und das Gespenst? das
Hunderte und Hunderte von Menschen vor dem
Ertrinkungstod gerettet hat? Lediglich ein kleiner
Nachtfalter verfing sich unter der Glasscheibe der
Lokomotivlampe, und als er sich da wand und zappelte
und mit seinen Flügeln herumschlug, sprang sein
Schatten im darauf fallenden Lampenlicht gleich
einem Gespenst vor dem dahin jagenden Eisenbahnzug
hin und her - und brachte den Zug zum Stehen. -
Zufall? Zufall ist immer eine Ausrede. In der Hand
Gottes kann selbst ein Schmetterlingsflügel genügen,
das Leben von Hunderten und abermals Hunderten zu
retten. Ob nicht gerade in jener Stunde das Gebet
eines Vertrauenden um eine gute Heimkehr zum Himmel
stieg? -
“Hoffnung” (9.
Jahrgang)
So groß kann nur Gottes Liebe sein
In meiner Jugend
kannte ich ein junges Mädchen, eine wirkliche
Schönheit. Ich hatte eine Zeitlang beruflich mit ihr
zu tun. Sie war sehr leichtsinnig. Die Tugend galt
ihr wenig. Ich versuchte sie immer zum Guten zu
führen. Abends brachte ich sie oft bis zu ihrer
Haustüre; wie weh tat es mir, wenn ich dann von
anderen hörte, daß sie doch noch die ganze Nacht in
einer Bar war und erst morgens heimkam. Bald
trennten sich unsere Wege, sie zog mit ihrer Familie
anderswo hin. Nach Jahren ging meine liebe
verstorbene Mutter mit dem Frauenverein nach
Neviges-Hardenberg wallfahren. Wie erstaunt war ich,
als Mutter mir abends erzählte, ein Fräulein habe
sie angesprochen und sich nach mir erkundigt. Meine
Mutter hatte sie nicht mehr wieder erkannt nach so
vielen Jahren. Fräulein H. sagte zur Mutter, daß sie
oft an mich hätte denken müssen; ihre Wege seien
schwer gewesen, aber Gott habe sie nun wunderbar
geführt. Sie stehe vor dem Eintritt ins Kloster und
sie wolle in einen Büßerorden in Münster, um dort
jungen gefallenen Mädchen zu helfen. Sie hätte noch
einmal eine Wallfahrt nach Neviges gemacht, um der
Gnadenmutter herzlichst zu danken. Sie sei nun
glücklich und wolle nur noch für Gott leben.
Sie können sich
vorstellen, wie ich dankbar war; ich wußte immer, es
war etwas Gutes da bei diesem Mädchen, nur war ihr Wille
zu schwach. So groß kann nur Gottes Liebe sein.
Juli 1971,
H. H.
Danklied eines
Gotteskindes
“Lobe den Herrn,
meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes
getan hat, der dir alle deine Sünden vergibt und
alle deine Gebrechen heilt, der dein Leben vom
Verderben erlöst, der dich krönt mit Gnade und
Barmherzigkeit... Denn so hoch der Himmel über der
Erde ist, läßt Er Seine Gnade walten über die, so
Ihn fürchten. So ferne der Morgen ist vom Abend,
läßt Er unsere Übertretungen fern von uns sein. Wie
sich ein Vater erbarmt über Kinder, so erbarmt Sich
der Herr über die, so die Ihn fürchten” (Psalm 103).
- Sollten wir nicht viel häufiger und gar herzlich
das kurze Gebet sprechen: Mein Vater, ich danke Dir
für Deine Liebe! Vater, ich danke Dir!
Das Bekenntnis eines großen
Fußballers
Aus dem interessanten
Fußballbuch: Wolfgang Overath von Karlheinz
Mrazek: “Vielleicht lächelt mancher darüber. Doch
das stört mich nicht. Vor jedem Spiel, auch vor
einem unbedeutenden, mache ich ein Kreuzzeichen.
Nicht so aufwendig wie manche Südländer, aber ich
vergesse es nie. Der Grund: Gott soll mir helfen,
daß ich heil aus dem Spiel zurückkomme. Ich habe
mich nie geniert, bei der Weltmeisterschaft in
Mexiko (1970) sonntags in die Kirche zu gehen, weil
ich der Meinung bin, man soll sich seines Glaubens
nicht schämen, sondern sich bei jeder Gelegenheit zu
ihm bekennen. Und ich bekenne mich zum katholischen
Glauben, in dem mich meine Eltern erzogen haben. Den
Kontakt habe ich nie verloren. Ich hoffe, daß es
immer so bleibt; denn es gibt Situationen im Leben,
wo der Mensch nicht weiter weiß. Dann hilft mir
der Glaube ganz gewiß.
In der heutigen Welt
gehört manchmal ein bißchen Mut dazu, für seine
Religion einzutreten, weil es vielfach als unmodern
empfunden wird, an Gott zu glauben. Diese
Einstellung ist auch in der Nationalmannschaft zu
finden. Ich bin sicher, daß in Mexiko mehr Spieler
mit zur Messe gekommen wären, hätten sie nicht
fürchten
müssen, von ihren
Kameraden belächelt zu werden.
Als Lehrling genierte
ich mich nicht, mit dem Aschenkreuz auf der Stirn am
Aschermittwoch in den Kölner Kaufhof zur Arbeit zu
gehen. Ich bin auch froh darüber, daß ich noch beten
kann. Beten hilft mir, wenn ich Probleme habe. Und
wer könnte sagen, daß er keine Probleme hat. Ich bin
kein Heiliger, aber froh, daß ich einen Glauben
habe. Menschen, die einen Glauben haben, schätze
ich, ganz gleich, ob sie Moslems, Quäker oder
Buddhisten sind” (Verlag: M. Du Mont
Schauberg/Köln). Wolfgang Overath, geboren am 29.
Sept. 1943, spielte bei vielen internationalen
Wettspielen mit, besonders aber beim Kampf um die
Weltmeisterschaft 1966 in England und 1970 in
Mexiko. Sein Glaubensbekenntnis ist ein mutiges.
Weil der Priester versagte...
Ergreifender
Tatsachenbericht einer Mutter
Mein Mann ist ein
Klein-Industrieller. Er widmete sein ganzes Leben
der Aufgabe, einen alten Familienbetrieb zu
modernisieren und das Anstellungsverhältnis seines
Personals zu verbessern. Obwohl überzeugter Christ,
ging er doch selten in die Kirche und überließ es
mir, die Familie beim Sonntagsgottesdienst zu
vertreten. Wir hatten drei Kinder: eine Tochter und
zwei Söhne, Michel und Jaques. Man kann sich kaum
zwei so ungleiche Brüder vorstellen. Michel war
ruhig und etwas scheu, körperlich aber groß und
stark. Jacques dagegen dachte an nichts als an
Streiche und schien nichts als Dummheiten im Kopf zu
haben. Doch hatte er ein goldenes Herz, wenn man ihn
richtig zu nehmen wußte. Obwohl ich es mit meinem
Glauben sehr ernst nahm, dachte ich nie im Traum
daran, daß einer meiner Söhne Priester würde. Michel
hatte sich ganz den Wünschen des Vaters gefügt, und
dieser hatte sich bereits entschlossen, ihm nach
Beendigung des Studiums die Direktion der Fabrik
abzutreten. Jacques aber hatte sich auf die
Mathematik gestürzt und träumte von einer Laufbahn
als Techniker. Michel und Jacques stellten sich
begeistert in den Dienst der katholischen Jugend. So
gingen sie jeden Sommer als Helfer in eine
Ferienkolonie. Drei Jahre hatten sie sich bereits
zusammen mit einem jungen Priester dieser Aufgabe
gewidmet. Alle drei schienen zusammen ein Herz und
eine
Seele zu sein.
Da geschah das
Unfaßbare
Als Michel und
Jacques wieder in die Ferienkolonie kamen, fanden
sie ihren priesterlichen Freund ganz verändert vor.
Er war launisch und manchmal sogar brutal. Und
mitten in den Ferien erklärte er meinen Söhnen, daß
er seinen Priesterberuf aufgeben werde. Michel und
Jacques versuchten, ihm zuzureden. Aber, als alles
nichts half, verlangten sie vom gescheiterten
Priester, daß er zum letzten Mal ihre Beichte
entgegennehme. Am anderen Morgen war er
verschwunden.
Als meine Söhne
wieder nach Paris zurückkamen, waren sie immer noch
ganz geschlagen. Aber in
ihren Augen brannte ein merkwürdiges Feuer, und
Jacques erklärte uns am ersten Abend: “Ihr wißt also
bereits, was geschehen ist?” “Ich kann euch
versichern, daß wir noch nie so die Würde des
Priesters gespürt haben.”
Dann erklärte Michel in
seiner ruhigen Art: “Jacques und ich haben uns entschlossen, den Platz dieses verunglückten
Priesters einzunehmen. Wenn Ihr
damit einverstanden seid, treten wir ins Seminar für
Spätberufene ein!” Mein Mann war ganz erschüttert
beim Gedanken, die Fabrik in fremde Hände übergeben
zu müssen, und bat, wenigstens einer von beiden möge
auf seinen Entschluß verzichten. Da war es
ausgerechnet Jacques, der ihm antwortete: “Papa,
Gott läßt Sich nicht auf Kompromisse ein. Er
will uns beide! Wir haben das in jener Nacht in der
Ferienkolonie so ausdrücklich verspürt, daß für uns
beide jeder andere Weg unmöglich ist.” Mein Mann
stand auf und ging aus dem Zimmer, ohne ein Wort zu
sagen. Aber er wagte es nicht, den plötzlichen
Entschluß seiner Söhne anzufechten.
Heute sind beide
Söhne Priester und wirken als Vikare in derselben
Pfarrei. Die Fabrik haben wir verkauft, und im
Herbst werden wir zu ihnen ziehen...
Aus: “Panorama chrétien” 1970
Das ist entscheidend:
Auf die Vatergüte
Gottes muß die Liebe Seiner Kinder antworten mit dem
treuen Gehorsam gegen Seinen Willen, mit der
restlosen Erfüllung Seiner Gebote. Das verlangt
höchste Kraftentfaltung und ungebrochene
Willensstärke. Erst in der sittlichen Tat, erst im
Vollzug des heiligen, unverbrüchlichen Gotteswillens
reift unsere Gotteskindschaft zur vollen
Wahrhaftigkeit. So hat Jesus Sein eigenes Leben,
Seinen Beruf und Seine Arbeit ohne Vorbehalt dem
Willen des Vaters zu eigen gegeben, so verlangt Er
es auch von Seinen Jüngern. Beten wir viel für die
Heiligung der Priester! Nur von hl. Priestern kommt
eine Erneuerung.
Gebet für die Priester
Herr und Gott, König
des Himmels und der Erde, D u hast den Priestern den
heiligsten Schatz in der ganzen Schöpfung
anvertraut, indem D u ihnen Macht über Dich selbst
in die Hand gabst. Sende hl. Priester Deinem Volk,
daß sie ihm Stütze seien auf seinen Fährnissen, daß
sie ihm Bruder seien in seiner Not, daß sie Dich in
Wort und Tat und Wirklichkeit hineintragen in den
Alltag und in die Herzen der Menschen. Laß ihr Herz
und ihren Geist und ihre Hände rein sein, wahr und
demütig!
Laß sie Dein
Angesicht tragen und alle Schmerzen, die D u um
Deines Volkes willen erlitten hast. Laß sie Dir
getreu sein, Herr und Gott, Deiner Kirche und ihrer
Pflicht bis zum letzten Atemzug. Amen.
Eine Mutter für alle
Not
Gott ist Vater für
all Seine Kinder. Zum Zeichen Seiner Liebe sandte Er
Seinen eingeborenen Sohn zur Erde, daß Er Mensch
wurde und daß Er Seine Mutter auch uns zur Mutter
schenken konnte. Gottes Vatergüte gab uns die beste
aller Mütter zu unserer Mutter. Wie tröstlich, der
Gottesmutter und ihrer mütterlichen Liebe ist vom Vater im
Himmel die Sorge für die Brüder und Schwestern ihres
Sohnes aufgetragen, bis sie zur seligen Heimat
gelangen. So betont das Konzil und sagt dann
wörtlich: “Deshalb wird die selige Jungfrau in der
Kirche unter dem Titel der Fürsprecherin, der
Helferin, des Beistandes und der Mittlerin
angerufen.” Ein Trost zu wissen, daß die gläubige
und vertrauensvolle Bindung an die Gottesmutter, die
Mittlerin der Gnaden, die Helferin der Christen auch
heute noch zeitgemäß ist - und in einer Zeit
kommender Drangsale ganz besonders wichtig ist, und
zwar für Leib und Seele. Hier folgen ein paar
Beispiele ihrer einmalig mütterlichen Hilfe.
Die wunderbare Heilung einer
Priestermutter
Es hat sich
zugetragen in Malavicina, einem kleinen Ort in der
Provinz von Mantua. Oliva Sudiro Sanotto, eine Frau
von 80 Jahren, Mutter eines Priesters und eines
Arztes, wurde durch ein Wunder geheilt von einem
schrecklichen Ausschlag, der ihr seit 42
Jahren Beine, Arme und Gesicht zerstörte und sie so
furchtbar entstellte, daß sie einer Aussätzigen
glich. Alle Heilversuche waren erfolglos geblieben,
und das trotz der liebevollen und ausdauernden
Fürsorge ihres Arztsohnes, trotz vieler Aufenthalte
in Krankenhäusern und Kliniken. Das wurde vor gut
zwei Jahren anders: Eine Schwerkranke ging damals zu
Bett - eine völlig Gesunde stand morgens auf. Die plötzliche wunderbare Heilung ereignete sich im
September 1968. Die Beteiligten wollten sie damals
aber nicht gleich einer breiteren Öffentlichkeit
bekannt geben, sondern abwarten, bis das Urteil der
Ärzte, die Analysen, die Röntgenbefunde, die
Nachuntersuchungen sichere Gewißheit über das
Verschwinden der Krankheit bringen würden. Jetzt
gibt es für sie keinen Zweifel mehr. Die Zeugnisse
der Professoren, der Ärzte, der Krankenschwestern,
die Oliva Sudiro, während ihrer Krankheit
behandelten und sie nach ihrer Heilung gesehen und
untersucht haben, besagen einstimmig, daß nur ein
wunderbares Eingreifen der Kranken die Gesundheit
hat wiedergeben können.
Pater Gerhard Hermes
besuchte die Geheilte und berichtet darüber in der
Januar- Nummer 1971: “Der Fels”.
Wir trafen die
Geheilte im Pfarrhaus
von Malavicina, wo
sie mit ihrem Sohn, dem Pfarrer des Ortes, lebte.
“Meine ganze Geschichte”, so sagte sie in
ergreifender Schlichtheit, “ist in der Tatsache
enthalten, daß ich 42 Jahre krank war und niemand
mich heilen konnte. Die Madonna hat es in einer
einzigen Nacht fertig gebracht. Ich selbst bin immer
noch wie benommen davon; es kommt mir unglaublich
vor, daß an mir ein wirklich und wahrhaftiges Wunder
geschehen sein soll.”
“Die Krankheit”, so
fuhr sie fort, “begann 1927, wenige Tage nach der
Geburt meines jüngeren Sohnes Alessandro, der Arzt
geworden ist. Wie ich mir sie zugezogen habe, weiß
ich nicht. Vielleicht habe ich mich übernommen, habe
mich an die Arbeit gemacht, bevor ich von der Geburt
ganz erholt war, vielleicht habe ich mir eine
Ansteckung geholt. Ich weiß es nicht. Zuerst
begannen die Hände anzuschwellen, dann das Gesicht
und die Beine. Die Haut bedeckte sich mit Pusteln,
die eine starke Rötung hervorriefen und ein schier
unerträgliches Jucken. Das Blut zirkulierte nicht richtig. Die Haut
wurde voll Eiter und löste sich in Fetzen auf.
Die Beine bedeckten sich mit eiternden Wunden. Ich
mußte sie ständig verbinden, weil alles verschmutzt
wurde. Wir sind arme Leute. Wir hatten kein Geld für
den Doktor, und außerdem hatte ich keine Zeit, im
Krankenhaus zu liegen. Ich arbeitete weiter und
versuchte es mit Kräutersalben, die mir die alten
Bauersleute empfahlen; mit Hausmitteln, die mir wohl
mehr geschadet als genützt haben. Die schlimmste
Zeit war der Sommer. Die Hitze verschärfte das
Jucken und die Schmerzen. Ich hatte schlaflose
Nächte, in denen ich kaum das Stöhnen unterdrücken
konnte. Morgens erschöpft von der Folter, konnte ich
ein wenig einschlafen. Aber vierzig Jahre hindurch
gelang es mir nie, eine Nacht durchzuschlafen, ja
nicht einmal mehrere Stunden.
Tagsüber mußte ich
hinaus zur Feldarbeit. Ich hatte einen Sohn im
Seminar, und die Pension mußte bezahlt werden. Auch
der Jüngere hatte zu studieren angefangen, er wollte
Arzt werden. Wir konnten uns das eigentlich gar
nicht leisten, aber ich wollte seinen Träumen nicht
im Weg sein. Darum mußte schwer geschafft werden, um
das nötige Geld beizubringen. Die Feldarbeit, bei
der die Wunden dem Staub und der Sonne ausgesetzt
waren, vermehrte die Schmerzen und verschlimmerte
die Krankheit. Während des Sommers verlor ich die
Nägel an den Zehen und oft auch die
Fingernägel. Die Aufschwellung des Gesichtes und
die Wunden verschlossen mir die Augen, so daß ich
oft nicht mehr sehen konnte. Einzig der Glaube an
Gott hat mir geholfen, all das zu überstehen. Wenn
ich heute daran zurückdenke, dann begreife ich
nicht, wieso ich das überlebt habe, ohne verrückt zu
werden.
Als mein Sohn Arzt
geworden war, begann er sich meines Falles
anzunehmen.
Er brachte mich zu
Spezialisten, ließ mich in den
Krankenhäusern unterbringen, aber kein Doktor konnte
mir irgendeine Linderung verschaffen. Ich kam immer
im selben Zustand nach Hause. Während der letzten
Jahre kam dann noch die Zuckerkrankheit hinzu, und
so war jede Hoffnung dahin, daß meine Wunden sich je
schließen und heilen würden. Eines Morgens entdeckte
die Pflegeschwester, daß sich von meinen Füßen
Fetzen von Fleisch ablösten. An den Händen zeigten
sich bald die gleichen Erscheinungen. An den
Fingerspitzen konnte man die Knochen sehen. Alles in
allem, ich war wie eine Aussätzige, und ich konnte
mich nicht mehr vor die Tür wagen.
Im September 68
besuchte mich ein Bruder vom Orden des hl. Kamillus,
den ich kannte; er wohnte im gleichen Ort. Mich in
dieser schrecklichen Lage zu sehen, ging ihm so zu
Herzen, daß er kaum ein Wort hervorbrachte. Ein paar
Tage später, dann schickte er mir ein Fläschchen
Wasser und ließ mir sagen, daß es wundertätiges
Wasser von der Madonna von
Montichiari
sei. Davon hatte ich
nie etwas gehört, aber da ja alle Mittel versagt
hatten und das Leiden unerträglich war, entschloß
ich mich, es zu versuchen.
Am Abend vor dem
Schlafengehen goß ich das Wasser auf die Wunden an
den Beinen, auf das Gesicht und die Hände. Dann
legte ich mir die Verbände wieder an und ging zu
Bett. Ich war darauf gefaßt, die Nacht wie gewohnt
zu verbringen, halb wahnsinnig von dem Jucken und
Beißen. Aber nein, ich weiß nicht, wie es geschah,
ich schlief ein und erwachte vom Klang des
Aveläutens. Ich setzte mich auf. Es war das
erste Mal seit 40 Jahren, daß ich die Nacht in
tiefem Schlaf verbrachte. Ich weckte meinen Mann
und sagte ihm, was passiert war. “Ich fühle mich
besser”, sagte ich ihm, “ich will aufstehen und zur
Messe gehen”. “Du gehst mir nicht aus dem Bett”,
erwiderte er. “Du weißt doch, daß du dich nicht auf
den Beinen halten kannst.” Aber ich wollte
aufstehen. Eine geheimnisvolle Macht trieb mich dazu
an. Ich setzte die Füße auf den Boden und richtete
mich auf. Ich fühlte mich wo hl. Mein Mann sah
verwundert zu mir auf. Ich kleidete mich an und ging
in die Kirche zur ersten hl. Messe.
Ich fühlte, daß etwas
Seltsames in mir vorgegangen war. Ich konnte es kaum
erwarten, nach Hause zu kommen und meine kranken
Beine anzusehen. Die Messe war eben zu Ende, da zog
ich mich auf mein Zimmer zurück und nahm die
Verbände ab.
Mit ungeheurem
Staunen sah ich,
daß die Wunden
fort waren, die Verletzungen vernarbt, der Eiter,
das Blut, der Gestank, alles war weg. Ich
nahm die Binden auch von den Händen und Armen und
stellte die gleiche wunderbare Heilung fest. Ich
ging vor den Spiegel und sah, daß auch das Gesicht
ganz normal war. Ich rief meinen Mann und meinen
Sohn, und auch sie stellten voll Erstaunen fest, was
geschehen war. “Es war die Madonna, es ist ein
Wunder”, so wiederholte ich immer wieder, aber ich
konnte nicht begreifen, daß so etwas mit mir vor
sich gegangen war.”
Oliva Sudiro ist mit
ihrer Geschichte zu Ende; sie zeigt mir ihre Hände
und ihre Arme. Sie sehen völlig normal aus. Auch ihr
Gesicht ist frei von jeder Spur der furchtbaren
Flechte, die es vierzig Jahre hindurch entstellt
hat.
P. Hermes, “Der Fels”
1/1971
Die Mutter trocknet
die Tränen
Mariens Mutterliebe
gehört allen. Wenn sie nach dem Willen Gottes auch
nur einzelne Wunderheilungen - aller Welt sichtbar -
im Namen ihres Sohnes wirkt, so ist sie doch die
große Schmerzensheilerin und Trösterin.
Wie viele Tränen hat
die Mutter der Barmherzigkeit, die Helferin der
Christenheit schon getrocknet! Wieviel trocknet die
beste aller Mütter Tag für Tag; trocknet die Tränen,
die wir in heißer Liebe nach Gott weinen. Sie sind
die wertvollsten. Und gleich nach ihnen kommen jene
Tränen, die wir aus ebenso brennender Liebesreue
vergießen gleich Magdalena am Stamm des Kreuzes. Und
dann kommen die Tränen des Mitleides mit der Not des
Nächsten, die Tränen der Trauer über gottgefügte
Trennung. Und nicht zuletzt trocknet sie mit gütiger
Mutterhand unsere Tränen der Ratlosigkeit, der
irdischen materiellen Not, der Heimatlosigkeit, des
Kummers, ja, der Verzweiflung. Sagt nicht die beste
aller Mütter auch zu uns: “Kind, von nun an heilt
es.” - Hast nicht auch du es schon erfahren?
Das Lourdes-Erlebnis der Fürstin von
Monaco
Sie hat eine
märchenhafte Karriere gemacht und gehört zu den
berühmtesten und meist beachteten Frauen unserer
Zeit. Aber wenn man Monacos Landesmutter Gracia
Patricia fragt, welches ihr schönstes, ihr frohestes
Erlebnis war, dann erwähnt sie nicht ihre Hochzeit
oder die Geburt ihrer drei Kinder Carolina, Albert
und Stefanie, sondern sie sagt: “Ich bin
glücklich und dankbar dafür, daß ich die Heilung von
Anna Spainani erleben durfte.” Die streng
gläubige Katholikin Patricia erinnert sich gerne
daran, was sie für die hübsche dunkelhaarige
Französin tun konnte.
Die 18-jährige Anna
Spainani war vergnügt und lustig, als sie im Sommer
1960 mit ihrem Verlobten zu einem Ausflug startete.
Auf einer schnurgeraden Straße geschah das Unfaßbare
in Sekundenschnelle: Ein Lastkraftwagenfahrer verlor
die Kontrolle über sein Fahrzeug. Er prallte auf das
Motorrad von Anna und ihrem Verlobten auf.
Während die Ärzte im
Spital um das Leben der Vollwaise rangen, wurde ihr
Bräutigam zu Grabe getragen. Er war den schweren
Verletzungen erlegen. Als Anna Spainani schließlich
aus dem Krankenhaus entlassen wird, ist sie ein
gebrochener Mensch. Man hat sie gerettet, aber sie
weiß nicht, wofür. Der Mann, den sie liebte, ist
tot. Und sie wird sich nie mehr richtig bewegen
können. Sie ist von den Hüften ab gelähmt.
Völlig verzweifelt findet sie Aufnahme bei ihrer
Schwester in Cap d'Ail an der Cote d'Azur.
Schließlich wird sie in die Poliklinik “Prinzessin
Cracia” in Monte Carlo eingeliefert, wo man hofft,
ihren Zustand durch intensive Heilgymnastik bessern
zu können. Acht Monate bemühen sich die Spezialisten
um das junge Mädchen, dann geben auch sie auf.
Sie können Anna nicht
mehr helfen.
Und sie sagen ihr das
auch. “Wenn Sie jemals wieder laufen können, dann
muß wirklich ein Wunder geschehen...” Anna ist zwar
religiös, aber auf Wunder wagt sie nicht zu hoffen.
Sie verläßt das Haus ihrer Schwester und zieht in
ein Heim. Jeden Tag läßt Anna sich von den
Schwestern in die Kirche von Notre-Dame von Laghet
bringen, um die hl. Messe mitzufeiern.
Die Wende kündigt
sich am 20. Mai 1961 an. Pater Guichardaz zelebriert
wie üblich die Messe, als einer schlanken, blonden
Frau das junge Mädchen im Rollstuhl auffällt. Jene
ist die Fürstin Gracia Patricia, die unerkannt am
Gottesdienst teilnimmt. Als die Gläubigen das
Gotteshaus verlassen, geht sie auf Anna zu und
erfährt vom traurigen Schicksal des Mädchens. Sie
fragt, wie es ihr gehe, und Anna erwidert, was ihr
die Ärzte gesagt hatten: Daß sie nie mehr ein
normales Leben führen und nie mehr normal werde
gehen können. Es sei denn, ein Wunder käme. “Waren
Sie schon in Lourdes; Anna?”
“Ich auch nicht,
Anna. Aber wir werden beide in diesem Jahre eine
Wallfahrt nach Lourdes machen. Wir wollen beide
beten und ein Wunder erhoffen. Und zu den Schwestern
gewendet sagt sie: “Bitte, veranlassen Sie das
Nötige, damit Anna mit nach Lourdes kommt. Die
Kosten trage ich.” Anna ist überglücklich, sie hat
schon oft von Wunderheilungen in Lourdes gehört.
Aber solche Wunder sind selten, äußerst selten.
1. Juli 1961: Der
Wallfahrtszug aus Monaco trifft auf dem Bahnhof in
Lourdes ein. Anna Spainani wird mit einem
Strecksessel aus dem Zug getragen, wie zwei Dutzend
andere auch. Man führt sie alle gleich zur Grotte,
man badet sie in den Piszinnen, und sie nehmen am
Gottesdienst teil. Anna ist müde von der Reise und
schläft an diesem Abend rasch ein.
Fürstin Gracia konnte
nicht mit dem Wallfahrtszug mit nach Lourdes kommen,
weil sie zu Besuch in Philadelphia bei ihrer Mutter
weilte. Aber sie richtete es so ein, daß sie einen
Tag darauf, am Morgen des 2. Juli in Lourdes
eintrifft. Sie begibt sich sofort zu Anna Spainani
und trifft sie bei der Grotte von Massabielle.
Am Nachmittag des
gleichen Tages ist noch eine Andacht, und während
des Gebetes spürt Anna eine eigenartige Wärme
in ihren Gliedern. Als man sie wieder wegführen
will,
steht sie auf und
geht
unter maßlosem
Staunen aller langsam dem Ausgang zu. Ganz allein.
Vor dem Ausgang wendet sie sich noch einmal dem
Altar zu, kniet nieder und betet. Tränen laufen ihr
über die Wangen. Der erste Weg führt Anna in das
Hotel der Fürstin Gracia. Sie wird von einer
Schwester des monegassischen Hilfswerkes “Bonnes
soeurs” begleitet.
Als Gracia sie
erblickt, aufrecht stehend, ohne Krücken, eilt sie
ihr entgegen und schließt sie in die Arme. Auch sie
kann nicht verhindern, daß ihr die Tränen über die
Wangen laufen. “Man darf im Leben nie verzagen, nie
verzweifeln”, sagt ihr Gracia leise, aber strahlend
vor Freude. - Heute ist Anna verheiratet und
glückliche Mutter zweier gesunder Kinder. Sie
erfreut sich bester Gesundheit. “Neue Bildpost”
42/1970
Maria ist eine immer
helfende Mutter, aber erschütternd ernst ruft sie an
all ihren Erscheinungsorten zur Buße und Umkehr. Die
Zeit der Leichtfertigkeit im Glauben müßte endlich
aufhören! Wer jetzt noch schläft, hat den Weckruf
Gottes verschlafen und verschläft seine eigene
Seligkeit.
Gottes Vaterhand über der
Zirkusmanege
Rex, der große
Berberlöwe, riß gerade in dem Augenblick seinen
Rachen grollend auf, als der Pater den
Weihwasserwedel zu seinem Käfig hinüberschwingen
ließ. Der Wärter mußte lachen. Rex bekam den
Tiersegen mitten in seinen Schlund. Der Wärter hielt
es für eine ganz überflüssige Zeremonie, die Tiere
zu segnen, aber der Zirkusdirektor war dem
Geistlichen entgegengekommen. Heute Abend - eine
Stunde vor der Vorstellung - sollte für die
Zirkusleute auch noch eine Maiandacht gehalten
werden. Auch Zirkusleute, die nicht katholisch
waren, hatten aus Kameradschaft zugesagt. Als der
Pater mit dem Segnen der Tiere fertig war, wandte er
sich zum Wärter: “So - und nun eine Frage für heute
Abend. Hat jemand von Euch ein gutes Marienbild für
den Altar?” Der Wärter kratzte sich verlegen den
Kopf. Als der Pater schon verzagen wollte, kam eines
der Kinder einer chinesischen Artistenfamilie
gerannt. Ja, sie hatten ein großes Madonnenbild. Der
Pater lief mit zum Wohnwagen. Es war ein Bild der
Muttergottes auf der Flucht nach Ägypten.
Am Abend, als der
noch leere Zeltraum im hellen Licht der Scheinwerfer
aufstrahlte, gingen Rufe der Bewunderung durch die
Reihen der Zirkusleute. Inmitten der Manege, wo sie
sonst ihre Kunststücke vorführten, war ein Maialtar
aufgebaut. Unter Kerzen und Blumen stand das
Madonnenbild. Dann erschien der Pater und machte das
Kreuzzeichen. Und er begann: Ich wüßte kein besseres
Bild für diesen Platz, als diese Gottesmutter auf
der Flucht. Auch sie mußte damals ein ganz
abenteuerliches und gefährliches Leben führen. Auch
sie war bedroht von wilden Tieren, von Löwen, deren
Geheul sie in den Nächten aufschrecken ließ. Ich
glaube, daß es keine Kleinigkeit war, das hilflose
Gotteskind durch Wüstenglut und Gefahren zu tragen.
Aber sie wußte sich in Gottes Hand. Die Madonna hat
volles Verständnis für Euren schweren Beruf. Sie war
ja auch mit dem Kind und mit Josef in großer Gefahr
- aber sie konnten trotz allem beruhigt sein, denn
der Gottessohn war bei ihnen, Gott selbst als Kind
auf dem Arm der Mutter Maria.
Die Zirkusleute sahen
auf
Kein Laut war mehr zu
hören. Aber plötzlich ging eine Unruhe durch die
Zuhörer. Habe ich schon zu lange gepredigt? So
dachte der Pater. Doch ruhig sprach er weiter.
Jetzt waren sie
regungslos wie erstarrt - er merkt nun, daß einer
von ihnen aufstand, langsam in die Manege kam und
sich seitlich niedersetzte. Der Pater achtete nicht
darauf. Aber merkwürdig, alle starrten in die
gleiche Richtung. Endlich machte er groß das
Segenskreuz, dann forderte er sie auf zu singen:
“Maria Maienkönigin”. Sie standen auf - lautlos -,
aber niemand sang. Er stimmte an und sang einsam und
allein: “O segne seinen Anbeginn und uns zu deinen
Füßen!” Die Menschen standen wie gebannt, als gäbe
es die atemberaubenste Vorstellung. Er wandte sich
um und betete: “Sei gegrüßt, o Königin!” Endlich
beteten einige mit. Und plötzlich am Schluß:
Händeklatschen, Trampeln, Pfeifen.
Die Lichter flammten
auf, sie stürmten zu ihm in die Manege; erst
schrieen sie durcheinander, daß er gar nichts
begriff. Dann nahm ihn der Direktor am Arm und
zeigte ihm die Stelle, an der fast die ganze Zeit
seit Beginn der Maiandacht der Berberkönig gehockt
hatte: Rex, der ihn nicht aus den Augen gelassen.
Aus unerklärlichen. Gründen war er aus seinem
Käfig entkommen. Er hatte seinen alten Platz in
der Manege eingenommen, wie bei der Vorstellung,
aber kein Dompteur war zugegen, ihn in Schach zu
halten. Den Pater zu warnen, wäre unmöglich gewesen.
Ein unbedachter Schreckensruf hätte alles verdorben.
Und darum war der Wärter in die Manege gekommen, um
im Notfall den Löwen zu erschießen. Gerade, als der
Pater sein einsam gesungenes Marienlied beendete,
hatte Rex sich langsam gewendet und war
hinausgetrottet. Er ging selber in seinen Käfig
zurück.
Nun sprachen sie alle
begeistert mit dem Priester ein Dankgebet. Sie
hatten erlebt, daß die Vaterhände Gottes über der
Zirkusmanege gebreitet waren und der Segen der
Mutter mit dem göttlichen Kind die große Gefahr
gebannt hatte.
Aus: “Liebfrauenbote”
1971
Einen großen Engel zur Seite...
Wir haben eine
Mutter, wir haben einen Schützerengel. Gottes
sorgende Vaterliebe gibt dem einzelnen Menschen
einen Seiner seligen kraftgewaltigen Geister zu lebenslangem Geleit. Jedes von uns hat seinen
persönlichen Schutzengel, der wie ein Licht der
Liebe Gottes um uns ist. So spricht der Vatergott:
“Siehe, Ich sende Meinen Engel, daß er vor dir
herziehe, dich auf dem Weg behüte und dich an den
Ort führe, den Ich bereitet habe!” Mit diesen Worten
ist auch schon die große einmalige Aufgabe unseres
Engels umrissen. Der gefährliche Gegenspieler ist
der Teufel: Er geht umher wie ein brüllender Löwe,
jeden zu verschlingen; er ist wie ein hinterhältiger
Wegelagerer. Der hl. Engel wehrt machtvoll allen
satanischen Schlichen und Angriffen; er vermittelt
das wundersame Licht der Erkenntnis Gottes; er lehrt
uns die hl. Anbetung. Das Wirken unseres hl. Engels,
der immerzu in das Antlitz Gottes schaut, hat nur
eine Grenze, die er nach dem Willen Gottes nicht
überschreiten darf: das ist unser freier Wille. Wir
können an unseren Engel glauben, ihm vertrauen, ihm
folgen oder - auch nicht. Gott überläßt uns die
freie Entscheidung. Welch ernste Verantwortung aber für uns!
Er hat Seinen Engeln befohlen...
Mein Erlebnis mit
den hl. Engeln Meine beiden Brüder standen 1941/45 auf verschiedenen Kriegsschauplätzen -
zuletzt mehrere Jahre
in Rußland. Der Jüngste, um den es in diesem Bericht
geht, war in Reschow und hatte Moskau im Rücken. Die
Nachrichten wurden immer weniger. Ich fing eine
Novene an zu ihren hl. Schutzengeln und zu allen
Engeln derer, die um sie sind, ja zu allen Legionen
des Himmels. Das Kind des Jüngsten war 1944 gerade 4
Jahre alt. Auch diesem Kind lernte ich die Bitten zu
den Engeln an. Ich erinnerte es mehrmals am Tage zu
rufen: Lieber Gott, schicke alle Deine Englein
herunter, daß sie den Krieg ausfechten und meinen
Papa beschützen!
Der Krieg war vorbei,
die Brüder noch nicht da; ich betete mit dem Kind
immer noch in dieser Meinung. Ende Juli 1945 war ich
mit dem Fahrrad von Regensburg in Richtung
Neuburg/Donau unterwegs. Als ich vor Ingolstadt die
Autobahnunterführung durchfuhr, schoß mir
plötzlich der Gedanke durch den Kopf: hier auf
dieser Autobahn aus Richtung Nürnberg kommt
heute noch Hans. Ich stieg vom Rad und wartete.
Der Gedanke wurde immer sicherer, ich glaubte fest
daran. - Und er kam. Genau aus dieser
Richtung, auf dieser Autobahn, an diesem Tag. Ein
Ami-Lkw nahm ihn und noch einen Kameraden mit und
setzte die beiden hier vor Ingolstadt ab.
Es vergingen 10 Jahre
Ich war wieder einmal
auf Besuch bei meinem Bruder. Er erzählte vom Krieg
und sagte, ein Erlebnis gehe ihm nicht aus dem Kopf,
es sei ihm unerklärlich bis heute. Er war die ganze
Nacht auf Melderitt und kam am Morgen zurück, aber
seine Einheit war nicht mehr da. Müde setzte er sich
an den Wegrand, neben ihm sein Pferd. Plötzlich
schreckte ihn ein fürchterlicher Lärm. Er sprang
auf, vor ihm ca. 5 Meter entfernt rollten
mehrere russische Panzer und blieben vor ihm stehen.
Zu Tod erschrocken, sprang er auf sein Pferd und
erwartete den Todesschuß. Das Pferd galoppierte ab,
er ließ es laufen, wohin es lief; er hatte ja keine
Ahnung, wo seine Einheit inzwischen lag. Kein Schuß
fiel. Kilometerweit war kein deutscher Soldat mehr zu sehen; das
Pferd lief weiter; er konnte ihm keine Richtung mehr
geben. Und das Pferd lief genau dorthin, wohin sich
seine Einheit während der Nacht abgesetzt hatte.
Nach stundenlangem Ritt kam er bei ihr an. Alle
wunderten sich über seine Rückkehr. Während er
abwesend war, war der Befehl gekommen: absetzen,
jeder rette sich wie er kann!
Dann schaute mich mein
Bruder an und sagte, warum haben die nicht geschossen? -
Mich durchschauerte es, ich erfuhr nach 10 Jahren, warum
die nicht geschossen haben. - Täglich, bis zum heutigen
Tag, danke ich den hl. Engeln für diese auffallende
große Hilfe und P. Gerard, der mir diesen großen
Engelsglauben gab, danke ich es über das Grab hinaus.
20. 1. 1971, L. B.
Das Engelbild der Großstadt
Es stand gerade im
September im Fenster, und die Leute blieben davor
stehen. Am meisten aber drängten sich dort die
Kinder, die nicht gefesselt waren vom hohen
künstlerischen Wert des Gemäldes, sondern von der
Art seiner Darstellung. Entgegen der herkömmlichen
Weise hatte der Maler der Jetztzeit den Schutzengel
nicht figürlich dargestellt, etwa mit wehendem
Gewand und langen Locken, sondern er ließ ein Kind
mitten durch das Verkehrsgewühl der Großstadt
wandern, klein und hilflos unter rasenden Autos,
Straßenbahnen, Motorrädern, während sich um die
verlorene winzige Menschengestalt zwei schimmernde
Fittiche spannten.
Lange war die Rede
von dem Gemälde, und die Kinder standen andächtig
davor. Auch das Kind des glaubenslosen M. Brandler
fand sich ein und staunte. Und weil es - getreu den
Grundsätzen seines Vaters - eine nichtkonfessionelle
Erziehung erhalten hatte, wußte es als einziges
unter Hunderten nicht, was das Bild darstellte. Wie
Kinder sind, wurde es ausgelacht von seinen
Gespielen. “Das weißt du nicht mal? Das ist doch der
Schutzengel!” Nein, Ingrid wußte nicht, daß sie
einen Schutzengel hatte. Sieben Jahre war sie alt
geworden und hatte noch nie etwas von Engeln
vernommen. Beruhigend nahm ihre kleine Freundin
Annemarie ihren Arm. “Ach, sei nur nicht traurig,
Ingrid, du hast bestimmt auch einen Schutzengel,
wenn du das auch nicht weißt. Meine Mutter sagt,
alle Kinder haben einen Schutzengel.” Und wie es so
geht, erzählte das Mädchen der aufhorchenden Kleinen
von allen wundersamen Begebenheiten, die Erwachsene
den Kindern zu sagen pflegen, wenn sie nach dem
Schutzengel fragen. Eine Woche später kam Brandler
aufgeregt zum Vater der kleinen Annemarie: “Hören
Sie, ich verbitte mir ein für allemal, daß ihr Kind
meiner Kleinen alberne Flausen in den Kopf setzt.
Schutzengel!
Mein Kind braucht
keinen Schutzengel,
verstehen Sie mich?”
- Der andere sah ihn ruhig an; einen Schimmer von
Lächeln in den Augen. “Ich höre nur heraus, daß
Ihnen der Umgang Ihrer Ingrid mit Annemarie nicht
recht ist. Ich werde mich darnach richten und dem
Kind Bescheid sagen. Ob aber Ihre Kleine einen Engel
braucht oder nicht, das können Sie gar nicht
beurteilen.” Der Atheist hatte bereits die Türklinke
in der Hand. “Sie können einem leid tun, total
pfäffisch verdummte Welt!” Er schlug die Tür zu. Das
Schutzengelfest war schon vorüber, und das Gemälde
stand immer noch aufreizend im Fenster. Brandler sah es jeden Abend
mit einem grimmigen Blick an, wenn er von der Arbeit
heimkehrte. Wenn man nur Geld gehabt hätte, es
aufzukaufen und dann zu vernichten! Aber es war
teuer! Er kam an die Biegung, wo die Verkehrsampel
hing. Rot-gelb-grün, man durfte vorübergehen. Schöne
Einrichtung, das, wozu also Schutzengel? Total
überflüssig! - Aber - was war denn das? Ober allem
Verkehrsgewühl plötzlich eine helle, durchdringende
Stimme: “Vaatii! Hallooh, Vati!” Da stand doch
Ingrid oben im Fenster des dritten Stockwerks und
winkte! Sie hatte heute den ganzen Tag Ausgehverbot,
weil sie doch wieder mit Nachbars Annemarie
zusammengesteckt hatte. Er hob die Hand, gleich
würde er bei ihr sein. Nicht soweit hinauslehnen,
Ingrid! Was machte sie denn? Sie stand auf der
Fensterbank, beugte sich herab, als wollte sie
ihm entgegen.
Dann schrie er auf,
daß einen Moment sogar der rasende Verkehr der
Kreuzungsstrecke stockte - und wandte sich ab,
hielt sich taumelnd die Augen zu. - Ingrid,
sein Kind, war im hohen Bogen aus dem Fenster des
riesigen Mietshauses gestürzt - ohne Zweifel
zerschmettert. Der Mann stöhnte in sich hinein. - Da
legte sich ihm plötzlich ein Arm um die Schulter,
und die verhaßte Stimme seines Nachbarn sagte mit
einem seltsamen Beben:
“Schauen Sie doch,
sie lebt ja!”
Vater Brandler hob
mit einem Ruck den Kopf. Sah er am hellen Tag
Gespenster? - Noch benommen von dem Sturz aus
solcher Höhe, im übrigen aber unversehrt, richtete
sich sein Kind vom Pflaster auf und strich sich die
Kleider glatt. Das Sonnendach eines
Lebensmittelgeschäftes hatte die Wucht des Sturzes
abgefangen, und die Kleine war im wesentlichen mit
dem Schrecken davongekommen. Sie eilte auf ihren
Vater zu. Nein, es war kein Traum. Sie umklammerte
ihn schon. Er riß die Kleine hoch. “Ingrid, Ingrid!
Das ist nicht möglich! Bist du unverletzt,
Liebling? Es muß dir doch etwas wehtun, ganz
sicher, du spürst es nur nicht.” Die Kleine hatte
ihre alte Fröhlichkeit schon wieder. “Nur hier am
Arm und da am Bein tut es mir etwas weh, aber das
ist nicht so schlimm.” Der Vater sah sich die
Stellen an und konnte auch nur einige Schrammen und
Prellungen feststellen. Ungläubig schüttelte er den
Kopf. - Da sagte die Kleine: “Ich hab doch einen
Schutzengel! Hast du ihn nicht gesehen?
Ich aber, Vati, schon; er war wie lauter Licht und
hat mich getragen!” - Der Vater merkte gar nicht,
daß sein Nachbar seinen Arm genommen hatte. Erst vor
der Tür, als ihn das Kind erneut mit Fragen
bestürmte, ob es nun wieder mit Annemarie spielen
dürfe, kam er zu sich, sah den Nachbar an und sagte
rauh: “Wenn sie es erlauben, daß Ingrid...”
“Natürlich”, sagte dieser, “ich hatte nie etwas
dagegen. Es sind ja Kinder und” - er lächelte wieder
- “Ihre Weltanschauung wird ja meine Annemarie nicht
von Ihrer Kleinen lernen, denke ich?” - Der Atheist
sah zu Boden: “Weltanschauung?” murmelte er,
“darüber reden wir nochmal miteinander. Es
gibt was zu revidieren...”
- Augsburger katholische
Kirchenzeitung 1953, Nr.36
Eine Frage: Was hast
du für ein Bild
für eine Vorstellung
vom Engel? Weißt du, daß jeder Engel mit großer
Inbrunst bittet für den Bruder-Mensch, für den Sein
Herr und Gott vom Himmel herab in den Staub der Erde
und ans Kreuz stieg? Stehst du mit deinem Engel “Du
auf Du”? Dann wirst du lernen, so wie er, dein Auge
nie vom Vater im Himmel zu lassen, dann wirst du
lernen, jeden Tag und jede Stunde, dir die Kraft von
Gott zu holen, die du auf deiner Erdenwanderung
brauchst. Täuschen wir uns nicht über die Macht der
Engel! Wenn sie auch unsichtbar sind, sie sind da,
sie sind ganz nah. Wir werden sie nur betend auf den
Knien erfassen lernen.
Ein großer Trost für
die Kranken
Ergreifend schreibt
ein gottseliger Mensch: “Der himmlische Vater
schickt an jedes Krankenbett den hl. Engel der
Kranken mit seinen Helfern. Er füllt die Einsamkeit
des Krankenstübchens mit stillen, himmlischen
Freuden und Tröstungen; am Schmerzenslager bringt er
den beruhigenden, erlösenden Schlaf. Keine Ungeduld
des Krankenlagers stößt ihn fort, kein Jammer wird
ihm zuviel. Er dient in der Stille, und niemand
dankt ihm. Immer ist er da, wo die Not und der
Schmerz zu Gott aufschreien. Merke es dir, Seele,
und denke daran, daß du nie allein bist in solchen
Stunden! Der Engel der Kranken ist bei dir.
Immer mehr Aberglauben...
Der alte Spruch
bleibt wahr: “Jagst den Glauben zur Tür hinaus,
er kommt als Aberglauben zum Fenster herein.”
400 amerikanische
Hexenzirkel sind der 45-jährigen Hexenmeisterin
Sybil Leek hörig. Diese verschreibt Reinigungsbäder
in Salzwasser, geheimnisvolles Gemurmel, Tanz auf
Besenstiel am Sabbat.
250000 Amerikaner
lassen sich für je 20 Dollar durch einen
IBM-Computer die Zukunft aus den Sternen lesen. Von
den 1750 US-Zeitungen bringen 1200 täglich Horoskope
(vor 20 Jahren waren es nur 100 Tageszeitungen).
Geschäftsleute beuten die Dummheit der Menschen
gründlich aus. Ein New-Yorker Astrologe gibt
Börsentips: 1000 Dollar pro Tip. Die Wahrsagerin
Jeane Dixon verkaufte ihr Buch zu 300 000
Exemplaren. Die geschäftstüchtige Sybil Leek gibt
gar ein “Astrologisches Kochbuch” heraus.
Als die Astronauten
von Apollo 12
ihre Mondreise
antraten, mußten die NASA-Behörden zehn Mitglieder
der amerikanischen Astrologen-Föderation nach Cap
Kennedy einladen. Zum Glück hatte der Sprecher der
NASA-Behörden den guten Geschmack zu erklären: “Wir
haben es zugelassen, nicht etwa um die Sterne
günstig zu stimmen, sondern nur weil sie es
wünschten.” Ist es nicht erschütternd, daß gerade
heute, wo der Christenglaube immer mehr im
Schwinden ist, der Aberglaube in Stadt und Land
immer mehr Boden gewinnt. Auch ein Sieg Satans! Wer
an den guten Vatergott glaubt, braucht kein
Horoskop, kein “Lesen” aus den Sternen, braucht
keine Geisterbeschwörung (Spiritismus). - Ergreifend
sagte eine Blinde und Gelähmte unserer Tage (erst
dreißig Jahre alt), als man sie fragte, ob sie sich
vor einer zweiten schweren Gehirnoperation fürchte:
“Nein! Denn die Entscheidung über Leben oder
Heimgang liegt bei Gott und Seinem hl. Ratschluß.
Auch diese Operation ist Gottes Wille. Er sorgt für
alles. Ich bin Sein.”
Gottes Vatersorge in meinem Leben
Folgender
ausführlicher Bericht des Buchschreibers ist in
Dankbarkeit der großen Leserfamilie im In- und
Ausland gewidmet.
Die eindrucksvollste
Predigt, die ich je als Kind gehört und die ich als
fast 70-jähriger noch in guter Erinnerung habe, hat
mir mein Vater gehalten. Das war anfangs September
1914 zu Beginn meines Studiums. Es war ein einziger
Satz, den er mir zurief, aber die begleitenden
Umstände waren das Entscheidende dieser Predigt. Als
Bauer eines größeren landwirtschaftlichen Betriebes
stand mein bereits 45-jähriger Vater von früh bis
spät mitten in der Arbeit. Es war eine
kräftezehrende Arbeit, damals noch fast ohne jede
maschinelle Hilfe; dazu waren die Knechte bereits
zum Kriegsdienst eingezogen. Alles lastete auf
seinen Schultern.
Der Vater stand
gerade mitten auf dem Düngerhaufen, um eine Fuhre
Mist aufzuladen, als ich ihm zurief: “Vater, jetzt
muß ich auf den Bahnhof, es ist Zeit zum Fahren,” Er
winkte mir zu und sagte: “Behüt dich Gott, Bub!”
Dann schaute er mich ernst und nachdenklich an und
fügte jedes Wort betonend hinzu:
“Da - ist die -
Miststatt”
(Er meinte den
Düngerhaufen.) - Kein Wort mehr noch weniger. Ich
habe den Vater sofort verstanden, gut verstanden,
was er sagen wollte: “Schau, wie ich mich plagen
muß, in diesem Mistdreck hier, noch dazu jetzt ohne
Knechte, ohne Hilfe. Ich laß dich gerne ziehen, aber
plage und mühe auch du dich; wenn du nicht lernen
willst, wenn du beim Studium nicht folgen willst,
dann wartet auf dich die Miststatt, das heißt die
schwere, bäuerliche Arbeit - nichts anderes. - Dies
alles hörte ich aus diesen kurzen Abschiedsworten
heraus. Oft in meinem Leben habe ich an diese
eindrucksvolle Szene gedacht.
Wie bin ich meinem
Vater von Herzen dankbar gewesen, daß er so streng
war, daß er aber auch das Jawort zu meinem Studium
gegeben und in jenen schweren Jahren seine Kraft
doppelt einsetzte, ja sich förmlich aufrieb. Im
besten Mannesalter, erst 53-jährig, ist er
gestorben. Es war im August 1922, nachdem ich kurz
zuvor mein Abitur gemacht hatte. Das Gebet meiner
guten Mutter, meiner beiden edlen Großmütter,
aber auch das Opfer meines Vaters erlangte mir von
Gott die große Gnade des Priestertums.
Auch ich durfte meinen Opferanteil leisten, da ich
in den letzten Jahren meines Theologiestudiums an
einem hartnäckigen Kopfleiden litt, und kaum mehr
glaubte, ans Ziel zu kommen. Ich empfahl mich damals
ganz besonders der Fürbitte der lieben Gottesmutter,
der Mutter aller Priester und derer, die es werden.
Und wirklich, ich durfte am 29. Juni 1927 im Dom zu
Regensburg die hl. Priesterweihe empfangen und am
14. Juli in meiner Heimat Langquaid das Primizopfer
feiern.
Welch unverdiente,
höchste Gnade,
für die ich jeden Tag
meines Lebens dankbar war und heute noch dankbar
bin; eine Gnade, die mich reich beglückte trotz
mancher Opfer und Leiden. Ich würde wieder Priester
werden, wenn ich zu wählen hätte und zwar im Sinn
der kirchlichen Vorschriften, wieder
ein zölibatärer Priester mit Leib und Seele.
Priester sein heißt
ja: kraft des hl. Weihesakramentes Anteil haben am
Amt des höchsten und ewigen Priesters Jesus
Christus, heißt in Ihm und mit Ihm das heiligste
Opfer darbringen dürfen, Seine hl. Sakramente
spenden, Seine Wahrheit verkünden und Seinen Segen
verströmen. Priester sein heißt: Sich ganz und gar
Christus zur Verfügung stellen in liebender
jungfräulicher Hingabe an Ihn und Seine Sache,
heißt: sich mühen, jeden Tag von neuem Ihm ähnlich
zu werden in der Gesinnung, im Seeleneifer, in der
Bereitschaft zum Opfern und Leiden. Christus will ja
im Priester weiterleben und weiterlieben, so daß die
Menschen zur Überzeugung gelangen, in ihm dem Herrn
selber zu begegnen. Ewig Dank für die Gnade des
Priestertums! Wie bin ich dem Vater im Himmel
dankbar gewesen, daß sich nach Abschluß meiner
Studien mein Leiden so besserte, daß ich sofort meinen ersten Priesterposten
in der
Diaspora-Pfarrei Marktredwitz antreten konnte
und mitten in eine reiche seelsorgerliche Tätigkeit
hineingestellt wurde. Ich erinnere mich, daß wir
zwei Kapläne neben dem Stadtpfarrer und dem
Religionslehrer, ein gerütteltes Maß
seelsorgerlicher Arbeit zu leisten hatten:
wöchentlich jeder durchschnittlich zwanzig
Religionsstunden, jeden Sonntag auswärts
Gottesdienst, viele Kranken- und Hausbesuche, fast
jeden Abend Vereinstätigkeit und in jener Zeit der
Arbeitslosigkeit viele Bastelkurse bei der Jugend.
Ohne Motorrad hätten wir unsere weiten Wege kaum
geschafft. Ich denke gern und
dankbar an diesen meinen ersten Seelsorgsposten
zurück.
Auch das zähle ich zu
den großen Gnaden meines Priesterlebens, daß ich in
meinen sechs Kaplansjahren immer wieder Gelegenheit
hatte, nach Konnersreuth, der benachbarten
oberpfälzischen Pfarrei zu kommen. Dort durfte ich
in der
erschütternden Passion der Therese
Neumann
etwas von der
unendlichen sühnenden Liebe des Heilandes zu den
Seelen erahnen. An sechs Karfreitagen (1928-1933)
und auch an manchen gewöhnlichen Freitagen war ich Augen- und Ohrenzeuge ihrer Leidensekstasen.
Ich war jedes Mal tief ergriffen davon. Hin und wieder
sah ich auch Männer mit fast spöttischer Miene in ihr
Leidenszimmer eintreten, die aber
dann erbleichten, wenn sie ihr blutüberronnenes
Antlitz schauten mit dem Ausdruck tiefsten Schmerzes
darinnen. Mich zwang es hernach jedesmal auf die
Knie in der Pfarrkirche, um den hl. Kreuzweg zu
beten. Nirgendwo ist mir Leid und Sühne so
anschaulich vor Augen getreten, wie in Konnersreuth.
Crucifixus cum Christo! - Mit Christus ans Kreuz
geheftet!
Ich erlebte aber auch
die andere Therese Neumann, die überaus gütige,
fröhliche und immer herzlich Schenkende. Wenn ich
gelegentlich an einem Wochentag mit dem Motorrad zu
ihr kam, dann füllte sie mir jedesmal besorgt die
Taschen meiner Lederjacke mit Bildchen, Gebeten,
Medaillen, Ritarosenblättern und Rosenkränzen zum
Austeilen an die vielen Kranken unserer Pfarrei.
Ihre Liebe zu den Bedrängten und Leidenden war mir
jedesmal ein neuer Ansporn. Es ist eine große Gnade,
einem gütigen Menschen begegnen zu dürfen, es ist
höchste Gnade, einem wahrhaft Gottliebenden,
Gottverbundenen begegnen zu dürfen, der aus der Welt
des Heiligen lebt. Begegnungen mit diesen machen die
Seele froh.
Jede Sendung muß im Kreuz verankert
sein
Gottes väterliche
Liebe ließ mich dies als jungen Priester schon bald
erfahren. Sagte der Herr nicht: “Wer Mich liebt, der
folge Mir nach!” Ruft Gott zur Nachfolge, so ruft Er
auch zur Nachfolge im Opfer der Liebe. Wir Menschen
hören das Wort “Opfer” gar nicht gerne, wenn es uns
gilt. Daß Gottes Sohn sich für uns opfert und auch
die Menschen sich für uns opfern, das wollen wir
gerne anerkennen. Aber selber auch zum Opfer der
Liebe bereit sein? Darum geht es. Im Leiden dürfen
wir ja die größte Liebe schenken; darum immer wieder
hellhörig und aufgeschlossen dafür sein! Die
Opfer, die Gott uns auferlegt, sind immer schwerer,
als die selbstgewählten.
Es war etwas sehr
Schweres, als mir nach 6 Priesterjahren plötzlich
die Stimme total versagte. Ich brachte
kein lautes Wort mehr hervor. Der ärztliche Befund
lautete: “Stimmbandentzündung und totale Erschöpfung
- hohe Gefahr einer Stimmbandlähmung für immer.
Sofort jedes laute Sprechen unterlassen, und zwar
viele Wochen hindurch. Keine Predigt, keinen
Religionsunterricht, keine Vereinsarbeit mehr!” Ich
bekam Krankenurlaub. Er brachte wenig Besserung. Wegen des rauhen Fichtelgebirgsklimas
wurde
ich noch im August 1933 nach dem wärmeren Süden
versetzt. Der Abschied war nicht leicht. Gottes
Vaterhand führte mich neuen Aufgaben entgegen. Jede
Sendung muß stets im Kreuz verankert sein.
Der gütige Vater
half, daß ich nach einigen Monaten die Stimme wieder
voll gebrauchen konnte. War das ein Jubel, als ich
zum erstenmal wieder mächtig in den Wald hineinrufen
konnte, daß es laut widerhallte. Ich erinnere mich
noch gut an die Stelle - es war unter ragenden
Fichten hinter dem Haus Werdenfels. Der
anschließende Höhenzug gab das Echo wieder. Wie
notwendig brauchte ich die Stimme, gerade in den
kommenden Jahren der vielen Exerzitienkurse und
Einkehrtage. Guter Vater, wie muß ich Dir herzlich
danken für Deine große Hilfe! - Nachdem bereits seit
1933 die katholische Jugendarbeit von den Nazis
gewaltig gedrosselt worden war, wurden am 25. Jan.
1938 sämtliche katholischen Jugendverbände
aufgelöst, ihre Betätigung verboten, das Vermögen
beschlagnahmt und das Schrifttum untersagt. Wir
konnten uns nur noch religiös betätigen, aber das um
so mehr und um so fruchtbarer. Schon in den ersten
Monaten des Jahres 1934 reifte der Plan, unser
Jugenderholungsheim
Haus Werdenfels zu einem
Exerzitienhaus
der Diözese
auszubauen. Es war ein kühnes Unternehmen in einer
Zeit, wo die Nazis fest im Sattel saßen und ein
scharfes Auge auf uns hatten. Mit einem bergeversetzenden Vertrauen ging ich mit einigen Freunden
an die Arbeit. Erst hielten wir in der bescheidenen
Zimmerkapelle für einen kleinen Kreis unsere
Exerzitien, dann wagten wir 1934 einen größeren
Neubau. Er gelang. Pausenlos hielten wir nun ab
November 1934 in unserer neuen Christkönigskapelle
Kurse um Kurse für jung und alt. “Ihr laßt die
Betten überhaupt nicht mehr kalt werden”,
erklärte mir einmal fast vorwurfsvoll die
Generaloberin einer größeren Schwesternkongregation.
Ja, so war es. Trotzdem damals noch vieles primitiv
im Hause war - es gab anfangs nur zwei ganze
Einzelzimmer, sonst Massenquartier -, ging früh ein
Kurs aus und abends begann schon
wieder ein anderer. So ging es pausenlos fast sieben
Jahre hindurch. Wußten wir doch keinen Tag, ob nicht
schon über Nacht das Haus von den politischen
Machthabern beschlagnahmt wird. Wie viele Klöster
und Heime erlebten dies damals! Im Jahr 1938 wagten
wir sogar noch den Bau eines größeren
Wirtschaftsgebäudes mit ca. 20 Einzelzimmern und
übergaben ihn dem besonderen Schutz des hl. Michael.
Sankt Michael wachte treu! Wir mußten die Gnade
nützen zur intensiven Glaubensschulung, zur
Gewissensbildung, zum geistigen Mündigmachen,
besonders unserer jungen Leute, die scharenweise zum
Arbeitsdienst und Militär eingezogen wurden und
dauernd dem geistigen Beschuß der Gegner ausgesetzt
waren. Wir wußten: Nirgendwo werden die Seelen
geistig mehr befruchtet als in der Stille ernster
Exerzitientage.
In der Einsamkeit und
Stille
findet der Mensch zu
sich selber, findet zum Mitmenchen, findet vor allem
zu Gott. “Die Innerlichkeit ist vor allem der Ort,
wo Gott dem Menschen begegnet, zu ihm spricht und
von Ihm erfahren wird” (Wach). Selbst Nietzsche
erkannte: “Die größten Ereignisse sind nicht unsere
lautesten, sondern unsere stillsten Stunden.”
Entgegen aller Gehirnwäsche durch die Massenmedien
werden die Exerzitien nie ihren Wert verlieren, auch
nicht in unserer hektischen Zeit, wo die Menschen
kaum mehr zu sich selber kommen. Da sind Tage der
Seeleneinkehr notwendiger denn je. Und für alle
Zeiten gilt: Am Anfang jeder echten und wirksamen
Erneuerungsbewegung steht die Innerlichkeit, die
Gottverbundenheit. Nur auf diesem Wurzelgrund
wuchsen und wachsen die wirklichen Erneuerer in der
Heilsgeschichte.
Volle sieben Jahre
bis Ende September
1940 gewährte uns der gütige Vater eine intensive
Exerzitienarbeit. Die Zahl der Teilnehmer an diesen
Exerzitien und religiösen Schulungskursen betrug
jährlich viele Tausende, ebenso groß war die Zahl
der Teilnehmer an religiösen Einkehr- und
Gebetstagen.
Die Mutter unseres
Hauses, die Madonna von Werdenfels, der wir alles
anvertrauten, hielt schützend die Hand über uns. Die Engel Gottes wachten darüber, daß Spitzel,
die häufig in unsere Kurse geschickt wurden,
nichts Verdächtiges sahen und hörten. Man hätte
sofort das Haus beschlagnahmt und uns ins
Konzentrationslager gesteckt. Mehr als einmal mußte
ich bei der Geheimen Staatspolizei Rede und Antwort
stehen. Als dann im Herbst 1940 nach dem
Polenfeldzug die SS unser Haus als Durchgangslager
für volksdeutsche Umsiedler aus dem Osten
beschlagnahmte, auch dann durften wir, Schwestern
und ich, im Haus bleiben und weiterhin das
Christkönigsheiligtum, wie das Marienheiligtum am
Waldesrand, das Bischof Michael Buchberger 1935
eingeweiht hatte, hüten.
Längst hatte unsere
katholische Diözesanjugend dort ein geistiges
Zuhause, ein wirkliches Daheim bei der “Mutter der
schönen Liebe” gefunden. Ihr Bild war weithin
verbreitet und verehrt. In den schweren Kriegsjahren
ist dann das Marienkapellchen eine wirkliche
Wallfahrtsstätte für Ungezählte geworden. Immer
wieder kehrten Beter mit ihren großen Anliegen dort
ein und von der Front her grüßten gar viele die jungfräuliche
Mutter, deren reine, wundersam wie zum Gebet sich
schließenden Hände eine aufblühende Knospe - das
Symbol der Jugend - bergen und behüten. In den
Jahren 1935-45 wurden nicht weniger als
691 Gebetserhörungen
in den
verschiedensten Anliegen in zwei Büchern
aufgezeichnet. Mit tiefer Ergriffenheit liest man
darin den Dank für auffallenden Schutz mitten im
Schlachtengetümmel, aber auch von Schutz inmitten
von sittlicher Verseuchung und Verderbnis - von
Errettung aus Sünde und Versuchungsnot, von Hilfe in
Krankheits-, Wirtschafts- und Berufsnöten.
Immer wieder liest
man: “Maria hat geholfen!” - “Mutter, wir danken
dir!” Zwölf Jahre durfte ich im Haus Werdenfels und
während des Krieges zugleich als Seelsorger zweier
Filialgemeinden (Undorf und Thumhausen) wirken, dann
übernahm ich am 1. Aug. 1945 auf
Wunsch des hochwürdigsten Herrn Bischofs die
verwaiste Pfarrei Wallersdorf bei Plattling mit fast
3000 Seelen.
Welche Aufmerksamkeit des himmlischen
Vaters,
daß er mich auf eine
sogenannte Ökonomiepfarrei berief, obwohl mir der
ganze landwirtschaftliche Betrieb, der zum Pfarrhof
gehörte, gar nicht lag! Ich hatte einen richtig
gehenden Bauernhof mit Dienstboten, mit über 100
Tagwerk Felder und Wiesen, viel fettes Vieh im Stall
und Geflügel in Menge. Wallersdorf war damals
noch eine der wenigen Ökonomiepfarreien der
Diözese Regensburg. Auch der Segenspfarrer Franz
Sales Handwercher hatte vor hundert Jahren eine
solche. Es war eine Last und trotzdem ein Segen gerade
in jenen Jahren 1945-1947, wo so viele hungernde
Menschen im Pfarrhof anklopften: heimkehrende Soldaten,
Heimatvertriebene aus dem Sudetengau, Siebenbürgen, aus
dem Banat, aus Oberschlesien, Ost- und Westpreußen. Dazu
kamen manche Evakuierte aus den Städten. Oft waren es am
Tag 20-30 Bittende. Wir gaben soviel wir konnten; wir
deckten den Tisch oftmals untertags. Es war ja damals
die Zeit der großen Lebensmittelknappheit.
Auch Notquartiere gewährten wir vielen für die
Nacht. Jeden Tag öffnete der Vater aufs neue Herz
und Hand für diese Not von damals. Er war der
Sorgende in uns, besonders auch in der Person der
Pfarrhaushälterin. Begreiflich, daß sich Wäsche- und
Kleiderschränke bis zum Letzten leerten. Auch
durften wir für eine Reihe von heimatvertriebenen
Familien von der Pfarrpfründe billige Bauplätze für
ein neues “Daheim” vermitteln. Um das damals so
kostbare Baumaterial wie Steine, Holz und Zement
haben wir uns immer wieder bemüht. Gegen
Lebensmittel konnte man manches eintauschen.
Groß war damals die
materielle Not im Volk, aber größer noch die
seelische. Hinter uns lagen zwölf Jahre
Nationalsozialismus mit all der Irreführung,
viereinhalb Jahre Krieg mit seinen schrecklichen
Wunden, dann die erbarmungslose Ausweisung
ungezählter Deutscher aus Besitz und Heimat. Unsere
Pfarrei lag nur ca. 65 km von der Ostgrenze
entfernt.
Viele Herzen waren
total zerbrochen,
viele bluteten und
weinten. Ich habe damals viele Tränen gesehen. Die
Sorge für die Not der
Seelen lag schwer auf uns. Ich hatte in der weit
verzweigten Pfarrei noch einen Kaplan als
priesterlichen Helfer; die meisten der schwer
Heimgesuchten waren empfänglich für seelsorgliche
Hilfe und religiös ansprechbar; Armut und Not macht
aufgeschlossen dafür, während der Wohlstand nicht
selten die Menschen satt, überheblich und lüstern
macht. Neben vielen Hausbesuchen - meist mit dem
Fahrrad - nützten wir Seelsorger jede Gelegenheit,
um Trost, Lebensmut und Gottvertrauen zu wecken.
Wie dankbar waren
damals so viele für die religiösen Einkehrtage und
Heimexerzitien in der Pfarrei. Wir durften sie
mehrmals halten. Viele kamen auch aus der Umgebung. Wie dankbar waren
auch unsere Meßbesucher für die täglichen
5-Minuten-Ansprachen vor Beginn des hl.
Opfers. Sie wurden vielen ein erhellendes Licht auf
dem Weg durch den dunklen, harten Alltag. All die
Jahre meines pfarrlichen Wirkens habe ich diese
“5-Minuten-Einführung” zur Einstimmung der Seele für
das eucharistische Opfer beibehalten. Auch saßen wir
Priester jeden Morgen vor der hl. Messe im Beichtstu
hl. Gerade das Bußsakrament schenkt neben der
Seelenreinigung viel Trost, Ermutigung und innere
Führung. Wie arm sind die Christen ohne die Gnade
des Bußsakramentes! Die Beichte hilft auch die hl.
Kommunion viel besser erfassen und fruchtbarer
empfangen. Besonders lag uns auch die
Seelsorge der Frauen
und Mütter
am Herzen. Sie sind
ja das Herz einer jeden Familie, sie sind der
erwärmende und erhellende Sonnenschein des Hauses.
Wahrhaft gute Frauen und Mütter können das Antlitz
einer Gemeinde erneuern. “Es steht und fällt ein
Volk mit seinen Frauen.” Der hl. Papst Pius X.
sagte einmal: “Gebt mir wahrhaft christliche Mütter
und ich will die sinkende Welt retten.” Gleich zu
Beginn meines pfarrlichen Wirkens begann ich mit
Mütterabenden in einem bescheidenen kleinen Raum.
Während der Herbst-, Winter- und Frühjahrsmonate
hielt ich sie jede Woche einmal. Es kamen viele; die
Themen interessierten sehr; Fragen der Erziehung und
des Familienlebens, der Schule und Gemeinschaft,
alle wichtigen religiösen und moralischen Fragen
wurden durchgearbeitet. Heute nach 25 Jahren denken
noch manche Frauen und Mütter voll Dank an diese
geistige Hilfe und Führung.
Auch die Jugend
holten wir zusammen in Gruppenstunden, Bibel-Kursen
und Brautleutetagen. Alles eine für die damalige
Zeit außergewöhnliche Seelsorge, zu der wir uns
gedrängt fühlten. Gerade in jener Notzeit suchten
wir die Menschen auch immer wieder zur Trösterin der
Betrübten zu führen.
Täglich war
Fatimarosenkranz
in der Pfarrkirche,
jedes Mal mit sakramentalem Segen. 40-50 Männer,
Frauen und Kinder waren immer da, auch wir
Seelsorger. Viel Not und Sorgen nahmen wir in unser
Beten hinein; neben der Not der Heimat und der
Kirche Gottes vor allem auch die vielen
Familienanliegen. Wie dankten wir jedes Mal, wenn in
jenen Jahren wieder ein Vater oder ein Sohn aus
unserer Pfarrei glücklich aus der Gefangenschaft
heimkehrte. Viele waren es damals. Bis heute hat
sich der tägliche Fatima-Rosenkranz in
der Pfarrkirche erhalten. Im Marienmonat Mai war
jeden Tag Maiandacht mit einer kurzen Ansprache. Die
große Kirche war immer voll besetzt. Herzwarme Liebe
zur Mutter nährt die Liebe zum göttlichen Sohn.
Durch Maria zu Jesus! So will es der Vater. Er hat
uns ja auch durch Maria Seinen göttlichen Sohn
geschenkt. Mindestens viermal im Jahr pilgerten wir
zur Gnadenmutter von Altötting. Unsere Pfarrei hatte
die zentrale Pilgerleitung für den ganzen Isargau.
Zwei Kinderpilgerzüge und zwei
Erwachsenen-Pilgerzüge führten jährlich viele
unserer Pfarrkinder und solche der ganzen Umgebung
zum 90 km entfernten hl. Gnadenort, und das schon
seit 1946, als wir teilweise noch in Viehwägen oder
in sogenannten Schlagwägen, meist mit zerbrochenen
Fenstern, fahren mußten. Die Bundesbahn war damals
arm daran. Jeder Pilgerzug umfaßte mindestens 700
Personen und oft noch mehr. Es war ein opfervolles
Pilgern. Innerlich getröstet und gestärkt kehrten
wir jedes Mal nach Hause zurück. Auch zur
Gnadenmutter vom Guten Rat in Wörth
a. d. Isar fuhren wir
jedes Jahr mit Omnibussen. Wie notwendig brauchten
wir den Rat der Mutter!
Es war Gottes
Vaterliebe und die Liebe Seines göttlichen Sohnes,
die uns Seelsorger in jener schweren Zeit Helfer für
viele Leibes- und Seelennot werden ließ. In tiefer
Dankbarkeit denke ich an diese Jahre zurück. Gern
wäre ich noch länger Pfarrer geblieben. -
Der Vater aber legte die Hand auf
mich
Nach 11 Jahren
unermüdlichen Wirkens, besonders auch an Kranken-
und Sterbebetten warf mich eine schwere
Gehirnhautentzündung und Gehirneiterung aufs
Krankenlager. Der Arzt meinte: Folge einer
Ansteckung an einem Sterbebett. - Anläßlich meines
silbernen Priesterjubiläums 1952 hatte ich auf das
Erinnerungsbild drucken lassen: Betet, liebe Brüder
und Schwestern, mit mir zum Herrn, daß ich noch das
Wort des hl. Paulus wahr machen darf: “Überaus gerne
will ich mich opfern für eure Seelen” (2. Kor 12,5).
Der Vater nahm mich beim Wort. Es war eine beinahe
tödliche Krankheit; alle Organe waren wie gelähmt,
die Schmerzen viel, der Schlaf ganz wenig, geistige
Arbeit unmöglich. Das Schwerste war dies, daß ich
monatelang nicht mehr zelebrieren konnte.
Jetzt erst begriff
ich das Wort Opfer in seiner ganzen Tiefe und Weite.
- “Opfern für die Seelen...”
Auf dem Höhepunkt der
Krankheit hatte der behandelnde Arzt zu meiner Tag
und Nacht treusorgenden Haushälterin gesagt: “Für
unseren Herrn Pfarrer bleibt nur noch das
Totenhaus oder das Irrenhaus. Es ist keine Hoffnung
mehr.” Viel später hat sie mir das gestanden.
Und der Chefarzt eines großen Krankenhauses wollte
mich unbedingt in die Nervenklinik tun. Dank der
Fürbitte Mariens und des lieben hl. Vaters Josef,
die ich zu meinen besonderen Fürbittern erwählt
hatte, kam ich weder ins Leichenhaus noch ins
Irrenhaus, auch nicht in die Nervenheilstätte. - Die
Kraft aber war gebrochen. Ich hatte wohl noch viele
Monate auf eine wesentliche Besserung gehofft und
wäre gern noch als Seelsorger in der Gemeinde
geblieben. Gottes Vaterwille aber wollte es anders.
Als 53-jähriger mußte ich, nach einem Jahr des Leidens und
Hoffens, meinem aktiven Seelsorgsdienst als Pfarrer
für immer entsagen. Abtreten von einem
liebgewonnenen Betätigungsfeld ist schwer. Voll
weiser Sorge aber führte Gottes Vaterhand weiter.
Jeder Tag war Sein Tag.
Mein Weg ging in die
Stille,
in die Einsamkeit;
Beten, Opfern und mich ganz der Vatergüte Gottes
überlassen - das war mein künftiger Beruf. Dank
Seiner Hilfe konnte ich nach mehreren Monaten wieder
zelebrieren, freilich meist nur im Zimmer und immer
nur sitzend.
Ich kam im August
1957 als Ruhestandspriester in die Nähe meiner
Heimat, nach Piegendorf und nach 6 Jahren für kurze
Zeit nach Arnsdorf. Ich lernte die Stille, die
Abgeschiedenheit lieben und in dieser Stille und
Abgeschiedenheit beobachten und betrachten. Gerade
in jenen Jahren, wo ich viel im Garten liegen mußte,
gelegentlich auch im Wald und von den Höhen einen
weiten Blick ins Tal hatte, trat mir Gottes
Schönheit und Güte in Seiner Schöpfung überwältigend
entgegen. Alles wurde mir ein lieber Gruß des Vaters
im Himmel: die weiten grünenden Fluren, die wogenden
Saaten, die leuchtenden Blumen, die raunenden Winde,
das plätschernde Bächlein, die jubelnden Vögel, der
rauschende Wald, das duftende Moos, die köstlichen
Beeren und all die Früchte des Gartens. Ich
erkannte: Diese herrliche Schöpfung hat der
Vater-Gott für uns, Seine Kinder, erstehen lassen, daß wir uns daran erfreuen und Ihn dankbar dafür
grüßen. Und dabei hat Er jedes geschaffene Wesen mit
großer Liebe bedacht, so daß kein Spatz vom Dache
fällt, ohne Seinen Willen. Wie danke ich Gott aus
ganzem Herzen, daß ich gerade in diesen Jahren
Seine herrliche
Vaterschöpfung
immer mehr
beobachten, bestaunen und lieben lernte!
Unvergeßliche Szenen sind mir noch in lebhafter
Erinnerung. So beobachtete ich einmal im Liegestuhl
des Gartens, wie junge Blaumeisen-Vöglein zu ihrem
ersten Flug starteten. Es war allerliebst. Erst
hörte ich die Vogel-Mama zart locken. Immer wieder
mit viel Geduld. Dieses Piepsen sollte Mut machen;
dann sah ich plötzlich im Flugloch des Nistkastens
den zierlichen Kopf eines jungen Vögleins. Es
beguckte die neue Welt, in die es nun hinausging.
Bald schaute das scheue Vöglein nach oben, bald nach
unten. Es streckte sich ein paar Mal und dann -
schwupp setzte es zum ersten Flug an, flatterte
mutig eine kurze Strecke und landete im Geäst des
nahen Apfelbaumes. Ich hätte beinahe in die Hände
geklatscht vor Freude über diesen mutigen und
sieghaften Flug. Jetzt wieder das Piepsen der
Vogel-Mama - und das zweite Vöglein wagte sich
heraus, es folgte noch ein drittes. Wie schnell mag
dabei jedesmal das kleine Vogelherz geschlagen
haben! Aber alle drei haben es geschafft, diese
mutigen Vogelkinder. Es war, als hätten sie Gottes
weite, große Vaterhand sicher durch die Luft
getragen. Ich mußte unwillkürlich die Hände falten
und beten: “Vater, ich preise Dich, für Deine Güte
und Sorge auch für diese kleinsten Geschöpfe!”
Und als dann nach
einer kleinen Weile die Kleinen in den Zweigen des
Baumes zu piepsen anfingen, da waren die Vogeleltern
flugs zur Stelle, um die Jungen zu füttern. Es war
geradezu rührend, wie sie es taten. Fliegend oder
laufend ging es durch das Baumgeäste, dabei sorgsam
nach Nahrung suchend. Da - schnell ein fettes
Würmlein aufgespießt, im raschen Flug hin zu den
schreienden Jungen, und schon war das
Würmlein in einem der weitgeöffneten Schnäbelchen
verschwunden. So ging es viele Dutzend Male, bis die
Schreihälse alle satt waren.
Wie kein Vater mit
seinen Kindern umgeht, so geht der Schöpfergott mit
jeder kleinsten Kreatur um. Auch im kleinsten
Geschöpf leuchtet die Weisheit, Macht und Güte des
himmlischen Vaters auf.
Wahrlich, ein Vater
voller Liebe,
zu dem die Vögel
schreien und der ihnen Futter gibt (Ps 147,9). Ich
mußte mehr als einmal beten: “O Gott, wie danke ich
Dir, daß Du in Deiner Güte für all Deine
erschaffenen Wesen, auch für die allerkleinsten, in
so wunderbarer Weise sorgst. Wie dank ich Dir, daß
Du allmächtiger Gott, Schöpfer und Herr des Himmels
und der Erde, auch mein Vater bist, zu dem ich Vater
sagen darf, dem ich vertrauen darf in jeder Lage und
zu jeder Stunde; ja, den ich lieben darf als meinen
Vater. Welch eine Freude, Dich lieben zu dürfen als
Vater, der mir Sein Vaterherz geöffnet hat in Seinem
menschgewordenen Sohn Jesus Christus und der auch
mich mit unaussprechlicher, nie versiegender Liebe
umsorgt und führt.”
Gerade als Leidender
habe ich in der Stille und Einsamkeit die große
Vatergüte Gottes in Seiner Schöpfung immer mehr
kennen, bewundern und lieben gelernt. Die Schönheit
und Fülle Seiner Schöpfung offenbarte mir die Größe
Seiner Liebe. Ich dankte oft dafür.
Jetzt begann die Zeit des
Bücherschreibens
Schon als Pfarrer
drängte es mich manchmal zum “Schreiben”. Es fehlte
die Zeit. Jetzt hatte ich Zeit. Ich gestehe
in tiefer Dankbarkeit: Die schriftstellerische
Arbeit ist für mich eine der größten Liebeserweise
des himmlischen Vaters geworden. Sie half mir neben
dem vertrauenden Gebet hinweg über die oft
zermürbende Schwermut
- eine Folge der
Krankheit; sie half hinweg über die mannigfachen
Schmerzen, die seitdem mein Leben begleiteten; auch
über all die Einsamkeit meiner Tage. Sie lehrte mich
im besonderen Maße die drei göttlichen Tugenden
täglich aufs neue ernsthaft erstreben: Glaube -
Hoffnung - Liebe. Diese schriftstellerische Arbeit
wurde zu einem Quell, aus dem gar viele Seelen
Trost, Ermutigung und Herzensfreude schöpfen
durften. Die vielen täglichen Dankesbriefe, die ich
erhielt, bestätigen dies. An Stoff zur Bearbeitung
fehlte es nicht. Der Vater im Himmel hatte bereits
wunderfein dafür vorgesorgt; hatte ich doch in
meinem Priesterleben große, heiligmäßige Seelen
kennen gelernt, deren Leben wahrhaft Strahlkraft
besaß, so die beiden mystisch begnadeten Mütter:
Maria Theresia Meyer-Bernhold von Marktredwitz
(gest. 1952) und Katharina Vogl von München (gest.
1956); ferner die große gottliebende Ancilla von
Gebsattel in Altötting (gest. 1958). In jahrelanger
geistiger Verbundenheit hatte ich tiefen Einblick in
das Seelenleben der drei genannten bekommen und auch in ihr Schrifttum.
Bischof Rudolf Graber
lenkte sodann meine
Gedanken auf folgende drei große Opferseelen in
unserer Diözese, auf Juliana Engelbrecht von
Burgweinting (gest. 1853), Therese Mauser von
Nittenau (gestorben 1917) und Anna Schäffer von
Mindelstetten (gest. 1925). Er gab jedesmal
seinen besonderen Segen für die Bearbeitung der
einzelnen Lebensgeschichten. Mit Eifer und Freude
vertiefte ich mich in das vorhandene Material, das
ich mehrmals mühsam zusammensuchen mußte. In einem
Fall hatte ich einen großen Waschkorb voll Briefe
und Aufzeichnungen durchzuarbeiten. Dabei floß mir
die ganze Arbeit nicht so leicht aus der Feder; oft
streikte der kranke Kopf und das müde Herz. Zudem
konnte und kann ich alles nur liegend schreiben.
Ohne den täglichen, ja stündlichen Segen von oben
wäre dies unmöglich gewesen. Ich rief darum oft den
Hl. Geist um Sein göttlich Licht, bat die Mutter vom
Guten Rat um ihre Führung, lud die hl. Engel und
himmlischen Freunde ein, mir beizustehen. Auch habe
ich häufig die Leser unserer Bücher gebeten, sie
möchten mein Mühen mit ihrem Gebet und ihren Opfern
begleiten. Sehr viele taten es. Ihnen sei an dieser
Stelle aus ganzem Priesterherzen Dank gesagt. Auch
all denen, die bereits in der Ewigkeit sind. Ich
habe wirklich kein Recht, nur ein einziges Mal zu
sagen: Das ist mein Buch, sondern immer nur, das ist
unser Buch, das sind unsere Bücher, denn viele haben
mitgeholfen mit ihren Gebeten und Opfern, haben
mitgeholfen beim Schreiben und Korrigieren. Sie alle
sind mit mir Werkzeuge, Zeugen Seines Werkes
geworden. Auch die Druckereien, besonders der St.
Grignionverlag in Altötting. - Namentlich darf ich
hier voll Dankbarkeit noch nennen meine hilfreichen
Priesterfreunde, H. H. Msgr. Anton
Meindl von Regensburg (gest. 1970) und Geistlichen
Rat Ludwig Fischl von Lederdorn. Gottes unendliche
Vatergüte hat vor allem auch für eine der
wichtigsten Voraussetzungen der schriftstellerischen
Arbeit gesorgt:
Er verhalf zu einem stillen Heim
Ich habe es in einem
abgeschiedenen, waldumsäumten Dörflein gefunden - in
Oberroning. Nichts peinigt kranke, überempfindliche
Kopfnerven so sehr als Lärm und lautes Geräusch,
hauptsächlich verursacht von motorisierten
Fahrzeugen auf lebhaft befahrenen Straßen. Davon
blieb ich in Oberroning großenteils verschont. -
Seit meiner Erkrankung ließ mich übrigens der
Gedanke nicht mehr los: Es müßte doch in unserer
Diözese Regensburg ein Heim erstehen, in dem der
eine oder andere Priester, der in der Seelsorge in
keiner Weise mehr einsatzfähig ist, Aufnahme findet.
Durch die hilfsbereite Liebe edler Menschen, nicht
nur Verwandter und Bekannter, sondern auch ganz
fremder Menschen schenkte der Vater im Himmel hier
dieses Heim, freilich vorerst nur für einen
leidenden Priester mit eigenem Haushalt. Wenn es
aber Gottes Wille ist, kann dieses stille Heim
erweitert werden und einem zweiten und dritten
Priester Aufnahme bieten. Ich gestehe, daß ich in
dem jahrelangen Ringen um dieses Heim der Stille und
der Liebe immer wieder meine Zuflucht zur hl.
Familie von Nazareth genommen habe, zur hl. Mutter
Anna sowie zu den lieben Engeln. Ich bat sie, sie
möchten Fürbitter sein beim himmlischen Vater. Ich
betete über 100 neuntägige Andachten (Novenen).
Nicht genug des
Segens
Heim der Stille, Heim
der Liebe habe ich gesagt. Unser besorgter,
mitfühlender Herr Bischof Rudolf Graber hat mir vom
hl. Vater die Erlaubnis erbeten, daß ich eine eigene
Hauskapelle einrichten durfte - darin das
hochheilige Sakrament im Tabernakel. Ist doch
der Tabernakel der Thron der grenzenlosen
schweigenden Liebe Jesu, der Thron Seines göttlichen
Erbarmens, von dem wunderbare Kraft- und
Liebesströme in die ganze Schöpfung sich ergießen.
Glücklich, wer sich dem eucharistischen Herrn immer
wieder nahen und Sein Herz weit auftun darf für
Seine unausschöpfbare Liebe. Von der hl. Eucharistie
geht wahrhaft der stärkste Liebesanruf aus. Sie ist
die Herzmitte eines Priesterlebens, ja eines jeden
Christen-lebens. Vor dem Tabernakel begegnet sich
die armselige menschliche Liebe mit der unendlichen
göttlichen Liebe. Diese Liebe wird zur wahren
Anbetung, dem wertvollsten Tun eines jeden
Geschöpfes. Sie schafft eine wahre
Herzensvertrautheit mit dem stillen, verborgenen
Gott im Brot.
Brüder, Schwestern!
Jeden Tag dankte und danke ich aus ganzem Herzen für
diese unverdiente Nähe des eucharistischen Herrn und
Heilandes im eigenen Heim. In diesem Kapellchen, das
den hl. Engeln geweiht ist, erbat ich oft von Jesus
einen Strahl Seines Lichtes, einen Funken Seiner
Liebe, einen Tropfen Seines Herzblutes auf jedes
werdende Buch, damit es ein Segensbuch für
aufnahmebereite Seelen werde. In diesem Kapellchen
kam mir 1970 zum ersten Mal auch die Anregung zur
Aktion: “Stille Hilfe durch das
Buch!”
Wohl habe ich bereits
in all den vergangenen Jahren an Krankenhäuser, an
Strafanstalten, an Alters- und Waisenheime, an viele
Missionsstationen mit Hilfe guter Freunde
Gratis-Bücher gesandt, aber im Oktober 1970 wurde
ich innerlich zu einer intensiveren Aktion gedrängt.
Es geht jetzt um alles; es gilt jetzt nicht nur
materiell zu helfen, wo und wie man kann, hinaus bis
in die fernsten unterentwickelten Länder und
Elendsgebiete; wir müssen auch geistig helfend
einspringen, um der Verwirrung und Dämonie zu
begegnen, müssen nicht nur beten und opfern, sondern
auch helfen durch vermehrtes, gutes religiöses
Schrifttum. Das Schriftenapostolat muß zu einem
brennenden Anliegen aller guten Christen werden! Der
hl. Don Bosco hat das überzeugend ausgesprochen:
“Ich habe kein
Bedenken, die Verbreitung guter Schriften göttlich
zu nennen; denn auch Gott hat sich zur Erlösung der
Menschen des Buches bedient. Bücher, von ihm
inspiriert, haben die wahre Lehre in die ganze Welt
getragen. Gute Bücher können das Reich
Gottes in vielen Seelen erhalten. Wie viele
Menschen sind durch sie schon gerettet worden. Wie
viele werden vor Irrtum bewahrt oder aufgerüttelt!
Wie viele werden getröstet und ermutigt! Wer ein
gutes Buch schenkt, hat vor Gott ein
unvergleichliches Werk getan.” Unser Oberhirte,
Bischof Rudolf Graber, dem ich das Anliegen unserer
Aktion unterbreitete, begrüßte diese Idee und gab
gern seinen Segen.
Am 19. Okt. 1970
schrieb ich in mein Tagebuch: Vater im Himmel, Du
hast allen Kranken und Leidenden einen hilfreichen
Engel zur Seite gegeben. Bitte, laß uns mit dieser
Aktion Trost für viele Kranke und Leidende bringen.
Öffne durch den hl. Engel die Türen, öffne die
Herzen und die Hände vieler; erwecke Apostelseelen!
Wir haben wohl eine Anzahl treuer Helfer, aber wir
brauchen mehr; wir brauchen hunderte und
aberhunderte (Priester und Laien), die unsere
Schriften zum Trost der Kranken und Leidenden
verbreiten. O Gott, schalte Du Deine hl. Engel ein
zum Dienst an unserer Aktion “Stille Hilfe durch das
Buch”! - So schrieb ich in mein Tagebuch und brachte
meine Bitte in der folgenden Nacht wiederholt zum
Herrn. - Die Antwort auf dieses vertrauensvolle
Bitten erlebte ich bereits am nächsten Morgen. In
vier verschiedenen Briefen war der Wunsch
ausgesprochen, ich möchte umgehend eine Anzahl
Bücher zum Verteilen schicken; diese Bücher seien
große Trostspender.
Weil aber Bücher Geld
kosten, bat ich, wie so oft in meinem Leben, auch
diesmal wieder den guten hl. Josef:
“Vater Josef,
übernimm Du die Kasse!
Erflehe uns
finanzkräftige Helfer! Als Leidender kann ich selber
nirgendwo mehr hin!”
Sie werden lächeln,
wenn Sie jetzt lesen, daß nach ein paar Tagen schon
ein 1000-DM-Schein per Post einlief mit der kurzen
Bemerkung: “Spende zum Verteilen religiöser Schriften”. Ich schrieb umgehend an
die mir ganz unbekannte Wohltäterin: “Sie müssen
beim hl. Josef schon wirklich eine gute Nummer
haben, weil er gerade Sie erwählt hat, unsere Aktion
“Stille Hilfe durch das Buch” so tatkräftig
anzukurbeln.” - Seitdem kamen manche größere Scheine
und viele kleine Spenden, die ich als “Scherflein
der Witwe” auch von Herzen segnete. Sankt Josef ist
ein lieber, großer Helfer. Ihm ganz besonderen Dank!
Innerhalb der ersten
neun Monate haben wir weit über 25 000 Bücher und
Kleinschriften, dazu ungezählte Karten in
Krankenhäuser, Heime und Krankenstuben sowie in die
Missionen verschenken dürfen. Alles durch die
finanzielle Mithilfe unserer Wohltäter. Es kamen
Dankbriefe über Dankbriefe für alle diese
Büchersendungen, auch aus den fernsten
Missionsstationen. So schrieb eine
Missionshelferin aus
Sao Paulo:
“Gestern kam wieder
eine Sendung Ihrer wertvollen Bücher und Schriften
an! Gott lohne Ihnen diese große Missionstat! Sie
können sich kaum vorstellen, wie wertvoll Ihre
Bücher hier sind! Es freut mich ungemein, daß gerade
in dieses Land Ihre tiefen, segenbringenden Worte
kommen! Wir beten zu Gott, daß er Ihnen noch lange
die Kraft und den Mut gibt, in Ihrem so immens
wichtigen Apostolat zu wirken! Hier verteilen wir
Ihre Schriften an alle möglichen Leser, an Wankende,
an Leidende, an Suchende usw. Im Umkreis von mehr
als 1000 km werden Ihre Sachen verteilt und
ausgeliehen, je nachdem! Es gibt hier recht viele
Deutschsprachige. Ihre Schriften sind so
lebensnahe, so tröstend und vertrauend, helfend und
glaubend. Jeden Tag mache auch ich aus irgend
einem Büchlein eine Lesung, wenn es die Zeit mir
erlaubt. Denken Sie in Ihrem Beten und Opfern auch
dann und wann nach Brasilien an uns und auch an
unser Land, wo die Muttergottes so freudig verehrt
wird.”
Ein gewaltiger Strom
des Segens
hat zu fließen
begonnen, aber ich glaube, daß noch m ehr
Schriftenapostel in dieser irren und wirren Zeit
einspringen müßten, um gute Bücher zu verbreiten,
daß noch viel mehr finanzielle Helfer ‘ bekannte und
unbekannte, auf den Plan treten müßten. Es ist
allerhöchste Zeit, dem religiös-sittlichen
Niedergang unserer Zeit auch auf diese
Weise zu begegnen: “Stille Hilfe durch das Buch.” Um
möglichst viele Bücher billig unter das Volk zu
bringen, verzichte ich persönlich auf jedes Honorar
(Entgelt für das Buchschreiben).
Unsere Aktion wird
immer neu getragen vom Segen des Tabernakels, vom
Segen der Braut des Hl. Geistes und dem Segen der
hl. Engel, die wir täglich zu diesem Zwecke grüßen
und anrufen. Unsere Aktion wächst aber auch aus der
treuen Opferbereitschaft vieler guter Seelen, denen
ich hier aus tiefem Herzen für alle Gebets-und
Apostolatshilfe ein inniges Gottvergelt’s sage. Gott
schenkt allen Aposteln auch Apostellohn. Eine
spürbare
Befruchtung unseres
Schriftenapostolates
sehe ich auch darin,
daß am 18. Febr. 1971 die Marienschwestern vom
Sankt-Grignion- Verlag Altötting die Bischöfliche
Erlaubnis bekamen, in ihrer Kapelle ununterbrochen
untertags vor dem ausgesetzten Allerheiligsten
Anbetung zu halten. Seitdem knien dort von früh bis
spät Schwestern wie Laien in stiller Anbetung vor
dem Hochwürdigsten Gut und rufen zugleich einen
unendlichen Segen auf die Kirche Gottes mit all
ihren erdrückenden Sorgen, aber auch auf unsere
Aktion “Stille Hilfe” herab. Diese steht seitdem
mehr wie bisher im Segensstrahl der hl. Eucharistie.
Die Marienschwestern
hüten durch dieses Gebets- und Schriftenapostolat
das große Erbe ihres hl. Stifters, Ludwig Maria
Grignion von Montfort, der durch seine Bücher
unendlich viel Gutes gewirkt hat. Man denke nur an
“Die Opferweihe an unseren Herrn Jesus Christus
durch die Hände Mariens” (auch “Goldenes Buch”
genannt).
Die Marienschwestern
hüten aber auch das Erbe ihrer 1958 verstorbenen
heiligmäßigen Oberin Mutter Ancilla von Gebsattel,
die im Schreiben und Verbreiten religiöser
(besonders marianischer Schriften) ein wichtiges
Apostolat sah und dafür ihre letzte Kraft opferte.
Gottes Vatergüte läßt
auch mich krankenPriester immer noch ein Werkzeug
dieses Segensapostolates sein. Es ist ein
opfervolles Wirken in Seinen Händen, ein
Sich-opfern- dürfen. “Sacerdos et hostia”. Der
Priester muß eine hl. Opferhostie sein; er darf es
sein. Jeder Tag beginnt ja mit dem hl.
Christusopfer. Das Größte ist die Liebe.
Darum wundere ich
mich nicht,
daß z. B. die große
Freude, endlich ein stilles Heim gefunden zu haben,
nach wenigen Jahren schon eine Trübung erfuhr.
Ausgerechnet hinter unserem Haus mit der großen
schönen Wiese und den stillen Wegen, wurde ab Mitte
Juli 1970 eine zum Teil vielbefahrene
Umgehungsstraße gebaut. Gottes Wille hat es so
gefügt. Sein Wille ist immer Vaterwille und darum
voller Liebe. Ihm sei Dank, denn Er gibt die Kraft
zum Tragen für jeden Tag. Mögen mit dem Alter die
körperlichen Gebrechen zunehmen, das Herz und die
Augen immer schwächer werden, ich weiß mich geborgen
in Gottes Vaterhänden, die mich führen, die mich mit
Segen und Wohltun überschütten Tag für Tag; ich weiß
mich behütet in allen Stunden der Schmerzen und
Einsamkeit, behütet von Seinen guten Vaterhänden.
Jedes Priesterleben -
jedes Christenleben muß im Kreuz verankert sein - im
Kreuz Seines vielgeliebten Sohnes, der uns allen
Bruder geworden ist. Durch Ihn einmal heim zum Vater der
Liebe! Wann wird der Vater das große beglückende
Amen sprechen? “Nur ein Tag bleibt noch übrig, der
mich glücklicher machen kann, als der heutige: mein
Todestag!” So hatte der große Mystiker Pater
Johannes Reus SJ am Tag der ersten Gelübdeablegung
(1.11.1895) geschrieben.
A. M. Weigl
Tiefe, beglückende Freude
das ist die Frucht
eines wahrhaft kindlichen Glaubens an den Vatergott
im Himmel. Pfarrer Augustin Hieber, der
heiligmäßige Segenspfarrer des Allgäus (t 4.1.1968),
hat oft gesagt: “Ein Kind Gottes hat alle
Ursache, sich zu freuen.” - “Die Freude soll die
Grundstimmung deiner Seele sein.” - “Warum zweifelst
du? Glaubst du nicht, daß dein Vater, der dich
unendlich liebt, dich auch unendlich glücklich
machen will!” - “Der Vater im Himmel hatte vom
ersten Augenblick unseres Daseins einen jeden
Einzelnen von uns vor Augen und ihn mit Liebe
umfangen, mehr als eine Mutter ihr Kind, das sie auf
dem Schoß umfängt.” - “Glaube es nur, Gott bereitet
dir jeden Tag Freude. Es ist auch deine Aufgabe,
andere zu erfreuen.”
Dieser edle Priester,
der sich in Gottes Vaterhand ganz und gar geborgen
wußte, freute sich stets an Gottes wundersamer
Schöpfung. Er freute sich seiner schönen Allgäuer
Bergheimat; er freute sich an der Eigenart ihrer
Menschen, an ihren Sitten und Gebräuchen, an ihren
Festen, die sie feierten; er konnte buchstäblich in
die Hände klatschen über die Wunderwelt der
Schöpfung, die große und die kleine, in der er immer
Gott erlebte. Wie oft sagte er: “Wenn doch auch die
Menschen einander mehr Freude bereiten würden, es
wäre ganz anders auf der Welt.”
Pfarrer Hieber hat
sich tagtäglich eingeübt auf die ewigen
unvergänglichen Freuden. Darum kniete er so gerne
anbetend vor dem Tabernakel. Er hatte ein inniges
Verhältnis zu dem im Brot verborgenen unendlichen
Gott.
Wie ein
geheimnisvolles Spiel des Vaters mit seinem Sohn
mutet es an, wenn wir den Wechsel tiefsten Leides
mit höchster Freude betrachten, die sein Wesen
erfaßte. Pfarrer Hieber durfte im Leben viel Leid,
vor allem inneres Leid (Sühne) kosten. Er begegnete
ihm aber mit einem seelischen Reichtum und mit
seelischer Reife. Alle, die ihn näher kannten,
spürten die Ausstrahlung reinster Freude aus seinem
Innern. Wie unaussprechlich groß ist doch das
Geheimnis einer gottverbundenen, echt kindlichen
Seele! Welch ein Segen, solch einem Priester
begegnen zu dürfen! Vater, wir danken dafür!
Nach
Ida Lüthold-Minder
Ein gleich edler
Priester
war auch der Kapuzinerpater Sevein Göttler von Altötting, ein
geborener Münchner, der mehr im Verborgenen wirkte
als in der großen Öffentlichkeit. Wenige Tage vor
seinem Tode (8. Juli 1971) hatte der 85-jährige noch
einen wertvollen Text zusammengestellt: Das frohe
Gotteskind. Was er darin niedergeschrieben, das hat
er gelebt all die Tage seines Lebens: Dieses
fröhliche Kindsein vor Gott (“Freut euch allezeit im
Herrn!”), dieses ungebrochene Gottvertrauen in jeder
Situation, dieses sich Geborgenwissen unter den
Händen seiner guten, herzlich geliebten Mutter
Maria, dieses bereitwillige und brüderliche Dienen
und Frohmachen anderer. “Wer sein Leben der
Liebe weiht, weiht es dem Glück. Über jedem seiner
Tage stand das Wort: “Dies ist der Tag, den der Herr
gemacht.” - Solch ein Leben strahlt hell und weit
und tief und wird nimmer aufhören zu strahlen in
alle Ewigkeit. Viele, viele danken dem edelmütigen
Pater für dieses echt franziskanische Kindsein vor
Gott, für diese Bruderliebe zu allen, für diese
selbstverständliche Opferbereitschaft. Wie konnte
Pater Severin trösten! Wie konnte er Mut machen! Wie
konnte er weiterhelfen! Im Beichtstuhl und auch
außerhalb. “Sooft ich Gelegenheit hatte, mit ihm zu
sprechen, spürte ich, daß seine Worte aus großer
Tiefe und aus einer reichen Seele kamen.” Das war ja
einer seiner Grundsätze: “Ich will mich
bestreben, meine Mitbrüder und alle Menschen
ein wenig froh zu machen, allen ein wenig Sonne
zu sein.” Eines seiner Stoßgebete: “Maria, du
Ursache unserer Freude, hilf mir, selbst froh
zu sein und andere froh zu machen!”
Ein Heiliger blickt
zurück
Der hl. Franz von
Sales sagt bei einem Rückblick auf sein Leben:
“Der Herr hat mich von Jugend auf belehrt, der
Vorsehung zu vertrauen, und wenn ich nochmals zur
Welt käme, ließ ich mich von vornherein auch in
geringsten Dingen von dieser göttlichen Vorsehung
mit der Einfalt eines Kindes leiten. Es ist für
meine Gott ganz hingegebene Seele ein wahres
Vergnügen, mit geschlossenen Augen dahin zu wandeln,
wohin Gottes Vorsehung mich führen mag. Ihre
Absichten sind unerforschlich, aber immer wunderbar
und liebreich denen, die sich ihr anvertrauen.” -
Lucie Christine, eine
besonders begnadete Mutter von 5 Kindern, bat eines
Tages den Herrn, Er möchte den Glauben ihrer Kinder
mehren. “Da sagte Er mir, ich solle daran denken,
daß Gott viel mehr ihr Vater ist, als ich ihre
Mutter bin. Er lehrte mich diese Wahrheit mit großer
Zärtlichkeit und fügte hinzu, ich solle in Zukunft
mit diesen Worten für sie bitten: ‘Herr, ich
empfehle Dir unsere Kinder.” Sollten wir nicht
emsiger die Lebensschule der Heiligen besuchen und
nach ihren bewährten Praktiken fragen? Sie sind doch
die erfahrensten Lebensmeister. Das Leben der
Heiligen ist, wie der Konvertit J. Langbehn meint,
nächst der hl. Schrift, die wertvollste Lektüre, die
wir pflegen sollten.
Meine Vergangenheit
liegt tief versenkt im Schoß der göttlichen
Barmherzigkeit. Meine Zukunft ruht wohlgeborgen im
Schoße der väterlichen Vorsehung.
Meine Gegenwart zeigt
mir in meinen Pflichten den allerheiligsten Willen
Gottes. Und da hinein gehöre ich mit Leib und Seele!
Dann bin ich und
bleibe ich stets vereint mit Gott.
P. Wilhelm
Eberschweiler SJ

II. GOTTES VATERHAND ZÜCHTIGT UND PRÜFT
ZUM SEGEN SEINER KINDER
“Unbegreiflichkeiten Gottes”?
Wie viele “Warum” steigen
täglich zum Himmel empor? Wer von uns ist nicht selbst
schon stammelnd, ratlos oder weinend diesen
Unbegreiflichkeiten Gottes gegenübergestanden? Wie
schwer wird es uns, zu begreifen, daß die Liebe des
Vaters auch schlagen und schwer verwunden kann, daß sie
selbst auch durch Seine Gerechtigkeit zu uns spricht!
Gottes Gerechtigkeit muß züchtigen. Wir wissen es aus
den mannigfachen Strafgerichten des Alten Bundes
(Sündflut, Sodoma, Vertreibung des Volkes Israel aus der
Heimat). Schreien nicht auch heute die Sünden zum
Himmel? Das geistige Chaos unserer Tage (Schamlosigkeit,
Unglaube, Gottlosigkeit, Verhaftung in das rein
Irdische) hat einen Grad erreicht, daß man sich fragt:
Ist da überhaupt noch ein Funke Christentum vorhanden?
Gott läßt darum so viele Katastrophen durch satanische
Mächte zu, Überschwemmungen, Feuersbrünste, Blitz und
Hagelschlag, Mißernten, Krankheiten und auch Kriege,
damit der Hochmut der Menschen nicht ins Unermeßliche
steige und in der Stunde der Not auch eine Stunde der
Besinnung komme, wo der Weg zu Gott neu gefunden werden
kann.
Diese Heimsuchungen
- welch ein ernstes Wort
- können sehr weh tun. Es ist manchmal, als wenn Gott
auf all unser Beten nicht mehr hören würde. Gott
schweigt. Wie oft werden wir uns der absoluten
Abhängigkeit von Ihm bewußt. Seine Gerechtigkeit muß
züchtigen, um zu heilen, Seine Weisheit muß prüfen, um
uns zu heiligen. Die Zulassungen und Prüfungen Gottes
sind Aufforderungen zu noch größerer Liebe und Treue Ihm
gegenüber. Die Seele reift in der Glutsonne der Liebe
Gottes. “Leiden ist die beste Schule der Liebe Gottes”,
so sagte die sel. Schwester Blandine Merten (begraben in
Trier). Wenn der Vater die Tiefe unserer Liebe zu Ihm
erproben will, dann macht Er es mit dem Senkblei des
Leids. Er lotet ganz tief, sehr tief und macht es uns
oft nicht leicht. Gottes Gnade aber hilft uns all das
Schwere, Unbegreifliche tragen und ertragen; und zwar im
Glauben. (“Selig, weil du geglaubt hast.”), durch das
“Ja-Sagen” zum Willen Gottes, durch das “Fiat” Mariens,
durch das kindlich starkmütige Vertrauen und durch die
Liebe (“Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum
Besten.”). “Unsere ganze Sicherheit liegt darin, zu
wollen, was Gott will, der uns besser kennt und besser
liebt als wir uns selbst” (Theresia von Avila).
Und noch ein Wichtiges:
Je mehr sich die Menschheit von Gott entfernt, um so
mehr liefert sie sich der Einflußgewalt der Dämonen
aus. Da müssen Seelen sühnend einspringen,
stellvertretend für andere, um das Böse
“gut-zu-sühnen”.Die sühnende, stellvertretende Liebe,
vereint mit Jesus, hilft retten. Viele sind berufen -
alle, die das Zeichen der Taufe auf der Stirne tragen -,
aber wenige mühen sich. Sie denken nicht einmal daran,
daß sie eine unsterbliche Seele haben, die nach Gott als
ihrem Ursprung verlangt. Gottes Erbarmen und Liebe aber
ist so groß, daß sie jeden retten will, jeden heimführen
ins Vaterhaus. Darum dürfen wir uns nicht wundern, daß
der Vater im Himmel gerade den Guten oft schwere Kreuze
auferlegt. Das ist ein Geheimnis sühnender, rettender
Liebe. Allerbeste Menschen sind oft die größten Kreuzträger. Gute
Familien werden nicht selten von namenlosem Leid
heimgesucht. Der Schlüssel dafür heißt: hl. Sühne für
die Rettung der Seelen. Liebe und Vertrauen retten sie.
Ihr lieben hl. Engel
helft uns, die züchtigende Liebe des Vaters im Gedanken
der Sühne immer mehr zu begreifen und erkennen; helft
uns in der Kraft des Sohnes, alles Leid zu bejahen und
Gott darzubringen gleich Maria, die ihr “Fiat” mit ihrem
siebenfach durchbohrten Herzen gesprochen.
Glauben und Liebe müssen
erbetet werden
Dostojewski hing mit
leidenschaftlicher Liebe an Christus, aber die Idee und
Person des Vatergottes machte ihn unruhig und verwirrt,
und bis zum Ende seines Lebens kam er nicht damit
zurecht.
Auch ein Mann wie
Kierkegaard trug schwer an der Vorsehung und ihrer
Weltlenkung. Er sagte einmal von sich: “Ab und zu werde
ich in ein finsteres Loch gesteckt: da krieche ich umher
in Qual und Schmerz. Ich sehe nichts und finde keinen
Ausweg.” Als reifer Mann erkennt er allerdings: “Ich
bekam einen Begriff von der göttlichen Vaterliebe, dem
einzig Unerschütterlichen im Leben, dem wahren
archimedischen Punkt.” Einem verkrüppelten Vetter von
ihm gibt er einmal den Rat: “Vergiß vor allem nicht die
Pflicht, dich selbst zu lieben; laß dir dadurch, daß du
gewissermaßen aus dem Leben herausgenommen bist und daß
du in den törichten Augen einer geschäftigen Welt etwas
Überflüssiges bist; laß dir dadurch nicht die
Selbstachtung rauben: als ob in den liebevollen Augen
einer allweisen Vorsehung dein Leben, wenn es in
Innerlichkeit vollbracht wird, nicht die gleiche
Bedeutung und Gültigkeit hätte, wie das jedes anderen
Menschen und sogar erheblich größere Bedeutung als das
Hasten mit der Vergeudung des Lebens und dem Verlust
seiner selbst.”
Mein Ringen mit dem Willen Gottes
Ausgerechnet am Vorabend
von Peter und Paul, am 28. Juni 1916, mußte ich nach
einem kurzen Heimaturlaub wieder an die Westfront. Der
nächste Tag wäre der seit Jahren so heißersehnte Tag
meiner Priesterweihe gewesen. Ich war so nahe dem großen
Ziel, mußte aber 19 Monate vorher einrücken. Meine guten
Eltern weinten bitterlich zum Abschied, ich selber aber
haderte beinahe mit Gott ob des grausamen Loses, als ich
am Abend des Peter- und Paulstages 1916 wieder bei
meiner Kompagnie, die gerade in Ruhe lag, ankam. Es war
in den Vogesen.
Ich besuchte noch am
selben Tag die Kirche des Dorfes. Mein Gebet war ein
inständiges Stammeln. “Herr, führe mich doch bald wieder
in die Heimat zurück; laß mich doch bald Priester
werden! Bitte! Dir ist alles möglich!” Flehentlich kam
es aus meiner leidwunden Seele. Doch plötzlich überkam
mich blitzartig der Gedanke: Du mußt noch hinzufügen: O
Gott - wenn es Dein Wille ist. Das aber brachte ich um
alles in der Welt nicht mehr über die Lippen, dieses:
Dein Wille geschehe! Fast fluchtartig verließ ich den
hl. Ort. Einige Tage später hatte ich wieder Gelegenheit
zu einem Besuch des Gotteshauses; wieder kniete ich vor
dem Tabernakel und betete zu dem darin verborgenen hl.
Gott: Herr, schenke mir die Gnade des Priestertums, laß mich bald eintreten
in Dein Heiligtum, bald! Führe mich durch alle Gefahren
glücklich hindurch! - Und wieder konnte ich das Wort der
Ergebung in Seinen hl. Willen nicht über meine Lippen
bringen. Nicht um alles in der Welt, obwohl ich wußte,
daß gerade diese Willenshingabe wesentlich zum guten
Gebet gehört. Wieder verließ ich das Gotteshaus, ganz
und gar unzufrieden mit mir selbst. Ich versuchte es ein
drittes Mal. Wieder flehte ich: “Herr, Du weißt, um was
Dich meine Seele bittet.” Ich rang, ich rang
buchstäblich mit Gott und mit mir, bis ich mich zu einem
ergebenen “Fiat” durchgerungen hatte: “Wenn Du willst, o
Gott, daß ich Dein Priester werden darf, dann führe mich
zum Ziel; wenn Du aber willst, daß ich nicht mehr
heimkehre, daß ich dem Krieg zum Opfer falle, so
geschehe Dein heiliger Wille! Gib mir die Kraft zum
Opfern, zum Ausharren in Deiner Gnade!” Und jetzt ging
ich - innerlich befreit und wie erlöst - aus dem
Gotteshaus. Ich war gefaßt und hatte keinerlei Angst
mehr vor den Gefahren, die mich umgaben.
Der Vater im Himmel hat
Seine Hand über mich gebreitet und mich hindurchgeführt
durch ein Meer von Blut und Entsetzen, besonders in den
furchtbaren Kämpfen an der Somme. Wie durch ein Wunder
wurde ich dem Rachen des Todes entrissen und kam am 27.
Jan. 1917 unverwundet in die Gefangenschaft. Nach
Beendigung des Krieges konnte ich glücklich in die
Heimat zurückkehren und mein Studium vollenden. 1921
wurde ich im Dom zu Regensburg zum Priester geweiht. Wie
danke ich heute als 80-jähriger Priester aus tiefer
Seele für diese große Gnade und für die wunderbare
Gnadenführung Gottes! Wahrlich, das Geheimnis des guten
Gebetes liegt in dem Wort: “Vater, nicht wie ich will,
sondern wie Du willst!”
Vergessen wir nie!
Das ist die Kehrseite des
Vaterglaubens: Nur in der Erfüllung des Willens Gottes
gibt es ein reines Glück und einen wahren Frieden. Ja,
erst auf dem Wege sittlicher Kraftentfaltung wird der
Mensch zum Gotteskind, und erst, wenn er hier das
Höchste geleistet hat, was von ihm gefordert werden
kann, auch seinen Feind lieben und die segnen, die ihn
verfolgen und verleumden, verdient er, Sohn seines
Vaters in den Himmeln zu heißen, jetzt ist er vollkommen
geworden, wie auch sein himmlischer Vater vollkommen ist
(Mt 5,43-48). Es ist wunderbar ergreifend, wie hier mit
einer schlichten Selbstverständlichkeit das Schwerste
gefordert wird, Dinge, vor denen der nur auf sich selbst
gestellte Mensch zurückschreckt. Aber es ist die Liebe
des Kindes zu seinem Vater, der alle Last leicht und
jede Bürde süß macht, es ist jene echte Liebe, die jeden
Menschen weit über sich selbst hinaushebt, der nichts
unmöglich ist. Darum, Seele, warte still, was der Vater
schickt und will.
Mannhaftes Gottvertrauen
Pater Siegward, der
bekannte Schweizer Bauernseelsorger, kann die Wahrheit
folgender Begebenheit bezeugen. Er kennt diese Leute
persönlich.
Es war bei einem
Lawinenunglück in der Schweiz. Die Lawine hatte in
den Bergen Haus und Hof ins Tal hinuntergerissen, hatte
fünf kleine Kinder begraben, einen Burschen, der
den Stall besorgte, eine Tochter, die im Frühling diesen
jungen Burschen heiraten wollte. Sieben
weiße Särge! Zwölf Stück Vieh waren im Schnee erstickt.
Nicht genug des Leids.
Die Mutter lag krank im
Spital, der Vater war beim Militär. Menschlich
gesprochen hatte der Herrgott diesem Bauern alles
weggenommen. Diese Trauerbotschaft mußte der Vorgesetzte
dem Bergbauer-Soldaten mitteilen. Aus Sorge, diese
Prüfung könnte für den Mann zu schwer sein, sagte er ihm
zuerst: “Gebt mir den Karabiner!” Dann teilte er es ihm
mit.
Der Bauer konnte kein
Wort reden, suchte dieses Furchtbare hinunterzuwürgen
und sagte dann langsam im größten Schmerz: “Das Gewehr
gebe ich nicht aus der Hand. Ich bin Katholik. Ich
glaube an den Herrgott. Der Herr hat's gegeben, der Herr
hat's genommen, der Name des Herrn sei gebenedeit!” -
Der Vater im Himmel lohnte sein Vertrauen. Heute steht
eine neue Bergheimat da. Der Himmel schenkte ihm noch
drei Kinder.
Pater Siegward OMCap
In der Nähe von Kevelaer ist es passiert
Wallfahrer waren auf dem
Wege zur Muttergottes. Sie gingen linker Hand der
Straße, sangen und beteten. Da nimmt der Wind einer
Wittfrau das Gedächtnisbild ihres verstorbenen Mannes
aus dem Buch und wirft es auf die Straße. Die Frau will
das Bild retten, greift zur Straßenmitte hin nach dem
Bild. Da kommt gerade ein Fernlastzug und zermalmt sie.
Mitten auf dem Weg zur Mutter, das Herz in Andacht und
voll Vertrauen zur immerwährenden Hilfe. - Welche
Tragik!
So viele Leute glauben,
wenn sie mit dem lieben Gott oder auch mit einem
Heiligen auf gutem Fuß stehen, dann müßte sich das Leben
einigermaßen harmonisch abwickeln. Dann dürfte es kein
Leid geben. Dem ist nicht so. Sagt nicht der göttliche
Kreuzträger, der Schwerstes an Leib und Seele erlitten:
“Wer Mein Jünger sein will, nehme täglich sein Kreuz auf
sich und folge Mir nach!” - Gleichsam hinein in die
dunkle Leidensnacht, die Er erlitten. Was der Vater von
uns erwartet, ist die Bereitschaft, Seinen Willen zu tun
und anzunehmen, was immer er auch für uns bedeuten mag:
Verlust, Krankheit, Verlassenheit, Hilflosigkeit,
Verzicht, Tod. Wie wenige Seelen haben den lebendigen
Glauben, daß alles Geschehen von Gott zu unserem Heil
gewirkt sei. Es geht uns wohl allen wie jenem braven, in
seinen Jugendjahren erblindeten Edelmann, der mir
gestand: Anfangs meinte ich, dem lieben Gott sagen zu
müssen: “Ich kann Dich nicht mehr lieben ob dieses
großen Kreuzes”; dann aber beugte ich meinen Willen
liebend dem Seinen - und das hat mich innerlich sehend
gemacht.
Gottes Vorsehung hat immer ein Ziel
auch wenn der Weg zum
Ziel uns unverständlich erscheint. Die Hauptstadt
Brasiliens, Rio de Janeiro, war früher eine ganz
ungesunde Stadt. Viele feuchte Stellen boten ungezählten
Moskitos Brutplätze, und das war wiederum die Ursache
für eine unheimliche Geißel: das tödliche gelbe Fieber.
Da ließ 1898 ein großzügiger Staatspräsident die Stadt
von Grund auf umbauen. Ein langer Bergrücken zog sich in
die Stadt hinein, er wurde unter ungeheueren Kosten
abgetragen. Die Erde wurde ins Meer geschüttet, so daß
die Stadt am Gestade Raum gewann. Die Sümpfe ließ er zuschütten und
austrocknen. Dann kam das zweite: Quer durch die Stadt
schlug man ein paar schnurgerade, breite Straßen; was im
Wege war, wurde abgetragen, und wenn es das kostbarste
Gebäude war. Die Menschen schüttelten den Kopf. Die
Ausgaben wuchsen ins Ungeheuere, aber der Präsident
blieb fest, und er hatte recht. Denn kaum war beides
geschehen, da fegte der frische Seewind durch die Stadt.
Die Mücken verschwanden, die Stadt wurde gesund, und nun
begann ein gewaltiger Aufstieg. Die breiten Straßen
wurden mit schönen neuen Häusern bebaut und mit Palmen
geschmückt. Das Land, das man am Gestade neu gewonnen
hatte, wurde angepflanzt, es entstanden Parks, in denen
die Mütter ihre Kinder spazieren fahren konnten. Es
dauerte nicht lange, da war Rio de Janeiro eine der
schönsten, gesündesten und reichsten Städte der Welt.
Dem Präsidenten hat man ein Denkmal gesetzt. Der Mann
wußte, was er wollte. Er riß nieder - und das tat weh -,
aber er hatte seine Pläne dabei. Letzten Endes hat er
mehr geschenkt als genommen. - Können wir dieses Handeln
nicht vergleichen mit dem Wirken und den Plänen der
göttlichen Vorsehung? Wenn wir auch oft zu kurzsichtig
sind, um Gottes Pläne zu verstehen, wir wissen und
glauben es, daß Gott es immer gut mit uns meint, ob Er
nimmt oder ob Er gibt.
Keiner ist verlassen
-
Eine Wienerin erzählt:
Als ich in den ersten
Nachkriegsjahren vorübergehend in einem Krankenhaus
tätig war, fiel mir eines Tages eine vornehme junge Dame
auf, die ganz in Schwarz gekleidet am Bette eines
Patienten neben dessen Gattin saß. Ihr Anblick erweckte
in mir den Eindruck, daß sie Schweres erlebt haben
mußte. Unwillkürlich fühlte ich mich gedrängt, mit ihr
ins Gespräch zu kommen. Der Patient stellte mir diese
Dame als seine Chefin vor, und ich erfuhr in kurzen
Umrissen das furchtbare Unglück, das diese Frau
getroffen hatte. Nach der Besuchszeit lud ich sie ein,
mit mir in den Garten zu kommen.
Nun erzählte sie mir in
allen Einzelheiten, wie ihre Fabrik und ihr daneben
befindliches Wohnhaus von Bomben zerstört, wie
ihr Gatte und ihre beiden Kinder sowie ihre
Schwester zusammen mit noch 80 ihrer Angestellten unter
den Trümmern tot begraben wurden. Sie selbst
war mit drei anderen Frauen am Leben geblieben. Nun
wohne sie im Haus ihrer Schwiegermutter. Außer einigen
Habseligkeiten, die sie anderswo untergebracht hatte,
sei ihr nichts geblieben, als das Kind, das sie noch
unter dem Herzen trage und für dessen Lebensfähigkeit
sie nur wenig Hoffnung hege, weil sie nach dem Einmarsch
der Besatzungsmacht von einem Soldaten über die
Kellerstiege gestoßen worden sei, nachdem sie vorher
sein Opfer geworden war. Leid über Leid!
Mich hatte dieser Bericht
zutiefst erschüttert. Noch mehr aber die Trostlosigkeit,
die sich ihrer bemächtigt hatte.
Sie schien keinen Ausweg
mehr zu sehen,
der ihr Leben noch
einigermaßen lebenswert erscheinen ließ. Wir sprachen
lange miteinander. Ich lud sie ein, wieder zu kommen,
und sie kam wieder. Ich machte sie mit unserem
Seelsorger bekannt; sie legte eine aufrichtige Beichte
ab. Mit der Gnade Gottes fing sie
langsam wieder an, aufzublühen und mit froher Erwartung
dem Tag entgegenzusehen, an dem sie ihrem Kind den
Eintritt in die Welt schenken durfte.
Das Kindlein kam zur
Welt, gesund und wohlgestaltet, und wurde getauft auf
den Namen des toten Schwesterchens Elisabeth. Ich selbst
durfte Taufpatin sein. Und weil das Krankenhaus der hl.
Elisabeth geweiht war, so wollte sie die Taufe unbedingt
in unserer Spitalkapelle haben. Mit großer Rührung nahm
der Seelsorger die Spendung des Sakramentes vor.
Das Kind gedieh prächtig,
und die Mutter sah in ihm einen neuen Lebensinhalt. Wohl
gab es noch bange Stunden der Erinnerung, aber es blieb
ihr nicht viel Zeit zum Nachdenken. Nun hieß es ja, sich
selbst und dem Kind einen geordneten Lebensunterhalt zu
schaffen. Einige Filialen der Fabrik wurden
instandgesetzt, Verträge geschlossen. Langsam kam wieder
Leben in die Geschäfte, und mit viel Kampf und Mühe
gelang schließlich alles zum besten.
Wenn ich sie besuchte,
wußte sie mir immer Dinge zu erzählen, die sie sonst mit
niemandem besprach. So sagte sie mir einmal: “Sooft
schon war ich draußen auf dem Trümmerhaufen unserer
Fabrik und unseres Hauses, um wenigstens einiges
auszugraben, was noch verwendbar wäre. Kürzlich war ich
wieder dort, und ich habe mir so innig gewünscht, das
Werk über die kleine hl. Theresia zu finden, das ich in
meinem Besitz hatte. Ich grub an der gleichen Stelle wie
schon so oft, ohne daß ich es gefunden hätte. Diesmal
aber fing ich wieder an zu graben, und das erste, was
mir in die Hände fiel, war gerade dieses Buch. Wie sehr
habe ich mich darüber gefreut!”
Ein andermal erzählte sie
mir folgende Begebenheit: “Ich hatte eine so große
Sehnsucht, die Geschichte aus der Bibel über den
schwergeprüften Job zu lesen; aber wo eine Bibel
hernehmen! Wie ich beim Friseur sitze, spielte ein
kleiner Bub mit einem Buch, das schon recht hergenommen
ausgesehen hat. Ich sage: ‘Ja, was hast du denn da für
ein schönes Buch? Zeig es mir einmal! Die Mutter wehrt
gleich ab und will nicht, daß ich das Buch zu Gesicht
bekomme. Ich aber achte nicht darauf und sage wieder:
Geh, zeig mir doch dein schönes Buch! Da legt es mir der
Kleine aufgeschlagen auf den Schoß; ich kann mich vor
Staunen nicht fassen, da es ausgerechnet die Geschichte
vom Job ist. Die Eltern, die, wie ich weiß, Kommunisten sind, haben sich für die Bibel geschämt!”
Ja, solche Erlebnisse
wußte sie mir öfters zu erzählen, und ich erkannte, mit
wieviel Liebe dieses Menschenkind von oben her geführt
wurde. Wie viele Glaubenserfahrungen läßt Gott die
Menschen machen, damit sie immer wieder an Ihn - den
Herrn und Vater erinnert werden.
I. H., Mai 1970
Achten wir einmal darauf,
wie oft die Kirche in der hl. Messe betet 1. Gott,
allmächtiger Vater, 2. Heiliger Vater, 3. Gütiger Vater!
Wahrlich, wir dürfen uns durch Jesus Christus in die
Hände dieses allmächtigen, heiligen, gütigen Vaters voll
Vertrauen legen. Im Sanskrit, einer indogermanischen
Sprache, gibt es ein Wort für Gott: Pitaru. Das heißt:
Gott ist Vater und Mutter zugleich. Wie tief ist dieses
Wort! In Gott ist das Verstehen
von Vater und Mutter zugleich. Dieser gute Gott wartet
darauf, daß du alles, womit du nicht fertig wirst, Ihm
bringst.
Mein Vater!
Laß mich Dein Wirken in
jedem Geschöpf, das mich verwundet, in jedem Ereignis,
das mir den Weg versperrt, ebenso erkennen wie in jeder
Freude, die mich beglückt. Laß mich in der Praxis
verstehen, daß es trotz der unendlichen Vielfalt der
Ursachen doch nur eine Erstursache gibt - und diese
Ursache bist Du - o Vater. Die Hand ist immer die
gleiche, doch sie wechselt den Handschuh, je nachdem sie
mich mit ihrer Berührung betrübt oder tröstet. Gott mein
Vater, immer ist es Deine gute, zarte Hand, die meine
Hand in die ihre nimmt und festhält, um mir zu sagen:
“Ich liebe Dich!” Doch mag eine Hand noch so sanft sein,
wenn sie die meine mit einem eisernen Handschuh faßt und
drückt, fühlt sie sich immer hart, wenn nicht gar
schmerzhaft an. Mit einem Lederhandschuh bedeutet ihre
Berührung zumindest eine Geduldsprobe. Wir möchten immer
den Samthandschuh fühlen, aber Du, o Herr, Du schonst
ihn scheinbar mehr als die andern...
Tue, wie Du willst, mein
Vater! Laß Dich durch mich nicht behindern! Nimm den
Handschuh, den Du willst. Halte mich so fest, wie Du
willst. Lasse mir nur die eine kindliche Freiheit, den
Handschuh zu entfernen und Deine Hand zu küssen!
Ausspruch eines gottseligen Menschen; zitiert von
Kardinal Suenens
In Chinas
Kerkerzellen
- Missionsbischof Karl
Weber SVD berichtet
40 Jahre war ich Missionar in China. 1939
wurde ich in Tsingtau zum Bischof geweiht. Über zwei
Jahre war ich im kommunistischen Kerker. Dort habe ich
gelernt, was Leid ist. Aber dort hat Gott mich auch
gelehrt, wie man mit dem Leid fertig werden kann. So
will ich euch, all ihr lieben Kreuzträger, jetzt aus
dieser meiner Kerkerhaft einiges erzählen. Vielleicht
kann ich euch dann auch etwas von der
Gnadenkraft Christi
weitergeben, die mir dort zuteil geworden ist.
26 Monate lang
hat man mich der Freiheit
beraubt und mit 9 gefangenen Chinesen in eine Zelle
gesperrt. Hinter dicken schwarzen Eisenstäben saß ich
getrennt von der Welt, getrennt von meinen Christen,
getrennt von meiner Arbeit. Nicht einmal auf- und
abgehen durfte ich im Gefängnis. Nie durfte ich mich im
Gefängnishof ergehen. Zwei volle Jahre hatte
ich bewegungslos nur auf dem harten Boden zu hocken.
Dabei wurde ich beständig gequält: von den Richtern in
40 schweren Verhören, die jedes Mal viele Stunden
dauerten; von den eigenen Zellengenossen, die mich
beschimpften, herumzerrten, auch anspieen. Und immer und
überall diese Schikanen, so beim erbärmlich armen Essen,
auf der Toilette, während der Nacht: “Alles, was du tust
und sagst, ist unrecht: und alles, was du nicht tust und
nicht sagst, ist erst recht verkehrt.” Ich sollte
solange bearbeitet werden, bis ich auch nur einmal
eingestehe, ich sei nach China gekommen, um das Volk
auszuspionieren, um es den imperialistischen Völkern
Europas und Amerikas in die Hände zu spielen. Das
verweigerte ich. Um mich aber doch mürbe zu machen,
wurde ich
zweifach gekettet.
Sie legten mir die
Handschellen an, und beide Füße wurden in eine schwere
Kette geschlossen. Ich trug sie in Ehren, diese Ketten 5
Monate lang Tag und Nacht. Die Handschellen waren mein
Armband, die Fußketten nannte ich Schmuckstück. Nun die
entscheidende Frage: Wie habe ich das alles hingenommen?
Ich gestehe es offen: In den ersten 4 Wochen hatte sich
mein Gemüt aufgebäumt gegen eine solch offenbare
Ungerechtigkeit. Ich, der Apostel Jesu Christi, soll
mitten in Ketten und Kerkerhaft mit Schmerz und Qual und
verächtlichem Hohn gezwungen werden, meinen
Priesterberuf zu verleugnen, soll mich als Verräter
bekennen an meinem geliebten chinesischen Volk! Aber
siehe! Nach dem ersten Sturm ertrug ich die Kerkerhaft
nicht bloß geduldig, sondern willig und zuletzt freudig.
Ich sagte mir:
Bejahe deine Leiden!
Trage sie mit Christus,
der mehr als du gelitten hat! Trage sie wie Christus,
still ergeben, ganz willig! Du bist geborgen in Gottes
Vaterhänden. Nach zwei Monaten Gefängnis wurde ich bei
einem langen Verhör ohnmächtig und fiel um. Dabei
zerbrachen mir die Brillengläser. Nur zwei Tage habe ich
meiner Brille nachgetrauert, dann sagte ich mir: “Karl,
schau in dich!” Das hat sich bewährt. Warum? Weil sich
dem Einsamen die Gnade des göttlichen Lebens offenbart.
Wir sollten die Führung verstehen und Türen öffnen, die
innerwärts gehen - hinein in die Liebe Gottes, in Sein
Erbarmen. Vom geduldig ertragenen Leiden eines jeden
strömt Segen aus, reicher Segen für die Seelen. Auch von
euren Opfern, ihr lieben, leidenden Brüder und
Schwestern. Ein alter Missionar weiß,
wie oft
dieses euer still
getragenes Opfer
die einzige Hoffnung war,
daß vor dem Licht des Wortes und dem Geist der Gnade die
Finsternis der Sünde und die Nacht des Heidentums
weichen mußte. Nur ein Beispiel: In der westlichen
Hälfte meines Missionsgebietes konnte das Christentum
jahrzehntelang keinen Fuß fassen. Meine Bekannten in der
Heimat versprachen Gebet und Opferhilfe und siehe, nach
sechs Jahren entstanden in dieser Gegend vier Stationen
mit über 3.000 Getauften. Ich bitte: schaltet euch ein
in den Abwehrkampf gegen den Kommunismus! Eure Gebete
und Opfer werden die Gottesfeinde von unseren
Grenzen fernhalten. Helft unseren gefangenen
Schwestern und Brüdern, die zu Abertausenden in den
kommunistischen Kerkern, in Arbeitslagern schmachten.
Sie sehnen sich nach eurer Hilfe, wie ich mich im Kerker
darnach gesehnt habe. Und sie werden, wie auch ich,
durch euch getröstet. Darum noch einmal: lernt euer Leid
zu meistern! Vergeßt es nie: ein halbes Opfer blutet,
ein ganzes Opfer flammt. - So schreibt ein
heiligmäßiger Chinamissionar, erfüllt von der glühenden
Liebe Christi, aber auch geführt von Gottes guten
Vaterhänden. Am 15. Nov. 1970 durfte er heim ins ewige
Vaterhaus.
[Bischof Karl Weber SVD]
Ein tiefer Dankesgruß
sei im Namen der Mutter
Kirche all den vielen, tapferen Kreuzesträgern an dieser
Stelle gesagt, all denen, die Tag für Tag ihr “Ja Vater”
mit Ergebung sprechen und schweigend nur im Willen
Gottes leben. Was seid Ihr verborgenen Dulder, ihr
stillen Beter, ihr unbekannten Leidensseelen ein
gewaltiger Segen im Reich Gottes. Euer Ja zum Willen
Gottes ist nicht Schwäche, sondern eine bewußte,
kraftvolle Willensäußerung; denn der
Mensch, der das “Ja und das Fiat mihi” ehrlich zu allem
Kreuz und zu aller Not spricht, der muß sich wirklich
Gewalt antun. Der hat aber auch sühnende Gewalt für
viele.
Paulus, der Schwergeprüfte
Einer der größten
Kreuzesträger war der Völkerapostel Paulus. Er schreibt
an die Hafenarbeiter. und Fischer in Korinth: “Damit ich
mich nicht überhebe, ward mir ein Stachel ins Fleisch
gegeben, ein Satansbote, mich ins Gesicht zu schlagen.
Dessentwegen habe ich den Herrn dreimal angerufen, daß
dieser von mir weichen möge, aber er sagte mir: Meine
Gnade genügt dir. Denn die Kraft kommt zur Vollendung in
der Schwachheit. - Gerne will ich mich darum viel mehr
meiner Schwachheit rühmen, damit sich die Kraft Christi
auf mir niederlasse.” (2 Kor 8f.)
Wir vermögen nicht mehr
mit Sicherheit zu sagen, welcher Art Pauli Leiden
gewesen ist. Aber die starken Ausdrücke, die Paulus hier
und Gal. 4,13 ff gebraucht, legen es nahe, an ein
schweres Nervenleiden zu denken, das mit starken
körperlichen Erschütterungen verbunden war. Wie schwer
mag diese Feuerseele an ihrem schwachen Leib getragen
haben, der so oft versagte, wenn der Geist neue
Ansprüche an ihn stellte; wie stark mag auch seine
Missionsarbeit gelitten haben, wenn er längere Zeit, wie
es in Galatien geschah, krank darniederlag. Da bittet er
dreimal seinen Gott, daß er ihn heile, um seines Werkes,
um der Mission und der Seelen willen. Aber sein Gott
gibt ihm die Antwort, die nur der Heilige ertragen
konnte und die jeden Eigenwunsch für immer begrub: “Es
genügt dir meine Gnade.” Gottes Kraft feiert ja ihren
höchsten Triumph, wenn sie sich an der Schwachheit
offenbart und ihre Siege und Erfolge mit so
unzulänglichen Mitteln zu erringen weiß. Nicht das Kreuz
hat ihn bezwungen, sein Gottvertrauen und seine
Christusliebe haben das Kreuz bezwungen und es in
reichen Gottessegen verwandelt.
Auch Paulus weiß aus
hundertfältiger Erfahrung, daß alles Leid bitter und
jedes Kreuz hart ist, er weiß auch, daß Gott selbst
Seinen Auserwählten das Kreuz nicht nimmt, sondern es
mehr noch verdoppelt, damit die Kraft in der Schwachheit
vollendet werde, damit die Seele reif werde in der Glut
des Schmerzes, wie die edle Traube köstlicher wird, je
mehr die Sonnenglut sie zu versengen scheint.
Und so kann der Apostel
all seine Frömmigkeit, sein Glauben und Hoffen, sein
Lieben und Vertrauen in das köstliche kleine Wort
gießen: “Wir wissen, daß denen, die Gott lieben, alle
Dinge zum Besten gereichen.” (Röm 8,28.)
Und ein ganz großer, der
in der Schule Christi und Pauli heilig geworden ist, der
den Geist der Frömmigkeit begriffen hat, der aus ihnen
spricht, St. Augustin, hat den Mut hinzuzufügen: sogar
die Sünden.
Der unmittelbare Ertrag
dieses Vaterglaubens ist in der paulinischen Frömmigkeit
der unverbrüchliche Gehorsam gegen Gottes Willen und ein
so gewaltiges Gottvertrauen, daß es den Menschen über
alles Leid und über jedes Schicksal hinaus hebt. “Ich
vermag alles in dem, der mich stärkt,” Phil 4, 13.
P. Engelmar Unzeitig,
Mariannhiller Missionar, schrieb folgende ergreifende
Worte.
“All unser Tun, unser
Wollen und Können, was ist es anders als Seine Gnade,
die uns trägt und leitet. Wir wollen uns restlos Seinem
Willen hingeben.” Er starb als “Engel von Dachau” erst
34-jährig im KZ am 2. März 1945. - Selig gesprochen.
“Er entriß mein Leben dem Untergang”
Erschütternder Bericht eines ehemaligen KZ'lers
Julius Ludwig, der heute
USA-Staatsbürger ist und ein angesehener Schriftsteller,
berichtet voll tiefer Dankbarkeit aus seinem Leben:
Als Deutscher in
Oberschlesien geboren, gehörte ich zu jenem Teil des
Landes, der im Oktober 1921 von den Alliierten dem
polnischen Staat zugeteilt wurde. Das Leben im damaligen
Polen war sehr opferreich. Es gab große
Arbeitslosigkeit; das polnische Volk aber war tief fromm
und bekenntnisfreudig. Das religiöse Leben blühte und
entfaltete sich vor allem in der katholischen Aktion.
Ich durfte in der katholischen Jugendbewegung
mitarbeiten. In Wort und in Schrift trat ich für die
katholischen Belange ein. Es war ein erfolgreiches
Wirken. Allein im polnischen Oberschlesien waren 250 000
Mitglieder der katholischen Aktion tätig.
Mitten in dieses blühende
Wachstum religiösen Lebens schlug der 2. Weltkrieg wie
ein Blitz aus heiterem Himmel. In der Nacht zum 1. Sept.
1939 ließ Hitler Polen mit Waffengewalt überfallen und
Oberschlesien sofort dem groß-deutschen Reich
angliedern.
Jetzt begann eine
grausame Verfolgung
der aktiven polnischen
Katholiken. Alle führenden Katholiken wurden sofort
verhaftet und in die Konzentrationslager gesteckt; die
männlichen kamen nach Sachsenhausen, die weiblichen nach
Ravensbrück. Nicht weniger als 70 angesehene Hochschulprofessoren der Jahrhundert alten Universität Krakau
wurden damals in das KZ Sachsenhausen eingeliefert; nur
40 haben es noch lebend verlassen.
Ich selbst wurde am 27.
Sept. 1939 verhaftet und in Sachsenhausen eingeliefert,
sodann war ich in Oranienburg, Mauthausen und Gusen,
fünfeinhalb Jahre vielen schrecklichen Schikanen
ausgesetzt. Sommer wie Winter wurden wir Häftlinge um
4.25 Uhr geweckt, Wehe, wenn wir nicht gleich aus den
Betten sprangen; nicht selten wurden dann Säumige von
den SS-Männern mit Gummiknütteln geschlagen. Um 6 Uhr
war Appell auf dem großen Platz, dann Abmarsch zu
unseren Arbeitsplätzen. Ich arbeitete im Klinkerwerk, wo
5.000 Häftlinge Frondienst leisteten.
Unsere Verpflegung war
recht armselig und unzureichend: Morgens Gries- oder
Mehlsuppe ohne Brot, manchmal bitterer schwarzer Kaffee
aus Bucheckern. Mittags gab es eine Schüssel Kohlsuppe,
Rüben- oder Dürrgemüse. Abends ein Pfund Schwarzbrot,
etwas Marmelade und ein Blättchen Blutwurst.
Die schwere pausenlose
Arbeit in der Tongrube, dazu eine Kost ohne Fett und
Eiweiß zehrten die Kräfte auf, meine Beine wurden dick,
ich konnte mich kaum mehr vorwärts schleppen. Meine
Kameraden trugen mich zum Appellplatz, damit ich
mitgezählt werden konnte. Schließlich kam ich ins Revier
(Krankenabteilung). Ein krimineller Häftling, im Beruf
Kellner, machte einmal bei mir einen chirurgischen
Eingriff; ein Arzt, deren zwei mit mir die Loren im
Klinkerwerk schoben, durfte es nicht. Schon war ich vier
Monate im Revier, da kam vom Kommandanten des Lagers der
Befehl, alle Unheilbaren mit einer Phenolspritze zu
töten. Auf die Frage des dazu beauftragten Mithäftlings,
wie es mir ging, antwortete ich lächelnd: “Ich danke,
heute ein paar Strichlein besser”. Da sagte er zum
Kollegen, einem deutschen Kommunisten: “Lassen wir's
sein, der Hund krepiert in dieser Nacht sowieso”.
So bekam ich die
Todesspritze nicht.
Am nächsten Morgen lagen
zehn meiner Kameraden, denen man die Spritze gegeben
hatte, tot im Bett. Ich blieb am Leben. - Dank der
gütigen Vorsehung. Von Sachsenhausen kam ich in das
Lager Oranienburg. Dort arbeiteten 8.000 Häftlinge in
den sogenannten Heinkel-Flugzeugwerken. Vom Herbst 1943
an begannen die Bombardierungen dieser Arbeitshallen
durch alliierte Flugzeuge. Beim Alarm mußten wir sofort
in unsere Bunker. Das waren unsere Schlafstellen. Am 17.
April 1944 durften wir beim Alarm nicht in unseren
Bunker, er war bereits voll von Kapos, Blockältesten,
Kriminellen und anderen Häftlingen und es geschah, daß
gerade an diesem Tag der Bunker zwei Volltreffer bekam.
300 der Kapos und Häftlinge verbrannten bei lebendigem
Leib. Wir haben sie hernach verkohlt aus dem Bunker
gezogen. Welche Fügung! Gerade an diesem Tag durften wir
nicht in den Bunker hinein. Kapos haben uns mit Stöcken
buchstäblich aus dem sicheren Tod ins Leben getrieben.
Welch eigenartiger Methoden bedient sich manchmal der
himmlische
Vater!
Als die Russen Anfang des
Jahres 1945 mit Feuer und Panzern gegen Brandenburg
anrückten, wurden viele Häftlinge nach Mauthausen
abgeschoben. Auch ich war darunter. Am 4. März 1945 kam
ich ausgemergelt und ausgehungert im Viehwagen dort an.
Das Lager dort war überfüllt, sodaß wir zu dritt in
einem Bett schlafen mußten. Drei Transporte vor uns ließ
der unmenschliche Kommandant Ziereis alle dort
ankommenden Häftlinge furchtbar quälen, bevor er sie auf
die Baracken verteilte. Er ließ sie im Waschraum
mit warmem Wasser berieseln und dann
nackt auf den
Appellplatz jagen,
wobei sie im Februar bei
15-20 Grad Frost stundenlang stehen mußten. Hunderte
dieser armen Menschen brachen unter dieser schrecklichen
Tortur tot oder schwerkrank zusammen. Die Toten kamen
ins Krematorium, die Kranken bekamen Phenolspritzen, daß
sie starben. Von 800 Häftlingen aus einem einzigen
Transport blieben nur 230 am Leben. Ein Häftling, der
diese Tortur überlebte, erzählte mir, daß er bei diesen
schrecklichen Frostqualen immerzu gebetet habe:
Jesus, Maria, Josef, rettet mich”. So hatte ihn
seine gute Mutter gelehrt, in jeder Lebensgefahr die
heiligsten Namen anzurufen. “Ich war”, so erzählte er
mir, “nahe dem Zusammenbruch, denn die SS-Männer trieben
uns nicht nur einmal nackt vom warmen Bad in die
winterliche Kälte, sondern ein zweites und ein drittes
Mal erst in die warme Brause, dann in den erstarrenden
Frost.” Dieser Häftling überlebte all diese
schrecklichen KZ-Martern und lebt jetzt in Polen. Mit
Gottes Hilfe durfte auch ich die Mördergrube von
Mauthausen überstehen. Ich kam dann nach Gusen. Vor
Hunger und Elend trugen mich kaum mehr die Füße.
Ich betete viel um die
Kraft von oben
Eines Tages bat ich den
Blockschreiber um Zuteilung zu einer Arbeit. Er gab mir
einen Besen, um den Appellplatz zu fegen. Ich tat's, so
gut ich konnte. Gott hat sich dieser Fegearbeit bedient,
um mich zum dritten Mal vom sicheren Tod zu erretten;
denn an diesem Samstag mußten alle Häftlinge vor dem
Block antreten. SS-Männer musterten uns und wiesen die
einen zur Linken, die anderen zur Rechten. Ich wußte
nicht, was diese Musterung bedeuten sollte. Nun rief der
Blockschreiber: Ich will mir den Block nochmals
besichtigen. Als er vor mir stand, sagte ich ihm:
“Kamerad, ich habe heute gearbeitet, ich habe den Platz
gefegt.” Daraufhin machte er eine Handbewegung, zeigte
auf die Gruppe zur rechten und sagte: “Gehe dorthin”. So
ging ich von links nach rechts, ohne zu wissen, daß ich
vom sicheren Tod ins Leben ging. Ich kam nämlich auf
einen anderen Block: Alle aber, die dort links standen,
wurden in der Nacht mit Gas vergiftet. Davon erfuhr ich
erst später, da solche Geheimnisse im Lager
geheimgehalten wurden. Wie hat Gott mein Vertrauen
belohnt!
Endlich, am 5. Mai 1945
brachten uns die amerikanischen Soldaten
die ersehnte
Freiheit.
Tiefer Dank gegen Gott
erfüllte meine Seele. Der Herr hat buchstäblich das Wort
des Psalmensängers wahr gemacht: “Er hat mein Leben vor
dem Untergang bewahrt.” Nach meiner Befreiung aus dem
Konzentrationslager kam ich über Regensburg nach
Straubing. Zum Dank für die Vatersorge Gottes schaltete
ich mich sofort in das katholische aktive Leben ein. Ich
half in drei Pfarreien die katholische Mission gründen
und arbeitete für die hohen Ziele der
Marien-Ritter-Bewegung. Meinen Lebensunterhalt verdiente
ich als Dolmetscher und Sekretär der UNRRA (der
internationalen Hilfsorganisation für Verschleppte).
Als diese Organisation
ihre Hilfe einstellte, wanderte ich nach Amerika aus
(1951). Ich fand Arbeit in einer großen Handelsfirma in
Detroit. Meine Freizeit gehörte der intensiven Arbeit in
der katholischen Männerbewegung. Für die 400 000
polnischen aktiven Mitglieder hielt ich im Detroiter
Rundfunk WJLB periodisch religiöse Vorträge. Jede
Rundfunkstation in Amerika muß jede Woche sieben Stunden
religiösen Fragen widmen, sonst würde sie die staatliche
Lizenz verlieren. Ich nützte diese Gelegenheit
reichlich.
Als ich nach 30 Jahren
als amerikanischer Staatsbürger meine polnische Heimat
besuchte, wurde ich von den Behörden sowie von meinen
Landsleuten sehr gut aufgenommen. Wiederholt baten mich
dort Bischöfe und Priester, über religiöse Themen zu
sprechen. Ich tat es in vielen Kirchen und Sälen.
Manchmal war ich
am Sonntag sieben Mal auf
der Kanzel
Als katholischer Laie
sprach ich über 23 religiöse Themen, immer in
überfüllten Kirchen. An Pfingsten 1968 durfte ich zu 200
000 katholischen Männern und Jungmännern der Diözese
Kattowitz auf dem Kalvarienberg in Piekary in Gegenwart
des Bischofs sprechen.
Bei dieser Kundgebung ist
es polnischer Brauch, die Opfergaben der einzelnen
Stände zum Altar zu bringen: Mit den Hüttenarbeitern,
die Eisenstäbchen brachten, mit den Bauern, die
Lebensmittel überreichten, mit den Handwerkern und ihren
Opfergaben, durfte ich als Vertreter der Intelligenz
meine zwei Bücher, die ich geschrieben habe, auf den
Altar legen. All diese Gaben brachte dann der Bischof
als Opfergaben dar.
Nachdem mein polnisches
Visum abgelaufen war, verließ ich Polen und machte eine
notwendige Kur in Bad Hall (Österreich) und ließ mich
dann im sogenannten Mühlviertel in Lembach nieder. Hier
in Österreich kann und darf ich als katholischer Laie
ebenfalls viel wirken in Versammlungen und auch auf der
Kanzel. In einer Zeit, in der Satan seinen heißen Atem
immer verderblicher in alles Geschehen bläst, heißt es
immer tapferer und opferbereiter in einer Linie mit
Christus zu stehen. Ich weiß, der Herr hat mich aus
Verfolgung und Todesnot errettet, damit ich Sein
wunderbares Walten vor aller Welt bekennen und preisen
darf. Ihm sei Dank!
Julius Ludwig,
Schriftsteller
Pater Josef Kentenich,
der Gründer der Schönstattbewegung - ein Priester und
Apostel unserer Tage (gest. 15. 9. 1968) verfaßte im
Konzentrationslager Dachau unter anderem folgende kurze,
inhaltstiefen Zeilen als Morgengebet:
Laß allezeit an uns
geschehen, Was Du für uns hast vorgesehen!
Wir kennen nur ein
einziges Sehnen:
Führ uns nach Deinen
weisen Plänen.
Pater Kentenich war wie
wenige in seinem Leben vom Vater-Gott Gedanken erfüllt
und ist einer der treuesten Künder dieses großen
Gedankens geworden.
Warum verhindert Gott
nicht
die grausamen
Verfolgungen, KZ's und Kriege? Ich stelle die
Gegenfrage: Warum verhindert Gott nicht die täglichen
Sünden? Aus ihnen ballt sich das Gewitter der Kriege
zusammen: Aus dem Neid, Streit und Haß in den Familien,
Gemeinden und Nachbarländern. Ich frage tiefer: Warum
schlägt Gott den Menschen nicht die Sünde aus der Hand,
wenn sie Böses tun wollen? Weil er die Menschen frei
erschaffen hat und den freien Willen des Menschen wahrt
und berücksichtigt. In der vernunftlosen Natur wirken
eherne Gesetz, die der Freiheit keinen Raum lassen. Beim
Menschen aber lehnt Gott den Zwang ab. Er läßt den
Menschen den freien Willen, bis in dessen letzte und
kleinste Entscheidungen, damit sich der Mensch bewähre
in Liebe. Bewährung ohne freie Entscheidung ist
unmöglich. Liebe ohne Freiheit gibt es nicht. Hielten
alle Menschen in Liebe die Gebote Gottes, es gäbe kein
Verbrechen, keinen Krieg mehr. [Kentenich ist leider im
Verdacht seine Kompetenzen überschritten zu haben.]
Das Beispiel eines verbannten Priesters
Der Priester Stefan Hodes
ist 57 Jahre alt und hat seit 1938 unter faschistischer
oder kommunistischer Diktatur 25 Jahre im Gefängnis
gesessen. Dann wurde er mit anderen ehemaligen
Häftlingen in ein unzugängliches Dorf verbannt, wo
Schnee und Tauwetter sechs Monate im Jahr jeden Verkehr
unmöglich machen. Er fand eine verbitterte Bevölkerung
vor. Aus seinem Priestertum hat er jedoch die Kraft
geschöpft, sein eigenes Elend zu vergessen und sich über
das Leid anderer zu beugen. Er hackt Holz und kocht für
die Kranken oder wacht an ihrem Lager. Er sorgt für zwei Waisen,
die er bei sich aufgenommen hat. Durch Schlamm und
Schnee geht er eine Tagreise weit, wenn es in der
Nachbarschaft Medikamente gibt. Völlig erschöpft hat man
ihn unlängst in einer eiskalten Hütte gefunden, wo er
achtzehn Stunden am Sterbebett eines Zigeuners
ausgehalten hatte.
Sein stiller Dienst hat
Wunder gewirkt. Die Ausgestoßenen im Dorf bilden jetzt
eine große Familie, in der alle miteinander beten,
leiden und ihre kleinen Freuden teilen. Von weit her
kommt das Volk zur Messe des verbannten Priesters. Wo
der Haß Pflicht ist und das System Lösungen verspricht,
die immer ausbleiben, hat sein überzeugendes Leben
Hunderten die Gewißheit gegeben,
daß Gott ihr liebevoller
Vater ist.
Junge Menschen besuchen
ihn im geheimen. Zwanzig Jahre hatten sie nur Marx zum
Lehrer gehabt; jetzt sind sie leer und wollen von ihm
die Botschaft Gottes vernehmen. In einer Gesellschaft,
die der eisige Atem des Atheismus bis zur Leblosigkeit
erstarren ließ, wurden ihre Herzen von seiner Liebe und
von seiner menschlichen Wärme wieder aufgetaut. Aus
solchem Leid, aus solchen Opfern strömt Segen.
Pater Werenfried von
Straaten
Es ist wahr, es bedarf
eines großen Vertrauens, um sich unbedingt der
göttlichen Vorsehung zu überlassen. Wenn wir ganz aus
unserem Selbst herausgehen und uns in Gottes Arme
werfen, übernimmt der Herr alles für uns und sorgt ganz
wunderbar für uns. Es genügt mir zu wissen, daß Gott bei
mir und in mir ist mit Seiner Gnade.
Beispielloses Leid in einem Priesterhaus
Um so größere Treue zu
Gott
Der orthodoxe rumänische
Schriftsteller Virgil Gheorghiu erzählt 1965 in seinem
Buch: “Von fünfundzwanzig Uhr bis zur Ewigkeit” unter
anderem aus seiner Kindheit: Mein Vater war ein
orthodoxer Pfarrer in der Gemeinde Petrodava in den
Ostkarpaten; er hatte mich bei meiner Geburt nicht beim
Standesamt des Dorfes angemeldet. Die Gendarmen waren
darum gekommen um ihn zu verhaften, und ins Gefängnis zu
werfen. Es war in meinem Land eine furchtbare Gefahr,
geboren zu werden - eine tödliche Gefahr für das Kind,
ich habe es erst später erfahren. Wieso kam das alles?
Fünf Jahrhunderte lang
erduldete mein Volk die Besetzung durch die Türken - die
Moslems. Nachdem diese das Land erobert hatten, ließen
sie die Einwohner über die Klinge springen. Dann
plünderten sie das Land. Sie steckten die Städte und
Dörfer in Brand und richteten furchtbaren Schaden an.
Nach einiger Zeit merkten sie, daß immer noch Einwohner
da waren, die sich während des Massakers verborgen
hatten und die jetzt aus ihren Verstecken hervorkamen.
Die Türken versammelten
die Überlebenden und fragten sie, ob sie ihren Glauben
wechseln und Moslems werden wollten. Die Abtrünnigen
würden große Vorteile genießen, ja mehr noch als
Vorteile: Sie würden Bürger des Ottomanischen Reiches
werden.
Dann erklärte man den
besiegten Rumänen, daß sie auch Christen bleiben könnten wie bisher. Es war an
ihnen, zu entscheiden. Wenn sie jedoch Christen blieben,
dann müßten sie
einen äußerst harten
Tribut zahlen,
einen Tribut, der vier-,
fünf-, oder sogar zehnmal so hart war. Wirklich zahlten
sie zweimal, dreimal, zehnmal den Tribut an Honig, in
Getreide, in Pferden, in Schafen, in Früchten, in Gold,
in Kupfer und in Silber; vor allem aber bezahlten sie
den furchtbaren, den erschreckenden Tribut des Blutes,
den die türkische Besatzungsmacht verlangte. Das waren
die Christenkinder - kleine Jungen, die sie zu
Janitscharen oder Eunuchen machten, und kleine Mädchen,
die sie zu Haremsdamen oder Soldatendirnen machten.
Das unbesiegbare Elitekorps der türkischen Armee - die
Janitscharen -, aufgestellt im Jahr 1330 und
aufgelöst im Jahr 1825, bestand ausschließlich aus
Christenkindern, die von den christlichen Ländern
als Tribut gezahlt worden waren. Jede Mutter bei uns
mußte früher oder später den furchtbaren Tribut des
Blutes bezahlen, in dem sie dem Machthaber ihr eigenes
Kind hingab.
Das wurde fünf
Jahrhunderte lang
ständig von meinem Volk
so gehalten, ohne daß es sich je der Erfüllung entzog,
nur um christlich bleiben zu können. Für dieses
schreckliche, schlimme und schmutzige Geschäft, die
Kinder von der Mutterbrust zu reißen, wählten die Türken
Verwalter unter dem internationalen Lumpengesindel von
Byzanz. Dieses Amt von Eintreibern von Kindern und
Schätzen für die “Hohe Pforte” in den unterworfenen
Ländern wurde an den Meistbietenden verkauft. Wer es
erstand, der trug für die Zeit seines Amtes den
Prinzentitel. Bis zur Zeit meiner Großeltern
verheimlichte man die Geburt aller moldauischen Kinder.
Man verheimlichte sie, um die Neugeborenen vor der
Kastrierung, der Sklaverei, der Prostitution oder vor
dem Tod zu retten, ganz wie zur Zeit der Geburt unseres
Herrn Jesus Christus. Jede Mutter bei uns mußte das
Neugeborene auf den Arm nehmen und in die Wälder
fliehen, um es zu retten, ganz wie die Theotokos, die
hl. Mutter Gottes, unsere hochverehrte Liebe Frau das
Jesuskind auf den Arm nahm und nach Ägypten floh: denn
der Befehl des Herodes lautete dahin, daß jedes Kind
unter zwei Jahren geköpft werden soll. In meinem Lande
war jahrhundertelang jede Geburt begleitet von dem
gleichen Befehl, den der Engel bei der Geburt Jesu
Christi gab: “Steh auf, nimm das Kind und Seine Mutter
und flieh!” Jede Minute ihres Daseins lebten diese
Menschen in Gefahr:
Gefahr der Sklaverei und
des Todes. Zur selben Zeit machte ich als Kind eine
andere furchtbare Entdeckung:
Mein Vater, der mich sehr
liebte, mein verehrungswürdiger Vater war sehr, sehr
arm. Er war von einer Armut, die man sich anderswo
überhaupt nicht vorstellen kann; einer Armut, wie die
der Füchse, der Wölfe und der Eichhörnchen, die nur
ihren Leib und einen armseligen Bau haben, aus dem sie
noch dazu oft verjagt werden. Ich bekam in der Folgezeit
noch fünf Brüder und Schwestern. Wir waren sechs Kinder.
Es gab jedoch bei uns niemals 6 Paar Schuhe noch sechs
Mäntel oder sechs Hüte. Wir benützten einen einzigen
Mantel für sechs, ein oder zwei Paar Schuhe für sechs,
einen oder zwei Hüte für sechs. Wir Kinder konnten
niemals alle sechs zusammen aus dem Pfarrhaus
hinausgehen, denn wir hatten niemals Kleidung für alle sechs.
Wir gingen abwechselnd aus dem Hause, niemals zur
gleichen Zeit.
Damit wir Kinder durch
unsere Bedürftigkeit, unsere Not und unseren Hunger
nicht verdrossen würden und damit wir nicht ein Gefühl
der Minderwertigkeit gegenüber den anderen Kindern
bekämen, die zu essen hatten und Hüte, Schuhe und Mäntel
besaßen, und damit wir in unserem furchtbaren Schmerz
und unserer erschreckenden Armut gut und folgsam
blieben, las die Mama Presbythera, unsere
verehrungswürdige Mutter, die Dichterin, uns
täglich die Geschichte
Jobs vor.
Das war ein äußerst
gutes, augenblicklich wirkendes Mittel gegen alles Elend
und alle Leiden. Gegen alle Schmerzen las die Mama
Presbythera uns die Leiden Jobs vor. Zweimal
täglich, dreimal täglich, fünfmal täglich. Alle Tage. So
litt Job mit uns und wir mit ihm. Wir verglichen unsere
Leiden mit denen dieses hl. Mannes. Wir kannten Job
besser als alle anderen Wesen auf Erden und im Himmel.
Job wohnte die ganze Zeit bei uns im Pfarrhaus. Er
gehörte zu unserer Familie.
Die Leute arbeiteten alle
weit, sehr weit vom Dorf in den Wäldern. Sie waren
Holzhauer. Denn im Dorf gab es nichts zu tun, sie waren
sehr arm. Mein Vater besaß weder Grund und Boden noch
einen Obstgarten, noch Vieh, noch ein Haus. Von Zeit zu
Zeit erhielt er vom Staat ein Hungergehalt. Gewöhnlich
vergingen fünf, sechs, vierzehn, zwanzig Monate, ohne
daß man ein Gehalt erhielt.
Als mein Vater 30
Jahre alt war, hatte er weißes Haar. Mit dreißig Jahren
war mein Vater ein alter Mann. Die Zähne
fielen ihm aus. Das Elend war daran schuld, die
Unterernährung, die Anstrengung.
Aber sein Blick wurde im
Gegenteil von Jahr zu Jahr schöner, lichtvoller,
strahlender, so intensiv, daß sein Haupt davon
umleuchtet war wie von einem Heiligenschein. Die Kraft
Gottes trug ihn, erhielt ihn.
Ich sah etwas
Außergewöhnliches:
Wenn mein Vater etwas
ansah, dann erhellte er es mit seinem Blick wie mit
Scheinwerfern. Als ich das sah, wurde ich mir zum
erstenmal bewußt, daß die Heiligen die Welt erleuchten
und heiligen, wenn sie sie anschauen. “Was schaust du?”
fragte mein Vater, als er sah, wie ich ihn betrachtete.
“Du leuchtest wie eine Ikone”, erwiderte ich errötend.
Mein Vater lächelte.
Ist dieser ergreifende
Kurzbericht aus dem Buch nicht ein Zeugnis tiefen
Glaubens und unerschütterlicher Treue zu Gott und des
Geborgenseins in Seinen Händen!
Kanisiusverlag,
Freiburg/Schweiz
Glauben? Dazu gehört eine
gewaltige Kraft
Vielleicht hast du das
auch gelesen. Im Unterstock eines Hauses ist plötzlich
Feuer ausgebrochen. Die Familie stürzt hinaus auf den
Hof. Der fünfjährige Bub hatte nicht den Mut, durch den
Rauch zu springen; er flüchtete die Treppe hinauf. Und
nun ruft er aus dem vierten Stock:
Vati, hier bin ich! Der
Vater sieht ihn und ruft: Spring nur, ich stehe hier.
“Aber, Vater, ich seh dich doch nicht!” Der Vater:
“Peter, du weißt doch, daß ich da bin, das genügt, spring
nur...”
Glauben heißt letztlich:
Sich Ihm ganz und gar anvertrauen, auch im dichtesten
Dunkel. - “Gott weiß, daß ich da bin, das genügt
mir”
(Johannes XXIII.).
Stärker als russische Kerkermauern
Der Autor der folgenden
Aufzeichnungen, Anatolij Krasnov-Levitin, wurde mehrfach
und für längere Zeit in der Sowjetunion zu
Gefängnisstrafen verurteilt. Der einzige Grund der
Aburteilungen war, daß A. Krasnov ein gläubiger Christ
ist und als solcher sich auch schriftstellerisch
betätigt. Hier einen kleinen Auszug aus dem
Gefängnisbericht Levitins, der im Spätherbst 1970 in
Moskau inoffiziell verbreitet wurde.
Vor allem bin ich ein
Christ. Ich fühlte mich im Gefängnis wohl und leicht und
verließ es nervlich gestärkt, wie sonderbar es auch
klingen mag, obwohl die Bedingungen dort immer sehr
schlecht waren. Und es wäre schrecklich undankbar, wenn
ich nicht sagen würde, was die Ursache meines
Wohlbefindens gewesen ist. Da möchte ich nur ein Wort
aussprechen: Das Gebet. In der Welt ist alles ein
Wunder, und nur kurzsichtige Menschen können es nicht
sehen: das Schöpfertum ist es, und das Gedächtnis, und
das Gewissen.
Das größte Wunder ist das
Gebet
Ich brauche mich nur in
Gedanken an Gott zu wenden - und sogleich spüre ich die
Kraft, die von irgendwoher in mich, in meine Seele, in
mein ganzes Wesen eindringt. Was ist das?
Psychotherapie? Nein, das ist keine Psychotherapie, denn
woher sollte ich, ein älterer, müdegewordener, kleiner
Mensch, diese Kraft haben, die mich erneuert und rettet
und mich über das Irdische hinaushebt? Sie kommt von
anderswoher - und es gibt keine Macht in der Welt, die
sich ihr entgegenstellen könnte.
Ich bin kein Mystiker,
keine übernatürlichen Erscheinungen oder besonderen
Erlebnisse sind mir eigen und zugänglich. Mir ist nur
das gegeben, was buchstäblich jedem Menschen gegeben ist
- das Gebet.
Die Grundlage meines
ganzen geistlichen Lebens ist die orthodoxe Liturgie,
darum war ich im Gefängnis jeden Tag in meinen Gedanken
bei der Liturgie zugegen. Um 8 Uhr morgens begann ich in
der Zelle auf und abzugehen und wiederholte still für
mich die Worte der Liturgie. In diesem Augenblick fühlte
ich mich unlöslich mit der ganzen christlichen Welt
verbunden; darum betete ich bei der großen Ektenie immer
auch für den Papst und für den allgemeinen Patriarchen
und für unseren heiligsten Patriarchen Alexij (solange
er lebte), später für seinen Stellvertreter. In der
Mitte der Liturgie angelangt, las ich für mich den
eucharistischen Kanon; und nach den Wandlungsworten, vor
dem Angesicht des Herrn, fühlte ich fast körperlich die
Anwesenheit Seines verwundeten, verblutenden Leibes. Da
begann ich, mit meinen eigenen Worten zu beten und
erwähnte alle Menschen, die mir nahe standen, die im
Gefängnis und in Freiheit waren, die Toten und die
Lebenden. Und mein Gedächtnis flüsterte mir immer neue
Namen zu, und so betete ich für alle russischen Dichter
und die russischen Schauspieler und alle, die in unserem
Land für die Wahrheit gelitten haben.
Und den ganzen Tag nach
der Liturgie fühlte ich einen ungewöhnlichen Aufschwung
des Geistes, eine geistliche Klarheit und Reinheit. Und
nicht so sehr mein eigenes Gebet kam mir zu Hilfe,
sondern das Gebet der vielen gläubigen Christen. Dieses
Gebet fühlte ich ständig, es wirkte aus der Ferne und
hob mich auf den Flügeln empor, schenkte mir das
lebendige Wasser und das Brot des Lebens - die Ruhe der
Seele, den Frieden und die Liebe.
Auszug mit Erlaubnis des
Verlags “Possey”
Brüder! Schwestern! Ein
Blick auf Jesus:
Aus der Hingabe an den
himmlischen Vater erwuchs für Ihn ein Gottvertrauen, das
so unerschütterlich und stark war, daß kein Kreuz und
kein Schicksal es zertrümmern konnte. Hier erst
entfaltete die Liebe zum Vater in den Himmeln ihre
wundersamste Kraft, indem sie Leben und Sterben
unbesehen und unbesorgt in Seine allmächtigen und
gütigen Hände legte. Wie weit hat Er alle ängstliche
Sorge hinter Sich geworfen, so weit, daß Er über die
armen Menschen lächelt, die so schwer an ihrer Sorge
tragen, daß sie den Vater und Seine sorgende Treue
vergessen haben. “Wer unter euch kann denn mit seinem
Sorgen seiner Leibeslänge eine Elle zusetzen? Wenn ihr
nicht das Geringste vermögt, was macht ihr euch Sorge um
das Weitere?”
Alles durch das Gebet
Charles de Foucauld
schreibt aus tiefer Erfahrung: Wir vermögen alles durch
das Gebet; wenn wir nichts erlangen, dann haben wir es
entweder an Glauben fehlen lassen, oder wir haben zu
wenig gebetet, oder aber es wäre von Übel für uns, wenn
unsere Bitte erhört würde, oder Gott will uns etwas
Besseres geben, als wir erbitten... Aber niemals
erhalten wir das nicht, worum wir bitten, weil die Sache
selbst zu schwer zu erlangen wäre: Es gibt nichts, was
wir nicht erlangen könnten. Zögern wir daher nicht, von
Gott die schwierigsten Dinge zu erbitten, wie die
Bekehrung großer Sünder, ganzer Völker; und erbitten wir
sie um so eifriger, je schwieriger sie sind, im Glauben
daran, daß Gott uns leidenschaftlich liebt. Aber bitten
wir mit Glauben, Beharrlichkeit, Ausdauer, Liebe und
gutem Willen. Und seien wir gewiß, wenn wir so und mit
genügend Ausdauer beten, werden wir erhört werden, die
erbetene Gnade oder eine bessere erlangen. Erbitten wir
daher voll Kühnheit die unmöglichsten Dinge von unserem
Herrn, wenn Sie zu Seiner Ehre gereichen, und seien wir
dessen gewiß, daß Sein Herz sie uns um so lieber
schenken wird, je unmöglicher sie uns menschlich gesehen
erscheinen, denn es beglückt Sein Herz, dem, den Er
liebt, das Unmögliche zu schenken, und wie sehr liebt Er
uns nicht! - Vergessen wir nicht, ob nicht ein
Gebetshindernis unser Beten unfruchtbar macht, z. B.
weil wir anderen nicht vergeben wollen.
Im folgenden werfen wir
einen Blick auf:
Die Kirche Gottes im Sturm
Damals vor 200 Jahren und
heute
Wir schreiben das Jahr
1771. Immer besorgter sind die Gesichter im Klerus und
bei den Gläubigen geworden. Die Gespräche sind voll
banger Ahnung. Seit Jahren tobt in der
nichtkatholischen und katholischen Welt ein heftiger
Kampf gegen den Jesuitenorden und das Mönchtum
überhaupt. Besonders hervortun sich dabei die Königshöfe
von Paris, Madrid und Lissabon. Aber auch Wien steht
nicht zurück. Massenaustritte bei Benediktinern,
Franziskanern, Zisterziensern, Serviten und Jesuiten
sind die Folge. Die ehemaligen Ordenspriester werden
die aggressivsten Feinde klösterlichen Lebens.
Sie bedienen sich des damaligen Kommunikationsmittels,
des Pamphlets. Ein leidenschaftlicher
Kampf gegen den Zölibat
entbrennt.
Zu den Pamphleten kommen
Romane, vor allem französische. Das Lieblingsthema
dieser Romane sind detaillierte Beschreibungen von
Unzucht zwischen männlichen und weiblichen
Ordensangehörigen. In Köln wird ein Buch verlegt unter
dem bezeichnenden Titel “Venus im Kloster”. Welche
Ähnlichkeit mit der heutigen Presse! 1773 geschieht es:
Der Jesuitenorden wird aufgehoben. In Spanien und
Portugal verfrachten die Regierenden Tausende von
Jesuiten auf Schiffe und schicken sie nach Rom mit dem
hämischen Bemerken: Der Papst möge für sie sorgen. Die
Umstände der Fahrt waren so schikanös, daß ein Teil
Jesuiten Rom nicht lebend erreichte. 30 Jahre später werden
alle Klöster aller Orden
geschlossen.
Es ist das Jahr der
Säkularisation. Für die Insassen bedeutet es Not und
Elend, da es noch keine Kranken- und Altersversorgung
gibt. Für Fürsten und Städte ist es billiger Raubzug. Am
schlimmsten aber wird das katholische Volk getroffen;
denn Vertreibung der Ordensleute bedeutet das Ende des
katholischen Schulwesens, vor allem der Höheren Schule,
ein Schlag, von dem sich der katholische Volksteil
Deutschlands bis heute nicht erholt hat. Ebenso tief
betroffen ist die Mission in Asien, Afrika und
Lateinamerika: in eine strahlend schöne Blüte fällt
vernichtender Reif.
Jeder ist sich darüber
im klaren, daß der Kampf gegen die Orden und den Zölibat
in Wirklichkeit ein Kampf gegen die Kirche ist.
Was keiner fassen kann, ist die beklemmende
Erkenntnis, daß die Vorkämpfer in diesem Streit Bischöfe
sind: Bischöfe in Frankreich, Bischöfe in Italien,
Bischöfe in Holland, Bischöfe in Deutschland. Die
französischen Bischöfe bekennen sich zu den sogenannten
vier gallikanischen Artikeln, deren einschneidendste
These lautet: Der Papst ist nicht unfehlbar,
ausgenommen, wenn die Kirche seinen Entscheidungen die
Zustimmung gibt. In Italien findet 1780
die berüchtigte Synode
von Pistoia
statt. Die
verabschiedeten Leitsätze lauten: Autorität liegt in der
Kirche bei der Gesamtheit. Der Papst ist fehlbar. Die
äußere Zucht, auch in der Kirche, liegt beim Staat. Das
Ganze ist in die Geschichte eingegangen unter dem Namen
Episkopalismus, d. h. Bewegung der
Bischöfe gegen die Oberhoheit des Papstes.
In Frankreich wie in
Italien verbindet sich dieser Episkopalismus mit
Liebedienerei vor der Staatsautorität.
Am schlimmsten aber geht
es in Holland zu. Hier hat sich die gefährlichste
Irrlehre des 17. und 18. Jahrhunderts der Gemüter
bemächtigt: der sogenannte Jansenismus. Er wird verurteilt, aber
er ist nicht überwunden. In Deutschland schreibt
Nikolaus von Hontheim, der Weihbischof von Trier, unter
dem Pseudonym Febronius ein Buch, das ungeheures
Aufsehen erregt und den Bestrebungen der Bischöfe in
Frankreich, Italien, Holland und Deutschland sowie den
weltlichen Machthabern stark entgegenkommt. Febronius
bekämpft den Papst: Er habe in den Bistümern
außerhalb Roms keinerlei Rechte. Und Lehrautorität über
Rom hinaus komme ihm auch nicht zu. Er sei wohl der
erste unter den Bischöfen, aber nur der Ehre und dem
Range nach. Angeregt und ermutigt durch dieses Buch
treffen sich damals die Bischöfe von Köln, Mainz, Trier
und Salzburg in Bad Ems und erlassen die sogenannte
Emser Punktation, in der sie mehr Freiheiten gegenüber
Rom fordern. Es geht weniger um Kollegialität, als um
Eigenherrlichkeit.
Ein neuer Feind entsteht
der Kirche
in der französischen
Revolution und ihrer Anbetung der Vernunft. Was wir
heute “Entmythologisieren” nennen, hieß damals
Aufklärung. Es geht jetzt schon nicht mehr nur gegen
den Papst und die Kirche, es geht gegen jeglichen
Offenbarungsglauben. Weg mit den Dogmen, weg mit der
Inspiration der hl. Schrift, weg mit dem Lehramt!
Freiheit, Natur, Vernunft werden die Schlagworte der
Zeit.
Kirchen sind überflüssig.
Allein in Köln werden 75 Kirchen und Kapellen dem
Erdboden gleich gemacht. Das Kölner
Domkapitel läßt ein wunderbares gotisches Sakramentshäuschen in den Rhein stürzen. In Seligenthal
pflastert man die Straßen mit Schweinslederbänden aus der
Bibliothek des aufgehobenen Franziskanerklosters.
Da aber der Mensch etwas
braucht, was er verehren kann, werden in den noch
erhalten gebliebenen Kirchen halbnackte Frauen auf die
Altäre gesetzt und als Göttinnen der Vernunft im
Kerzenlicht, Orgelspiel, Gesang und Weihrauch angebetet.
Unter dem Namen Mitmenschlichkeit suchen Freimaurer und
Illuminaten eine neue Religion, eine neue
Welt ohne
Offenbarungsglauben
aufzuziehen, eine Welt,
in der man mündig und menschenwürdig leben kann. Die
Parallelen zwischen 1771 und 1971 ließen sich bis ins
Detail weiterziehen, aber das Aufgezeigte hat Sie, meine
Freunde, längst hellhörig werden lassen. Wollen
Sie noch ganz kurz
wissen, wie es weitergegangen ist?
Das 19. Jahrhundert ist
zwar keineswegs in allem ideal, aber die Menschen
entdeckten wieder ihren Sinn für Schönheit und Poesie.
Es findet unter der geistigen, vor allem der
schriftstellerischen Elite eine ungeahnte Hinwendung zur
Kirche statt. Die Menschen entdecken die Kirche und das
Lehramt der Kirche neu. Das 19. Jahrhundert wird ein
Jahrhundert überreichen Priester- und Ordensnachwuchses
und nie dagewesener Verehrung für den Papst.
Jansenismus, Gallikanismus, Febronianismus und Emser
Punktation sind auf dem Müllhaufen der Geschichte
gelandet. Wieder einmal hat sich das Wort von den
Pforten der Hölle als göttliche Wahrheit erwiesen.
Und heute? Es ist,
als wäre die Endzeit angebrochen. Dunkel und dräuend
wälzen sich über die Erde unheimliche geistige Gewitter.
Satanische Tücke und Bosheit scheinen zu triumphieren.
Die Macht des Abgrunds droht die Kirche zu vernichten,
und doch gilt heute wie damals Christi ehernes Wort:
“Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.”
Auch wenn die Kirche noch so schwach ist, sie ist
unzerstörbar.
Nach P. Marianus Hanke-Berlin, “Der gerade
Weg”
Gebet der Christenheit in unseren Tagen
O Vater! Sende uns hl.
Priester, die uns mit dem Kreuz vorangehen und mit den
hl. Engeln die Fallstricke der Hölle aufdecken und
vernichten! Lasse nie die Gnade der Sakramentenspendung
durch sie ausgehen!
Sende uns hl.
Ordensleute, die mit ihrem Licht des Glaubens, der
Demut, der Reinheit und der Liebe uns allen Wegweiser
zum Himmel sind, an die das Volk sich halten kann!
Sende uns heilige, frohe
und tapfere Jugend, die sich nicht beeinflussen läßt von
den vergifteten Strömungen in der Welt und die das hl.
Erbe der Väter hütet!
Sende uns hl. Mütter, die
ihr selbstloses Leben schweigend und lehrend, liebend
und opfernd weitergeben wie nie versiegende Brunnen!
Sende uns hl. Bauern, die
in ihrer Treue wie Ecksäulen der Schöpfung als Schutz
und Halt von Kirche und Heimat vor Dir stehen!
Sende uns hl. Kranke und
Barmherzige, die durch ihr geopfertes Leid und Leben
weithin Trost und Segen und Licht verbreiten!
Sende uns hl. Arbeiter
und Schaffende, die ihre Arbeitsstätten zu Zellen und
Burgen der hl. Engel machen, die mit uns kämpfen, die
die Angriffe der Hölle vernichten!
Sende uns hl. Kinder, die
immer neuen Frühling und neue Freude, neue Hoffnung in
die Familien, in das Land und in die Kirche tragen!
Sende uns hl. Sühnende,
die das Ackerland der Kirche umpflügen!
Sende uns auch solch hl.
Männer und Frauen ‘ die einsam auf ihren Posten stehen
und ihn halten, die durch das Licht ihrer
Standhaftigkeit wieder Halt den Einsamen und Ringenden
sind!
Sende uns endlich eine
hl. Führung der Mutter Kirche, Deiner Braut!
Sende uns hl. Bischöfe
und Ordensvorsteher, die in Demut und Weisheit ihren Weg
gehen mit dem Licht des Glaubens und der Barmherzigkeit
in ihrer Rechten und dem Lichte des Starkmutes in der
Linken, die in ihrem Herzen die glühende Gottes- und
Nächstenliebe tragen!
Sende uns hl. Theologen
und Wissenschaftler, die sich zuerst auf die Gaben des
Hl. Geistes in Demut stützen und dann erst auf eigene
Kenntnisse, die das Schiff der einen, heiligen,
katholischen und apostolischen Kirche auf dem
wildbewegten Meer dieser Zeit zu steuern vermögen und
mit heiliger Unterscheidungsgnade die eingedrungenen
Schachzüge des Bösen zu erkennen vermögen.
Gib der Kirche die Gnade
der über alle Welt strahlenden Heiligkeit und Einigkeit,
gib ihr die Liebe zu Deiner Mutter und zu Deinen Engeln
und Heiligen und lasse das hl. Kreuz als Siegeszeichen
über uns allen stehen! Amen.
Es folgt nun ein sehr
ausführlicher, tief ergreifender Bericht über das Thema:
Ein Priesterleben, der Liebe und der
Sühne geweiht
Schwerstes Leid,
überstrahlt von Gottes Vaterliebe
Pater Dr. Augustin
Rösch SJ, München, schildert seine erschütternden
Erlebnisse im Berliner SS-Kerker Moabit:
Es war an einem sehr
kalten Winterabend Mitte Januar 1945. Mein Mitbruder,
Bruder Paul Moser und ich, der greise Pfarrer H. H.
Neumaier von Oberornau und ein anderer Münchner
Priester, die ersten zwei aneinander gefesselt, standen
wir vier Gefangene unter Bewachung auf dem Bahnhof
München-Pasing.
Es war nicht schön auf
dem Bahnhof: Viel Haß und Verachtung um uns; nur wenige
wagten es, ihre Hilfsbereitschaft zu zeigen. Mit einem
Vorortzug ging es nach Olching und von da mit dem
Schnellzug München-Berlin, zweiter Klasse (!), nach dem
Norden, zur Aburteilung vor dem Volksgerichtshof. Unsere
Begleitung bestand aus einem Gestapo-Offizier und einem
Posten. Der erste war unheimlich, der zweite gut. Zwei
Blitzlichter: Der Offizier brüllte: “Ich muß die zwei
Jesuitenhunde so setzen, daß sie nicht miteinander reden
können.” Endergebnis: Es gelang uns beiden Jesuiten
doch, nebeneinander zu kommen, gefesselt miteinander den
Rosenkranz zu beten und auch sonst zu sprechen, während
die anderen schliefen. Und der gute Posten: Kaum war der
Offizier einmal außerhalb des Abteils, ließ er sich in
seiner Güte gewinnen, nach seiner Rückkehr nach München
mitzuteilen, wo wir inzwischen hingebracht worden waren.
Nach wenigen Tagen der Haft in Berlin schrie mich der
gleiche Gestapo-Offizier vor einem Verhör an: “Du
Oberjesuitenl.. p, wie hast du nur das wieder gemacht?
Da bringen wir euch geheim herauf nach Berlin, daß gar
niemand wissen soll, wo ihr seid, und schon ist für
jeden Post da mit ganz genauer Anschrift. 'raus mit der
Sprache! Wie hast du das wieder gemacht?”
(Er merkte nicht, eine
wie gute Nachricht er mir gab. Man wußte in München
Bescheid, wenn die Post selber auch nie in meine Hände
gekommen ist.) Aber das Herz klopfte heillos. Der Posten
durfte nicht in Gefahr kommen. Schutzengel hilf! Er gab
mir wohl die Antwort ein: “Ja, geht denn das nicht
amtlich?” - “Das ist höchstens noch bei euch in Bayern
möglich! So 'ne Verrücktheit!” Trotz alledem, er schien
an die Tatsache dieser “amtlichen Verrücktheit in
Bayern” zu glauben, und so war die Gefahr für den Posten
vorüber.
“Hier in Berlin müssen
wir sterben”
Im Anhalter Bahnhof
Berlin angekommen, mußten wir auf einer Bank im
Dienstraum Platz nehmen. Der H. H. Pfarrer flüsterte mir
zu: “Hier in Berlin müssen wir sterben. Wir wollen uns
gegenseitig noch einmal die hl. Absolution geben.” Wir
taten es still und unbemerkt. Gott weiß allein, welche
Kraft und welcher Trost in solcher Stunde die Gnade des
Sakramentes zu spenden vermag.
Mit Autos brachte man uns
bald nach Berlin-Moabit, in einen gewaltigen
Gebäudeblock, der Gefängnis, Zuchthaus und Raum für
“Schutzhäftlinge” zugleich war, zu denen wir gehören
sollten. Es ging durch mehrere Tore und lange, zum Teil
zerbombte Gänge hindurch, bis wir im Inneren, vor dem
sogenannten “Büro” waren, in dem die Aufnahme stattfand.
Hier mußten wir zunächst mit dem Gesicht so nahe an der
Wand stehen, daß diese von der Nasenspitze fast berührt
wurde. Das war schmerzhaft und erniedrigend. So schaute
ich mich - gegen das Verbot - nach einer Weile vorsichtig - wie
ich meinte - um. Was ich sah und was ich fühlte, flößte
mir so einen Schrecken ein, daß ich nicht mehr
umzuschauen wagte. Es wurde mir langsam klar, wo wir
waren und was auf uns wartete. Die Aufnahme ging rasch
vor sich: Angabe der Personalien - Abnahme alles dessen,
was man bei sich hatte, außer Kleider und etwas Wäsche.
Im Gegensatz zu den drei Mitgefangenen durfte ich auch
keinen Rosenkranz, kein
Brevier,
gar nichts behalten. Aber
zwei ganz unscheinbare Sachen konnte ich unbemerkt durch
retten, ohne die - so eigen es klingen mag - sehr viel
der ganzen späteren, immer strengstens verbotenen
Seelsorge unmöglich gewesen wäre, nämlich “zwei
Sicherheitsnadeln”. Um jede Selbstmordmöglichkeit
auszuschließen, mußten wir ja auch die Schuhbänder, vor
allem aber die Hosenträger abgeben. Das Hungern machte
schlank, und so war man gezwungen - auch eine
Verdemütigung -, im Lauf der Zeit die Hosen immer zu
halten. Rein äußerlich wäre es ohne die
Sicherheitsnadeln nicht möglich gewesen, später die hl.
Messe zu feiern, die hl. Kommunion auszuteilen,
verbotenerweise zu den Sterbenden zu kommen. Auch die
Fesseln aus München wurden abgenommen; statt ihrer
aber wurden andere angelegt, Stahlbänder um die beiden
Pulse, so daß die beiden Hände und die Finger -mit den
Innenflächen aneinandergefügt waren und noch viel
weniger Bewegungsfreiheit blieb und auch die Brust sehr
eingeengt wurde, und das erschwerte wieder sehr das
Schlafen in den Fesseln. Gefesselt wurde ich, gottlob,
allein. Die drei anderen waren davor nun bewahrt
geblieben. Aber ich wollte den Grund der Fesselung
wissen. Trotz viel innerer Angst fragte ich den
Gestapo-Offizier, der mit uns gefahren war, danach.
“Ah”, klang es spöttisch, “das muß ich schon sagen,
warum.
Gefesselt, und zwar Tag
und Nacht,
gelt, auch in der Nacht
und auch in den Bombenangriffen, werden hier im Hause
die, die schon zum Tode verurteilt sind oder auch ohne
Urteil sicher hingerichtet werden. Und gefesselt seid
ihr, daß ihr euch vorher nicht selber umbringen könnt.”
- Ich schaute ihn daraufhin lange an. Die Freude, jetzt
schon äußerlich etwas von der Todesangst zu bemerken,
sollte er nicht haben. So schrie er denn: “'raus aus dem
Büro und hinein in eine Zelle!” Aber Härte und Güte
stehen immer wieder beieinander. Der Kommandant der
Schutzhäftlinge - auch ein SS-Offizier - sagte, um mir
zu helfen: “Ach was, ein katholischer Pfarrer bringt
sich doch nicht um; der braucht doch keine Fesseln.” -
“Die Fesseln bleiben”, sagte der andere und ging hinaus
aus dem Büro. Nun suchte mich der Kommandant zu trösten:
“Herr Pfarrer (wie eigenartig das klang!),
lassen Sie sich nicht unterkriegen... den Kopf
hochhalten... ich gebe Ihnen eine anständige Zelle...
gegen die Gestapo kann ich leider nichts machen... aber
Kopf hoch... Also” - er schaute in seinem Buch nach - “wir
nehmen die Zelle 547; sie ist sauber.” Ich
bedankte mich für seine Güte; leider wurde er später, im
Frühjahr 1945, von der Gestapo ermordet.
Zelle 547
Ein Posten führte mich
über Eisentreppen hinauf zur Zelle 547. Es war schon ziemlich spät, an einem
Samstagnachmittag. Inzwischen war es ganz still in den
Gängen geworden. Nichts war zu sehen außer dem Posten.
Die Zelle 547 wurde aufgesperrt, der Riegel
vorgeschoben, geöffnet, man hieß mich hineingehen, die
Eisentür wurde geschlossen, der Riegel zugeschoben, der
Schlüssel drehte sich im Schloß. Nun war ich allein.
Die Innenbeschreibung ist bald gemacht: Über vier Meter
lang, zwei Meter breit, ein aufklappbarer Holztisch mit
einem Hocker ohne Lehne, eine Pritsche mit einem
steinharten Keilkissen und einer Decke, ziemlich hoch an
der Wand ein kleiner Schrank (ein Spind) für etwas
Wäsche, ein Kübel, ein Wasserkrug, eine Waschschüssel
aus Email, die gleichzeitig als Suppenschüssel diente.
Das einzige Besteck, einen Löffel, erhielt man erst beim
Essen. Nachdem ich mich gefaßt hatte - ein Posten
schaute durch das Guckloch an der Türe immer wieder
herein -, begann ich die Zelle genauer anzusehen, schon
auch um mich etwas abzulenken. Plötzlich finde ich an
der östlichen Zellenwand, wohl mit Fingernägeln in den
Kalk gegraben, ein Kreuz und in bestimmten, gleichen
Abständen immer wieder ein Kreuz, im ganzen 14, und an
der Stelle des 15. las ich das Wörtchen “Alleluja”. Da
hatte also einer (wer mag es wohl gewesen sein? Ob er
noch lebte oder schon das ewige Osteralleluja erlebte?)
sich in seiner Einsamkeit und Verlassenheit
einen Kreuzweg in die
Wand geritzt
und wohl in der Kraft des
hl. Kreuzweges sein Kreuz zu tragen versucht. “Wir
danken Dir, Herr Jesu Christ. Denn durch Dein hl. Kreuz
hast Du die Welt erlöst”, bist auch die innere Erlösung
der Gefangenen geworden. Aber leider, auch der Teufel
hatte seine Ecke. Abgesehen von fürchterlichen Bildern,
Worte schrecklicher Lästerung, lodernden Hasses gegen
Gott, grausiger menschlicher Verzweiflung, Offenbarungen
tiefsten seelischen Elends.
Es trieb mich zum Beten -
eigenartigerweise kam mir als erstes die Oration der
Komplet in den Sinn: “Halte Einkehr, wir bitten Dich,
Herr, in dieser Behausung, und alle Nachstellungen des
Feindes verjage weit von ihr. Deine hl. Engel mögen
wohnen in ihr und uns in Frieden bewachen, und Dein
Segen sei immerdar über uns durch Christus, unsern
Herrn. Amen.” Und schneller, viel schneller, als ich es
überhaupt je zu denken, noch viel weniger zu hoffen
gewagt habe, kam Gott zu Besuch, der eucharistische
Heiland selber.
Frauen und Kinder brachten die hl.
Kommunion
Das war so: Schon am
zweiten Morgen - ich hatte wegen der Fesseln nicht
schlafen können und lag mitsamt den Kleidern noch auf
der Pritsche - schlich sich plötzlich ein Mann in die
Zelle (es war dies unter strengster, bis zur Todesstrafe
verboten), ging rasch zu mir an die Pritsche und fragte
leise: “Pater, wie geht es?” Mir fuhr es blitzschnell
durch den Sinn: Er sagte Pater. Woher weiß er, daß ich
ein Pater bin? Ist es ein Spitzel? Darf ich trauen? Ist
es ein guter Mensch? Er merkte meinen Zweifel. “Pater,
keine Sorge... ich bin selber Gefangener... Katholik...
Arzt. Hab' erfahren, daß Sie hier sind... will helfen.”
- “Haben Sie Erlaubnis?” Er lächelt: “Nein, aber... ich
versuche es. Doch, ich muß schnell wieder hinaus -
wollen Sie morgen die hl. Kommunion haben?” Nun geht es
wieder so rasch wie in einem Film. “ hl. Kommunion...
hier im SS-Zuchthaus, das kein Geistlicher, auch nicht
für die Sterbenden, betreten darf.” -“...
Pater, schnell, wollen Sie?” - “Ja, natürlich, ja” -
“Also morgen früh, so Gott will”, und draußen war er.
Ich hätte es nicht sagen können: War es Traum, war es
Wirklichkeit? In der Nacht war Fliegerangriff. Wir
blieben gefesselt in den Zellen und konnten uns auch
gegen Brandbomben nur mit äußerster Mühe wehren. Der
Angriff wiederholte sich gegen 4 Uhr. Ich hatte Angst,
ob wohl der Arzt kommen könne. Er kam. Plötzlich war er
wieder in meiner Zelle - während des Waschens am Morgen
standen sie offen -, kniete vor mir nieder, gab mir ein
Linnentüchlein und sagte leise:
“Pater, der Heiland
ist da... es sind zwei hl. Hostien...
gut achtgeben bei
Inspektionen... bitte, geben Sie mir und für die
Meinigen daheim und für uns alle im Hause den Segen.”
Ich halte den eucharistischen Heiland in den gefesselten
Händen und gebe den Segen. Er dankt kurz, und im Nu ist
er draußen, und ich bin allein und bin nicht mehr
allein, bin zusammen mit Jesus, im heiligsten Sakrament.
Die kalte, kahle, graue
Zelle war durch die opferbereite Güte Berliner Frauen
und Kinder, die immer wieder neue Wege zu finden wußten,
um die hl. Kommunion trotz Posten und Wachen und
Kontrollen den Gefangenen zukommen zu lassen, zu einer
trauten Kapelle geworden, und sie ist es geblieben mit
Gottes Hilfe, die ganze Zeit der Gefangenschaft
hindurch, bis zur Stunde des Auszuges, da die letzten
Übergebliebenen von vielen Hunderten in kleiner Zahl dem
Tod entrinnen durften. - Schon am nächsten oder
übernächsten Tag hatte der eucharistische Heiland auch
bei Bruder Moser - seine Zelle war einen Stock über mir
- Einzug gehalten. Wir hatten nun die Kirche mit dem
Heiland. Der Anfang für eine Pfarrei war vom Herrgott
selber gemacht worden; Er wollte damit offensichtlich
mitten unter den oft unsagbar schwer geprüften Männern
in unserem Moabiter Block, trotz oder wohl auch gerade
wegen des unmenschlichen Verbotes des Zutrittes
irgendeines Priesters zu Ihnen, in all ihrer Not, in
aller Stille und Verborgenheit eine Pfarrei aufgebaut
wissen! Das war ein wundersamer Auftrag. Aber der gütige
Vater-Gott mußte die Wege dazu aufzeigen und die
Mitarbeiter finden lassen.
Verbindung mit anderen Gefangenen
Bei einer der ersten
Zelleninspektionen sagte ein Posten - anscheinend so
ganz nebenbei: “Na ja, bis spätestens Mitte Februar
müssen alle Gefangenen in diesem Bau verurteilt und muß
das Urteil vollstreckt sein.” Meinte er es gut oder
ungut? Auf alle Fälle: Die Zeit war kurz und kostbar.
Wie es nur als Einzelhäftling anfangen, um anderen als
Priester helfen zu können? Der Herrgott zeigte den Weg.
Seine Hand führte wunderbar.
Meiner Zelle gegenüber
war ein Gefangener, der, schwer vornübergebeugt, kaum
mehr sich aufrecht halten konnte. Ich wagte einen
Posten, der nicht unfreundlich zu sein schien, trotz
strengen Verbotes zu fragen: “Was fehlt dem da
drüben?” - “Essen - er ist am Verhungern.” Es
gab ja am Morgen nur einen Schöpflöffel voll Suppe. Am
Abend wieder einen Schöpflöffel Suppe mit einem oder
zwei Rädchen hauchdünner Wurst. Da mir die ersten Tage
auch beim Essen die Fesseln nicht abgenommen wurden -
dies sollte dazu beitragen, einen möglichst rasch auch
innerlich zu brechen -, so mußte
die Suppe geschlappert werden, wie es daheim unser Hund
tat. Aber das Essen war sehr heiß, den Mund konnte man
sich nicht recht abwischen - mit oder ohne Hunger: Ich
verzichtete. Aber zurückgeben durfte man auch nichts.
Also hier war eine Möglichkeit, etwas Gutes zu tun: Ich
bitte den Posten, die Suppe dem armen, fast verhungerten
Gefangenen in der Zelle mir gegenüber zu geben. “Es ist
verboten... eigentlich ist es verboten...” Ich
flüsterte: “Helfen Sie ihm!” Und was war des Postens
Antwort? “Sie müssen selber essen, Sie werden viele,
lange Verhöre haben... Die sind böse, grausam. - Sie
müssen stark bleiben, um nicht andere zu nennen.” Ich
schüttelte den Kopf. “Gut, ich bringe sie ihm...” Nach
etwa einer viertel Stunde sperrte er meine Zelle wieder
auf: “Da haben Sie Ihren Napf. Der da drüben läßt Ihnen
herzlich danken...
Er war beinahe am
Verzweifeln...
aber jetzt: so viel Suppe
hat er seit langem nicht gehabt... er will für Sie
beten.” - “Wie heißt er?” - “Darf ich nicht sagen.”
(Dabei schaut er ängstlich, ob er nicht überwacht ist.
Unser Haus war so gebaut, daß an den Wänden ein schmaler
Gang lief; sonst war vom Keller bis zum Dach alles frei.
So konnte auch von allen Seiten viel gesehen werden.)
“Aber, aber... geben Sie acht! Sie dürfen nicht jeden
Posten ansprechen... es sind sehr scharfe darunter, von
denen Sie angezeigt werden; dann gibt es erst noch
Strafbunker... Dunkelbunker mit Prügeln und ohne
Essen... oder der Posten ißt die Suppe selber...” Ich
wage noch schnell die Frage: “Aber, wie weiß ich, wer
gut ist...” Er geht weg, macht eine Runde, kommt wieder
und sagt: “Sind Sie christlich?” - “Ja.” - “Sie verraten
nichts?” - “Um Gottes Willen, nein...” “Dann hören Sie:
Ich sage Ihnen genau, wer von den Posten, die jeweils
acht Tage auf diesem Gang sind, gut und gefährlich ist,
und zeige Ihnen die guten...” Diese guten Posten
besorgten von mir an Gefangene das Essen - etwas Suppe,
ein Stück Brot, einige Kartoffeln. Später erhielt ich
durch Vermittlung von guten Leuten in der Stadt
Liebesgaben, die ich wieder vorsichtig verteilen lassen
konnte. So war es auch möglich, mit Bruder Moser durch
die Posten Verbindung zu halten. Sie übermittelten dann
auch Grüße, und manch einer besorgte manches kurze
Brieflein.
Was waren das selige
Augenblicke,
wenn der Posten schnell
etwas in die Hand drückte und sagte: “Von Ihrem
Schweizer Freund da oben... er ist munter... er
hält sich tapfer, er wünscht alles Gute!”
Schon nach einigen Tagen
rief man mich und andere ins “Büro”. Wir sollten zum
Verhör ins Reichssicherheitshauptamt gefahren werden.
Mein Nachbar im Auto zitterte mitleiderregend. Er wußte
schon zuviel von den Torturen. Ich suchte ihn zu
beruhigen, indem ich ihm meine gefesselten Hände auf
seine legte. Er war ergriffen, schaute mich dankbar an
und flüsterte nur: “Katholisch?” - “Ja, katholischer
Priester...” - “Oh... Absolution.” Ich nickte.
Leise... “Jesus, Barmherzigkeit... Ego te absolvo...”
Nie in meinem Leben werde ich das Leuchten vergessen,
das nun in seinen Augen stand... Gesehen hab' ich ihn
nie mehr... Der Herr war zu ihm gekommen und hatte einen
Priester, vielleicht auf seine letzte Fahrt geschickt...
Gnade Gottes in Fesseln.
Beichte beim Spaziergang
Endlich, endlich, zum
erstenmal durfte auch ich auf den sogenannten
“Spaziergang” im Zuchthaushof. Schnell war ich vor allen
anderen drunten, um wieder einmal frische Luft schöpfen
und laufen zu können. Diese Spaziergänge aber wurden
Zeiten großer Gnaden; sie wurden die Beichtzeiten für
die Gefangenen. - Es war bekannt geworden, daß ich
katholischer Priester, Jesuitenpater, war... Da drängten
sich auf dem Spaziergang in den drei sogenannten
konzentrischen Kreisen am Anfang die in meine nächste
Nähe, die beichten wollten. Es war oft mühsam, immer
gefährlich, aber unsagbar beglückend. Mittendrin ließ
einer aus einem anderen Kreis merken, ich solle zu ihm
kommen. Aber wie das anstellen? Ein Weg war, ohne jede
Erlaubnis zum aufsichtführenden Feldwebel zu gehen und
etwas zu fragen. Da wurde man heillos zusammengestaucht,
und der Schluß hieß: “Los - zurück in die Reihen -
sonst...” Und dann ging ich - nicht an meinen alten
Platz, sondern zu dem Mann im anderen Kreis, der
beichten wollte... Viel konnte gegenseitig natürlich
nicht geredet werden, aber viel, über die Maßen viel
Freude, Glück, Trost gab die Absolution. Später konnte
es noch einfacher gemacht werden: Die Mitgefangenen
schmuggelten durch gute Posten
ihre geschriebenen
Lebensbeichten
in meine Zelle, gaben
dabei ein Kennzeichen, ein Stichwort für den nächsten
Spaziergang an, und so durfte ich oft eine ganze Anzahl
Lossprechungen geben. Denn jetzt war es “organisiert”.
Dabei gab es oft sehr heitere äußere Umstände, inmitten
all der inneren Not. Gefangenschaft und Helferwillen
machen erfinderisch. Einmal - wir mußten im Kreis gehen,
andere, etwa 8-10, hatten Sand zu fahren
-, beim Vorbeigehen, höre
ich einen guten Freund leise sagen: “Pater, bitte,
Absolution.” - “Ja, lieber Gott, wie? Hilf das Rechte
finden!” Ich sah ein ziemlich großes Loch am Weg, voll
Wasser vom letzten Regen, und flüsterte dem Freund zu:
“Schnell den großen Wagen mit Macht in das Regenloch
hineinfahren!” Ich mußte schon weiter im Kreis. Wie ich
allmählich wieder an die Stelle beim Wagen komme, mußte
ich für mich lachen: Sie waren so fest hineingefahren,
daß sie das Rad des voll beladenen Wagens nicht mehr aus
dem weichen Boden herausbekamen. Es hatte geklappt. Nun
schrie ein guter Kamerad von mir laut: “Donnerwetter,
noch einmal, Leute, ihr seht doch, daß die den Wagen
nicht mehr losbringen. Helft ihnen doch!” Und im Nu
waren wir zu dritt oder zu viert am Wagen, innerlich
voll Angst, ob uns die Wache oder die Aufsicht
zurückpfeifen würde. Niemand pfiff! Und jetzt, während
man sich am Wagen herumplagte, konnte ich auf der den
Posten entgegengesetzten Seite hinter dem Wagen Beichte
hören. Nun war der Wagen fast flott; da sagten zwei: “Um
Gottes Willen - wir waren noch nicht dran mit der
Beichte.” - “Na, gut”, sagte einer, “dann nochmal 'rin
mit dem Ganzen.” Und wieder war das Vorderrad fest im
sumpfigen Regenloch. Als alle fertig waren, noch lange
klang es mir in den Ohren:
“Pater, wir sind restlos
glücklich”,
da wurde der Wagen
“endlich” herausgebracht, und das Drollige war erst
noch, daß ein sonst ziemlich bissiger Posten, als er uns
vier in den “Kreis” zurückkommen sah, sagte: “Das war
anständig! Das war Kameradschaft!” Der größte Freund
aber war der Herr in Seiner Gnade gewesen, Jesus
Christus, der Seine Schäflein in der Not aufsucht.
Auf ins Wannenbad
Eines Tages reißt jemand
meine Zellentür auf. Ein Kalfaktor, der inzwischen mir
gut Freund geworden war, flüstert: “Pater, wollen Sie
ein warmes Wannenbad haben?” Ich begriff nicht, “Wannenbad,
im SS-Zuchthaus, das für uns KZ war.
Wannenbad?”...Ich muß sehr dumm geschaut haben... Jetzt
brüllt er mich schrecklich an: “'raus mit Ihnen...”, und
leise sagt er: “Pater, stecken Sie Handtuch und Seife
ein...” Wie im Traum mache ich es und gehe ihm nach, aus
der Zelle heraus. Da war ich im Nu wach, im Nu... Es
standen etwa zehn der allergefürchtetsten SS-Leute da.
“Was ist mit dem da?” fragt einer von ihnen den
Kalfaktor und deutet auf mich. “Der soll zum ‘Büro”`.
(Büro hieß soviel wie “Zum Verhör”, mit Prügeln, Tortur
usw.) “Ach so, das soll ihm guttun! Hoffentlich bis
lange in die Nacht hinein. Es war aber erst
½10 Uhr vormittags. Der
Kalfaktor herrscht mich an: “Vorwärts... Tempo, Tempo!”
Wie wir außer Hörweite der SS sind, sagt er rasch: “O
Pater, die dummen Kerle! Folgen Sie mir, rasch am ‘Büro'
vorbei, hinunter in den Keller. Da drunten pfeift einer
leise; dorthinein. Alles Gute zum Wannenbad.”
Er war verschwunden. Ich
tat, wie er mir gesagt hatte. Richtig, kaum war ich im
untersten Kellergang, da pfiff es leise irgendwo im
Dunkel, und ich hörte jemand rufen: “Hierher, Pater!”
Plötzlich öffnete sich eine Tür. “Schnell, da herein!”
Vor mir steht eine große, fast hünenhafte Gestalt mit
ungemein gütigen Gesichtszügen. “Grüß Gott, Pater! Alles
gut gegangen?” Oh, dieses heimatliche “Grüß Gott!” nach
so langer Zeit wieder zum erstenmal zu hören. Ich
erwiderte den Gruß und fragte: “Wo bin ich jetzt?” - “In
einem Baderaum.” - “Wer sind Sie?” - “Der Bademeister”,
antwortete er lächelnd. “Doch nicht von Beruf?” -
“Nein”, sagte er, “nein, Pater”.
Von Beruf bin ich
Generaldirektor
einer großen
Kohlengrube.” - “Aber, wie kommen Sie hierher?” - “Wie
so viele andere auch. Ich hab' für meine Leute sorgen
wollen - für Essen -, hab' Krach bekommen mit Bonzen,
die nichts geben wollten, aber selber im Überfluß leben
- wurde angezeigt - bin da.” - “Seit wie lange?” - “Seit
über eineinhalb Jahren.” - “Haben Sie Verbindung mit
Ihrer Frau und Familie?” - “Nur verbotenerweise.” Ich
sagte ihm mein Beileid. Er gab mir die Hand. Sein
Gesicht zuckte etwas. “Ja”, sagte ich, “was ist nun mit
mir?” - “Pater, Sie sollen auch etwas Gutes, ein warmes
Wannenbad bekommen.” Lachend fragte ich weiter: “Was
kostet das?” (Es gab nicht viel umsonst im Zuchthaus!)
“Eine Zigarre oder drei Zigaretten für so einen ‘Herrn
Wachtmeister', der sich damit gewinnen läßt. Wer badet,
interessiert ihn nicht. Nur der Preis für ein Bad. Aber,
Pater, wir wissen, Sie rauchen nicht; es ist schon für
Sie bezahlt. Und sehen Sie: Wenn wirklich eine Kontrolle
kommt, dann verschwinden Sie rasch hinter diesem
Kohlenhaufen. Dahinter ist eine kleine ‘Sackgasse,
dahinein kriechen Sie. Wenn die Posten nicht Hunde
mitnehmen, wird man Sie nicht finden.” In dem Vorderraum
waren zwei Badewannen; im Nebenraum Heizkessel und
anschließend Kohlenkeller.
Osterbeichte wie nie zuvor
“Also”, sagte der
“Bademeister”, “noch etwas Geduld, Pater, und dann gibt
es warmes Wasser.” Auf einmal klopft es an der Tür. Mein
Herz erschrickt heillos. “Ruhig bleiben, Pater, ein
gefährlicher Posten klopft nie; der reißt einfach die
Tür auf.” Er öffnet. Herein kommt ein Mitgefangener, ein
ehemaliger Stellaner (Schüler der Schule “Stella
Matutina” in Feldkirch). “Grüß Gott, Pater.” - “Grüß
Gott.” - “Sie sind erstaunt, mich hier zu sehen, Pater?”
- “Ehrlich gesagt, ich bin nicht wenig erstaunt.” - “Ja,
ich bekomme auch ein Wannenbad; aber bevor das ist,
Pater, etwas anderes. Ich habe morgen Termin,
Verhandlung vor dem Volksgerichtshof. Da geht es um
alles, ich muß wissen, wie ich mich verhalten muß usw.
Und darum bitte ich Sie: Gehen Sie mit mir alles durch.
Helfen Sie mir, was und wie ich reden soll...” Nun fing
ich langsam zu begreifen an, warum ich ins Bad gehen
sollte. Wir sprachen eingehend seinen ganzen Fall durch.
Als wir fertig waren - wir saßen die ganze Zeit an einem
kleinen Wandtischlein -, sagte mein Mitgefangener: “So,
Pater, und nun die Hauptsache. Ich weiß nicht, wie es
morgen gehen wird. Das steht bei Gott, es geht ja auf
Leben und Tod. Und darum, Pater, helfen Sie mir, ich
möchte
jetzt eine Lebensbeichte
machen.” Und er begann:
“Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl.
Geistes...” Als wir zu Ende waren mit der hl. Beichte,
der Bademeister war draußen vor dem Baderaum geblieben,
sagte mein Gegenüber: “Pater, ich danke Ihnen. Gott
lohne Ihnen alles. Ich bin jetzt für alles bereit. Hier,
Pater, habe ich Ihnen etwas Brot mitgebracht, auch ein
Stücklein Wurst. Essen wir noch zusammen, dann baden
Sie, und, Pater, Sie müssen heute den ganzen Tag bis
lang in die Nacht hier bleiben. Die SS meint, Sie seien
im Verhör. Es ist organisiert: es werden eine Reihe
Katholiken kommen zum Beichten; es ist Fasten- und bald
Osterzeit. Behüt Sie Gott!” Wir verabschiedeten uns
herzlich, er ist durchgerettet worden; er war Vater von
vielen Kindern!
“Sind Sie Pater?” Ich
wollte vorsichtig sein und sagte nur: “Was gibt's?” (Es
kam vor, daß Leute nach einem Bombenangriff ermordet
wurden und es hernach hieß: “Der Gefangene ist bei einem
Fliegerangriff umgekommen.” Darum war ich vorsichtig.)
Aber die Angst war diesmal unbegründet. “Wie steht es
mit Ihrer Verdunklung?” - “Die ist in Ordnung.” - “Nein,
die ist nicht in Ordnung.” - “Heidirum, natürlich ist
sie in Ordnung: ich weiß...” Bevor ich ausgeredet hatte,
ließ der Mann die Verdunklung herunter rollen, schnitt
mit einem scharfen Messer ein so großes Loch heraus, daß
er seinen Kopf hätte durchstecken können. Schon wollte
ich aufbrausen und gehörig losziehen; aber etwas hielt
mich doch zurück, ließ mich sogar lächelnd sagen: “Ja,
jetzt haben Sie recht; die Verdunklung ist nicht in
Ordnung.” - “Aber, Pater, ist's möglich! Brauchen Sie so
lange? Merken Sie nicht, daß ich mit Ihnen sprechen
will? Das kann ich doch nur, wenn ich in Ihrer Zelle
Arbeit habe. Sonst dürfen wir ja nicht beisammen sein -
Pater”, sagte er still lächelnd, “lange Leitung, gelt,
lange Leitung... ?”
Gottes Gnade - mächtig in den Flammen!
Gottes Gnade war gütig
und mächtig in den Flammen der Bombenangriffe. Wieder
einmal waren ganz in der Nähe, beim Lehrter Bahnhof,
schwere Bomben geworfen worden. Ich hatte das Fenster
offen, es war heil geblieben, auch die Verdunklung. Da
wird meine Zelle aufgesperrt; ein Mann mit einem
Handwerkerkasten kommt herein...
Nicht nur Segen, auch die Absolution
Mein Gott, wenn ich
wieder einmal verkehrt losgelegt hätte! Der
Kleistermeister, ein Mitgefangener, er hatte draußen
eine hohe Stellung, sagte: “Pater, es scheint, man holt
mich heute nacht, dann sind es jetzt die letzten
Stunden, ich will aber in Ordnung zu meinem Herrgott
kommen. Ich möchte alles sagen, was in meinem Leben los
war, und dann möchte ich die Lossprechung. Ich bin
Protestant, aber ich will die Lossprechung haben...”
- “Fangen wir an! Erzählen Sie alles!” Wir sprachen
miteinander, dann verschwand er mittendrin nach außen,
sperrte meine Zelle zu, kam wieder, sperrte sie wieder
auf (das alles der Posten wegen, um nicht aufzufallen),
flickte kunstgerecht die Verdunklung, schnitt ein neues
Loch heraus, um Arbeit zu haben und Zeit zu gewinnen,
und in der Zwischenzeit war er mit dem Erzählen fertig.
“So, wir haben Glück gehabt, es ist gut gegangen, jetzt,
bitte, die katholische Lossprechung...” Wir haben
Glaube, Hoffnung, Liebe, vollkommene Reue, Ergebung
miteinander gebetet; er sprach alles nach. “So, nun gebe
ich Ihnen den Segen, und Sie können völlig ruhig sein.
Sie haben getan, was Sie konnten. Gott hat Sie schon in
Gnaden angenommen.” - “Pater, den Segen, ja, aber auch
die Absolution; ich gehe nicht heraus, oder ich komme
wieder, bis Sie mir die Absolution gegeben haben. Die
Protestanten haben das leider nicht mehr, Menschen haben
das Sakrament weggenommen. Wenn ich heute Nacht
sterben muß, will ich noch die Absolution
bekommen haben.”
Ich war zutiefst
ergriffen; aber was sollte ich tun? Ich fragte ihn:
“Sind Sie richtig getauft?” - “Ja, ich stamme aus einer
strenggläubigen Familie!” - “Glauben Sie an die hl.
Dreifaltigkeit und an Jesus Christus?” - “Ja, Pater.” -
“Wollen Sie, wenn Sie heute Nacht wirklich hinübergehen
sollen in die Ewigkeit, zu Gott, alles so getan und
geglaubt haben, wie Gott es will?” - “Das ist doch
selbstverständlich!” - “Und wenn - was wir hoffen und
worum wir beten wollen - Sie glücklich aus diesem Elend
hier heraus und wieder heimkommen...” - “dann”, so fuhr
er fort,
will ich mit meiner
Familie katholisch werden,
ich möchte, je früher, um
so lieber, katholisch werden. Aber schnell jetzt,
schnell, es wird höchste Zeit; ich gehe aber nicht von
Ihnen, bis Sie mir die Absolution gegeben haben.” Ich
gab sie ihm; er hatte wahrhaftig dazu alles getan, was
er konnte. Ein amtlicher Übertritt war bei uns
unmöglich. Wir durften ja nicht einmal gesehen werden,
daß wir über Religiöses sprachen...
Mein Gott, wie selig war
er, wie überglücklich... ! “Pater, helfen Sie danken!
Jetzt mag kommen, was will. Trotz aller Angst, jetzt ist
alles gut, wenn sie mich holen heute Nacht; ich komme
gut drüben an.” - Sie haben ihn geholt, aber sie haben
ihn in dieser Nacht nicht umgebracht. Er ist später in
Freiheit gekommen, er hat Wort gehalten.
Das heimliche Meßopfer in der Zelle
Unser Pater Franz von
Tattenbach hatte trotz aller Schwierigkeiten und
Gefahren den Weg bis zur Kommandantur meines “Baues”
gefunden; es gelang ihm viel, sehr viel, und ihm
verdanken viele Gefangene große Gnadenstunden, am
meisten ich. Das kam so: Eines Tages wirft ein grober
Posten zornig ein Paket auf meine Pritsche. Sein
Blick ist wütend. Er schimpft etwas, was ich nicht
verstehe. Als der Posten außer Sicht war, öffnete ich
das Paket. Es war Wäsche, frische Wäsche! Mein Gott, ist
das möglich! Wir hatten Minister, Generäle, Leute der
verschiedensten Stellungen unter uns, die monatelang
immer nur das gleiche Hemd trugen und es nur armselig
mit kaltem Wasser waschen konnten. Frische Wäsche! Jetzt
erst merkte ich, wie man daheim verwöhnt war, ohne es zu
wissen.
Genau schaue ich alles
an. Da ist ein Zettel dabei... “Daheim alles ruhig -
keine Häuser weggenommen - Patres können arbeiten -
Verwandte nicht eingesperrt - Viele Grüße und Wünsche -
Es wird viel gebetet.” Also: Es ist nicht wahr, was
die Gestapo immer in allen Verhören behauptet
hat, es ist nicht wahr! Nun konnten sie noch soviel
plagen, ich wußte Bescheid und konnte Bruder Moser
Bescheid geben. Langsam breitete ich die Wäsche
auseinander. Da fielen mir Tüchlein auf, gefaltet wie
Taschentücher, aber die hatten ein kleines rotgesticktes
Kreuzlein. Und siehe da:
das mußten Kelchtüchlein
sein.
Ich fand eine kleine
Palla, ein Korporale, einen kleinen Glaskelch, eine
Dose mit Aufdruck “Nivea-Creme”. Darin waren
große und kleine Hostien und ein mit Bleistift
geschriebener Zettel dabei: Noch nicht konsekriert. Aber
wo ist das letzte: der Meßwein? Auch dieser fand sich.
Ein Fläschlein voll war versteckt in zusammengerollten
Socken! Was für eine Güte von Mitmenschen, was für ein
Gnadengeschenk Gottes! Schon im Jahr 1939 hatte der hl.
Vater durch unseren hochwürdigsten Pater General die
frohe Mitteilung uns geben lassen: Wenn wir Patres
wegen der Verfolgung einmal nicht mehr in Kirchen
und Kapellen die hl. Messe feiern könnten, dann dürften
wir sie überall feiern, auch ohne Paramente,
wenn wir nur gültigen Wein und gültige Hostien hätten.
Ein Hocker als Altar
Am selben Tag erhielt ich
durch den guten Arzt, von ganz woanders her, noch
einen kleinen Schott. Wenn der liebe Gott durch gute
Menschen unter all den Gefahren so half, dann war kein
Hindernis mehr groß genug, um es zu überwinden und
mitten im SS-Zuchthaus das große, hl. Opfer
darzubringen. Ich vertraute auf die Hilfe der
Schutzengel und versuchte schon in der darauffolgenden
Nacht in aller Frühe, in dem toten Winkel zwischen
Pritsche und Fensterwand die hl. Messe zu feiern. Ein
kleiner Hocker diente als Altar. Mit viel, sehr viel
innerem Bangen, daß ja das Allerheiligste nicht
entheiligt würde - was hätte alles sich ereignen können!
- und mit noch viel mehr innerster Freude und Erwartung
begann ich die hl. Feier. Bei Epistel und Evangelium
ging ich in der Zelle auf und ab, weil ja die Posten
immer durch das Guckloch
beobachten konnten. Es ging alles gut, ungestört. Diese
erste hl. Wandlung in meiner Gefängniszelle werde ich
Zeit meines Lebens nie vergessen. Mein Gott, es war, wie
es in den Katakomben gewesen sein mag! Nach dem letzten
Evangelium räumte ich alles zusammen und verbarg es
unter einem Brett im Fußboden, das locker war.
Still, ergriffen von seliger Freude machte ich
Danksagung. Da höre ich den Schlüssel im Loch, der
Riegel wird zurückgeschoben, ein Posten steht da,
mustert mich und schaut in die Zelle. Er hat nichts
bemerkt.
Und das Wunderbare:
Ein guter Posten - er war aus Bayern - brachte von da
an immer wieder Hostien und Meßwein, bewachte
mich zum Schutz an gefährlichen Tagen, und so konnte ich
bis zum vorletzten Tag vor dem Auszug aus dem Haus die
hl. Messe feiern und immer wieder katholischen
Mitgefangenen, Gesunden, Kranken, Sterbenden, die hl.
Kommunion vermitteln. Es waren gnadenreiche
Katakombenzeiten! Dank dem Vater-Gott!
Geheimnisse um Zelle 218
Eines Morgens zwischen 8
und 9 Uhr kommt ein Kalfaktor mit einem Kübel Wasser und
einem schrecklich ausgerupften Besen und einem
erbärmlichen Putzlumpen in die Zelle. “Was ist los?” -
“Du, ich hab' da etwas gelesen von einem hl. Ignatius
und von Exerzitien. Was ist das? Kannst du mir das
erklären? Ich bin Protestant. Damit wir Zeit haben,
schütte ich das Wasser in deine Zelle, du redest, ich
passe auf und höre zu, und, wenn ein ‘schlechter'
Posten kommt, putze ich dich zusammen. Das ist
dann zum Schein, natürlich. Und dann sagst du mir,
was Exerzitien sind.” Ich mußte laut lachen, bekam aber
dafür einen gehörigen Puffer, weil schon ein ‘böser
Feind' in der Nähe war. Kaum war er fort, gab ich die
gewünschte Antwort. “Ja, wenn das so ist, dann müßten
Exerzitien doch eine sehr vernünftige Sache sein.” -
“Natürlich sind sie das; zudem - sie sind von einem
Laien verfaßt, von einem Offizier.” - “Ja, aber, also
doch nicht von einem Jesuiten?” - “Das ist er erst
später geworden.” - “Gut, ich will darüber nachdenken.”
Am andern Morgen erschien er wieder. “Du, ich hab' die
ganze Nacht - es war ein Fliegerangriff nach dem andern
über Berlin gewesen - über die Exerzitien nachgedacht.
Ich will Exerzitien
machen, und du mußt sie mir geben. Mittel und Wege
finden wir schon.” Sie haben sich mit Gottes Hilfe
finden lassen. Zuweilen nicht ohne schwere Hindernisse.
Aber ich konnte ihm Tage hintereinander und während
Fliegerangriffen, wo wir im Keller waren, unseren
Verhältnissen entsprechend Exerzitien geben. Eines Tages
sagte er: “In den Exerzitien muß man auch lernen,
anderen zu helfen, zum Herrgott zu kommen?” - “Ja, das
sollte man.” Dann sagte er zu mir: “Hör einmal zu. Wir
müssen zusammen einem Sterbenden helfen.” - “Wo ist der
arme Kerl?” - “Dir gegenüber, auf Zelle 218.” - “Was
fehlt ihm?” - “Der Doktor hat gesagt: Schwere Angina.” -
“Was hat er für eine Arznei gegeben?” - “Gar keine, wenn
er stirbt”, meint er, “ist halt einer weniger.” Ich gab
nun meinem Freund für den Kranken etwas vom Meßwein und
vom Brot. “Geh in seine Zelle und frag, ob er katholisch
oder evangelisch ist.” - “Ich will es wagen.” Er kommt
zurück: “Katholisch, aber er ist SS.” Ja, jetzt ist es
noch nicht klar. Ist er als SS aus der katholischen
Kirche ausgetreten? Andererseits: wenig Leuten ist
es bei uns so schlecht gegangen wie SS-Angehörigen, die
bei uns eingesperrt wurden. Sie hatten es ungemein hart
und streng. Ich bitte meinen Freund: “Suche Mittel und
Wege oder einen menschlichen Posten und schau, daß du
herausbringst, ob der Sterbende früher aus der Kirche
ausgetreten ist; ich muß es wissen, wenn ich bei ihm
bin; sag ihm, daß aber ein Mitgefangener ihn besuchen
wird.”
Eine bange Stunde
vergeht. Endlich kommt mein evangelischer Freund: Du, er
ist nicht aus der Kirche ausgetreten, er wäre froh,
wenn ein katholischer
Pfarrer käme.
“Du hast fein
vorgearbeitet - also in Gottes Namen, los; ich will
hinüber.” - “Du bist ja ganz verrückt geworden. Jetzt am
hellichten Tag. Du weißt doch: es ist für euch
Gefangene Todesstrafe darauf, in die Zelle eines anderen
zu gehen. Jetzt müssen wir alle (er meinte alle
Gefangenen, die gläubig waren) beten, daß der Sterbende
bis zum Abend lebt. Vorher ist es unmöglich.” Ich mußte
es einsehen und es schweren Herzens zugeben. Selten ist
soviel gebetet worden wie an diesem Tag - für den
Sterbenden. Endlich war es Nacht. Alle Lichter brannten,
auch in den Zellen. Plötzlich, mit einem Schlag, war es
in unserem Flügel stockdunkel. Kein Licht ist mehr im
ganzen Bau. Und schon ging meine Zellentür auf: “Pater,
jetzt schnell... hinüber zur 218... du kommst an Leuten
von uns vorbei, die helfen... Stichwort: Grüß Gott...
zuerst ein evangelischer, dann ein griechisch-unierter,
dann ein katholischer Freund und an der Zelle 218, der
Kommunist H. Er läßt es sich nicht nehmen, er will für
deine Sicherheit sorgen, solange du beim Sterbenden
bist.
Jetzt los! Gott mög' uns
helfen!”
Er ging in meine Zelle,
die ich von außen zusperrte (welches eigenartige Gefühl,
meine eigene Zelle zusperren zu müssen!) er wollte
drinnen sein, damit es bei einer Kontrolle nicht
auffiel, daß meine Zelle leer war. Ich huschte an
unseren Leuten vorbei: “Grüß Gott.” “Grüß Gott”, kam
glücklich zum Sterbenden. Er war beim Bewußtsein. Ich
sprach ihm zu, tröstete ihn, hörte seine Beichte, gab
ihm die hl. Ölung, die hl. Wegzehrung und den Generalablaß. Es war ergreifend, wie er trotz des
Fiebers mitbetete. Plötzlich pfiff es leise durch die
Tür. Es war der Kommunist. “Pater - fertigmachen, es
wird unruhig.” Ich sagte dem Kranken: “Wenn ich kann,
komme ich noch mal. Aber sag, wie kommt es, daß du so
große Gnaden erhalten hast, hier in der Zelle?” -
“Pater, meine Mutter hat viel für mich gebetet und meine
Schwester, die im Kloster ist, auch.” Gottes
Gnade in Fesseln und Flammen. Schnell faßte ich die Hand
zum letztenmal, zum letzten Segen. “Behüt dich Gott!
Bete für mich, für uns alle!” Rasch eile ich den Weg
durchs Dunkel zurück, ließ meinen Freund aus der Zelle,
in die er mich wieder einsperrte. - Kein Priester kann
sagen und kann es schildern, was sein Herz erfüllt an
Freude und Dank, wenn er so helfen konnte! Kaum war ich
in der Zelle, flammten alle Lichter auf. Was war
geschehen? Eine ganze Gruppe hatte zusammengearbeitet -
für den Sterbenden und für mich. Sie hatten auch die
elektrischen Leitungen durchschnitten; diese waren
wieder schnell geflickt, als man wußte, daß alles gut
und ich wieder in der Zelle war!
Am andern Morgen kam
einer in meine Zelle, den ich nicht kannte. Also hieß
es, wieder vorsichtig sein. Ich frage: “Was ist los?” In
gebrochenem Deutsch und mit stark gerolltem “r”
antwortet er:
“Muß sehen, ober Pater
Laus hat.”
Oha, hoppla! “Ob ich
Läuse habe?” - “Ja, ja.” - “Müssen Sie auch bei den
anderen nachschauen oder nur bei mir?” - “Nur bei
Pater.” - “Eine neue Schikane...” und ich war nicht
wenig versucht, den Gaul durchgehen zu lassen. “Nein,
Pater, nicht Schikane... ich genau wissen,
Pater gestern nacht bei 218, dem Sterbenden gewesen.”
Mir fuhr es durch den Kopf: Aufpassen, ob es nicht doch
ein Spitzel ist, der nur meine Aussage haben will. So
sagte ich so obenhin: “218... was ist mit 218?” “Pater,
nicht Mißtrauen... ich kein Spitzel... ich Jude...
Pole... Arzt... 218 nicht anginakrank, 218
fleckfieberkrank... ich Spezialist für Fleckfieber;
wenn Pater Laus hat, wird Pater auch
fleckfieberkrank... muß wissen, ob Fieber, ob
unwohl... will helfen; hab' Arzneien... Tabletten. “Mein
Gott, nun schickst Du auch noch eine n Arzt, falls ich
angesteckt worden bin, und schickst einen armen,
jüdischen Arzt, der auch keine menschliche Hoffnung auf
Rettung mehr haben konnte. Der gute Arzt untersuchte
mich, fühlte den Puls, maß die Temperatur. “Ich werde
wieder kommen. Heute abend... muß sehen, ob der Pater
Fieber hat.” Zum Dank schenkte ich dem mitgefangenen
Juden meinen letzten eisernen Bestand an Brot. Mehr
hatte ich nicht. Vor dem Flecktyphus blieb ich mit
Gottes Hilfe bewahrt. Der Kranke aber wurde in ein
Seuchenlazarett gebracht, das nach einem Fliegerangriff
geräumt werden mußte. Gute Leute haben ihn anderswo
unter einem anderen Namen untergebracht, und so konnte
er noch vor dem Tod bewahrt werden... Ganz anders als
“Zelle 218" verlief der Fall von L. - Er hatte Frau und
mehrere Kinder. An einem Samstag holte mich ein Posten
aus der Zelle. “Sie müssen mit mir kommen.” -“... und
meine Sachen?” - “Bleiben da; brauchen Sie nicht.”
Mein Herz drohte zu
stocken
So oft haben wir mit
allem gerechnet, alles, auch das Sterben, dem Herrgott
anheimgegeben, ruhig zu bleiben versucht; aber jetzt,
jetzt wurde es wohl Ernst. Nichts war schlimmer, als
wenn es hieß “Sachen brauchen Sie nicht”; das hieß:
“Sachen brauchen Sie nicht mehr - mit Ihnen geht es zu
Ende.” Ich suchte mich zu sammeln, alles aufzuopfern -
aber ich muß gezittert haben.”Sie sollten als
katholischer Priester nicht zittern...” Mein Gott, wenn
Du es wüßtest; wir sind ja auch Menschen... “Kommen
Sie!” Und er führte mich weiter in eine ganz andere
Zelle hinein. Drinnen sagte er: “Herr Pfarrer, es tut
mir leid, daß ich Ihnen Todesangst hab bereiten müssen;
ich habe es schon verstanden, ich mußte so handeln, ich
mußte, weil ich beobachtet war, Sie haben nicht alles
sehen können, jetzt bleiben Sie hier, bis ich
wiederkomme. Ich passe für Sie beide auf” und draußen
war er.
Der Todgeweihte
Ich aber stand neben
einem Gefangenen. Er wollte beichten - er habe zwei Tage
hernach Gerichtsverhandlung vor dem Volksgerichtshof, er
wolle noch einmal beichten. Nachher gab ich ihm die hl.
Kommunion - ich glaubte, sie würde seine Wegzehrung sein. Wir beteten
miteinander; dann brach er vor mir laut schluchzend
zusammen. “Pater, ich hab' mich noch nicht durchgerungen
zum Sterben; wenn ich zum Tod verurteilt werde und daran
denke, gehenkt zu sein und Frau und Kinder allein... und
wenn sie an den toten Vater denken, dieses grausige
Bild” - er weinte, wie nur ein zutiefst getroffener Mann
weinen kann. Ich kniete zu ihm nieder, hielt Kopf und
Hände in meinen Händen, suchte ganz leise ihm Trost
zuzusprechen, ihn aufzurichten. “Jesus am Ölberg
versteht Sie; er wird Ihnen helfen.” Der Posten holte
mich ab; ich gebe nochmals den Segen. Der Mitgefangene
wirft sich in seinem grauenvollen Leid auf die Pritsche.
Ich muß weg. Zwei Tage darauf wurde er tatsächlich zum
Tod verurteilt. Nochmals gelang es, ihm zwei
hlKommunionen zukommen zu lassen. In der gleichen Woche,
an einem Herz-Jesu-Freitag, brachte man ihn zur
Hinrichtung. Und nun war er völlig gefaßt, ruhig, stark.
Er zeigte keine
Todesangst mehr.
Seine letzten Worte
waren: “Herr, sorge für meine Familie! Ich opfere
mein Leben auf für die Freiheit der katholischen
Kirche.” -
Berliner Frauen hatten
uns ganz kleine Linnentäschlein, gerade groß genug für
eine kleine Hostie, hereingeschmuggelt. In einem
Zellophanbüchslein, so groß wie eine Seifenschachtel,
legte ich sie nebeneinander mit der Zellennummer, wo
Katholiken waren, die nach der hl. Kommunion verlangten.
Meistens am Abend oder in Stunden, wo gute Posten, die
wir gewonnen hatten, Dienst taten, wurde dann die hl.
Kommunion ausgeteilt. Gar mancher und mancher flüsterte
mir beim Spaziergang zu: “Jetzt bin ich überglücklich,
ich bin beim eucharistischen Heiland. Er ist bei mir,
ich bin überglücklich.”
Bald wußten die
Katholiken auch davon, daß die hl. Messe im “Haus”
gelesen wurde. Kurz vor Beginn gaben wir mit dem Fuß
Zeichen nach unten, mit den Fingern Klopfzeichen an den
Wänden - rechts und links -, andere, auch
Nichtkatholiken, gaben sie nach der Vereinbarung weiter
und bald waren wir so weit, daß eine Reihe von den
katholischen Gefangenen so unsichtbar - weil in
Einzelzellen, aber im Gebet und im Opfer vereint - die
hl. Messe mitfeierten. Gottes Güte hatte geholfen, wir
hatten eine Gemeinde um den eucharistischen Heiland
gründen und vereinigen können. Vatergüte Gottes!
Die Kette des Segens
Auf einem Spaziergang
flüstert mir mein Hintermann (ein Österreicher) zu:
“Sind Sie der Pater, der Jesuitenpater?” Ich nicke mit
dem Kopf. (Heute sind neue, scharfe Wachen da; also ist
Vorsicht notwendig.) “Pater, haben Sie einen
Rosenkranz?” Ich schüttele den Kopf. “Pater,
besorgen Sie einen, besorgen Sie mir einen!” Das ist
schwer, sehr schwer. “Das Ganze kehrt! Marsch!” Dieses
Kommandiertwerden ist gar nicht schön; aber diesmal hat
es etwas Gutes. Ich bin jetzt hinter dem Österreicher;
er ist schon ein älterer Herr, er macht mir einen tiefen
Eindruck. Jetzt kann er mich besser verstehen. “Geduld”
flüstere ich, “ich will alles versuchen, einen
Rosenkranz zu bekommen.” Nun nickt er, offensichtlich
zufrieden. In der darauffolgenden Nacht gab es ein
grausiges Erlebnis. Es war wieder Fliegeralarm. Posten
kontrollierten vom Hof aus, ob alle
Lichter in den Zellen gelöscht waren. Schrill schrie es:
“Lichter aus!” Scheinbar ohne Erfolg. Noch grelleres
Schreien. Auf einmal knallen Schüsse, und Posten stürzen
durch die Gänge. Es mußte über uns, ganz in der Nähe von
Bruder Mosers Zelle sein. Ja, dort war es bei einem
alten Pfarrherrn aus Bayern, der mit uns von München
hinaufgebracht worden war, als Opfer der Verleumdung
seines Dorfpolizisten. Er lag schwerkrank auf seiner
Pritsche, konnte sich wegen Venenentzündung nicht
rühren, darum auch nicht verdunkeln. Er hatte Glück, daß
die in seine Zelle geschossenen Kugeln nicht an den
Fenstergittern abgeprallt waren; als Querschläger hätten
sie ihn schwer treffen können. Posten rissen nun seine
Zelle auf, schimpften, wetterten, fluchten, daß er nicht
verdunkelt habe. Und plötzlich sieht einer des Pfarrers
Rosenkranz auf der Pritsche liegen. Ein guter Posten
erzählte mir nachher, wie grauenhaft da wegen des
Rosenkranzes gebrüllt und gelästert worden sei. Er sei
selber Katholik - das sei ihm furchtbar zu Herzen
gegangen. Da fiel mir die Bitte des guten Österreichers
ein. Ich fragte den Posten: “Wird der Pfarrer droben
seinen Rosenkranz behalten können?” - “Ich glaube
schon... die, die so getobt haben, sind wieder fort...
waren nicht von uns”, antwortet er. “Meinen Sie, er
würde mir ihn einmal einen Tag leihen?” - “Das wird sehr
schwer sein. Wer soll ihn abholen und wieder hinbringen?
Warum überhaupt wollen Sie einen Rosenkranz?” -
“Ich möchte so gern einen
Rosenkranz”
“Für Sie selbst oder für
einen anderen?” - “Für mich und für die anderen.” Es war
Abend. Er mußte wieder eine Runde in unserem ganzen
langen Stockwerk machen; so sperrte er meine Zelle
wieder zu, ließ mich mit dem kurzen Wort “Ich komme
wieder” allein. Er hatte drei Stunden lang Dienst, und
nach sechs Stunden Ruhe mußte er von neuem anfangen. Ich
mußte auf die Pritsche. Schlafen konnte ich wegen der
Fesseln sehr schlecht, aber nach 2 Uhr schlief ich doch
etwas. Da merkte ich, daß meine Zelle vorsichtig
geöffnet wurde, wohl um keinen Lärm zu machen. Wir haben
diese nächtlichen Besuche sehr gefürchtet. Es kam vor,
daß man versuchte, Gefangene im Halbschlaf auszufragen.
Manch einer war dabei schwer hereingefallen. Aber die
Zelle muß ja hell erleuchtet sein, die Lampe brannte
etwa 10-15 cm unmittelbar über dem Kopf. Ich erkannte
den guten Posten vom Abend vorher. Leise flüsterte er:
“Pater, schlafen Sie?” - “Nein!” - “Können Sie
schlafen?” - Nicht gut, wegen der Fesseln.” - “Pater,
ich will Ihnen helfen... die letzte Kontrolle für uns
Posten ist vorbei... ich nehme Ihnen die Fesseln ab.”
Ich glaubte zu träumen. Die Hände waren frei, ich konnte
die Gelenke reiben, die Arme ungehindert bewegen, mich
endlich einmal auf die Seite legen. Ich konnte all das
nicht fassen.
Der wandernde Rosenkranz
Gütig schaute mich der
Posten an und sagte: “Gelt, das tut wohl, einmal ohne
Fesseln liegen und schlafen können? Noch etwas, Pater,
ich habe etwas für Sie... einen Rosenkranz.
Ich habe zwei: einen von meiner Mutter, einen von meiner
Frau. Den von meiner Mutter leihe ich Ihnen, solange ich
selber hier bin. Bis ich wegkomme, werden wir schon
einen von der Stadt hereinbekommen. Gute Nacht, Pater.”
Ich schäme mich nicht zu
sagen, daß ich vor Freude weinte und vor Freude bald
einschlief. Kurz vor 6 Uhr kam dieser gütige Mann
wieder. “Leider, leider”, meinte er, “ich muß
Ihnen wieder die Fesseln anlegen. In Gottes Namen.
Aber Sie haben jetzt einen Rosenkranz. Lassen Sie sich
aber nicht damit erwischen!” Nun war es möglich, diesen
Rosenkranz anderen zukommen zu lassen, und zwar ging das
so: Bald wußten wir - vor allem durch Rundfragen auf den
Spaziergängen, - wer einen Rosenkranz haben wollte.
Soweit irgend möglich, sollte jeder ihn am Tage eine
halbe Stunde haben. Es gab nun folgenden Turnus: z. B.
am Montag in der Früh gab ich ihn ab, einem Freund aus
den Kalfaktoren: dieser brachte ihn zum Österreicher.
Von da wanderte der Rosenkranz weiter, bis er am
Dienstagabend wieder bei mir war. Es war wohl manchmal
sehr schwierig, aber nach einiger Zeit gelang es, so
viele Rosenkränze von der Stadt hereinschmuggeln
zu lassen, daß jeder, der es wünschte, einen
solchen haben konnte. Später sagte mir einer:
“Pater, früher hab' ich nichts auf das Rosenkranzbeten
gegeben, aber in der Not der Gefangenschaft - der
eigenen und der von so vielen Kameraden - hab' ich
erfahren und erfassen dürfen, welches Licht, welche
Kraft, welche Gnade und Freude in den Geheimnissen des
Rosenkranzes verborgen sind. In meiner Verlassenheit
hab' ich am Tag gar manchen Psalter gebetet und die
Hilfe unserer Lieben Frau erfleht.”
Die letzten Tage
Zweite Hälfte April 1945.
Es ging langsam dem Ende zu. Am 19. April fand vor dem
berüchtigten Volksgerichtshof in Berlin noch eine
Verhandlung gegen zwei gute Freunde statt, um deren
Leben wir sehr bangten. Das viele Beten half; einer
wurde freigesprochen, und der andere erhielt drei Jahre
Zuchthaus. Darüber freuten wir uns von ganzem Herzen.
Was waren auch drei oder fünfzehn oder noch mehr Jahre
Zuchthaus wenige Tage vor dem sich schon schrecklich
abzeichnenden Ende!
20. April. Geburtstag des
damaligen Machthabers. Gegen alle Hoffnung hofften viele
Gefangene auf eine allgemeine Amnestie. Um so grausiger
wirkte die Nachricht, gerade an diesem Tag seien nicht
weit von uns weg über 30 Gefangene hingerichtet worden.
Prozesse konnten nicht mehr wie früher stattfinden;
durch die Kämpfe waren schon Straßen gesperrt; es
erschienen auch nicht mehr alle Richter.
Am 21. April wurden
verschiedene Gefangene entlassen, solche, die vom
Gericht Freispruch erhalten hatten, aber auch andere.
Wer die Auswahl traf und nach welchen Gesichtspunkten er
sie traf, konnten wir übrigen - wir waren nicht mehr
ganz hundert - nicht herausbringen. Um so lähmender
und drückender umkrallte uns die Gewißheit: “Wir
werden ermordet werden; sie werden uns hinrichten - kurz
vor Kriegsende; wir werden nicht mehr die Freiheit
und die Heimat und die Unsrigen sehen!”
Wie in den Katakomben
Sonntag, 22. April 1945,
frühmorgens. Aus dieser Todesgewißheit heraus versuchte
ich alles, für die katholischen Mitgefangenen noch die
Möglichkeit zu finden, die hl. Messe zu feiern.
(Anmerkung: Pater Rösch war in diesen Tagen nicht mehr
in Einzelhaft. Die Gefangenen waren wegen des starken
Artilleriebeschusses in die Keller gebracht
worden.) Gott war in Seiner unendlichen Güte gnädig. Im
Keller im hintersten Raum konnten wir alles würdig
richten für die hl. Feier, sogar einige Blümlein und ein
frisches Linnen hatten wir gefunden. Zwei treue Posten
bewachten uns, daß wir nicht von gefährlichen SS-Männern
ertappt wurden. Niemals werde ich diese ergreifende und
gnadenvolle Katakombenfeier vergessen können. Manche
hatten noch Zeit zur hl. Beichte; alle anderen beteten
gemeinsam das Confiteor und erhielten die
Generalabsolution. Nach dem Evangelium sprach ich über
das Suscipe: “Nimm hin, Herr, unser Leben, unsere
Freiheit... Deine Gnade gib uns, Dich selber in der hl.
Kommunion - hier im Glauben... drüben im Schauen. Herr,
mach uns stark, in unserer Not auf Dich allein zu
vertrauen.” Zwei Gefangene lasen abwechselnd die hl.
Texte; alle empfingen mit tiefer Andacht die hl.
Kommunion; für viele davon sollte sie auch die hl.
Wegzehrung sein. -
Wir waren während der
ganzen Feier nicht gestört worden; nach einem
gemeinsamen Gebet und einer kurzen herzlichen Weihe
an Unsere Liebe Frau gingen wir unauffällig in
unsere Räume zurück.
In all unserer Not voll
Dank gegen Gott. Untertags versuchte ich möglichst viele
Mitgefangene persönlich zu treffen und zu sprechen;
einen wollte ich trösten mit der Bemerkung, es können
für uns noch Hilfe und Rettung kommen, er solle doch
hoffen, Frau und Kinder wiederzusehen. Er hatte in
langen Verhören grausamste Qualen und Folterungen - wie
so viele von uns - erlebt; er hatte sich nicht gebeugt
und sich nicht brechen lassen; wir hatten ihn zutiefst
bewundert, wie er anderen mit seinem gütigen Lächeln,
mit einer opferfrohen, selbstlosen Kameradschaft zu
helfen wußte, mit einem aufmunternden Blick, mit einem
tröstenden Wort, mit einem Stücklein Brot, mit einer
halben Zigarette. Jetzt war er todernst, ohne alle
Hoffnung. “Nein, lieber Pater, wir werden sterben
müssen, grausam sterben müssen. Ich weiß es. Es gibt
keinen Ausweg mehr für uns, auch für Sie nicht. Es ist
wie die Passion Christi: Wir haben noch die hl. Messe
feiern und die hl. Kommunion empfangen dürfen; nun geht
es in die Ölbergsnot hinein; ich bin schon zutiefst
drinnen. Mög' Gott uns gnädig sein.” - Um seinen Fall
vorauszunehmen: In der Nacht holten ihn Henker
heraus aus unserer Mitte, und seit dieser Stunde
konnte von ihm trotz allen Suchens und Forschens nicht
die leiseste Spur gefunden werden: ermordet, irgendwo
vergraben. Gott hat es ihn ahnen lassen, hat sein
Lebensopfer angenommen und seine Seele wohl auch in der
gleichen Nacht aufgenommen vom irdischen Leid in sein
himmlisches Glück.
Werden wir frei?
Langsam und qualvoll
verrannen die Stunden; es wurde Nacht. Plötzlich - es
war etwa zwischen 9 und 10 Uhr - kam Befehl: “Alle
Koffer fassen!” Wir konnten in der sogenannten Kammer
alles holen - soweit es überhaupt noch da war, - was man
uns seinerzeit bei der Einlieferung abgenommen hatte.
Die widersprechensten Stimmen wurden laut. Die einen
nickten sich mit großen, ernsten Augen wortlos zu, um
nicht laut zu sagen, was sie dachten: “Es geht dem Ende
zu”; die anderen schöpften neue Hoffnung. “Wir werden
doch noch herauskommen.” Von irgend woher tauchte der
SS-Kommandant auf, dem wir in den letzten Wochen
übergeben worden waren. Wieder ein
zwiespältiges Gefühl bei den Gefangenen. “Was will er?
Was hat er mit uns vor?” Plötzlich sprach er fast
freudig zu uns: “Sie kommen alle von hier heraus!” Da
stupfte mich ein Freund und flüsterte mir leise, aber
voll Unruhe zu: “Schau ihn dir genau an, er zittert...
bei Gott... er weiß mehr... natürlich kommen wir hier
heraus... tot - lebendig, um draußen erledigt zu werden.
Frag ihn, frag ihn.” Mich begann die Angst zu würgen;
trotzdem - ich drängte mich durch die Kameraden durch,
komme vor dem Kommandanten zu stehen, frage ihn: “Herr
Kommandant, Sie wissen, was mit uns geschehen soll;
bitte, sagen Sie es uns!” “Soviel ich weiß, sollen Sie
alle von hier entlassen werden.” “Wird man uns
freilassen?” - “Ich glaube, ja.” Aber er wußte mehr und
sagte es uns nicht.
Die letzten Mordkommandos
Sonntag, 22. April 1945.
Nachts. Wir waren - nicht zuletzt durch die Aufregungen
und Spannungen - müde geworden und zogen uns in unsere
Räume zurück, um zu schlafen. In früheren Kohlen- und
Kartoffelkellern lagen wir da beisammen, weil oben
unsere Zellen viel von Artillerie beschossen wurden; in
unserem Raum waren wir etwa 12 bis 14 Mann, neben mir
Professor Haushofer, der Verfasser der berühmt
gewordenen Moabiter Sonette. Er war ein gescheiter,
weitgereister Mann, und nun erzählte er viel von seinen
Studien und Erlebnissen. Es war schon fast 0.30 Uhr;
manche schliefen schon. Plötzlich sprach er: “Liebe
Freunde! In acht Tagen wird Berlin von den Russen
erobert sein. Dann ist es aus mit dem jetzigen System;
es wird eine neue ungemein schwere Zeit für uns alle
kommen. Ich bin Nichtkatholik! Aber ich möchte Ihnen
doch sagen, was meine feste Überzeugung ist: Es wird für
die katholische Kirche die größte Zeit kommen, die sie
seit der Reformation gehabt hat, zum Besten unseres
Volkes; möge sie dies erkennen und danach handeln.” Kurz
darauf war es still und dunkel; die allermeisten
schliefen.
Plötzlich - um 1 Uhr -
hallen schwere Tritte durch die leeren Kellergänge;
erschreckt fahren wir alle aus dem Schlaf auf. Wir hören
halblaute Kommandos, Türen werden aufgerissen, auch die
von unserem Raum - Taschenlaternen blitzen auf, Namen
werden gerufen. Schreckhaft unvergeßlich bleibt mir das
verbissen-harte Gesicht des Mannes, der bei uns mit
seiner Taschenlampe herumsuchte und dann den Namen
“Haushofer” rief. Dieser steht auf, nimmt seine Sachen
mit, geht zum Gang hinaus. Kein Wort wurde von uns
gesprochen. Kurze Zeit war noch etwas Unruhe im
Kellergang.
Dann wurde es totenstill.
Nun fragten wir, die
Zurückgelassenen, uns: “Was ist jetzt wohl geschehen?
Sind die Kameraden - es waren nicht wenige, aber die
genaue Zahl kannten wir nicht - von der SS geholt
worden? Was ist mit ihnen geschehen? Würde die SS heute
in der Nacht wiederkommen und andere von uns mitnehmen?
Oder waren die Kameraden schon frei? Waren vielleicht
doch Offiziere und Soldaten dagewesen, sie zu befreien?
Es waren ja so viele Zettel und Briefe an Offiziere
gebracht worden, man solle uns holen und dann
freilassen. Es wäre auch gar nicht schwer gewesen. Und
wenn die anderen befreit waren, würden sie auch uns noch
in die Freiheit bringen?” So flüsterten wir
einander voll Unruhe zu. An schlafen war nicht mehr zu
denken. Um so mehr beteten manche von uns.
3 Uhr. Wieder hallen die
schweren Stiefelschritte schaurig durch den Kellergang.
Eiskalt durchzittert es unsere Körper und Herzen. Wieder
Kommandorufe, wieder Türaufreißen, scharfe, flackernde
Lichter, wieder werden Namen gerufen, auch von solchen,
die in meinem Raum sind. Wir, die wir nicht gerufen
sind, rühren uns nicht. Unsere Tür ist wieder
geschlossen; aber ich lausche gespannt, ob ich irgend
ein Wort vernehmen kann. Und ich höre eines, das mich
zutiefst erschrecken läßt. Einer der Mitgefangenen im
Gang sagt aufgeregt: “Einen Augenblick, ich habe meinen
Koffer vergessen!” Die Antwort darauf war barsch: “Den
brauchen Sie nicht mehr. Vorwärts marsch!”
Mein Gott, was sollte das
bedeuten?
Wann würden diese
SS-Leute wiederkommen? Wen würden sie das nächstemal
herausrufen? Und einer im Raum sagt halblaut ins Dunkel
hinein: “Vielleicht sind es doch Soldaten der Wehrmacht
gewesen, die zur Täuschung SS-Uniformen anhatten und
haben die Kameraden befreit, und wir werden hier
herinnen umgebracht!” In dieser Nacht kam niemand mehr
zu uns. Mit großer Sorge und Bangigkeit ging es nun der
Nacht vom 24. auf den 25. April entgegen. Die Russen
kamen näher; aber die Mord- und Rollkommandos erschienen
nicht mehr.
Der 25. April, damals
Oktavtag vom Josefs-Schutzfest und St. Markus-Fest,
brach an, ein schöner, strahlender Frühlingsmorgen.
Am Nachmittag sagte ein früherer Offizier zu mir:
“Pater, wenn wir bis zum Abend nicht frei werden, sind
wir für immer verloren. Darum wollen meine
Freunde einen Ausbruch wagen; es wird dabei aber sehr
ernst zugehen. Wir bitten Sie: Kommen Sie mit, um den
Verwundeten und Sterbenden zu helfen, die es dabei geben
wird.” Schnell überlege ich und gebe dann zur Antwort:
“In Gottes Namen! Ich will als Priester helfen; aber an
einen Erfolg glaube ich nicht; sie sind alle schon zu
schwach.” Und ohne viel zu denken, füge ich hinzu: “Es
ist doch gescheiter, einige Vertrauensleute aus den
Gefangenen auszuwählen und durch sie den
Zuchthausdirektor um die Freilassung zu bitten.” Der
andere ging; ich beobachtete das langsame, aber stetige
Vorrücken der russischen Front.
Ein entscheidender Bittgang
Plötzlich ruft ein
Mitgefangener mir zu: “Pater, wo sind Sie? Sie
Langweiler? Sie sind auch gewählt! Schnell, schnell
zum Zuchthausdirektor.” Die Gewählten waren: der
ehemalige sozialistische Reichsminister Noske, der
zweite ich, der Jesuitenprovinzial, der dritte Dr.
Hermes, der Bauernführer, der vierte ein Offizier. Nun
ging es vom Keller hinauf zum Erdgeschoß; wir mußten auf
dem Gang bleiben. Um uns standen Wachtmeister mit
Pistolen und Polizeihunden. Endlich erschien der
Direktor und fragte, was wir wollten. Wie abgemacht
sprach als erster Noske: “Herr Direktor! Sie kennen die
Vorgänge in den letzten Mordnächten. Wenn wir bis zum
Abend nicht herauskommen, sind wir verloren. Stürmen
vorher aber die Russen das Zuchthaus, und das kann jede
Stunde sein, kann es uns genau so schlecht gehen. Wenn
sie mich hier finden, machen sie Hackfleisch aus mir.
Ich habe 1919 15 000 Kommunisten geopfert. Geben Sie uns
also frei, solange es noch Zeit ist.” Einen Augenblick
herrschte lastendes Schweigen; dann antwortete der
Direktor ruhig: “Nein, das ist kein Grund zur
Freilassung.” Noske, zutiefst beleidigt, dreht sich
wortlos um und geht. Voll Schrecken eile ich ihm nach,
bitte ihn um der Kameraden willen zu bleiben; wortlos
ergreift er meine Hand, kehrt mit mir zurück.
Die Reihe ist jetzt an
mir
Ich danke dem
Gefängnisdirektor für die Möglichkeit, mit ihm zu reden,
zeige den Ernst der Lage, daß wir heim möchten, in acht
Tagen spätestens Berlin erobert sei, daß wir auch an ihn
und an das Gefängnispersonal dächten, es gut sei, wenn
auch sie nicht von den Russen gepackt würden, daß es
keine Verbindungen zu höheren Behörden gebe. Ich schloß
mit der Bitte, er möge aus eigener Verantwortung heraus
handeln und uns freigeben. Die einzige Antwort war: “Ich
will es mir überlegen.” Nach sehr energischen
Ausführungen von Dr. Hermes erklärte der Direktor: “In
einer Stunde gebe ich Ihnen allen Bescheid.”
Dieses Ergebnis war nicht
gut, war trostlos; unsagbar trostlos war die Wirkung auf
die Mitgefangenen: tiefste Niedergeschlagenheit. Zudem
hatte schwerstes Artilleriefeuer auf unser Zuchthaus
eingesetzt. Mir kam der Gedanke: Sprich allein mit
dem Direktor. Das wird besser sein. - Ich
gehe vorsichtig die Wendeltreppe vom Keller in den
ersten Gang hinauf. Überall schlagen Granaten ein. Ich
suche das Büro; da kommt unerwartet aus einem anderen
Zimmer der Direktor; er sieht mich, geht trotz des
Feuers auf mich zu, sagt, bevor ich sprechen kann: “Sind
Sie nicht der katholische Pastor, der vorhin bei mir
war?” Ich rücke schnell heraus, und schon erklärte er:
Ich freue mich, gerade Sie hier zu treffen. Ich habe
mich entschlossen, Sie alle auf meine
Verantwortung hin in einer Stunde freizugeben. Sie
können es ihren Kameraden drunten verkünden: In einer
Stunde sind alle frei!
Ich gebe ihm die Hand,
danke ihm, schäme mich nicht meiner Tränen. Er drückt
mir fest die Hand mit den Worten: “Herr Pastor, ich
freue mich für Sie und alle Ihre Kameraden.” Nun stürme
und stürze ich die Wendeltreppe hinab, fliege über die
letzten Stufen hinunter, laufe in den größten Raum, wo
die größere Zahl der Kameraden der Beschießung wegen
war, und rufe voll Freude laut hinein: “Alleluja, in
einer Stunde sind wir frei!” Es war
Osterzeit. Ich habe oft die Osterberichte der hl.
Schrift gelesen. Es war jetzt wohl ähnlich mit der
Stimmung. Ganz Ernste sagten vorwurfsvoll: “Pater, wie
können Sie so etwas sagen! Gerade Sie!” Frei... frei...
frei... alle Schattierungen sind zu hören, bis einer mir
um den Hals fällt und laut fragt: “Pater, ist das wahr?
Werden wir frei? Wer hat das gesagt?” Ich muß alles
erzählen. Ein unbeschreiblicher Jubel bricht los.
Schnell gehe ich zu den übrigen, die Freudenbotschaft zu
verkünden.
Die Fesseln fallen
Jeder packt rasch seine
Habseligkeiten. Alle werden zusammengerufen. Einer hält
eine herzliche Abschiedsrede, bittet, der Pater möge ein
Gebet sprechen. Wir beten zusammen, zum Dank für die
Errettung, für alle, die bei uns litten und starben, für
die Heimat, um eine glückliche Heimkehr.
Wir verteilen die
Kranken, die sich nicht selber helfen können, suchen
Möglichkeiten, ihr Gepäck zu besorgen. Inzwischen war
das Abschiedsessen fertig, so gut, wie wir es seit
langem nicht mehr gegessen hatten, aber auch so gut, daß
die meisten nicht viel zu essen wagten, um nicht krank
zu werden; die Allermeisten waren zu erregt, um essen zu
können.
Inzwischen war es fast 18
Uhr geworden. Alle sammelten sich im Erdgeschoß, beim
ehemals gefürchteten “Büro”; wir mußten über Löcher und
Schutt steigen. Und trotzdem schreit ein verbissener
Wachtmeister, dem unsere Befreiung offensichtlich nicht
gefällt: “Wenn ihr nicht in Ordnung und in Dreierreihen
marschiert, wird überhaupt nicht hinausmarschiert!”
Manche ärgern sich; die meisten sind so vernünftig und
achten nicht darauf, kümmern sich aber auch nicht um
Dreierreihen. Einen höre ich leise seufzen: “O du
verrückter Barras!” Es war ein Offizier, der das sagte.
Nun gingen wir, der kleine Rest von vielen, vielen
hinaus. Die einen lachen, die anderen sind still und
ernst, die einen rauchen, die anderen beten, alle sind
glücklich. Um 18 Uhr sind wir draußen, können wir die
Todeszellen von außen sehen. sind wir frei. Gott sei
Dank, frei!
Ein letztes
Abschiednehmen
Rasch sind die Einzelnen
in verschiedenen Richtungen verschwunden. Wieder setzt
Artilleriebeschuß ein. Wir ducken uns in Häuserecken, in
Bombenlöcher hinein. Einer sucht Deckung hinter einer
ragenden Mauer und schreit: “Und wenn ich jetzt sterben
müßte, ich würde sterben frei, frei, frei!”
Die Artillerie hört bald
zu schießen auf; wir, d. h. eine Gruppe von etwa sechs
bis acht Mann, zogen weiter, zum nächsten Kloster. Dort
trafen wir sehr gute Freunde, und da waren auch zwei
ehemalige Posten, die uns so viel in schwerster Zeit
geholfen hatten. Um 20 Uhr feierte ich in der Kirche
mit den Geretteten, die mit mir gegangen waren
zum Dank die hl. Messe, seit langer Zeit zum
erstenmal wieder in einer geweihten Kirche, mit
geweihten Paramenten, zum erstenmal wieder in der
Freiheit.
Es war der 25. April
abends, der St. Markus-Tag, mit dem Gedächtnis der
Markusprozession - und unsere Prozession war mit
Gottes wunderbarer Hilfe der Weg aus vielfacher Todesnot
in die wiedergeschenkte Freiheit.
Und was war mit denen
geschehen, die in den Nächten von den SS-Kommandos
abgeholt worden waren? Von einem Augenzeugen - einem
Arzt -, der trotz schwerster Verwundung davonkam, weil
es ihm gelang, sich totzustellen, haben wir es erfahren.
Vor dem Ausmarsch aus dem Gefängnis wurde jeder einzelne
Gefangene von je einem SS-Mann übernommen und gefesselt.
Man nahm ihnen die Ringe ab und alle ihre
Habseligkeiten. Dann führte man sie auf ein freies
Gelände; dort mußten sie sich völlig nackt ausziehen;
wieder stand hinter jedem Gefangenen ein SS-Mann. Es
waren zusammen 50 Gefangene, also wohl auch noch solche
aus einem anderen Zuchthaus. Dann schoß jeder SS-Mann
der Reihe nach seinen Gefangenen mit einem Genickschuß
nieder, versicherte sich, daß der Gefangene tot war, und
meldete dies dem Führer des Rollkommandos. Der Arzt
mag wohl im Augenblick, da er den Schuß erhielt,
noch eine Bewegung gemacht haben, die Kugel ging
seitlich durch die Knochen; er fiel zu Boden. Bei der
Kontrolle gelang es ihm, sich als tot zu geben. Er bekam
keinen zweiter Schuß. Albrecht Haushofer erkannte man
später daran, daß er in seiner erstarrten Hand die von
ihm verfaßten Moabiter Sonetten hielt. Die wir für
gerettet hielten, waren grauenhaft und entsetzlich
schmachvoll ermordet worden. Uns 46 von vielen Hunderten
hatten das Gebet und Opfer vieler und die unbegreifliche
Güte Gottes aus den Todeszellen in die Freiheit
zurückgeführt. - Welch ein Geheimnis der Erbarmung
Gottes: die einen ruft er in die Ewigkeit, die anderen
führt er neu ins Leben! Gottes Vaterhand ist mächtiger
als alles.
Gottes Engel geleiteten ihn glücklich
heim
Nach weiteren furchtbaren
Erlebnissen bei der Einnahme Berlins durch die Russen
(zum Teil niedergeschrieben in dem Buch A. M. Weigl “Ein
Mutterherz für alle”) drängte es Pater Rösch, sobald als
möglich in seine bayerische Heimat zu gelangen. In einem
noch nicht veröffentlichten Bericht schildert er seine
Heimkehr von Berlin durch das von Russen und Amerikanern
eroberte Land. Über diese 4 Wochen Heimkehr könnte man
den Satz schreiben: “Ein Leidensweg, überstrahlt von
Gottes Vatergüte.” Fast wie ein Wunder erscheint es, wie
der Pater, der am 8. Mai mit noch anderen Freunden zu
Fuß von Berlin aufbrach, die vielen Strapazen und
Gefahren dieser Reise heil überstand. Er schildert, wie
sie mit einem zweirädrigen Karren - darauf ihr Gepäck -
durch all die russischen Kontrollen glücklich hindurch
kamen; Ja, einmal geschah es, daß sie ein russischer
GPU-Mann (Geheimpolizist) an einem gefürchteten
Sammellager - es war Boßdorf - heil vorbei schleuste
und sie vor einem allenfalsigen Zurücktransport nach dem
Osten bewahrte. Ergreifend ist die Schilderung, wie die
oft bis zu Tod ermüdeten Wanderer immer wieder bei guten
Menschen ein Nachtquartier fanden und zu essen und zu
trinken erhielten. Dann, eines der größten Hindernisse -
die Überquerung der Elbe - heimlich mit Kähnen an einer
weniger überwachten Stelle; es war am 13. Mai
(Fatimatag). Mit großem Dank erwähnte er gerade dieses
Datum.
Mit tiefem Dank gegen
Gott und seine Engel schildert der Pater auch, wie sie
glücklich durch den zweiten Fluß, die Mulde, die auf der
einen Seite von den Russen und auf der anderen von den
Amerikanern scharf bewacht war, heil hindurch kamen und
dann endlich auf amerikanisch besetztes Gebiet
gelangten. Alles wie durch ein Wunder! Ein tiefes
Dankgebet stieg nach all diesen Gefahren zum Himmel. Man
konnte es in München einfach nicht fassen, daß Pater
Rösch, der Totgesagte am Freitag den 8. Juni (damals
Herz-Jesu-Fest) plötzlich vor seinen Mitbrüdern stand.
Gottes Vaterhand hat ihn wunderbar gerettet und geführt.
Sein Leben war überstrahlt von der Vaterliebe Gottes.
Landescaritasdirektor für
Bayern
Ein Mann, den Gottes
Vaterliebe durch soviel Prüfungen gehen ließ, war wie
kein anderer geeignet, gerade in der Nachkriegszeit mit
all ihrer Not eine der wichtigsten Aufgaben zu
übernehmen. Pater Rösch wurde, nachdem er wieder zu
Kräften gekommen, 1947 an die Spitze der bayerischen
Caritas gestellt. Es bedurfte einer so
willensstarken Persönlichkeit, um der vielfältigen
Probleme in der Flüchtlingsfürsorge, in der
Kriegsgefangenen- und Heimkehrerbetreuung, im
Suchdienste und in der Wohnungsbeschaffung usw.
Herr zu werden. Mit viel Herzensgüte und rastloser
Opferbereitschaft setzte sich der Landeskaritasdirektor
und bayerische Senator für die sozial Schwachen und
Hilfsbedürftigen, für alle notleidenden Menschen ein und
suchte stets eine gemeinschaftliche Hilfe zusammen mit
anderen Verbänden zu organisieren. Dazu war seine Tür
und Hand für jeden offen und die späten Abendstunden
verwendete er dazu, um die Stöße von Briefen zu
beantworten, die hilfesuchende Menschen in allen
Anliegen an ihn geschrieben haben. Er war ganz Priester,
ganz Ordensmann. Kein Wunder, daß er sich restlos im
Helferdienst am Nächsten aufzehrte und daß dieses reich
erfüllte Leben einen würdigen, strahlenden Abschluß
gefunden.
Heim ins ewige Vaterhaus
Am 7. Nov. 1961
vollendete Pater Dr. Augustin Rösch in München im Alter
von 68 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit. Bis zum
letzten Atemzug bei Bewußtsein bat er die Umstehenden
beim Herannahen des Todes das Te Deum, das Gloria und
das Credo anzustimmen; denn jetzt komme für ihn die
große Stunde, wo er die heiligste Dreifaltigkeit von
Angesicht zu Angesicht schauen dürfe.
Seine leibliche
Schwester, die heute noch lebende Schwester Augustina in
München und Frau Oberin Geroldine, welche sich in der
Wache abwechselten, haben einige Aussprüche und
Überlegungen am Krankenbett auf Bitten
niedergeschrieben.
Oft bewegten den
Schwerkranken die Worte aus der Apokalypse 3, 20:
“Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine
Stimme hört und mir öffnet, bei dem trete ich ein und
halte Mahl mit ihm und er mit mir.” - “Vom Himmel aus
werde ich immer bei Euch sein und helfen, helfen,
helfen.” - “Alles, alles ist Gnade. Wie muß ich danken,
danken! Ich habe viel mitgemacht, aber alles ist Gnade.
Ich freue mich auf den Himmel.”
“Bitte, helft mir
danken!”
“Ich habe seit meiner
ersten hl. Kommunion täglich um die Gnade des blutigen
Martyriums gebetet. Es gibt viele Arten von Martyrium.
Gott gab mir das unblutige. Ich habe viel gelitten in
meinem Priesterleben; Aber alles, alles war reiche
Gnade, alles für Jesus.” - “Die Zeit in Berlin-Moabit
war meine schönste Zeit in meinem ganzen Priesterleben.
Dafür werde ich nie genug danken können.” - “Bitte,
helft mir danken!”
“Gern will ich alles
leiden für die verfolgte Kirche, um gute Priester und
zur Sühne für meine eigenen Sünden.”
- “Betet viel für mich,
denn ich habe im Leben große und viele Verantwortungen
getragen. Schenkt alle hl. Messen der Mutter Gottes. Sie
wird diese Gnaden verteilen.” Wie oft betete er laut:
“Maria, du wunderbare Braut des Hl. Geistes, gib mir die
Gnade des Verstandes, jetzt und im Tode. Gib mir auf
Deine Fürbitte, das klare Bewußtsein, bis zum
letzten Atemzug.”
“O wie freue ich mich!”
Mein letztes hl.
Meßopfer, das ich auf Erden feiern durfte, ward zu Ehren
der Gottesmutter dargebracht. Ich konnte vor Schmerzen
nur mit größter Anstrengung die hl. Messe vollenden.
Ite misa est! Mein Lebensopfer ist vollendet. Nicht
weinen! Sich freuen, danken, immer wieder danken - es
geht heim in den ewigen Frieden. Ich grüße Euch alle!”
Sehr bewegten ihn die
sieben Worte Christi am Kreuz. Während der Nacht rief er
des öfteren: “Herr, hier bin ich! O wie schön muß der
Himmel sein! - Welche Freude, wenn ich alle meine lieben
Mitbrüder, meine lieben Eltern und Geschwister im Himmel
sehe! O wie schön, wie schön! Danken, danken! Freuen Sie
sich! Ja nicht weinen! Beten sie ein Gloria Patri!” -
Seine Augen strahlten dabei von überirdischer Freude.
“Was ich im Himmel tue? Wie die kleine hl. Theresia:
Immer Gutes tun auf Erden!”
Oft segnete er
mit unsagbarer Liebe
alle, die zu ihm kamen, die ihm Grüße schickten und die
ganze Menschheit; besonders gedachte er seiner
Schützlinge, die täglich an die Armenpforte des
Ignatiushauses kamen.
Nie kam aus seinem Mund
ein Wort der Klage. Nach den Sterbegebeten erbat er vom
Priester ein Te Deum, ein Gloria und ein Credo. Er
betete laut mit. Nach dem Weggang des Priesters sagte
er: “Ich muß rein sein, ganz rein sterben und
wenn ich gestorben bin, betet das Magnifikat und den
freudenreichen Rosenkranz!” Mit den Worten: “Vater,
in Deine Hände empfehle ich meinen Geist,” gab er seine
Priesterseele in die barmherzigen Vaterarme Gottes. Er
war ganz Kind dieses Vaters. Es war ein Heimgehen in
Seiner Gnade. Für ihn öffneten sich die ewigen Tore des
Vaterhauses und sandten stille Strahlen auf alle jene,
die ergriffen und betend diesem Heimgang beiwohnten.
Wahrhaft ein Sterben überstrahlt von der Vatergüte
Gottes, ein gnadenreicher
Heimgang.
Am 10. Nov. 1961 wurde
der edle Heimgegangene, der aus einer kinderreichen
Familie von Schwandorf (Diözese Regensburg) stammt, im
Jesuitenfriedhof in Pullach (München) der geweihten Erde
übergeben.
(Entnommen den
Aufzeichnungen von P. Rösch und dessen Schwester
Augustina sowie aus dem Feuerreiter.) A. M. Weigl

Ill. GOTTES VATERHAND FÜHRT
SICHER INS
EWIGE VATERHAUS
Welch begnadetes Sterben
Welch tröstlicher
Heimgang, von dem wir eben gelesen. Pater Augustin Rösch
ist den Tod des wahrhaft Gerechten gestorben. So stirbt
ein Christ, der sich im Leben allzeit liebend dem Willen
Gottes ergeben, der ein getreues Kind des himmlischen
Vaters gewesen.
Wohl ist das Sterben
schwer: eine schmerzliche Trennung, die den ganzen
Menschen erfaßt, Leib und Seele. “Das Himmelreich leidet
Gewalt” - im Leben und im Sterben, Gewalt des Opfers,
der Hingabe, Gewalt des Vertrauens und des Gehorsams.
Gott will errungen sein. Aber welch ein Trost zu wissen:
Sterben ist Heimgang zum Vater, Heimgang in die ewige
Liebe. Gott selber wird unsere Heimat sein, auch wenn
wir sie nicht fassen können. Das Ziel der Vaterliebe ist
der Himmel.
Seine Vaterhand wird uns
heimführen ins himmlische Vaterhaus, diese Hand wird auf
ewig alle Tränen auf unserem Antlitz trocknen und alle
Trauer von uns nehmen - nicht etwa auf Grund unserer
Verdienste, o nein, sondern um des Blutes Seines
vielgeliebten Sohnes willen, das die Schuld auch des
größten Sünders tilgt, wenn dieser nur reumütig bekennt.
Alle echte Reue mündet ein in das Meer der Liebe und
Erbarmung Gottes. Darum werden in dieser alles
entscheidenden Stunde auch die Engel und Heiligen unsere
mächtigen Mitkämpfer und Fürbitter sein - im Kampf wider
die wütenden Letztangriffe des Höllenfürsten. Ganz
besonders wird unsere liebe Mutter Maria zur letzten
Bereitschaft helfen. Oft haben wir gesagt: Bitte für
uns, jetzt und in der Stunde unseres Todes. So wird sie
uns besonders helfen, wenn unsere Lebenszeit zur
Schwelle wird, so schmal, daß wir nur noch flüstern
können: Mutter, jetzt in der Stunde des Todes.
Dann gilt: O Vater! Tu
auf das Tor der Freude! Laß mich ein! Ich will Dir ewig
danken. Dank, das soll mein Himmel sein.
Wie schön muß es doch
sein,
wenn die Tore der
Ewigkeit sich öffnen. So schrieb Karl Friedrich
Stellbrink, evangelisch-lutherischer Pastor von Hamburg.
(Er wurde von den braunen Machthabern für seine
christliche Überzeugung mit dem Fallbeil hingerichtet.)
Er schließt: “Gott hat doch niemals was versehen in
Seinem Regiment. Nein, was Er tut und läßt geschehen,
das nimmt ein gutes End'. O Ewigkeit, du schöne! Mein
Herz an Dich gewöhne!
Gelassen erwarte ich den
Bruder Tod.
Ich werde ihn genauso
aufnehmen, wie der Vater ihn mir schicken wird.
(Papst Johannes XXIII.,
gest. am 23.6.1963).
Die große Philosophin Edith Stein
- als Karmelitin
Schwester Benedikta vom hl. Kreuz - wurde als jüdische
Konvertitin im KZ Auschwitz am 9. Aug. 1942 vergast. Sie
hatte folgende tiefe Sätze niedergeschrieben: Ich
trage die lebendige Glaubensüberzeugung, daß es - von
Gott her gesehen - keinen Zufall gibt, daß mein Leben
bis in alle Einzelheiten im Plane der göttlichen
Vorsehung vorgezeichnet und vor Gottes allsehenden Augen
ein vollendeter Seins-Zusammenhang ist.” Für diese große
Blutzeugin Christi war der Vorsehungsglaube die gläubige
Hingabe an die Führung eines gütigen, eines allmächtigen
Vatergottes.
Theresia vom Kinde Jesu
hat auf die Frage: Vielleicht werden Sie an diesem oder
jenem Festtag sterben, schlicht geantwortet: “Ich
benötige keinen Festtag zum Sterben; der Tag meines
Todes wird für mich der allergrößte Festtag sein.”
Er fand im Leben die Freude in Gott
Das Sterben wurde ihm
selige Vollendung
Pater Wilhelm
Eberschweiler, Priester der Gesellschaft Jesu,
geboren am 5. Dez. 1837 in Püttlingen, gestorben im Ruf
der Heiligkeit zu Exaeten in Holland am 23. Dez. 1921,
schaute, als er schon 82 Jahre alt war, auf sein langes
Leben zurück und schrieb einen kurzen Bericht für seine
Obern. Er wollte dadurch besonders Gottes Vatergüte preisen
und seine Mitbrüder im Vertrauen stärken. Da faßte er
alles, was sein Herz in Dankbarkeit bewegte, zusammen in
die Worte des Psalms 88, 2: “Die Barmherzigkeit will
ich preisen in Ewigkeit!” “Was ich in meiner Schrift
nur stammeln kann, werde ich da droben mit meinen
Mitbrüdern ewig jubeln und aufs vollkommenste tun
können.”
Zum erstenmal erfuhr er
die Güte des himmlischen Vaters, als dieser ihn zu
Seinem Kind erkor. Das geschah in der Pfarrkirche zu
Püttlingen an der Saar, als er am Tag nach seiner Geburt
auf den Namen Wilhelm Nikolaus getauft wurde. Es war
eine große Gnadenstunde, die ihn zur Teilnahme am
göttlichen Leben berief. Als Pater Eberschweiler 84
Jahre alt am Nikolaustag des Jahres 1921 an seinem
Schreibtisch saß, schaute er auf diese Stunde zurück,
Sein Herz glühte voll Dank gegen Gott und Dessen
Freigebigkeit, und mit zitternder Hand schrieb er in
sein geistliches Tagebuch: “O Licht voll Seligkeit!”
Dank, süßester Gast meiner Seele! Wie liebevoll läßt Du
mich heute wieder dessen inne werden, was vor 84 Jahren
bei mir wirklich eingetreten ist: an diesem Tage wurde
ich aus Gott geboren, wurde ich Dein Kind, o mein
himmlischer Vater, und mit Deiner Gnade bin ich es
geblieben und werde, so vertraue ich zuversichtlich in
Jesus und mit Jesus, es auch fernerhin bleiben, bis ich
die beseligende Einladung höre: “Nun komm und gehe ein
in die Freuden deines Herrn!”
Angesichts dieser
herablassenden Güte Gottes, die er bei der Taufe und
durch sein ganzes Leben hindurch erfuhr schenkte auch er
sich ganz und gar seinem gütigen Vater im Himmel. “Nimm
hin, o Herr, nimm hin, nimm hin!” So stammelt er oft in
tiefer Dankbarkeit.
Es war ja der Vater im
Himmel, der ihn zum Priesterturn berief.
Der Pater erzählt: “Das
Samenkorn zum priesterlichen Beruf senkte sich, ohne daß
jemand beabsichtigt darauf hingearbeitet hatte, immer
tiefer ins Herz hinein und entwickelte sich kräftig zur
vollen Reife.”
Gottes Vatergüte führte
ihn
Aber wie? Wer besorgt das
Geld fürs Studium? Er war schon 12 Jahre alt, und er
fragte sich: “Wer soll die Unkosten tragen? Denn mein
Vater (Lehrer), hatte von Haus aus sehr wenig Vermögen,
und sein Gehalt war recht dürftig!” - Nur 120 Taler im
Jahr für eine große Familie. Doch seid nicht ängstlich
besorgt! Der Vater weiß schon... ! In Ernst an der
Mosel lebte seine Tante, die durch die Erträge ihrer
Weinberge sich ein gutes Vermögen erworben hatte.
Pfarrer Licht gab ihr den Rat, dem kleinen
Wilhelm das Studium am Gymnasium zu Trier zu ermöglichen.
Und sie half, nicht nur dem Wilhelm, auch noch seinen
Brüdern Fritz, Karl und Franz. Fritz wurde ein berühmter
Missionar bei den Indianern in Nordamerika, und Karl
wirkte in Indien und in den Vereinigten Staaten.
Wilhelm fühlte sich stets
als Kind des himmlischen Vaters. Sein Umgang mit Gott
war ganz einfach. “Es war ihm leicht, von den Geschöpfen
zum Schöpfer emporzusteigen. Die herrlichen Blumen, ja
die ganze Natur war ihm ein aufgeschlagenes Buch, das
ihm erzählte vom Vater im Himmel. Mit besonderer Liebe
und Güte umschließt dieser die
Menschenkinder, besonders jene, die Er in der hl. Taufe
zu Seinen Gotteskindern gemacht hat. Dieses Wissen
erfüllte ihn mit Trost und Freude und trug seinen Geist
empor zum gütigen Vater im Himmel, der ja überall
gegenwärtig ist. In dieser geistigen Schau lebte
Wilhelm, und immer wieder fühlte er sich gedrängt zu
einem kindlichen Beten und Sichschenken mit den Worten:
“Ja, Vater!”
Eine Ordensschwester in
Krefeld, wo er monatlich in vier Klöstern religiöse
Vorträge hielt, sagt: “Immer wieder sprach er vom
kindlichen Vertrauen auf Gott, auf Seine Fügungen und
Führungen. Gott war ihm wirklich Vater, und wenn ich
heute noch darüber nachdenke, wie er vom Vater redete,
kommt mir die Überzeugung: das hat er vom Heiland
gelernt.” Weil er trotz vieler Prüfungen und Leiden sein
ganzes Leben hindurch die Güte und Liebe Gottes erfuhr,
sehnte er sich nach der vollkommenen Vereinigung mit der
allerheiligsten Dreifaltigkeit, so daß er einem Pater
zwei Tage vor seinem Tode erklärte: “O wie freue ich
mich aufs Sterben!” In einem Brief an einen
Mitbruder schreibt er: “Wie glücklich bin ich! Am 19.
Dezember habe ich die hl. Ölung empfangen, Gott sei
Dank, nun bin ich ganz bereit auf den Augenblick, wo
Jesus mir sagen wird: “Nun komm und gehe ein in die
Freuden deines Herrn!” Er versicherte, daß ihm Jesus
seit 30 Jahren oftmals persönlich eine gute Sterbestunde
versprochen hat. Darum gehe er mit der größten
Zuversicht dieser Stunde entgegen.
Die gleiche
Versicherung habe ihm die liebe Muttergottes oftmals
gegeben. Er schließt den Brief: “Mein Leben möge eine
Aufopferung zu ihrer Ehre und zur Verherrlichung ihrer
Unbefleckten Empfängnis sein!”
Wilhelm Eberschweiler
antwortete auf die Güte und Liebe Gottes durch seine
großmütige Gegenliebe, stets das Vollkommenere zu tun,
also das, was nach menschlichem Ermessen den Absichten
Gottes am besten entspricht. Er schenkte Gott alles, und
nun, da er im Himmel ist, schenkt Gott in Seiner Güte
ihm alles. Das beweisen die stets einlaufenden
Gebetserhörungen, die nun einen großen Aktenschrank
füllen. Er ist ein treuer Helfer in zeitlichen Anliegen,
aber vor allem in seelischen, besonders als Führer zur
frohen Gottesliebe, zum grenzenlosen Vertrauen auf den
gütigen Vater im Himmel. Deshalb lesen wir auf seinem
Grabstein in der Seminarkirche zu Trier (Jesuitenkirche)
seinen Wahlspruch: “Die Heiterkeit und Freudigkeit des
Herzens will ich ununterbrochen zu bewahren suchen, um
allen Menschen zu zeigen, einem wie guten Gott ich
diene.”
Der bischöfliche
Informativprozeß zur Vorbereitung des
Seligsprechungsprozesses in Trier wurde am 26. März 1958
beendet und bald wird er in Rom weitergeführt. Sein
vielbesuchtes Grab ist in der Seminarkirche, genannt
Jesuitenkirche, zu Trier.
Nach P. Krumscheid SJ
Gottes Vaterhand
wird jede wahrhaft
kindliche Seele sofort an Sein Vaterherz nehmen. Gottes
Vaterhand umfängt aber auch in unendlicher Liebe alle
Seelen, die noch der Läuterung bedürfen und schenkt
ihnen tröstendes und heiligendes Licht. Durch dieses
Licht der Liebe werden die leidenden Seelen im
Läuterungsort schon in die Erhabenheit und Heiligkeit
des Himmels hineingezogen. Wie reich sind doch diese
“Armen Seelen”; der Vater liebt sie so sehr.
Freut euch mit mir!
Die letzten Worte von
Hans Amstalden, dieses heiligmäßigen Spirituals im
Kreuzkloster Chur (Schweiz) lauteten: “Es ist etwas
Schönes, etwas Wunderbares, wenn man als Priester
sterben kann. Freut euch mit mir und trauert nicht um
mich! Ich kann vom Himmel aus mehr tun für euch als
bisher. Freut euch! Ich gehe in den Himmel, um euch
einen Platz zu bereiten. Behüt euch Gott! Auf
Wiederseh'n im Himmel!” (Todestag 5. Dez. 1958). Im
Kanisiusverlag ist ein Büchlein über dieses heiligmäßige
Priesterleben erschienen: von Ida Lüthold-Minder mit
dem Titel: “Freuet euch mit mir!”
Wie sehr gerade auch
Laien den Weg treuester Christus-und Kreuzesnachfolge
bis zum Ende gehen - ganz im Sinne der göttlichen
Vorsehung - zeigen folgende ergreifende Beispiele.
Strahlende Heiterkeit eines Abschieds
Ernst Ginsberg,
der durch Bühne und Fernsehen berühmt gewordene
Künstler, der Herkunft nach Jude, später katholisch
geworden, wurde nach einem arbeits- und erfolgreichen
Leben von einer unheilbaren Lateralsklerose befallen,
die schließlich Arme, Beine und Stimme lähmte.
Anderthalb Jahre dauerte die tödliche Krankheit.
Freunde, die ihn in den Monaten vor seinem Tode
besuchten, so schreibt Max Rößler, “seien ergriffen
gewesen von der lächelnden Gelassenheit, ja strahlenden
Heiterkeit seines Abschieds”. Aber hören wir ihn selber:
“Von früher Jugend an vermochte ich nicht, an der
Unsterblichkeit zu zweifeln. Es scheint mir, daß das
Glücksverlangen und die Glücksvorstellungskraft jedes
Menschen soweit über das hinausgehen, was selbst das
glücklichste Leben, geschweige denn ein unglückliches,
zu erfüllen vermag, daß es eine für mich unvorstellbare
Grausamkeit Gottes wäre, eine so gewaltige und irdisch
unerfüllte Sehnsuchtskraft in das Menschenherz zu legen,
wenn dieser Sehnsucht nicht eine Wirklichkeit nach dem
Tode Genüge leistete.” - Der verborgene Gott wird
wirklich und wahrhaftig alle Tränen abwischen und alle
irdische Finsternis in himmlisches Licht verwandeln. Der
denkende und fühlende Mensch hat nur die Wahl zwischen
diesem Glauben und der restlosen Verzweiflung. Er muß
sich in Freiheit und bewußt entscheiden.
Kurz vor seinem Tod
schrieb Ernst Ginsberg:
“Ich bekenne mit Dankbarkeit, daß der Glaube an Gott die
Freude, das Glück, der Trost und der Segen meines Lebens
und des Lebens der Meinigen geworden ist und daß ich in
den Tagen, in denen ich dieses schreibe, die letzte
Bestätigung und Stichhaltigkeit dieses Glaubens erfahren
durfte: Angesichts des Todes, dem mich eine schwere
Lähmungskrankheit entgegenführt, die für einen
Ungläubigen nur mit einer Tat wie der Hemingways zu
beenden wäre, die der Glaube aber im Blick auf das Kreuz
zu ertragen vermag... Das äußere Handwerkszeug des
Schauspielers - Arme, Beine, Stimme - sind mir genommen.
Aber Kopf und Herz sind gesund und haben die Kraft, für
alles, was mir im Leben in so reichem Maß geschenkt
worden ist, Dank zu sagen. Nichts als Dank!” -
Ein anderes ergreifendes
Beispiel:
Im Gotteshaus vom Schlag getroffen
Unvergessen in meinem
Leben bleibt mir der Ostersonntag, 22. April 1962. Ich
konnte damals noch im Gotteshaus zelebrieren. Ich hatte
beim feierlichen Hochamt eben das Gloria angestimmt. Die
Sängerschar unserer Piegendorfer Filialgemeinde jubelte
das laudamus te, benedicimus te, adoramus te. Da
plötzlich ein dumpfer Schlag mitten in den Festgesang -
starke Bewegung unter der betenden Menge. Ein Mann eilte
sofort zu mir an den Hochaltar. Was war geschehen?
Unser braver Willer-Vater, ein 80-jähriger
Kleinbauer, war vom Schlag getroffen umgesunken und
tat die letzten Züge. Man brachte ihn noch ins
Nachbarhaus. Ich gab ihm die hl. Absolution und spendete
die hl. Ölung. Alle Gläubigen im Gotteshaus waren tiefst
ergriffen, wußten sie doch, daß Vater Willer allzeit ein
guter Mensch gewesen, ein kerniger Christ, ein wahrhaft
Gottliebender. Über 40 Jahre lang hatte er bei allen
Prozessionen, Bittgängen und Beerdigungen das Kreuz
vorangetragen. Das war ihm stets eine Ehre und eine
Freude. Nicht einen Sonntag seines Lebens hat er -
Krankheiten ausgenommen - die Sonntagspflicht versäumt.
Den halbstündigen Weg zum Gotteshaus ging er immer zu
Fuß, um sich so - meist betend - auf die große Stunde
des hl. Christusopfers vorzubereiten. Auch an diesem
Sonntag schlug er das Angebot einer Autofahrt zum
Gottesdienst aus; sein Sonntag gehörte dem lieben
Herrgott, sein Werktag gehörte der Arbeit und der Sorge
für seine Familie. Er liebte seinen Herrn und Gott aus
ganzem Herzen. So durfte er im Gotteshaus während des
feierlichen Gloriagesanges seinen Heimweg in die
Ewigkeit antreten, heim ins Vaterhaus. Ein Gottliebender
fällt nie aus der Hand seines himmlischen Vaters, ganz
gleich wann, wo und wie ihn der Tod überrascht.
A. M. Weigl
So schrieb Nikolaus Groß zum Abschied:
[inzwischen selig]
Nikolaus Groß,
der Schriftleiter der westdeutschen Arbeiterzeitung und der Ketteler-Wacht, entstammte einer
Arbeiterfamilie (geboren 1898). Als junger Bergmann
erweiterte er sein Wissen durch viel Lesen und den
Besuch von Abendschulen. Er schloß sich der christlichen
Bergarbeiterbewegung an, gründete und leitete
Jugendgruppen. Aus seinem katholischen Glauben und
seiner politischen Überzeugung heraus war er ein
scharfer Gegner des Nationalsozialismus. Verwickelt in
die Vorbereitungen zum Umsturz (20. Juli 1944), wurde er
zum Tod verurteilt. Zwei Tage vor der Hinrichtung
schrieb er an seine Frau (die er Mutter nennt) und an
seine Kinder:
Meine Herzallerliebsten!
... Der Name des Herrn
sei gepriesen! Sein Wille soll an uns geschehen!
Fürchtet nicht, daß angesichts des Todes großer Sturm
und Unruhe in mir sei! Ich habe täglich gebeten, daß der
Herr mich und Euch stark mache, alles geduldig und
ergeben auf uns zu nehmen, was Er für uns bestimmt oder
zugelassen. Und ich spüre, wie es durch das Gebet still
und ruhig geworden ist.
Mit inniger Liebe und
tiefer Dankbarkeit denke ich an Euch zurück. Wie gut
ist doch Gott und wie reich hat Er mein Leben
gemacht!
Er gab
mir Seine Liebe und Gnade und Er gab mir eine
herzensgute Frau und gute Kinder. Bin ich Ihm und Euch
dafür nicht lebenslänglichen Dank schuldig? Habt Dank,
Ihr Lieben, für alles, was Ihr mir erwiesen! Und
verzeiht mir, wenn ich Euch weh tat oder meine Pflicht
und Aufgabe an Euch schlecht erfüllte! Besonders Dir,
liebe Mutter, muß ich noch danken. Als wir uns vor
einigen Tagen für dieses Leben verabschiedeten, da habe
ich, in die Zelle zurückgekehrt, Gott aus tiefstem
Herzen gedankt für Deinen christlichen Starkmut. Ja,
Mutter, durch Deinen tapferen Abschied hast Du ein
helles Licht auf meine letzten Lebenstage gegossen.
Schöner und glücklicher konnte der Schluß unserer
innigen Liebe nicht sein, als er durch Dein starkmütiges
Verhalten geworden ist. Ich weiß, es hat Dir und mir
große Kraft gekostet, aber daß der Herr uns diese Kraft
geschenkt, dessen wollen wir dankbar eingedenk sein.
Habt keine Trauer um mich
- ich hoffe, daß mich der Herr annimmt. Hat Er nicht
alles wunderbar gefügt? Er ließ mich in einem Hause, in
dem ich auch in der Gefangenschaft manche Liebe und
menschliches Mitgefühl empfing. Er gab mir über
5 Monate Zeit - wahrlich eine Gnadenzeit -, mich auf
die Heimholung vorzubereiten. Ja, Er tat vielmehr:
Er kam zu mir im Sakrament, oftmals, um bei mir zu sein
in allen Stürmen und Nöten, besonders in der letzten
Stunde. Alles das hätte ja auch anders sein können. Es
war nur ein kleines dazu nötig, ich brauchte, wie viele
andere, nach dem Angriff am 6. Oktober nur in ein
anderes Haus verlegt werden, und ich hätte vieles und
Entscheidendes nicht empfangen. Muß ich nicht Gottes
weise und gütige Führung preisen und Ihm Dank sagen für
Seine väterliche Güte und Obhut. Siehe, liebe Mutter, so
schwer und schmerzlich mein frühes Scheiden auch sein
mag - Gott hat mir damit gewiß eine große Gnade
erwiesen... Darum weinet nicht und habt auch keine
Trauer! Betet für mich und danket Gott, der mich in
Liebe gerufen und heimgeholt hat!
Eine große Freude war mir
das Sterbekreuz und der Rosenkranz, den Du, liebe
Mutter, mir in die Zelle schicktest. Ich trage das Kreuz
Tag und Nacht auf der Brust, und auch der Rosenkranz ist
mein ständiger Begleiter. Ich werde Sorge tragen, daß
beides in Deine Hände zurückkommt. Auch sie werden Dir
Gegenstand lieber Erinnerung sein. Nun habe ich meine
irdischen Angelegenheiten geordnet. Die Tage und die
Stunden, die mir bleiben, will ich ganz dem Gebete
hingeben. Gott möge sich meiner armen Seele erbarmen und
Euch immerdar mit Seinem Segen und Seiner Gnade
begleiten!
In der Liebe Christi, die
uns erlöste und die unsere Hoffnung ist, segne ich Euch:
Dich, liebste Mutter, Dich, Klaus, Dich, Berny, Dich,
Marianne, und Dich, Elisabeth, Dich, Alexander, Dich,
Bernhard, und Dich Leni. Gott vergelte Euch, was Ihr mir
Liebes und Gutes getan habt! Im Vertrauen auf Seine
Gnade und Güte hofft ein ewiges Wiederseh'n in Seinem
Reich des Friedens Euer Vater
Aus: “Du hast mich
heimgesucht” Verlag: Chr. Kaiser, München
17 jährige Berlinerin meuchlings ermordet
Ihr Leben war ein frohes
Gottdienen - ihr Sterben ein Blutzeugnis. Trotz all des Erschütternden und
Unbegreiflichen dürfen wir auch über dieses Leben und
Sterben schreiben: In Gottes Vaterhand. - Maria
Regina Kramer, am 1. Aug. 1928 in Berlin geboren,
aufgewachsen in der Großstadt, war ein Kind von
lebhaftem Temperament und reger Phantasie. Von Natur
aus, mehr wie sonst ein Kind, zu fröhlichem Übermut
neigend, in der Schule ohne die notwendige
Konzentration, machte sie den Erziehern einige Zeit,
besonders im Internat Aiterhofen, Niederbayern, manche
Sorgen. Das Gebet und die Bemühungen der Mutter
einerseits, das Ringen und Beten des Kindes andererseits
halfen die Charakterschwächen überwinden. Von Kindheit
an dem Religiösen zugeneigt, bekannte sie sich mit
Begeisterung zur Katholischen Jugend, die damals im
schweren Beschuß der braunen Machthaber stand. Sie war
Mitglied des Heilandbundes in Berlin.
Wesentliche
Charakterzüge, die Maria Reginas Kindheit und Jugend
trotz mancher Schwächen prägten, waren diese: ihre große
Liebe zu Christus, den sie fast täglich in ihr Herz
aufnahm, die echte Dankbarkeit eines Gotteskindes und
die innige, hilfsbereite Liebe zu ihrer leidenden
Mutter, in der sie “ihre einzige, beste Freundin” sah.
Mit 7 Jahren hatte sie bereits ihren Vater verloren.
Ihrer guten Mutter
vertraute sie alles an,
was es auch immer war.
Sie hatte kein Geheimnis vor ihr. Die Mutter schenkte
aber auch ihr viel Vertrauen. Ein wichtiges Moment der
Erziehung. Bei jedem wichtigen Vorhaben erbat sich Maria
Regina den Muttersegen. “Mutti, mach mir doch ein Kreuz
auf die Stirne!” Ein feiner Zug, den heute leider viele
Jugendliche nicht mehr verstehen. Elternsegen aber ist
Gottessegen!
Alten Leuten und
Notleidenden zu helfen, sie durch eine Freude zu
überraschen, war ihr ein Bedürfnis. Von früh auf zeigte
sie dabei großes Taktgefühl. Um die Fehler anderer zu
entschuldigen, ließ sie nicht selten lieber einen
falschen Verdacht auf sich sitzen als andere zu
verraten. “Feig sein, Mutti, feig sein darf man nicht”,
war einer ihrer Grundsätze. Auf ungeratene oder im
Religiösen laue Kinder wirkte sie im guten Sinn ein.
Wegen ihres frischen, natürlichen Wesens und ihrer
ungezwungenen Liebenswürdigkeit ist sie oft als
“Sonnenschein” bezeichnet worden. Sie hatte etwas
Strahlendes an sich und war immer sangesfroh.
Manchmal wollten
Jungmänner, ja sogar verheiratete Männer ihrer
Mädchenehre nahe treten. Die 15-jährige wehrte jedesmal
kurz und entschieden ab. “Ich werde mit Ihrer Frau
reden.” - “Sie sind doch verheiratet!” Edle
Ritterlichkeit erfüllte ihr Sein; verhüllte
Schamhaftigkeit war der Schutz ihres keuschen Wesens. Im
Tiefsten gehörte ihr Leben Christus. “Dir allein schwör
ich die Liebe lilienrein”, sang sie gerne. In ihren
eigenen Bedürfnissen überaus anspruchslos, ertrug das
reifende Mädchen mit tapferer Ergebenheit zusammen mit
ihrer Mutter die zermürbenden Bombenangriffe auf Berlin.
Es war eine drangvolle
Zeit
Fast jede Nacht
Feindeinflüge und Bombenabwürfe. Täglich stand der Tod
vor ihrem Auge. Der Bunker bot keinen absoluten Schutz.
Die Kampffront der Russen auf Berlin rückte immer näher
heran. Die Todesnot drängte hinaus aus der Stadt: nur
fort von Berlin! Mit großem Dank nahmen Mutter und Kind
die Einladung einer 80jährigen Frau aus dem
Bregenzer Wald an. Es gelang gerade noch die Flucht vier
Wochen vor Kriegsende nach Langenegg in Vorarlberg
(Österreich). Dabei ging alles mitgenommene und
abgesandte Gepäck verloren, so daß sie völlig arm im
fremden Lande ankamen. Es fehlte an allem, an der
nötigen Wäsche und Kleidung, auch an Kochgeschirr,
Tassen und Tellern. Die Entbehrungen waren groß. Die
stille, bescheidene Art der Mutter, das sonnige, heitere
Wesen des Kindes gewannen in Bälde wenigstens ein 0aar
hilfsbereite Menschen, besonders auch im Pfarrhof von
angenegg. Rührend war dabei stets des Kindes Sorge für
die schwer leidende Mutter. Die Monate gingen dahin.
Zu ihrer großen Freude
durfte Maria Regina Ende August in Bregenz-Thalbach an
Mädchenexerzitien teilnehmen.
Diese Exerzitien wurden
für sie ein tiefes inneres Erlebnis. Reich beglückt,
kehrte sie davon zurück. Ihre Christusliebe war dadurch
um vieles zarter und opferbereiter geworden. Sie hatte
alle Vorträge in Kernsätzen niedergeschrieben. Unter
anderem das berühmte Tertullianwort: “Herr, mach mich zu
Deinem treuen Kämpfer! Nimm mich zur harten Übung vom
freien Spiel! Sondere mich ab zu strenger Zucht; gib mir
Zeit, mich tüchtiger zu machen; zwing mich, plag mich,
mach mich müde!” - Oder: “Jungfräulich sein, heißt:
frei von Bindungen sein, heißt jederzeit bereit
sein, wenn der Bräutigam kommt. Alles Unedle,
alles Unreine ist im Denken einer Jungfrau
ausgeschlossen. ‘Selig die reinen Herzens sind, sie
werden Gott anschauen.”
Die zunehmende
Hinneigung, “ganz für Christus zu leben, und wenn es
sein muß, für Ihn zu sterben”, ist in Maria Reginas
Leben zuletzt immer deutlicher zu Tage getreten. Drei
Tage nach den Exerzitien sollte sie ihre Liebe und ihre
Treue zu Christus mit ihrem Lebensopfer besiegeln. Als
Reichsdeutsche hatten Mutter und Kind die amtliche
Weisung erhalten, Osterreich wieder zu verlassen. Diese
harten Bestimmungen galten für alle Ausländer. Umgekehrt
auch in Deutschland für alle Österreicher. Schnell mußte
man also eine Notunterkunft auf deutschem Boden
sicherstellen. Diese Aufgabe vertraute die Mutter dem
tapferen Mädchen an.
Mit ihrem Muttersegen
machte sich Maria Regina am Sonntag, 2. September, auf
den Weg von Langenegg über Krumbach ins bayerische
Allgäu. Auf einem Handwägelchen nahm sie in zwei
Pappkartons einen Teil ihrer Habseligkeiten mit. Es
verkehrten damals kaum Fuhrwerke über die Grenze.
“Ich betrachte es als
eine Wallfahrt”
hatte sie zum Abschied
noch zur Mutter gesagt, als sie aufbrach. Es war ein
beschwerlicher Weg; betend trat sie ihn an, bis zum
Abend hoffte sie, wieder heil zurück zu sein. An einem
Silberkettchen trug sie das Bildnis des hl. Schutzengels
bei sich. Am Montag morgen war Maria Regina noch nicht
zurück. In banger Sorge setzte nun ein Nachforschen und
Suchen ein, auch von seiten der Polizei. Man suchte
mehrere Tage. Dann fand man sie unweit der Straße im
Bärentobel in einem Gebirgsrinnsal zwischen
Gesteinen und Felsbrocken - tot - entblößt. Die
linke Hand lag fest auf ihrer Brust, die rechte Hand mit
gestreckten Fingern war hocherhoben. “Die Stellung sah
aus wie die eines Engels”, so wurde der Mutter
geschrieben. Hier auf dieser Waldstraße war das Mädchen
von fremdländischer Hand überfallen und ergriffen worden. Es
muß ein schweres Ringen um ihr Leben, um ihre Unschuld
gewesen sein. Nach sieghaftem Ringen um ihre
Jungfräulichkeit hatte ihr die Mörderhand durch
Steinschläge die Schädeldecke zertrümmert, so daß das
Gehirn heraustrat. Dem Mörder ging es um eine brutale
Vergewaltigung, um nichts anderes, denn alle ihre
Habseligkeiten wurden hernach unberührt vorgefunden.
Der gerichtsärztliche
Totenschein bestätigt erschütternd: “Am 2. Sept. 1945 im
Bärentobel in Krumbach ermordet durch Zertrümmerung der
Schädeldecke im Ringen gegen Vergewaltigung.”
Und ein weiteres
vielsagendes ärztliches Dokument lautet: “Maria Regina
ist nach Feststellung des Bezirksarztes Dr. Leubner
ihrer jungfräulichen Unversehrtheit nicht
verlustig gegangen.”
Wahrhaft eine Märtyrin der Unschuld
so hieß es in der
Grabansprache. Die Kunde von dem Heldentum dieser
17-jährigen ließ aufhorchen. Die Liebe des ganzen Dorfes
strömte ihr zu, als man sie von der Unglücksstelle nach
Langenegg zurückbrachte. Eine wahre Triumphfahrt! Von
weit her brachten die Dorfbewohner Blumen in Schalen und
Körben, Blumen in Töpfen, Sträuße und Kränze in großer
Zahl. In einer Fülle von Blumen stand ihr weißer Sarg.
Unter großer Beteiligung der Bevölkerung fand das
Heldenmädchen auf dem Friedhof von Langenegg ihre letzte
Ruhestätte. Drei Priester gingen ihrem Sarg voran. Der
Kirchenchor sang zum Abschied ihren Lieblingskanon:
“Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden!”
In der Liebe, in der
Treue zu Christus, in Seiner Kraft ist sie gestorben -
mit dem hl. Schwur in ihrer Seele: “Christus, mein
König, Dir allein schwör ich die Liebe lilienrein - treu
bis in den Tod!” Mit Christus heim zum Vater. Zum Schluß
sollen hier die tiefergreifenden Erinnerungen der
schwergeprüften, heute noch lebenden Mutter Anna Kramer,
niedergeschrieben werden:
Mein liebes, gutes Kind!
Noch bevor man dich zu Grabe trug, hatte ich erfahren,
daß du, kurz bevor du an jenem Sonntag den Weg durch den
Tobel einschlugst, in der Kirche in Krumbach das hl.
Opfermahl empfangen hattest. “Aus Deinem Opfer -
und dem Opfermahl der hl. Kommunion gib mir die
Opferkraft”, so schriebst Du am Tag vor Deinem Tod
auf das Bild der zweiten Kreuzwegstation. Mein liebes
Kind! Der Mörder hatte nichts anderes von Dir gewollt,
als Deine Unschuld. Du aber opfertest Dein Leben für die
Reinheit - und nicht die Reinheit für Dein Leben. Nichts
von Deinen Sachen hatte der Mörder Dir geraubt.
Ungeöffnet waren die beiden Pakete; Ring und Armbanduhr
waren nicht weggenommen. Der Schutzengelsonntag war
Dein Todestag.
“Siehe,
ich sende meinen Engel, daß er vor dir hergehe und dich
an den Ort führe, den ich bereitet habe”, beginnt die
Lesung dieses Tages. Der Engel hat Dich an den Ort
geführt, den Gott Dir bereitet hat.
Ich aber schlage noch einmal Dein Exerzitienheft auf,
ein teueres Vermächtnis für mich, Deine Mutter. In
großen Buchstaben, von Dir geschrieben, steht dort auf
der ersten Seite:
“Gott ist Vater, Gott ist gut, gut ist alles, was Er
tut!”
In roter und schwarzer Schrift schriebst Du in dieses
Heft die Verse von Pater Lippert:
“Es muß Nacht werden, ehe man die Sterne sieht.
Nacht muß es werden, ehe man die Lichtstraßen Sieht in
der Höhe droben. Nacht muß es werden, Ehe wir an die
Größe unseres Gottes glauben.”
Wohin mein Blick fiel, und was ich auch in die Hand
nahm, aus allem sprach Deine lautere, Deine
hingabefähige, Deine opferbereite Seele. Ein Zettel fiel
mir in die Hand. Ein Ausschnitt aus einem Kalender mit
einem Gedicht. Drei Ausrufungszeichen mit Bleistift hast
Du daneben geschrieben:
“Unendlicher, Du wohnst in mir,
Du hast Dich selber in mein Herz geschlossen.
Im Lärm
des Mittags und im Traum der Nacht
Hab' ich an Dir den stillen, ewig treuen Weggenossen.”
Auf der letzten Seite Deines Exerzitienheftes lese ich
die Worte:
“Die
Zeit ist kurz,
Nur eine kleine Weile, Haben wir Mut zum Sieg!”
Und als Letztes stehen in Deinen Aufzeichnungen Worte
aus der Offenbarung des hl. Johannes: “Christus, der
Herr, spricht:
“Ja,
Ich komme bald. Amen! Komm, Herr Jesus!”
- So die Niederschrift
der Mutter. Tieferschütternd!
Welch eine Liebe! Welch
eine Reife! Welche Vollendung! Jedes Sterben ist etwas
Geheimnisvolles. Das Sterben eines Martyrers aber ist
ein Geheimnis höchster Liebe, das erst in der Ewigkeit
offenbar wird.
Die edle Seele hat recht,
die geschrieben hat: “Ich sehe in Maria Regina, in
diesem an Heiligkeit und Heroismus reifenden jungen
Menschen ein Geschenk Gottes für unsere heutige Jugend.
Denn für die Treue zu einer erkannten inneren Wahrheit
und für das wirkliche Einstehen dafür ist die Jugend
immer empfänglich. - “Herr, mach mich zu
Deinem treuen Kämpfer, nimm mich zu harter Übung vom
freien Spiel. Sondere mich ab zu strenger Zucht.
Gib mir Zeit, mich tüchtig zu machen, zwing mich,
plag mich, mach mich müde!” - Noch am Tag vor ihrem
Tod sprach Maria Regina diese Worte (Tamara Ramsey).
A.
M. Weigl
So lautet eines unserer
besten Gebete: “Mein Herr und Vater! Schon jetzt nehme
ich jede Art des Todes aus Deiner Hand mit voller
Ergebung und Bereitwilligkeit an.” - In gesunden,
besonders aber in kranken Tagen, in Augenblicken, wo das
Herz plötzlich versagen will, sollten wir es mit Hingabe
sprechen. Es wird uns immer mehr bereit machen für den
Heimgang sühnender Liebe.
So lebte und starb ein heroischer
Herrscher
Vor 100 Jahren (1. 4.
1922) vollendete Kaiser Karl von Österreich seine
Seligsprechung ist inzwischen erfolgt.
Wohl wenige Herrscher
Europas wurden so schwer geprüft wie der letzte Monarch von Österreich. Wenige
aber haben auch mit solch edler Gesinnung für das Gute
gekämpft, mit solchem Heroismus geopfert wie er. So
lebensfroh seine Kindheit und Jugend gewesen, so
leidvoll war der Höhepunkt und frühe Heimgang dieses
Monarchen.
Am 21. Okt. 1911 hatte er
sich mit Prinzessin Zita von Bourbon-Parma vermählt.
Diese Ehe war überstrahlt von einer beispielhaften
Reinheit, Treue und Elternliebe. “Jetzt müssen wir
einander gegenseitig in den Himmel führen”, war der in
der Brautzeit vom Bräutigam zum Ausdruck gebrachte
Grundgedanke für die kommende Liebes- und
Lebensgemeinschaft. Die tägliche hl. Messe und
Kommunion war beiden Herzensbedürfnis. In der
Familie beging man stets mit Konsequenz den Herz-Jesu-
Freitag sehr feierlich. Die Erstkommuniontage der Kinder
waren für sie besondere Festtage. Am Erstkommuniontag
des ältesten Sohnes, des Kronprinzen Otto, vollzog der
Vater die Familienweihe an das heiligste Herz Jesu.
Durch die Ermordung
seines Onkels Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajewo
wurde Erzherzog Karl am 28. Juni 1914 unerwartet früh
zur Thronfolgerschaft berufen. Am 21. Nov. 1916 kniete
er neben dem Sterbelager Kaiser Franz Josefs und empfing
betend, das Antlitz in die Hände verbergend, das Erbe
seiner Väter, die Verantwortung für Krieg und Frieden,
für das Wohl seiner acht Völker und für das Leben
Hunderttausender seiner Soldaten. Am 22. November
gelobte Karl im ersten Manifest seinen Völkern, ein
guter Vater zu sein und bekundet offen seinen ehrlichen
Friedenswillen. Von ihm stammt das große Wort: “Jene
Gerechtigkeit, die aus Angst die Großen schont, die
Kleinen dagegen hängt, werde ich nicht dulden.
Gerechtigkeit - und wenn es mich Thron und Leben
kostet.”
Am 30. Dez. 1916 wird
Karl in Budapest vom Kardinalprimas Ungarns zum
apostolischen König von Ungarn gesalbt und gekrönt.
Friede, Friede:
das ist sein
Hauptanliegen. Wiederholt bekennt er: “Ein
segenbringender, dauernder Friede; das ist das
wichtigste Ziel meines Lebens.” - “Niemand wünscht
sehnlicher den Frieden als ich,... von früh bis spät
nachts bildet er meine einzige Sorge.” “Ich will alles
tun, um die Opfer und Schrecknisse des Krieges in
ehester Frist zu bannen, die schwer vermißten Segnungen
des Friedens den Völkern zurückzugewinnen.” Die
Friedensansprache des hl. Vaters Benedikt XV. vom 24.
Dez. 1916 ist ihm aus der Seele gesprochen. Freudig
stimmt er der päpstlichen Friedensvermittlung (1. Aug.
1917) zu, um des Friedens willen sucht er Kontakt mit
seinem Schwager Sixtus von Frankreich. Aber um dieser
ehrlichen Friedensgesinnung willen wird er vor aller
Welt wie ein Schwächling hingestellt, ja wie ein Lügner
verleumdet. Der Kaiser aber gibt in heroischer
Selbstlosigkeit lieber seine Ehre schmählichem Mißbrauch
preis, als daß er das Wohl seiner Völker gefährden
würde.
Vor allem war es der
deutsche General Ludendorff, der die Belange des
Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn nicht verstehen
konnte und die Friedensbemühungen Kaiser Karls in
verblendeter Überheblichkeit von sich wies, ja zunichte
machte, ihn des Verrates und der Schwächlichkeit zieh,
dafür aber in seiner Verblendung Lenin aus der Schweiz
im plombierten Eisenbahnwagen nach Petersburg bringen ließ. Durch dieses
apokalyptische Bündnis, wie Paul Wenger es zutreffend
nennt, bereitete er den Untergang der preußischen und
der anderen Monarchien vor und öffnete den Russen den
Weg zum Brandenburger Tor und zur Mauer, die Deutschland
heute trennt.
Kaiser Karl hatte den
Freimut in allem und jedem das Recht zu sagen und dafür
einzustehen.
Menschenfurcht kannte er nicht,
weil er stets von
Gottesfurcht erfüllt dachte, entschied und handelte.
Dafür mußte er einen ungeheueren schweren Leidensweg
gehen. Er ist ein Martyrer seiner christlichen
Überzeugung, ein Martyrer für den Frieden geworden. Im
Oktober-November 1918 trat die Katastrophe seines
Reiches ein. Agram und Prag sagten sich offen los von
ihm. “Lieber Hitler als Habsburg”, hatte später Benesch
gesagt. Am 3. Nov. 1918 mußte Kaiser Karl einen
schmerzlichen Waffenstillstand schließen. Aufgefordert,
seinen Herrscherrechten zu entsagen, da sonst sein
ganzes Familienvermögen verloren ginge, erwiderte er:
“Niemals werde ich um des Geldes willen auf Rechte
verzichten, die mir Gott als Pflichten gegeben hat. Ich
werde meinen Krönungseid niemals verletzen. Die
Stefanskrone ist mir heilig, man kann mir das Leben,
aber nie meinen Eid und die Krone rauben.” -
In jenen Tagen kam auch eine Abordnung von Freimaurern
zu Kaiser Karl und erklärte: “Wir retten Ihnen Reich
und Krone, wenn Sie die Freimaurerei für
Österreich freigeben!” Darauf des Kaisers Antwort:
“Was ich aus der Hand Gottes bekommen habe, will ich
nicht aus der Hand des Teufels annehmen!” Ein herrliches
Bekenntnis!
Am 3. April beschloß die
österreichische Nationalversammlung die Landesverweisung
und Vermögensentrechtung des Kaisers und seines gesamten
Hauses. Jeden Anlaß benützte die gegnerische, vor allem
freimaurerische antikirchliche Welt, Kaiser Karl und
seine Familie, die aus ihrer Treue zu Papst und Kirche
nie ein Hehl machte, zu schmähen und zu verleumden.
Inzwischen hatte der
Monarch mit den Seinen in der Schweiz - als “erster
Heimatvertriebener” - Zuflucht gefunden. Am 13. Okt.
1921 aber rufen ihn seine Getreuen in Ungarn nochmals
dorthin. Das Königspaar kommt mit dem Flugzeug, wird
aber sofort vom Reichsverweser Horthy verhaftet und in
der Abtei Tihany gefangengehalten. Einen Thronverzicht
lehnte der König auch in dieser Situation und trotz
drohender gewaltsamer Verbannung aus Grundsatztreue ab.
“Solange mir Gott die Kraft gibt, meinen Pflichten
nachzukommen, kann ich auf den ungarischen Thron nicht
verzichten, an welchen mich mein Krönungseid bindet”
(28. Okt. 1921). Er handelt in dem Bewußtsein, seinen
Thron um des legitimen Rechtes willen und als Stütze der
Kirche nicht preisgeben zu dürfen.
Lieber geht er in die
Verbannung
Er wird am 21. Nov.
1921 den Engländern ausgeliefert, mit dem Schiff
donauabwärts, dann durch die Dardanellen und das
Mittelländische Meer gegen Gibraltar gebracht. Am 11.
November glaubt der ritterlich mitfühlende englische
Kapitän, der Verbannungsort werde die Insel Ascension
mit seinem mörderischen Klima sein. “Um Gottes willen,
da kann ich ja meine Kinder nicht wiedersehen”, klagt
Kaiser Karl und Schweißperlen treten auf seine Stirn.
Aber sofort fügt er mit Festigkeit hinzu: “Wenn der
liebe Gott auch dieses Opfer noch haben will, auch
dieses werde ich Ihm noch bringen.” Nach wenigen
Augenblicken fügt er noch lächelnd hinzu: “Wozu ängstige
ich mich darüber, wenn die Leute auch meinen, mich zu
verschleppen und unglücklich zu machen, sie werden mich
doch immer nur an jenen Ort bringen, den der liebe Gott
für mich bestimmt hat.” Welches Gottvertrauen! Welche
Hingabe!
Am 19. Nov. 1921 landeten
Karl und Zita in Funchal auf Madeira, einer
portugiesischen Insel im Atlantik, nordwestlich von
Afrika. Der dortige Bischof kam ihnen in päpstlichem
Auftrag mit allen Rücksichten entgegen. Kaiser Karls
innigste Freude war die sofort errichtete Hauskapelle,
darin er seine liebste Erholung im harten
Verbannungsschicksal suchte. Als der Monarch, gefangen
auf Madeira, nichts mehr für seine Völker tun konnte,
als ihm nur mehr sein Leben belassen war, brachte er in
heroischer Selbstlosigkeit sein Leben als Opfer Gott
freiwillig dar, damit seine Völker den Glauben bewahren
und in Frieden zusammenfinden mögen. Damit brachte er,
wie Emmy Gehrig so treffend sagt, das
schwerste Opfer an sich
selbst,
denn dieses Hinopfern
seines Lebens bedeutete Trennung von seiner Gemahlin und
von seinen Kindern, die er so vorbildlich liebte. Es
ging ihm eben zuerst um das Reich Gottes und um das
Seelenheil seiner Völker. Dies beweisen folgende Worte:
“Gott hat mir die Gnade verliehen, daß es nichts mehr
auf Erden gibt, das ich nicht bereit wäre, Ihm zuliebe,
zum Wohle der hl. Kirche nicht zu opfern.” Gott hat
dieses heroische Opfer schon nach wenigen Wochen
angenommen.
Schwere Geldsorgen
zwangen Kaiser Karl die Stadt Funchal zu verlassen und
am 18. Febr. 1922 vorzeitig in das im Frühjahr ungesunde
Klima am Monte oder der Stadt überzusiedeln. Am 2.
Februar kehrte Kaiserin Zita mit den in der fernen
Schweiz zurückgelassenen sieben Kindern zurück. Am 31.
Mai gebar sie ihr achtes Kind.
Vollendung unter Gottes
Vaterhänden
Am 14. März erkrankte
Kaiser Karl zunächst leicht. Am 27. März verschlimmerte
sich sein Zustand infolge einer Lungenentzündung. Er
hatte aber gute Hoffnung auf Wiedergenesung. Trotzdem
legte er sofort eine Generalbeichte ab. Der Hausgeistliche auf Madeira, Dr. Szambocki, erklärte später
einmal: “Nie in meinem Leben habe ich eine so demütige,
bußfertige, ergreifende Beichte gehört, wie die (letzte)
Beichte dieses Königs, der heiligmäßig lebte.”
Nach dieser
Generalbeichte - unmittelbar vor Empfang der hl.
Krankensalbung - sprach der Kaiser zu den im
Krankenzimmer Anwesenden: “Ich verzeihe allen,
die gegen mich arbeiteten und arbeiten. Ich werde weiter
für sie beten und leiden.” Wohl selten hat in der
Geschichte ein Monarch eine solche Fülle von Verrat, Verleumdungen und Lügen gegen sich und seine Gemahlin
erfahren und auch einen solch furchtbaren Haß. Und
trotzdem: “Ich verzeihe allen. - Ich hege keine
Feindschaft, gegen niemanden - Gott sieht in die Herzen,
urteilen wir nicht!”
Zu seiner Gattin sagte er
in der Nacht vor seinem Heimgang: “Ich muß soviel
leiden, damit meine Völker sich wieder zusammenfinden.”
Dieser Ausspruch bekundet seine Heimatliebe und
-treue, in der er seine Leiden aufopferte, bekundet aber
auch sein Verantwortungsbewußtsein bis zum letzten
Augenblick: Kämpfen und leiden für den Frieden. Aus
dieser Verantwortung eines wahren Christen entsprang
auch die letzte Bitte des Schwergeprüften für seine
Kinder. Er nannte sie alle einzeln beim Namen - es war
eineinhalb Stunden vor seinem Tode - dann flehte er:
“Lieber Gott, beschütze unsere Kinder! Bewahre sie an
Leib und Seele und lasse sie lieber sterben, als eine
Todsünde begehen!” Als später Papst Pius XII. von diesem
Gebet hörte, bezeugte er: “Das ist wahrhaft
heldenhaft groß.” - Das ist wahre christliche
Erzieherverantwortung: Lieber tot als eine Todsünde!
Die Seelengröße dieses heroischen
Christen
beweist auch ein anderer
Ausspruch in der letzten Nacht vor seinem Heimgang:
“Mein ganzes Bestreben ist immer, in allen Dingen den
Willen Gottes möglichst klar zu erkennen und ihn zu
befolgen, und zwar auf das vollkommenste.” Welch
heroische Größe! Und wieder sagte er: “Wir befinden uns
in den Händen der göttlichen Vorsehung. Was immer
geschieht, ist das Rechte, vertrauen wir nur!” Das ist
die Haltung eines echten Kindes vor Gott. Dieser Monarch
hat sich ganz eingebettet in die Vaterhände Gottes. “Er
hatte den Sprung in den Abgrund, der Gott ist, gewagt”
(E. Gehrig). Obwohl er in seinem Leben spartanisch
einfach lebte - man hat ihn leider auch hinsichtlich
seiner Lebensführung mit viel Verleumdung bedacht -,
wurden seine letzten Lebenstage große Opfertage. Täglich
aber dankte er abends im Te Deum für alle Gnaden und
Leiden des Tages. Er trug jeden Schmerz, all die Atemnot
sowie das verzehrende hohe Fieber mit großer Ergebung im
Aufblick zum Gekreuzigten. Wie schmerzvoll sein letztes
Leiden war, bezeugen die Worte auf dem Krankenbett: “Wie
gut ist es, wenn man Vertrauen zum heiligsten Herzen
Jesu hat! Es wäre sonst alles nicht auszuhalten.” Und
mit demutsvoller Ergebung fügt er hinzu: “Mein Jesus,
wie Du willst, Dein Wille geschehe!”
Die bewußte Hingabe
seines Willens in den Willen Gottes ist christliche
Größe. Wohl hoffte er noch bis zum letzten Augenblick
auf eine Wendung seiner Krankheit, sprach aber immer
wieder das ergebene: “Dein Wille geschehe, o Gott!
Amen.” Am Todestag, dem 1. April 1922, hatte er
früh, wie täglich, die hl. Kommunion empfangen. Am
Vormittag erhielt er den Segen vom Hausgeistlichen mit
dem Allerheiligsten im Ziborium. Mittags, wenige Minuten
vor dem Heimgang, sehnte er sich nochmals nach dem Leib
des Herrn, den ihm der Priester als letzte Wegzehrung reichte. In Jesu Armen
wollte er sterben; leise flüsternd betete er:
“Jesu,
Jesu, komm!”
Einige Male wiederholte
er: “Jesus, Maria - mein Jesus, wie Du willst”, bis der
Atem aussetzte und er ruhig einschlief. Ein großer
Gottliebender, erst 35-jährig, hatte vollendet. Gott
hatte das große Amen gesprochen.
Der Bischof von Funchal
erklärte in Rom einem österreichischen Ordenspriester:
“Keine Mission hat so tief in meiner Diözese auf die
Belebung des Glaubens gewirkt wie das Beispiel des
Duldens und Leidens Ihres Kaisers.”
Und Weihbischof Dr.
Weinbacher sagte mit Recht: “Mag die Geschichte
urteilen, wie sie will - der letzte Kaiser des alten
Österreich ist sicher auch sein bester.” - Wahrhaft “ein heiliger
Kaiser” (Dr. Görlich, Wien).
Die sterbliche Hülle des
großen, tapferen Kreuzträgers und Dulders wurde am
5. April 1922 in der
Wallfahrtskirche von Nossa Senhora de Monte beigesetzt.
Dort ruht sie bis heute. Bischof und Volk von Funchal
hüten Karls von Österreich sterbliche Reste in
ehrfürchtiger Erinnerung. [Am 3. Okt 2004
seliggesprochen.]
Was ist die geistige Frucht dieses
heroischen Lebens und Sterbens?
So fragen wir zum Schluß. Darauf kann und wird allein
Gott die Antwort geben.
Wir aber dürfen folgendes
feststellen:
-
1. Am 3. Nov. 1949
sandte Radio Vatikan in alle Welt die Nachricht, daß
der Seligsprechungsprozeß des Kaisers und Königs aus
dem Haus Habsburg begonnen hat. Das ließ die Welt
von damals aufhorchen. Das läßt sie auch heute noch
aufhorchen, denn hier geht es um etwas Großes. Der
von der Welt verkannte, überzeugt christliche
Monarch darf seit jener Stunde als Diener Gottes
verehrt werden. Es erfüllt sich, was Papst Pius X.,
der Heilige, vorausgesagt: Dieser Kaiser wird nach
seinem Tode seinen Völkern und Ländern zur größten
Ehre gereichen.
-
2. Zu Beginn des Jahres
1938 waren bereits 10.000 Gebetserhörungen
bekannt, die auf die Fürbitte des Dieners Gottes
Karl von Österreich gewirkt worden sind. Immer neue
werden bekannt, immer neue werden bezeugt, und zwar
aus dem In- und Ausland. Ein Zeichen, das der Himmel
spricht.
-
3. Eine weltumspannende
Gebetsliga, früh entstanden, umfaßte bereits 1938 25
000 Mitglieder und nimmt immer neue Mitglieder auf,
und zwar aus allen Ländern und Erdteilen, aus allen
Ständen und Berufen bis zu den höchsten kirchlichen
Würdenträgern hinauf.
Mit Recht schrieb
Universitätsprofessor Dr. Dr. Zeßner, dieser
mannhafte Bekenner, der in Dachau 1938 sein Leben
für die christliche Sache dahingab: “An seiner Gefolgschaft erkennt man den weltlichen Großen, an der
Schar der betenden und opfernden Schüler erkennt man
den Heiligen. Kaiser Karl hat über das Grab hinaus
eine große geistige Gefolgschaft, vielleicht größer
und besser, als im Leben und als Herrscher.”
Heute, wo der Friede
unter den Völkern aufs höchste gefährdet ist, wo der
Glaube in großer Bedrängnis, wo soviel Unrecht gegen
Gott und menschliche Autorität gesühnt werden muß,
braucht es Beter- und Opferseelen, ganz im Geist und
in der Gesinnung eines Königs und Kaisers Karl. Die
Gebetsliga will sich in besonderer Weise für diese
Belange, vor allem für den Weltfrieden, einsetzen,
aber auch für die baldige Erhebung des Dieners
Gottes Karl aus dem Hause Österreich zur Ehre der
Altäre. “So wie uns zu Beginn des frühen
Mittelalters an der Schwelle des zweiten
Jahrtausends ein heiliger Kaiser in der Person
Heinrichs II. geschenkt wurde, so möge uns jetzt
beim Weg Europas in das Atomzeitalter am Ende des
zweiten Jahrtausends wieder ein heiliger Kaiser als
Fürsprecher erstehen, damit die Völker Europas
endlich zusammenfinden in Frieden, Freiheit und
Gerechtigkeit und damit in einem neuen “Heiligen
Reich” (Bischof R. Graber als Professor in Eichstätt
am 1. 10. 1955).
Die Mitglieder der
Gebetsliga erwählen sich einen bestimmten Tag im
Monat, um die hl. Messe und
Kommunion für diese Anliegen aufzuopfern. Wahrhaft
eine große Aufgabe für jeden, der sich dazu berufen
fühlt.
Anmeldungen für die
Gebetsliga und Mitteilungen von Gebetserhörungen
nimmt entgegen: Gebetsliga, A-2532 Abtei
Heiligenkreuz A. M. Weigl
“Mir nach!” - spricht
Christus
In der unbedingten
Hingabe an den Willen des Vaters, in dem alles
tragenden und alles hoffenden Gottvertrauen, geht
der Sohn in die entsetzliche, qualvolle Stunde der
Todesangst am Ölberg. Mag Sein schmerzerfülltes Herz
auch zittern und zagen angesichts des Entsetzlichen,
durch das Er hindurch muß; über Kreuz und Not erhebt
sich ein Gottvertrauen, das sterbend noch die Hand
des Vaters zu küssen vermag, die doch so schwer auf
dem Sohne lastet. Hier hat die Frömmigkeit des Herrn
ihre höchste Vollendung gefunden, hier triumphiert
sie über Menschenbosheit, Tod und Untergang. Jesus
hat nicht die Qual des Lebens geleugnet, Er hat den
Becher bis zur Neige geleert, wie er bitterer nie
einem Menschenkinde gemischt wurde, aber Er ist über
all das Unbegreifliche, über Ungerechtigkeit und
Undank, über Verleumdung und Verrat, über Kreuz und
Tod Herr geworden durch die unverbrüchliche Hingabe
an den Vater und durch ein Vertrauen auf Ihn, das
stärker gewesen als Leibesqual und Seelennot. So ist
Er in der tiefen Frömmigkeit Seines Herzens, der
erste Kreuzträger geworden, der unter dem Kreuz
nicht erlegen ist, sondern es überwunden hat - nicht
durch eine glatte Lösung der Lebensrätsel, die es um
so weniger gibt, je tragischer sie sind, sondern
dadurch, daß Er Sich bedingungslos in die Arme
Seines Vaters warf. Sein letztes Wort: “Vater, in
Deine Hände befehle ich Meinen Geist!” - Nach diesen
Worten verschied Er (Lk 23, 46).
Ein kurzer Schlußgedanke
So erschütternd
gerade die letzten Beispiele dieses Buches sind, so
unerschüttert steht unser christlicher Glaube an
Gottes Vaterliebe, die ein jedes Menschenleben mit
einer Treue umfängt, als wäre gerade dieses Leben
Seine einzige, Seine größte Sorge.
Bruder! Schwester!
Auch Dein Leben ist in Gottes Vaterhand geborgen vom
ersten bis zum letzten Augenblick - mehr als Du
begreifen kannst! Alle Freude und alles Elend, alles
Glück und aller Schmerz, alles Wachsen und Vergehen
ist geborgen in Seiner Vaterhand. Es ist das
kleinste Ding nicht zu klein vor dem Vatergott und
der Ärmste nicht so arm, daß ihm nicht Hilfe würde!
Glaube daran! Glaube unerschütterlich daran! Sag es
mit ganzer Seele: Vater, ich glaube an Deine Liebe
zu mir, an Deine grenzenlose Liebe! Ja, noch mehr:
Sag es für die hunderttausend Verzagenden und
Verzweifelnden unserer Tage! Habe den kühnen, Mut
und sprich im Namen aller und für alle: Vater im
Himmel! Ich glaube an Deine Liebe für alle die
Hoffnungslosen und Verzweifelnden, für alle, die
sogar ihr Leben wegwerfen. Dieses kühne Vertrauen
zwingt das Herz Gottes. - Und hab auch den kühnen
Mut, zu danken im Namen aller und für alle, die Gott
nie ein Wort des Dankes schenken, für Ihn nie ein
Gefühl dankbarer Liebe haben. Die Weite eines
solchen Herzens, die Liebe einer
solchen Seele segnet der Vater überreich. Und mit
dieser Herzensweite “im Namen aller und für alle”
mögest Du künftig auch einen jeden Deiner Vaterunser
beten! Vergiß keinen Tag darauf! Nur die
Gottlieben-den und Gottvertrauenden werden die
Zukunft bestehen.
Zum Schluß noch ein
inniges “Gott vergelt's” allen, die mir dieses Buch
wieder vollenden halfen, besonders den Verfassern
und Verlegern für die Druckerlaubnis. Ich segne von
Herzen weiterhin täglich alle Leser und Verbreiter
unserer Schriften! Die Aktion “Stille Hilfe durch
das Buch” muß uns allen eine Herzenssorge sein,
so wie sie es unserem
hochwürdigsten Herrn Bischof Dr. Rudolf Graber ist!
Euer dankbar segnender
A. M. Weigl, Pfr. i. R.
Benützte Literatur
Mutter Basilea
Schlink, “Realitäten”. (Verlag: Evangelische
Marienschwesternschaft, Darmstadt-Eberstadt)
Ida
Lüthold-Minder, “Segenspfarrer aus dem Allgäu”. (Kanisius-verlag,
Freiburg)
Dr. Rudolf Graber, “Kaiser Karl von
Osterreich und die Zukunft Europas”.
(Verlag:Gebhard Lins,
Altenstadt, Vorarlberg)
Dr. Zeßner, “Karl von
Osterreich”. (Selbstverlag der Gebetsliga,
Breitenfurth)
Emmi Gehrig, “Über das Tugendleben des
Dieners Gottes Karl aus dem Hause
Osterreich”.
(Selbstverlag der Gebetsliga, Breitenfurth)
Dr. Augustin Rösch
SJ, “Aufzeichnungen” und Feuerreiter.
Anna Kramer, “Maria
Regina”. (Sankt-Gabriel-Verlag, Mödling bei Wien)
Eine Reihe Bistums-, Wochen- und Monatsblätter (wie
angegeben).
Diesen und allen
Verfassern herzlichen Dank für die Druckerlaubnis!
Inhalt
Erregender
als jede
Sensation
I. Gottes
mächtige Vaterhand
Noch
lebt ein
Gott, der
Wunder tut
Eine
Anbetungskapelle entsteht
aus dem
Nichts
Gebet aber
stieg ohne
Unterlaß zum
Himmel
Er
füllt die
Kasse -
heilt die
Krankheiten
Kühnes Gottvertrauen
- immer
neue Werke
Eine Druckerei
aus dem
Glauben
Vor
Ihm fielen
auch unüberwindliche
Hindernisse
Auch die
letzte hohe
Mauer fiel
Versorgung
allein aus
Seinen Vaterhänden
Tief ergriffen
vom Glauben
an den
Vatergott
Was unser
himmlischer Vater
kann
Der
philippinische Wunder-Reis
Gott macht
alles gut
Vater
der Witwen
und Waisen
In sicherer
Hut
Das
Gespenst vor
der Lokomotive
So groß
kann nur
Gottes Liebe
sein
Das
Bekenntnis eines
großen Fußballers
Weil der
Priester versagte...
Die
wunderbare Heilung
einer Priestermutter
Das Lourdes-Erlebnis
der Fürstin
von Monaco
Gottes Vaterhand
über der
Zirkusmanege
Er
hat Seinen
Engeln befohlen...”
Das Engelbild
der Großstadt
Immer mehr
Aberglauben...
Gottes
Vatersorge in
meinem Leben
(vom Verfasser
des Buches)
Jetzt begann
die Zeit
des Bücherschreibens
Aktion:
“Stille Hilfe
durch das
Buch!”
Tiefe, beglückende
Freude
II. Gottes
Vaterhand züchtigt
und prüft
zum Segen
seiner Kinder
“Unbegreiflichkeiten
Gottes”?
Mein Ringen
mit dem
Willen Gottes
Mannhaftes Gottvertrauen
Gottes
Vorsehung hat
immer ein
Ziel
Keiner ist
verlassen
In
Chinas Kerkerzellen
Paulus, der
Schwergeprüfte
“Er
entriß mein
Leben dem
Untergang” (KZ-Erlebnis)
Das Beispiel
eines verbannten
Priesters
Beispielloses Leid
in einem
Priesterhaus
Stärker
als russische
Kerkermauern
Die
Kirche Gottes
im Sturm
(1771 und
1971)
Ein
Priesterleben der
Liebe und
der Sühne
geweiht
Christus
- und
der Vater
34 (Kerkererlebnisse
von P.
Augustin Rösch
SJ)
Frauen
und Kinder
brachten die
hl. Kommunion
Beichte beim
Spaziergang
Das
heimliche Meßopfer
in der
Zelle
Geheimnisse um
Zelle
Der
wandernde Rosenkranz
Wie in
den Katakomben
Die letzten
Mordkommandos
Die Fesseln
fallen
Gottes
Engel geleiteten
ihn glücklich
heim
Heim ins
ewige Vaterhaus
III. Gottes
Vaterhand führt
sicher ins
ewige Vaterhaus
“Das
Sterben wurde
ihm selige
Vollendung
Strahlende
Heiterkeit eines
Abschieds
Abschiedsbrief
von Nikolaus
Groß
17-jährige
Berlinerin meuchlings
ermordet (ihr
Sterben ein
Blutzeugnis)
So
lebte und
starb ein
heroischer Herrscher
(vor
50 Jahren
vollendete Kaiser
Karl von
Österreich).
Ein
kurzer Schlußgedanke
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